6 Ser Christabend beim Klein- Häusler. Bon Carl Wolf. M O mei, o mei, wie's döcht oft mit „Ja, ja, Mutfchlechnerin," entgeg nete die alte Weberin, „da kann man kamal sehen, wo der Hochmuth hin führt. Schaut's, immerling hab i's g'sagt, so eine Sach geht nit, hab i g'sagt, sie geht nit. Wer mit seines Vaters Dach nit zufrieden ist, der ha! kern Segn, hab i gsagt. Bauen, mei s«ll ist schon recht. A Dach ausflicken, Wenn's einem einerregnen thut, 's zammennageln, oder in Rcmchmantel in der Kuchl ausbessern, wertn d«r Verwurf fortfallt, alles recht! An n«uen Brunnentrog, auf'n Back ofen a neus Ueberdach, das sein Sa chen, die sein müssen, hab i gsagt. Aber seines Vaters Haus grad gleimfort niederreißen, und die schön' Gmaleter, die drauf gwest sein, der heiligt Florian!, den sie schon amal recht erzürnen mit der talgeten Feuer wehr, und in Martini, den sie a amal recht erzürnen mit der Vieh-Assekuri und übern untern Dach fensttr ein Aug Gottes mit an goldgel ben Schern, grad olles so zammenrei ßen, hab i gsagt, na Leut, hab i gsagt, das nimmt kein gutes End." suchte das alte Mutschlechner Miitter leiu d«n Redefluß d«r Weberin zu un terbrechen. „Verstorbenen Leuten? Meinetwe g«n red i von den Lebendigen. Di« Hofrecht-Christlist a nit besser gwes-n als ihr Voter, Gott tröst ihm. A hausgwirkter Kittlist ihr alm zu min der gwest und der Kramer weiß schun, warum «r vor ihr all«weil sölli a Bu ckerle gmacht hat beim Grüßen. Daß i nit lach, a Buckerle vor an Bauern diendl! Pfui Teufl, Gott verzeih mir die Sünd. Wer weiß, ob nit die stolze Diern Ken Alten so «inigehetzt hat ins Bauen und Verschwenden —" „Grüß Gott, Mutterle," tönte es nun von der Thüre her, in deren Rah men ein junger, kräftiger Bursch« stand. Dann macht« «r einige Schritte in das Stübchen und schaute finsteren Auges auf die alte Weberin, die mit wackeln dem Kinn 'dasaß. „Habt's nit bemerkt, Weberin, daß ich die Thür offen 'lassen hab?" Verwundert schaute das böse Weib, deren liebste Beschäftigung es war, den Leuten Uebles nachzureden, zu dem Burschen auf. „Die Thür hab i offen 'lassen und selb ist immerling a Zeichen, daß Je mand einer soll oder außi. Draußen ist Niemand und daherinnen sein drei Leut. Zwei, die einer gehören und für's dritte wär die Thür offen." Brummend und' murrend schlürfte die Alte zur Thür und tupfte dort mit dem Zeigefinger in das Weihbrimn kriiglein. „A schier eintrocknet, der heilige ,Weihbrunn," höhnte sie, um sich für die Ausweisung zu rächen. „Genug ist drinnen, um so ein«n nichtsnutzigen Drachen zu vertreiben," sagte zornig der Bursche und schmet terte die Stubenthür zu hinter der Alten. „Aber mei, Hans, wie kannst lei so arg bös sein mit der Weberin, 's ist wahr, sie ist voller Gift und voller 's ist ein altes Leut, mußt Fast liebkosend strich Hans mit sei ner rauhen, abgearbeiteten Hand über den Scheitel seines alten Mütterleins und s«tzt« sich neben sie an den runden Tisch. Es war ein kleines, ganz ausgetä feltes Stübchen mit «in«m gemauerten Ofen. Ringsum an der Wand lief «in« Bank und in «ntspr«chender Höhe «ine Stellage, auf welcher allerlei Sa chen standen: alte Zinntannen und Teller, Flaschen mit allerlei anges«tzt«n Heilkräutern, einig« alte Legenden und Bücher. An den Wänden herum hin >»«n kleine, bunt« Heiligenbilder und in hinter dem runden Tisch -in von der Wand, in allerlei Flitter hatte das Mut- und an der geblieben war beim alkn Weberin, ihren Na gelegt. Mutterl, eben zwegen daß sie alt ist, kann i ihr nit ver leihen, daß sie so voller Gift