Erinnerungen einer Schwiegermutter (11. Fortsetzung.) Mrs. Franks Mukt«r. Frank Tressid«r und seine Frau sind, wie gesagt, jetzt in Australien; das ha be ich bereits erwähnt, ehe ich noch et was andres von ihnen erzählt habe. Wären si« noch in England, dann wäre ich nicht imstande, so ofsen von ihnen zu sprechen, als es mein« Wahrheits liebe, die immer «ine meiner hervorra gendsten Charaktereigenschaft«,, geivefen ist, verlangt. Ich möchte nicht gern etwas Un freundliches über meinen Sohn Frank sagen. Wie oft hat sich mein Mutter herz nach ihm gesehnt, und wie oft ha ben sich meine Augen mit Thränen ge füllt, wenn ich mich zur Weihnachtszeit Amsah und die Lück« wahrnahm, die s«!n« Abwesenheit in unsren kloin«n, traut«n Familienkreis gerissen hat. Vielleicht ist „kleiner" Familienkreis kam» die richtige Bezeichnung dafür, denn er ist jetzt, wo die Kinder groß ge nug sind, um mit am Tische zu essen, «in recht zahlreicher Kreis geworden, und wir haben manchmal Schwierigkei ten mit den Stühlen. Eins der Mäd chen ist wahrhaftig aus dem Dienst ge gangen, weil, wie es sagte, zu viel Tel ler auszuwaschen seien und es sich nicht in einen Gasthof, sondern in eine Pri vatsamili« vermiethet habe. Dienstboten sind wirklich zu unleid lich, und in manchen Familien werden sie rasch die «igentlichen H«rr«n, zwar nicht in mein«r, d«nn ich will lieber bet teln gehen, als daß ich mir vorschreiben thun soll. Die Fragen, die sich manche Mädchen herausnehmen, wenn sie sich nach einem Platz erkundigen, wären sicher kaum von der Inquisition gestellt wvrd«n. Ihr könnt «uch vorstellen, wie mir zu Muthe war, als mich ein junges Frauenzimmer in einem feinen Hute ei nes Tages fragte, ob ich viel Gesell schaft im Hause sähe. Ich sah mir die unverschämte Per son einen Augenblick an und sagte dann: „O nein, gar keine. Der Herr wichst sich di« Stiefel selbst und wir habe» einen Fahrstuhl zum ausschließ lichen Gebrauch für das Hausmädchen. Guten Morgen." Das Mädchen roth, erhob sich und sprach: „Mein Fährgeld, wenn ich bitten darf." „Ihr was?" fragte ich. „Mein Fahrgeld. Si« haben mir das Fahrgeld für einen Weg versprochen, trenn ich herkäme." „Ja, das habe ich gethan, aber ich war der Meinung, Sie wären ein Dienstmädchen, das sich nach einer Stelle umsähe. Sie sind aber augen scheinlich eine jung« Dam« und nur irrtümlicherweise hierher- gekommen." „Sie müssen mir m«in Fahrgeld ge ben, Madame. Ich wohn« in Jslington, «nd Si« können mir nicht zumuthen, daß ich es aus meiner eigenen Tasche bezahl«." „O, gewiß nicht," entgegnete ich. „Wenn Sie die Güte haben wollen, sich hinunter zu bemühen und einstweilen im Salon Platz zu nehmen, lverden Sie «in Photographiewlbnm mit den Bil dern der ganzen Familie finden; damit können Sie sich die Zeit vertreiben, während ich den Wagen für Sie an spannen lasse." „Ihren Wagen will ich nicht, ich ver lange mein Fahrgeld," antwortete das Mädchen. „Den Wagen oder nichts; Geld be- Da S' kl sen Sie nur auf, ob ichs nicht thue." „Sie werden verlieren. Ich bin voll kommen bereit, Si« im Wagen nach Haufe M schicken, weiter aber können Sie nichts verlangen. Das Geld, das ich Ihnen versprochen habe, lvar