2 Wie Kill Brown cxplodirte. »Oh, Ihr könnt lachen, so viel Ihr wollt," sagte Dick Ferguson, der we- H«n seiner sonderbarer« Erlebnisse und «och merkwürdigeren Geschichten im ganzen Camp als Dick" bekannt war, „deshalb ist es doch wahr!" „Dick, Dick, Deine Einbildungskraft spielt Dir wieder einmal 'nen Streich," wagte Aleck White schüchtern zu be merken. „Dummes Zeug ich habe es ein mal an einem lebenden Menschen, noch dazu einem alten Freunde von mir, selbst beobachtet der Mann «xplo dirte innerlich und Niemand hat je wieder ein Stück von ihm zu sehen ge kriegt." Wir wußten jetzt, daß „Wonderful Dick" uns eine feiner eigenthümlichen der Pfeife. Dick sah sich erst prüfend los. jetzt das Städtchen Loire Jack st«ht, in Calaveras County, und wo damals noch das gelbe Metall in recht «rkl«ckli chen Massen gefunden wurde, sowohl über wie unter der Oberfläche. Mein Partner war Bill Brown, ein Mann, d«r sonst «in ganz tüchtiger Mimr war, ober in einem Punkte mir viel Mühe auf M«dizin«n. Ob ihm eigentlich ur sprünglich was gefehlt hat, das wußte er wohl selber nicht. Aber damals, bei ihm caput vielleicht die Leber, oder die Lunge, oder der Magen, was weiß ich, etwas war's aber jedenfalls, denn er sah schon so gelb im Gesicht« aus wie Deacon Mac's kleiner Kläfftr auf dem Rücken, und mit dem Appetit beim Essen war's auch so 'ne böse keiner schien genau zu wissen, was ihm fehlt«. Der eine behandelte ihn auf Gallenstein, der andere auf Bright'sche Nierenkrankheit, und ein dritter gar auf Magenkrebs. Die Medizinen, die Bill auf solche Weise Flasche um Fla sche herunterschluckte, und die Pillen zusammen hätten eine ganze Apotheke neu ausftaffirt. Dabei hatte Bill auch Monte oder Poker. Es muß einmal ein guter Fonds in Bill gesteckt haben. Schließlich aber, als es gar nicht besser mit ihm werden wollte, verfiel Bill Brown eines Tages auf das Sy stem der Doppelbehandlung, d. h. er lung, mir immer das eine Symptom und die eine Krankheit bekämpften, an statt sich auf die Allgemeinheit zu wer fen, wie er's nannte, x Kurz nachdem Bill Brown dieses System praktisch durchzuführen begonnen hatte, stattete er dem Doctor Antonio, der erst vor KurZem aus Besuch ab und erzählte ihm genau die ganz« Reihe von Krankheitserscheinun gen, die er an sich bemerkt hatte. Der Doctor hörte Alles geduldig an, dann sagte er: „Die Leber ist nicht in Ordnung, ich werde Ihnen etwas dafür verschrei ben." Das Recept nahm Bill zur Apotheke, wo er seine ganzen Einkäufe schon seit Jahren gemacht hatte und dessen Eigen thümer stets einer Meinung mit ihm war, wenn es galt, etwas Neues zu angefang«!. Und nun machte er's je desmal so: Ein. Löffel voll von des Doctors Medizin und dann gleich da rauf einen Löffel voll Glycerin. In eimr Woche spürte er, wie er mir sagte, den Effect. Er fühlte sich viel wohler. kam, als ob er in der Luft schwebe. Er tanzte förmlich, wenn er ging. Es fah sich ordentlich komisch an. Indes sen war dies ein so angenehmes Gefühl und Bill glaubte es ausschließlich auf die wohlthätige Wirkung seiner Dop pelmedizin zurückführen zu müssen, daß er gar nicht das Bedürfniß fühlte, wie« der zum Arzt zu gehen und dieses erst auf mein wiederholtes Drängen that, nachdem schon mehrere Wochen ver flossen waren. Dem Doctor sagte er, wie wohl und kräftig er sich vorkomme. Der Doctor fühlte sich geschmeichelt. „Ja. ja," meinte er, „ich treffe ja ge wöhnlich