ist; un? dann sell sag' i schon glei: wer über den Hofrecht und die Christel losziehen thut, den kann i schon einmal zg: nim mer leiden." .Ist rechtschaffen bray/von Dir, Hans, daß Deinen Feintleii gar Gutes nachr«d«n thust." / „Na. na. sei nur,M." fuhr die alte Art. «,ls Hans abweh reden wollte, „sei lei rein gar nichts nach. Di gar so herb abgwie weiß, ob die Thri» stel so an. Mann bekummt, wie Du einer gworden wärst." „Aber Mutterl, was redst denn! Zehn für ein!" „Na, na, da laß i mi nix einreden. Wer Vater und Mutter ehrt, der bringt a Ausstattung mit in die Ehe, wie sie der reichste Bauer nit mitgeben kann. Der Elternsegen, Hans, der hat golden Boden, aus dem wachst a de mantener Baum und der tragt Glücks äpfel und Zufriedenheüsbirnen. Das sein Edelsrücht, wie's keine bessern gibt auf der Welt. Aber sag, was hast denn erfahren in der Stadt? Erzähl amal." „Mei, traurig schaut's aus, recht traurig," sagte Hans und trommelte mit den Fing«rn auf d«m Tisch. „Solang d«r alte Hofrecht glebt hat, so ist alleweil noch a Vertrauen dagwe sen auf di« Wirthschaft. Er hat's recht den, daß man nie recht gwußt hat, wie er steht und wie's ihm geht. Aber jetzt hat er die Augen zugmaht, Tochter da ist, di« Christl, hat der Notar freili die Rechnung zusammen stellen müssen. Und was a Schätzung werth is? Mei, nit 's Drittel, was und am zweiundzwanzigsten Dezember wird erst die Fahrnis und nachher 's Anwesen versteigert." „Armes Diendl," sagte das alte Mutterl« und trocknete sich mit der knochigen Hand die Augen. „Ja freili! Armes Diendl, dös sag !a. Die Christlist die uneben«», stei nigen Weg nit gwohnt, und wer von der guten, glatten Straß auf einmal in die Bergweg einilummt, gschafft nit un is ungschickt." „Vergiß nit auf'n Schutzengel, Hans," eiferte die Mutter. „Unser lie ber Herrgott verlaßt kein Menschen auf der Welt und geht's ihm noch so schlecht." Trübe schaute der Bursche oor sich nieder. „Dös ist hart, Mutter, wenn man sein Herzblut hingeben möcht für an M«nsch«n, wenn man a Diendl gern hat unk zuschauen muß, wi« sie an traurigen und schweren Leben entge gengeht. Wenn man still sein muß zu all die Reden von die Leut, still, mäu serlstill, weil man's nit ändern kann, so was zu tragen ist recht hart." Da stand das Mutterl auf und nahm den Stock, welcher hinter ihr an der Wand lehnte und humpelte zur Kammerthür. Dort war in einer Ecke ein« Art Hausaltar errichtet. Das Bild der schmerzhaften Mutter Gottes mit Blumen geziert, wie sie bei Hochzeiten getragen werden. Da kniete das Mutterl nieder, so sauer es ihr wurde und faltete die Händ«. „Schau, Du liebe, schmerzhafte Mutter Gottes, da wäre halt wieder a Menschenkind, das sich nimm«r auskrn nen will vor Schmerz und Kummer. Da wirst halt Du wieder helfen müs sen, denn wir arme Menschen sein alle weil noch viel zu ungfiigig, und wenn uns a biß! was in Quer kommt, mei nen wir. es sei schon alles gar aus der Weis'. Und halt recht weh, Himmelsinutter. thut's den jungen Leutnen, ivenn's Herz mit im Gspiel ist, schon recht weh. Und wenn a Mutter siir's lieb eigne Kind bettelt, da schenkst uns schon Dein Hilf. I bitt Di recht schön." Der jung« Bursch war an eines de: kl«in«n Fenster getreten, stützte di« Stirn« auf sein« Fäuste und die Thrä nen tropften über sein« Wang«n. Da kam das alt« Mutterl heran und strich mit ihrer zitternd«» Hand l«is« über die Schulter ihres Sohnes. »Ja, Hans, die zwei Quellen, die den Augen entspringen, wenn die offen sein, sell ist heilsam. Dös Wasserl » « « Der alte Hofrecht, im