andern.... „Ich will nicht! Ich will nicht!" zi schelte sie in ohnmächtigem Zorn, die „Ich will nicht! Ihr sollt sehen, ich hingen schlaff über die Stuhllehne -- das klägliche Bild des Opfers, das sich streckt. Plötzlich stutzt der Kopf und richtet Augen »veiten sich vorquellend, und mit allen Fibern feines Geisichtes horcht er nach dem seltsamen Geräusch. und Johlen.... i H L'ppm „Sie kommen ich wußte es!" keucht es aus der Enge seiner Brust. Ja, er hat es gewußt! Als er den Saal verließ, da wußte er, daß man ihm folgen würde Lafosse und das ganz« Aufgebot der Revanche. Nach dem Engländer würde er an die Reihe „Wer denn? Was hast Du denn, Papa?" Wieder packte sie d:r Zorn. „Dieser entsetzliche Popanz von einem Lafosse! Und ivenn er wirklich käme, was könnt' er uns anhaben? Ich begreife dich wirklich nicht, Papa.... fürcht' ich mich denn?" Ein deutlicher Ton des Spottes, der ihn ins Gesicht traf. Die Firma Jamimt-Wahl ist ruinirt verstehst Du das denn nicht?" „Herrgott und man verlangt wieder in der Mitte der Stube und horchte. Das Getöse schwoll immer dro hender heran. Aus dem Gewirr rau her Stimmen, die man jetzt deutlich un terschied, fuhren Rufe und Flüche em por, und die gellenden Pfiffe rnehr- Stimmen: „Was gibt es?" „Ein nets!" Der Alke hat recht: eine Demonstra tion. die offenbar dem Hause Jaminet harmonisch ausfallen zu wollen. Endlich sprang Jaminet aus seiner Lähmung auf. Es war die höchst- Zeit, Achtung vor ihr eingebüßt, „Du bist brav und tapfer, Gertrü!" rief er. „Weh dem, der Dich antastet auch nur mit einem Wort! Komm!" „DZo willst Du Hin, Papa?" „Das wirst Tu nicht thun, Papa! Das läßt Du bl'-iben! Hörst Du denn nicht eine regelrechte Katzenmusik. Uyd Du willst den Gassenbuben die Ehre an thun?" verblüfftem Antlitz. Gesicht, so beherrschte sie sich. „Sehr wohl, Madame!" „Du bist wirklich famos!" rief Ja minet, „Viktor sollte Dich sehen!" sie grimmig. Das Geheul und Gejohl, daS grau" same, ohrenzermarternde Konzert von disharmonischen Tönen, das jetzt un ter den Fenstern des Hauses intonirt wurde, schien sie erst recht zu stacheln. „Oh?!" rief er. „Nun, Du sagst ja selbst, er kann „Bismarck Bismarck!" Zu einer ungeheuren Hasseswelle schwoll das Wort an. „Du bleibst!" herrschte sie ihn an. „Du verdirbst nur den Esfelt ich werde sie empfangen! Das Konzert ist mir bestimmt! Hör doch nur den Tert!" Und :hre blinkenden Zähne zwischen den blutrothen Lippen lachten über den bissigen Scherz. Jetzt prallten Schläge gegen das Thor, so heftig, daß die Nippsachen aus dein Kaminsims zitterten und die Krystall« des Kronleuchters leise klin gelten. „Was? Verschlossen?" rief sie. „Ei, das ist ja unhöflich! Im Gegentheil, gerade soll man ihnen öffnen!" Sie klingelte abermals. Die Zofe „Unsinn! Sie thun uns nichts! Ge hen Sie hinunkr zu Mongenast, er möchte das Thor öffnen!" „O Madame!" .Thun Sie, was ich Ihnen sage!" I Und die Jammertöne des den Flur entlang stolpernden Mädchens wurden verschlungen von dem ungeheuren Lärm. „Nieder mit den Preußen! Hin aus mit den Verräthern! Chapp seide! Bismarcktnechte!: Gemei ne Preußenbande!" eine wundervolle BlWhenkese von Schimpfworten, de gleitet von menagerieartigcn Tönen und dem Gedröhn des Thores, gegen das mit Stöcken und Fußtritten ce donnert wurde. „Du bist von Sinnen, Gertrü Du wirst den Kerlen doch nicht das Thor öffnen lassen?" stammelte Jami net todtenblaß. „Gewiß das!" blitzte sie ihn kani pftsfroh