Im WUWiÄWz (16. Fortsetzung.) Die wichtigste dieser Fragen war die: „Wie kommt es, daß Lydia, die von Bernheimer genau unterrichtet zu ivar, und wie kommt es, daß sie mich veranlaßte, in den Verwaltungsrath einzutreten, in einem Augenblick, wo den drohte?" Während er diese That sachen in Verbindung mit alledem brachte, was ihm seit gestern das Ge müth beschwerte, fragte er sich schließ lich, ob er an Lydia nicht eine geheime ruhige Raimond, der sich seit einem Jahre willig von der Hand seines an gebeteten Weibes leiten ließ: des sie! Mit entsetzlicher Kaltblütigkeit er ruhiger Ueberlegung gepaarter Zorn, der am meisten zu fürchtende, begann sein ganzes Nervensystem anzuspan nen. Er begriff noch nicht, wollte noch nicht begreifen, und doch ward es schon ein wenig klarer in dem Wirrsal seiner Gedanken. Aber er wollte nicht hell sehen und schloß die Augen vor dem Lichte, denn er fürchtete sich vor dem, was es ihm zeigen konnte. Vor feinem Haufe angelangt, stieg er vom Pferde, und ohne erst die Klei der zu wechseln, was er sonst nie zu thun unterließ, wandte er sich nach den Räumen seiner Frau. Er trat in den kleinen Salon, wo sich die Gräfin auf zuhalten pflegte: er war leer. 'Rai mond durchschritt den Salon und öff nete die Thüre nach dem Schlafzim mer. Hier faß Lydia vor ihrem Schrei bpult und schrieb. Sie wandte nur leicht den Kopf nach der Seite hin, wo sie das Geräusch vernommen hatte, da sie glaubte, es sei Leila. Aber als sie ihren Gatten erblickte, erhob sie sich hastig, sogar etwas verwirrt und ließ geschickt das Billet, an dem sie eben geschrieben hatte, zwischen die Löschblatter ihrer Mappe verschwinden. Sofort nahmen ihre Züge einen liebenswürdig lächeln den Ausdruck an, da sie es in jenem Moment für nützlich hielt, ihm zu ge fallen, und sie ging ihm entgegen. „Ei, du bist's, und schon gestiefelt und gespornt: Welch angenehme Ueber raschung! Aber was verschafft mir das Vergnügen, dich zu so ungewohnter Stunde bei mir zu sehen?" Die Augen auf die Stelle geheftet, wo dcr angefangene Brief versteckt worden war, stand Raimond unbeweg lich vor der jungen Frau. Sie folgte beunruhigt der Richtung seiner Blicke und verblieb unwillkürlich in ihrer Stellung zwischen ihm und dem Schreibtisch. Es iah aus wie der Be ginn eines Kampfes zwischen den zwei Menschen, von denen der eine stets der Sklave des andern gewesen war. Und die Tyraiiniu, welche die Revolte im Anzug fühlte, hiell sich auf ihrer Hut. „Weißt Du denn nicht, was vor geht?" fragte Raimond mit einer Stimme, der er vergebens Festigkeit zu geben versuchte. „Noch nichts." nach dem Figaro und dem Gaulois, Zeitungen, welche die junge Frau je den Morgen Nach dem Aufstehen zu durchfliegen Pflegte. Er bemerkte sie nirgends. unruhig darüber, „Nun, das Comptoir steht vor dem Zusammensturz.... das ganze Unter-, nehmen ist aufs ernstlichste gefährdet.... s",Wi ist s beide änlich?" feucht wurden. „Es ist eben so. Die Tragweite des Ereignisses mit seinen schweren Folgen monds Augen, und e.- erbebt, Lydia hatte das erste entfchezcudi Wc>rt ge sprochen. Sie verheu-lichte ihm, daß „Irrst Du Dich nicht? Denke erst Nicht bejahen, hieß sich preisgeben. Lydia bestätigte: „Ja. ich weiß es ge wiß." Liaimond preßte die Zähne knir- schend übereinander, trat einen Schri. auf Lydia zu und mit einer Stimme, wie sie die junge Frau noch nie zuvor von ihm vernommen hatte, sagte er: „Gib wohl acht, ehe Du mir antwor test; es handelt sich um ernste Dinge." „Mein Gott!" rief sie aus, indem sie zu lachen versuchte, trotzdem sie von einer eigenthümlichen Angst ergriffen wurde. „Du setzest ja wahrhaftig