für den Omnibus, und w«nn ich Ihnen meinen Wagen anbiete, dann brauche ich Ihnen doch den Omnibus nicht zu bezahlen. Thun Si« übrigens, was Ihnen beliebt." Das Mädchen sah, daß es seinen Meiskr gefunden hatte. Mit einem wü thenden Blick und den Worten, ich sei keine anständige Dame, segelte es aus dem Zimmer und die Treppe hinab und schmettert- die Hausthür hinter sich in's Schloß, daß es dröhnte. Aber wenn ich ansangen wollte, mei ne Erfahrungen mit Dienstboten zu schildern, so würde ich so leicht kein Ende finden. Nicht als Mutter und Hausfrau, sondern als Schwiegermut ter versuche ich, auf diesen Blättern meine Pflicht gegen die Gesellschaft zu «rfüllen. Da ich aber einmal von Dienstboten spreche, will ich doch noch ein« Erfah rung mittheilen. Wir hatten einmal ei nen Burschen aber nur einmal. Es war Mr. Tressiders Idee; er meinte, es mache sich besser, ivenn wir einen Bur schen hätten, der die Hauschür öffnete, nnv der Junge könne außerdem die Stiefel und Messer putzen, anstatt des Kutschers, der immer darüber brumm te, wobei sich Mr. Tressider natürlich so recht nach Männerart aus die Seit« d«s Kutschers stellte. Eines Umstandes wegen war mir die Sach« ganz recht, und zwar darum, wekl der Kutscher dann nicht so oft in's Haus kam. Kutscher und StallknePe hab« ich nicht gern im Hause; sie Klatsch in der Nachbarschaft. Wenn ich Zeit finde, werde ich 'mal die Geschichte «in«rNachbarschast schrei ben, wie sie die Dienstboten erzählen. Augen schön aufreißen. Ich weiß, was geschwatzt wird, und kenn« di« unglaub- lichen Geschichten, die umlaufen, durch mein Mädchen, das schon viele Jahre bei mir ist und mich manchmal mit dem unterhält, loas es in der Küche und der Gesind«stube des Gasthauses auf dem Lande hört, wo ich mich mei ner Gesundheit wegen häufig aufhalt«, denn macht diese öf tere Abwesenheiten von Hause noth wendig, besonders im Winter, der mit zunehmenden Jahren immer unerträg licher in London wird. Es ist hvltiges tags wirklich schwierig, zu sagen, wel che Jahreszeit in London erträglich ist, denn sie sind sich alle gleich schlimm. Wir versuchten es also mit einem Burschen. Er lvar ein ganz angeneh mer Jung«, aber du meine Güte! Nie hat sich das Sprichwort: „Der Schein trügt!" mehr bewahrheitet. Obgleich nur siebzehn Jahr« alt, er griff ihn eine rasende Leidenschaft fiir die Köchin, di« zum mind«steN s«chs unddreißig alt war, w«nn sie auch nur achtundzwanzig zugab. Si« hatte au ßerdem einen Schatz, «inen Gardisten, der sie Heirathen wollte, sobald sie G«ld genug zur Einrichtung ein«s Häuschens erspart hätte. Infolgedessen war sie na türlich sehr kalt gegen den Burschen und ging auch nicht gern mit ihm, weil sie sich mit so einem Knirps nicht lä cherlich machen wollte. Es dauerte einige Zeit, bis ich da» hinter kam, weil mein dummeS Haus mädchen, das etwas überspannt war und viel Hintertreppenroman« las, mit d«m albernen Jungen Mitleid hatte, Köchin infolge einer kleinen MißHellig keit über ihren Regenfchirm nicht leiden Die Köchin hatt« nämlich eines merjungfer ohne deren Wissen geborgt unv in einem Omnibus stehen lassen«. Di« arme Jungfer war am nächsten Sonntag in einem neuen Hute