2 Kindcrslilbchn». Wie inGottes Kirche, trete Ich in's Kinderstübchen traut, Und zum innigsten Gebete Wird mir Kindes Stammellswt. Aug' der Unschuld, fromm erhöbe», 5 List mir, was dem dunklen Thal Heilverkündend, glanzgewvben, Ist der gold'ne Morgenstrahl! Himmelssegen auf die Lippe Fühl' ich und in's Herz mir thau'n. Gleich den Hirten an der Krippe, Hingesenkt in süßes Schau'n! Gemeinsame Interessen. Ueberdenkt eine Frau mit Ernst dir Pflichten, welche ihr nach allen Seiten ihres Berufes obliegen, sowohl in prak tischer wie in idealer Richtung, dann gleichen sich alle anderen Verschieden heiten friedlich aus, und selbst ausfal lende Gegensätze lassen sich harmonisch lösen, denn es wird auch unter den äußerst günstigsten Verhältnissen und bei gegenseitiger Liebe und Achtung in der Ehe kein dauerndes Glück zu fin den sein, wenn zwischen beiden Gatten die Uebereinstimmung in ihren inner sten Ueberzeugungen fehlt und sie in haben. Das noch weicher«, eindrucks fähigere Gemüth der Frau dagegen hängt vielmehr von den Einwirkungen ab, welche die Führung des Gatten darauf ausübt. Liegt darin eine große Verantwortung für den Mann, der seine Aufgabe mit heiligem Ernst er faßt, so erleichtert sie auch der Frau die willige Hingebung, welche sich in Allem dem Willen dessen unterwirft, den sie als „ihren Herrn" anzuerkennen vor sie dies mit Bewußtsein, nicht nur aus eigener Haltlosigkeit thut, um so zu friedener wird sich das eheliche Leben für beide Theile gestalten. Ein star ler Pfeiler des Glückes ist die Gemein samkeit der Interessen. Nicht immer liegt es nur an der Flatterhaftigkeit und Veränderungssucht des Mannes, wenn seine Liebe wie Strohfeuer schon nach den Flitterwochen erkaltet min destens ebenso oft darf man die Schuld bei der Fran suchen, die es nicht ver stand, seine Interessen zu den ihrigen zumachen. Namentlich muß die junge Frau alle Verwandten des Mannes mit ausrichtiger Herzlichkeit als die ei genen betrachten und es als einen wich tigen Theil ihres Glückes schätzen, wenn sie gern in ihren Kreis ausge nommen wird. Gewöhnlich hat sie es mit dem Schwiegervater nicht schwer, der des Sohnes Wohl am vorurtheils freiesten auffaßt und anspruchslos ge nug ist, manche kleine Versäumniß in den äußeren Formen mit der jugend lichen Schüchternheit zu entschuldigen. Ganz falsch ist es, wenn sie die Liebe und Verehrung, welche ihr Gatte seiner eigenen Mutter zollt, nicht zu schätzen weiß, sondern sich in kindischer Eifer sucht die niemals aus Liebe, viel mehr stets aus Egoismus entspringt dagegen auflehnt. Will sie sich die Liebe des Mannes nicht verscherzen, der gewiß ein um so besserer Gatte ist, je treuer er an seiner Mutter hängt, so muß sie das übliche Vorurtheil gegen Schwiegermütter von sich weisen und ihr die Ehrfurcht entgegenbringen, welche die Mutter ihres Gatten unter allen Umständen zu fordern hat. Selbst in dem nicht gerade seltenen Falle, daß eine Mutter für ihren Sohn schwer zu befriedigen ist, da sie nicht immer seinen Geschmack theilt und die junge Frau dies empfindet, liegt es ihr erst recht ob. zu beweisen, daß ihres Gatten Wahl die richtig« war und sie wohl befähigt ist, ihn zu beglücken. Wahre Güte und wahre Klugheit führen sie auf diesem Wege sicher zum erwünschten Ziele, und der Mann, welcher die beiden ihm theuer sten Wesen glücklich sieht, lohnt ihr mit erhöhter dankbarer Liebe die Selbst verleugnung und Sanftmuth, womit Gewiß würde sie es als ein/ schwere Kränkung