2 Merkwürdige Absetzung eines Königs. König Sancho 11. von Portugal, der von 1223 bis 124 S regierte, war «in schlechter Fürst und wurde deshalb allgemein verachtet. Er vernachlässigte alle Regierungsgeschäste und huldigte lieber der Jagd und anderen Vergnü gungen. Also beschlossen die Vornehmen des Landes, ihn abzusetzen. Die Art. wie dies geschah, ist höchst seltsam und einzig in der ganzen Weltgeschichte. Ein portugiesischer Chronist gibt eine ausführlicheSchilderung des merkwür- Während Bönig Sancho sich wieder «inmal auf der Jagd befand, ereignete sich in Lissabon Folgendes: Am 21. September des Jahres 124 S in frü her Morgenstunde wurde von vielen Handwerkern und Arbeitern aus dem größten Platze der Hauptstadt ein gro ßes Schaugerüst erbaut und über das selbe ein prächtiger Teppich gebreitet. Darauf stellte man einen vergoldeten Thron und setzte auf denselben die höl zerne Porträtfigur des Königs San cho, die, angethan mit dem Purpur mantel, auf dem Haupte die Krone, in der rechten Hand das Scepter und an der Seite das symbolische „Schwert der Gerechtigkeit" trug. Edelleute und Ossiciere hielten dabei Wache. Rings um lagerte das neugierige Volk. Um elf Uhr Vormittags erschienen die Häupter der Verschwörung, viele Edelleute und Prälaten, die den Prin zen Alsonso, Sancho's jüngeren Bru der. in ihrer Mitte hatten. Angeführt wurden sie von Don Manrico de Car vajal und dem Erzbifchof von Evora. Diese Beiden stellten sich rechts und links vom Throne hin. Darauf schmetterte ein Trompeter eine Fanfare, um allgemeine Aufmerk samkeit und Stille zu bewirken. Alle Edelleute zogen zugleich ihre Schwer ter und ließen sie im Sonnenlichte fun keln. Ein Herold trat vor und las mit tö nender Stimme von einem beschriebe nen Pergament Folgendes: „Portugie sen, Edelleute,Prälaten, Ritter, Knap pen, Bürger und Bauern, die ihr hier versammelt seid: Hört! hört! hört! — Da König Sancho sich der Krone un würdig gezeigt hat, so wird er zur Ab setzung verurtheilt. Es ist an der Zeit, daß die Krone einem Würdigeren zu Theil werd«. König Sancho verliere also die Krone!" Der Holzfigur wurde die Krone ab genommen. Der Herold fuhr fort: „Er ist auch unwürdig, das Schwert der Gerechtig keit zu tragen, wie Jedermann weiß, der seine Ungerechtigkeit kennt. Nicht länger durch ihn darf es entweiht wer den. Also verliere König Sancho das Schwert der Gerechtigkeit!" , Der Holzfigur wurde das Schwert abgenommen. Dann sprach der Herold: „Er ist auch unwürdig, das Scepter zu tragen, denn er ist schwach, träge, einfältig und so verschwenderisch, daß er die Staatseinkünfte unsinnig und ruchlos vergeudet. König Sancho verliere also das Scepter!" Der Holzfigur wurde das Scepter Weiter sprach der Herold: .Unwür dig ist er, auf dem Throne zu sitzen. Vielmehr ist der Thron Portugals sei nem Bruder, dem edlen und guten Prinzen Alsonso, zuzuerkennen. Also wird König Sancho vom Thron gesto ßen!" Don Diego de Salvaterra, ein baumstarker Edelmann, trat herzu und warf mit kräftigem Stoße die Holz sigur vom Throne, welche kopfüber vom Schaugerüst herunter und auf den Erdboden fiel. Darauf wurde Prinz Alfonfo auf den Thron gesetzt. Sein Haupt wurde mit der Krone geschmückt; man gab ihm das Scepter in die und umgür tete ihn mit dem Schwert der Gerech tigkeit. Es wurde ihm gehuldigt, und alles Volk schrie begeistert: „Hoch leb» König Alfonfo!" Dann begab man sich in