2 Der Ichein trügt. DaS lachende Auge, das muntere DZort, die heitere Miene, ach, wie oft täuschen sie doch! Weißt Du, ob nicht in der Einsamkeit dieses strahlende Antlitz den Stempel tiefster Betrüb niß trägt, dieser scherzende Mund seufzt,an diesem sonnigen Auge Thrä nen zittern? Ueber Heiterkeit werden so oft im Leben Fehlschlüsse gezogen, besonders über die des Weibes. Es giebt Frauen, die in den schwersten Verhältnissen guten Muthes aushar ren, die ihren Kummer erhobenen Hauptes, mit heiterer Stirn tragen. Weißt Du, wie ihre Kniee wanken, wie oft sie dem Zusammenbrechen nahe find, welche inbrünstigen Gebete aus ihrer geängsteten Seele, ihrem belasteten Herzen zu Gott emporstei gen? Niemanv denkt das, wer kann in's Herz sehen! Ebensowenig ver mag man bei dem Gegensatz ein siche res Urtheil zu fällen. Man begegnet in seinem Bekanntenkreise einer Dame, kühl, reservirt im Wesen, einen weh müthig ernsten Zug um die fest ge schlossenen Lippen, die so selten lä cheln, die niemals scherzen. Wie schnell ist da das Urtheil zur Hand, daß in dieser Hülle ein kaltes, hartes Herz schlage. Wie kühl! seufzt muth los der Mann, der vergebens um das geliebte Mädchen wirbt. Und obgleich er sich nach wie vor auf die zarteste Weise um sie bemüht, bleibt sie theil namlos. Sie hat kein Herz; so ur theilt die Welt. Niemand fragt aber danach, was dieses Herz so hart wer den ließ, welche bittere Erfahrungen dieses Mädchen gemacht, was ihr den Glauben an die Menschheit genommen hat! Keiner giebt aber auch dem Ge danken Raum, daß vielleicht doch tief in ihrer Brust warme Regungen schlummern. Einst verschönten auch wohl diese Lippen ein holdes Lächeln, auch sie verstanden jn sprudelndem Uebermuth zu scherzen diese Stirn war einst heiter und diese Au gen blickten lebenslustig in die Welt, die schonungslos Alles vernich tet, welche die schönsten Illusionen zerstört. Es bildet der Charakter sich im Strom der Welt. Es giebt selbst ständige Naturen, die nicht, demEpheu, gleich, einer Mauer bedürfen, um sich anzulehnen, sie wollen keinen Schutz, sie glauben, sich selber genug zu sein. Aber nicht selten überschätzen sie den noch ihre Kraft. Der-Strudel des Lebens reißt sie mit sich fort, sie ma chen Erfahrungen, enttäuscht wenden sie der Welt den Rücken und ihr Herz wird hart. Oft geht noch später ein solcher Mensch die Ehe ein, es ist keine Herzensverbindung, irgend einer der vielen Beweggründe, die außer dem Bereich der Liebe liegen, haben den Bund für's Leben geschlos sen. Ach, wie ist er so kalt, seufzt Eiskruste doch vielleicht zu schmelzen sei, die sein Herz zu umgeben scheint. So gehen sie weiter, nebeneinander, Brust. Manche stille Thräne vergießt das Bedürfniß, sich »nnig anzu schließen. Aber er fragt nichts da nach, sein kaltes, hartes Herz bedarf ja der Liebe nicht, klagt sie. O, daß sie sich die Mühe nähme, einen Blick in die Tiefen seines Herzens zu thun, sie würde eine« Schatz an edlen, war läßt. Wenn die Gattin mit Klug kannte Herz des Gatten zu verstehen suchte, sein Vertrauen erstreben, sich unabläßlich bemühen, ihn die Täu glücklich gestalten. Meistens sind es Herzen geschlagen, die ihre Spuren zurücklassen, die oft auf's Neue bluten, die selten vernarben. O, rühre nicht Schonung suche zu ergründen, ob die Wunde heilbar. »er Andere. Fräulein Lieschen 16jährig, Zopf, Notenmappe wird auf der -Straße von einem Herrn angesprochen. Ein Anderer bemerkt es und tritt auf Beide zu mit den errcgtenwWorten: „Mein Herr, ich bemerke, daß Sie die Dame durch Zudringlichkeiten belästi gen, was ich nicht dulden werde. Bitte, mein Fräulein, vertrauen Sie sich meinem Schutze an." Darauf Lieschen, nachdem