empfinden, wenn ihre eigene Mutter nicht die hohe Anerken nung und Rücksichtnahme von Seiten des Mannes erführe, die sie unbedingt für sie in Anspruch nimmt um so mehr sollte sie es als einen tief gemüth vollen Eharacterzug an ihm schätzen, wenn er in seiner Mutter das nach- > ahmen-!werthe Vorbild für jede Frau erblickt, ihr alles abzulauschen und ab zulernen suchen, bis auf die Bereitung der Lieblingsspeisen herab, womit sie dem Gatten die Erinnerung an das Elternhaus und die von Mutterliebe getragene Kindheit so süß macht. JmmerGeschäftsmann. Principal (zum Commis): Nachdem Sie nun meine Gründe gehört haben, lieber Herr Müller, werden Sie wohl einsehen, daß ich Ihnen die Hand mei ner Tochter unmöglich geben kann; so, jetzt gehen Sie nur wieder in's Comp toir, und schreiben Sie 'mal gleich der Firma Fettlich ck To. in Berlin, sie solle sofort ein Faß Schmieröl bester Qualität schicken! Aus der Rolle gefal len. Gläubiger: „Also Dein Vater ist nicht zu Hause. Er ist verreist? rin sich der Vater versteckt hat): .Papachen, der Herr frägt, wann Du wiederkommst?" Berliner Keüfrenden. Die Schneiderei, die zum Pfingst fest gehört, war bestens besorgt, für Frau Olga in grau, für Fräulein Els werke zusammengestellt hatte. Anders der glückliche Gatte und Vater, Franz Hubert Mauserich, ein Rentier und Haustyrann in der Lothrinaerstraße, der allerdings zugab,daß die Rechnung nicht vom Wirthschaftsgeld bezahlt fuhr: „Schon wieder achtzehn Mark, und dabei, wie das Volkslied schwindelt, soll Psingsten das Fest der Freude großeßeinmachen, bei dem um nicht im Wege zu stehen, den Staub der Häuslichkeit von den Füßen schütteln und in der benachbarten Bierstube bis Mitternacht und darüber Skat spielen mußte. „Dir zu Liebe", sagte er zu seiner Frau, die mit Elschen «inen verständ nißvollen Blick wechselt«. Sie hatten ihr Psingstprogramm, dessen Durch führung von seiner guten Laune ab ein strebsamer Oberquartaner, war unwirsch. Er sah voraus, daß er während der Periode der großen Säu den würde, und so kam es auch. Schließlich schrieb er einen Aufsatz über die Gründung Roms auf dem Plättbrett in der Mädchenkammer. Das war zu viel. In voller Römer- Cigarren ausVatersSonntagskiste und setzte die „Coulvirmütze" auf, mit der er als Senior seiner Verbindungs brüder in Oberquarta dem vorgeschrit tenen Zeitgeist huldigte. „Na, na", fragt Frau Olga, „wohin denn so eilig?" „Freund? Ein Architekt, der sein Staatsexamen macht? Was kann der mit Dir sprechen?" „Sehr viel! Zum Beispiel von Els chen," entgegnete Herbert mit Selbstge fühl und ging von dannen. Seine Schwester, gllihroth, lief hin terher. „Das hätte ich Dir nicht zuge traut, diese Schändlichkeit —" Heraus muß es doch, und Dein Herz, na, das ist Deine Sache. Darin läßt man sich heute nicht mehr Vorschriften Frau Olga war einen Moment sprachlos. Dann schrie sie schmerzlich: „Elschen, Elschen, was hast Du ge than?" „Aber gar nichts, Mütterchen, gewiß nicht. Herr Rotten wohnt ja auch erst seit Ostern hier. Ich saß aus dem Bal lon, und er sah zum Fenster Hinaus. Er ist gar zu schüchtern —" „Das thut Dir Wohl leid? Ach, Elschen, sei offen und ehrlich! Was noch?" „Wir begegneten uns zweimal auf Acht, und daß der Papa nichts merkt." Elschen hatte verschwiegen, daß auch schon ein Veilchenstrauß auf den Balkon gefallen war, doch gleichviel, Frau Olga konnte es nicht als Unglück ansehen, wenn ihr holdes Töchterlein Gegentheil, sie lächelte, ihr mütterli cher Ehrgeiz war