Herbste hatten sie ihn begraben, war ein stolzerßouer. noch viel mehr. Ober dem Thore des alten Hauses war ein Schild gemalt, ein weißes Feld mit einem rothen Querbalken. Mitten in diesemSchllde war eine Gemse, wie sie auf der Wacke steht. Zur Zeit Fnedels mit der leeren Tasche war dieses Wappen d«n Hos rcchtern auf dem Goldegghofe verliehen worden, w«il der damalige Bauer be sonders wachsam war zum Schutze des Landesherrn, der mit dem Papste Jo trieb« d«s Adelsbundes vom König Heinrich seiner Herrschaft einsetzt und in Acht g«than wurde. Die treuen Tiroler Bauern aber hielten fest zu ihrem geliebten Herzog Friedl, und ihnen verdankte er es, daß er wieder der Herrscher des Landes wurde. Die Bischer des Goldegger Hofes litten all- an großem meisten aber der letzte Bauer. TtiZ Anwesen hatte durch die vielen 'chlech ten Weinjahre sehr gelitten und der Auer verstand nicht zu wirthschaften. .Neue Anlagen an Feldern, der Umbau seines Hauses, sowie auch sein proyen hastes Auftreten verschlangen Unsum men Geldes. Und je mehr der stolze Bauer merltc, daß man schon da und dort über se'>:e Verhältnisse zu munkeln begann, desto freigebiger war er mit d«m Gelde so lange er noch solches hatte. Im Sommer erkrankte er plötzlich, und in seiner Krankenstub« ging nicht nur der Arzt ein und aus, sondern auch d«r Gerichtsdiener mit allerlei Schrif ten, welch« der Bauer immer sorgfältig im Wandkästlein am Kopfende feines Bettes einschloß. An seinem Bette saß seine einzig« Tochter Christl, eine liebevolle Pflege rin, aber auch die Sorg«, und wenn in bangen Nächten die Augen sich schließen wollten zu kurz«m Schlum m«r,da stulpfte die Sorg« den Kranken: „He Bauer, Goldegger, die Fuchsen spann noch amal ein, bevor man sie verst«ig«rt und fahr um im Dorf, daß Di zeigen kannst, abgehauster Bauer!" Eines Tages war im F«iertagsge wande d«r Mutschlechner Hans oor dem Bauer erschienen. „Es ist eine selbsteigene SaH, in der i heut kumm und thu -der Bauer nur nit bös werden. I weiß ja, daß 's Mutschlechner Anwesen mt zu rechnen ist gegen den Goldegger Hof. Wir sein halt lei Kleinhäusler, drei Küh und zwei Schweinlen und halt a Hennen haben wir schon. W«in machen wir fünfzig Jhrn in guten Jahren. Erd äpfel und Fisolen brauchen wir nit zu Und 's Gütlist ausgezahlt, kein Kreuzer sein wir drauf schuldig!" „Nachher?" So sagte d«r Bauer kurz, als Hans in seiner Rede stockte. „Die Christl und halt i hätten uns germ" s d zu und schaute di« Straße hinunter. „Ja, richtig, die Karrner (herumzie hende Leute mit einem zweirädrig«?! Karren, in d«m sie schlafen) sein noch drunt unterm Nußbaum. Schau,schau, die Karrner Tochter heißt a Christl, wie mei Diendl? Und die willst a!s Bäurin aufführn aufn Hof? Recht schön von Dir, Mutschlechner Hans. So a armes Wesen, das sei Lebzeit alleweil auf der Straße herumgelegen ist, werd recht dankbar sein. Ja, ja, gleich und gleich gsellt sich." Da war d«r Bursche bleich geworden bis in die Lippen und ohne ein Wort der Entgegnung auf die Schmach, die man ihm angethan, hinausgegangen. In der Kammer dan«btn aber lag Christl, die reiche Bauerntochter, aus den Knieen, hüllte ihr Gesicht i» die Schürze und weinte bitterlich. „O mei lieber, mei armer Hans, auf den Knieen möcht i Dir die Schmach und die Schand abbitten, welche Dir m«i Bater angethan hat." Weihnachten war in's Land gekom men. Die Berge waren tief herab mit Schn«e bedeckt und blau schimmerte daö Eis von d«n Firnen. In der »Zbene aber hatte die südliche Sonne den Schnee fortgeküßt und die