Im WMWezWs (6. Fortsetzung.) Raimond betrachtete sie erstaunt, fast erschreckt. Diese feste Stimme, diese geraden Blicke waren nicht die einer Schuldigen. Nicht nur, daß sich Therese nicht vertheidigte, sie griff sogar an. In dem Moment, wo er nur daraus gewartet hatte, sie zitternd zu seinen Füßen zu sehen, erhob sie stolz den Kopf und wies ihn zurecht. Ein« plötz liche Angst «rfaßte ihn: W«nn er sich getäuscht, hätt«? W«nn der Schein txog? Er konnte ihr die Erklärung, um die sie bat und die er selbst herbeisehn te, nicht länger vorenthalten. Er suchte nach keiner milden Form: mochten feine „Zu sterben?" wiederholte Therese erbebend. „Ja. Der Schmerz, Dich hier z» treffen, Kind, ist schrecklich, aber wenn ich Lydia gefunden hätte.... O, Du kannst Dir nicht vorstellen, was ich in den zwei Tagen, seit ich von dem schmachvollen Geheimniß weiß, gelitten habe! Ich bin fast verrückt darüber ge worden.... Vor allein mußte ich hinter die Wahrheit kommen, mußte die Sach lage klären. Warst Du, war Lydia die Schuldige? Um Lydia unschuldig zu finden.... es ist grausam, es Dir ein zugestehen.... würde ich meiner Seele Seligkeit, würde ich jedes andre Erden glück dahingegeben haben! Was würde ich nicht dafür gethan haben!" Theres« war ti«f erblaßt, aber sie hatte noch die Kraft, mit vernehmlicher Stimme zu fragen: „So war Ihnen den?" „Nein." „Und wenn Sie Lydia anstatt mei ner getroffen hätten?" Worten: „Wie sie es verdient." Therese schüttelte den Kopf und verschweigen." Therese? Blicke flammten auf. „Was fiel dann zwischen ihm und Ihnen vor?" Verzeih mir, daß ich Dir Dinge sagen muß, die Dich so schwer treffen..,,. Je ner Mensch, der sich jedenfalls für frei er war verheirathet!" „Verheirathet!" schrie Therese aus. „Verheirathet!" i „Wenn er frei gewesen wäre, ich schwöre es Dir, Therese, hätte ich ihn gezwungen, seine Pflicht zu erfüllen und sein Verbrechen wieder gut zu machen. Da er aber zweimal schuldig war...." „Nun?" „Nun, >da habe ich ihn erschossen!" Sie stand wie vernichtet, unbeweg» lich, vor ihm und leise flüsterte sie: „Mein Gott!" Dann sank sie aus eine Steinbank und verbarg ihr Gesicht in den Händen. Mit schrecklicher Klarheit kam es ihr zum Bewußtsein: Wenn je ner Elende ihre Koustne hätte Heirathen können, dann würde alles in Ordnung gewesen sein. Aber er war schon in der Ehe gebunden. Todt oder verl>«irathet, das blieb sich gleich: er könnte nicht wieder gut machen, was er verschuldet hatte. Jetzt war Raimond wieder bei Lydia, die ihn verrathen hatte, und sie, die Reine, hielt er Sollte te sie diese Worte nicht sprechen? Über die von Ploerne ausgestoßene Drohung fiel ihr ein: „Wenn ich Ly dia hier getroffen hätte, ich glaube, ich würde sie umgebracht haben, und mich nach ihr." Therese schauderte bei diesem Gedanlen zusammen. Ja, er liebte Ly dia so über alle Maßen, daß er den Tod erwählen würde, wenn er sie ver loren geben mußte. Durfte sie ihm da rücksichtslos die Wahrheit enthül len? Aber durfte st« ihn denn an die Unschuld Lydias glauben lassen? O, Schmerz; aber er war noch zu ertra gen. Ihm jedoch zu erlauben, Lydia zu achten und zu verehren, das schien ihr über ihr« moralischen Kriist« zu gehen. ' - - Sie richtete sich auf, um Raimond zuzurufen: „Geben Sie sich nicht län ger einer Täuschung hin! Ich habe mich rein Erhalten; Lydia ist die Ge fallene. Sie auch nur ei ne Sekunde lang annehmen, daß ich die Schuldige