sie Beide gemustert, mit munterer Entschiedenheit: „Ach nein! der andere Herr gefällt mir bes ser!" Aus dem Stammbuch ein es Junggesellen. Das Seidenkleid, Es wird zum Futter, Die süße Maid Zur Schwiegermutter. Spruch. Starker Arm braucht nicht zu zagen. Recht ersaßt, ist halb getragen. Der boshafte Gatte. Sie (schluchzend): „Hu mußt mir den Schmuck kaufen!" Er: „Weinst Du aber heut' wieder zum Edelsteiner weichen!" Verblümt. Frau (eines Schauspielers): „Haben Sie meinen Mann schon als „Don Juan" gese den?" Bekannter: .Im Theater »ock nickt!" Durch Nacht und Achnee. Bon C, Weßuer. „Du Du liebst mich nicht? Das ist nicht wahr, Therese!" „Es ist wahr!" Die Stimme des Mannes klang lei denschaftlich, gepreßt; diejenige des Mädchens ärgerlich, herausfordernd. helle Gluth beleuchtete die schlanke Ge stalt. Den Kopf hatte sie trotzig in den Nacken geworfen; die großen brau- Der junge Mann, ihr Verlobter, stand wenige Schritte von ihr entfernt. Die Rechte umklammerte krampfhaft die Reitpeitsche man konnte deut lich die geschwollenen Adern auf der dunklen Hand sehen. Ein anderes Weib würde vielleicht nicht gewagt ha ben, diesen Ausbruch heraufzubeschwö ren; aber Therese Halden besaß ein heftiges Temperament und war eifersüchtig. Sie hatte es sich eingere det, daß ihr Verlobter zu der Tochter des Oberst Werder viel zu liebens würdig sei. Erich Wilbrand war stolz und empfindlich, darum ver schmähte er es, den reuigen Sünder da zu spielen, wo er sich keines Un rechtes bewußt war. Als ihn Therese nun heute so schwer beleidigte, indem sie ihn der Unireue zieh, hielt et es für unter seiner Würde, auch nur ein ein ziges Wort zu seiner Vertheidigung zu sagen. „Du wirst morgen hoffentlich ande ren Sinnes sein",sagte er ernst. „Heute scheinst Du wirklich nicht zu wissen, was Du sprichst." „Ich weiß ganz genau, was ich spreche", rief sie aus. „Anderen Sin nes werde ich nie werden. Du kannst Deine Freiheit zurück haben. Ich ich liebe Dich nicht!" Diese grausamen Worte schnitten tief in des jungen Mannes Seele. Sein Stolz gab ein wenig nach. „Du liebst mich nicht! Ich glaube das nicht, Therese!" Ein spöttischer, trotziger Blick war ihre Antwort. Eine Weile lang blickte Erich Wil brandt seine Braut tiefernst an, dann wandte er sich zur Thür. „Nun", sagte er mit erzwungener Ruhe, „dann habe ich allerdings nichts mehr Hu erwidern." „Nein. Nur etwas zu nehmen. Dieses hier —" Sie streifte den Verlobungsring von ihrem Finger und hielt ihn Erich Er stutzte. Dann färbte sich sein Gesicht dunkelroth und ein unendlich schmerzlicher Ausdruck legte sich auf seine Züge. Doch sofort ermannte er sich, nahm den Ring aus ihrer Hand entgegen und sah ihr fest und tiefernst in blickenden Auge«^ „Wenn Du ihn ha ben möchtest, dann wirst Du erst dar um zu bitten haben," sagte er mit kal ter Ruhe. Er öffnete die Thür und verließ Ein zorniges Lachen Theresens tönte an sein Ohr. Erichs Besitzung lag etwa eine Meile von dem Hause der Familie Halden entfernt. Der junge Mann, dessen Inneres von den wildesten Stürmen durchwühlt war, ritt in tol ler Hast nach Hause. Sein Hirn brannte, das Herz zuckte in wehem Schmerz. Doch fest preßte er die Zähne zusammen, um sich zu beherrschen. Wenn Therese ihn wieder zu ihren Fü ßen sehen wollte, dann dann mußte sie erst vor ihm knieen! Er hatte in der That bisher zu viel von ihrer Ei fersucht erduldet! Jetzt war das Maß voll. Und dennoch hätte er um Alles in der Welt nicht sagen mögen, daß es besser sei, wenn sie sich trennten. Er liebte Therese mit der ganzen Gluth seines Herzens und er ver mochte nicht zu glauben, daß sie wirklich ihre Verlobung im Ernst lösen wolle. Aber