das Richtige!" Das ärgerte Bill, daß der Doctor sich allein den ganzen Credit der Cur zuschreiben wollk, und so platzte er heraus, daß er. Bill, auch sein Theil dazu beigetragen habe, indem er in Be folgung des von ihm erfundenen Dop pelsystems stets einen Löffel Glycerin auf einen Löffel der Medizin geschüttet habe. Wie der Doctor das hört«, wurde „Um Gottes Willen," schrie er, „Sie sind ein Kmd des Todes!" „Wieso?" meinte Bill ganz gleich müthig. „Gehen Sie erst einmal «in paar Schritt« weg von mir nach dem Fen ster zu," sagte der Doctor, während er selbst di« Thür aufmachte und sich auf die Schwelle retirirte. „Was ich Ihnen verschrieben habe, das ist Scheidewaf ser vitlio gcic! natürlich in starker Verdünnung, eines der kräftig sten Herlmittel, wenn die Leber den Dienst zu versagen beginnt. Darauf haben Si« nun immer Ihr Glycerin geschüttet. Nun ist Glycerin ja an und für sich ein ungefährliches Mittel, das sogar unter Umständen gute Dienste mit Scheidewasser genommen wird, so bildet sich was glauben Sie wohl? Nitroglycerin im Magen, einer der gefährlichsten und am leichtesten explo direirden Sprengstoffe, wie Sie als Miner ja wissen. Ne müssen jetzt eine große Quantität dieses Zeugs im Magen haben -und «s erscheint mir eigentlich wunderbar, daß Sie noch nicht in die Luft geflogen sind, denn die geringste Erschütterung muß und wird Sie zum Explodiren bringen." „Nette Suppe, die sich Bill Brown da eingebrockt hatte," meinte Aleck White, während die Anderen sich mit den Augen zublinzelten. „Ja, allerdings," fuhr „Wonderful Dick" gleichmüthig fort. „Ihr könnt Euch denken, wie Bill bei diesen Er klärungen des Arztes zu Muthe war." „Was soll ich denn da aber thun?" frug er. „Es ist wenig zu thun im Gegen theil, recht still sitzen und still «halten sollen Sie, denn die geringste Bewe gung, «die leiseste Erschütterung kann das Nitroglycerin in Ihrem Magen, von dem Sie ja schon eine Masse zu sich genommen haben, zur Explosion dringen, und dann wäre von Ihnen wohl nicht mehr viel übrig, nicht genug, um ein Begräbniß zu halten. Also vor Allem empfehle ich Ihnen Vorsicht äußerste Vorsicht. Vielleicht ent gehen Sie dann noch dem gräßlichen Tode, der Ihnen droht. Was ich thun kann, will ich thun, um Sie zu retten. Ich gebe Ihnen «hier «in Recept mit, das Sie sich verfertigen, lassen wögen. Es ist für Jnfusionserde. Wenn Sie ab," sagte Bill. Mann." Ordnung machte, indem ich die Stühle und Tische herumwarf. Er hieß mich sofort damit aufhören und erzählte mir des Eountys einen äußerst interessan ten Vortrag über den Fall, d«r später auch gedruckt erschienen ist." „Was aber wurde aus Bill?" frug Lame Pete. „Ach, ich vergaß. Er currrte ruhig weiter, indem er jede heftige Bewegung, jede Erschütterung auf's Vorsichtigste »ermied. Indessen hatte er Pech. Denn eines Nachmittags es mochte sich schon etwas von dem Nitroglycerin in Dynamit verwandelt haben als er trübsinnig in der Umgebung des Camp umherschlich, passirte er eine Mine, von deren Existenz «r noch nichts wußte, denn sie war erst einige Wochen zuvor eröffnet worden. Da gab es ei nen Krach eine schwach« Ladung Dynamit war nur 59 Fuß unter der Erde zum Explodiren gebrach! worden. Der Knall war nicht sehr stark, aber er mußte genügt haben, um Bill in eine andere Welt zu befördern, denn that sächlich ist nie wieder etwas von ihm zum Vorschein gekommen, mit Aus nahme einiger