an. „Weißt Du, ich habe ei nen Onkel, der ist Direktor eines Ir renhauses ruhig doch da unten, man kann ja sein eigenes Wort nicht hören! von dem habe ich's gelernt, wie man Wahnsinnige bändigt. Ein verschlosse nes Thor und dergleichen reizt sie nur noch mehr. Ein paar feste Augen und der außer Athem vor Eile und Angst „Sie sind im Stand, alles kurz und net?" „Unmöglich, Madam- —" „So werd- ich es selbst öffnen." Und sie schob die Jammergestalt de alkn Mannes zur Seite: „Schreien könnt Ihr und mit dem Mundwerl tapfer sein!" „Bismarck! Bismarck!" brüllte von unten. Als wenn der Name die höchste Leistung des Schimpfens aus drückte. „Ja wartet nur Bismarck!" rief sie, die Faust »ach dem Fenster hin schüttelnd. „Weil ihr ihn doch so sürchtet...." Sie wollte wirtlich den Flur ent lang nach unten stürmen, um zu öff nen. O sie ist zwar nur ein Weib, aber dennoch ficht sie nicht mit Worten! Keim Gefahr sie fürchtet sich nicht! Ihr Onkel, der Jrrenhausdirektor hat sie ja gelehrt, wie man tobsüchtige Nar ren bändigt... ' Da geschah etwas Unerwartetes. Der hohe, scharfschmetternde Ton einer „Ruh —ee!" „Wer ist's? Wer wägt e5..." „Pscht Ruhe! Boular>>d-, der „Ruhe Ruhe! —" Der Ruk schwillt fetzt in breiten Wellen über die Masse. Und der Name Boulart>des wirkt wie einZauberwort. Jetzt schweigt auch das Getobe der -fernstehenden, nur noch einige übermüthige Pfiff«, die sich über das allgemeine Gemurmel erheben. Und jetzt hört auch das auf. Alles horcht gespannt auf Bou!ar>-des Worte. Und auch hrer oben horche» sie. Das Gesicht des alten Jaminet hellt sich auf, und er vermag ein „Gottlob!" der Er nen." Aber Gertruds trotziger Zorn wollt- in der ersten Uoberraschung nichts von dem unverhofften Netter wissen. Sie hatte sich das wunderschön gedacht, wie sie ihnen selbst das Thor öffnen würde wie die Schreier ver blufft zurückprallen würden, weil sie aus diese Begrüßung gewiß nicht vor bereitet waren und dann der helle Blick ihrer Augen ihre kühl lächeln de Frag«, was denn das Begehr? Das Mittel des Jrr-nhausdirettors ein ganz köstlicher Esfelt! Und nun mußte Boulart-de kommen den Dichter noch nie reden hören, J-iz: begriff sie erst die Macht, die sein ge sprochenes Wort aus seine Landüleure ausübte. Zwar oerstand sie nicht den Inhalt der Phrasen, die er, auf der <.>»sis des «inen Kandelabers zur Seit? des Thores stehend, über die Me-ge da hinrollen ließ. Jedenfalls meisterte er die Gesten ebenso wie die Modulation des Wortes, die alle Register bis zum gewaltig fortreißenden Donnerton in Revanäle strebe nach lohnenderen Hie len bald sei der große Tag bereit mit Schreien und Singen sei nichts ge lbe des Sieges dämmert schon -- Frankreich ist im Begriff, sich aufzu raffen u. s. w., u. s, w. Da- ganze Rüstzeug der patriotischen Phrase, rasselnd und klirrend und schmetternd, dann offenes Bravorufen mau klatscht in die Hände: „ES lebe ruft einer. Zu früh ..Pscht!" Aber die Worte haben geziin niß, im richtigen Moment aufzuboren, das wenigen zu eigen ist: „Es leb: Frankreich!" Wie eine Fanfare schmettert er den Ruf iinaus. Ein frenetischer Jude! braust empor: „Es lebe Frantreich! hoch!" Die Wirkung ist vollständig. Man schämt sich wahrhaftig des ° Angriffs aus das wehrlose Haus. Allmähliq zer > streut sich die Mass«. Erst in der Fern« l bekommt das Bedürfniß zu brüllen und zu schreien wieder sein Recht. Ein an schwellender Trupp marschirt im Takt schritt, die Marseillaise