die Miene eines Untersuchungsrichters auf." „Wiederhole mir, was Dir Bern heimer in den letzten Tagen gesagt hat. Daß man kaufen solle?" „Welch sonderbare Konversation und in welchem Tone!" rief sie aus. „Du bist heute in der That nicht sehr gut gelaunt." „Du willst mir nicht antworten?" Sie sah ihm kokett in die Augen und legte ihm ihre Hände auf die Schul tern. „Küsse mich. Das ist das erste Mal, daß Du es versäumt hast, wenn Du zu mir kommst." Er rührte sich nicht. „Ich warte auf Deine Antwort!" Sie hatte so lange als möglich da stern bei mir war und sich fast mit mir zankte und mich befchwc-r, zu ver kaufen?" „Bernheimer?" „Ja Bernheimer. Er kam direkt von Dir.... und beschwor mich, zu verkau fen.... und Dir hätte er gerathen zu kaufen?... Das wäre eine ganz sonder bare Art zu handeln gewesen Ick werde noch heute eine Auseinander setzung mit Bernheimer herbeiführen." „Du wirst ihn falsch verslauven haben." „Vielleicht doch eher Du!" ..Ich?" „Eins von euch hat betrogen.... eins gelogen.... Wer ist schuldig?.... Wer sollte ein Interesse daran haben, mich zu Grunde zu richten, denn nur dar um kann es sich gehandelt haben. Mein Vermögen, meine Ehre, alles steckt in dem Unternehmen Sollte es Bern heimer sein? Warum? Und wie selt sam wäre es, wenn er mir den guten, rettenden Rath, und Dir den perfi den, verhängnißvollen gegeben hätte! Wer also hat betrogen.... wer gelo gen?" Er hatte sich ihr genähert, berührte sie fast. Skin fahl gewordenes Gesicht sah entsetzlich, wie eine Steinmaske, aus. Er war nicht mehr der, den Ly dia verachtete, den sie bis zur Schwä che nachsichtig und bis zum Wahnsinn großmüthig gefunden hatte und den sie mit der spöttischen Miene dcr sie gessicheren Frau „den armen Mann' genannt hatte. Er brauchte nur eine Handbewegung zu machen.um nach ihr zu greifen, und in namenloser Angst hatte Lydia das Gefühl, daß wenn cr lie anfaßte, cr sie auch niederschmettern würde. Sie vergaß den angefangenen Brief, den Schreibtisch mit seinen of fenen Schubladen, sie vergaß, daß al les, was sie vor ihm verbergen wollte, ihm preisgegeben war. und zog sich »nwültürlich nach dem Kamin zurück. Er folgte ihr, und jetzt mit der Hand auf den Tisch gestützt, an dem sie bei seincm Eintritt geschrieben hatte, wie derholte er drohend,mit einem starren, erbarmungslosen Blick und mit krampfhaft verzogenem Munde: „Wer also hat gelogen und betrogen, Ly dia? Du oder Bernheimer?" „Eine solche Frage wagst Du an mich zu stellen?" schrie die junge Frau angstvoll auf. ..Und Du, wirst Du endlich wagen, darauf zu antworten? Seit einer Vier telstunde gibst Du ausweichende Ant worten. Es ist höchste Zeit, einmal auf richtig zu fein. Willst Du mich zwin gen, auf anderi Weise zu erfahren, was mir zu wissen noth thut?" Er hatte, während er diese Worte hervorstieß, mit den Fingerspitzen die Blätter der Schreibmappe umgeschla gen und hielt jetzt das angefangene Billet in Händen. Sie schrie auf und stürzte sich auf ihn. um es ihm zu entreißen. Er aber streckte seinen Arm nach rückwärts und fragte mit surcht barerKaltblütigkeit: „An wen schriebst Du denn, als ich kam?" Sie warf sich ein zweites Mal auf ihn, und mit katzenartiger Gelenkigkeit versuchte sie, sich des Zettels zu bemäch tigen, indem sie ausrief: „Raimond, gib mir das Papier zurück... Was Du da thust, ist niedrig.... unredlich.... ist feige.... Du hast nicht das Recht, das Billet zu lesen.... ich will es nicht! Wenn Du es liest, ist zwischen mir und Dir alles und sür immer zu Ende." „Das fürchte ich auch." sagte Rai mond mit schrecklicher Ironie, indem er sie heftig zurückstieß. Sie aber