2 Z>er älteste Lieöesörief. Das Britische Museum in London besitzt eine kleine auf einen Ziegelstein tische Prinzessin. Liebesbr^f aus dem Jahre IKOO vor älteste Epistel seiner Art. Als solcher des gelehrten Dominikanerpaters Scheit sich jetzt in Konstantinopel be findet. Die schlichten Worte, mit de nen der Briefschreiber an feine Ge liebte oder sein Weib sich wendet, wer den nicht verfehlen, das menschlich« sympathischerWeis« vorzuführen. Nun der Wortlaut des Schreibens: „Der Bibia sei Folgendes kund: was mich, Gimil-Marduk, anlangt, so mögen die Götter Samas (Sonne) und Marduk (der bibl. Merodach) um meines Na mens willen (das ist: aus Liebe zu mir) dich ewig leben lassen. Ich sende hiemit (Anfrage) um Nachricht über dein Wohlergehen; sende mir Kunde, ob es dir wohl geht. Ich befinde mich (augenblicklich) in Babel und habe Dich nicht gesehen, weshalb ich sehr beunruhigt bin. Sende mir doch Nach mich freue; komme im Monat Arach samna (Marcheschwan). Um meines Namens willen (d. i. mir zu Liebe) ! mögest du «wig leben." Daß die Bi bia nicht etwa eine Mutter ist, sondern ! sein« Geliebte, die der Schreiber offen bar in Babel zu finden erwartet hatte, geht aus einem andern Schreiben her vor, das ein Sohn an seinen Vater richtet, und das beginnt: „Meinem! Vater s«i Folgendes kund u. s. w." Denn wäre die Bibia die Mutter d«s Schreibers, dann hätte er, schon aus Ehrerbietung, seinen Brief nicht an ders als mit „Meiner Mutter Bibia" begonnen. Da auch dieser zweite Brief höchst characteristisch sür das Privatleben der Babylonier jener Zeit ist und eines humoristischen Beige schmacks nicht entbehrt, so sei auch er zum Schluß den Lesern vorgeführt: „Meinem Vater sei Folgendes kund: was mich, Zimri-era anlangt, so mö gen Samas und Marduk dich ewig le ben lassen; es möge dir Wohlergehen. Ich sende hiemit (Ansrage) um Nach richt über dein Wohlergehn! sende mir Kunde, ob es dir wohlgeht. Ich be finde mich hier in der Stadt Dur- Sin. Da wo ich mich befinde, gibt es keine Nahrungsmittel für mich zum essen. Siehe, ich siegle (d. i. lasse ab stempeln) ein Drittel Sekel Silber und s«nde es dir; schicke für dieses Geld gute Fische und andere Lebens mittel für mich zum essen". Gerade die Begleichung dieser beiden Brief« ist psychologisch hoch interessant: hier die yiehr mat«ri«lle Magensrage, di« dem Sohn den Griffel in die Hand drückt und dort di« zärtliche Beforgniß um Nachricht von dem Aufenthalt und Wohlergehen der Geliebten, wob«i noch b«sond«rs auf das zweimal wieder holte „um meines Namens willen (d. i. aus Liebe zu mir)" aufmerksam ge macht sei. Beachtenswerth ist auch, sür sein« Auslagen gleich mitschickt. Wenn einmal in weiteren 3V(X> Jah ren die Postkarte eines deutschen Stu denten, worin er an seinen Vater um Geld schreibt, neben diesem altbaby lonischen Bittbrief in ein und demsel ben Museum liegen wild, dann wird der Vergleich gewiß zu Gunsten des babylonischen Bittstellers ausfallen. Die Innigkeit und Zartheit der Lie besbriefe jedoch bleibt in allen Jahr tausenden die gleiche, nur daß viel leicht das Schlichte des Ausdrucks je nach den verschiedenen Zeiten wechselt -und späterhin gelegentlich durch senti mentalere Töne ersetzt wird. Ei« Jahr. Äon Käsern ein gülden Gewimmel, Ein Rauschen wie rieselnd«! Blätter Fall. And drüber der blaue Himmel. Am Beden flimmerndes Silber ver streut. Nicht «ndenwollendts Feiern. , Es klopft wie mit Kindersing«r» An'i sonnenlaue Eis, Ein Neigen von Ast zu