mit Straußenfedern, aber ohne Regen schirm ausgegangen, um mit ihrem Schatz zusammenzutreffen, und da «s heftig geregnet hatte, waren die Federn arg mitgenommen worden, und di« hellblaue Farbe, womit sie gefärbt wa ren, hatte sich über ihr Gesicht ergossen. Sie hatte so scheußlich ausgesehen, daß ihr Schatz bei ihrem Anblick laut ge locht hatte und das Verhältniß infol gedessen abgebrochen worden war. Die Kammerjungfer war lange Zeit un tröstlich und machte der Köchin den Vorwurf, sie habe ihren Schirm ge- So standen di« Sachen, als James (sein eigentlicher Name war Alfonso, aber so konnten wir ihn doch unmöglich nennen) sich . der ungewöhnlichsten Weise zu 5 -ynien begann, weil di« Köchin s«ine Aufmerksamkeiten zurück wies. Etwa sechs Wochen, nachdem er sei ne Stelle bei uns angetreten hatte, be merkte ich, daß James immer in Ge danken und sonderbar in feinem Beneh men war, allein ich ahnte die Wahrheit nicht. Weim er bei Tische aufwartete Kartoffeln reichte, dann starrte in's Leere, hielt einem aber im mer die Kartoffelschiissel hin. Und wenn er nichts herumreicht«, dann stand er hinter meinem Stuhl und seufzt« in so unirdischer Weise, daß ich mich einige Male ganz erschreckt umwandte, in der Erwartung, einen Geist zu ssh«n. Eines Tages aber wurde ich ernstlich beunruhigt, als das Hausmädchen her aufgestürzt kam. „O, Madame, bitte, kommen Sie doch herunter. James wälzt sich in den zräßlick»sten Schmerzen auf dem Boden, preßt«. „Was gibt's d«nn? Was ist denn Hausmädchen sing an zu weinen und sagt- „Ach, Madame, fragen Sie nur die Köchin." „Wo ist sie denn?" fragte ich des- Jch fing an zu glauben, di« ganze Gesellschaft sei verrückt geworden. Als ich an die Speisekammer kam, fand ich Thürklinke. „Sind Sie drin, Maud? Was soll chin stöhnend, „sagen Si« nur nicht, „Todt? Papperlapapp! Ich weiß lieber Gott, er sah so furchtbar aus, daß ich glaubte, er wolle sterben, und ich habe nie jemand sterben scheu kön nen. noch nicht einmal eine junge Katze, geschweige denn einen Menschen." Die Erklärung stellte mich zwar nicht ganz zufrieden, aber ich wußte, daß bil liger 'Lüchsenhu'inmer manchmal sehr bösartige Wirkungen hat. Er solle in eine Apotheke gehen und sich etwas ge ben lassen, sagte ich demnach, und ivenn er sich danach nicht wohler fühl«, könne er sich zu Bett legen. Danach hörte ich lang« Zeit nichts mehr, und ich hatte die Geschichte fast vergessen, als die Köchin eines Tages selbst in's Zimmer gestürzt kam. „O, Madame," rief sie, „James hat sich mit einem Strick in die Skiefelkam mer eingeschlossen, und auf dem Kü chentische hat er einen Zettel liegen las sen, auf dem floht, er wolle sich auf hängen, und wir sollten ihn nicht eher absckMeioen, als bis er ganz todt fei." „Allmächtiger Himmel!" rief ich cms. „Was soll denn das mm wieder hei ß«n? Ich muß der Geschichte auf den Grund kommen." So schnell ich konnte, rannte ich die Treppe hinab und fand das Hausmäd chen und die Kammerjungfer vor der Stiefekkamnier knieend, hie von innen verschlossen war. Sie weinten, schluchz ten und flehten James durchs Schlüs selloch an, sich doch nicht aufzuhängen, sondern an sein« Mutter zu denken. Ich schob