2 > Nachsucht und Blutarmut!,. ! Die Bleichsucht, diese jetzt so weit verbreitete Krankheit, ist nicht «twa zu verwechseln mit Blutarmuth. Es hat sich bei vielen Patientinnen herausge stellt, daß sie nicht zu wenig, sondern zu viel Blut haben. Bleichsucht ist «ine Abnahme der Anzahl der in der Blutflüssigkeit enthaltenen Blutkörper chen, nxlche der an und für sich sarblo sen Blutflüssigkeit durch ihre grotze Anzahl di« rothe Färbung verleihen. Die Bleichsucht wird im Wesentlichen durch Mangel an Bewegung, durch Schnüren des Körpers und schlechtes Athmen hervorgerufen; sie ist daher vorzugsweise eine Krankheit der in Ge schäften und am Näh- und tisch thätigen Damen, und aus diesem Grunde könne diesen nicht genug an das Herz gelegt werden: das an und sür sich so unschöne Schnüren des Körpers und dadurch das gesundheii schädliche Zusammenquetschen der oberhalb der Hüsten liegenden Körper theile zu lassen. Zu der erforderlichen Bewegung fehlt sr-ilich den erwerben den Frauen häufig dir Zeit und Gele genheit; sie sollten es daher aber ja nicht unterlassen, «inen Theil des freien Sonntags in der frischen Luft zuzu bringen, im Sommer einige Stunden spazieren zu gehen und im Winter I—2 Stunden Schlittschuh zu laufen, um so dem Körper die nöthige Bewe gung zu verschaffen. Dieses ist sowohl den tranken wie gesunden Damen drin, gend anzurathen; vor allen Dingen ist ober das Hauptaugenmerk auf ein gu tes Athmen zu richten; hiergegen wird sehr viel gefehlt, und dazu trägt in »licht geringem Maße "die schlechte Kör perhaltung vieler Damen bei. Eine jede Dame muß darauf bedacht sein, möglichst tief zu athmen und dadurch die Lungenthätigkeit zu fördern. Als «ine Art Lungengymnastik: des Mor gens ungefähr S Minuten früher auf zustehen und dann (natürlich bei un «ingeschniirtem Körper) den Armen «ine der Schwimmbewegung ähnliche Bewegung zu ertheilen. Diese U«bung mutz aber conseguent durchgeführt werden und ist nicht etwa als eine Art Spielerin zu betrachten. Ein unbedingt wirkendes Heilmittel gegen die Bleichsucht ist noch nicht ge sunden. Die jetzt so beliebte Behand lung mit Eisen in den verschiedensten Präparaten hat in vielen Fällen Er folge gehabt, in sehr vielen aber auch den Gesundheitszustand noch mehr «rschuttert. denn es ist eine unleug bare Thatsache, daß durch das Einneh men von Eisen, in nxlcher Zusammen setzung es auch genommen wird, der Magen Schaden leidet und datz es ei« mr sorgfältigen-Kur bedarf, ihn wie der in Ordnung zu bringen. Es rich tet sich eben der Erfolg der Eisenbe handlung ganz nach der Individuali tät. In letzter Zeit ist man übrigens auf «in sehr altes Mittel zurückgeiom rnen, nämlich den Aderlaß; mit demsel ben haben die Aerzte sehr günstige Re sultate erzielt. Woher diese günstige Wirkung kommt, kann noch nicht mit Bestimmtheit festgestellt werden, doch ,inger Theil des Blutes dem Körper «ntnrmimrn ist, das Blut reger circu lirt. Es ist nun aber ganz und gar verkehrt, jetzt alle Rettung und Hilfe von dem Aderlätz zu erwarten. EZ muß eben dem Arzt überlassen bleiben, das Richtige zu treffen; durch ein ge naues Studium des 'kranken Körpers von seitrn des Arztes wird ihm dies auch sehr bald möglich sein. Wenn ober die oben angeführten Punkte, die der Bleichsucht Vorschub leisten, von allen Damen beachtet iverden, so ist es unzweifelhaft, daß bald eine Ab nahme dieser jetzt leider so verbreite ten Krankheit, die riicht