ließ sich in möglichst vortheilhafter, reizen der Stellung in einen Fauteuil sinken, und seufzte tief und schmerzlich auf. Raimond begann mit lauter Stimme zu lesen: „Mein geliebter Maurice! Die so gut geladene Mine ist in die Luft geflogen. Das Comptoir ver kracht. Ich muß Dich bald sprechen... Dieses Schaf von Bernheimer...." Raimond las nicht weiter. Einen Schrei der Wuth ausstoßend, stürzte er auf Lydia zu, packte sie an der Schulter und zerrte sie aus ihrem Stuhle auf. Mit erhobenem Arm, als wolle er sie niederschmettern, rief er aus: „Elende Du! Aus welchem Teig Sie hatte noch die Energie, sich ver theidigen zu wollen: „Berurtheile mich nicht, ohne mich gehört zu haben! Er laube mir, Dir-zu erklären!...." „Es handelt sich hier nicht um Er klären, sondern um Eingestehen. Ich will alles wissen.... jener Maurice.... nicht wahr.... ist Roquiere?" Da sie nicht antwortete, schüttelte er sie wuthentbrannt und drücke sie auf die Kniee nieder. «Wie feige! Nicht einmal den Muth zu schweigen hat sie." Ein unmerkliches! morddrohendeZ Lächeln glitt über ihre Lippen. Er sah es aber nicht und dachte nur daran, die ganze, scheußliche Wahrheit zu er fahren. „Und ehemals.... die Geliebte des Italieners in Beaulieu... des Man nes, den ich erschossen habe das warst Du?" Sie preßte die Zähne aufeinander, und frei von jeder Furcht, nur noch von Zorn erfüllt, denn sie war sich ihres Rechtes zu hassen wieder voll bewußt, erwiderte sie fast stolz: „Ja, das war ich!" Welche Qualen er litt, Qualen, die der Scham, Lydia für unschuldig und der Reue, Therese für schuldig gehal ten zu haben, entsprangen! Er sah das stehen, da verwirrten sich seine Sinne, und,mit einem Wuthschrei packte er die Verbrecherin mit seinen zusammenge- Voll Schreck wehrte sie sich, so gut sie daran, s» zu erdrosseln, als die Thüre zum Toilettezimmer aufgerissen wurde und Leila auf der Schwelle erschien. Sie stürzte sich, ohne lange zu überle gen, zwischen Raimond und die junge Frau. Er aber stieß sie mit einer ein des Thier und trotz ihrer Negerhaul fast weiß vor Erregung, ein "langes Stilett, das in einer sammtenen Scheie Ideal bedrohte. Das brachte ihn zu sich selbst. Er schämte sich seines Jähzorns und ließ von der jungen Frau ab. Dann drehte er sich nach der Mulattin um, welche die Dolchspitze gegen ihn gerichtet hielt, wand ihr die Waffe aus der Hand, packte sie im Nacken und schmiß sie, als wäre sie ein lebloses Bündel Kleider, zur Thüre hinaus. Dann kehrte er zu der jungen Frau zurück, die Miene machte zu entfliehen; aber mit einem strengen Blick bannte er sie auf ihrem Platze fest. Sie hatte Zeit zum Nach denken gefunden und bei dem Gedan ken an die unendliche Liebe, die Rai die aufzuführen, um sich womöglich ohne weitere Gefährdung aus der schrecklichen Unterredung herauszu sank vor ihm auf die Kniee, haschte nach seiner Hand und stöhnte: „O. Raimond!" „Ich hatte Angst vor Deiner Ver zweiflung und Deinem Zorn. Du kamst damals drohend, vom Blute des Andern geröthet zu uns. Da hatte ich „Sie klagte sich selbst an!" „Um Dich zu vertheidigen, Dich zu schützen, um auf Kosten ihrer eigenen Reinheit Dich Weiß zu waschen.... und dieses unsagbare Opfer hat Dir nicht warst, die all diese Demüthigungen verdient hätte.... Nicht ein einziges Mal drängte sich Dir die Wahrheit über die lich!" Lydia zuckte die Achseln: „Aufopfe rung gehört ja mit zu Thereses Be liche Falschheit war mir zuwider! Sei zynisch! Zeige Dich so verderbt, als Du bist! O, mein Gott! Ich kann Dich hen, um mich vor mich selbst zu recht fertigen, daß ich mich so von Dir zum Narren halten ließ!" sen, daß sie den