befriedigt. Aber sie wollte nichts merken und bis auf Wei teres im Stillen die Vorsehung spielen lassen. Am nächsten Mittag, als die ganze Wohnung blitzblank war, kam endlich das Psingstprogramm zur Erörterung. Der brave Herbert wollte sich an einer er anständiges „Futter" und reichliches Taschengeld. „Versteht sich," sagte Papa Mause „Ja wohl, als Jubelgreis. Also kurz und gut, drei Mark inagst Do verturnen." „Zehn Mark, Papachen. Billiger geht'z nicht, kostet mich selbst mehr. Auf Ehrenwort. Ihr fahrt hochfein nach der Sächsischen Schweiz, und ich soll wohl gar an meinem armen Leio ich fahre mit." „Sächsische Schweiz!" schrie Herr Mauserich und sah ergrimmt seine Frau an. „Olga, Du warst Wohl in Dalldorf?" Die Gattin senkte ihr Haupt und blieb die Antwort schuldig, doch Els chen, das auch schon etwas vom Tem- perament der modernen Tochter hatte, entgegnete unverzagt: „Alle Tanten und Cousinen haben ihre Pfingstsahrt, die eine nach dem Harz, die anderen nach Rügen, die „Natürlich!" siel arglistig ihr Vater ein, „das lohnt sich auch wenn man Geld hat, aber das bischen Sächsische Schweiz, Bastei, Kuhstall, Winterberg, Prebischthor.na, Kinder, ich bitt' Euch, das ist einfach lächerlich." „Für unsere bescheidenen Wünsche mehr als genug." „Geht mir doch! Bescheiden? Zwei hundert Mark, denn nobel oder gar nicht. So bin ich. Dafür können wir fürstlich schwelgen im wunderschönen Grunewald, oder in Treptow am grü nen Strand der Spree, oder sonstwo in benachbarter Wildniß. Einen Müg gelsee giebt's in ganz Sachsen nicht. Laßt mich nur sorgen. Ins Früh concert geh' ich freilich nicht, aber darunter sollt Ihr nicht leiden, Pfing sten ist Trumpf! Amüsirt Euch nur." Frau Olga kannte ihren Mauserich, der bei hartnäckigen Angriffen auf sei ne Großmuth sehr ungemüthlich zu werden pflegte. Sie verzichtete also auf die Pfingstsahrt, aber sie weinte vor Aerger und Verdruß. Auch Els chen war bitterböse und hatte dazu ihre besonderen Gründe. Ihr schüch terner Architekt war verständigt wor den, daß sie verreisen wollte, und am Morgen ins Havelland nach dem Lan dgut seiner Eltern gefahren. Selbst Herbert, der dieses kleine Mißverständ niß besorgt hatte, war voll edlen Un willens, doch kam er dabei auf die Ko sten. Herr Mauserich, „der schnöde Philister", ließ sich, nachdem er das sonstige Psingstprogramm bis auf ein Frühconcert verbilligt zu haben glaub te, richtig die zehn Mark „abknöpfen", mit dmen sein flotter Herbert am Sonnabend Nachmittag stolzen Muths nach dem Sammelplatz der Turnbrü der lief. Was fehlte ihm auch? Er den mütterlichen Segen und in jeder Tasche zwei Schinkenstullen. „Gut Heil" und vorwärts! Vielleicht konnte er, da die Turnfahrt nach dem Wer der und thunlichst weiter gegen Westen gehen sollte, unterwegs seinen Freund Rotten treffen und ihm zu Elschens Trost die beschleunigte Rückkehr nach Berlin an's Herz legen. Für den Psinßstsonntag hatte der meteologische Bericht im Allgemei nen erwünschte Heiterkeit und erst ge gen Abend etwas Gewitterstimmung angekündigt. Auch Falb hatte nur ei nen kritischen Tag zweiter Ordnung in Aussicht gestellt. Das Frühconcert auf dem Bötzowberge war also gegen himmlische Zwischenfälle Verhältniß mäßig gesichert. Frau Olga und Els chen, die sich in Hausfreundschaft der Familie des Kanzleidirectors Wolken schieber angeschlossen hatten, saßen auf der Südterrasse, sonnten sich «in Mor genstrahlen, athmeten mit Entzücken um, auf der Prenzlauer Allee und zwi schen den