sie zur Seit« und donnerte „James, sind Sie da drin?" fragte Nur ein tiefes Stöhnen erhielt ich zur Antwort. „Laufen Sie hin und holen Sie rasch Das mochte den jungen H«rrn er schreckt haben, denn er öffnet« die Thür. Da stand er in der Mitte des kleinen Raumes und von einem Haken in der Decke hing ein Strick herab mit einer Schlinge am Ende, und darunter stand ein Stuhl. Ich nahm d«n Nichtsnutz bei den Schultern und schüttelte ihn ordentlich. „Na, was soll denn das heißen?" fragte ich. Er antwortete nicht, sondern sah mich nur dumm an und räusperte sich. Als seine Mutter kam, ließ ich sie ich eine große Erleichterung. „Ich will keine männlichen Dienstbo ten mehr imHause wohnen haben," sag te ich am Abend zu John Tressider, „und wenn Spink" (5», s war der Kut- Allein es kam nicht so weit, denn Spink sprach sein« Bereitwilligkeit aus, sie wieder zu putzen; er wolle alles thun, „was die Herrin verlange." O ja, Meister Spink that alles, was di« Herrin verlangte! Ich bezweifle kei nen Augenblick, daß Mr. Tressider für das Stiefelwichsen heimlich seinen Lohn erhöht hat, nur damit ich nicht sag«n könnte, er fürcht- sich vor seinem eige nen Kutsch-r. Meine Erfahrungen niö gen unzewöhnl>cl> sein, allein ich habe gefunden, daß Männer im allgemeinen von v-r Behandlung der Dienstbote« nichts verstehen und daß ein pfiffig«? Bedienter seinen Herrn um den Finger wickeln kann. Das Frauenzimmer, >das seiner Frau abgebracht. Im letzte» Ka pitel habe ich erzählt, wie er die Rechts wissenschaft ausgab und als Privatse lretär zu einem angesehenen Kaufmann H-lston und ihre Mutter waren in Paris? das lag, wi« ihr ohn« Zweistl schon g«hnt habt, der ganzen Geschich te zu Grunde. Während er in Paris war, ertheilte Lauras Mutter ihre Einwilligung zur Verlobung, aber uns sagte' er noch dann ganz unverfroren eröffnete, er s« im Begriffe, in Paris zu Heira then, und mich und seinen Vater zur ge Dame habe ihr Leben in Pensionen und Gasthöfen verbracht, sprach ich: „Nun, Frank, das ist meiner Ansicht nach leine sehr gute Schule für eine Frau. Was kann sie da vom Haushalt n« Dam«." Nun, er heirathete feine Dame, und wie ich «rivartet hatte, wurde sie und ihr« Mutter Paris sehr bald müde. Schon nach kurzer Zeit hörten wir, Frank kehre nach London zurück. Es Pariser Hauses angeboten worden. Na türlich kam Mrs. Helston mit. Er schrieb an seinen Bruder Wil ein sehr hübsches Häuschen in der Nä he von Westbourne Park. Ich lieh mich keine Muhe verdrießen und sah selbst Schwiegermutter ankämen. Daß die Schwiegermutter im selben Haitse mit ihnen wohnen sollte, war Mutter erst am folgenden Tage einen Anstandsbesuch. Mein erster Eindruck war nicht gün stig. Mrs. Frank Tressider war ein« sehr feine und schöne Frau, aber ihre jemals einen Schnbjack gegeben hat, dann war es Mrs. Helston. Alles an dieser Frau war gekünstelt, gefälscht, Ich hatte nich' die geringste Absicht, Avlöminlingin (kann man diese weib liche Form von Abkömmling bilden?) einer vornekmen Geschlechts gewesen wäre, sie hätte nicht großartiger thun Etwas mehr Geduld und Nachsicht meinerseits wäre vielleicht ganz am Platze gewesen, aber da ich wußte, daß ! sie ihrer Tochter