großem «ine kirchliche Feierlichkeit stattfand. Das Volk war über die Veränderung sehr vergnügt. Man tanzte in den wurde er nicht Man schrie ihm zu: „Du bist nicht mehr König von Portugal! Es lebe König Alson so!" Bestürzt ritt er fort und von ei ner Stadt zur anderen. Aber überall war man dem Beispiel der Hauptstadt gefolgt; mit Hohn und Spott wurde er abgewiesen. Da flüchtete er ver zweiflungsvoll über die spanischeGren ze und begab sich nach Toledo, wo ihm der König von Kastilien ein Asyl ge währte. Einige Jahre später starb er dort, aus Gram über sein verlorenes Königreich. Aucheineßeferenz. A.: „Sie haben mich als Referenz aufgege als daß ich Ihnen einmal zwei Marl in der Kneipe geliehen habe!" B.: „Da kennen Sie mich doch als ehrlichen Mann... habe ich sie Ihnen nicht pünktlich zurückgegeben?" Auch sie. Sie: „Wie kommt's, daß es jedesmal, wenn der Frühling deginnt, zwischen Himmel und Erde so stürmisch zugeht?" Er: „Ganz ein ein neues Kleid haben." Vorgebeugt. Schwieger mutter: Nicht wahr, Georg, mein Re tourbillet hat zehn Tage Giltigkeit? gilt natürlich nicht für nobel, die Bil dete bis zu den letzten Tagen auszu nützen. Zwei Dcporljrle. Von Wilhelm v. Beck. Es ist in Botonay - Bay, der Abla um die Gebäude des Gouvernements besprengend. Trotz seines erbärmlichen Looses aber hat er noch immer einen gewissen Anstrich von Noblesse an sich, an seinen Bewegungen und Manieren, als einen seltsamen Kontrast zu seiner traarigen Tracht und Beschäftigung. Der Andere ist eine derbe, robuste Gestalt, mit einem Gesicht, auf dem die Stürme und Laster eines zügello sen Lebens ihre tiefsten Furchen ge graben haben. Er nennt sich Ralph Skotleby und erfreute sich seiner Zeit unter seinen Collegen, den Taschendie ben der Millionenstadt an der Themse, eines besonders guten Rufes . . Er fetzt« das Gespräch fort: „Ich sagte Dir schon, Freund Bank director, daß ich in London einen Sohn, das heißt", fügte er ein, „ei- Biidung und Erziehung genossen, mir zu verdanken hat. Er ist ein wirklich talentirter Jüngling und wird bald Ingenieur sein. Außerdem wird er sich demnächst mit einer ebenso hübschen als verniögenden Dame verheirathen mit einer wahrhaften Dame aus ge achtetem Hause, verstehst Du?! der Tochter eines Richters, dessen Name mir momentan aus dem Gedächtnisse entschlüpft ist. Denke Dir nur, dies« Ehre! Das Schönste an der Sache ist, daß mein„Sohn" micht nicht kennt und daß seineMutter mich nie gesehen hat." „Du erzählst mir da einen ganzen Roman", warf der Ex - Bankdirector erstaunt ein. „Mag sein; aber die Geschichte ist wahr, und richtig genommen höchst ein fach . . .. Das Geld zur Erziehung des Knaben schickte ich seiner Mutter jede drei Monate zu; nie jedoch erfuhr sie, wer der Absender sei." „Merkwürdig . . . ! Aber weshalb, im Namen des Himmels, tratest Du in dieser Weise als geheimnißvollerWohl thäter auf? Welchen Zweck verfolgtest Du damit?" „Keinen! .... Du lächelst und doch ist es so. Es war eine Laune eine Laune meines gutmüthigen Her zens. In der That, eine bloße Laune Höre zu: Eines Morgens, an zwanzig Jahre werden es her sein, schlich ich mich in das fünfte Stockwerk eines reichen Hauses in die Etage, welche die Dienerschaft bewohnte. Man hat da in unserem Berufe oft Gelegen heit, etwas zu erspähen oder zu erhor chen ... Ich klopfe an eine Thüre: „Guten Tag, mein — wie es meine Gewohnheit war, mich als Fremden