vielen, im mergrünen Gesträuche und der an allen Felstn und Mauern wuchernde Epheu gab d«r Landschaft fast das Ansehen, als nahe der Frühling. Nicht selten findet man in der Um gebung von Meran noch im Dezember Rosen, die im Freien blühen, Osterblu m«n und Veilchen an den Mauern d«r nach Süden gelegenen Weingelände. Auf dem Friedhofe von St. Peter, weit schaut man von demselben hin unter in das gesegnete Etschthal, lag«n zwei Gräber dicht n«ben einander. Je des Grab zierte ein schmiedeeisernes Kreuz. Auf d«m einfachen, schlichten Kreuze stand: „Hier ruht der ehrsame Bauer Georg Mutschlechner, gestorben am.. und auf dem zweiten, dessen Laubwerk reich vergoldet war und wo an einem Halter ein kunstvoll gearbeiteter,kupfer ner Weihbrunnkessel hizg, stand: „Hier ruht in Gott die vielgeachtete, ehr- lind tugendreiche Anna Hoftechtin, Groß bäuerin auf dem Goldegghofe, gestor ben " lhr folgte „Joses Hofrecht, Goldegz- Der Zufall hatte den stolz«n Gold «gg«r neben den schlichten Mulfchlech ii«r Bauer gebettet. Nun waren sie alle zwei Kleinhäusler. Am Grabe des Gold«gger kniete Christl und war emsig beschäftigt, das selbe mit einigen frischen Blumen und mit Epheulaub zu schmücken; auch aus dem Grabe daneben, auf dem Grabe des armen Kleinbau«rn lag »in frisches Sträußchen. Da kam Hans, den- Hut in der Hand. geschritten, bückte sich am Grab- seines Vaters, um mit einem Rosmarinzweig lein, welches in dem Weihbrunnkessel lag, das Grab zu besprengen. Wie zö gernd stand er einige Sekunden, dann besprengte er auch das Grab des Gold egger. Mit thränengesüllten Aug«n sah das Mädchen auf und sagte: „Schön ver gelt's Gott, sag i Hans, tausendmal." „Ist nicht zu danken," entgegnete der Bursche, „ist ja christlicher Brauch." „Brauch, sell hast schon recht, HanS, „Geh, Christl." entgegnet« d«r Bur sch«, „laß die altvergangenen Sachen, 's Grab ebnet alles aus. Ist's denn richtig wahr, daß Du fortgehn willst von da?" „Hast recht, Hans, i will und muß fort. Schau, die drei Wochen, seitdem sie g«richt!icherweis' das Haus oersperct haben und i außi hab müssen und lci um Gottes willen a Unterkunft giun den hab bei Bekannte, ist mir a jede gwest. Geschenktes^ Brot, i o^er- Minute, Hans. Aber nach dem, was mein Bater Dir damals an than hat, wie Du die Anfrag um mi gmacht hast, hab i a jedes Fünkeleßecht auf Dich und Dein Lieb verloren." Da schlang der Bursche seinen Arm um die Hüfkn des Mädch«nS und sagte in s«iner einfachen, schlichte« Weise: „Schau, Christl. frei, recht fein thut's mir, daß sie Dir Alles gnom men haben." „Mein Unglück ist Dir recht?" sagte unter Thränen lächelnd das Mädchen verwundert. „Freili," entgegnete munter Hans. „Schau, 's >ift gar kein Grund mehr da, der uns im Weg umliefet, daß wir uns nit gern haben können, 's arme Diendl darf an Kleinhäusler, wie i einer bin, schon nehmen." Da senkte Christel ihren Kopf auf die Schulter des braven Burschen, die Thränen flössen aus ihren Augen, aus Rührung Über so viele Liebe und Treu«. „Mei, was wär denn das?" sagte Hans. „Die Aeugerln dürfn jetzern nit trüb werden, die müssen abi schauen in's Thal. Schau, dort, wo die gro ßen Nußbäume stehn, da ist a Häuserl mit an Feigenbaum vor der Thür. Auf dem Häuserl raucht der Kamin, und wenn man da abi gucket, so sehet man a altes Mutterl beim Herd stehn und dös bacht Krapfen. Und im Stüberl drein, da hat's den Tisch deckt, a neues Tischtuch ist aus- Mutterl hab i gsagt, heut bring i an Gast mit, thu lei, was Du kannst,leicht bleibt der Gast bei uns. Ohne Widerstreben ließ sich das das Mütterchen. „Grüaß Gott, tritt ein, Bring Glück herein!" So grüßte sie das Mädchen an der Thüre. Dann führte sie ihren Gast in das Stübchen und nahm ihm das Bündel ab, welches das Mädchen trug. „A schau, schau," scherzte sie, „aus wandern, das wär eine schöne Sach. Na, na, sell lassen wir mit zu, daß d' Leut auswandern, die braven Leut. Wir haben nit so viel überflüssig da. Und daß die Flüchtling lieber bleiben, hat mein Hans a Nestl baut, grad wie die Bögerln im Wald, wenn sie sich paaren wollen. Grad so a Nesterl." Sie führte das Mädchen in die Ne- Sprachlos stand Christ! da. Dann sank sie laut aufweinend in die Knie und lehnte ihr Haupt an einen Stuhl. Da stand ihr Shrein aus dem Vater hause und ihr Kleiderkasten. In der Ecke ihr Bett, das Nähtischchen am Fenster, die Bilder und das Crucifix aus der Stube des Goldegghofes. Ober dem Bette die Bilder von Vater und Mutter, das Erinnerungsbild des er sten Empfanges der heiligen Commu nion. die Decke über Tisch und Bett, die sie selbst gehäkelt. Das Mütterchen zog ihren Sohn am Joppenärmel leise aus der Kammer und im Stübchen saßen sie neben ein- Endlich öffnete sich die Thür der Kammer. Langsam, fast feierlich schritt Christl auf das Mütterchen zu und sank vor ihr in die Knie. Da stand auch Hans auf und kniete neben das Mädchen, seinen Arm um ihre Schulter schlingend, sie fest an sich drückend. Die Mutter legte ihre Hände leise nete: „Im Namen Gottes des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes." Da hatten die Leute auch ihren Christbaum. Da leuchteten wunder bar sechs Kerzen, die Augen der drei glücklichen Menschen. Da flammten gar herrlich drei Lichter: die Mutter liche Flamme eines treuen Männer herzens. Ich sah dich schaukeln im Morgenhauch Im freien Walde droben; Die Nebel hatten um Baum und Strauch Flatternd« Schleier gewoben. Ich sah dich schaukeln im Lichtermeer Am grünen Weihnachtsbaume... „Gott in der Höhe sei die Ehr'!" Ich sang es wie im Traum«. Nun seh' ich dich liegen welk im Buch Und denk« vergangener Zeiten... Da flattert im Walde das Nebeltuch, Die Weihnachisglocken sie läuten! Knecht Ruprecht. Knecht Ruprecht stieg nieder vom Him melszelt, Der erste von allen W«ihnachtsgästen, Von den Lieblingsonkeln der ganzen Welt Einer der liebsten und allerbesten. Ein bescheidener, uralter Mann, Trotz seiner Jahre ein Knecht noch im mer; Und doch haftet ihm etwas an Vom hoheitstrahlenden Jenserlsschim mer. An die Kinder im Lande allesammt Muß er des Christkinds Grüße bestel len. Es ist schwer und mühsam, das holde Amt Des kinderfreundlichen Junggesellen. 'S wär' nicht nach eines Jeden Ge schmack —: Die Pfade all« im Schnee verloren. Der voll« Schlitten, der schwere Sack Und das Warten vor den verschlossenen Thoren! Dafür hat er es gut. Den süßesten Thau Von den röthesten Rosen darf er nip pen. So viel Meilen hernieder vom Him melsblau, So viel warm« Küsse von Kinderlip pen! Drum steigt er schmunzelnd vom Him melszelt Herunter im frühen Abendrothe. Er tauschte mit Keinem der Welt, Der alte, rührende Weihnachtsbote. Des Oberförsters Weihnachts stolle. Eine WeihnachtSgeschichte au» dem Walde Das war ein Weihnachtswetter! Klarer Frost, nicht zu hart, und ein Fuß tief Schnee im Walde. Majestä tisch reckten die Eichen ihre grauen blätterlosen Aeste mit dem schmalen Schneesaume in die klare Winterluft hinein und die Tannen sahen schöner aus in ihrem natürlichen Winter schmucke wie in dem unnatürlichen Schmucke in den Stuben, den die Con ditoren und Zuckerbäcker