Äst, Die Nester voll junger Last. Der Käfer gülden Gewimmel, Der müden Blälter Rieseln Und drüber der blaue Himmel. Gutes Zeichen. Herr: «Nun, hat sich die Schwerhörigkeit Jh — Der kranke Trinker.. Arzt: „Bekommt der Kranke auch re-s gelmößig seinen Lössel Tokaier?" Wärterin: „Selbstverständlich; mit z«hn Eßlöffel voll ist er schon im Vor schub!" Stille Wasser. Sieh doch, Mutter, da unten fährt Else Strombrrg mit ihrem Bräutigam vorüber." Die verwittwete Frau Majorin Klettke, an welche diese Worte gerichtet waren, murmelte zur Erwiderung ei nige unverständliche Worte, nicht weil die Bemerkung ihrer Tochter sie kalt gelassen hatte, sondern weil dieselbeOel ins Feuer goß. Sie halte ihre Tochter, Frage vorgelegt, warum dieses herr liche braune Haar, dieser zarte, rosig angehauchte Teint, diese dunkelblauen die schönsten Partien machten. „Und diese reizende Figur!" brumm te sie vor sich hin, als Erna sich jetzt erhob. „Was sagtest Du, Mutter?" „Ich sage, daß Du ebenso gut wie Else Stromberg verlobt sein könntest, Du nicht den Männern gegen „Ach was, man muß es nur ver stehen. Jetzt bist Du bereits einund zwanzig Jahr« all, alle unsere Be kannten wünschen, daß Du einen gu ten Mann kriegen möchtest " „Aber ich kann doch nicht auf allge „Und alle würden Dir dazu verhel fen, wenn Du nicht so kalt wärst. Der Assessor machte Dir auch den Hof, und nun geht er hin und verlobt sich mit Elf« Stromberg." „Es bleiben ja noch genug Männer übrig." „Wenn Du wenigstens deutlich er klären möchtest: Ich will gar nicht Hei rathen, dann wüßte man doch, woran man wäre." „Ich habe nichts gegen eine Heirath." „Dann thu' auch etwas dazu. Wa rum gehst Du immer gekleidet wie Aschenbrödel? Vielleicht glaubst Du, wenn Du so ärmlich angezogen gehst, wird Dich einer aus Mitleid nehmen?" „Nicht doch, liebe Mutter," lächelte Erna. „Ich glaub« nur, wenn ich mich kostspieliger kleidet«, müßten wir un ser kleines Capital angreifen, und das wirst Du doch selbst nicht wollen." Die Majorin schwieg und versank in tiefes Nachdenken. Plötzlich sprang sie auf und rief mit der ihr eigenen Leb haftigkeit: „Ja, wir werden das Capital an greifen, und nicht nur angreifen nein, ich setze das ganze Geld auf eine Karte —" „Mutter, Du willst doch nicht nach Monaco fahren?" „Nicht nach Monaco, aber nach ir gend einem fashionablen Badeort. Ich will nicht hier unterm Dach mit Dir versauern. Du weißt, Erna, wenn ich einmal einen Beschluß gefaßt hab«, bleibt es dabei. Wir lassen uns schöne Toiletten machen und reisen ab." „Du wagst, Mutter, unser Capi tal " „Die paar tausend Mark werden den Kohl nicht fett machen, und wir sind doch bis jetzt ohne das Geld ausgekom men. Nein, nein, keine Widerrede, es wäre Sünde und Schande zu warten, bis Du eine alte Jungfer bist, und das wirst Du werden, denn der eine Hei rathscandidat, der alljährlich in un serm kleinen Neste auftaucht, hat hier zuviel Auswahl. Der geht Dir stets mit Sicherheit flöten." Ein allzu energischer Widerstand lag nicht im Charakter der stillenErna, und so fügte sie sich schweigend in die Anordnungen der Mutter. Die Toi letten wurden angefertigt, die Koffer wurden gepackt, und zu Beginn der Bade - Saison stand Frau Maiorin Klettke nebst Tochter in der Kurliste vcn Diese Kurliste in der Hand haltend, saß die lebhafte kleine Dame, welche in den ersten Vierzigern stand, aber noch viel jünger aussah, in ein?m Zimmer des „Hotel Weber", während Krna mit den Koffern beschäftigt war. „Herr von