Uevanche! (10. Fortschung). Mittlerrolle. Pharisäerhaft brüstete er sich vor sich selbst: seht, was ein famo ser Kerl ich bin! Ist es etwa sehr inte- Trümmer bald ist die Stunde da, wo Boularöde sich von diesen Trüm mern die weiße Fahne der Kapiiula derstrebcn dazu bequemt, die Grund losigkeit seines Verdachtes einzusehen. Aber der Haß gegen alles Deutsch thum blieb. Zum mindesten Halle er schäftlichen Starrsinn des der auf jede Nachricht verzichtet. Und ihr Herz? Mit aller Energie, deren sie fähig war, gebot sie ihm In t!er Angst der ersten Zeit, da sie Was? Er soll den Deutschen in Schutz lar«>de! „Ich bitte Sie, Madam« Gertrü Sie wissen, ich bin Ihr Sklave und Gleich reute ihn das Bekenntniß ist sie denn wirtlich schuldig? Hat sie mit dem Preußen ihren Mann hinrer cher überrumpelt, seine grauen Augen in die ihren bohrend: „Sind Sie schul dig oder nicht? Ich muß das zuvor wissen!" Die Worte stockten ihm fast in der Kehle wenn sie „ja!" sagte? ge rade heraus „ja...." An dem Schreck über dies« Möglich keit erkannte er erst, wie sehr sein Herz, sein altes, abgetriebenes Herz, das bis her alle ernsthaften Angriffe abgeschüt telt, in ihren Fessel» schmachtete. „Nein!" rief st«, und der Blick seiner Augen prallte an dem ihren ab wie an einem Stahl. „Nein"—kurz und scharf und hiebartig, mit einer verhaltenen Wuth klang das, als schnitte sie sich damit selbst die Möglichkit einer zu künftigen Schuld ab. >. >" zur Vernunft bringe»,!" Er athmete erleichtert auf und seine Augen blitzten vor Genugthuung. „Wissen Sie," sagk er, und sein Athem stürmt« erregt mit den Worten, „Wissen Sie, wenn das der Fall ge wesen wäre, so hätt« Viktor recht ge habt mit dem Todifchießen. Ich thäte es auch...." Er unternahm es also, „seinen Freund" Viktor zur Vernunft zu brin gen. Das gelang erst allmählich. „Na, ich m«ins doch, lieber Freund, wenn ich Ihnen rathe, sich zu beruhi gen und den Preußen ->,! -icti» zu le gen. so brauchen Sit doch lein Beden ken mehr zu hegen...." Vittor rächte sich für den Zwang, den der andr» ihm auferlegte. „Wie ist es denn mit Ihrer famosen Deutschen hetze?" stachelte er immer von Neuem. „Nun, da müßten ja auch Sie mit auffliegen!" wehrte sich Boulardde bissig. „Was schadet's! Gern! Hier ich bin bereit! Wir Jaminets haben unser Loos verdient. Lassen Sie doch die Deutschen endlich springen!". Schier unheimlich klang das grim mige Hohnlachen, das diese Worte be gleitete. Boularöde wandte sich mit ei nem lvegwerfenden Achselzucke» ab. Er fühlte den Vorwurf der Schuld bren nen, die er durch seine zögernde Lau heit am Patriotismus beging aber niß solcher Unterredung mit Gertrud sein mußte, behagte ihm natürlich au ßerordentlich: solche Chance halte er sich laum erträumt! Und er begann, sie energisch auszunutzen. Ehe sie sich's also versah, halt« Ger trud einen Kourmach«r, und der Skan dal halte recht, wenn er den bis über die Ohren v«rliebt«n Dichterpatrioten zu ihren Füß«n girren ließ. Sie sträubte sich mit nichte» dagegen. Nicht, daß sein Minnedienst ihrer Ei telkeit geschmeichelt oder in ihrem Her zen einen Widerhall gefunden hätte. Vielleicht hatte die Pariser Luft ihre deutsche Moral dennoch abgehärtet. Innerlich spottete