M Wmi-Mme. md er vermochte nur gen. sch Z Mr. Bly, der Gläubiger, war ein baumlanger Mensch mit grauen Haa ren, einem Bart, wie ihn Abraham Lincoln getragen hatte, und ruhigen, grauen Augen. Er war durch und durch Geschäftsmann und sein Cha rakter kalt und scharf wie Kieselstein. Ohne eine Miene zu verziehen, ließ er Wurm ausreden, den armen Wurm, der trotz seiner Herzensangst sich den Anschein zu geben suchte, als sei er voll Sorglosigkeit darüber daß „sein langjähriger Geschäftsfreund, Mr. Bly" nicht zögern würde, ihm die „un bedeutende Gefälligkeit", einen neuen Wechsel als Deckung für den alten zu nehmen, gewähren würde. Als Wurm seine konfuse Darstel lung der Sachlage, sowie sein Ansu chen endlich vorgetragen hatte, vertrieb die bangt Erwartung, wie das Ende der Unterredung fein würde, plötzlich das mühsam genug festgehaltene Lä cheln von seinem Angesicht und er starrte den Mr. Bly mit so großen und entsetzten Augen an, als erwarte «r vo" dessen Lippen sein Urtheil über Leben und Tod. Aber Mr. Bly nahm darauf nicht die geringste Rücksicht. „Ordnung ist die Grundlage aller Geschäfte,", antwortete er mit seiner trockenen, geschäftsmäßigen Stimme. „Feder Wechsel muß am Verfallstage eingelöst werden. Ich kann in dieser Beziehung keine Ausnahme machen. Und de? Mann setzte wieder die Fe der an, um in seinen Büchern weiterzu sch'ciüen, wo er'unürbrochen hatte, a!) W,!U>> eingetreten vir. Wurm, dem der Schweiß in großen Tropfen auf die Stirne trnt, ließ ge wohnheitsmäßig das Kinn in der Halsbinde verschwinden, und war un schlüssig, ob er sich zum Gehen wen den oder noch etwas zu Gunsten seiner Bitte vorbringen sollte. Endlich ent schloß er sich zu letzterem, obwohl er eigentlich nicht recht wußte, was er noch sagen sollte. Kaum Halle er aber den ersten Satz in's Blaue hinein be gonnen, da sagte Mr. Bly, ohne von seinen Eintragungen aufzusehe: "Vmi dc>tti>r Itt luv ulons, »in; I Als echter Deutscher glaubte Wurm selbst angesichts dieser groben Abwei sung noch zu einer Entschuldigung verpflichtet zu sein. Er stammelte also das Fragment einer solchen hervor, wünschte dem Mr. Bly, der von seinem „langjährigen Geschäftsfreunde" nicht die geringste Notiz mehr nahm, sehr höflich einen recht angenehmen guten Morgen und da stand er nun auf der Straße. Wie niedergeschmettert taumelte der Bedauernswerthe dudrch die Straßen. Er wußte kaum, wohin ihn seine Schritte führten und das war ja auch völlig gleichgiltig, denn er hatte in seiner hoffnungslosen Verzweiflung kein Ziel vor Augen. Wohin hätte er sich auch wenden sollen? wo war noch Hilfe und Rettung zu erwarten? Eben kam er an einer Wirthschaft vorüber. Die Kehle war ihm wie aus getrocknet. Ein Glas Bier würde ihn erfrischen, vielleicht auf irgendeine gute Idee bringen. Er trat ein, ließ sich an einem der Tischchen nieder und bestellte ein Glas Bier. Als der Aufwärter den braunen Trank vor dem Gast nie derstellte, hatte dieser die Arme aufge stemmt und war in tiefes Nachsinnen Wie Wurm gehofft hatte, so kam es: eine Menge von „guten Ideen" zog ihm alsbald durch den Kopf. Den Teufel auch! man muß nicht gleich ver zweifeln. War auch dieser Mr. Bly ein hartherziger Schuft, so gab es doch noch andere Leute, zu denen das Haus Wurm seit langen lahren angenehme Geschäftsbeziehungen unterhielt. Ei ner von diesen würde doch wohl für eine Gefälligkeit zu haben sein. Und wenn selbst das nicht zu was war der Grocer denn Mitglied einer Logs, in welcher ein paar steinreiche Leute sich seine „Brüder" nannten? Wurm begann sich allmählig zu beru higen. Wie alle Sanguiniker hielt er den schwachen Strohhalm, den er vor sich schwimmen sah schon für ein fe stes Brett, auf welches gestützt, man sicher und ungefährdet an Land kom men müsse. Als er das zweite Glas Bier geleert hatte, war er auch schon Hause des Mr. Bly vorüber. Erst jetzt bleiben und durch die verstaubten Fen ster in das Lokal zu sehen. Drinnen saß Mr. Bly noch immer vor seinen Büchern und machte Ein tragungen. „Schäbiger Filz!" schimpfte drau ßen der Grocer zu sich selbst, als er seines „langjährigen Geschäftsfreun des" wieder ansichtig wurde; „aber das schwöre ich: wenn es mit meinem Ge schäft auch wieder vorwärts ginge wie mit Siebenmeilen-Stiefeln, bei Dir kaufte ich nicht für einen halben Dol lar Waare." Aber ach! Die Hoffnung, die in diesem Selbstgespräche verschämt zum Ausdrucke kam, erlitt nur zu bald einen schweren Stoß. Denn auch der zweite „Geschäftsfreund" zeigte nicht die mindeste Neigung, auf die Wünsche Wurms einzugehen. Wurm wan derte zu einem Dritten, aber das Er gebniß war kein besseres. Noch an zwei weiteren Thüren klopfte er an, aber auch da wurde er unter Hinweis auf die schlechten Zeiten und die Herrschends Geldklemme abgewiesen. Müde und abgespannt kam er Abends spät nach Haus. Dir Kopf schmerzte ihn und ein« dumpfe Gleich giltigkeit gegen Alles hatte sich seiner „Wo ist Julius?" fragte er, als man sich zu dem frugalen Abendessen nie dersetzte. Niemand wußte es. Wurm fragte nicht weiter, ja, er hatte eine Minute später schon verges sen, daß er überhaupt nach seinem Sohne gefragt. Dumpf hinbrütend saß er an seinem Platze. Frau Jo hanne sprach ebensowenig wie ihr Gatte und nur manchmal entfuhr ein Stoßseufzer ihren Lippen. Frau Heinzelmann verbrachte den Abend auf ihrem Zimmer, wo sie den eigenen trübseligen Gedanken Audienz gab und von wo sie jede halbe Stunde einmal hinüberging an Lipps' Krankenlager, um nach dessen Wünschen sich zu er kundigen. Die Kinder unten fühlten mit jenem seltsamen Instinkte, der den Menschen in ihren frühesten Jah ren eigen ist, daß jetzt nicht die Zeit sei, um Unfug zu treiben und Lärm zu machen; auch unter ihnen herrschte daher Kirchhofsruhe. Der letzte Tisch genosse endlich, Toby, hing während des Essens einer sehr merkwürdigen und äußerst verwickelten Räuberge schichte aus dem fernen Westen nach, in welcher Ramon Ortiz, ein Stern er ster Größe unter den Banditen von Arizona, eine äußerst glänzende Roll spielte. Es herrschte also Todesschweigen Um neun Uhr Abends brachte Frau Johanne, heute, wie die Taae her, da Lipps liegen mußte, ohne Hilfe seitens der Frau Heinzelmann, die Kinder zu Bette. Wurm nahm ein Licht und be gab sich nach dem Geschäftslokale hin unter, um, wie er sagte, die Bücher durchzusehen, Toby aber stieg eilends in seine Dachkammer, um eine neue Geschichte zu beginnen, die diesmal gar von dem großen Jesse James sel ber handelte. XI. Eine Schreckensnacht. Allein gelassen in seinem Laden, dessen nach außen führende Thüre geschlossen war, da bei dem elenden Geschäftsgange zu so später Stunde auf das Vorsprechen vonKunden ohne hin nicht im Entferntesten zu rechnen war, suchte Wurm seine Bücher hervor. Trotz seiner Müdigkeit begann er zu rechnen und zu vergleichen, daß ihm der Kops rauchte. Aber wie er sich auch mühte aus den Buchstaben und Ziffernkolonnen, die schon vor seinen Augen zu tanzen anfingen, brach kein noch so leichter Hoffnungsschimmer hervor. » Wurm stemmte den Arm auf das