Meyer nebst Gemahlin— Kommerzienrath Moosheim nebst Ge mahlin und drei Töchtern Mül ler, verwittweteKanzleiräthin mit zwei Töchtern diese gräßliche Concur renz! Hartmann. Rittergutsbe sitzer unvßittmeister z. D. Hm! hm! Der scheint keine Frau, auch keine Töc hter bei sich zu haben Rittergutsbe» sitzer und Rittmeister. Also sozu sagen doppelt gerittert und wohnt auch im „Hotel Weber" was meinst Du, Erna, möchtest Du den haben?" „Wenn ich bitten dürfte", sagte das »unge Mädchen ironisch lächelnd. „Nein, ich meine natürlich. falls er haben ist, aber das werden wir bald „Ich möchte Dir doch rathen, für allr Fälle noch tinige Herren zur Re ferk? aus der Kurliste herauszusu chen." „Rein, mein Kind, verstehst D» nicht. Dein Vater sagte immer, beim Angrfff muß man seine ganze Stärke cuf em?n Punkt concentrircn. Mit Ailfe des Wirthes sammelte sie folgende Personalien des Rittmeisteis: „Wittwer, Vater zweier Kinder!m Alter von acht und zehn Jabren, dir sich auf dem Gute unter Aufsicht einer Gouvernante befinden. Alter teSßitt meifters: Achtundvierzig. Charackr: Wenn ihn seine Krankheit, ein Leber leiden, plagt, mürrisch, sonst höflich, aber zur Einsamkeit geneigt. Hat die Erlaubniß, den Brunnen zu benutzen, ehe er dem Publicum geöffnet wird. Ist Punkt neun Uhr früh am Bsun nen. Dann Bad und ärztlich« Confultation. Nach der luble ck'dol« einsamer Spaziergang im Walde mit Zeitungslesen, Dann auf seinem Ziin- nier. wo er die Berichte seines Verwal» ters prüft und Briefe schreibt. Abends Herren." Ein dem Oberkellner gespendetes reichliches Trinkgeld bewirkte, daß der Rittmeister bei der 'l'udlo »tv fortan noch reservirter verhielt, stellte sie die indirekten „An griffe" fast gänzlich ein. Die „indi rekten" Angriffe nannte sie diejenigen, welche sie selbst zu Gunsten ihrerTsch ter unternahm. Nunmehr lag es in ih rem Plan, Erna selbst zur Offensive anzustacheln. „Bedenke, liebes Kind, daß wir un ser ganzes Capital eingesetzt haben. So eher antreten, als bis ich mir sagen muß: Wir sind endgültig besiegt, ge schlagen." „Aber, beste Mutter, ich begreife nicht, warum Du Dich auf den Ritt meister caprizirst." „Ach, mein Kind, ich habe inzwischen Umschau gehalten. Junge Leute giebt es hier nicht viele, und die wenigen sind entweder zu krank und haben sie schlimmsten Falls ihrer Mttwe hin terlassen können oder sie sind schon versagt und von der Concurrenz in Beschlag genommen." „Wie kaufmännisch Du Dich aus drückst, Mutter!" „Meine liebe Erna, ich habe meine heldenhafte Seite, um das Andenken Deines Vaters zu ehren, und ich habe meine commerzielle Seite, die vom mütterlichen Standpunkte gerechtfer tigt ist. Aber was ich sagen wollte, Du wirst von jetzt an, während ich Min Nachmittagsschläfchen halte, im Walde spazieren gehen." „Ja, liebe Mutter." „Du gehst dieselben Wege, wie i-er Rittmeister, mit träumerischem Aus druck in Deinen Zügen, in der Hand ein Buch haltend, mit Goldschnitt, in rothem Einband am besten irgend ein philosophisches Buch die Herren lieben es, wenn wir Bücher lesen, die wir nicht verstehen." „Ja, liebe Mutter." „Nun, da stehst Du wieder, als ob Du nicht bis drei zählen kannst Tu bist doch wirklich schon in einem Alter, überflüssig sein sollten ich überlasse Dir Alles Weitere und »rwarte täglich Deinen Rapport." Majorin fragte: „Glaubst Du nun wirklich, daß er— daß er Dich liebt?" erwiderte Erna „Ja, liebe Mutter." des AnHaltens wegen, geben." Aber dazu schien der Rittmeister nicht die