Hosenknöpfe und eines geflickten Stückes seines blauen Woll hemdes, woran ich ihn aber idmtificirte, ! dtnn es näht« im ganzen Camp Nie- wand so schlecht wie Bill Brown und das war feine Arbeit, kein Znxif«l. Di« Leute in der Mine versicherten hohl klingenden auf der Oberfläche ge hört. Das muß Bill gewesen sein. Wahrscheinlich ist er gerade über dem Theil des Hügels gegangen, wo die Explosion stattfand. Na, er war weg, und nicht einmal, wie der Doctor ihm übrig geblieben. Armer Bill! Reich' mir 'mal den, Demijohn her, Aleck! Mir ist die Kehle ganz trocken gewor den bei der Geschichte." Und „Wonderful Dick" nahm einen Die Tragödie der ZZaronin de Zkerolles. To» Prof. Dr. Heinrich Bloch. Auf seiner fluchtartigen Wanderung durch die Normandie der Gras d' Ach«, einer der kühnsten Chouans führer, in dem Dörfchen Trevieres bei Herrn vo nMontfiquet Zuflucht. Hier lernte er die Marquise Hely de Com bray, eine ältere Wittwe, kennen. Nicht weit von Trevieres, auf ihrem Schlosse zu Donnai wohnte deren Tochter Ro sal>, die an dm Baron Aquet de Fe rolles verheirathct war, jedoch ge gtwinnendem Aeußeren. In Zurück gezogenheit lebte sie mit ihren zwei kleinen Töchtern auf dem Gut« der Mutter, das Ende des Processes ab wartend, den sie gegen ihren Mann wegen Herausgabe ihrer Mitgift an gestrengt hatte. Bald jedoch verbrei tete sich das nicht unbegründete Ge rücht, die Zurückgezogenheit, in der sich Frau von Aquet de Ferolles gefal le, sei bei Weitem nicht so beschaulicher Art, als man glaube, «in junger, schö ner Chouan erheitere vielmehr die Ein samkeit der unglücklichen Frau. Schon nannte man offen seinen Namen. Es war Armand de Chevallier, der Eibe eines sehr bedeutenden Vermögens, ei ner der erbitterst«» Feinde des Empire. Im Jahr« 1891 wäre er beinahe zum Tode verurtheilt worden. Er ward beschuldigt, an der Ausraubung eines Postwagens, der Staatsgelder fübrte, Theil genommen zu haben. Nur der Intervention eines Senators hatte er sein Leben zu danken. Die Polizei ließ ihn jedoch seither nicht aus den Augen. Frau Aquet de Ferolles ließ sich von dem schmucken, redegewandten Manne, !der, ob er auch bereits Wittwer war, !erst 22 Jahre zählte, verführen. Im Haufe ihrer Mutter begegnete d'Ache dem kühnen, wageinuthigen Le Cheval «lier; es war jenem sofort klar, daß dieser wie kein Anderer geeignet fei, die Sache d«r Chouans zu fördern. Und «r sollte sich nicht täuschen. L« Chevallier erklärt« sich bereit, fein Ver mögen und sein« ganze Thatkraft in den Di«nst der Sache zu stellen, für di« d'Ache leitend wirkte. Er über nahm es, während d'Ache's Abwesen heit in England alle Vorbereitungen zu einer Erhebung gegen Napoleon zu treffen, und die Mittel dazu auf dem nicht mehr ungewöhnlichen Weg« des Raubes öffentlicher Gelder herbeizu- Mit Begeisterung erklärte sich Frau Aquet de Ferolles bereit, den Sireifzug an der Seite ihres Gelieb ten mitzumachen. Man war überein gekommen, den Wagen, in weichem Steuergelder von Alencon nach Caen geführt wurden, auszurauben; die kühne Abenteuerin bestimmte, da sie jeden Schlupfwinkel in der Normandie genau kannte, die Stelle, wo das Ver brechen vollführt werden sollte. Le Chevallier hatte seine Leute aus gewählt und an ihre Spitze einen ver läßlichen Führer gestellt. Im Juni >des Jahres 1897 ward das Altentat dem besten Erfolge ausgeführt. Die geraubte Summe 69,099 Tha ler wurde nach getroffener