Fehltritt begangen ha be. Gut!... Warum aber hast Du mich geheirathet, wenn e» Dir so leicht ge diese rasfinirte Gemeinheit?" Lydia schien zu wachsen, so hoch rich tete sie sich auf. Ueber ihre Züge legte wortete sie: „Warum? Du fragst mich. Warum ich Dich geheirathet habe. Weil ich Dich haßte und die Ehe mit Dir das sicherste Mittel war, mich an Dir zu rächen! Weil Deine blinde, dumme Liebe das Leid, das ich Dir zuzufügen geschworen hatte, um das zehnfache vermehren sollte. Du willst, daß ich mich Dir offen zeige, wie ich bin. Gut, so sieh mich an, wie ich hier vor Dir stehe. Glaubtest Du, ungestraft den Glaubtest Du, daß fein Blut fließen träglich Du mir warst! Wenn ich nicht gesehen hätte, wie meine eisige Kälte Dich quälte, würde es mir unmöglich halten. Dafür mußte ich wenigstens die Gewißheit haben, Dir all diesen Ekel in einer einzigen Stunde vergel ten zu können. Diese Stunde ist gekom men. Alles was ich ersann, um meine Rache zu befriedigen, ist in Erfüllung gegangen. Ich habe Dich pekuniär rui nirt, habe Deine Ehre befleckt, Dich ver rathen und an den Abgrund gestoßen. Ich glaube, der Mord meines Gelieb ten ist damit bezahlt. Du hast nicht ungestraft jenen so stolzen, so schönen, so edlen Mann, den ich anbetete und der mich ohne Dein Dazwischentreten geheirathet hätte, hingemordet. Ich ha be Dir Leid mit Leid, Thränen mit Thränen, Schande mit Schande ver- Ploerne hatte diesen Gift und Galle speienden Wortschwall mit keiner Silbe unterbrochen. Er schaute Lydia an, wie sie mit wuthverzerrten Zügen, fah len Lippen und flimmernden Augen vor ihm stand, und bei dem Anblick dieses Wesens, das in nichts mehr dem Weibe glich, das er geliebt hatte, er faßte ihn eine maßlose Traurigkeit, und sein Zorn wich der Verachtung. Kalt sagte er: „Du irrst Dich! Wir sind nicht quilt, denn Du gibst Dich Il lusionen über den moralischen Werth dessen hin, den Du rächen zu müssen glaubst... über den Werth jenes so schö nen, so stolzen, so edlen Mannes! Wenn Du meinst, daß cr der Vergel kl-nl-, zwischen zwei Zigarreii sein Abenteuer zum Besten gab, und nicht anders, als handle es sich um eine chen Nächte im Garten beim Monden schein... Und die Schilderung war so genau und Leila so gut darin zu kennen, daß ich vor Wuth und Schmerz fast außer mir gerieth... Es handelte sich dabei nicht um meine Liebe, son dern um Deine Ehre. Ich b'tte Dich, dies wohl zu verstehen! Konnte ich doch nicht wissen, ob er sich in seiner Frech heit nicht auch noch zur Nennung ei nes Namens würde hinreißen lassen, so daß Deine Schande offenkundig ge worden wäre.... O, warum habe ich ihn nicht zu Ende erzählen, warum ihn nicht feine Mitschuldige unzwei deutig bezeichnen lassen! Wieviel Un glück hätte ich mir erspart! Aber ich war zu empört, um Geduld zu haben... Ich unterbrach ihn, beschimpfte ihn, schlug ilm. den Feigling, der, nachdem er ein Mädchen kompromittirt hatte, seine Worte zuriicknabm, stammelte, zitterte und mit dem kalten Angst schweiß auf der Stirne...." „Du lügst!" schrie ihm Lydia ent gegen. „Du weißt, daß man Dir Deine schandliche Lüge nicht mehr beweisen kann, und das gibt Dir den Muth da zu!" „Du irrst.... Ein Beweis für das, was ich Dir fage, existirt wohl, und der Todte selbst soll ihn Dir liefern... So, also einen systematischen Rache plan hast Du auf der Achtung und Liebe aufgebaut, die Dir dieser auf der Straße aufgelefeneGlücksritter ein flößte.... Lerne ihn jetzt ein wenig bes ser kennen.... Der schöne Mädcheniäger war, wie Nachforschungen ergeben ha ben, ein aus seinem Lande ausgewiese ner Jndustrieritter, der vom Spiele und zweifellos von