geringste Lust zu haben. Da faßte die heldenhafte Mutter den Ent schen. dete Wand und wär« vor Ueberra fchung fast in die Erde gesunken. Erna saß auf einer Bank und hatte ihreHrnd einem jungen Manne überlassen, der dieselbe wiederholt küßte. Mit einem Schrei fuhr Erna lm stand. „Mein Herr Badearzt," wandte sich die Mutter an den jungen Mann, der „Ihre Consultationen scheinen seltsa mer Natur zu sein." „Liebe Mutter," nahm Erna statt „Ja, gnädige Frau, ich bitte um die Hand Ihrer Tochter." „Aber so schnell, gleich bei der ersten Begegnung—" „Nicht doch, Mutter! Beinahe so „Jeden Nachmittag? Mit Kurt? fürchte ich werde ohnmächtig. >'err Doctor. wieviel Gehalt haben Sie?" Der Arzt nannte eine anständige entfernte Bank nieder. „Statt des doppelt Geritterten nur ein einfacher Arzt", dachte sie bei sich, „Ach Sie sind es. Herr Rittmeister, als ich beabsichtigte. Das wird unc I prächtige Doppelhochzeit giben." Der Hramukünstler. Z " Pcler Rosegger. Eines Sonntags Nachmittags saß ich in jeyein Bauernwirthshause und voller Fliegenpunkte und draußen war trostloser Salzburgerregen. Anstatt auf der so schön aucgedachten Berg- Greis. den, aber es kann auch noch eine Zeit wild bleiben." Ich hatte also nur ei nige ganz gleichgültige Worte gesagt, die der Wirth ebenso gleichgültig be antwortet. Meine Zeche hatte ich schon bezahlt, daher begriff ich nicht recht, warum «r immer noch bei mir am Ti sche sitzen blieb. Dabei sah mein Wirth so grämig drein, daß ich die Pflicht fühlte, ihn zu unterhalten. „Wer ist der Alte dort beim Ofen?" fragte ich. «Ist der Kohlenrabler" „Kohlenrabler, was ist das?" „Der vom Kohlenschoppen die Koh len in die Schmiede tragt, unten beim Hammerwerk." „Was macht er denn jetzt?" fragte ich weiter. Denn der Mann am Ofen that an einer schwarzen Wurst herum und rieb an etwas Glänzendem, das daran war. „Sein Spektivel (Perspektiv) putzt er," belehrte der Wirth und setzte, auf einmal ganz überraschend gesprächig, bei: „Ja, ja, der Augustelist ein gar großer Herr." „Wer? Der Alte dort? Der Koh lenrabler?" „De» Kohlenrablet. Gehen's nur Ich trat zum Ofen hin und der Wirth, als er mich vom Halse hatte, siffelte sachte zur Thür hinaus. „Na, wie geht's, wie geht's, Alter?" redete ich den Greis an. Dieser rückte seinen stoppelbartigen Kinnbacken zu recht, wetzte mit der Zunge die Lippen, wobei ich nicht einen einzigen Zahn sah, blinzelte mit den kleinen Rund äuglein und sagte mit einer zarten, fast piepsenden Stimme: .Ist die Frage dem Auswendigen vermeint, ode» dem Einwendigen?" Weil ich auf diese Antwort hin ver blüfft war, so rückt« der Alte ein wenig weiter in den Winkel hinein, als ob er mir an seiner Seite Platz machen woll te, und fuhr fort: .Das ist halt nit so einfach, mein Mensch. Dem Kohlen rabler ist sie vermeint? Du, hör' ein mal, der Kohlenrabler ist ein armer Schrägen, der geht den ganzen lieben Tag zwischen dem Schoppen und der Schmiede hin und her mit seinem Korb und tragt Kohlen. Kohlschwar ze Kohlen. Auf dem sein Gesicht kannst mit dem Finger weiße Stricheln ma chen. so schwarz ist es. Das ist «in langweiliger Nötler, der Auswendige, den mag ich selber nit und bin allemal froh, wenn ich ihn auf den Abend ins Stroh wevfen kann. Nachher wird der Andere munter, der Einwendige. Du der!" Bei dem letzten Worte hob er seine Stimme zum Tone höchsten Re spektes vor dem „Einwendigen". Ich saß bei solchenWorten ganz rathlos da, so lugte er mich schmunzelnd an, hub von der Bank sein