Therese war es wirklich Ernst, das Verlöbniß aufzulösen, oder sie glaubte wenigstens, daß es ihr Ernst damit sei. Sie war im höchsten Grade ausgebracht und zum Unglück für sie nahm ihre Mutter auch noch ihre Partei in dem Streit des jungen Paares. Frau Halden war eine thö richte. schwache Mutter, welche ihr Kind schon von frühester Jugend an verwöhnt und verzogen hatte. Nur eins ärgerte die gute Frau; daß ihrer Tochter nun die beste Partie weit und breit entging. Denn Erich Wilbrandt war der reichste unverheirathete Rit tergutsbesitzer in der ganzen Umge bung und Therese besaß nur ein klei nes Vermögen. Die Nachbarschaft wußte in merk würdig kurzer Zeit, daß Erich Wil brandt nicht mehr zu Haldens ging. Fräulein Lücie von Werder freute sich hierüber ungemein. Sie verdoppelte und verdreifachte ihre Liebenswürdig keit gegen den reichen, stattlichen Gutsbesitzer, denn sie war im Stillen schon längst neidisch auf Therese gewe sen, trotzdem sie ihr dem Anschein nach in inniger Freundschaft zugethan schien. Therese hatte eine Einladung zu ei nem kleinen Feste bei der Familie von Werder angenommen. Es war ein wilder, stürmischer Wintertag. In dichten Flocken wirbelte der Schnee vom Himmel herunter und hüllte die Erde in sein weiches Tuch. Dichter und Dichter wurde die Schneeschicht auf dem Boden, bis sie fast meterhoch lag. Am Morgen war das Wetter noch ganz leidlich und der Weg zum Werderschen Hause frei gewesen. The rese hatte sich denn auch frühzeitig aufgemacht, um Lurie sei diesen und jenen lleinen Vorbereitungen zum Feste behilflich zu sein. Und sie war «ern sehr gern gegangen! Trug sie doch im Herzen die Hoffnung, Erich wiederzusehen! Der Abend kam und der Schnee sturm war immer heftiger geworden. Weg und Steg war verschneit. Lu liens Vater duldete es nicht, daß The rese in solchem Wetter nach Hause zu rückkehrte. Man hatte also rechtzeitig zu ihrer Mutter geschickt und be nachrichtigt, daß Therese bei Werders Übernachten werde. Erich Wilbrandt war nicht gekom men. Gegen zehn Uhr verließ das junge Mädchen das Gesellschafts-Zimmer, um sich zurückzuziehen. Die Luft dort erschien ihr so dick, so schwül. Leise trat sie in's Freie, um noch ein wenig frische Luft zu schöpfen. Es war ihr so bang zu Muthe. Die Kälte that ihr wohl. Im Grunde besaß sie auch eine so gesunde Natur, daß sie dieser schon etwas bieten durfte. Die Nacht war dunkel, sternenlos. Gespenstisch leuchteten die weißbe schneiten Bäume und Sträucher aus der Finsterniß hervor. Jetzt war The rese an eine kleine Anhöhe gelangt, Parkthür. Therese blieb stehen und blickte nach denklich in die düstere Umgebung hin ein. Plötzlich zuölte sie erschreckt zu sammen. Der Name „Wilbrand" war an ihr Ohr gedrungen. Im Flüsterton hat ten man ihn gesprochen. standen zwez, Männer, welche irgend einen Plan besprachen. Sie konnte fast jedes Wort hören chenfee hat mir Alles treuherzig er zählt... Es befindet sich eine Menge baares Geld im Haufe... er will das fürchten... Sein Arbeitszimmer, dort liegt nämlich das Geld, befindet sich im Erdgeschoß rechts... Seine Tante, eine alte Dame,die halb taub ist,wohnt im ersten Stock... Wir steigen durch das Fenster in sein Zimmer... Ist er zu Hause, so wird er sofort gekne belt. .. Schießt er etwa auf uns, nun dann geht es eben auf Leben und Tod.. „Also Punkt zwölf Uhr," erwiderte die andere Stimme. „Ein Wetter, für uns wie geschaffen.... Der Schnee fällt... also wird man Fuß spuren nicht sehen... Doch nun komm, wir wollen noch eins trinken, ehe wir an die Arbeit gehen —" Therese kauerte sich schnell nieder, als die beiden Männer draußen vor beigingen und die Richtung nach der Dorsschänke