Verein barung den Brüdern Buquet zur Auf bewahrung übergeben. Am nächsten Tag« fch?n erschien Frau Aquet de Ferolles bei ihnen und forderte sür ih ren Geliebien 3499 Franken von dem Raube. Man wagte es nicht, sie ab zuweisen. Das Geld verwendete sie zur Tilgung von Schulden, die Le Chevallier zu Parteizwecken contrahirt hatte; dieser war noch vor dem Hand streich nach Paris geeilt. Mit Recht vermuthete der Polizeiminister F"uch«, als ihm die Nachricht von dem Verbre chen berichtet wurde und er erfahren hatte, der kühne Chouan weile in der Hauptstadt, daß L: Chevallier absicht lich nach Paris gekommen sei, um je den Verdacht, als ob auch er die Hand mit im Spiele gehabt hätte, l-urch sein Alibi von sich zu lenken. Darum be schloß er, ihn nicht verhaften zu lassen. Allein die Polizeiagenten fanden ihn nicht mehr in Paris; er war in die Normandie, nach Cum zurückzetebrt; offen that er es; er versuchte cs nicht, sich zu verleugnen; so konnte man ihn denn leicht fassen, als der Verhaiisbe fehl ihm nachgeschickt ward. Sofort wurde er nach Paris überführt; ent schieden leugnete er es, an dem Raube theilgenommen zu haben; man glaub te ihm jedoch nicht und iniernirt« ihn im Temple. Bald lenkte sich auch ge gen die Frau de Ferolles der Verdacht. Wohl war diese von ihrer Mutter, die der Angelegenheit ganz ferne gestanden und erst von dem erfolgten Raube er fahren hatte, gewarnt worden, wohl hatte die alte Frau in ihrer mütterli chen Angst alle Beweise der Schuld zu entfernen gesucht, allein Frau d« Fe rolles hörte nicht auf den wohl gemeintenßath, denn sie war der festen Ueberzeugung, d-ß chre Unschuld von Niemand bezweifelt würde, überdies hielt sie sich durch das Wohlwollen der Lokalbehörden vollständig gesichert. Der Gendarm«rie-Commandant Elmu v«l soll ihr, wie sie sagte, versprachen haben, daß er sie beschützen werde. Um welchen Preis er es that? Dem Zauber, den ihre Erscheinung, ihr ganzes Wesen auf alle Welt ausübte, konnte sich auch Chauvel zu feinem tigenen Verderben nicht entziehen, er ward psl chlvergissen und handelte ge gen seinen Diensteid. So war denn Es währte nicht lange und die Ba ronin von Ferolles ward einem Ver lage dienten, allein ihre auffallende Verlegenheit und sichtlich« Erschrocken heit b«siätigten dem Untersuchungs r chter die gegen sie vorgebrachten Be schuldigungen. „Sie haben mir nicht die Wahrheit gesagt," bemerkte er am Ende des er sten Verhörs; „Sie thäten besser da ran, Alles zu bekennen. Ich gebe Ihnen bis morgen Bedenkzeit. Röthi gen Sie mich nicht, gegen Sie mit aller Strenge vorzugehen." Die leichtsinnige Frau fühlt« sich dadurch ganz niedergeschmettert. Sie hielt sich für verloren und noch wußte sie nichts von Le Chevallier's Verhaftung. In ihrer Noth soll sie men haben, den Chauvel jedoch angeb lich vereitelt hat. Aus dem zweiten Verhör empfing der inquirirende Rich ter die entschiedene Ueberzeugung von ihrer Schuld; wenn er sie gleichwohl ziehen ließ, so that er es aus Schwäche auf die Bitten einer ihrer Freundin nen. Allein kaum war der Bericht darüber höheren Ortes erstattet wor den, so ward sofort der strengste Be fehl zu ihrer abermaligen Festnihme ertheilt. Chauvel wurde mit dem Vollzuge betraut. Anstatt ihm sofort nachzukommen, gab er der geliebten Frau «inen Wink und sie entschlüpfte den Nachstellungen; ja «r bot ihr in einem «igens von ihm gemietheten Haufe ein Asyl an. Es