sie ja der Gefahr und verlachte sie die Leidenschaft, die unter tändelnder Art zu lodern schien. Aber ihre Klugheit war erwacht, und mit einer Sicherheit, über War dieser Minnedienst nicht das Gegengift gegen Vittors Eifersucht? Lenkte er nicht den Verdacht von Zeu mantel gegen ihr bedrängtes usd be drohtes Deutschtlhum? Ja, vielleicht leicht läßt sich Viliors Eifersucht in Das wäre köstlich! Vielleicht bedeutete dem Eifer feines Liebesdienstes die Pflicht gegen sein Vaterland so sträf lich zu vergessen schien. Und Rosa Schneider? Bah, ihre und der Tyrannei ihres leidenschaftli chen Herzens, das stets bereit war, sich in Lavaströmen zu ergießen, längst überdrüssig geworden. Er hatte sich längst nach Freiheit ge sehnt. „Kletten" kann er nicht leiden. gen Ruck entledigte er sich ibrer also. Vielleicht hätte sie sich schnell getrö stet. Vielleicht hätte sie diesen Schlag, bald überwunden aber Gerlrud ih re Nachfolgerin? Das war zu stark! Das war zu viel! Und all ihr Trachven und Denken richtete sich von da an auf Rache. Sie zösifchen Vaterlandes durchbebenden Revanchisehnsucht? Und ihr Herz wird diese Racl>e erleben, so gewiß Frank- Einundzwanzigstes Kapitel. Was er anstrebt, ist doch gut er ist ein Idealist und sieht seine Zeit wie seine Mitmenschen durch eine Rosa wir." »Ich setze mir lieber die grüne, die Hzssnungsbrille auf," meint- er anzüg lich. „Wir Franzosen haben nur eine Pflicht, uns nicht von der Hoffnung abbringen zu lassen..." Dergleichen Redensarten, die den versteckten Preußenhaß athmeten, achte te sie taun, noch,so sehr halte sie sich da ran gewöhnt. Die Revanciie-Jdee war ihre Ruhe dabei zu bewah ren. Die Revanche ist die große Mode klankheit der Franzosen, und Viltor ist besonders schwer davon ergriffen. sich Wunderwirtungen davon. Er ver sicherte. obgleich schon wieder im Ori ent ein neuer Völkerbrand ivetterleuch tete. daß die Menschheit in Zukunft von der Kriegsgeißel verschont bleiben werde. Aber noch war es nicht Zeil, die unbekümmert darum, daß sein Vermö gen an der Gluthhitze seiner Manie im mer mehr zusammenschmolz. Das Prädikat der Verrücktheit, das ihm Vittor ausgestellt, erhielt dadurch allerdings eine drastische Bestätigung, daß er ernstlich mit Armand in Unter handlung getreten war. um ihm sei nen Sprengstoff abzulaufen. Das Kriegsministerium, dem Armand sein „Tanatoid" zur Prüfung eingereicht, hatte es mit einem höflichen Achselzu cken das Tanatoid zeich stungen war es für diesmal noch nichts. Armand fühlte sich schwer enttäuscht. Aber ein eingefleischter Erfinder läßt sich so leicht nicht einschüchtern. Er wird also das Tanatoid zu verbessern trachten dem massenmörderischen verbleiben! Kaum, daß Sir Rowland von der Erfindung gehört, als er auch sofort mit einer Offerte an Armand heran trat, um ihm den Stoff abzukaufen und diesen somit unschädlich zu ma chen. Lag es nicht im Interesse der gro ßen Friedensidee, die Welt von solcher Brutalität zu befreien. Armand ging anfangs auf das An gebot ein; Viktor stachelte ihn des Gau diums halber. Und so hatte Sir Row land in bekannter Zähigkeit, die nö tigenfalls eine Mauer einzurennen be reit war, die gebotenen Summen im mer höher gesteigert. Man