Kirchhöfen der Friedenstraße. Der Kaffee war auch ganz preiswerth, Beste an Morgenluft, Scenerie und Blechmusik. Elschen meinte sogar, daß es auf der Brühlschen Terrasse in sie, Du bist ja der Wolkenschieber. Aber „Gott sei Dank," sagte Elschen. tert." Hause kommen?" Das war' das Ende des Frühcon certs. Herr Mauserich hatte inzwischen festgestellt, daß ihm der Hagel sechs Fensterscheiben eingeschlagen hatte. len „Laß mich, Tyrann", rief die Gat tin. „Du bist an Allem schuld. Nun zieh mir wenigstens die Stiefel aus." Sie warf sich auf's Sopha und streckte die Füße vor. Er zog mit Man neskraft, bis ihm der Schweiß auf die Stirn trat, doch nahm die Operation eine volle Minute in Anspruch. „Hast Du Worte, na!" rief er endlich. „Weni> Du mit diesen Psingststiefeln im Ge birge herumklettern wolltest —" Frau Olga war ihm dafür eine Kundgebung ihrer tiefsten Empörung schuldig. Aber sie zog erst die Haus schuhe an, die ihr Elschen gebracht hatte. Dann streckte sie beschwörend die Arme empor: „MPiserich! Das wird Dir vergolten werden! Ich weiß nicht, wie! Aber der Tag ist lang, noch bist Du nicht zu Bette." Man hörte eine Droschke vorfahren und sah. daß ein Herr und «ine Dame, mit einer kleinen Reisetasche, ausstie gen und in's Haus traten. Dann knarrten vier Schuhsohlen auf den Treppenstufen und „Klinglingling" erscholl's an der Eorridorthür. Herr Mauserich sprang auf,wie elek trisirt, stürzte hinaus und öffnete. Vor ihm standen seinJugendsreund Näsele, jetzt Bürgermeister in Wokritz, und Frau Gemahlin, Pauline, geborene Karitzka. „Alter Junge", rief fröhlich das Stadtoberhaupt, „da sind wir endlich mit dem Extrazug der Ostbahn. Hof fentlich doch willkommen." „Ungeheuer!" schrie Herr Mauserich in aller Bestürzung und breitete die Arme aus. Ihm war zu Muthe, als ob er noch nachträglich bis zum Ruin verhagelt sei. Doch das war nur ein Moment der Schwäche. Im Grunde seines Herzens regten sich für den un erwarteten Gastfreund die dreifachen Sympathien der Schuljahre, des Stammtisches und der Kriegskamerad schaft. Sie hatten zusammen Straß burg belagert, in den Vogesen mit den Rothhemden Garibaldis scharmützelt und drei Tage lang an der Lisain« mit einem furchtbaren Schnellfeuer den deutschen Rhein gerettet. Nach dem Siegeseinzuge in Berlin wurde Nä sele Magistratssecretär. Zwei Jahre später bewarb er sich gleichzeitig mit bestem Erfolg um die Erbtochter des reichen Wassermüllers in Wokritz und um die Bürgermeisterstelle daselbst. Seitdem hatte er Berlin nicht wieder gesehen, doch hielt er die Freundschaft aufrecht durch ein Darlehen von 20,- IXX) Mark, das nach dem Tode seines Schwiegervaters der Erbschaft ent nommen und als Hypothek dritterGüte auf das Mauserichsche Grundstück in der Lothringerstraße eingetragen war. Er bekam 6 Procent Zinsen und liebte die peinlichste Pünktlichkeit, die er zur Jagdzeit gern mit eines Häsleins honorirte. Dagegen drohte er, wenn der Zins ausblieb erbar mungslos mit Kündigung, und das war vernichtend, denn auf diese dritte Hypothek wäre in Berlin sicher kein Geldmann hineingefallen. Herr Mauserich begriff, daß sein Freund, der immer herzhaft zufaßte und nie zu kurz kam, Ansprüche ma chen würde, und das verdarb ihm die Laune. Er war ja nur ein Rentner niederer Ordnung. Frau Olga aber strahlte vor Gastlichkeit. Sie sah in dem Bürgermeister von Wokritz den Rächer des Unrechts, das ihr durch die versagte Pfingstsahrt zugefügt war, und als anstandshalber gefragt wurde, ob