liefern. Dr«i Tage nur noch stand dasChrist. fest aus, aber der Wald war schon in seiner Weihnachtsstimmung. Und Weihnachtsstimmung gab's iuch in dem schmucken Obersörsterhaiise am Eingange des Königlichen Forsiies, das mit seinen zunickgeschlagenen grünen Fensterläden, den blitzsauberen Gardi nen hinter den blanken Fenstern und seinem leuchtenden, rothen Ziegeldach einen fröhlichen Eindruck machte. Das Haus lag mit seinem Hinter grunde von mächtig aufstrebenden al ten Buchen und Eichen wie ein Sinn bild des Friedens da. Und Frieden gab's auch innerhalb der Wände des Oberförsterhauses. Der alte Bertram war noch ein Oberförster von altem Schrot und Korn, der von der Pike an in der Forsicarriere gedient hatte und von „forstacadeinisclier Bildung" im mer mit einem bedenklichen Zucken um die Mundwinkel sprach. Und des halb hatte der junge Unterförster, der frischweg von der Academie zu ihm gekommen war in den praktischen Dienst, gar nicht so leichte Arbeit. Freilich, in Allem, was den echten raH. Und die Natur hätte sich selbst Beiden, vom Vater den geraden Sinn, von der Mutter die Arbeitslust, von Beiden aber die Gesundheit und Le bensfreude geerbt. ' Als Martin Fließ, der dem Ober das Oberförsterhaus einrückte und der alte Bertram den LSjährigen hübschen jungen Mann, der ob der prüfenden Schnurrbärtchen drehte, von oben bis unten musterte, da mochte ihm wohl seine Aenne einfallen, denn als er in seiner rauhen, geraden Art den jungen Mann willkommen geheißen hatte un^ Milch und Blut meine? ders gefällt, aber ich will's verstanden, Herr Unterförster! Liebe- ' leien gibt's im Hause des alten Ober försters Bertram nicht! Gemerkt? Gut! Dann kein Wort mehr dar über!" teil Oberförster so leicht in die Flucht schlagen ließe, er verdiente gar nicht, auch Schußwaffen in Gestalt seines Bogens und seiner Pfeile zu führen. Im Juli war der junge Förster gekom men und als der erste Schnee fiel, da hatten zwei junge Herzen sich schon so fest aneinandergeschlossen, daß alle Oberförster der Well nicht im Stande heran. Im Oberförsterhause duftete alles schon nach Weihnachten. Meister Bertram hatte eine herrliche Tanne fällen und im guten Zimmer ausstellen lassen. Die trüg ihren würzigen Wal desdust durch das ganze Haus. Und von der Küche her ja, da wurde auch heule mit allen Kräften und aller stallen gearbeitet. Aenne stand am Backtrog hart an der Küchenthür und ihre runden wei vergraben, die sie knetete, daß es eine Art hatte. Mama Bertram war für einen Augenblick in die Speisekammer verschwunden und Dörte, die Magd, war in den Holzstall gegangen, um frische Feuerung herein zu holen. Da schob sich ein Kopf scheu und sacht in die Küchenthiir herein, bei des sen Anblick Aenne's von der Knetarbeit stark erhitztes Gesicht noch tiefer er glühte. Und dem Kopfe folgte eine Hand. Und diese Hand trug ein schmal? zusammengefaltetes Blättchen. Der Blick der Augen aber, die sich zärtlich auf das junge Mädchen richte können, und im Nu hielt sie in ihren teigbedeckten Fingern das Briefchen. Der Kopf de? Unterförsters war verschwunden. Ein kurzer Blick nach der offenen Thür der Speisekammer, „Süßes Lieb! Ich fahre nicht zum Feste fort. Ich habe meiner alten Mutter Alles ge schrieben. Sie selbst will kommen und unser Fürsprecher sein. Ich küsse Dich mit tausend Küssen. Dein Martin." Nun aber ging die Thür der Speise kammer und jetzt erst besann sich Aenne: Wohin mit dem Zettel? Und über dem Besinnen verflog die kostbare Secunde. Die Mutler kam gerade auf sie zu kein Entrinnen