Pult, an dem er saß, und starrte gei stesabwesend in das vor ihm liegende Buch. Nichts rührte sich, nur die alte Schwarzwälder-Uhr, die vor so vielen Jahren aus der alten Heimath mit herübergekommen war, tickte eintönig an der Wand weiter. Eir>»önig? Für den, der nicht näher hinhört, sagt allerdings eine Uhr nichts Ver nünftiges- nichts weiter als „Tik- Tak" vom Morgen bis zum Abend und vom Abend bis zum Morgen. Aber wer m einsamen und trüben Stunden je einmal einer Pendeluhr zugehört hat, der weiß, daß eise solche, beson- < ders wenn sie schon bei Jahren ist, also Gelegenheit gehabt hat, im Leben Er- > fahrungen zu sammeln, sehr ernst und chen Volke der Taschenuhren, würde ! man vergeblich auf ein vernünftiges I Wort warten. Aber die alte Schwarzwälderin im Laden unseres Freundes Wurm war nun begreiflicherweise schon in Folge I ihres Alters eine von den erfahrensten > Uhren, die es hier zu Lande überhaupt gab, und darum hörte der arme Wurm ! sehr bald, wie sie, ihr einförmiges Tik- Tak einstellend, zu ihm zu sprechen be- „Früher! Früher!" sagte sie, und ! men Wurm eine ganze Kette von weh- > Ja, früher da war es anders; es war allerdings eine bescheidene Exi- ! stenz gewesen, voll Arbeit vom Mor- > gen bis zum Abend, aber doch eine > Existenz, in der es auszuhalten war. i Wie war doch plötzlich die Wendung ! zum Schlimmen gekommen? Wurm j sann vergeblich darüber nach. Die j Schwarzwälderin aber hatte gleich eine , Antwort bereit. Sie sagte langsam ! und eindringlich: I „Unfrieden verzehrt, Frieden er- > nährt!" i Und das wiederholte sie mehrmals, bis Wurm es verstanden hatte. Ja, die leidigen Streitereien in um außer dem Haus, sie hatten ihm Alle! men ohne daß er eS selbst bemerk' - hatte. Zuerst war ihm das Haus ver ! leidet worden, dann das Geschäft, un! ' rinaer, und damit war der Boden ' üble Unternehmungen von der Art de« „Deutschen Sparbanl" bestellt. Hätli ' er nicht die Lust an seinem Geschäfte > verloren, dann wäre dieses nicht zu > rückgegangen und wäre dieses nicht zu rückgegangen, so hätte man ihn ver- gebens zu beschwatzen versucht, sein Geld diesem Schwindler Brozen anzu vertrauen; er hätte alsdann nicht nö< thig gehabt, aus die „dreißig oder vier zig Prozent" der sogenannten „Deut schen Sparbank" zu spetuliren. Sc reichte Eins dem Anduen die Hand, Aber war es denn wirklich sein« Schuld, daß es so gekommen, wai nicht vielmehr eine gewisse Frau —i „Nein, nein!" sagt« ernsthaft dii Uhr. Und sie hat recht, sann Wurm wei ter. Denn der Herr im Haus hätte er sein sollen, nicht die Andere, dii Frau Heiinelmann.... Hätte er nur ein einziges ZMI mit Festigkeit ihr gegen über seinen Standpunkt vertreten, wäre er nur ein einziges Mal dabei geblieben, wenn er eine Meinung, eine Ansicht aufgestellt hatte nie mehr hätte Frau Heinzelmann gewagt, ihm entgegenzutreten, wie sie es thasächlich gethan, ach! und so oft gethan! Er hätte bald Ruhe und Frieden in seinem Hause gehabt, Haus und Ge schäft wären ihm nicht unangenehm geworden mit einem Wort: es hing wieder Alles zusammen, wie ein Sack krummer Nägel und es stellte sich klar heraus, daß ihm selber die Hauptschuld an dem unvermeidlich ge wordenen Zusammenbruche beizumes sen sei. Eben wollte Wurm eine neue Frage an die alte Dame an der Wand rich ten, da knarrte die Hausthüre in ihren rostigen Angeln.