in der Nähe ein Gasthaus sei, ent gegnete sie schnell: „Aber liebste Freun din, was denken Sie von uns! Wir Damen richten uns unten ein, und drei Treppen hoch wohnt die achtbare Witt we Käsebier, die zwei Zimmer vermu thet. Das eine ist leer, und der Herr, dem das andere gehört, ein liebens würdiger Architekt, ist verreist. Dort können die beiden Herren schlafen. Mein Mann als Hauswirth tann das in Ordnung bringen." Herr Mauserich sah sie an wie ein Wütherich. doch schon huschte Elschen vorbei, um sich der Einwilligung der Frau Käsebier zu versichern. Es war ihr besonderes Vergnügen, zwei Mi nuten in der Architektenstube zu ver- Zum Mittagbrod, das in thunlich ster Beschleunigung aufgetragen wur de, spendete Frau Olga auch zwei Fla schen Rothwein, allerdings von ver dächtiger Qualität. Dann wurde der Kaffee hinterhergejagt und zum Auf bruch gerüstet. Die Damen suhren nach dem Sedan-Panorama und von dort nach Eastans Panoptikum, das stand an der Spitze des Programms der Frau Bürgermeisterin: ihr Gatte dagegen entschied sich für eine Rund fahrt. Er wollte wenigstens annähernd wissen, ob wirtlich Berlin während sei ner zwanzigjährigen Abwesenheit zur schönsten Stadt der Welt sich ausge wachsen habe. Um Sj Uhr war Ren dezvous im Ausstellungspark und nach einer Ersrischungspause gemeinsame Fahrt zur „Großstadtluft" im Lessing- Theater; nicht blos aus eigenem Trieb, sondern auch auf Anstiften der Ho noratioren von Wokritz. die über das kleine städtische Eulturbild endlich ein obrigkeitliches Urtheil hören wollten. Herr Mauserich und sein Gastsreund stiegen also in einen offenen Ringbahn wagen und suhren bis zum Halleschen Thor. Der kritische Tag hatte sich in der Morgenfrühe ausgedonnert, und die Festlust zog farbenprächtig durch alle Straßen, die zu den Vororten führten; auf dem Damm Kremser, Miethswagen, Droschken und Pfingft reiter, auf den Trottoirs Familien- Paare, unzähliges junges Volk, schnei dige Bursche, hellgekleidcte Fräulein, Fciertagsbummler und Kindermäd chen. „Alles wie sonst", sagte Freund Näseke, „Berliner Leben in psingstli cher Potenz". Aber die Scenerie war Moabit, am Königsplatz mit d.'in hoch ragenden Parlamentspalast und im Zuge der Königgrätzerstraße. Doch das weiß die Welt. Wer wird in Berlin davon sprechen? Punktum! „Aber die Innenstadt", rief Herr Mauserich mit allzu leichtfertigem Lo kalxatriotismus, „auch sie hat sich berr< lich verjüngt." -.Dann nimm nur in Gottes Namen eine Droschke, Freund, und genir: Dich nicht. Wenn Du jemals nach Wokritz kommst, bin ich mit allen Se- Herr Mauserich, seufzend im Herzen, Wie der vielduldsnde Odysseus, im Sü den, imCentrum und Nordwesten kreuz und quer durch die Straßen gondeln, die in der fünften Nachmittagsstunde des Pfingstfonntags fast gänzlich ver ödet waren. Aber er kam mit dem Gastfreunde für baare fünf Mark we nigstens rechtzeitig im Ausstellungs park an, wo er arglistig bemüht war, die Theaterzeit zu versäumen. In aller Erregung darüber, daß aus dem „Nas- i sen Dreieck" die Terrasse von Perga mum mit dem Tempel des Olympi schen Zeus emporgewachsen war, hätte der kunstsinnige Näseke sich beinahe in den Glaspalast verschleppen lassen, in deß die Damen protestirten und mahn ten zur Eile. Noch war es ein Glück, daß man den Omnibus benutzen konn te; aber die schwache Hoffnung, daß die „Großstadtluft" ausverkauft sein wer de, schlug s:hl. Für die Extrazügler waren Billets reservirt. Herr Mause rich zahlte an der Kasse für