johlend, nach den Boulevards. Am andern Morgen erfuhr Paris zu seinem Ergötzer, die Heldenthat, die die <>nknnl» des großen Rache götzen ausgeführt, indem sie die wegen ihres vorzüglichen Bieres berühmte deutsche Kneipe in der Rue Comercil gestürmt und deren Inventar mit einer Strahlend, noch berauscht von sei nen eigenen Worten und des Glückes übervoll, seiner AngeÄeten die Fülle seiner Macht auf die Gemüther gezeigt zu haben, erschien wenig« Minuten darauf Boularsde vor Gertrud, um den Dank für die Rettung einzuheim sen. Der Dienst würde ihm gewiß nicht vergessen werden! eine Anweisung auf ihre Erkenntlichkeit, die si« in Kurzem einlösen müßte.,. Der alte Jaminet stürzte sich mit überschwenglichen Worten auf ihn: „Sie sind unser Retter, Herr Boula röde!" „I, Papa, mach' es doch nicht so ge fährlich!" rief Gertrud, „Wenn Herr Boularsde nicht gekommen wäre, so wären wir auch mit ihnen fertig gewor den. Du weißt, wir fürchten Niemand! Im Gegentheil, ich hätte gern erlebt, was sie eigentlich gewagt hätten. Je denfalls haben sie wundervoll ge brüllt." Und mit übermüthig funkelnden Augen rauschte sie auf den Patrioten zu und streckte ihm die Hand entgegen. „Ich habe mich sehr gefreut, Sie einmal öffentlich reden zu hören, Herr Dionys —" Und ihr bezauberndes, undwider stehliches Lächeln. Er war ganz verblüfft vor Ver wunderung, beugte sich galant herab und führte ihre leise bebende Hand an seine Lippen. Fast die Sache auf den Kopf gestellt: als wenn er gekom men wäre, sich zu bedanken! Solche Tapferkeit hatte er der kleinen Preu ß!n doch nicht zugetraut. Aber erst recht gefiel sie ihm so. Schließlich ist er ihrer dennoch sicher! DieseKatzen inusik war nur das Vorspiel; es kommt eme Zeit, vielleicht schon in den nach fallen muß. Dreiundzwanzigstes Kapitel. Mit schauderndem Schreck fuhr sie aus den Kissen. Neiiv es war lein Traum gewesen! Glück und Wohlstand des Hauses hin» Biktor zur Vernunft bekehren ja. zu seiner Pflicht aufstacheln noch war ja nicht alles verloren! Und Bou- übernächtig, mit dumpfen Sinnen, über Kopfschmerz jammernd. Ab, er will ilir ausweichen? Und ein den alten, guten Engländer moralisch todtschlagen Helten. „Viktor. Du weißt doch, was ge stern Abend hier geschehen ist?" schien wie aus einem wüsten Nebel emporzutaumeln. „Was meinst Du?" voll " ..'f ' Schulter, äl6 wenn er dergleichen keine Bedeutung beilegte. Sie muß also ohne Umschweife auf die Sache losgehen. Wohlan! „Papa hat gesagt, Du hättest voit ihm verlangt, daß er die Verbindung mit der Firma Wahl (dies absicht lich) ausgeben solle." Abermals zuckte er die Schulter. „Ja oder nein! Du wirst doch den Muth haben, die Wahrheit zu ge stehen?" Sin schneller Blitzesblick aus seinen Augen traf sie. Mehr als Worte sagt? ihr der Blick, daß sie beide als Mann und Frau nicht mehr ein unzertrenn liches Ganzes darstellten, wie die ur alte und heilige Formel gebietet, son dern daß er sich ihr als feindliche Par tei gegenüberstellte. Doch gleich nach dem Verrath die ses Blickes duckte er sich. Die Katzen musik dünkte ihm hochwillkommen, sie ihn nicht von dem hätz- lichen Mükel, daß er selbst gegen sein «igen Fleisch und Blut wüthete. „Laß das!" antwortet« er mit einem barschen Anflug. „Mag ich gesagt ha ben, was ich will Worte zählen nicht! Thatsachen sprechen. Du weißt doch, was das von gestern Abend zu bedeuten hat?" „Wer will Dich und Papa und uns alle zwingen, Victor? Wer?' Er lacht- mitleidig