Fernrohr auf und sagte: „Was ist das? Das ist ein Spektivel. Schauest jetzt durch, so siehst gar nichts. Alles kohlschwarz. Ziehen wir's haA einmal auseinan der. Er that's, so daß das Rohr nun zwei Längen gab. „Guckst jetzt durch, siehst auch nicht viel. Ziehen wir's halt noch einmal auseinander." Er zog das dritte inwendige Rohr hervor, das Instrument war jetzt so lang, wie «in« Elle. „Nu guck einmal durch!" Ich hielt das Rohr gegen das Fen ster, lugte hinein, sah aber nichts, als eine graueScheibe mit wogendem Perl mutterschimmer. Das Glas war durchaus schadhaft. „Siehst du's jetzt?" fragte der Alte. „Ich sth« ni^ht«,--? mir daS Rohr aus der Hand, „man sieht ja eine schöne, lichte Weltkugel. Und das, mein Mensch, ist auch ein Gleiches. Der alte Kohlenrabler ist auch so ein Spektivel mit drei Röhren. Wenn ich auf den Abend das Gewand auszieh', da ziehe ich halt das erste Rohr herab. Wenn der müde Mensch leib nachher einschlaft,da ist das zweite Weltkugel. Das ist der Augii steigen, ich lunnt zeigen, was der für ein hoher Herr ist. Solllest du mit dem Augustel reden wollen, so sag' gutwillig: Euer Majestät!" . ich. Habe aber meine Meinung ein wenig ändern müssen. Denn es kam heraus, daß ich die Ehre hakte, mit ei nem Philosophen zu sprechen, mit ei nem Dichter und Künstler, kurz, mit einem großen, gottbegnadeten Narren. .Sein thut's halt so,' sagte der ge- sprächige Alte. „Auf den Abend, wenn der Kohlenrablev einschlaft, wacht der Augustel auf. Und stehen sie schon all« um sein seidenes Bett herum, die Ho senanleger und Stiefelanzieher, di« und Haarkräuslerin nen und Bartstutzerinnen und.Nagel schneiderinnen und die Mantilumhän ger. Und nachher bringen mir sieben Diener das Frühstück, auf güldenen Schüsseln Sauerkraut mit Speck, ab«r es ist jetzt leine Zeit zum Essen. Zwölf Knaben mit silbernen Trompeten ge leiten mich in den Thronsaal, setze ich mich auf den güldenen Stuhl, rücke mir die Kronhaube zurecht und hebe an zu regieren. Das ist ganz leicht, mein Mensch, die sürnehmen Leut' laß ich im Winkel stehen und die armen Leut' kriegen Dukaten und Sauerkraut mit Speck. Und wenn sich gar wo ein Kohlenrabler zeigt, so winke ich ihn ganz zu mir heran und thue ihm was Gutes. Denn mir selber ist es von daß ich alle liebe Nacht träumen muß, ich wär' ein armer Kohlenrabler. Da wartet Eins nachher freilich zwicknotig, bis man munter wird. Alsdann nach her zu Mittag gehe ich zu meine» Fa milie, meine junge Frau, drei herzliebe Kinder warten schon auf mich bei der großen Herrentafel. Ich habe einen wahren Heißhunger, aber allemal, wenn ich die Gabel mit Sauerkraut und Speckgrameln zum Munde will führen, finde ich die Gabel nicht, oder muß kleine Kinder auf dem Arm hal ten, oder es ist die unrechte Schüssel und das ist ja mein einziges Elend, daß ich im Königsschloß nit und ewig nit dazukommen kann zum, Sauer kraut. Dieweilen wird's kalt, es wird frisches gekocht und wie sieben Köche den Kessel, in dem der Speck brodelt, zur Tafel schleppen, ist's aus, ich lieg' auf dem Stroh und bin wieder der Kohlenrabler." „Altes Kind Gottes!" rief ich nun aus, .Sauerkraut mit Speck! Dazu muß sich der Mensch ja nicht gleich in ein Königsschloß hineinträumen. Das wird wohl auch für den Kohlenrabler noch zu erlangen sein." Blickte mich der Alte schweigend eine Weile an und sagte endlich: „Meinst du?" „Wenn ich nicht irre, hat es gar in diesem Haus, in dem wir sitzen, Sau erkraut mit Speck gegeben, heut zu Mittag." „Hat's