fünf Par quetplätze 2V Mark und an der Garde robe für 3 Damenhüte 76 Pfennige. Er wünschte sich aus die Bastei, die er seiner Gattin verweigert hatte. Von dem köstlichen Schwank und dem köst lichen Spiel hatte er doch keinen Ge nuß. Im Gegentheil, je hochgradiger die Heiterkeit wurde, desto mehr är gerte er sich. Am liebsten hätte er den alten Kriegskameraden, der an Allem schuld war, auf gezogene Kanonen ge fordert, doch er fürchtete die dritte Hypothek. Vergebens stieß ihn Frau Olga an: „Mauserich, blamire Dich nicht." Er heuchelte Kopfweh und setzte sich bei der Heimfahrt melancho lisch auf den Bock zum Kutscher. In seinem Tiefsinn vertilgte-er auch beim Abendbrod fast allein den Rest des Psingstbratens. Das war der Schluß seines kostenreichen Tagwerks. Man begab sich zur Ruhe. Herr Mauserich legte sich in das Archikten bett, blieb aber zunächst schlummerlos. da Freund Näseke im Nebenzimmer ein Schnarchconcert ausführte, das nur mit dem Brausen der ererbten Wasser mühle zu vergleichen war, dann sielen ihm doch die Augenlider zu. E» träumte sogar, daß er der „Fliegende Holländer" sei, bis ein greller Licht schein ihn aufschreckte. Am Tische stand ein großer vollbärtiger Mann, der die Lampe angezündet hatte, neben ihm Herbert, der Turner. Tab- Herr Mauserich saß gesträubten Haares aufrecht im Bette. Herbert rief: „Nanu, Papachen, Du hast Dich wohl selbst exmittirt." Es folgten die gegenseitigen Vorstellungen und Er klärungen. Der Architekt begnügte sich in aller Hochachtung, die er für Els chens Vater hegte, herzlich gern mit dem Sopha und Herbert schlief im Fauteuil. Der Bürgermeister von Wokritz war gar nicht erst aufgewacht und concertirte weiter im Genre der Wassermühle. Am nächsten Morgen hatte -Herr Mauserich einen rettenden Entschluß gefaßt. Er meldete sich krank und er suchte den angenehmen Herrn Rotten, den Freund seines Sohnes Herbert, die Führung der Gesellschaft nach der National-Galerie und den Museen zu übernehmen. Elschen war glücklich. Sie hatte ihr grünes Kleid an und überzeugte sich mit einem Seitenblick, wie sehr sie von ihrem zukünftigen Baumeister bewundert wurde. Kaum minder glücklich fühlte sich Herr MaU serich in seiner Entlastung. Gegen Mittag aber kam Herbert und ent täuschte ihn mit der Botschaft, daß Mama mit den Gastfreunden nach dem Zoologischen Garten gefahren sei bitte um 3V Mark." „Sie ist wahnsinnig!" schrie Herr Mauserich. „Vatsr", entgegnete Herbert, „fange doch endlich an, Dich mit den Ansprü chen der Neuzeit abzufinden. Wir kom men auch gar nicht nachHaufe, sondern fahren direkt nach dem Stadtbahnhof am Alexanderplatz. Du sollst gegen Zehn dort Abschied nehmen und die tliine Reisetasche mitbringen." Das war ein Vorschlag zur Güte. Herr Mauserich quälte sich ein Zwan zigmarkstück und machte sich dann in seiner Art einen vergnügten Pfingst montag. „Als er gegen zehn auf dem Bahn hof erschien, sagte Freund Näseke: „Schade, schade, wir hätten wenigstens acht Tage bleiben sollen. Der Zug fuhr vor. Näseke schob seine Pauline hinein, sprang Hinter- Fenster. „Besten Dank, Mauserich. Aber zu Neujahr muß ich die Hypothek kündi gen." Ein schriller Pfiff. Fort war der Gastfreund. „Schurke!" rief ihm Herr Mauserich nach und stand einen Augenblick wie betäubt. Er wußte noch lange nicht Alles, auch das nicht, daß Elschen und ihr Architekt im stillen Gebüsch am Bä renzwinger sich heimlich verlobt hatten. Aber Eins war ihm klar. Er nahm die Hand seiner Gattin und