nicht einen rothen ! Heller mitgegeben hatte (sie besaß ohne Zweifel nicht m«hr, als was sie selbst brauchte, und auch das lcni-m) und daß der verstorbene Mr. Helston seine Lauf bahn in London als Hausknecht begon nen und wahrscheinlich seines Großva ters Namen nicht gekannt, obgleich er später eine angesehene Stellung ein genoimnen hatt«, war ihr Benehmen mehr, als Fleisch und Blut ertragen Ich ging mit der Absicht hin. das ksnn ich ehrlich versichern, so liebens wüvdig Äs mißlich zu sein, usd> ich ka«n, wenn ich will, sehr liebenswür dig sein, und wenn vielleicht einige mei ner Kinder «mderS denken, Ho gibt «s doch Leute genug, di« meine große Seibstbeherrschung unt«r den erschwe rendsten Umstünden oft bewundert !v -ben. Ich war aber »och nicht fünf Mi nuten im Haus«, als das Frauenzim mer meine Federn gegen den Strich M bürsten anfing, und zwar wie mir schien, absichtlich. Sie merkte indeß bald, daß, wenn Krieg zwischen uns herrschen sollt«, si« einen ihrer Klinge würdigen Feind vor sich habe, und si- wahrscheinlich ihre Gründ«, daß ich vom inneren Leben in Franks Hau se nicht mchr sehen sollte, als unum gänglich nöthig war. Sie hatte den ar; men Jungen vollständig unter dem Daumen und war die eigentlich« Herrin im Hause. Ohne Zweifel fürchtet« si« mich, denn sie zitterte vor dem Ein fluß, den ich auf meinen Sohn hatte.. Ihn Konnte sie hinters L.icht führen Da Franks Frau während unserer Unterredung anwesend war, sprach ich so wenig als möglich, «der was ich sagte, traf d«n Nagel auf den Kopf, wenn es auch nicht mit französischen Brocken gespickt lvar, und ich schmeichle mir, daß die gnädige Frsn mich voll ständig verstanden hatte.- Ich war froh, als die Zeit kam, wo ich mich wieder em ihrer Mutter. Als Frank mich besuch te, sagte ich nicht viel, denn ich wollt« ihm nicht wehe thun, aber etwaH mußte ich mich doch aussprechen. „Mein lieber Jung«," sprach ich, „ich würde an Deiner Stell« Mrs. Helston nicht allzuviel Macht im Hause einräu men. In der Trauungsformel heißt es: „Das WeiÄ soll Vater und Mutter verlassen und dem Manne anhangen," davon, daß er auch ihre Mutter mit nehme» soll, steht nichts darin." „O, Mrs. Helston ist gar nicht so übel," entgegnete er lachend, „sie hat in mancher Hinsicht sonderbare Ansich ten, weil sie so lange im Ausland gelebt hat, aber ich kann sie doch nicht gut aus die Straße setzen. Sie ist so kränklich, weißt Du." dachte ich bei mir. „O ja, ich könnte auch so kränklich sein, wenn ich wollte. Es ist gang schön, sich bidienen zu lassen und in allem seinen Willen zu haben, >weil man sich und andre überredet hat, daß man kränklich sei." Ich bin ganz sicher, es war lediglich dem Einfluß ihrer Mutter zuzuschrei ben, daß Franks Frau und ich uns entzweiten; allein das soll den Gegen stand einer andern Erinnerung bilden. 