fei? Wenn es in diesem Haus ein« solche gab, war es nicht klar, daß es nur jene Fremde sein konnt«, die eines Tages zu unsrer bei der Unglück bei uns einbrach, die Sie mit ihren Zauberblicken und ihrem süßen Lächeln in ihre Netze lockte, die aber eine falsche, unehrliche und ge fährliche Kreatur ist Schauen Sie mich doch einmal an; sehe ich wie ein Mäd chen aus, das im stände ist, des Nachts im Garten oder im Pavillon ihren Geliebten zu treffen, und dann am an dern Morgen angesichts der Ihren vor Scham nicht in den Boden sinkt? Stimmen diese ehrlosen Dinge mit dem, was Sie von mir seit meiner Kindheit wissen, überein? Sind Sie denn, seitdem Sie lieben, ganz blind geworden? So öffnen Sie doch endlich die Augen! Schenken Sie Ihre Ach tung wieder der, welcher sie gebührt, und verachten Sie die, welche es ver dient!" Raimonds Stimme entriß Therese dem Kampfe, der in ihr tobte. .Merzeih mir, Kind, den Kummer, den ich Dir bereite und der Dich zu er drücken scheint," sagte er. „Ich bin in Verzweiflung darüber. Aber bin ich nicht zu entschuldigen? Tröste Dich mit dem Gedanken, daß dieser Mann Dich feige betrogen hat und daß ich Dich da für gerächt habe, indem ich ihn er schoß. Hasse mich darum nicht. Es wä re mir zu schmerzlich, wenn ich es er leben müßte, daß Du Dich von mir abwendest. Und doch begreife ich, daß meine Gegenwart Dir jetzt unerträglich sein muß. Aber wir dürfen auch nicht länger hier zusammen bleiben. Man könnte Deine Abwesenheit bemerken. Gehe ins Haus zurück, überlege Dir alles reiflich, weine und bete. Morgen, Ivenn Du ruhiger bist, wirst Du mil der über mich urtheilen. Was mich an belangt, so beklag« ich Dich von ganzer Seele, und meine innige Freundschaft gehört Dir nach wie vor, selbst wenn Du sie zurückweisen solltest. Aber für alle Fälle wisse, daß alles, was wir hier gesprochen haben, schon von mir ver gessen ist und daß ich es Dir gegen über nie mehr berühren werde!" rückstoßen. Er verneigte "sich nur vor ihr, und als sie sah./daß er sich an schickte, sie in so kalter, förmlicher Weise zu verlassen, war ihr, als müsse gangene war noch leichter zu tragen ge wesen, als dieser Abschied, und unter Thränen streckte sie di« Arme flehend h«n?" drängte ihn zu ihr hin, und er zog sie an seine Brust. Die qualvolle Span nung, in der sich sein« N«rv«n all die schaukelt hatte. während sie sich die Thränen von den Wangen wischte, sagte sie leise: „Adieu Raimond!" auf und sprang über die Balustrade hinweg auf die Straße. Das Meer glitzerte silbern unter den bleichen Strahlen des Mondes, und ein frischer, den Duft der Blüthen mit sich führen der Wind strich durch die Bäume. Die Abende zuvor war auch ein andrer glückselig denselben Weg gewandert, hatte dasselbe im Mondschein ausstrah dacht, daß es schön zu leben sei, weil Lydia ihm gehörte. Nichts hatte sich verändert. Der Weg war nicht schlech ter geworden, das Meer nicht stllrmi- Lüge und um ein« Illusion reicher. Während Theres« dem Hause zu schritt, sah sie die Lampe aus dem Salon herüberleuchten. Das gab ihren tung. Das Licht erinnerte sie daran, daß Lydia auf sie wartete, und daß sie ihr eine Erklärung schuldig Ivar. Wel che Umwälzung mußte diese in dem Dasein der Kreolin hervorrufen; wie mußte der Schlag ihr Innerstes tref fen. Ploern« zurückgekehrt, und der Italiener todt! Mußte sie auch Lydia wie bei Raimond? Gehörte das schöne Mädchen zu den Naturen, die der