auf „Du bist von einer grausamen Naivetät! Du hast keine Ahnung von der Macht einer Katzenmusik in Paris! Es bleibt uns nur noch eines übrig das zu thu«, was man uns befiehlt...." „Man? Die Gassenjungen meinst Du doch?" „Sie sind stärker als Polizei, Re gierung, Verträge. Vernunft, Alles!" „Es ist nicht wahr!" lreischte sie auf. „Wenn Du energisch wolltest.... Bou laröds ist mit uns!" tönen. „Der Aermstc! Er kann selbst „So bist Du willens, den Gafsen- "st chts ch D schnellte sie auf. „Eine Lügc! Du lügst! Du glaubst selbst nicht an den Zwang! Du willst meines Vaters Ruin, weil wir Preußen sind! Sag es doch osfcu heraus, daß Du uns hassest daß Du mich hassest...." „Gertrü!" Er streckte die Arme in's Leere nach ihr aus. Schon war sie davongestürzt. „Gertrü!" stöhnte er laut. Es klang wie ein Hilferuf. Er wollte von seinem Stuhle aufspringen und ihr nacheilen, aber er blieb wie angefesselt, stieren Auges. Eine kurze Vision: sah ei ihm so recht erbärmlich, ja verächtlich vorkam. Sie hat das richtige Wort ge troffen: weil er die Deutschen haßt und alles was mit ihnen Berührung hat. Der Haß umdunstet ihm den Ver stand, er raubt ihm Kraft und Willen, er vergiftet ihm Glauben und Liebe Nein, nicht die Liebe! Nicht feine Liebe.... Ein ungeheurer Schreck über fiel ihn. Heiliger Gott im Himmel! Ist denn keine Rettung vor dem entsetzli chen Wahnsinn dieser Revanche? Sein Aufspringen war wie ein ge waltsamer Versuch, unsichtbare Baiide zu zersprengen. Wohin? Zu ihr? Sie mit Worten beruhigen und bethören? Nein, es muß gehandelt werden! Er wollte hinunter in's Komptoir, um mit dem Vater Mittel und Wege zu berath schlagen, dem drohenden Unheil noch einmal entgegenzutreten. Sofort, beim ersten Blick in dcn vor d-rn Komptoirraum sank die groß müthige Aufwallung seines Herzens wieder ohnmächtig in sich zusammen. Gleich schlug die Revanche ihn wieder in Fesseln es war kein Entrinnen! Das Aussehen des Saales erinnerte an einen Feiertag. Die Pulte waren unbesetzt, die Bücher geschlossen; die Hälfte der Angestellten fehlte, die An wesenden standen in Gruppen zusam mengedrängt, heftig gestikulirend oder dumpf flüsternd; nur einer, ein kleines, eisgraues Männlein, ein altes Arbeits pferd der Firma, saß, mit seinen Bein chen den hohen Drehschemel umklam mernd, über das Pult gebeugt und rechnete er war taub. Bei Viktors Kommen stockten Ge sten und Worte, aber aller Augen ziel ten auf ihn hin. Viele vergaßen den schuldigen Gruß. Und er empsand die Blicke dieser Augen gleich Stichen; er wußte, daß sie in sein Innerstes zu dringen suchten: ob er in Wirklichkeit auch einer der Ihrigen? Nun, so soll er's durch die That beweisen! Er fühlte, wie «ine Räthe über sein verstörtes Antlitz schoß. Zischelte nicht eine Stimme aus den Versammelten das Wort: „Verräther!" Nein, es gab kein Entrinnen! Unter den Spießruthen dieser Blicke durch maß er den Raum nach der Thüre, die ins Allerheiligste führte. Er mußte sich zusammennehmen, damit sie die Un sicherheit feines Schrittes nicht gewahr l d Pult, und Herr der ersteßuch halter, stand danchen. Vielmehr lag jener ausgestreckt auf dein braunen Safsianpolster des breiten Sitzes, die Arme über die Lehnen ausgebreitet, wie ein Gekreuzigter, den Kops mit einer unbequem stumpfen Neigung dek Heiucks gegen das Rückpolster gelehnt; seine Lippen waren fest aufeinanderge preßt, seine Augen starrten unter den halogeschlossenen, leicht bebendenWiM pern mit