war jetzt auf fünfund'vierzigtaufendFranken pe- Icmmen. Die Andern, die diesem köst lichen Scherz zuschauten. setzten dem sein und dvs Geld ausschlagen hät te er es nicht durch Scharfsinn und Ausdauer verdient? Da stießen sie aber auf die nicht minder rabiate Manie des Erfinders: „Hoho, ich soll den kostbaren Stoff für ein Almosen verschleudern? DasTana toid ist Millionen werth —es wird einfach den nächsten Krieg zurEntschei- Mcm konnte im Zweifel sein, wer der Verrücktere von den Beiden wäre. Sir Rowlands erste „Konferenz" fand im Saal Vanclouver statt. Es war selbstverständlich, daß sich die Spaß- und Skandalmacher von Paris und die Gamms der Presse hier ein Rendez-vous gäben. Beim heutigen Diner der jungen Jaminets, an dem einzelne Herren, da/unkr Voularöde, theilnahmen, versprach man sich vrn diesen „Folies-Rowland" einen unge heuren Jux. Man wollte gleich nach aufgehobener Tafel hin, denn der An drang zu dem ohnehin beschränkten Saal würde groß werden. Es sei schr de, daß Madame Gertrü nicht mit könne! Gertrud hob runzelnd die Brauen: „Welch' ein grausames Vergnügen, meine Herren, einen allen Mann sich vor versammeltem Publikum lächerlich machen zu sehen!" andwortete sie, halb zerstreut, indem ihre blüthenweißm Finger eifrig damit beschäftigt waren, eine Orange kunstgerecht zu zerlegen. „Mit nichte», mit Nichten, Madame, wir wollen uns gern belehren lassen ich mache grundsätzlich jede Konfe renz mit, religiöse, politische, soziale" fiel einer der Gäste ein, „En-tout oas" genannt, weil er überall lnbn war und das Geheimniß verstand, sich an einem Abend zu verzehnfachen, ein Dreißiger, hager, zäh, mit stetig wech selndem Augenausdruck und zickzackar tigen Bowegungen. „Ich bin auch für den Völlerfrieden warum nicht?" sagte Viktor. Und einen Blickespfeil nach seiner Frau hinschnellend: „aber nachdem, wohl verstanden!" Alle bei Tisch wußten sofort, daß er „nach der Revanche" meinte. „Selbstverständlich —" murmelte der alte laminet kleinlaut. Das kam wie ein Seufzer heraus; er schien den ganzen Abend über schon so gedrückt. Und Boulari>d«? Was meinte er von der Sache? Ach, er halte keine Zeit! Er bewunderte eben das graziöse Finger spiel der angebeteten schönen Frau. „Ich meine, man könnte sich die Sal baderei schenken," warf er zerstreut gen die quetschende Marter eines dum pfen Saales zu vertauschen. „Gibt es eine Gelegenbeit für Sie, Sache verdient zu machen, so ist es diese!" sagte Viktor, ärgerlich über fortgesetzte Lauheit. „Sie „Viktor!" flammte Gertrud auf, Teller." " >rr e aus beruhigte sie Boulari'de mit seinem süßesten Lächeln. Und ein innig dankbarer Blick aus ihren Augen belohnte ihn für dies Ver sprechen. „Allons, der Friede, meine Herr schaften!" rief „En-tout-cas" liebens würdig. mit einer gezackten Gest? das Glas erhebend. Man stieß lachend darauf an. stammelte^der alte laminet, wie er leichtert durch das Wort. Und er leerte den Inhalt des Glases mit einer Art seierlicher, abergläubischer An dacht. als müßte sich dadurch der Frisde, ach der Friede, der den fern:- Ren Bestand seines Hauses bedeutete, beschwören lassen. Ball, keine Gesellschaft frei von Phrasen. Heuchelei, Lüge, Thorheit, Intrigue, Neid und