Schmerz vernichtet? Wie würde sie die seinem Blute bezahlte? Würd« sie starkgeistig g«nug sein, um nicht unter der Thatsache zusammenzubrechen, daß ihr Verlobter ihren Geliebten erschos sen hatt«? All dies stürmte auf Therese «in, während sie den kurzen Weg von der Terrasse nach der Villa zurücklegte, und als sie die Thüre zum Salon ösf n«l«, befand sie sich noch in der qual vollsten faß nicht mehr in ihrem ihre gekünstelte Gleichgültigkeit war der Neugierde gewichen. Si« stand am Fe ster und schaute, ungeduldig aus The rese; Rückkehr wartend, in den Garten summte. Bei dem ersten Blick, den sie auf ihr Kousine warf, ahnte die Kreo lin, daß irgend etwas sehr Ernstes vor gefallen sein mußte. Sie trat erregt auf Therese zu, faßte sie hastig bei der Hand und fragte: „Was gibt e5?.... hielt, und sagte: „Wir sind nicht al lein." „Was schadet das... Leila.... als ob „Da würde sie sich eher die Zunge aus dem Halse schneiden," erwiderte Zweifel! Erzähl« doch! Hast Du ihn „Nein." blaß und verstört zurück. Was ist Dir denn zugestoßen?" „Mir «st zugestoßen, daß ich nicht den auf der Terrasse fand, den Du erwar tetest!" „Wen denn sonst? Gerechter Gott, hätten, m den Besitz des Ge heimnisses gelangen würde." LydiaZ Augen vergrößerten sich und ihre Hände begannen krampfhaft zu rascht?" „Ja," erwiderte Therese. „Und was trug sich dann zu?' „Nein." „Raimond hat ihn getödtet!" schrie sie auf. Sie bohrte ihre angsterfüllten Blicke Gott, er hat ihn getödtet!" aufs tiefste und fluche seinem Mörder in unversöhnlichstem Hasse. Therese wollte sie beruhigen, sie zum Schweigen bringen, ihr Vernunft zureden, aber Lyvia stieß sie heftig von sich und fuhr fort, wie toll lunherzurennen und zu Mitleid betrachtete. Da sagte sie, mit Ohne ein Wort der Zärtlichkeit für das dichte, vom Mondlicht beschienene Gebüsch des Gartens hinauZ. Eine gro ße Mutlosigkeit erfaßte sie bei dem Gedanlen an Lydias Verrath. Das rei ne, offene und wahre junge Mädchen konnte eine solche Handlungsweise nicht begreifen. Die Treue versprechen, und sie nicht halten, geliebt zu werden und auf andre Liebesabenteuer ausgehen, >oas waren Dinge, die sie nicht ver ! stand. Daß ein Mädchen, dem das un endliche Glück zu theil werden sollte, die Gefährtin Raimonds zu sein, sich zur Beachtung eines Fremden, eines Unbekannten, herabwürdigen konnte, schien ihr eine unerklärliche und unge heuerliche Verirrung. Was erstrebte sie denn, diese Lydia, der alles, was ihr ein Ploerne an Freuden und Glanz für die Zukunft versprach, nicht ge nügte? Hatte si: ihn auch nur einen Tag lang geliebt, wenn sie ihn so schnell vergessen lonnte? War sie jetzt nicht für immer von ihm getrennt? Zwischen Raimond und der Geliebten des Frem den erhob sich von nun an eine durfte. ch ' s vor Raimonss Abreise. Bis zum To de betrübt, hatte sie Ploerne mit Lydia allein gelassen, wohl wissend, welches Gelöbniß die beiden auslauschen wür den. Eine Stunde später waren sie dann auch gekommen und hatten sich als Verlobte vorgestellt. Sie hatte den Zucken ihrer Lippen ihre Verzweiflung verrathen hätte; sie hatte ihnen mit ei nem Lächeln um den sanften Mund Glück gewünscht. Und während zweier Jahre hatte sie in der Gewißheit da hingelebt, daß ihr Dasein zerstört war, ehe es noch recht begonnen hatte, und daß nWs auf der Welt mehr ihr Loos umgestalten konnte. die Lydia in Paris mit Raimond aus getauscht hatte. Ein andrer Mann als