einschlugen. Ihre Jetzt, da sie das Gespräch der Ver- Augen, welche allein durch Trotz und Eifersucht verblendet waren. Sie dachte jetzt nur noch an das Eine: daß der Geliebte in höchster Gefahr schwebe! eilte sie hinaus. So in den Schnee. Mehr als einmal fühlte sie sich einer Ohnmacht nahe. Schoa fürchtete sie, umzusinken und hen. Nein, Gott fei Dank, sie hatte Anhöhe, die sie schon so oft erklommen. Mühsam bahnte sie sich den Weg hin auf. Jetzt jetzt war sie oben ange langt. Zitternd an allen Gliedern, fiebernd Qual aufjauchzen mögen, als sie das Haus erblickte. Dort in seinem Ar beitszimmer brannte Licht. Sie mußte Endlich stand sie vor der Thür. Ihr Auch des Riegels tönte an ihr Ohr. Ein Lichtschein fiel jetzt über die angst, rief: refe!" geliebten Mädchens. Ällmälig lainen iyr di: Sinne zu» rück. In fieberhafter Hast erzählte sie Wilbrandt ahnte den Zusammen hang. Er sprang an's Fenster und ließ die schweren Jalousien herab. Dann holte er eine Flasche Kognak, mischte ein Glas dieses Getränkes mit Wasser und, den Kopf Thereses auf seinem Arm bettend, flößte er ihr den Inhalt ein. Trotz all seiner Herzensangst hatte er auch nicht einen Augenblick seine Geistesgegenwart verloren. „Bist Du sicher" hauchte sie matt „ganz sicher?" „Ja, mein Lieb, ganz sicher," flü sterte er bewegt, indem er abermals feine Lippen aus ihren Mund preßte. Dann stand er auf und ging schnell durch eine Seitenthür nach dem ande ren Flügel, um die Dienerschaft zu wecken und ihr die nöthigen Befehle zu geben. Als er zurückkehrte, war Therese von Neuem in eine Ohnmacht gesun ken. Er trug sie aus den Armen hin auf in dasZimmer seiner Tante. Diese brachte das junge Mädchen sofort zu Bett, nachdem sie ihr mit Hilfe einer Magd die völlig durchnäßten Kleider ausgezogen. In den wilden Phantasien There sens offenbarte sich dann mit aller Klarheit, wie sie hinter den Anschlag gekommen und welche Qual sie erlit ten, um nur noch zur rechten Zeit zu ihm gelangen zu können. Durch die Umsicht und Geistesge genwart Erichs, welcher die Einbrecher erst ruhig „arbeiten" ließ, sie dann bei dieser Beschäftigung überrumpelte und ohne viele Mühe packte und kne belte, war die Gefahr glücklich beseitigt worden... Matt, kraftlos von den körperlichen und seelischen Anstrengungen, lag Therese auf einem Divan, als am fol genden Tage Erich Wilbrandt zu ihr in das Zimmer trat. Trotz desVerbots seiner Tante hatte er sich nicht abweisen lassen. Leiden schaftlich bewegt neigte er sich über sie und bedeckte ihr Gesicht mit heißen Küssen. Er hatte Mühe, die g»waltige Erre gung, welche ihn zu übermannen droh te, zu unterdrücken. Therese schlang dir Arme um seinen Nacken. Zwei Wochen später wurde die Ver lobung gefeiert und schon nach wei teren Sier Wochen fand die Hochzeit statt. Weder Therese noch Erich haben die Begebenheiten jener entsetzlichen Nacht vergessen. Doch Beide sind einig in wollte. Ei» unheimlicher Mensch. „Kennen Sie Slackman? Sie ken nen ihn? Gut. Dann kennen Sie vielleicht auch Slackmans Freund Winkles? Wie, Sie kennen ihn nicht? habe, ohne daß Sie ihn kennen. Es gab übrigens eine Zeit, wo ich ihn auch nicht kannte, aber eines schönen Ta man sich so recht ausnehmend wohl fühlt, so heiter, so zufrieden, so er haben, wie selten, sah ich von weitem Slackman mit Winkles kommen. „Halloh", rief Slackman, als ich näher kam. mit einer so fröhlichen Miene als hätte ich alle vier Aß im Poker. „Kennen die Herren einander schon?" tig vor. „Mister Wintles," „Freut mich sehr", sagte ich und streckte Winkles die Hand entgegen. Der ergriff sie und ich... fragte ich gleich: „He, Jorgan, kennen Sie Wintles? Ein famoser Kerl, der