— , Wurm fuhr aus seinen Träumereien auf und sah verstört um sich. Julius war nach Haus gekommen. Er stieg eben die Treppe hinauf. Schlaftrunken ließ Wurm das Haupt wieder auf das Pult sinken; er wollte hören, was die Schwarzwälde rin ihm noch weiter von ihrer Weisheit mitzutheilen hätte. Aber die Uhr war offenbar nicht mehr recht zum Sprechen aufgelegt. Wurm hörte längere Zeit hindurch nichts mehr von ihr als das gewöhn liche „Tik-Tak", mit dem sie sich auch sonst die Zeit zu vertreiben Pflegte. - Endlich ließ sie sich wieder verneh „Muß anders werden!" tickte sie. Ja, es sollte anders werden, ganz anders, gelobte sich der Grocer. Er wollte von nun ab die Fuchtel imHause selber führen und sich den blauen Teu sel darum kümmern, wenn das etwa der Frau Heinzelmann nicht angenehm sein solle. Die Frau Schwiegermutter mußte lernen, Ordre zu pariren und die Gattin mußte sich gewöhnen, dem Manne zu gehorchen, anstatt der Mut ter. Dann würde das Ding wie von selber gehen und alle Noth hätte ein Ende. Und als er dieses bei sich dach te. da senkte Wurm im Traume das Kinn tief in die Halsbinde, als stünde er schon vor den beiden Weibern, um ihnen seinen unwiderruflichen Ent schluß anzukündigen, daß er hinfort das Szepter des Hauses führen und nicht mehr aus der Hand lassen werde. Ehe die Schwarzwälderin noch ir gendetwas weiteres sagen konnte, mengte sich etwas Anderes ungebeten, in's Gespräch: die Petroleumlampe nämlich, die dicht neben dem nun gänz lich auf dem Pulte ruhenden Haupte Wurms stand. War die Uhr an der Wand mit einer soliden Bürgersfrau die es sich handelt, ja, ohne die Erfahrung zu haben, die nöthig ist, um ein Ding richtig beurtheilen zu „Macht euch nicht lächerlich! Wir die Welt zu regieren, nicht das schwer fällige Männervolk." Wurm wußte nicht, womit er dieser Keckheit begegnen sollte. Er wartete daher ab, was die Uhr dazu sagen würde. Diese ließ sich endlich herab hinzu werfen: „Laß' sie reden, laß' sie reden!" „Siehst Du," sagte nun auch Wurm seweises Geschwätz. Besser Du hältst den Schnabel und thust allein, was Deines Amtes ist." „Was meines Amtes ist!" zischte die Lampe boshaft auf. „Und weißt Du, was meines Amtes ist? leuchten, leuchten, damit ihr nicht Alle im Dun keln tappen müßt. Wie denn, wenn es keine Lichter gäbe wie ich Eines bin ihr würdet, wenn die Sonne einmal Weiber nicht wären, würdet ihr auch beim hellen Tag in Finsterniß wan deln, denn ihr Beruf ist es, wie der zu erleuchten." Wurm wartete, was die Uhr dazu sagen würde» da diese sich aber in tie fet Schweigen hüllte, antwortete er an ihrer statt: „Ja, leuchten und glänzen, das wäre schön und gut. Aber weder die Wei her noch die Lampen begnügen sich damit, und nicht selten richten Beide damit Unglück an." Da Wurm dergestalt seine Weisheit „Gieb Acht gieb Acht!" Die Lampe lachte und hüpfte vor Vergnügen, und da sie ohnehin sehr den Korb, der mit Sägespähnen ge füllt war. Die Uhr sagte nichts weiter als: „Da hat man's, da hat man's!" Es herrschte jetzt tiefe Stille im her.. Aus dem Korbe mit den Sägespäh nen aber kroch eine feurige Schlange. chen konnten. Krach! Da sprenate der Rauch das einzige Fenster des Raumes. ein Nc?sender an die Thüre, die in sein Haus führte. „Feuer! Feuer!" zigen mächtigen Flamme, die mit ru fender Schnelligkeit Alles verschlang, was in ihrem Vereich war, und mit ei an den ausgetrockneten Wänden. Wurm mit seinem Feuerruf hatte rasch Alle im Ha-use, den hilflosen Lipps allein ausgenommen, auf die Beine gebracht. Frau Johanne in ihrer fürchterlichen Angst unterließ es vielleicht zum ersten Male in ihrem Le ben angesichts der schrecklichen Ge fahr, zu seufzen und die Hände zu rin gen, sondern