währte jedoch nicht lange und Frau Aquet de Ferol les fühlte sich hier nicht mehr sicher. Ein unstetes, trauriges Leben begann nunmehr für sie. Des Tages durch streifte sie die Wälder, des Nachts suchte sie ein Obdach bei gutherzigen Bauern der Umgebung. Aber noch stand sie unter dem Schutze Chauvel's; er führte die Häscher, die nach ihr fahn deten, absichtlich auf falsche Fährten. Jede freie Stund« widmete er «r scheute den anstrengendsten, mühsam sten Weg nicht, um einige Minute« in ihrer Nähe weilen zu können. So führte sie längere Zeit ein überaus abenteuerliches L«b«n, wiederholt Pro ben ihrer Unerschrockenheit ablegend. Die Polizei fahndete indeß unaus gesetzt nach ihr. Da sie ihre Spur verloren hatte, wendete sie sich an ihre feit dem 29. August verhaftete, zuerst in Euen internirte, sodann nach Rouen in d«n Kerker überführte Mutter, an die Marquise von Combray. Allein diese war in ihren Antworten übirauS vorsichtig, fodaß die Polizei weiterhin im Unklaren blieb. Da trat ein Mann in den Vordergrund, der in der traurigen Lebensgeschchte der Frau Aquet de Ferolles eine wenig benei denswerthe Rolle spielen sollte; es war der Secretär der Mairie zu Rou en, Namens Liquet. Er hatte schon früher Proben seines SpllrtalentS ab gelegt; so verfiel man denn darauf, ihm freie Hand in dieser leidigen An gelegenheit zu lassen. Nach seinem Gutdünken möge er vorgehen, wenn er nur zum Ziele gelange. Liquet über nahm freudig dies« Mission, in d«r deren Zelle, heuchelte Mitleid mit ih- und Ihres Alters sich selbst bedienen! gesunden, daß Chauvel die Verhaftung der Flüchtigen vereitelt habe. Aber «r hll:«te dies Geheimniß, denn schon Zelle der Marquise, höchste Zeit/ Bitten Sie ihn, Ihre Tochter in Caen Mensch und wird Ihre Bitte nicht ab reisen." Di« Marquise war von Liquet's Ausrichtigkeit so sehr überzeugt, daß sie ihm aus Dankbarkeit 12,909 Fran ken, die sie bei sich versteckt hatte, an bot; Liquet ließ sich erbitten und nahm schließlich die Summe an; er über schickte sie sofort dem Departementprä fekten. Den Brief, den die Marquise an ihre Tochter geschrieben hatte, über gab Liquet Delaistre, als dieser nach Caen reiste, um daselbst einer früheren Verabredung gemäß mit seinem Freunde Chauvel zusammenzukom men. Am 3. October fand die Begegnung statt, bei d«r auch Frau Aquet de Ferolles und ihre Freund« anwesend war«n. Delaistr« übergab ihr den Brief der Marquis«. Nachdem sie ihn durchgelesen hatte, erklärte sie, um kei mn Preis d«n Rath ihrer Mutter be folgen zu wollen, denn sie fühlte sich so werde sie von den Behörden in Caen nicht verurtheilt werden. Erst die Be merkung Delaistre's, daß diese Ange legenheit dem Gerichtshöfe zu Rouen übertragen worden sei, bestimmte sie, auf den Vorschlag der Mutter einzu gehen. Die Zeit der Abreise ward für den nächsten Tag festgesetzt. Am schwersten fiel der Abschied Chauvel, ob ihn auch die geliebte Frau tröstete. Am Abend reiste sie in Delaistre's Be gleitung ab; sie reisten nur in der Nacht. Am zweiten Morgen, als sie in Pont-Audemer in einem Wirths haus einkehrten, wurden ihnen von ei nem Gendarmen die natürlich auf fal sche Namen lautenden Pässe abver langt. Delaistre überreichte sie, Furcht h«uch«lnd, dem Wächter d«s Gesetzes — es war dies Liquet. „Die sind nicht in Ordnung," bemerkte Liquet strenge. „Ich führe Euch nach Rouen, wo Ihr Gelegenheit haben werdet, Euch auszuweisen." Liquet