Winkles." gegen. Ich brach, als Winkles dieselbe er- und plötzlich, verdamm mich Gott, plötzlich hielt Winkles Jorgans Hand in der seinen, vollständig abgedrückt, vollständig vom Rumpfe getrennt, und Jorgan lächelte, streckte seinen Arm- stumpf vor und sagte: „Ach bitte, schrauben Sie sie mir wieder an." WinkleS stand notorisch da ganz bleich und fassungslos; dann plötzlich warf er Jorgan wüthend die Hand bor Vie Füße, stürzte auf mich zu und „Wissen Sie, was Sie sind? Ein ganz -gemeiner Mensch sind Sie, denn nur gemeine Menschen haben Freunde mit Korkhänden" lind damit ging er und ließ mich stehen, während Jorgan ganz phlegmatisch seine Hand an schraubte. Mein Freund Jorgan aber war, wie ich später erkannte, noch viel „ge meiner" als Winkles je ahnen konnte, und er entblödete sich nicht, es mir selber bei einem Glase Brandy zu erzählen, das er mir zahlte, damit ich mich von meinem Schrecken er hole. „Ja," sagte er, „das ist das Gering ste was Sie von mir erwarten können. Da hatte ich eines Tages in Kalifor nien ein ganz anderes Erlebniß. Ich ritt auf meinem Pferde dahin durch die herrlichste Landschaft, die Brett- Harte selber nicht besser geschaffen hätte, als plötzlich ein wilder Mustang auf mich zu sprengte. Ich, das Pferd sehen und von der Lust erfaßt werden, es zu stoppen, ist eins. Ich gebe mei nem Pferde die Sporen,jage dem gallo pirenden Thiere entgegen, jage ihm nach, mache meinen Lasso, parat und scht! saust die Schlinge durch die Lust und mein Mustang fällt vornüber auf die Kniee und wälzt sich im Staube. Im selben Augenblicke aber fcht! fliegt ein anderer Lasso durch die Luft, fliegt mir um den Kopf und ich fühle mich rücklings vom Pferde ge rissen." „Haben wir Dich, Hallunke", brüllt mir's in's Ohr. „Werden Dich leh ren Pferde stehle?, Schuft Du", und ich fühle mich gepackt, auf die Füße gestellt und mit Kolb-nstößen einem Baume zugetrieben. War ein famoser Ast dort an dem Baume um gehängt zu werden und diesem so verlockenden Aeste konnten die Männer, die mich gepackt hatten, offenbar nicht widerste hen, denn sie knüpften mich auf, war fen den Strick über den Ast, zogen an und ließen mich baumeln. So bau melte ich" und mein Freund Jor gan füllte sein Glas auf's Neue „so baumelte ich ein paar Stunden. Da plötzlich kamen die Reiter zurück. Sie kamen um mich um Entschuldi gung zu bitten und zu begraben. Der Mustang war nämlich thatsächlich mit anderen Pferden gestohlen worden, aber nicht von mir. Er war dem Diebe durchgegangen und ein anderer Trupp hatte ihn gepackt und gehangen, nachdem er Alle» bekannt hatte. Meine Unschuld also war glänzend erwiesen und das Wenigste was sie mir thun konnten, war, unter Gentlmen'S, daß sie sich entschuldigten und mich anstän dig begruben. Sie schnitten mich auch ab und „Gott sei Dank" war mein er stes Wort, „ab«r j«tzt könntet Ihr mir auch einen Schluck Brandy geben." Die Folge war entsetzlich, die tterle liefen davon wie verrückt und an jenem Tage gab es imJrrenhaufe von Frisco fünfzehn vollständig frische Narren „Ja aber?" fragte ich meinen Freund Jorgan... „Oh, das ist sehr einfach", entgeg nete er, „und die Lösung des Räthsels ist einfach die: ich hatte mich drei Mo nate vorher verschluckt." „Verschluckt?" fragte ich, immer verblüffter. „Ja wohl, verschluckt," erwiderte er mit der ruhigsten Miene der Welt. „An einem Knochen: und da ich zu ersticken drohte, schnitt man mir den Kehlkopf auf und ersetzte ihn später, wie.das so oft geschieht, durch einen silbernen. Das wußten die Kerl« nicht, und statt, daß der Strick mir die Kehle zuschnürte, hielt er mir den Hals warm und bewahrte mich vor einem Schnupfen, der sonst ganz un