einem eigenthümlich glitzern den Glanz ein- große eingerahmte Photographie iib;r deni Pulte an. Es war die Ansicht der Wahl'schen Fabrik in Mülheim, mit der Villa, wo Viktor sich sein Glück geholt. länglicher und glän zender Kahlkopf beugte sich zum Gruß gegen Viktor, während Mittel- und Zeigefinger der einen Hand ausgestreckt auf der Innenfläche der anderen haften blieben, als gelte es, damit irgend ei» Argument festzuhalten. ,',' n Tag, Vater!" hauchte Viktor Keine Antwort. Nur die Wimpern des Alten hoben sich, und ein kurzer, stummer Blick aus den eigenthümlich glitzernden Augen traf den Ankömm ling. Dann forderte eine Bewegung der schlaff herabhängenden Rechten den Buchhalter aus, in feiner Rede fortzu fahren. Das elfenbeinerne, glattrasirk» Ge richt des Beamten, dessen ruhig« Falte» wandt« sich mit einem fragenden Aus druck »ach Viktor hin; die beiden Fin ger hielten immer noch das Argument fest. Eine peinliche Pause, während deren die Augen des alten Jaminet noch leb hafter nach der Photographie über dem „Allons fahren Sie doch fort, MHard!" kam es aus den gepreßten Lippen, die sich sofort wieder um so fester schlössen. „Monsieur, ich bin fertig ich habe nichts mehr zu sagen," stotterte der Beamte, und Stottern war sonst nicht seine Art. Die Finger glitten endlich von der Handfläche herab. „Und Sie wollen meine Antwort wissen, MHard?" Dann mit «wer ruckweisenWendung des Kopfes nach seinem Sohne hin: „Ich weiß nicht, ob Du orientirt bist? Ich möchte Herrn MHard nicht damit belästigen, alles zu wiederholen. Höre also: das Personal streikt —" Herr Mchard machte eine abwehren de Bewegung gegen das Wort. „Aber ich meine, mein lieber M - jard, wir wolle» zu solcher Stunde die Dinge doch nennen, wie sie heißen!" „Also das Personal streikt. Es ist die Affaire von gestern Abend. Die Zeitungen weisen mit Fingern nach uns. Ein Theil der Herren hat defini tiv quittirt «in anderer stellt Be dingungen. Oder vielmehr nur die ei ne: wir sollen Wahl aufgeben den Bertrag, der seit vierzig Jahren be steht, zerreißen...." „Es bleibt kein anderer Ausweg, Vater!" rief Viktor. „Warte doch, bis ich zu Ende bin. — Ich habe Herrn MHard bereits gesagt, daß ich das für eine Feigheit halte, und man wird mir nicht zumuthen...." Er stockte, und er schien sich selbst über die Umwandlung zu wundern, die mit ihm seit gestern Abend vorge gangen. War es dus VeispielGertruds, das ihn so aufgerichtet? „Verzeihen Sie, Herr Jaminet," fiel M6jard ein, und er machte sich mit ei ner Art räumender Bewegung seiner Hände gleichsam Platz für den Ein wurf. „Verzeihen Sie ich schlug ei nen Modus vor, der die Verlegenheit, in die wir uns versetzt sehen (das „uns" besonders betont) wesentlich mildert. (Und zu Viktor gewandt): Es soll nicht das Aeußerste geschehen! ich weiß ebenso gut, und ein Kind kann das einsehen, daß das Zerreißen des Vertrages mit Wahl für uns und ihn den Ruin bedeutet. Aber der Selbst mord soll ja gar nicht begangen wer den. Es hand'lt sich darum, der erreg ten öffentlich!?: Meinung eine Genug thuung zu gebe», nur für eine Be schwichtigung zu sorgen. Das ist sehr einfach. Offiziell nur offiziell, vor den Augen der Öffentlichkeit, wird der Vertrag gelöscht. Es finden sich Mittel, diese Täuschung durchzufüh ren. Wir wär«n längst nicht die Ein zigen, die deutsche Waaren unter va terländischer Decke beziehen und ver treiben. Ein ganz elementarerKniff —" „Das ist's! Ungeheuer