ließ sich von den in ernstem Tone vor gebrachten Einwendungen Delaistre's nicht irremachen, er führte ihn und seine Begleiterin nach Rouen. Hier «rst ward dies« «s inn«, daß sie das Opfer eines schlau ausg«dachten Pla nes geworden; im Kerker zu Rouen hatte sie nunmehr Gelegenheit, die ver gangenen Tage sich in Erinnerung zu rufen und über die Ungewißheit der Zukunft nachzud«nk«n. Liquet war der Streich gelungen. Es handelte sich nunmehr darum, Frau Aquet de Ferolles zum Geständniß zu bringen. Liquet übernahm auch die Lösung dies-r nicht leichten Aufgabe. Die zwei ersten Tage überließ er di« Gefangene ihrem Schmerz; am drit ten Tage erst erschien er in ihrer Zelle, noch immer als Gendarm gekleidet; er rief sie b«i ihrem wirklichen Namen an. „Sie kennen mich?" fragt« sie über rascht. „Ich kenne Sie!" Dieses Wort schmetterte sie nieder. Sie wußte nunmehr, daß sie verloren sei. Sie ve-rlegte sich auf's Leugnen, ihre Unschuld betheuernd. „Ihr Leugnen ist unnütz," bemerkte Liquet darauf in freundlichem Ton«. „Wir wissen Alles. Gestehen Sie Ihr« Schuld «in. Das ist auch das beste Mittel, das Mitleid der Richter zu er „Wenn Si« Alles wissen, so muß man mich denunzirt, qerrathen haben! Wer ist der Elende?" „Der Notar Lcfebvre," gestand Li quet. (Es war dies jener Mann, der die Gelder zur Ordnung von Cheval lier's Schulden übernommen hatte.) „Er hat mich auf Ihre Spur geleitet. Ein bei Delaistre gefundener Brief Ihrer Mutter hat Ihr Verderben vol lendet." Liquet erwähnte diesen Brief ab sichtlich, weil er wußte, daß zwischen Mutter und Tochter Niemals ein gutes Einvernehmen geherrscht hatte; der Brief gedachte Rosaliens in sehr lieb loser Weife, Liquet hoffte nunmehr, daß die Tochter mach Einsichtnahme in das Schreiben ihrer Mutter in ihrer Entrüstung Aeußerungen werde fal len lassen, die für die Untersuchung von dem größten Weiche sein tonnten. Und er hatte sich nicht getäuscht. „Da man mich ausgeliefert hat," schrie sie voller Erregtheit, „ist es an mir, zu sprechen. Ich werde Alles ge stehen, ich mag nichts verheimlichen. Ich weiß, daß ich mein Verderben her beiführ«. Allein der Tod schreckt mich nicht. Ich suche ihn schon lange; Ich bin auf ihn vorbereitet. Sehen Sie," fügte sie, auf ihren Kopf zeigend, hin zu, „ich habe mein Haar, das man so schön fand, abschneiden lassen; denn ich wollte nicht, daß «s der Henker be rühre." tung abgesehen hatte, sondern blos den Wunsch hegte, sich zu rächen. Ihre Liebe zu Le Chevallier, das ist ihrem Geständniß zu entnehmen, war «in« tiefe, aufrichtige, ernste. Ihr Ver hältniß zu Chauvel erklärte sie für ein: Schutzes halber, den er ihr gevsien, habe si« ihm Liebe geheuchelt. Nach dem das erste Verhör beendet war. be kräftigte sie mit ihrer Unterschrift dies« mord dachte. ' Während des zweiten Verhörs nannte sie, um Le Chevallier zu retie», opferte sie Alle vergeblich auf, Le Che cillein da man feinen Sohn und seine Schwägerin «daraufhin verhaftete, slekl.'e er sich wieder der Behörde. E! 9. Januar 1898 zum Tode verurtheilt und noch an demselben Tage hinge richtet. Zur gleichen Strafe wurden auch Frau Aqeut de Ferolles und eine An zahl der Mitschuldigen am 39. Decem ber verurtheilt. Nachdem das der Marl« Äntoin tte und Charlotte PfMt, den Gerichtshof zu g«n, daß Frau Aquet de Ferolles sich in anderen Umständen befindet." Das war ein Theatercoup. Ueber ein Jahr lang war die