ausbleiblich gewesen wäre." Ich sah ihn ganz verstört an. „Oh", sagte er, „das ist immer nicht Alles." Emes Tages, es war in James town oder Philippstown, ich weiß nicht mehr recht, kam ich mit einem Kerl in Streit. Er behauptete näm lich, die Hennen kämen aus den Eiern, während ich behauptete, die Eier kä men aus den Hennen. Kurzum, wie dem auch sei, unser Streit artete nahe zu in Thätlichkeiten aus. Ich holte aus und was war's? War es der Schwung oder war es sonst etwas, kurz, meine Hand, meine falsche Hand fliegt ihm in's Gesicht und schlägt ihm ein Auge aus, während mir seine Faust einen Vorderzahn einschlägt. Die Folge war natürlich ein Duell. Dcr Kerl stellte sich mir gegenüber und den ersten Schuß hat er. „Aug' um Auge," knirscht er, zielt und giebt den Schuß ab. „Sie werden es nicht glauben, aber er traf, traf in mein rechtes Auge und Ilirr, gings in Stücke. Ich nahm die übrigen Scherben heraus, denn es war mein Glasauge, sagte nur „Zahn um Zahn" und schoß ihm eine Kugel durch den Mund. Zwei Zähne und die Ku gel flogen ihm rückwärts wieder hin aus. Todt glauben Sie? Gar keine Idee. Er ist mir jetzt eigentlich sehr dankbar, denn er kann seine Cigarre jetzt. „Eines schönen Tages, es war in Billystown oder Eharlestown, ich weiß es nicht mehr wo, da lief ich nämlich ernstliche Gefahr, mein Leben zu verlieren? Nein, viel ärger, mich sogar zu Heirathen. Ich führte nämlich eine junge Dame aus dem herrliche Mondnacht, und da wir vom Wetter schon gesprochen hatten, wollte ich mit ihr von Astronomie reden. Ich ne, Washington, Abraham Lincoln, Cleveland und McKinley. Dann wollte sie den Namen noch eines Ster nes wissen, der ihr ganz besonders ge fiel und ich sagte ihr, der heiße Alfred. Und dann fragte ich sie, ob ihr der Name Alfred gefalle und ob ihr nicht der Name Jorgan noch besser gefalle und sie nicht ihren Namen mit diesem vertauschen möchte? Und wie ich so fragt«, sie aber nur seufzte, da kamen wir an einem Gartenstiihle vorbei, an einem ganz einsamen Gartenstuhle, wie geschaffen, um sich in so einer Nacht darauf zu setzen. Sie aber sagte verschämt: „es ist ja nur Platz für Ei nen." „Setzen Sie sich", sagte ich. „Nein, Sie." „Nein, Sie." „Wenn Sie mich lieb haben, sitzen Sie", bestand sie darauf. „Und ich, ich fetzte mich wirklich, und zog sie nieder auf meine Knie. bergessen, fünfundachtzig Kilogramm! Und im selben Moment gabs 4-inen Krach. Sie hatte... den Stuhl durch brochen glauben Sie? Oh nein: mei ne Beine, dieselben Beine, die mir beim Eisenbahnunglück von Minetoba abgefahren worden waren untmdie ich durch Korkbeine ersetzt hatte. Die Stahlschienen erwiesen sich als zu schwach, obwohl der Mechaniker hun dert Kilogramm Tragfähigkeit garan tirt hatte. Und diesem Umstände allein verdanke ich, daß ich noch ledig bin. Der Mann verdient eine Ret tungsmedaille." Und mein Freund Jorgan trank seinen Brandy aus, ich aber ging, ehe er eine neue Geschichte erzählte. Parfüm und Düste. Strömender Regen treibt mich in einen Straßenbahnwagen. Dichter und durchdringender Moschusgeruch schlägt mir entgegen; nicht von dem echten und theuren Erzeugniß des Moschusthieres, das man trotz seines hohen Preises vor Zeiten wohl als letztes Mittel gegen den dräuenden dem unechten und billigen Erzeugniß der rastlos arbeitenden und erfinden den chemischen Industrie. Und wenn früher zu gewissen künstlichen Düften nur gewissermaßen eine Ahnung des kostbaren Moschus hinzugesetzt wurde, um ihnen einen sozusagen vornehmen und prickelnden Reiz mitzutheilen, so drängt sich der neue Moschus gleich einem rohen Emporkömmling massen haft vor, den Parfümirten mit einem weiten Dunstkreise umgebend. Gern