sie handelte, und das mit anertennenswerther Energie. Ihre Alarmrufe hatten die Kinder geweckt. Die zehnjährige Mary, ein kluges Mädchen, half ihre Geschwister mit dem Nothdürftigsten bekleiden. Gusting rettete in treuer brüderlicher Lieve zu guter Letzt sogar noch des kleinen Char ley Schaukelpferd und eilte mit diesem in den Armen vor der Mutter her, wel che Charley und das Baby trug, auf l>ie Straße alle zusammen so fürch terlich schreiend und Hilfe rufend, daß vie ganze Nachbarschaft aus den Bitten fuhr. Julius erkannte in dem Augenblicke, da der Ruf des Vaters ihn geweckt hatte, die ganze Gefahr: Ein altes Instrumenten, und hob sodann die schwere Bücherkiste auf die Schulter, während er die leichtere mit den Jn iahm. So bepackt, betrat er den Korrt sor. Im ganzen Haus war nichts mehr Zern der flammen, wenn ein frischer iZuftzug über sie hinfährt. Wie ein in veiter Ferne brandendes Meer hörte in, die sich mit wunderbarer Schnel igkeit um die Brandstätte versammelt Batten. Der Korridor oben, den der voktor der ganzen Länge nach mit fei ier Last durchschreiten mußte, war lchon mit Rauchschwaden angefüllt, zoch war die Luft für eine kräftige Zunge immerhin noch zu athmen. Je 'iefer der junge Mann die Treppe hin ib kam. desto schlimmer wurde eZ in ziefer Beziehung. Die Thüre, welche >nrne auf die Straße führte, war of fenbar nicht mehr zu Passiren. Julius vendete sich daher ohne Zögern nach dem Hinteren Ausgang des Hauses, der in den Hof führte. Als er sammt seinen Schätzen durch diese Thüre ungefährdet in's Freie trat, fiel ihm der Vater unbekümmert um Bücher- und Jnstrumententisten ,um den Hals und rief ein- um da» an dere Mal: „Mein Sohn! mein Julius! Gott sei gepriesen!" Julius wußte sich der Liebkosungen des Alten kaum zu erwehren. Endlich gelang es ihm, seine Kisten niederzu stellen, und aufathmend richtete er sich auf. Da aber stürzte Frau Heinzel mann auf ihn zu, indem sie mit angst verzerrten Zügen schrie: l „Und Lipps? Wo ist Herr von Lipps?" Lipps! Der alte Wurm wuiche leichenblaß, als er den Namen hörte Alle hatte er gerettet, den kranken Lipps aber hatte er vergessen. Auch Julius erblaßte. „Hast Du ihm nicht in's Freie ge holfen?" fragte er den Vater. „Wie konnte ich!" stotterte dieser. „Schnell ein nasses Tuch!" rief Ju lius unter die Umstehenden hinein, „es „Du wirst doch —?" stöZnte „Soll.'n wir uns nachsagen lassen, daß wir uns Alle gerettet, daß wir aber unfern erkrankten Gast hätten rück. „Nur schnell, Leute!" treffende dabei. „Hinauf gewiß," antwortete Ju lius, „aber wohl kaum mehr denselben Weg zurück. Besorgt eine Leiter, Leute, und Du, Vater, zeige den Män nern, w? sie anzulegen ist. —Vorwärts, starrte dem so heißgeliebten Sohne nach, dessen hohe, kräftige Gestalt eben in dem Thorwege verschwand. Pfad betrat, noch einmal tief Athem geschöpft und dann das "durchnäßte Tuch über das Gesicht aeworfen. Es mußte ihn vor den so gefährlichen Ver brennungsgasen schützen, die sich in dem engen Korridor, so nahe dem Feuer- Mann rechnete, daß das obere Stock werk noch gefahrlos zu Passiren sein würde. Das untere wollte er laufend hinter sich bringen. So stürzte er sich denn rasch entschlossen in den Qualm, welcher in einem breiten Strome durch brauchte er, um die ersten Stufender Treppe zu erreichen. Diese halbe Mi nute aber war schrecklich, und jeden Augenblick glaubte Julms, zusam menbrechen zu müssen. Aber er arbeitete sich, ohne den Weg, den er machen muß te, zu sehen, zur Treppe durch und ge langte