der, dem Lydia angehören sollte, war loandelt. Alles hatte sich geändert, und Therese hatte «in Recht darcnrf, zu hoffen. Aber es war nur ein schwaches lang. Geliebten zu einem Ausbruch grenzen loser Wuth. Sie lag mit dem Kopfe in die Kissen des Sofas vergraben, stöh nend und mit so krampfhaft geballte» Fäusten, daß ihr die Fingernägel fast ins Fleisch eindrangen. Die Mulattin redete ihr wie einem Kinde zu: müssen sich beruhigen. Wozu soll das führen, wenn Sie so alle Beherrschung verlieren! Morgen werden Sie entstellt und krank sein. Wie können Sie dann dem, der zurückgekehrt ist, entgegen» treten?" von zerzaustem Haar umrahmte Stirn aus den Kissen erhob. »Hassen Sie ihn, so viel Sie wollen. wenn Sie nicht anders künnen. 'Aver lächeln Sie ihm nichtsdestoweniger ins Gesicht. Er ist Ihr Bräutigam, und Sie gehören ihm." „Ich will ihn nicht wiedersehen." „Wie wollen Sie das anfangen, wenn Sie dir Wahrheit nicht geste hen?...." „Was würdest Du denn an meiner Stelle thun?" „Sie fragen eine arme Negerin?.... Nun, so hören Sie die Geschichte einer Frau aus meinem Stamm. Die Sache trug sich vor vielen, vielen Jahren in Kuba zu. Sie war eine Sklavin, und ihr Herr ließ sich herbei, sie schön zu finden.... Sie aber liebte einen Mann ihrer eignen Rasse und die Gunst des sen, der über sie wie über ein Stück Waare verfilzte, flößte dhr Grauen ein. Sie widerstand seinem Flehen. Da, um ihren Stolz zu brechen, wie er sagte, ließ er den Neger, den dir Skla vin ihm vorgezogen hatte, an einen Pfahl binden und vor ihren Augen mit Bambusstöcken prügeln. Bei dem zwan zigsten Schlag begann das Blut wie bei einem gestochenen Thier zu fließen, und der Gefolterte schrie nicht einmal mehr.... Die Frau ward vor Schreck bewußtlos, und als sie wieder zu sich kam, war der Unglückliche todt. Der Herr hatte sich eines Rivalen entle digt.... Die Mulattin gebot ihren Thrä nen Einhalt, nahm ihr Leben wieder auf, als wenn nichts passirt wäre, nur daß sie kokett wurde.... und wenn sie der Weiße zu sich rufen ließ, wandte sie sich nicht mehr wie früher ab. son dern lächelte ihm zu. Da verlor er vollends den Verstand; er würde sie ge heirathet haben, wenn sie es verlangt: hätte. Aber sie wollte weder die Frei heit, noch Reichthum, noch Geld; sie dachte nur an Rache. Sie wußte dem stärksten, aber ärmsten Neger der Plan tage Liebe einzuflößen, und eines Abends, als ihr der Herr seinen Besuch in ihrer Hütte angekündigt hatte, ver steckte sie den Neger bei sich und befahl ihm, sich sofort nach seinem Eintritt aus den Pflanzer zu stürzen und ihn an den Pfosten, der das Dach des Hau ses stützte, zu binden. Der Neger schreck te vor der Kühnheit dieses Planes zu rück; sie verstand es jedoch, ihn so un ter ihren Bann zu bringen, daß er nicht länger zögert«, sein Leben um ihre Gunst zu wagen. Ws der Pflanzer erschien, trat der Neger aus seinem Versteck hervor, warf ihn zu Boden, knebelte ihn und band ihn fest, so wie die Frau es ihm aufgetragen hatte. Dann versprach sie vor dem Manne, der sie anbetete, dem Neger, daß sie die Seine werden wolle, und jauchzte auf bei den Qualen des Gefesselten, der sich in ohnmächtiget Wuth wand. „Du hast vor meinen Augen einen Unschul digen gemordet," rief sie ihm zu, der Du schuldig bist!" Dann ging sie vor di« Thüre und steckte mit eignen Händen die Hütte in Brand. In einer ' Das Gesicht der Mulattin hatte sich und in di« Erinnerungen einer