Leidenschaft. Sie hatte oft der Feigheit angeklagt, schier sträfliche? GlUckesdurst, der sie Schweigen zu bringen. Wohlig zurückgelehnt in den Sessel, die Fußspitzen auf das Kamingitter stützend, saß sie schon über eine Stun de; mechanisch wandle ihr« Hand die Seiten einer Revue, und ihre Blicke flatterten zerstreut Mischen den Zei len; zuweilen sank das Buch herab aus das wechselnde Gluthleben des Ka minfeuers gerichtet. Jetzt glimmte und rung über den heuchlerischen Zwang, in Gertruds. Antlitz schien das Der Diener? Oder die Zofe? Nein, warmes Plätzchen bittet. ~'n Tag Papa! Wie kommst Du denn? Aber gern, recht gern! Du schon zum Sitzen einlud. „Komm, es ist wohl kalt draußen Du scheinst zu frösteln?" „Belästige ich Dich nicht? Was längst solche Mühe! Er hätte sich längst Papa? Ich dachte es mir. Mir thäte so etwas im Herzen weh." Er schlug mit der schlaffen Hand fortbleiben sollen! Er leistet niemand einen Dienst. Friede (der heisere Ton emes Lachens, ohne die Miene stände, diesen Friedensapostel todtzu schlagen —" „Herrgott!" schrie sie aus. men und sein Schritt hatte die frühere elastische Festigkeit eingebüßt. Er war alte längst nicht mehr, und der der beiden Gatten, als man der von Egoismus durchsetzten Natur des ein gefleischten Kaufmanns zugetraut hätte. War dies ZerwUrsniß nicht ein verhängnißoolles Symptom, das den det? Ja er fühlte schon das ferne Nol austcben und die gefährdeten Funda mente würden sich als standhaft erpro ben. Aber heute Abend, dort im Saal Baucouleur, war ihm plötzlich die Ge wißheit aufgeleuchtet, daß das wuth lx'sere Kreischen des Deliriums die Summen der Vernunft zu überschreien im Begriff su. „Um Gottes willen was ist? Was redest Du für schreckliche Worte, Pa pat! Was ist geschehen?" „Ich wiederhole Dir Du mußt das Todtschlagen nicht wörtlich neh men, Gertrü. Es wurde kein Knüttel gegen sein ehrwürdiges Haupt erho „Hat man ihn nicht reden lassen?" „O gewiß. Ich habe ihm eine halbe Stunde lang zugehört, und dann ging ich. Ich hatte genug." „Wieso? Er ist ein wenig Phantast, aber voll Herzensgute. Er verdient nicht, daß man ihn schlecht behandelt." „Er hat ein zähes Fell und scheint gegen Spott und Hohn abgehärtet, nach Prophetenart. Zuletzt erst ah, was soll ich Dir erzählen? Es war nicht sehr hübsch durchaus nicht hübsch —" Plötzlich fuhr er aus diesem Mur meln auf und schlug mit den flachen Händen auf die Stuhllehnen: „Denk Dir, Gertrü —" rief er mit bitterer: Grimm „Denk Dir, Aber der Red nerestrade prangte die Devise: lid<-rt6 — krat?ruit6. Wir Fran zosen fühlen nicht, welche Blasphemie wir fort und fort gegen die heiligen Worte begehen!" „Ihr habt keinen Anspruch mehr auf Eure angestammte Höflichkeit nimm mir das nicht übel, Papa. Al les möget Ihr sein, aber liebenswür dig nein!" Es fuhr ihr wie ein lang verhaltener Zorn heraus, und ihre Augen funkel ten erregt. Wieder sank sein Kopf herab und starrten die Auge» unter dein Grau mit einem Nicken bekräftigend. Weh müthig zitternde Fältchen schnitten über seine Mundwwkl. Zweiundzwanzigstes Kapitel. Ja, es war nicht sehr hübsch gewe sen. Ein länglicher Saal mit niederer schauer fettig braun, wie mit glänzen der Oelfarbe gestrichen. Nur die