über "diese, wenn auch nM ver sengtem Haar und Bart in das obere Stockwerk. aber es war doch schon weit besser als unten. Das aber war dem Doktor klar, daß er weder allein, am allerwenigsten das Fenster aus dem in Flammen ste- Als Julius in Lipps' Zimmer ge stürzt kam, war dieser eben bemüht, „Alle Wetter, Doktor," rief er, nicht schnell!" bei Gott —" lieat- auch das hier in Schutt Kissen und Decken aus dem Bette und half Lipps aufrichten. Dieser ächzte und stöhnte zum Er unter. Ich kann mich kaum bewegen! Das ist eine schöne Befcheerung." Der Doktor, ohne sich auf ein Ge spräch einzulassen, hüllte den Kranken in seine Decken. „Versuchen Sie, ob Sie stehen kön- legen Sie den linken Arm um meinen Nacken; bis zum Fenster sind nur fünf Schritte, so weit bringe ich Sie schon." Lipps that, wie ihm geheißen. Diese aber mehr Zeit in Anspruch, als Ju lius gebraucht hatte, um aus dem Hofe heraufzukommen. Von draußen drang nun verdoppel der Wand zeigte an daß man endlich eine passende Leiter gefunden hatte, daß Rettung nahe sei. Da erschien auch schon eine dunkle, mit Ruß bedecktl Gestalt von außen am Fenster und rie' herein: „Her mit dem Kranken! Wenn di! Leiter hält, bringe ich ihn hinunter!" Julius schien es, als sei ihm du Stimme nicht unbekannt. Doch macht« er sich Weiler keine Gedanken darüber. Lipps, den die'geringe Anstrengunc so sehr erschöpft hatte, daß er kau«r mehr wußte, was mit ihm geschah, lies willenlos mit sich machen, was man wollte. Er fühlte, daß man ihn emporhob daß plötzlich kühle Abendluft um seiiil Schläfen spielte dann ging es ir gendwo hinab, tief hinab Der Doktor hielt die Decke, in wel che er Lipps eingeschlagen, hinten fest um so dem Manne, welcher den Kran ken an den Beinen umfaßt hatte, Dil schwere Last zu erleichtern. Ehe er au> diese Weis« das Zimmer verließ, würd« die Thüre wie von einer unsichtdareii Macht mit furchtbarem Krachen aufge schlagen, und herein drang eine breit« Feuerzunge, die alsbald über das gan ze Zimmer hin leckte, und im Nu Al les, was sich drinnen befand, in Feuei gesetzt hatte. Eine Minute des Zauderns hättl dem Doktor wie seinem Patienten Tot und Verderben gebracht. Jetzt erst erschien die zu spät gerufen« Feuerwehr. Wurms Haus war begreif licherweise nicht mehr zu retten; mar und sich darauf beschränken, die Nach barhäuser vor einem gleichen Schicksal zu bewahren. In dieser Beziehung wa ren denn auch die Arbeiten der wacke ren Löschmannschaften von Erfolg be gleitet. Das „Grocerhaus" aber war nach kaum einer halben Stunde nichts weiter mehr, als ein rauchender Trüm merhaufen. Die Familie Wurm, Frau Heinzel mann mit inbegriffen, hatte für den Rest der Nacht bei Nachbarn ein Unter kommen gefunden. Es handelte sich ja für sie nur darum, ein Dach über den Häuptern zu haben an Schlafen dachte erklärlicherweise keines von ih nen. Lipps war auf einem rasch requi rirten Handwagen nach der Wohnung Stichows geschafft worden, welch' letz terer den Kranken für sich beansprucht hatte. Nur um Toby bekümmerte sich Niemand. Doch halt! Auch seiner erinnerte sich schließlich Jemand, wenn auch leider durchaus nicht in jener liebevollen Wei se, wie sich Toby das gewünscht hätte. Als nämlich, nach der so wohl gelunge nen Rettung von Lipps der hoffnungs volle junge Mann darüber wetterte und schimpfte, daß die Retter nicht auch seinen Tobys Koffer in Sicher heit gebracht hatten, in welchem doch tagsstaat, sondern auch eine ganze Rei he „sehr werthvoller Bücher" aufbe wahrt gewesen waren, da erhielt ver eine Posaunenstimme scholl an sein Ohr, welche rief: „Lausejunge, wir hätten wohl auch Schrecken Mr. Balthasar H. Hopser, kanntliH nicht mit sich spaßen ließ. So hielt es der Jüngkng für vortheilhaf ter, die Maulschelle ohne jede Entgeg nung zu lassen und wortlos zu ver schwinden. XII. Gefangenschaft and Befreiung. Wir haben den armen Wurm Inner- Als wir an jenem denkwürdigen Tage die Bekanntschaft des vortrefflichen Mannes zu machen das Vergnügen hat ten, befand er sich in vergleichsweise befriedigenden Verhältnissen. Aller dings fühlte der Grocer sich schon da mals nicht so recht glücklich, woran aber in erster Linie seiner Schwieger mutter, der Frau Heinzelmann die Schuld zuzuschreiben ist; allein er war damals doch noch ein „aufrechter Ge schäftsmann", der zwar mer sammelte, jedoch sein Leben auf eine recht anständige Weise fristete. Dann kam der plötzliche Rückgang des Geschäftes, welcher geradezu rapid wurde, als sich ihm Rautenstrauch als Konkurrent aus den Nacken setzte. Kurz darauf ereignete sich jenes Unglück mit der unseligen sogenannten „Deutschen Sparbank", und nun der Brand, wel cher ihn und die Seinigen vollends an den Bettelstab brachte. Diese Schicksalsschläge hatten be greiflicherweise auch in dem Aeußeren des bedauernswerthen Mannes ihre sehr sichtbaren Spuren zurückgelassen. Von Fettleibigkeit war auch in den guten Ta»in Wurms nichts an ihm zu bemerken gewesen; jetzt aber war er offenbar auf dem besten Wege, bei le bendigem Leib- zur Mumie einzutrock. nen. Sein Rücken war gebeugt, wie der eines Mannes, der mitten im Grei fenalter steht, und seine einst so sanft und wohlwollend in die Welt blicken den Augen sahen nun müde und erlo schen drein, wie in Folge hohen Alters erblindete Fenster. Er war schrecklich unglücklich, der Arme, so unglücklich, daß es ihm gar nichts mehr ausmachte, als am Mor gen nach dem Brande, der zugleich auch der Fälligkeitstag jenes in den Händen des Mr. Bly befindlichen Wechsels war, dieses Papier zur Zahlung priisentirt wurde. Er zuckte nur die Achseln, als der Abge sandte des Mr. Bly von den Folgen sprach, die sich unabwendbar einstellen müßten, wenn die Zahlung nicht ge leistet würde. (Fortsetzung folgt.) Kür dir Küche. Kalbsmil ch (B riesle, Midder). Für die Krankenlüche, sowie für klei nere Kinder ist die Kalbsmilch ihrer Weichheit und Leichtverdaulichkeit we gen von großem Werthe und deshalb sehr zu empfehlen. Für diesen Zweck blanschirt man sie in siedendem Was ser, kühlt sie ab, putzt sie aus und kocht sie in schwach gesalzenem Wasser oder sehr leichter Fleischbrühe weich. Zu letzt schneidet man sie zierlich in die Suppe. Als feine Beilage zu Gemü sen, wie grüne Erbsen, Endivien, Blu menkohl u. s. w. bereitet man die Kalbsmilch auf folgende Weise: Nach dem man sie gewässert und blanschirt hat, schneidet man sie in nette Stücke, legt sie in ein Kasserol mit einigen Speckscheiben, zerschnittenem Wurzel, werk, einer Zwiebel, etwas Kräuter und wenig Nelke. So zubereitet über gießt man Alles mit kräftiger KalbS brühe und dämpft bei gelindem Feuer und öfterem Begießen die Kalbsmilch eine gute Stunde. Sobald sie genü gend weich ist, nimmt man sie heraus, seiht die Brühe durch, entfettetxsie und gibt sie entweder so, wie sie ist. vder Zerkocht sie mit einigen conservirten Beefsteaks von Rinds lende. Man nimmt eine schöne Rindslende, häutet sie ab und schneidet querdurch fingerdicke Scheiben daraus, welche man mit einem gewöhnlichen Hackemesser etwas breitschlägt; dann