fernen Vergangenheit verloren. Lydia vergaß ihren eigenen Kummer und lauschte, schüttelt, den Oberkörper auf die Ell bogen gestützt, den Worten der Mulat tin. Als diese schwieg, fragte sie: ,F?urz ehe Du Mutter wurdest, hat Dich mein Bater bei uns aufgenommen? Damals kommest Die Frau, deren Schicksal Du mir eben erzähltest, warst Du selbst, nicht wahr?" „Ja, Gebieterin. Nach der gerechten lausene Sklaven lebten wir ein halbes Jahr lang in den Wäldern.... Er kam bei einer Jagd, die auf ihn gemacht Verbrechens. Ihre Mutter legte Sie, groß." Lächeln. Sie stand auf. „Kleide mich aus, Leila!" befahl sie. „Morgen wird ein schwerer Tag für ?as einem andern auch aus seiner Lie be zu ihr erwachsen sollte.» Die hell in ihr Zimmer hereinstralh der, aber ihre Niedergeschlagenheit war einem kühnen Entschluß gewichen. Lei laS Rathschläge waren nicht umsonst . gegeben worden, und schon gestaltet« sich in dem Gehirn« der leidenschafM che» Kreolin ein nxitausgesponnener, gefährlicher Plan zu fester Form. Lydia stieg aus dem Bett, schlüpfte mit ihren weißen Füßen in die bereit stehenden Pantösselchen und warf ei nen seidenen Morgenrock über. Sie wollte eben der Mulattin klingeln, als an ihre Thüre geklopft wurde. Auf ihr „Herein!" trat Therese ins Zimmer. Ihr war die Nacht nicht so ruhig wie Lydia verflossen. Die eingesunke nen Wangen und vom Weinen geröthe ten Augen sprachen von ihrer inneren Erregung. Sie machte den Eindruck der Schuldigen, die, von Gewissensbissen und Reue gequält, den Schlaf nicht hatte finden können, und Lydia schien neben ihr das reine, unberührte We sen! Ah! Raimond sollte sich nicht täu schen, wenn er ihnen in die Augen sah! An ihren Mienen sollte er erken nen, welche der Engel, welche der Dä mon war, welcher er voll Vertrauen die Arme öffnen durfte, von welcher er sich abwenden mußte! Lydia empfing ihren frühen Besuch mit mißtrauischer Kälte, denn sie ahn te irgend eine feindselige Handlung ih r« Kousine. Sie wartete den Angriff sprechen, um sich für die Abwehr genü gend vorbereiten zu können. Mit dem Muth der Wahrheit eröffnete Therese das Gefecht: „Wir gingen gestern Abend so schnell auseinander und wa ren in solcher Verfassung," sagte sie, „daß wir kein Wort der Aufklärung wechseln konnten. Wir waren beide von den Ereignissen, die so überra schend auf uns einstürmten, zu sehr er schüttert. Jetzt müssen wir aber die/ Sachlage einer genauen Prüfung un terziehen. Unsre Situation ist sehr ernst, und erst wenn Du sie vollständig überschaust, wie ich es thue, wirst Du Dir über die Verpflichtungen, die uns obliegen, Rechenschaft ablegen können. Ich habe Dir gestern Abend nur die grausame Thatsache des Duells zwi schen Raimond und jenem, den wir an statt unsres Vetters erwarteten, mitge theilt; ich habe Deine Verzweiflung, über den tragischen Ausgang der Be gegnung zwischen den beiden vollauf begriffen und Achtung vor Deinem Schmerze gehabt.... heute aber mußt mond mich erblickte, glaubte er, der Italiener sei mein«thalb«n gekommen, und in seiner Erregung sagte er mir,, aber ich kann nicht immer damit bela stet bleiben. Wie willst Du es anfangen, mich vor Raimond zu rechtfertigen?" „Du willst wohl, daß ich ihm das sage, was Du so sorgfältig vor ihm „Nun, was dann?" Sie sahen sicb beide an, ohne ein Wort der Erwiderung zu finden, so un«ntwirrbar erschien ihnen die Situa tion. Um Therese wieder von der Schuld zu' reinigen, mußten