Hälfte der Gasflammen des Kronleuchters ist angezündet, und das gelbliche Licht dieser Flammen zuckt im regelmäßigen Takt, als wäre ihm der Athem zu kurz in der schweren, verdorbenen Luft des überfüllten Saales. Alle Bänke sind dicht besetzt, im Mittelgang steht eine festgekeilte Menge gleich einer Mauer; darüber ragen die unförmlichen Zwei master einiger Gendarmen. Lauter fröhlich grinsende Gesichter; eine Art Gassenjungenlächeln scheint allen ge meinsam: denn man will sich unter al len Umständen amüsircn! Selbst die Gendarmen haben ihr« pedantische Amtsmaske gegen dies Grienen des Juxes vertauscht. Zuerst ein wüster, wühlender Lärm, der mit lachenden Flüchen begleitete Kampf um die Plätze; das Wiehern eines überaus dankbaren Publikums über das Bonmot eines Spaßvogels; die Ungeduld, die sich mit kräftigen Rufen Luft schafft. Auch die Gas flammen wollen das ihrige zu dem Skandal beitragen und sie zischeln übermüthig dazu. Noch immer ist die Estrade leer. Und der Gegensatz der großen leeren Holz fläche, auf der das einsame, mit einem verschossenen grünen Tuchfetzen belegte Tifchlein mit seinen zwei Lichtern und dem üblichen Glas Wasser steht, gegen die quetschende Ueberfiille des Zu schauerraumes, scheint die Ungeduld noch zu reizen. Jetzt beginnt man hin ten in der Ecke mit den Füßen zu trommeln, und sofort pflanzt sich das Signal über den ganzen Saal fort, ein ohrenbetäubendes Stapfen und Stampfen und Dröhnen der Fuß boden erzittert, die Wände scheinen zu wanken und die Scheiben des Oberlich tes klirren. Endlich! Da ist er! Ein ungeheures „A —ah!" empfängt den Apostel, wie er in seiner vorwärts schiebenden Art angefchlürft kommt, im viel zu weiten, schlotternden Frack, dessen Taschen wiedet wie gewöhnlich mit Schriftstücken und Broschüren vollgestopft sind, ein naiv kindliches Lächeln über der weieen, unordentli chen. weißen Halsbinde.. Die linkische Verbeugung der lanK» Gestalt im Verein mit diesem kindliches öächeln entfesseln «inen höhnenden Bradv „Pfcht! Ruhe! Laßt ihn doch reden!" die Worte, die die hölzernen, rechin-in keligen Gesten des Redners begleiten, werden hörbar. Eine Stille, die fast .geinsend gespannten Mienen horch! al les nach ihm hin, und ein« Weile be lauscht das nicht inkorrekte Franzö sisch des Engländers, das nur durch die man die Studiertheit des Schreibti sches anmerkt, mit einer gewissen ein tönigen Salbung vorgetragen. Es hier und 'da regt sich die Ungeduld .Telemach!" ruft einer. Das ist's! Langweilig wie das erz klassische Buch, mit dem man auf der Schule das Stilgefühl der Jugend glättet. Das sieht nicht nach einen» Amüsement aus und deshalb ist man doch da! „Was wollen Sie d«nn da oben?" ! „Wir sind hier nicht in der Kirche!" „Einen Witz Hella, einen Witz!" „Reden lassen!" hallt es in die von allen Seiten keck aufschnellenden Stim „Der Friede... hört, er ist endlich da ran! Jetzt beginnt's! Er hat von sei nem Frieden angefangen!" Jetzt kann's lustig werden. Der ewig« Völkerfriede giebt es etwas Köstlicheres als die se Narretei? Wieder verlrerb er sich in einen Phrasenschwulst, der die edenhaften Segnungen des künftigen Jdealzu standes beschreibt. Noch läßt man ihn gewähren, noch erduldet