bestreut man diese Scheiben auf beiden Seiten mit Salz und gestoßenem Pfef fer und läßt sie zwei Stunden so lie gen. Nachher taucht man diese Schei ben in siedende Butter, legt sie auf den Rost und bratet sie bei starkem Feuer so geschwind wie nur möglich- sowie die Scheiben auf einer Seite braun sind, werden sie umgekehrt, daß die andere auch braun wird. Dann drückt man etwas Citronensaft darauf, auch Sardellenbutter kann man dazu geben. Hat man keinen Rost, so brate man sie in siedender Butter auf Hellem Feuer fünf Minuten unter fortwährendem Hin- und Herschieben der Pfanne. Man richtet die Beefsteaks mit gerö steten Kartoffeln an. Schinken s p e i s e. Eine vor zügliche Speise von Eier und Schinken bereitet man, indem man vier Dotter mit etwas Salz und ungefähr einem Kaffeelöffel Mehl fein abrührt, dann den Schxiee der vier Eier dazu gibt, diesen Teig in eine Pfanne mit heißer Butter gießt und ihn bei osfenemFeuer backen läßt, gewendet darf die Speise nicht werden. Wenn sie auf der un teren Seite eine goldgelbe Farbe hat und oben leicht überlaufen ist, gibt man fein gewiegten Schinken nebst ei nigenKapern darauf, schlägt die Speise über dem Schinken zusammen, läßt sie noch einige Augenblicke in der Pfanne und gibt sie dann rasch zu Tisch. Heringsklopseohne Fleisch. Man nimmt 6 Heringe, schneidet sie auf, reinigt sie gut und wässert sie 12 Stunden; dann entfernt man die Grä ten und wiegt die Masse mit 6 Zwie beln recht fein. Hiermit mischt man Z ganze Eier, 18 gargekochte, geriebene Kattoffeln, eine Prise Pfeffer und Ge würz und so viel geriebene Semmel, daß der Teig fest wird und sich mit Leichtigkeit kugelartig formen läßt. Die Klopfe werden glatt gedrückt und in gutem Schweineschmalz schön braun gebraten. Die angegebene Menge ge nügt für sechs Personen. Sensbutter. Sechs Eßlöffel voll feinen Senf, 4 hartgekochte Eidot ter, etwas Salz und Pfeffer werden mit einem halben Pfund Butter ver mischt, durch ein Sieb gerieben und zu kaltem Fleisch gegeben. Karlsbader Mehlspeise. Ein Eßlöffel voll Mehl, zwei Eßlöf fel voll Zucker, Zj Unzen geriebenes Weißbrot, 6 Eier, 1j Quart saurer Rahm werdm gut abgerührt, die Hälfte in eine bestrichme Form gefüllt. 1» bis 13 Minuten gebacken, dann eine Marmelade darauf gegeben »nd die andere Masse darüber gelegt. Nach einer Viertelstunde streut man geriebe nes Brot, das mit Zucker und Zimmet vermischt ist, fingerdick darüber und backt es noch eine halbe Stunde. Gefülltes Lamm. Man nimmt ungefähr 5 Unzen trockenes Weißbrot, reibt die eine Hälfte, weicht die andere Hälfte ein und preßt sie wieder aus, hackt Petersilie und I—2 Schalotten fein und dämpft beides in Butter an, gibt ein halbes Pfund ge hacktes Kalbfleisch und ein viertel Pfd. mageres Schweinefleisch dazu, ferner 2 Eidotter, 2 ganze Eier, etwas Mus katnuß und etwas Salz. Das Alles verrührt man gut und streicht eS durch ein Sieb. Bon einem jungen, gemä steten Lamm schneidet man die Bor derbeine ab, knickt die Rippen, füllt das Innere mit obiger Masse und näht es zu. Dann bindet man die Keulen zusammen und stellt es in den Bratofen, und es wird unter anhalten dem Begießen schön gar und recht saf tig. An die Sauce gibt man etwas sauren Rahm, nachdem man sie entset tet^hat.^ läutert man Zucker, kocht ihn zu Sy rup, taucht jede Scheibe da hinein, so lange er heiß ist und legt dieselben zum chenes Papier. Der Wundervogel. Jun ge Dame: Ich besitze einen spricht: „Wat rookst Du lieber, Ci garr' oder PipZ" dann anwortet .Pip!" 3