oder Reifenden auszugeben und Auskunft zu erfragen. Auf mein Klopfen erhielt ich keine Antwort. Ich öffnete die Thüre: ein kleines Zimmer, keine Seele darin ... Ich suche nach mitnehmenswertherßeute, denn Diens tboten sind in vielen Fällen wohlha bende Leute. Die Stube sah nett und anheimelnd aus; auf dem Tische lag ein Brief und das Couvert dazu dicht dabei." „Ich las die hingekritzelten Zeilen. Die Schreiberin war ein armes Mäd chen und bereits Mutter. Und sie be schwor die Amme ihres Kindes, ihr es nicht zurückzuschicken. Ich kann Dir nicht schildern, wie der Brief verfaßt war so ergreifend und herzbewe gend .... Das unglückliche Mädchen, nicht im Stande, der Amme oder was lige Rate von anderhalb Pfund zu übersenden, schien der Verzweiflung nahe zu sein. Offenbar hatte die Frau gedroht, das Kind nicht mehr bei sich behalten zu wollen, wenn die verlang hättest diesen Brief voll flehender Bit ten lesen sollen. Vier ganz« Seiten, und welche Worte! Und ohne einen Fehler!" „Das heißt, bis auf die orthogra phischen", spottete der ehemaligeßank director. „Meinetwegen. Auf solche Feinhei ten verstehe ich mich schlecht .... und diesem Tage an vergaß ich nimmermehr jene Mutter und jenes Kind, und begann mit meinen Geld sendungen zuerst blos hier und da, und dann regelmäßig. Und später be- gleitete ich dies« Sendungen mit Brie fen. die ich stets mit „Ein unbekannter Freund" unterzeichnete, u. welchen ich sie die Mutter nämlich bat, das Kind ja fein und vornehm zu erziehen oder erziehen zu lassen. Es sollte, so lautete mein ausdrücklicher Wunsch, ei ne gediegene Bildung erhalten, auf daß ihm dadurch der Eintritt in die gute Gesellschaft ermöglicht werde. Sie antwortete mir stets „postlagernd" ach, und sie überhäufte mich mit jenen man beglückt..." „Potz Wetter warum hat denn Dnn Vertheidiger dies nicht vorge bracht?! Der Effect wäre ungeheuer gewesen." das meine eigene Privatang elegenheit war. Und dann hätte die Mutter bereuen können, von einem „Wohl wahr." „Nun, zum Schlüsse will ich noch hinzufügen, daß der Kleine zum Ma nne herangewachsen ist. Und was für ein Mann! Er war immer der erste Schüler in der Klasse, wurve oft aus gezeichnet und selbst die Zeitungen er wähnten seiner bei Gelegenheit irgend ter sie bildeten meine Familie . . . Man muß doch Jemanden in dieser Welt lieben." „Auch wahr." „Und jetzt, verstehst Du, nimmt er sich eine Frau. Ich werde bei der Hochzeitsseier nicht zugegen sein, allein was verschlägt's? .. . Ost träume ich von ihm, und dann sehe ich im Geiste das kleine Stübchen in der fünften Etage der Oxford - Street, -und den Brief der unglücklichen Annie. Wie sagtest Du eben, Freund Bankdirec tor?" Der Gefragte griff sich mit der Hand an die Stirn und schaute den Stras .... und Oxford - Street . . . Also London W.< Z... .Die Nummer ?" „Hm, alter Freund", erwiderte Ralph Skotleby kopfschüttelnd, „Du schneidest heut' schöne Gesichter.... Aber die Nummer? Wart' mal.. .Da war eine groHe Firmatafel über dem Eingang . . . Goldene Lettern ....Und das Haus war ein Eckgebäude —-an der Eharing Eroß Road vis a-vis der Tottenham Court Road Num mer....? Hm. es war keine hohe " „Aber", schrie der Andere auf, „das war ja mein Haus! . . Und im fünf ten Stockwerk, sagtest Du —?" sagte der überraschte Ralph, „dritte Thür links vom Eingang " „Oh —jenes Mädchen war dieKam merzose meiner Frau." „Und das Kind?" „Das