auch gegeben!" rief er leb haft aus, „was hilft mir das! wenn ich's nimmer beißen kann. Und sei ne Majestät, der Augustel kunnt's bei ßen, der hat noch junge Zähne, schau, mein Mensch, und der Augustel kann's nit verwarten und kann's nit verwar ten!" Gar geschmackig wußte er mir viele Einzelnheiten seines nächtlichen Kö nigthums zu schildern. Eine Nacht wie die andere träumte er davon und beim Einschlafen wußte «r es so anzustellen, daß keine andere Traumvorstellung an setzen konnte, daß sein Königsleben da einsetzte, wo es des Morgens zuvor unterbrochen worden war. Einmal ge schah es, daß er vomSchloßsenst«r aus hinabstürzte in den Graben. Während des Fallens dachte er sich schnell: Nur jetzt geschwind aufwachen, sonst fällst dich todt und kannst morgen nicht mehr König sein. Ein anderes Mal war ein junger Ritter vorhanden und wollte seine Frau verführen. Wenn die Frau einverstanden ist, dachte er, so kann da einmal ein König auch nichts machen, das Beste ist, geschwind munter wer den und gleich wieder einen Tag Koh len tragen, kohlschwarze Kohlen, mor gig ist der falsche Ritter sicherlich ver fchlvunden und ich habe meine treue Gemahlin. Noch hübscher war's, als er einst einen goldenenApsel verschluckt hatte, wahrscheinlich den Reichsapfel, daß er infolgedessen ersticken sollte und er sich geschwind in die Zunge biß, um noch rechtzeitig aufzuwachen. So ler, seine Träume zu leiten und zu wenden, daß er König war und blieb; aber so weit, bis zum Sauerkraut und Speck, so weit brachte er es nicht. Da steht man, daß der Mensch nicht ein mal im Traume alles haben kann, was sein Herz verlangt. Also hatte de» alteKohlenrabler mir seinen inneren Menschen gezeigt und Rohre seines „Spektivels", in welchem die „lichte Weltkugel" war. Der Regen hatte aufgehört, die Ne bel stiegen, die Berggipfel wurden derschast. Allerlei Herrliches hatte ich Kohlenrabler sitzen geblieben, nicht tie fer in das Königsthum feines Augu stels gedrungen zu sein. Vielleicht war Traum vorbereiten. Während des Traumes kommt es auch auf die Be reitwilligkeit an, mit welcher man in mich aufs andere Ohr und versuche den Traum dort wiekr anzuknüpfen, wo er abgerissen worwn. Ost gelingt's Bor kurzem fah ich im Traum aus Dämmerungen tauchend «ine Gestalt langsam auf mich zukom men, sie war mit einem weißen Tuch« verhüllt und grauenhaft anzusehen. Und da fiel es mir ein: Denke nicht, daß es ein böser Geist ist, sonst ist's aus der Stelle einer, denke, daß es dein heiterer Sohn ist, der dich necken will. In demselben Augenblick warf die Ge stalt das Tuch ab und mein Sohn lachte mich an. Und so, mein' ich, liegt es theilweise in unserer Macht, Träume nach Belieben zu gestalten. Unser Wille, wenn es ein starker ist, hat auch noch im Schlafe einige Macht. Es giebtTraumgruppen. So wie bei dem alten Kohlenrabler neben dem Königthum das Sauerkraut mit Speck stand, so giebt es in meinen Träumen selten ein Gewitter, in welchem neben dem Wege nicht ein weißgekleidetes Knäblein steht, das ein schwarzesPrie sterbarett auf dem Kopfe träzt. Zu den wenigen meiner beklemmenden Träume zählt jener, in welchem die Scheunen meines Geburtshauses bren nen. Die Flammen gebärden sich nicht gerade heftig, greifen aber immer nä her heran gegen das Wohnhaus. Und nun kommt mir der wohl aus Erfah rung früherer Träume geschöpfte Ge danke: Wache rasch auf, sonst brennt auch das Wohnhaus nieder! Und ich werde wach. Dann trachte ich wieder einzuschlummern, den