sagte fast zärtlich: „Ueber's Jahr machen wir eine Pfingstsahrt. gleichviel wohin, meinet bleiben wir nicht." AusderHochzeitsreise. Erste junge Frau: Nun, Erna, was suchst Du denn so eifrig im Fremden, sichrer? Zweite junge Frau: Eine Stelle in Venedig, wo mich mein Mann noch nicht geküßt hat. Renommage „Ich sah gestern im Westen der Stadt colossal« Rauchwolken aufsteigen." Don Ju an: Stimmt, habe einen Theil meiner Liebesbriefe verbrannt. Die gnte Stuöe. Von Zoe v, Reuß. Die gute Stube welch altvateri scher Klang, welche stillbelächelte Er innerung an das deutsche Pfahlbür gerthum unserer Großeltern! Darf erwähnen in unserer vorgeschrittenen Zeit, die ihre geheiligten Gesetze un mittelbar von der Hygiene und dem in der Gegenwart fast zum Allgemeingut gewordenen künstlerischen Geschmack empfängt? Ja, sie ist viel geschmäht worden, diese einstige, stolze Königin des deut schen Bürgerhauses, mit Recht und Unrecht zugleich bis sie das Feld geräumt hat! Und sicher war es auch ein bedenk liches, anfechtbares Princip unserer Vorfahren, den schönsten und besten Raum des ganzen Hauses der fortge setzten Benutzung und dem täglichen Verkehr zu entziehen und lediglich für Festacte, Besuchszwecke oder besondere Veranlassungen zu schonen. Dennoch vermag ich in dieser Grabrede nichts Böses und Kränkendes von ihr zu sa anerkannten Grundsatz „von den Tod ten soll man nichts Uebles sprechen." In unentweihter Majestät steht sie mir auch noch vor Augen, die „gute Stube" meines theuren Elternhauses, als Allerheiligstes der Heimath! Der ponceaurothe Damastbezug der Möbel, mit den atlasartig eingewirkten Blu men des Wollstoffes, wirkte maiesta tisch wie der Purpur eines Königs throns! Als anspruchsvolle Grund farbe war das augenblendende pon ceauroth auch in der weiteren Ausstat tung des allgemeinen Heiligtbumes festgehalten, trotz aller sonstigen Be scheidenheit meiner elterlichen Woh nung. Die meisten Rosen, mit dich ten, blaugrünen Blättern, mit denen irgend eine Haustante die beiden steif beinigen Fußbänkchen mühsam in sei nem Kreuzstich bestickt hatte, ruhten auf ponceausarbenem Grunde. Gleichkar- Male vom Abwaschen herbeirief und ihr, aus lauter Respect, kaum so viel Zeit ließ, die Küchenschürze abzubin den. Es war aber keineswegs allein die Rücksicht auf Würde und Reprä sentation des Hauses, welche die schrei ende, rothe Farbe ausgewählt hatte, sondern auch die praktische Rücksicht auf die Echtheit der Farbe. Selbst die indiscreteste Märzsonne vermochte nichts an der „Pracht" zu ändern, trotzdem sie ihre goldenen Strahlen finger schon in der Morgenfrühe zu den Fenstern hereinstreckte und bis zur Zeit der Knixvisiten darin verweilte, vermuthlich um die Toiletten der Be sucherinnen in's rechte Licht zu setzen. Das Werthvollste des Raumes waren die Familienbilder über dem Sofa, die im koketten Rokokocostüm, erstere in der Tracht der dreißiger Jahre. Mein guter Vater, kaum dreißig Jahre alt, bliithenweiße, aber in zierliche, trep penähnlich gebrochene Fältchen gelegte Serviette ausgebreitet war. In der Mitte desSosatisches auf einem „Per lenbricken", stand ein riesiges Krystall flacon voll Kölnischen Wassers. Die Servante an der Wand war in Wahr heit ein „Mädchen für Alles"! Gut Selbst Male, der mit Scheuerbürste kel der „guten Stube". Für gewöhn lich, wenn freundschaftlicher Besuch kam „zum Lichten", das heißt zu einem Plauderstündchen nach dem Abendes sen. wurde die Beleuchtung des Hei ligthums durch die