si« die Wahrheit «ingestehen. Aber, dies rich tete Lydia zu Grunde und machte Rai mond zum doppelten Mörder. Das Blut trab Therese in die Wangen, als sie mit zitternder Stimm« endlich aus rief: „Ich kann aber doch nicht für et was verantwortlich bleiben, was ich nicht verbrochen habe!" „Soll ich mit Raimond sprechen?" fragte Lydia in eisiger Ruhe. „Ja, das mußt Du, aber nicht um Dich anzuklagen und zu vernichten. Zwischen dem Schweigen, das mich ver urtheilt, und Deinem Eingeständniß, das so viel Unheil anrichten würde, gibt es ein drittes, das für ihn weniger hart ist, wenn auch nicht für mich.... ich will mich jedoch damit zufrieden ge ben.... Es wird mich nicht von dem Verdachte befreien, wird Dich aber Dei ner Versprechungen ihm gegenüber ent binden. Dann wird er mit der Zeit ru higer werden, so daß man es wird wa gen können, ihm von meiner Schuld losigkeit Mittheilung- zu machen.... Ich will es ertragen, daß er mich für schuldig hält, wenn ich weiß, daß ich ihn später eines Bessern belehren dars, und dies werde ich können, wenn Du formell mit ihm brichst und für immer aus feinem Gesichtskreis entschwindest." Ueber Lydias Mund zuckte ein Lä cheln. „So, also das ist Dein Wunsch?" „Ja, willst Du es denn nicht Hältst Du denn «in so dnges Band, Die Kreolin warf einen stechenden Blick auf Therese, als wollte sie in den geheimsten Fallen ihres Herzens lesen, die Lippen verzogen sich «in wenig und zeigten, halb geöffnet, die weißen, scharfen Perlen,ahne, die sie ungedul dig aufeinanderbiß. (Fortsetzung folgt.) Opferwillig. Braut: „Du willst mich schon so früh verlassen, lieber Os kar?" Bräutigam- „Zehn Jahre meines Lebens würde ich darum geben, könnte ich noch länger bei Dir bleiben! Aber Du weißt, wir haben heute Sitzung im Ruderklub, und da »i>'<ß ich fünfzig Pfennig bezahlen, weim ich zehn Mi nuten zu ivät komme." Mr die KUche. Kümmel-Suppe. Man schnei det Schwarzbrot in kleine Stücke, gießt Wasser darauf und thut einen Theelöf- » sel voll gereinigten Kümmel hinzu; nun läßt man das Brot zu Brei kochen, reibt die Suppe, welche gut seimig s«m muß, durch einen Durchschlag, gibt daS nöthige Salz und Butter daran uiid zieht die Suppe mit eimgen Eidottern H« r i ng s k a r to 112 112« l n. Kartoffeln werden abgekocht, geschält! und in Scheiben geschnitten, schneidet! man zwei Heringe, welche ge reinigt un» von den Gmten befreit wurden, i» kleine Stückchen. Nun wird eine Form mit Butter ausgestri chen und -mit Semmelmehl bestreut, zuerst eine Lage Kartoffeln hineinge legt, darauf dte Hälfte der HeringZ ftiickchen und einige Löffel saurer Rahm gleichmäßig gegeben, dann kommt wieder «ine Lage Kartoffeln, darauf wie vorher Hering und saurer Nahm, schließlich noch eine Lage Kar toffeln, welch« mit kleinen Stückchen Butter belegt und mit >isemmrlme hl be streut werden. Das Ganze b»cktn>an in heißer Bratröhre goldgelb es mit der Form zu Tische. Gebrate n e echt, werden getödtet, geschuppt, der Läng« nach aufgeschnitten, nommen, von den Kiemen befrritW>> mit frischem Wasser gut Die kleineren Hecht« w«rden ga»z ge- I lassen, die größeren in Stücke geschnit- I ten. Nun läßt man in einerMUck- t Pfanne Butter heiß werden darin einige geschnittene Petersilie den H«cht, den man Pfeffer bestreut, ebenso beerblatt hinein und bratet ihn, indem man etwas Fleischbrühe und eine h»lbe Tasse säuren Rahm oder ein GlaS Wein darüber gießt, in