man das Rie-. fallende Scherze werden noch mäßig be lacht, aber das Grren«n und Grinsen ist längst xur Explosion reif. Selbst die Büste der Freiheitsgöttin, die sich über dem Kopfe der eifrig gestikulirenden Gestalt erhebt, scheint eine ironisch« Grimasse zu schn«iden unter ihrer Ja- Plötzlich schallt der laude Ruf durch Es ist wie «in Funke, an dem sich der verhaltene Skandal entfacht. Das Grienen und Grinsen verzerrt sich in aufgeregte Hassesmienen, so aufsta chelnd wirkt der Name. „Ein Spion! Ein Agent Bis marcks! Ein Preuße! Hinaus mit ihm! Herunter!" Die wüthenden Droh rufe mehren sich. Das ist's! Daß sie sich alle von sol cher Friedensschalmei bethören ließen! Niemand anders als Bismarck ist im Spiel! „Man will uns provoziren! Her unter mit dem Spion!" Die Aufregung wächst Trom meln mit den Füßen ironisches Händeklatschen schrille Pfiffe heulende Töne jetzt flieg«» scharfgel lende Verwünschungen geballte Fäuste werden nach der Estrade ge schwungen „Hinaus! Hinaus! Hinaus!" Inmitten dieses ungeheuren Lärms, der ihm entgegenbrandet, hält immer noch der Apostel und seine langen Ar me fahren unentwegt fort, die Worte seiner Lippen zu begleiten, die spurlos von dem Lärm verschlungen werden. Mit nervöser Bewegung greifen die ge krümmten Finger jetzt öfter, gleich ei nem Kamm durch die moosartigen Büschel feines Backenbartes, und seine dunklen Augen glühen lebhafter unter den leise wetternden Brauen. O, er ist solche Szenen gewöhnt! Er weiß, daß seine Idee sich erst durch feindliche Ver halle von Vorurtheilen Bahn brechen muß. Auch er ist bereit, sich als Mär tyrer für sein Ideal in Stücke hauen zu lassen.... Einmal reckt er sich auf, als wolle er sagen: „Hier bin ich! Kommt und schlagt mich doch todi!" Doch nun ist's genug des Heulens und Drohens! Und wenn der Bis marck-Agent nicht gudwillig geht.... Plötzlich springt Jemand mit einem Satz auf die Estrade neben das Tisch chen «ine feiste Gestalt mit einen, borstig behaarten Grautopf und fana tisch flackernden Augen. Ein Hurra und Bravo begrüßt ihn. „Wer ist's?" „Nun, Lasosse Sie kennen doch Lafosse —" „Ah, der!" Gewiß kennt man ihn. Derselbe, der das Preußennest verlas sen und sich seitdem aus den patrioti schen Märtyrer ausspielt. Ein schlauer Macher, der aus den Umständen Kapi tal zu schlagen weiß. Lafosse beginnt zu reden, als wäre der Andere gar nicht da; jetzt übertönt die knarrende Stimme des ehemaligen Buchhalters das Chaos. Und fast ko misch ist's zu sehen, wie es den Anschein hat, als machte der Engländer neben ihm, der sich auch durch diese unerhörte Herausforderung noch nicht aus dem Text hat bringen lass«n, die begleiten den Gesten zu dem Geknarr. Was, will der verrückt K>erl denn immer noch nicht weichen? Das ist zu arg! welche Unverschämtheit! Allgemei nes Erheben: „Hinaus! Hinaus! Hinaus!" brüllend, johlend, kreischend, fluchend, in allen Tönen. Wieder zittert der Fußboden, wie der scheinen die Wände zu wanken. Und das schnellere Zucken der Gas flammen gibt der Szene ein noch wil der erregtes Ansehen. Der alte laminet war erbleicht, als er Lafosse dort auf der Estrade erblickte. Was kann der wollen? Es ist selbstver ständlich. daß der Buchhalter die Ge legenheit