16. Erinnerung. Frank und Laura. Als Frau, die nicht mit geschlossenen solchen Heun gehören, ist in der That ein Vorzug. Ein solches ideales Fa milienleben kommt wohl in allen Krei- Jch bin die letzte Person in der Welt, des Ehelebens zu reden, obgleich es natürlich thöricht wäre, wenn man in Abrede stellen wollte, daß es viel gibt, ja es konnnt mir vor, als nehme es in der letzten Zeit sogar zu. Wollte man erwarten, daß alle Ehen glücklich ausfallen, so wär« das unvernunftig, namentlich jetzt, wo junge Männer und Mädchen sich in die Ehe stürzen ohne hinreichende Mittel auf der einen und Erfahrung auf der andern Seite. In meiner Jugend dachte ein jun ger Mann nicht an's Heirathen, ehe er sich nicht «ine gewisse Stillung begrün det hatte; jetzt heirathen sie, und den ken dann erst daran, sich eine zu schaffen. Mit den jungen Mädchen ist es ganz ähnlich. In der guten alten Zeit wurde ein Mäd-chen in der Kunst einen Haushalt zu führen sorgfältig ausgebildet und war in der Regel im stande, einen zu leiten, eh« sie selbst ein«» hatte; jetzt warten si«, bis sie ei nen haben, unv fangen dann an, zu fesseil, und daß häusUche Sorgen di« Famlli.'nbande stärlen, sind sehr schö ne Lehren, aber in Wirklichkeit tressen sie häufig nicht zu. Viel- junge Paar«, die sich bis an's Ende ihrer Tage ge liebt haben würden, werden einander durch Noth und Sorgen entfremdet, die in der ersten Zeit entstehen und ih re Ursache ganz allein darin haben, daß sie ihr« Verbindung siir's Leben eingegangen sind, ehe si- di« Verant wortung des ehelichen Lebens zu über nehmen reif waren. Manchmal gehe ein« Trauung stattfindet, unld wenn ich mich auch nicht unter die grinsende Menge mische, so warte ich doch gern, bis das junge Paar herauskommt. Z-lassen wird der Reis in der Regel geworfen, wem das Paar aus der Kirch« tritt, um in 'd«n Wagen, meist eine Droschke, ,ju steige», und es macht msr Freude, das glückliche Lächeln im Geßcht des jungniMannes und den lie bevcÄen Blick in Srn Augen der jungen Frau zu sehen, wsnn sie sich zum er stenmal auf den Arm ihres Gatten stützt. Der Ausdruck ihrer Gesichter än dert sich aber gewöhnlich unter dem Regen von Reis, denn Reis in iZi« Augen zu kriegen, ist nicht gerade an genehm, und dann reimen sre meist in ziemlich Sicherlich» Weise nach ihrer Droschke. Allein ich 'denks'nicht -m dm Spaß, smidern srige mich: „Haben diese bei den jungem Leute wohl «ine schwache Vorstellung von dem ernsten Schritte, Än sie soebt» gethan? Ahlten sie wohl, daß das ganze Glück oder Unglück ih rer Zukunft >--, n in chren eigenen Hän den liegt?" Fiir mich ist das immer ein setix feierlicher Gedanke, dsmi junge Leute können sich das Loben zum Se gen oder Fluche gestalten. Sie huben eben den Fluß- überschritten und die Schiffe hinter sich verbrannt.' Was wer den sie am andern Ufer anfangen? Wird es fiir sie «in Land der Seligen oder der Unseligen werden?. Min Srhn Frank und Laura hat ten ohne Zweifel die ehrliche Absicht chen. Als sie vor dem Altare standei--, waren sie noch ebenso schwärmeÄsch. als an jenem Abend, wo sie am Ufer des Rkeins einander Treue gelobt hat ten. Beide heiratcheten unter, wie ich es nennen muß, falschen Voraussetzun gen; Faank hatte keine seste Stellung und Laura keine häusliche Erfahrung» Sie waren wie zwei Schiffe, die ohne Vorkehrungen für stürmisches Wetter in See. gehen. Schönw-tt-rMatrvsen wir ren sie, die nicht wissen, was sie thun sollen, wenn sich ein Sturm erhebt. Un glücklicherweise gewöhnlich ge rade die Schiffe, die am