einfach! So selbstverständlich!"'rres Viktor. Es war wie ein Jubelton. Dieser Ausweg schien die ganze Grausamkeit der Lage auf die natürlichste Weise zu entwirren. Gottlob, das wäre die Erlösung! Di« Hände des Alten tasteten kon vulsivisch über die Lehnen, mit einer keuchenden Anstrengung »wand sich der Körper aus der hingestreckten Stel lung empor. Die Brust rang nachWor ten, die Augen quollen aus den Höhlen. „Einfach selbstverständlich «in elementarer Kniff -"preßte «r hervor. „Das ist das ist allerdings einfach und selbstverständlich ein Betrug!" „Eine Lüge, die uns die Nothwehr eingibt, Herr Jaminet das Gebot der Selbsterhaltung fordert...." „Daß ich vor mir selber nicht die Achtung verliere, mein Herr!" siel der Alte scharf ein. Er richtete sich völlig auf und aus seinen grauen Augen fprühte der helle Zorn. „Vater beruhige Dich doch wir wollen gemeinsam überlegen —" „Es ist nichts zu überlegen!" rief Jener. „Ich weiß, was ich zu thun habe und was ich meinem alten Geschäfts freunde schuldig bin! Wenn es an d«m ist und die Gassenbuben es durchsetzen, daß wir zu Grunde gehen sollen wohlan, so sei es!" „Aber man beweise mir erst die Nothwendigkeit!" fügte er athemholend siken"we'iche ich nicht!— Wir leben mit ten im Friedenszustand. Noch sitzen die Gassenbuben nicht im Regiment— ich denke, meine Herren, wir lassen uns nicht so elendiglich in's Bockshorn ja- Aber der Appell an den Much und die Einsicht der beiden Andern stieß nur aus eine stumme Verblüffung, Mhard sowohl als Viktor stierten ihn rathloi an. Wie ist es möglich? Aas? Er wagt es, sich solchem Gebot des Volkswillens zu widersetzen? Das ist ja Wahnwitz! Das ist Verbrechen! „Nun!" fragte der Alt- nach einer kurzen Pause, du von dtm lebhaften Gemurmel der Abgestellten nebenan ausgefüllt wurde, „Ach so, Sie wollen Antwort haben wegen des Streiks, MHard?" Ein leise triumphitendes Lächeln glitt über seine Züge, die Genugthuung darüber, daß er, der sonst nie aus der Schablone gewichen, sie auch einmal! durchUnerwartetes überraschen könnte. „Gut also! Ich nehme die Kündi gung an. Wer nicht bleiben will, der mag gehend „Vater!" „Du bist ja großjährig, Viktor, und kannst thun, was Du w'.llst!" (Fortsetzung folgt.) Kür die Küche. Nachgemachte von Schinkenresten. Der Schinkenrest wird mit dem nöthigen Wasser aufge setzt, Suppenkräuter, Zwiebeln, zwei Lorbeerblätter, zwei Möhren und drei zerschnittene Kohlrabi angefügt und dies langsam durchgeseiht und entfet tet, in ihr nun kleine Blumenkohlrös chen und einigeTassen voll jungerErb sen weich gekocht. Dann fügt man meh rere eingemachte Birnen mit ihrem Saft, einen Löffel Essig und wenig Zucker an die Suppe, setzt ihr noch ei nen halben Theelöffel Fleischextrakt zu und läßt sie noch 10 Minuten ziehen. Das Fleisch vom Schinlenlnochen wird abgelöst und in Streifen geschnitten und hierüber, sowie über Griesklöß chen die Suppe angerichtet. Nach Belie ben würzt man die Suppe zuletzt noch mit gehackten Aalkräutern. Kalbsfüße, gebacken e. Ei ni- Füße von frischgeschlachteten Käl bern werden sauber geputzt und ge sengt, gewässert und gebrüht. Hierauf kocht man sie beinahe weich in Salz wasser, etwas Essig, Wurzelwerk, einer Zwiebeln Zitronenschale, Lorbeerblät- Aus weißem Brot schneidet man gleichmä mit einer Farce aus Schinken. Der ge kochte Schinkenrest wird gewiegt, mil ein paar Eiern, einigen Löffeln faurei Sahne, gewiegten Kräutern und etwa! Pserser zur