wäre ich auf dem Außenplatz geblie ben, aber eisiger Wind trieb mich in die Moschushöhle, und noch dazu in unmittelbare Nachbarschaft der Doft fpenderin. Nun, wie jedes Leid ein Ende haben soll, so fand auch dies eins. Ich schlüpfte in's Theater, ließ meinen durch die Nachbarin parfür mirten Mantel in der Garderobe und eilte auf meinen Sperrsitz. Doch mit des Geschickes Mächten ist kein ew'ger Bund zu flechten: neben meinem Sitz hatte bereits eine ähnliche Stinkquelle, bitte um Verzeihung Duftquelle, dies mal sogar in männlicher Gestalt, Platz genommen. Entweichen ist nicht mög nicht bloß drei Theaterstunden lang, sondern noch anderen Tages saß mir der fatale Duft in der Nase, erinnerte mich fortwährend an die ekelhafte Quelle des eigentlichen Moschus und plagte mich mit eigenthümlich drücken dem Kopfschmerz. Mit den Wohlgerüchen steht es in gewisser Weise wie mit dem Wohlge schmack. Manche lieben Knoblauch und Zwiebeln, sogar den Stinkasant, der im Volksmunde Teufelsdreck ge nannt wird; anderen ist alter Käse, noch anderen Hautgout des Wildes, für den wir nicht einmal einen deut schen Namen haben, höchster Genuß. Ueber den Geschmack ist eben bekannt lich nicht zu streiten; aber an diesen Zungen- und Gaumengenüssen braucht Niemand theilzunehmen, der sie nicht mag und will. Einer Hausgenossin, die nichts Schöneres meinte als alten Käse, gestattete ich solchen gern unter der Bedingung, daß sie ihn am Ende meines Gartens verzehrte und wohlvirschlossen hin- und zurück brächte. Die Parfüms sind mittheil sam und aufdringlich: sie erfüllen so gar unsere Wohnung, wenn »in nicht abweisbarer Besuch sie hineingebracht hat. Mit brennender Cigarre bei Fremden einzutreten, verbietet der gute Ton; sollte nicht für andere starkrie chende Stoffe ein Gleiches gelten? Mit den Gewürzen, die unseren Geschmackssinn reizen, haben die Riech stoffe noch eine andere Eigenschaft ge mein: von beiden darf nicht zu viel gegeben werden, um so weniger, je stärkere Empfindungen sie erregen. Etwas Salz ist vielen Speisen noth wendig, ein wenig zu viel und wir verschmähen sie als versalzen. Zucker ist so allgemein beliebt, daß mit seiner Eigenschaft süß auch alle möglichen anderen angenehmen Dinge bezeichnet werden, und doch kann zu viel Süße auch eine Lieblingsspeise verderben. Sogar der Stinkasant soll nach dem großen Geschmackskünstler Brillat- Savarin gewissen Fleischspeisen einen besonderen Wohlgeschmack verleihen, wenn nur ganz leise damit vor der Bereitung über den Boden der Schüs sel gestrichen wird; ein wenig mehr da von und Niemand würde die Speise genießen wollen. Viele Blu men duften herrlich im Freien und riech?., scharf und widerlich, wenn man die Nase daran hält oder ihrer zu viele in's Zimmer stellt, wo der starke Duft sog«? Kopfschmerzen, Angstanfälle, Ohnmachten und vielleicht sogar ?en Tod verursachen kann. Auch des Gu ten kann es zu viel werden, oder wie das alte Mahnwort sagt: u»? qu>6 Gerüche haben die Eigenthümlich keit, daß sie das Gefühl des Angeneh abstoßen, und in letzterem Falle da durch bewußte und unbewußte Ab wehrbestrebungen erzielen. So halten wir unwillkürlich den Athem an. um einen unangenehmen Geruch zu mei» den, und stoßen die Luft mit Heftigkeit aus, um ihn schleunigst zu entfernen. Ueble Gerüche machen sogar leicht Ekel und Uebelkeit und nehmen empfindlich» Personen mehr in Anspruch als die nicht gerade durch ihre Heftigkeit Schrecken oder Schmerz hervorrufen. Andererseits saugen wir angenehme Gerüche mit weitgeöffneten Nasenlö chern behaglich oder gierig ein; sie ru fen leicht eine angenehme und behag gene Stunden. ES ist deshalb durchaus natürlich und nichts