Mädchen war schön . . ." „Also Dein Sohn?! Und Du ver ließest sie und ihn —, weißt Du. Ban kier, daß Du ein Schurke bist!?" „Nur nicht grob werden, alter Freund." „Du hättest Deine Pflicht thun sollen!" „Mein Gott, das Gesetz ließ mir ei nen billigen Ausweg . .." „Genug davon", fuhr der Taschen dieb aufathmend fort. „Was geschehen, ist geschehen. Der Knabe ist ein ehrli cher und anständiger Mann geworden trotz seines Vaters, und nun erwartet ihn das Glück an der Seite eines schö nen und liebenswürdigen Mädchens." „Er heirathet also die Tochter eines Richters?" „Ja wohl, eines wirklichen Rich ters . . . Ah, und jetzt fällt mir der Name ein Clarkfield." Der ehemalige Bankdirector sprang in die Höhe. „Clarkfield, sagtest Du . . . Rüben Clarkfield, der früher im „Old Bai ly" war." „Ganz richtig, er hatt« eine Abthei lung im Criminalgericht". „Er! Er! Aber weißt Du denn nicht, daß er es gewesen, der mich ruinirt hat der die Ursache meines Unglücks ist? Kein Mensch wäre auf mein ge wagtes Spiel mit jenen verdammten Actien gekommen nur noch einige Tage und ich hätte gewonnen, inein Vermögen sich verdreifacht, als er, Rü ben Clarkfield, plötzlich Verdacht faß te und sein« höllische Nase hinter mei ne Manöver steckte. Und hätte nicht gerade er die Untersuchung geführt, wäre ich doch noch am Ende freigespro chen worden .... O, mein Sohn wird die Tochter jenes Mannes nimmermehr Heirathen!" „Den Teufel auch", lachte Ralph Skotleby, „das geht Dich Alles nichts an, Freund Bankdirector." ..Nein —nein ... ! Und doch, es ist besser so ... Ich habe mir die Sache überlegt. Er wird sich mit ihr ver mählen ... Je früher, desto besser Und nach der Hochzeit soll die Fami lie der Braut, nein, überhaupt die ganze Welt, erfahren, wer der Ehe mann ist: der Sohn eines Sträflings, eines Deponirten das Kind eines Geächteten, das zwanzig Jahre lang von einem gemeinen Taschendiebe er nährt worden .... Ah, Rüben Clark field! Endlich ist die Stunde de.^Ra zermartert. aber kein Projekt gesun den, das sich hätte realisiren lauen! Und nun wie leicht ist dieses „Hör' mal, mein Freund, Du bist und bleibst ein Schurke." „Pah, mein Lieber, warum warst Du auch so geschwätzig? Ich werde nach London schreiben; da man uns „Und Du wärest im Stande, dies Deinem . .. meinem Kinde anzuthun? Schlage Dir diese Idee aus dem Kopfe, Banlmensch ... Es könnte ein schlim mes Ende nehmen." „Oh," schrie der Ex - Bankier, vor Rachgicr zitternd. „Rüben Elartsield, das Geheimniß ist mein, Dein Schick sal ist in meiner Hand! Und ich wer de dieses er stieß ein durchdringen des, höhnisches Gelächter aus dieses „Familiengeheimniß" zu benützen wis sen .. . Man wird mit Fingern auf Dich und Deine verzärtelte Tochter zei gen ... " „Halt, Freund Bankdirector, sprach Ralph Skotleby finster. „Kein Wort weiter! Den Plan, das Glück seite!" Bierundzwanzig Stunden später stand in den Tagesblättern Sydneys folgende Neuigkeit: „Es ist nichts als eine bloße Illu sion, alle die Ausgestoßenen der menschlichen Gesellschaft, die unser Mutterland hierher erftedirt, bessern und moralisch aufrichten zu können. gung verursacht. Einer der auf der Bahn des Verbrechens Ergrauten, ein früherer, berüchtigter Taschendieb und Einbrecher, der zur Zeit im Spital nen, einen Mann, der ehemals den be sten Kreisen Londons angehört hatte, und der sich auch als Deportirter ei nes vorzüglichen Betragens befleißigte —überfiel ihn und erdrosselte ihn.Die ses schmachvolle Verbrechen ist erst vor ist Ralph Skotleby hieß er der irdischen Gerechtigkeit zu überliefern, da er sich gleich nach vollbrachtsrThat an einem Baum vor dem Reconvales centenhaufe aufgeknüpft hatte. Das Motiv zu dem Verbrechen ist bislang noch nicht aufgeklärt worden. Be fache, die wir von kompetenter Seite erfahren daß einflußreiche Ver wandte des Ermordeten für diesen ein Gnadengesuch an die Königin einge reicht hatten und vom königlichen Ca binette aus bereits beim Gouvernement von Neu - Südwales Erkundigungen über seine Führung eingezogen wor den sind. Die Erfüllung des Gnaden gesuches stand zu erwarten .. Zwei Künstler. Man schrieb das Jahr 1832. In der damaligen Künstlerwelt von Paris war der Hofschuhmacher Henri Dur mont eine allbekannte Persönlichkeit. Er verdankte seine Persönlichkeit zwei Umständen, dem Unbeschränkten Cre dit, den er Allem, was Künstler hieß, unbedingt gewährte, und seinem gren zenlosen Kunstenthusiasmus. Die einträgliche Kundschaft Louis Phi lipp's u«d des gesammten Hofstaates ermöglichte ihm das Erstere, während man von dem Letzteren munkelte, daß er den Hofschuhmacher deshalb beseele, weil sich dieser selbst in seinem Fach als Künstler fühle und in seinen künst lerischen Abnehmern Brüder in Apoll erblicke. Meister Durmont schickte nie einem der Kunstjünger eine Rechnung und hätte wahrscheinlich auch nie eine be zahlt bekommen. Nur Eins verlangte er: die Anerkennung seines Kunstver ständnisses. So oft er mit einem Künstler geschäftlich zu thun hatte, so oft brachte er das Gespräch auf die Kunst und so oft schmeichelte es ihm, wenn sein Interesse und sein feinsin niges Empfinden für dieselbe gebüh rend gelobt wurde. Aber nicht genug Er hatte bei diesem und jenem seiner Kunden gehorcht und getastet, ob er wohl mit einer Einladung an Liszt herantreten dürfte, Alle hatten sie zwei felnd den Kopf gewiegt und die Schul tern gezuckt. Denn schon damals war Liszt wegen seiner Unberechenbarkeit und seines kaustischen Spottes bekannt. Endlich aber, als der Virtuos wieder einmal bei dem Fußbckleidungskünst ler vorsprach, faßte dieser sich ein Herz. Nachdem er überzeugungswarm seiner Bewunderung vor dem Beherrscher des Klaviers Ausdruck verliehen hatte. stellte er ehrerbietigst die Anfrage, ob einer Einladung zu einem Souper Folge geleistet werden würde. Ohne Verzug ertheilte Liszt eine bejahende Antwort. sehnlichster Wunsch sollte sich erfüllen: Liszt wollte bei ihm zu Abend speisen! Noch an demselben Tage, an dem er das Jawort erhalten hatte, versandte er an seinen künstlerischen Bekannten kreis die Einladungen zu dem Souper, auf denen er eigenhändig den Vermerk anbrachte: Monsieur Üiszt wird uns die Ehre geben, uns nach dem Essen durch einen Vortrag auf dem Klavier zu beglücken. Denn das galt Durmont als eine selbstverständliche Voraussetzung. So wenig der Virtuos einen Klaviervor trag zugesagt hatte, so fest hoffte der Hofschuhmacher auf ihn. Malte er sich doch schon in Gedanken aus, mit welchem Entzücken er am Tage darauf in den Tagesblättern die Nachricht le sen würde, daß in der Abendgesell schaft des Herrn Durmont der ge feiert« Künstler eins seiner Bravour stücke zum Besten gegeben habe. Das Paris würde ihn be neiden! Der für das Souper festgesetzte Ab«nd war genaht. Wie alle anderen Künstler war auch Liszt der Einla dung nachgekommen. Die