der Spionage leb te, eine schmutzige Persönlichkeit, ein Mensch, der, nachdem er ein Mädchen auf's Schändlichste kompromittirt hat te, zurücknahm, was er egfagt hatte, und niederschrieb, daß er geprahlt und gelogen habe.... und dies alles unter zeichnete er mit seinem edlen Na men...." „Den Beweis! Den Beweis!" unter brach ihn Lydia empört. „Er hat mich seit einem Jahr nicht verlassen, dieses Beweis, denn er ist die Berurtheilung des Elenden und meine Rechtfertigung." i Raimond fuchte aus feiner Brief- lasche ein Blatt Papier hervor, entfal tete es und reichte es der jungen Frau hin: „Du willst bis auf den Grund dieses Schmutzpfühls steigen! So thut es denn!" Mit zitternden Händen, starren Blicken und fast grün gewordener Ge sichtsfarbe griff sie nach der Erllärung, die der Italiener damals vor dem Duell abgegeben hatte. Zweimal durch flog sie die Zeilen, und dann drang ein Stöhnen gedemllthigten Stolzes aus ihrer Brust; das ganze Gebäude ihrer Räche stürzte zusammen und begrub sie unter den Trümmern. Raimond ging unschuldig und edel hervor, und der Todte.... o, der Todte!... Es war besser, diese Erinnerung zu verscheu chen, so erniedrigend, so furchtbar war sie jetzt geworden! Lydia trat auf ihren Gatten zu und mit gebrochener Stim me schluchzte sie: „Ich bin eine Unglück selige! Alles was ich geplant und aus geführt habe, ist verabscheuungswiir dig. Ich verzweifle daran, je meine Schuld sühnen zu können. Aber so schrecklich meine Handlungsweise auch war, Du siehst, daß ich Milderungs gründe zu haben glaubte.... Dein Mit leid rufe ich nicht an.». Ich habe Dich verkannt, geopfert, tödtlich beleidigt.... Ich verlange nur noch von Dir, daß Du mich, soweit es noch in meiner Macht liegt, wieder gut machen läßt, was ich verbrochen habe." „Und wie sollte dies geschehen?" „Die Spekulation, die Dich ruinirt, bereichert mich. Ich habe über eine Mil lion gewonnen. Nimm sie von mir an und bezahle damit, was Du schuldest." „Unmöglich. Ich bin ruinirt, durch Dich ruinirt, und das gefällt mir so!" ..Wenigstens.... o, laß mich dies von Dir erflehen, vergiß den Namen dessen, an den ich schrieb... Maurice de Ro quiere...." Er sah ihr mit einem kalt verächt lichen Blick in die Augen. „Das kann Dich nicht berühren, da es eine Ehrensache ist." „Ja, ich bin eine Unwürdige, aber ich habe meinen Mitschuldigen zu gut gewählt! er ist ein sehr gefährlicher Gegner. Ich bitte Dich!... ob ich die Seine war oder nicht, ist doch gleich, nach dem, was Du jetzt weißt!" „Für Dich allerdings, aber nicht für mich. Ich habe den Ersten getödtet Ich werde versuchen, auch den Zweiten zu tödten!" „Unglücklicher, er wird Dich tödten!" „Das ist meine Sache." „Schone Dein Leben!" Raimond fuhr auf: „Für wen?" „Für Therese, die nie aufgehört hat. Mit drohender Stimme sagte er: „Ich verbiete Dir, den Namen dieses edlen, reinen und großmüthigen Mäd chens zu nennen; er wird durch Dich besudelt!" Sie schwieg gedemüthigt. Nach ei ner kleinen Pause fragte sie: „Was be fiehlst Du mir?" „Daß Du mich von Deiner Gegen wart befreist," erwiderte er fast tonlos. Sie rang die Hände in verzweifel ter Resignation und sagte leise: „Dann weiß ich, was mir zu thun übrig bleibt." Sie warf einen letzten Blick auf Raimond, der stumm und unerbittlich vor ihr stand, und als sie sah, daß von ihm nichts mehr zu erhoffen war, entfernte sie sich durch die Thüre zu ihrem Toilettezimmer. Er verharrte lange auf derselben Stelle und horch te nach den Geräuschen hin, die un deutlich aus dem Raume neben ihm auflodernden Flamme gleich, durch fuhr es sein müdes Gehirn und rüt telte ihn auf. Lydias letzte