weniger als tadelnswerth, rUchen zu umgeben liebt, aber es ist damit Maß zu halten. Denn unsere Nase hat nicht die Hauptaufgabe, Sin nenlust zu bereiten, sondern steht als Wächter vor unseren Athemorganen, um Schädliches nach Möglichkeit von ihnen fern zu halten. Unser Athem verlangt reine Luft; Düfte täuschen aber und können Schädliches unbe merkt eindringen lassen. Deshalb ist allgemeine Gesundheitsregel, daß un angenehme Gerüche, besonders in un seren Wohnungen, nicht durch Düste verdeckt, sondern durch Reinlichkeit verhütet und beseitigt werden sollen, und wo ein sehr aufdringlicher Wohl geruch sich bemerklich macht, muß er immer den Verdacht erwecken, daß durch ihn etwas verborgen werden soll, was nicht in Ordnung ist. Wer seinen Leib durch Waschen und Baden rein hält, seine Kleider gehörig lüftet und reinigt u. s. w., der braucht weder Moschus, noch andere starkduftende Parfüms, um seine Anwesenheit an genehm oder wenigstens nicht unan genehm zu machen. Kann man das Wort vom Duste edler Weiblichkeit verstehen, wenn diese Weiblichkit sich mit Moschus parsümirt? Auch die Wohlgerüche sind der ge meinen Thatsache der Gewöhnunz nicht entzogen. Im Gegentheil, die meisten nehmen wir binnen kurzem nicht mehr wahr, wenn wir in ihnen verweilen. Die Riechnerven werden unempfindlich und stumpf gegen an haltende, mit der Zeit auch wohl gegen andere Gerüche, wenn ihnen nicht Zeit gewährt wird, von heftigen oder lang dauernden Einwirkungen sich zu erho len. Daher kommt es, daß Leute, die sich beständig mit Wohlgerüchen um geben, ihre Person, ihre Kleider und ihre Wohnung »rfümiren. immer stärkere Riechstoffe benutzen. Ob ab sichtlich oder unabsichtlich durch ein zelne Düfte besondere Gefühlsregun gen oder Leidenschaften erweckt wer den, wie vielfach behauptet wird, wage ich nicht zu entscheiden jedenfalls sollte schon der bloße Verdacht sie von der guten Gesellschaft ausschließen. Wich tig ist auch die unbestrittene Thatsache, daß die Gewöhnung an starke Par füms weichlich und weibisch macht, und daß die durch sie hervorgerufene Erregung der Nerven und des Gehirns zur Erzeugung und Verschlimmerung jener Nervosität beiträgt, die ehemals als Hysterie mehr verspottet als bemit leidet wurde, neuerdings sich aber als Zeitkrankheit eine hervorragende Stel lung errungen hat. Zwei Räusche. Am zweiten Juli, Morgens vier Uhr, nach einer durchschwärmten Nacht, kehrte Arnold Rubler nach dem väter lichen Hause zurück und wollte eben den Hausschlüssel in's Schlüsselloch stecken, als er einen betrunkenen Men- Freund Max Rettig. rief er dem Taumelnden zu. „Du hast ja einen Mordsrausch! Wie bist Du zu dem gekommen?" stammelte der Angeredete, „! —ick) ha —habe ini—mich Heu —heute äh, woll —wollte sa —sagen, ge— gestern ver—lobt! Es ist ein Ver— Verlobungsrausch!" Hausthür und seinem Freunde: „Gu ten Morgen, Max, schlafe wohl!" zu rufend, schlüpfte er in den Flur hin ein und warf die Thür hinter sich zu. Am zehnten Juli rannte Rubler, als er um eine Ecke bog, wieder an am lichten Tage, stechkanonenvoll war. „Mensch, Du hast ja schon wieder einen ganz fürchterlichen Rausch!" rief Rubler. „Wie kamst Du zu dem?" „Hi, hi!" lachte der Betrunkene, ,habe mich Heu —heute glü—glücklich wie—wieder ent—entlobt! Entlo bungsrau—rausch!" Aha. Herr: Nun, Fräulein Mimi, nun sagen Sie mir einmal aus richtig, mögen Sie denn all' diese Lie besgeschichten da so gern leftn?—Jun ge Dame: Ach, lieber noch erlebte :ch sie! Staunenerregenp. Herr (zu seinem Freund): „Du, wds ha ben denn die Nachtwächter mv dem Mann dort vor, daß sie ihn so anstau nen?" „Das ist der Studiofus'Mül ler, den sehen sie zum erstenmale kern!" i