Speisen waren auserlesen, die Weine vorzüg lich und auch die Stimmung der Gäste war bald vortrefflich. Auf die ver schiedenen Anfragen aus der Gesell schaft heraus, ob Liszt wirklich einen Bortrag versprochen habe, hatte der 5 ihn aber ersuchen werde, eine Probe von seiner Meisterschaft auf dem Kla vier zu liefern und daß er überzeugt sei, auf die Erfüllung dieses Wunsches sicher rechnen zu dürfen. Die Eröffnung Durmont's hatte die allgemeine Erwartung nur ver mehrt. Man sah mit Spannung dem Augenblick entgegen, wo der Meister dem Virtuosen seine Bitte vorlegen würde. Endlich wurde die Tafel auf gehoben und es mußte nun zur Ent scheidung kommen. Als sich die Gäste plaudernd durch den Salon zerstreut hatte», trat der Hosschuhmacher zu dem Virtuosen heran. Wohl mit et was beklommenem Herzen bat er ihn, nach der körperlichen Erquickung der Versammlung auch einen geistigen Ge nuß zu gewähren und sich am Flügel bewundern zu lassen. Zur allgemeinen Ueberraschung er klärte sich der Angeredete dazu sofort bereit. Er spielte eine seiner ungari schen Rhapsodien und ließ sogar, als sich nach Beendigung derselben der laut« Beifall seiner Zuhörer gelegt hatte, eine zweite Composition dersel ben Art folgen. Meister Durmont war außer sich vor Freude. In den wärmsten Wor ten dankt« er dem Virtuosen und fügte dann hinzu, daß er gerade unglücklich sei. für die ihm «rwiesene Ehre nicht entsprechend erkenntlich sein zu kön nen. Der glückliche Gastgeber hatte seine Ansprache kaum beendet, als sich Liszt mein lieber Durmont," sagte er mit einem verbindlichen Lächeln, „Sie kön nen mir vollauf erkenntlich sein, wenn Sie nämlich die Güte haben, die Ein ladung anzunehmen, durch die ich Sie gleich jetzt zur Theilnahme an einem Souper in meiner Wohnung für den nächsten Mittwoch ersuche." Durmont traute seinen Ohren nicht, erst als er die Augen d«s Componisten in vollem Ernst auf sich gerichtet sah, fand er ein Wort der Erwiderung und versprach, tief gerührt durch die erfah rene Auszeichnung, sein Erscheinen bei der geplanten Festlichkeit. Wie den Hofschuhmocher, so lud alsbald Liszt auch alsbald alle die anderen Anwe senden zu dem Souper ein. Als man sich nicht lange Zeit nach her von einander trennte, war ein jeder im Stillen mit der Frage beschäftigt, was die Einladung Liszt's an Dur mont bezwecke. Denn daß irgend eine besondere Absicht dahinter versteckt sei, darüber war man sich von vornherein einig. Zu dem von Liszt veranstalteten Souper hatten sich die Eingeladenen vollzählig eingestellt. Einer der zu erst Erschienenen war der Hofschuh macher gewesen, der sich sogar veran laßt gesehen hatte, sein ihm von Louis Philipp verliehenes Ordenszeichen an zustecken. War die Küche Durmont's ausgezeichnet gewesen, so waren es die Speisen, die Liszt seinen Gästen vor setzte, nicht minder und der Wein, der in den Gläsern funkelte, übertraf wohl gar noch die Marken, die Durmont sei nem Keller entnommen hatte. Die Unterhaltung war bald im be sten Gange und Meister Durmont amüsirte sich prächtig. Nur in einem Punkt wurden seine Erwartungen ge täuscht, in den künstlerischen Darbie tungen, die in reichem Maße zu genie ßen er sicher gerechnet hatte. Weder fiel es irgend einem der unter den Gä sten anwesenden Musiker noch auch dem Gastgeber selbst ein, eine Taste zu berühren, so daß das Abendessen völlig klanglos verlaufen zu sollen schien. Da, als