wenigsten ge eignet snrd, schwer« -tter auszuhal ten, auch noch ungesch. t geführt. Un erfahrene Schwimmer sind am häu figsten waghalsig und gehen in's tiefe Wasser. Vielleicht spreche ich zu ernst über diese Seite der großen Ehestandsfra ge, aber sie ist mir auch sehr ernst zu Gemüllhe geführt worden. Meines Sohms Frank ganzes Loben litt durch seine unkluge Heirath Schiffbruch, unld obgleich sich seine Frau nicht viel Mü he gab, sich mir gegenüber liebenswür dig zu zeigen, muß ich doch sagen, sie hätte viel besser gethan, wenn, sie ei nen etwas charakterfesteren Mann ge ich merkte, daß Mrs. Helston, als sie zugeben. Sie sprach das mir gegen über auch offen aus; allein anstatt wenigstens den jungen Leuten ein gu tes Beispiel zu geben und sie zur Spar samkeit anzuhalten, nöthigte sie Frank fortwährend, über seine Mittel hinaus zu leben, und sagte ihrer Tochter, sie habe sich an einen „Commis" wegge worfen; aber auf Kosten diesesCommis zu leben, dazu war sie nicht zu stolz. Mrs. Helston war entschieden über ihrer Tochter Partie enttäuscht. Es hät te der gnädigen Frau freilich besser gepaßt, wenn diese einen reichen Mann in angesehener gesellschaftlicher Stel lung geheirathet hätte. Dann wäre auch sie in die Lage gekommen, eine Nolle zu spielen, und nichts gefiel Mrs. Helston besser, als auf andrer Leute Kosten eine Rolle zu spielen. (Fortsetzung folgt.) Ziir die Küche. Grüne Kräuter-Suppe.- Um diese Suppe herzustellen, hackt mai» einige Hände voll Petersilie, Spinat, Kerbel und Schnittlauch recht fein und zerstampft diese Masse in einem Mör ser. Kräftige Fleischbrühe wird mit Hellem Butleimehl dünnseimig gekocht und die zerstampfte Kräutermasse hin eingeschüttet. Kurz vor dem Anrichte» zieht man die Suppe mit einigen Ei dottern ab. Diese Suppe sieht sehr schön aus. schmeckt sehr kräftig und wird gewöhnlich mit in Butter geröste ten Semmelschnitiien angerichtet. Die Hauptbedingung ist, daß man dt: Ssype nur kurze Kit kochen läßt, da mit si« ihre schöne grüne Farbe behält. Gedämpfte Krrto ff« k o, ein» einfaches, ab?r vorzügliches Gericht. Rohe Kartoffeln werden geschält, iw inittelifiohe Würfel ge-Zchnittm un? in> kaltes Wasser zelegt, kis fv gekocht: «erden. Auf e!n Quzn!Kart»ffelwür-- Kl rechnrt man etwa 2 Unze» durch-- lvachfentti Speck, den mun ansbratet. In das gewönne,« Fett «ihr! man ei-- n« Eßlöffel MehL. bis es schäumt, gibt nach und nach ein Pint Wasser hinzu und läßt Äiese Mischung W Minutei« kochen.-nachdem maa sie mit einem Eß lösftl' Salz' und einem Wrtel Thee» lössel Pfeffer abgeschmeckt hat. Die Kasserolle mit gut schließendem Tücket Feuer daß die Brühe nur sehr wenig, wallt. Die Kartoffelwürfel müssen 46 Minuien kochen und> werde« ire geschlossener Schüssel s«virt. Sch weein s-n ie r e und Kwl bs gehirn (österreichisches Gericht). Man schneidet eine Niere in seine Scheibchen-- salzt. Pfeffert und bratet sie S Minuten im Schweinefett mit fein gewiegter Zwiebel. Zu gleicher Zeit häutet man ein Kklbsgehrm, wäscht eK mehrmals in frischem Waffer und bm» 5 tet es ebenfalls in Schweinefett mit ge -5 wiegter Zwiebel K!Minuten..Män rich» , tet beides n«b'enemander an oder legt 5 die Niere