Worte: „Dann weiß ich, was mir zu thun übrig bleibt", gewannen plötzlich eine furchtbare Bedeutung. In blitzschneller Bision sah er jenseits der Wand, die sie von ihm trennte, die junge Frau Mit schreckensstarren Blicken schzu standen weit auf. Sogar eine eiserne Kassette, in der Lydia ihre Werthpa piere und Schmucksachen aufzubewah die Thür, die nach der Dienerfchafts treppe führte, mußte eben geöffnet worden sein, denn die Portiere beweg te sich noch vom Luftzug. Vielleicht war die junge Frau noch nicht einmal bis auf die Straße gelangt. Raimonds Lippen kräuselten sich zu einem bitter-schmerzlichen Lächeln: „Und ich konnte glauben, daß sie sich das Leben nehmen wollte," sagte er Flucht dachte... Die ist drokiend von seinen Lippen: ~Der Ge liebte soll mir für beide büßen!" Zehntes Kapitel. Im Arbeitskabinet ihres Schwie gersohnes stand Madame de Saint- Maurice am Fenster. Sie war so er- > regt, daß sie trotz der langen Stun deu an kein Sitzen dachte und keine Müdigkeit verspürte. Angstvoll war tete sie auf Ploernes Rückkehr. Sie weinte; aber es kam ihr aar nicht mehr in den Sinn, ihr alle! j Klagelied anzustimmen. Ihre kleinli chen Sorgen waren verflogen, waren einem wirkliche», grausamen Kummer gewichen. Das unwürdige Betragen ihrer Tochter war ihr kein Geheimniß mehr, und sie wußte, daß Lydia fort gegangen war, ohne daran zu denken, ihr Lebewohl zu sagen; zwei Tage war dies schon her, und noch hatte sie weder Brief noch Depesche erlplten, nicht eine einzige Zeile, die ihr hätte Aufschluß über das Verbleiben der Entflohenen geben können. Leila be gleitete sie zwar; Ivohin ak:r hattei» war, herrschte jetzt Grabesstille Schon am frühesten Morgen hatte Bernheimer den Grafen abgeholt, dem er mit dem Frau hatte kein Wort der Entschuldi ter gefunden. Sie hatte nur weinen können und hatte ihr ganzes Vermö gen zur Ordnung der finanziellen Schwierigkeiten angeboten. Darüber jedoch konnte Samuel sie rasch beruhi gen, denn schon seit fünf Tagen hatte er, ohne Lydias Gatten davon zu sprechen, eine starke Gegenposition ein gegangen und sich in Comptoiraktien ü, I» bnisse engagirt. Alles, was Rai mond auf der einen Seite verlor, ge wann er auf der andern wieder. Bern heimer, der Millionen hätte verdienen können, wenn er gegen das Unterneh men, dessen Direktor er gewesen war, hätte speluliren wollen, hatte für' sich eine sehr anerkennenswerthe Neutrali tät bewahrt. Aber was für seine Per son zu thun er sich öffentlich geweigert hatte, hatte er auf Raimonds Rech nung unternommen, und mit einer Kühnheit, die an seine Glanzzeit er innerte, hatte er die umfangreichsten Aufträge ertheilt. so schwer geschädigt hatte, sein gan zes Unglück offenbarte, erbebte der alte Skeptiker bis in sein tiefstes In nere. Er fühlte, daß er noch Skrupel zu empfinden imstande war, und mit Trauer und Freude zugleich hatte er angesichts dieser Katastrophe entdeckt, daß in seinem Herzen noch nicht al les erstorben war und sein Gewissen sich noch regte. Mit einem Feuereifer und einer Festigkeit, die ihresgleichen suchte, hatte er sich Raimond zur Ver fügung gestellt und ihm versprochen, seine geschäftlichen Angelegenheiten zu ordnen, wodurch er dem Unglücklichen die Ruhe ermöglichte, deren er so drin gend bedurfte, um seine Ehre zu ret ten. Denn die Begegnung mit Ro quiere, die er energisch verlangte, drohte ausnahmsweise ernst zu wer den. Der junge, in allen Leibesübungen so gewandte Mann war mit der Pistole in der Hand ein ebenso gefährlicher Gegner, wie mit dem Degen. Seine Zeugen hatten alles aufgeboten, soweit es sich mit ihren Pflichten vereinbaren ließ, daß der