schon der Nachtisch servirt wurde, erhob sich endlich Liszt. Durmont frohlockte, denn was war wahrscheinlicher, als daß sich der Vir tuos jetzt an das Instrument setzen und ihm die bezauberndsten Weisen entlocken würde? Allein der Hof schuhmacher hatte sich in seiner Vor aussetzung geirrt, denn Liszt schlug mit dem Messer an das Glas, zum Zeichen, daß er eine Rede zu halten 'ln demselben Moment trat der Diener in das Zimmer und schob Liszt auf den Tisch ein Tablett, auf dem ein größerer, mit einem Tuch überdeckter beglücken. Heute ist es umgekehrt. Heute bin ich der Wirth und ist Herr Durmont der Gast. Er wird es da her nicht für verletzend halten, wenn auch ich ihn jetzt mit einer Bitte behel lige. Ich war damals genöthigt, in meinem Fache meine Tüchtigkeit zu be weisen, und deshalb fordere ich ihn heute auf, sich jetzt in seiner Kunst zu bethätigen." Bei diesen Worten hob Liszt das Tuch von dem Tablett und den er zeigte sich ein paar wohlgewichster aber arg zerrissener Stiefeln nebst dem vollständigen Werkzeug eines Schu sters. Starr wie eine Bildsäule saß Mei ster Durmont auf seinem Stuhle. „Ist das Ihr Ernst?" brachte er „Mein voller Ernst," erwiderte Liszt, indem er sich dem Fassungslo sen mit dem Tablett näherte. „Bitte, geniren Sie sich nicht. Sie werden mir, hoffe ich, die Erfüllung meines Wunsches ebensowenig abschlagen, wie ich es Ihnen gegenüber gethan habe." Rathlos blickte noch immer Dur werks. Aber plötzlich flog ein verklä rendes Lächeln über sein Gesicht. „Nein," sagte er freudig, „ich werde Ihnen Ihren nicht erfüllen. Meister paßt nur ein 'Meisterstück. Und deshalb verspreche ich Ihnen, Ih nen morgen ein Paar neuer Stiefel einzusenden, das Ihrer und meiner würdig ist." Schallendes Gelächter belohnte den Hofschuhmacher für seinen glücklichen Einfall. Auch Liszt lachte und streckte Dur rotto. In dem Staate Marokko, wo »die Cultur nur die Strandwacht hält und bei weiteren Abstechern in's Innere in Zustände entspricht Noch heutigen tags ist der hölzerne „Tschelabi" in Gebrauch, eine Art von „eiserner Jungfrau", aus einem Holzkasten be stehend, der an den vier inneren Sei ten mit scharfen Nägeln ausgestattet und gerade groß genug ist, um eine Person in sitzender Stellung aufzuneh men. Durch die hervorstehenden Na delspitzen wird jeder Versuch, sich an zulehnen oder zu bewegen, verhindert, und in diesem Marterkasten bleiben die Bestraften mitunter tagelang. Die Bastonnade wird in Marokko nicht mit dem Stock, den die Türken „eine Gabe des Himmels" nennen, ertheilt, son dern mit einer drei Fuß langen, einen halben Zoll dicken, geflochtenen Leder peitsche, und zwar bei Männern aus den Rücken und nur bei Frauen auf die Fußsohlen. Eine sinnvolle Strafe wird über den Verleumder eines Hö hergestellten verhängt: ihm werden die Lippen mit spanischem Pfeffer ein gerieben. Froher Sa««. Ein lachender Morgen: Sonne und Glück! Nicht Sorge um Nahrung: Gütig' Geschick! Gesundheit des Leibes. Himmlische Gunst! Ein gutes Gewissen Das And're ist Dunst! Was Liebes in's Haus, So preis' ich die Stunde Und juble hinaus. Wen das nicht beseligt, Den nenne ich dumm Wer mehr will vom Leben. Betrügt sich darum! Gedankensplitter. Noth lehrt viel öfter lügen als beten. Manchem fehlt zum Glücklichsein nur die Dummheit. Es haben sich ebensxoiel Reiche ihres Reichthums zu schämen, als Arme ihrer Armuth. Ein schrecklicher Ge danke. A.: „Den Scheintod stell« ich mir schrecklich vor!" B.: „Ich auch ... besonders, wenn der Scheintodte Ernste Betrachtung. Alte Jungfer: Wär' ich doch bei mei ner ersten Liebe stehen geblieben, sc würde ich nicht sitzen geblieben sein!" E.nc Tchachmatadori«. Dem scharfen und anhaltendenNach denken abhold, Pflegt das schöne Ge schlecht nur selten die Reize desSchach zu begreifen und in dem edeln Spiel eine Erholung zu suchen. Diese Er fahrung ist seit langen Zeiten so all gemein bekannt gewesen, daß ein feiner Menschenkenner, die Lebensregel er theilte, man brauche, um die Geduld und Freundlichkeit einer Frau zu er proben, nur mit ihrem Mann Schach zu spielen. Behaupte sie dabei, ein sel tener Fall, Sanfmuth und Liebens würdigkeit, so dürfe man sie mit Si cherheit als ein Muster solcher Tugen den anerkennen. Dennoch sind, wie jede Regel ja durch ihre Ausnahme bestä tigt wird, auch hinsichtlich der Abnei gung wider das Schach in allen Zeiten rllbmenswerthe Ausnahmen bei dtm schönen Geschlecht zu verzeichnen gewe sen. Eine Art Zeugniß dafür haben selbst unsere großen Dichter Lessing und Goethe abgelegt, als sie in ihren Mamen „Nathan der Weise" und „Götz von Berlichingen" Schachpartien mit weiblichen Partnern (Sittah und Adelheid) in Scene führten. FrauNellieMa r s h a l l-S h o- Walter. In unserer Zeit haben wir Beispiele der gedachten Ausnahme selbst im wirk lick>»n Leben sich häufen sehen, gegen wärtig zeigen uns namentlich Englank und Amerika vielfache Fälle, daß schachkundige Frauen sogar an dieOes sentlichkeit treten. So konnte man im an das vorjährige große Schachturnier in Hastings ein beson deres Turnier unter nicht weniger als zwanzig Freundinnen des edeln Spiels veranstalten, aus dem Miß Fox mit 4, Lady Thomas, Miß Field und Miß Finn mit je 3j Gewinnzahlen als Siegerinnen hervorgingen. Was noch höhere Anerkennung ver dient, ist die erfreuliche Thatsache, daß von den neuern Freundinnen desSchach nicht wenig« das Spiel auch mit her vorragender Fertigkeit ausüben und häufig männliche Spielgegner, die sich eines guten Rufes im Schachspiel er freuen, besiegt haben. In solchem Sinn« macht gegenwärtig Frau Nellie Sho walter von sich reden, Sie ist als Tochter des Oberrichters Marshall, im Staate Kentucky im Jahre 1872 geboren und wurde schon imAlter von 16Jahren mit dem riihm- Erfolg einführte. Seltene Geistesgegenwart. Groß-Bezier Ben Ali (in einem Ausstattungsstück): Werft Euch aus die Knie«, getreue Moslems! Der Beherrscher aller Gläubigen naht auf phanten! Stimme (aus der 2. Cou lisse, zu dem Groß-Bezier): Sie, Herr Meier, der Elephant ist eben von ein paar Deputy-Sheriffs gepfändet wor den. Getreue Moslems, Aufrichtig. Einst sagte arzte: „Sage Er mir einmal aufrich tig, wie viele Menschen hat er wohl in Seinem Leben in's Grab gebracht?"— „Sire," antwortete der Arzt ernst, „nahe an SM.tXX) weniger als Ihre Majestät." AufderS«cundärbahn. Reisender (im Coupe): „.. .Um alles in der Welt, warum bleibt denn ver Zug auf der Strecke stehen?" Con ducteur: „'s Feuer ist dem Lokomotiv führer ausgegangen da muß er in's nächste Dorf gehen und Streichhölzer holen!" Bedingungsweise. Rich ter: „Ihre Aussagen beruhen alle auf voller Wahrheit?" Angeklagter (sich in die Brust werfend): „Wort für Wort, Euer Gnaden, so g'wiß und wahr ich da steh'!" Richter: „So wer den Sie sie auch beschwören?" Ange klagter (verlegen): .Net gern!"