in die Mitte, das Hirn rings ! herum und gibt eS Abends mit Brat» ' kartoffeln und Sauerkraut oder fri " schein Salat: Man kirim auch Schweinsgehirn und Hcnnmelnierei» verwenden. G la si r t e- S ch w e i nefi letS. Die Schw«inefilets «Möhrbratrn) lver den abgehäutet, miL feinem Speck ge spickt, mit Butter >md Salz in eine Kasserolle gethan und in einem Brut ofen gar gedünstet, indem man von Zeit zu Zeit ein wenig gutes Jus und wei ßen Wein dazu gießt und sie hiermit, vorzüglich aber zuletzt, recht fleißig be gießt, damit sie sich recht schön glcrsiren. Beim Anrichten dieser Schweinefilets gebe' man eine kräftige, braune Oli vensauce und gebratene Kartoffeln be sonders dazu-. Paprika - Hähnd el. Man zergliedere das Hähndek, salze es leicht und bestäube es mit Mehl. Zwei fein geschnittene Zwiebeln werden in But ter gedämpft, dann legt man die Hähn delstücke hinein, rühre das um und gebe einen halben Theelöffel echten Königs paprika hinzu, rühre es abermals rasch um, gieße sofort ein Trinkglas voll Wasser darauf und lasse es eine halbe Stunde lang zugedeckt, unter oftmali gem Schütteln, in der Kasserolle sieden. Nachdem man es später noch eine Weile offen sieden ließ, gibt man etwasßahin hinein, läßt einige Male auskochen un!» richtet an. Gebackener Blumenkohl. Die festen Knospen eines Blumenkohles werden sauber gereinigt und in Salz wasser fast weichgekocht; man läßt sie abtropfen, wendet sie in Ei und Sem mel und bäckt sie rasch in brauner But ter. Kochzeit 20 Minuten. Gefüllte Gurken. Vier bis sechs mittelgroße grüne Gurken werden geschält, in zwei Theile geschnitten und mittels eines silbernen Löffels inwen dig ausgehöhlt, worauf man sie gut ausspült, in siedendem Wasser abkühlt, ablaufen läßt und abtrocknet. Für Fülle bereitet man eine feine Farce aus gebratenem Kalb- oder Hühner fleisch, etwas Speck, der Schale einer halben Citrone, I bis 4 ausgegräteten Sardellen, 2 Unzen leichtgerührter Butter, 2 Eiern und etwa eine Unze eingeweichter und wieder ausgedrückter Semmel, Salz, Pfeffer und Muskat nuß. Wenn ein Theil der Gurken mit dieser Farce gefüllt ist, bindet man den anderen Theil mit feinem Bindfaden darüber, legt sie neben einander in eine mit Speck belegte Kasserolle, fügt et was Gewürz, auch ein Bündelchen Pe tersilie bei und dämpft sie langsam fast eine halbe Stunde lang, unter Beigie ßen eines Glases Weißwein und ebens» viel Fleischbrühe. Inzwischen verkocht man eine braune Mehlschwitze mit Bouillon, gießt dieselbe dann an die Gurkensauce und würzt noch mit etwas weißem Pfeffer und dem Saft einer Citrone, und richtet alles mit ein- Eiweiß klöße zu Milch-, Cho colade-, Bier-, Weinsuppen. Man schlägt das Weiße von 2 bis 3 Eiern zum festen Schnee, vermengt ihe mit Zucker und setzt mik einem Löffel klein« Klöße davon auf die angerichtete ko chendheiße Suppe. Nun bestreut man sie tüchtig mit Zimmet und Zucker un!» deckt die Suppe schnell zu, damit di» Klöße gar werden. Modern. „Bitt' schön, schen ken S' mir 'was!" „Du hast woht Hunger?" „Nein aber der Vate» hat Durst!" Letzter Ausweg. Gläubr» ger: „Herr Baron, ich kann nicht mehr prolongiren Sie müssen jetzt heil«» then e' Deckung!" . 3