ergreift und sich endlich für die ihm geschehene Ausweisung rächt. Wenn erst der Lärm sich gelegt hat, wird er das lang verhaltene Gift ge gen das Haus laminet ausspeien. Schon reckt sich sein Arm mit dem Zei gefinger er weist auf Jemand im Saal. Ihm gilt das Weifen, ihm, Ja- Jetzt glaubt er deutlich seinenNamen zu hören, der ihn; mit einem Zischton entgegen fliegt. Vor seinen Blicken schwankt es er meint alle Köpfe sich loenden und alle die von der Wuth ver zerrten Gesichter nach ihm hingrinsen zu sehen. Unker seinen Füßen bewegt sich wirklich der Boden „Hinaus! Hinaus!" Gilt das Wuthgeschrei nicht ihm? Wie unter den Geißelhiebe» dieses „Hinaus!" machte er sich davon. Ta pferkeit war nie seine Sache gewesen. Er wußte nun, wie es um ihn und die Existenz seines Hauses stand; wie ver nichtet schlich er über die Straße nach seinem Heim. Der Portier, die Diener schaft empfingen ihn, so meinte er, mit verächtlich-mitleidigen Blicken. Die wußten schon! Ah. es war ja nur eine Täuschung gewesen! Aber Lafosse, die racheschnaubende Erscheinung dort in dem zuckenden Licht, war kein Erzeug niß seiner Erregung. Die Rache kommt ivenn nicht h-euke, so morgen: das „Hinaus!" hängt in der Luft. Fort und fort gellt es ihm in den Ohren. (Fortsetzung folgt.) Isür die Küche. Pflaumensuppe. Ein PfunL ausgesteinte Pflaumen locht man mit reichlich einem Quart Wasser, etwa» Zimmt, Citronenschale und zwei in Scheiben geschnittenen Milchbrötchen weich,streicht die Suppe alsdann durch ein Sieb, vermischt sie mit Zucker und nach Belieben mit etwas Wein, läßt sie einmal aufkochen und richtet sie über geröstete Semmel oder Zwieback an. Gehackter Weißkohl mit Sahne. Die von den Rippen be freiten Kohlblätter werden gewaschen, blanchirt, gut ausgedrückt und givü körnig gehackt, mit einer feingehackten und in Butter weißgeschwitzten Zwie bel, Fleischbrühe und ein wenig Salz aus gelindes Feuer gesetzt, gut zuge deckt und unter öfterem Umrühren langsam weich und kurz eingeschmort. Dann kocht man von Sahne mit etwas Weißmehl eine dickseimige Sauce, ver mischt diese mit dem Kohl und fügt ein wenig Zucker, Muscatnuß und Pfeffer hinzu; nun läßt man den Kohl noch ein Weilchen ganz sacht schmoren. Nach Belieben und Geschmack kann man den Zucker auch.weglassen. Als Beilage gibt man Cotelettes oder Saucischen. Pichel st einer Fleisch. Man nimmt hierzu ein Stück Rindslende, hackt dasselbe sauber ab und schneidet es In nicht zu kleine Würfel. Kartof feln werden geschält und in dünne Scheiben zerschnitten, einige Zwiebel scheiben mit Butter weich, doch nicht gelb geschmort. Man bestreicht den Boden einer Form, mit gut schließen den, Deckel, fett mit Buiter, legt eine Schicht Kartoffeln hinein, darüber eine Lage Fleisch und einige Zwiebelschei ben und fährt abwechselnd so fort, biZ die Form beinahe gefüllt ist, bestreut auch jede Lage mit dem nöthigen Salz und legt ein Stück Butter darauf, auch kann man etwas zerstoßenen weißen Pfeffer oder zerpflücktes Lorbeerblatt hinzugeben. Schließlich gießt man et was dicke Sahne über das Ganze, schließt die Form fest zu, stellt sie in siedendes Wasser und läßt es zwel Stunden ununterbrochen kochen. Sollte die Suppe, welche sich