der Bratröhre längsam unter öfterem Begießen eine halbe Stunde. Dann wird er auf eine Platte gelegt und nachdem Zwiebel und Lorbeerblatt aus der Sauce ent fernt wurden, wird diese mit etwas Ti- , tronenfast abgeschärft und darüber ze» > gössen. —Man gibt gebratene Kartof feln oder solche in Petersilie dazu. KalbSgirlasch. Man nimmt Kalbsfilet und fchnerdet dasselbe m viereckige Stückchen, röstet diese mit ei nigen Speckwürfeln und klein geschnit tener Zwiebel, sowie einem Stückchen Butter, bis die Zwiebeln gelb sind,' gießt Fleischbrühe oder Wasser daran, gibt Salz und Paprika dazu und dünstet das Gulasch, indem man einige MesM serspitzen Mehl einstäubt, schnell Man kann auch den Speck weglassen. Gebratene Gans. Die richtet man her, hängt sie über Nacht auf und läßt sie im Winter ordentlich durchfrieren, wodurch sie mürbe ikirdu Nun reibt man sie, nachdem man sikg«- ivafchen hat, von innen und außen mit Salz und Pfeffer, welche man mengt, und nach Belieben vruch mit ein wenig sehr fein geschnittenem Majoran oder ein bis zwei zerdrückten Wachholder» beeren gut ein, läßt sie «ine Stunde liegen und bratet die Gans in einer Bratpfanne, in welche ein Schöpflöf fel Wasser und einige Zwiebelscheiden gegeben wurden, in zwei Stunden Seiten goldbraun und recht rösch, in dem dieselbe zuerst auf den Bauch, inv wenn der Rücken braun geworden ist, auf diesen gelegt und von Zeit zu Zeit das überflüssige Fett, welches aus der Gans herausbraÄ, abgeschöpft wird. Man füllt di« Gans mit Kastanien, die einige Minuten in kochendes Wasser ge legt und geschält, dann nochmals in heiß«s Wasser geworfen werden, um das braune Häutchen abziehen zu kön nen. Nun werden sie in eine Pfanne, in welcher ein wenig' Butter heiß macht wurde, neben einander gelegt^ jedoch nicht ganz weich gedünstet, wo rauf man sie halb erkaltet zur Fülle venoendet. Nimmt man eine Kartof felfülle, so schält man die Kartoffeln, wäscht und schneidet sie in kleine Wür fel, desgleichen wird Speck in kleine Würfel geschnitten, dann gibt man Siilz, Pfeffer und ganz fein geschnit tenen Majoran dazu, mischt Alles un ter einander und füllt damit die Gans. Empfehlenöwerth ist nachstehende L«- Serfülle: Man nimmt die Gansleber, erforderlichenfalls, abev weniger gut, auch Kalbsleber, und schobt dieselbe. - weicht zwei Semmel, in Wasser ein unk j drückt sie fest aus, macht dann etwa» j Schmalz in «iner Pfanne heiß, läßt > fein geschnittene Zwiebel und Petersilie darin anziehen und röstet die Semmel darin ein wenig, gibt sie nebst der Le ber in eine Schüssel, salzt und pfeffert, reibt ein wenig Muskatnuß daran und fügt, nachdem man es eineViertelstunde stehen ließ, noch zwei Eier dazu, mengt Alles gut unter «inander, füllt die Gans damit, näht den Schnitt am Bauche zu und bratet sie wie angegeben. Mcm trägt dieselbe mit Wirsing oder grünem und Kartoffelsalat, auch Sel leiiesalat, dam» mit Compott zur Ta f-l- Apfeltort« von Blätter ter, ein Pfund Mehl, ein Ei, ein Löf fel Wasser, «in Löffel Rum werden zu sammen zu einem T«ig geknetet, d«r ein« Morgen rolle man von der Hälfte einen Kuchen aus, der bei Mttelhitze hell braun bäckt. Nun koche man recht schö nes, schmackhaftes Apfelmus. Ist der Kuchen erkaltet und das Apfelmus auch, so legt man es auf den Kuchen. Aon d«m übrigen Teig bäckt man dann ' nen zweiten Kuchen alt Deckel, in dem man einige Löcher ausschneidet und der» Teig zurückschlägt. 3