Degen gewählt würde. Sie wußten, daß ihr Freund den Gra fen gern geschont hätte, was bei Pisto len unmöglich war, da mußte er sich rücksichtslos seiner Haut wehren. Aber Bernheimer und der Admiral Regnaud, hatten strenge Instruktionen erhalten. Die von Raimond geforderte Waffe war die gezogene Pistole, und die Di stanz war auf fünfundzwanzig Schrit te festgesetzt, mit der ausdrücklichen Bedingung, daß jeder der Duellanten fünf Schritte vorgehen dürfe. Diese Abmachungen waren derart rigoros, daß Roquieres Sekundanten erst mit dem Marquis darüber berathen woll ten. Aber Roquiere war auf alles ein gegangen. Er sprach sich das Recht ab, die Erhöhung de,r Gefahr, die sein Gegner absichtlich herbeizuführen wünfchle, zurückzuweisen, doch fühlte er sich tief traurig bei dem Zwang, der ihm dadurch auferlegt wurde, Rai mond ernstlich zu verwunden. Was Ploerne anbetraf, so war, wie damals in Toulon, seine Rachgier so groß, daß er die feste Ueberzeugung hegte, er wer de Roquiere niederschießen. Vielleicht würde er ebenfalls in dem Zweikampfe fallen: um so besser dann! Er litt so furchtbar, daß ihm der Tod Erlösung schien. Das Duell sollte um zehn Uhr Morgens in Billancourt auf eine- Pri vatbesitzung stattfinden. Hinter den Fensterscheiben, die Blicke starr auf die Straße gerichtet, stand Madame de Saint Maurice noch im mer. Wahrhaft mütterliche Beforguiß und Angst benahm ihr fast den Athem, während sie auf Raimonds Rückkehr wartete. Die Kaminuhr schlug eben halb zwölf Uhr. Seit min destens einer Stunde mußte das Duell beendet sein, und Billancourt war nicht so weit entfernt, daß man nicht im Wagen in dreiviertel Stunden hätte zurück sein können. Was ging vor? Was war geschehen? Sollte sich zu ih rem Kummer über Lydias Flucht auch noch der Schmerz über Raimonds tra gisches Ende gesellen müssen? War er Nur verwundet? Hatte man davon ab sehen müssen, ihn zu transportiren. und mußte sie vielleicht in ein fremdes Hau! eilen, um ihn ohne Bewußtsein und in seinem Blute schwimmend vor zufinden? Und vor Angst und Pein fast vergehend, vergaß Madame de Saint-Maurice ihre Müdigkeit und ihre Leiden, um nur noch Gedanken für die Gefahren zu haben, denen der, den sie wie einen Sohn liebte, ausge« setzt war. (Fortsetzung folgt.) Zur Sic Kua,e. Lebersuppe. Man nimmt ein halbes Pfund frische Leber, schneidet dieselbe in sebr dünne Scheiben, wen det sie in Mehl und brät sie mit zwei zerschnittenen Zwiebeln nebst etwas Petersilie und Suppenwurzeln in brauner Butter rasch ab, füllt zwei Quart kochendes Wasser daran, rührt die Leber beim Kochen oft um, fügt noch einige Pfefferkörner und das nöthige Salz hinzu, gibt die Suppe, sobald die Leberftückchen gehörig zer kocht sind, durch ein Sieb und zieht dieselbe mit 2 Eidotter ab. Aal - Bastion. Ein mittelgr»- Ber Aal wird aufgeschnitten, das Rückgrat behutsam herausgelöst und nun mit einer beliebigen pikanten Farce gefüllt. Man näht ihn zu, bin det ihn in ein reines Musselintuch und kocht ihn langsam in Wasser mit viel Wurzelwerk, Gewürz und etwas Essig weich, worauf man ihn erkalten läßt. Zu gleicher Zeil hat man aus Fleifch extract mit Wasser, Wein, etwasEssig, Gewürz und Gelatine ein kräftiges Aspik bereitet, mit dem man den in Stücke geschnittenen Aal überzieht. Reis wird in Salzwasser weich gekocht, zerstampft und in eine viereckige oder runde Form gedrückt. Nach dem Er kalten stürzt man den Reissockel auf eiNe passende Schüssel, bestreicht ihn rings mit Kräuterbutter, arrangirt die Aalstücke zierlich auf dem Sockel und überstreut dasGericht mit gewieg tem, verschieden gefärbtem Aspik. Äalantine von Kalb