Farce verrührt. Die damit bestrichenen Brotscheiben wendet man in zerquirltem Ei und geriebener Sem mel und bäckt si« leichtbraun. Dieselbe käuflichen Jaedickeschen Krustaden füllen und so ein billiges, dabei treff liches Eingangsgericht erhalten. Englisches Eierfricas s6e. Eine sehr beliebte Zwischen speise, oder für den Abendtisch eine Abwechslung bietet folgendes Recept: sechs bis acht hartgesottene Eier wer den in Schnitzchen geschnitten und in nachstehenderFricasseesauce einmal auf gekocht: Einige gehackte Champignons werden in Butter geschwitzt, eine zer hackte Schalotte, Petersilie, ein Eßlöf fel Mehl, Salz und Pfeffer, Senf und Citronensaft. Ist die Sauce mit Fleischbrühe gehörig verdünnt und die Eier eingelegt, kann man die Platte vor dem Anrichten mit Krebsschwän chen garniren und mit Krebsbutter be träufeln. Schmeckt indessen auch pikant ohne diese Zuthat. Käseschnitten. Sechs Löffel fein geschnittener oder geriebener Käse wird in einer Pfanne mit etwas lauer Milch und zwei bis drei Löffeln Mehl zart und dicklicht angerührt. Hernach klopft man vier Eier nach einander hin ein und fügt noch eine Tasse Milch oder Rghm dazu, setzt alles auss Feuer und rührt beständig darin, bis die Creme zu kochen anfängt. Sie muß ziemlich dick sein und kann ein klein wenigSalz beigegeben werden. Nachdem die Creme verkühlt ist. bestreicht man fingerdick mit derselben Weißbrotschnitten und backt diese in frischem Butterschmalz schön braun. Mit Schnittlauch bestreut, sind dieselben eine sehr passende Zu speise zu Kopfsalat, nur müssen si« ganz warm servirt werden. Biscuitnudeln. Nachdem man zwei Unzen Zucker mit vier Ei dottern eine halbe Stunde gerührt hat, fügt man nach und nach sechs Eßlöffel süßen Rahm, ein Pfund feines Mehl (löffelweise), ein halbes Pfund zerlas sene Butter, vier ganze Eier, etwaS Salz und gestoßene Vanille Hinz«. Nachdem der Teig gut verarbeitet ist. formt man Nudeln in der Größe eineS Hühnereies daraus, setzt sie auf ein mit Butter bestrichenes Blech, überstreicht sie mit geschlagenem Ei und backt sie im Ofen bei mäßiger Hitze gar. und ser virt sie, auf eine Schüssel gehäuft, mit Weinschaum, Rahm- oder Obstsauce. Man kann sie auch in einer mit But ter bestrichenen Schüssel mit Rahm mehrmals aufkochen. Rahmlartoffeln. Gesottene, zu Scheiben geschnittene Erdäpfel giebt man in eine mit Butter ausgestricheoe. mit Bröseln ausgestreute Form, da rauf gießt man mit Schinkenfleifch abgesprudelten Rahm, schichtet darüber wieder Erdäpsel, Butter und Brösel und bäckt das Gericht im Rohre. Gute Antwort. Gattin. „Der Arzt sagt, ich werde zu dick ich müsse bedeutend an Gewicht abneh men und Du verweigerst mir die Mittel zur Badereise! (Weinend.) Weil Du mich eben nicht liebst!" Gatte: „Ach eben weil ich Dich so liebe, möchte ich nicht das Geringste von Dir verlieren!" Der Un wider st ehliche. Herr: Denken Sie, Herr Lieutenant, Fräulein von Alst, die Sie gestern Abend sahen, ist, als sie vom Balle nach Zause kam, in Folge von Herzkrampf plötzlich verstorben! Lieutenant: Ist's möglich? Mein Gott!— Nun, —ich werde mich freiwillig der Be hörde stellen. Ein zartes Gemüth. »Ich sag' Ihnen, mein Nazi ist so ge fühlvoll, wie nicht leicht ein anderer Mensch. Sehen Sie, wenn wir Blut wurst' haben, s» ißt er sie immer im Dunkeln, weil er kein Blul seh:n kann." Ungewöhnlicher Maß stab. Protz: Alle Wetter, die See luft bekommt mir gut. meine Uhrkett» wird mir zu eng! 3