in der Form selbst gebildet hat, zu dünn sein, so füllt man sie ab, kocht sie schnell mit ein wenig in Wasser klar gequirltem Mehl sämig ein und gießt sie wieder auf die Speise. Auch aus Rindfleisch, niageremSchweine- und jungem Ham melfleisch kann man Pichelsteiner Fleisch bereiten. Man nimmt von je der Fleischart zu gleichen Theilen. Miridon vo« Kartoffeln mit Schweinefleisch. AuS ei nem Pfund Schweinefleisch von der Keule schneidet man fingerdicke, thaler große Scheiben, welche man klopft und mit Salz und Pfeffer bestreut. Mit etwas Zwiebel und Gewürz dämpft man nun die Stückchen in gutem Fett gelbbräunlich und weich. Sodann but tert man eine Form und gibt schichten weise das Fleisch mit geriebenen Kar toffeln hinein, gießt während des Ein legens einige Löffel guter Bratensauce darüber und zuletzt eine Tasse kräfti ger Fleischbrühe. In heißem Ofen schön gelb gebacken, stürzt man die Speise auf eine erwärmte Schüssel und gibt eine Sardellen- oder Kapern sauce dazu. Bayrische Kartoffeltorte. Ein Viertel Pfund Mandeln werden abgewaschen und nachdem sie mit einem sauberen Tuche trocken gerieben sind, mit der Schale gröblich gestoßen oder gewiegt. Sodann schlägt man zwei ganze Eier mit einem Viertel Pfund gesiebtem Zucker schaumig, gibt die gestoßenen Mandeln, eine Messer spitze fein gestoßene Nelken, einen Theelöffel Zimmet, die fein gehackt« Schale einer Citrone und nach Belie ben etwas geriebene Muscatnuß und zuletzt ein Pfund gekochte, gerieben« Kartoffeln dazu. Nun verarbeitet man alles zu einem Teig, rollt mit Hilfe von wenigem Mehl eine runde Teigplatte in der Stärke eines Feder kiels aus und belegt mit dieser eine ge butterte Tortenform. Um den Rand legt man eine fingerdicke Teigrolle, nachdem man denselben vorher mit Gelbei bestrichen hat, damit derselbe gut hält. Nun füllt man den Raum der Torte mit einer feinen Marmelade oder eingelegten Himbeeren, Johannis beeren und so weiter und macht vom übrigen Teig ein hübsches Gitter da rüber. Auch dieses bestreicht man mit Gelbei und backt die Torte in gut ge heiztem Ofen. Sobald sie gar ist, wird sie mit gesiebtem Zucker bestreut. Rothe Grütze. Man vermische ein halbes Quart ausgepreßten Him beersaft mit einem Viertel Pfund Zucker und soviel Wasser, daß alle? zusammen ein Quart Flüssigkeit aus macht. Diese bringe man zum Kochen und gebe dann eine Tasse Gries hinein und rühre es, bis es gar gekocht ist. Dann füllt man es in eine mit Wasser ausgespülte Form, lasse es erkalten, stürze es und gebe süßen Rahm dazu. Chocolade - Creme mit Wein. Man kocht ein Quart Roth wein mit einem halben Pfund Choco lade und 7 Unzen Zucker. Dann mischt man eine Unze aufgelöste Hau senblase. weiße oder rothe, hinzu, und verrührt alles sehr feip; besser noch, man streicht die Masse durch ein Haar sieb. Sodann mengt man den Schnee von vier Eiweiß darunter, füllt die Creme in eine hübsche Form und stellt sie auf Eis. Eine strenge Mutter. Kartcheti: „Papa, darf ich nicht einmal an Deinem Käse riechen?" Vater: .Gern, mein Kind." Mutter: „Aber Mann, wie kannst Du das Kind nur so Maßlos verziehen!" Wink. Herr: „Ihre Frau Ma» ma stottert?" Fräulein: „Aller dings aber „ja" kann sie fliehend? sagen." 3