Berurtheilte im Gefängniß gewesen; Nie!" and glaubte ihrer Erklärung, der Gerichtshof je doch muhte davon Notiz nehmen. Es war klar, daß sie den unmittelbaren Folgen des Urtheils sich zu entziehen wünschte in der Erwartung, begnadigt zu werden. Allein ihre Hoffnung war eine eitle. Vergebens hatten ihre zwei 20. Juli 1809 langten sie daselbst an. vor dem Schloßthor die Rücklehr des Kaisers ab. Als Napoleon aus dem Wagen stieg, bemerkte er die schwarz gekleidete Frau und die zwei zarten und Waisen eines bei Wagram gefalle nen Officiers vor sich zu sehen. Er schritt auf sie zu; da fielen die Klei- Dabei überreichten sie dem Kaiser eine Bittschrift. Er nahm sie entgegen, flog sie durch und sagte: „Ich habe nicht die Macht dazu." Nochmals wie derholt« «r: „Ich kann keine Gnade walten lassen." In seine Gemächer zurückgekehrt, gab er seinem Unwille» Kaiser nicht hatten durchsetzen kön nen. Allein dazu sollte-es nicht mehr kommen. Am K. October 1899 ward Frau Aquet de Ferolles von vier Aerz ten untersucht, welche die einstimmige Erklärung abgaben, daß die Äerur theilte nicht in Hoffnung sei. Darauf hin ward sofort der Befehl zur Voll streckung des Todesurtheils erlassen und am 7. October wurde es an ihr vollzogen. Di» setndlichen Nachbarn. Während einer Theuerung sucht der Bürger Schnurz fein feindliches vis-a-vis dadurch zu ärgern, daß er terfchnitt« unter höhnischen Grimassen am Fenster verspeist. Schweigend und mit unterdrückter Wuth hat der andere, Namens Kurz, das Schauspiel einige Mal mit angesehen, als er sich eines Tag«s mit den Worten: „Warte, Du Racker! Dir will ich schon!" in die Tiefe seines Zimmers zurückzieht. Als am «folgenden Morgen Schnurz wie derum hohnlachend sein Frühstück zu verzehren beginnt, öffnet sich auch drü ben das Finster, und Kurz lehnt sich heraus mit einer Schnitte, doppelt so stark gestrichen wie di« des Gegners. Anfangs verblüfft, faßt Schnurz sich bald und legt am nächsten Tag die Butter noch einmal so hoch auf als zu vor. Aber ohne Erfolg; kaltblütig er höht Kurz seinerseits die Auflage. So geht es eine Zeit lang fort, bis Schnur zens Ehehälfte hinter die Verschwen dung kommt und demselben den Zu gang zum Buttertopf versperrt. Tief gebeugt, wagt er jetzt zur Frühstücks zeit nur noch schüchtern hinter den Fenstervorhängen hervorzusehen, wäh rend das verhaßte Gegenüber nach wie vor feinem lukullischen Genusse fröhnt. Aber auch Kurz sollte nicht den Sieg behalten. Als er mit dem wohlgefälli gen Läckieln auf dem breiten Antlitz eines Tages wiederum das Fenster öff net, entfällt die Schnitte seiner Hand. Noch ehe er durch die Thür herausstür zen kann, ist Schnurzens wackeres Schnauzerl, das schon lang« mißver gnügt dem schnöden «Schauspiel zuge sehen hat, herllbergesprungen und trägt die Beute triumphirend in das Haus seines Herrn, wo sich alsbald stürmi sches Siegesgeschrei erhebt: Kurz hatte statt der Butter Kartoffelbrei aus gestrichen. Gefehlt gegen den gu te nTo n. Ein neugibornes Brüder chen hat wiederholt unzweideutig be wiesen, daß es im Besitze ganz außer ordentlicher Stimmenmittel ist, zum nicht geringen Leidwesen des kleinen Fritz. Fritz (zur Mama): Nicht wahr, das Brüderchen war im Himmel, ehe es zu uns kam? Mama: Ja mein Söhnchen. Fritz: Da kann ich es den Engeln im Himmel eigentlich nicht verdenken, daß sie es hinausgethan ha. ben! Erfahrung. Ell!: „Ich mag keinen Roman mehr