fleisch. Man nimmt dazu ein Schulterstück, befreit es von allen Knochen und bereitet dann aus Kalb fleisch mit Speck, gekochtem Schinlen, einigen gehackten Trüffelscheiben, Ei ern, Sahne, Salz, Gewürz und ge weichter Semmel eine Farce, mit deren Hälfte man die Innenseite des Fleisch stückes einen Zoll dick bestreicht. Dann belegt man die Farce mit Trüffel-, Schinken-, Speck- und Zungenscheiben, streicht die übrige Farce darüber und rollt das Fleisch fest zusammen, näht es zu, umschnürt es mit Bindfaden und bindet es in eine Serviette. In halb Bouillon, halb Weißwein mit Gewürz, Wurzelwerk und Kräutern dünstet man die Galantine nebst den ausgelösten Knochen langsam weich. Man läßt sie in der Brühe erkalten» preßt sie, schneidet sie in Scheiben und garnirt sie mit der Gallerte, die sich aus der Brühe bildet und die man da her vorher klären muß. Gedämpfte Enten mid Kapern. Die Enten werden aus genommen, gereinigt, gesengt (über Papierflamme), reibt sie außen und innen mit.ettyas Salz ein und dämpft stein Butter gelb. Dann legt man sie in ein anderes Geschirr,.gießt heiße Fleischbrühe, ein Glas Wein, will man sie sauer haben, auch ein wenig Essig dazu, thut Eitronenschale, einige ganze Zwiebeln, Pfeffer, Nelken und Mus katblüthe daran und läßt sie so bis eine halbe Stunde vor dem Anrichten dünsten. Dann röstet man (für 2 Enten 3 Löffel) Mehl braun, rührt es mit der Entenbrühe an, gibt 3 Löf fel Kapern hinein und läßt Alles zu sammen durchziehen. Beim Anrichten bestreut man sie mit feingehackter Ci tronenschale. GediimpsterHa.se-, Der Hase wird zugerichtet, gespickt, in die Beize gelegt und zugesetzt, indem man noch Fleischbrühe und ein Gläschen Wein beifügt und den Hafen weich dämpft, welchen man nun herausnimmt und auf die Seite stellt. Dann wird ein kleines braunes Einbrenn gemacht, mit Fleischbrühe aufgefüllt, in die Sauce hineingerührt, diese nochmals aufge kocht und schließlich durch ein Haarsieb getrieben. Der Hase wird in passende Stücke geschnitten, die Sauce darüber gegossen und mit Kartosfelklößen oder Kartoffelnudeln und Sauerkraut zu Tische getragen. Punschßoyal. Zu- einem hal ben Pint Wasser, worin man einen Theelöffel feinen Thee hat ziehen las sen, gibt man den Saft von sechs bis acht Stück Citronen und ungefähr 1j bis zwei Pfund geschlagenen Zucker und läßt denselben darin zergehen. Nachdem dies geschehen, gießt man eine Flasche Burgunder, eine Flasche Champagner, eine Flasche Rheinwein, eine Flasche Marasquin und eine Flasche Arak hinzu und rührt Alles mit einem Holzlöffel gehörig um. Hierauf läßt man den nun fertigen Punsch noch eine Weile an einer hei ßen Stelle ziehen. Obige Quantität eine größere Gesellschaft be — Das erlösend,« Wort. Sie (zu ihrem sehr wankend heimkeh renden Gatten): Schäme Dich wie der in einem solchen Zustande und noch dazu am frühen Morgen. (Auf den Kaffeetisch zeigende) Sieh ich habe schon getrunken! Er: Auch ge trunken? Gott sei Dank! nun kann sie doch nichts- mehr sagen dem» nun war ich's ja nicht allein! In Familien - Angele genheiten. Amtmann: Herr Schultheiß, Sie sind um 9 Ul»r Vor mittags vorgeladen und jetzi ist eS Kachmittag 2 Uhr, aus welchem Grunde haben Sie den Termin ver säumt? Schitktheiß? Ich mußte m Familienangelegenheiten in die Stadt. Amtmann: Und welcher Art waren diejeFamilienangelegenheiten? Schult heiß: Herr Amtmann, ich mußte Fer tign taufen! Das vorsichtige Carl» ch cn. Karlchen (mit seinen fünf Geschwistern beim Spazierengehen ei- Jesses, Papa, dreh' Dich schnell um; sonst wenn Dich der Storch sieht.fällt'S ihm am Ende' ein, miaWviedcr eilt Lrüdercheo »u blinoui! 3