mehr möglich, unwillkürlich glitten die Hände in den Teig zurück, den Papierstreifen mit sich nehmend mit wogender Brust und glühendem Gesicht stand Aenne da, als ihre Mutter an den Backtrog trat. „Nein —mach', daß Du fort kommst! Das fehlte noch, daß Du krank würdest Du fieberst ja förm lich!" schalt in gutmüthiger Beforg niß Mutter Bertram und drängte Aenne vom Backtrog zurück, um mit gründlich zu bearbeiten. Mit gewaltigem Herzklopfen' trat Aennchen zurück. Aber Minute auf Minute verrann, ohne daß diese er folgte. Die Mutter theilte den Teig mit kummervollem Blick davor: Welche von ihnen barg Martins Brief? Der Ehristtag kam. Am Kaffee tisch, da trug Mutter Bertram die Staalsstolle herein und über desOber försters Antlitz zog ein vergnügtes Schmunzeln, als er sie sah. Und nun stand er auf, nm mit gewichtigem Schnitt die Stolle in der Mitte zu theilen, um ihre Güte prüfenden Llik- Hs zu mustern. Ja was war das? Aus einer raqte ein EstM chen Papier hervor, staunt darauf. Küsse Dich tausend Küsse Mar tin" was soll den das heißen?" „Die Wahrheit, Herr Oberförster! Nicht so sollten Sie sie erfahren! Niei ne alte Mutter weiß sie bereits und durch ihren Mund sollte sie Ihnen iund werden. Ich liebe Aenne so heiß und so innig, wie sie geliebt zu werden verdient. Ich weiß, ich verdiene Ta del, daß ich ihr meine Liebe gestand, ben. Aber Ihr rauhes Wort, das Sie mir zuriefen, als ich hier eintraf, wirkte in mir nach. Deshalb ver schrieb ich mir meine alte Mutler als Bundesgenossin. Heut' Abend wollte sie hier eintreffen und Sie überraschen, doppelt verzeihen Sie mir, Herr Oberförster; aber was Sie auch be schließen mögen, ich kann Aenne nicht lassen!" Der Oberförster faß grollend da. Die Frau Oberförster sah sehr über rascht aus und hatte die Hände gefall tet, aber böse schien sie eben „Gehen Sie hinaus, Herr ich bitte darum!" Der junzWWmn ging. , > Der Oberförster ging mit schweren Tritten im Zimmer herum. „Aenne, komm' her!" Gehorsam, aber mit überfließenden Augen trat Aenne zum Vater an's Fenster. Dieser sah sie an, lange und aufmerksam. „Du liebst den Fließ?" „Ja, Vater!" Das klang offen und frei heraus. „Du kannst nicht von ihm laH»?< „Nein, Vater!" „Und wenn ich Euch trenne?" „So muß ich Euch folgen, Vater, aber das Herz bricht mir dabei!" „Geh' 'naus!" Ob der alte Oberförster Bertram m diesem Augenblicke daran dachte, daß die Beiden draußen sich in den Armen lagen und sich auf's Neue ihrer Liebe zu einander versicherten, die nichts Der Abend- kam. Und mit ihm der Lichterglanz. Aenne trat, als sie an den Baum gerufen wurde, verschüchtert näher. Fließ fehlte. Ihn hatte Nie mand gerufen, er saß allein auf seinem Zimmer und ihm war's so weh um'S Herz. Was? Hört? er da nicht unten ruH fen, rufen mit so Heller jubelnder Stimme: „Martin, mein Martin!" Er riß die Thür auf. WahrhaKig, Aenne rief's unten und nun flog er die Stufen herab und in Aennchens ausgebreitete Arme. „Der gute, der gute Vater," lachte sie unter Thrapeu, „Dich hat er mir bescheert koMiF, komm' zu den Eltern." War das ein glückliches WeilW nachtsfest! Ein Spatz, der auf eineM Fensterladen sah und neugierig in dW Helle hineinsah, konnte seinen Gem»W sen nicht genug davon erzählen, lich stob die schwatzende SpatzenschaM auseinander. Ein Posthorn und ein Wagen rollbe vor das Haus. Und nun hatten die noch eine Extrasreude: Eine Dame stieg heraus, der Martin Arme fiel und der «r seine lende Aenne zuführte. Dann Thür hinter ihnen in's Schloß Spatzen sahen nichts mehr. Aber wir wissen, daß