Traum weiter zu spinnen und so, in dem Bewußtsein zu träumen, eine stattliche Feuers brunst zu beobachten. Auch existiren in meiner Traumwelt drei rothe Ka tzen, die immer am Brette nagen, auf dem ich stehe. Dieses Nagen thut mir sehr wohl, ich suhl« es wie ein Strei cheln an meinem Haar. Nun weiß ich aber während dieses Gefühls, daß, wenn das Brett durchgenagt ist, ich in «in« unendliche Tiefe stürze. Daher trachte ich beizeiten, sobald die rothen Katzen auftauchen, sie mit einem Schrei zu verjagen. Dadurch erwache ich, der Schrei gellt aber noch lange unheimlich in mir nach und ich darf eine Weile nicht einschlummern, sonst find die Ka tzen auf de» Stelle wieder da. Es giebt Traumepochen. Ich hatte eine Reihe von Jahren, in denen mir der Traum immer nur meine damals lange schon vergangene Handwerterzeit vorführte, dann kamen Jahre, in wel» che» ich jede Nacht die verdammte Schulprüsung ablegen sollte, trotzdeiy ich mir bewußt war rein gav nichts zu können. Solche Schulprüfungen sind die schlimmsten Feinde eines ruhigen Schlafes Heut« träume ich häufig, am Vorlesetisch zu sitzen, das Publi kum aus mich warten zu sehen und im Buch trotz allen Blätterns das richtige Stücklein nicht zu finden. DaS ist eine Qual, so sehr ich mir auch sag«: Mache dir nichts draus, lasse dasPub likum warten und schlafe, denn es ist doch nur ein Traum! Das Ding ist schwer von d«v Seele zu schütteln. Es soll mir aber auch noch gelingen, man muß sich nur üben in der Kunst, der Träume Herr zu werden. Mein alter Kohlenrabler ist beim Tage Kohlenrabler und b«i der Nacht König. Schon s«it Jahren, wi« «r in!» vertraut hat. Er soll sich in sein Kö nigthum so sehr hineingelebt haben, daß «r den Kohlenrabler für die Traumgestalt hält. Und er hat Recht. Wissen wir and«r«n es denn besser? Traum dies, Traum das. Traum hin, Traum dort. Glückselig de». weichn entweder so oder so zu seinem Sauer kraut mit Speck kommt. Unerwartete Wendung. Es war Friedrich dem Großen stet» was er nicht öffentlich besprochen wis sen wollte. Im Jahre 1756. kurz vor dem Ausbruch des Krieges, bat ihn ein Feldwebel von der Leibgarde um die Erlaubniß, nach seiner Heimath reisn» zu dürfen. „Es ist jetzt nicht Zeit, auf Urlaub zu gehen," sagte der König, „wir wer den bald marschiren." Gleich darauf hörte er, daß sein» Leibpagen sich im Vorzimmer heftig stritten, und der Thür nähertretend, hält er sein Ohr an dieselbe und horcht. „Nun, und wohin wird denn der Alte marschiren?" fragte einer der Pagen. „Ganz gewiß nach Schlesien," ant wortete der andere. „Ei bewahre! Ich weiß es besser; er schickt uns gewiß in das langweilige Sachsen," entgegnete der erstere. Plötzlich wurde die Thür geöffnet: und Friedrich d«r Große sagte: Nein, ligeren Spandau." Und wirklich schickte der König die Pagen auf drei Wochen in Arrest nach d«r Festung Spandau. Gute Ausrede. Freund (zum Autor eines Trauerspiels): „Wie hat das Publikum Dein neuestes Trauerspiel aufgenommen? Wurde recht viel applaudirt?"—Autor: „Das Publikum konnte vor Schluch zen nicht applaudiren." „Ach, die Frauen sind doch unberechenbar!" „Na, hö- Schneider ganz genau!" Boshaft. „Was werden Sie denn unserem Vorstand zum Geburts tage schenken?" „Eine Cigarren spitze!" „Aber sein« Frau erlaubt ihm ja gar nicht, zu rauchen!" «Eben deshalb!" abnehmen werde?" „Gewiß! Im vorigen Jahre hat eine Dame wie Sie um 1V Kilo und 2 Töchter abge» Liebe „stiller Verehrer" und^ist dann in der Ehe der ärgste Schreier.