neumodische, be- Wer überhaupt noch die Bekanntschaft dieser launenhaften Schonen gemacht hat, kennt auch die Verlegenheiten, die sie bereiten konnte. Ein complicirtes recht störend zu sein. Die Hausfrau mußte dann von Neuem „pumpen", um fünfzehnMinuten später abermals eine egyptische Finsterniß über sich her einbrechen zu sehen. Dafür blieb es aber auch ein Triumph, wenn die un glückselige Lampe sich endlich wieder auf ihre Bestimmung besann und für eine halbe Stunde das Streiken ein stellte. Solche Liebenswürdigkeit pfleg«» von den verständnißvollen, durch eigene Erfahrung belehrten Ga sten jedesmal mit Acclamation aufge nommen zu werden! Gewissermaßen als Adjutanten standen der unberechen baren Moderateurlampe zwei Wachs kerzen auf silbernen Leuchtern zur Seite, zu denen eine silberne, auf läng lichem Tellerchen ruhende Lichtputze gehörte, die allerdings mehr zur Ver vollständigung der Ausstattung und zur Repräsentation diente, denn die Wachskerzen wurden eigentlich nicht „geschnauzt". Dennoch pflegten wir Es lautete: „Wie heißt das Ding, das beißt, Beißt's oben, macht es munter, Es tödtet, beißt es drunter!" gessen, an dem die Leiche meines Brü derchens in der gutenStube aufgebahrt war. Der Tod hatte ihn durch eine tückische Kinderkrankheit schnell wie durch Blitzstrahl getroffen. Bon dem Sterbebett hinweg trug ihn Vater wei nend auf seinen Armen in das Heilig thum hinüber. Wir aber schlichen gei sterhaft leise in dem nun doppelt ge weihten Raume umher, um den gelieb ten kleinen Todten nicht zu wecken, mit dem wir doch so lebensgern das Ves perbrot getheilt und das alte lustige, tolle Spiel getrieben hätten! Aber auch respectvoll verstreute und Blätter vom Erdboden auf, damit sie nicht zertreten würden und den blü thenweißen, durch dunkle, ölgetränkte Eichenholzstreifen noch mehr gehobenen Dielenboden beschmutzten. Ich glaube, der moderne Salon mit seiner frivolen Einrichtung, der falls er überhaupt nicht fortgesetzt be wohnt wird, sich doch täglich zum Empfang öffnen muß, vermag die fei erliche, erziehliche Bedeutung der von ehrfurchtsvoller, aber warmliebender Pietät gehüteten „guten Stube" nicht Wann wird eine Frau alt. DieverheiratheteFrau sagt: Alt nennt man eine Frau, die Runzeln kriegt. Doch dies sind Zeichen, welche oftmals lügen; Alt sind wir, wenn der Gatte uns be trügt, trügen. DiealteJungfer. Die Welt ist ganz verkehrt, das ist doch klar! Mich läßt man steh'n! Auf keinem Balle tanz ich! Jung ist noch jede Frau von dreißig Jahr. Alt jedes Mädchen schon mit neunund zwanzig! D i e „S ch ö n h e i t." Das Haar ist fahl, der Teint verblüht. Ach, wer mich sieht, begreift nicht meine Qualen: Jung sind wir, wenn der Maler vor uns kniet, Und alt, sobald wir anfangen zu malen. Die Schauspielerin. Man weiß, daß keine Jugend ewiz Jung"°/dtt be^^ Di e S ch r i 112 t st e l l e r i n. Die Jugend flieht nicht mit den brau nen Haaren, Das Alter kommt nicht mit dem wei ßen Haupt: Alt ist, wer siebzehn Auflagen erfah ren. Und jung, wer noch an die Verleger glaubt! Die Philosoph? n. mag. Wozu die Siebzehnjährigen beneiden! Ach, man ist jung an jedem Freudentag Und stets genau so alt wie seine Lei den! —Gleiches Recht. Hab'n Dummheit gemacht! Selbstbewußt. Herr: „Da ist in unserer Nachbarstadt ein Mann von phänomenaler Schönheit ausge ich einen Doppelgänger haben?" Seine Tinte. Käufer (in einen Laden tretend): „Habvi SieTin te?" Kaufmann: „Ach Herrjefes, ich sitze bis über die Ohren drin!"