lesen! Jedesmal hört er auf, wenn sie sich lricg-n und es dann am schönsten >vird." Vater: „Dumme Gans! Wer hat Dir denn gesagt, daß es da am schönsten wird?" Zahltfichbefser. Isaaks: „Hat Cohen je Bankerott gemacht?" Levy: „Nein, er hat «in paarmal Feuer gehabt, er denkt, daS bezahlt sich bes. ser." Der Trauring. Kek Schmuckgegenstand im Laden deS Goldschmieds hat eine interessan tere Geschichte als der Ring. Ihn tru gen schon im grauen Alterthum Ju den und Aegypter, Griechen und Rö mer. Ringe galten als Ehrenzeichen oder als Symbol der Versöhnung. „Thuet ihm an ein festlich Gewand," heißt es in der Geschichte vom verlore nen Sohne, „und steckt ihm einen Ring an den Finger!" Die Poesie ließ den Ring früh ein Zeichen der Zuneigung, und im Laufe der Zeit das Sinnbild des ehelichen Bundes werden. Denn er, dessen klei ner Cirkel weder Anfang noch Ende hat, ist das Sinnbild der' Ewigkeit. Wahre Liebe triuinphirt über die Zeit, sie ist ewig. Gemäß dieser Ohrringe sind mehr ein Tand, ein bloßer Zierrath, aber der Fingerring, und ganz besonders der Trauring, ist ein kleines Weltrund von Freude, von Erinnerungen und süßen Gedanken an holde und ernste Ereignisse. Von rei nem, glattem Golde, erinnert er das Ehepaar stets an die Reinheit und Ewigkeit der ehemaligen Liebe. Wie jedes andere Metall, so soll Gattenliebe widrigen Einflüssen widerstehen, ja, ihr Glanz soll von Jahr zu Jahr zu nehmen. Dann erinnert die kreis- Well' auf Welle, sich folgen. Stark das zwei Herzen mit einander verbin det; es soll keine qualvolle Kette, aber auch kein zerreißbarer Faden sein. Ger, weil zuweilen Deine Thränen darauf sielen. Sie haben das Gold nicht verdünnt und den Kreis nicht ge brochen. Und Du, trauernde Wittwe, die den Verlust eines geliebten Gatten Glanz und Werth hat der klein« Gold det Deine Gedanken mit dem Himmel; er ist das Unterpfand eines geistigen Bundes hier auf Erden, der einst im Himmel erneuert wird. Er spricht dm Trost Dir zu: „Lieb' ist stärker als der Tod!" Etne ~HcrzenS"-«escht»t«. Elschen nett Sehr kokett. Und wie's Brauch Assessor auch! Herr Baron Drei Herren „von", Bürgerlich Zahl fürchterlich Kurz, sie hat Ganze Stadt So erwärmt, Daß sie schwärmt. Herz bleibt kalt Keinem schallt Erlösend: „Ja Sprechen Sie mit Papa!" Ihre Näh' Flieh'n, o je Viele Kalo, Weil Elschen kalt. cher wird Wohl erkürt? Elschen lacht Voll Liebesmacht Diesem Jenen Mann Zärtlich mild Himmelsbild. Wer erschaut In ihr die Braut?! Geht, auf Ehr' So nicht mehr! So'n Rival Sehr fatal! Ei ner. was? Beißt in's Gras. Zum Duell Kommt es schnell. Grüner Plan - Mann gegen Mann. Einer todt And'rer roth! Sieger eilt Unverweilt Mit frohem Sinn Zu Elschen hin. Ohn' Rival Liegt jetzl der Fall. Doch Elschen, nett Aber kokett Duell Geh'n Sie nur schnell. Freier betrübt Weil wirklich er liebt Von dannen geht. Da ent steht Im Herzen, ach Ihm ein Krach! Es brach, o weh In Als Elschen das sah Fühlte ihr Ist vor Schreck Fast ganz weg. Ist ganz zerstört Schirm fällt zur Erd'. Neue, wie man kennt drei! Frage. Bleib' Alt bei All und Jung bei D' L b s 'sh t be E', gen?! Stoßseufzer. Frau Neu mann (Nachts um zwei auf ihren Gal' len wartend und vor langer Weile die Zeitung lesend): Mittel, seinen zu« lünftigen Mann zu finden (seufzend): ber. sich ein Loos nehmen, Fräulein!" Fräulein: „Ach, ich gewinn« doch nichts!" Händler: „Sie gerad« Glück in d«r Liebe haben Sie doch wohl