selten in Schwindsucht ausartet, ronstatitt wer den kann. GltttzliAt. Geht unser Wirth xmn Keller, So braucht der Mann lein Licht, Er fehlt im dicksten Finstern., Das Weinfaß sicher rächt. Noch eh', was erst erfinden Ward in der jüngsten Zeit, Hat unser Wirth schim lange Uns ja damit erfreut. Ein Gliihlicht im Gesicht. kleine Neffe: „Ein Stück hast Du in Tante!" Im Zorn. A.: „Also Meier Beefsteaks gegessen!" wir doch 'mal wieder so recht scheine» Frost hätten!" „Ja, warum denn. Herr Lämmchen? Laufen Sie denn Schlittschuh?" Nee, das nich'! Aber (flüsternd): bei zehn Grad Kälte «r -loobt mer meine Olle wenigstens schon «n kleenes Grögchen!" Allerdings! Lieutenant: „Die Baronin sieht aber heute etwas «lt aus... So alt hat sie noch nie aus gesehen!" Hauptmann: „Das glaube ich wohl. So alt wie heute war sie «uch noch nie!" Boshaftes Mißver stand nitz. „...Ich sage Ihnen, Herr Professor, der junge Mensch hat »a meinem Hause viel Gutes erfahrenl" »Utber was denn!" , . Spatz «kd Spätzin. Nuf dem Dache sitzt der Spatz, Und die Spätzin sitzt daneben, Und er spricht zu seinem Schatz: „Küsse mich, mein holdes Leben! Bald nun wird der Kirschbaum blühn, Frühlingszeit ist so vergnüglich; Ach, wie lieb' ich junges Grün Und die Erbsen ganz vorzüglich!" Spricht die Spätzin: „Theurer Mann, Denken wir der neuen Pflichten, Fangen wir noch heute an, Uns ein Nestchen einzurichten!" Spricht der Spatz: „Das Nesterbau'n, Eier brüten. Junge füttern Und dem Mann den Kopf zu krau'n— Liegt den Weibern ob und Müttern." Spricht die Spätzin: „Du Barbar! Soll ich bei der Arbeit schwitzen, Und du willst nur immerdar Zwitschern und herumstipitzen?" Spricht der Spatz: „Ich will dich hier Mit zwei Worten kurz berichten: Für den Spatz ist das Plaisir, Wr die Spätzin sind die Pflichten!" Ein wildcs Herz. Bon C. Eckbcrg. Der Frühling Italiens küßte daS Tyrrhenische Meer und entlockte ihm ffein strahlendes Lächeln. Gleich einem riefblauen liebeverklärten Auge lachte es den Himmel an, der seinen Ueber fluß von Sonnengold darauf hernie terströmte. In diese leuchtende Mee resbläue hinein trug der Tiber träge gelben Wogen. Er mutz durch das Gebiet des Todes, ehe er in den seligen Oc«an mündet durch die Einsamkeit des Landes. Scheidend grüßt er Ostia und Portus. Wenn er die marmornen Stufen eines gestürz- Zeiten, da man hier durch Tänze und Festspiele die Götter feierte, wie ein Greis von den ersten Tagen seiner Ju- Ufer. Aber unter der Pracht der Athem des Todes, der Hauch d«s Fie bers, der in der Nacht wie ein bös-r Rosen und Gaisblatt. Ans den gäh südlich-r Schönheit. Em Weib? Ein nischer Volke. Ein Weib im Vollbesitz der Gesund heit hier in dieser verderbenbringende,! Einödel Die Gestalten, denen ich bisher teg-gnet, warer gelbe, hagere Männer, denen das Gift des Fiebers be'-its die Rundung der Wangen, die Farbe der Lippen gestohlen; Hirten oder Banditen, welche Letzteren, dem Arme der Gerechtigkeit fliehend, in den Sümpfen ringsum ihr Leben fristen, Mein Erstaunen über dies Bild des Lebens fand daher in de,i.Wsrtc»Aus druck: „Wo kommst Du her. Mäd > „Von den Bergen, Herr." „Von den Bergen?" „Ich komm« aus Rocca di Papa." „Hierher? Und was suchst Du hier?" Sie schwieg. „Seil wann bist Du hier?" «Seit gestern." „Wie, Du warst die Nacht hier?" „Ich verst,ckte mich zur Nacht dort In jener Grotte." „Und Du fürchtest das Fieber nicht?" Sie zeigte lachend ihre weißen Zahne. „Das Fieber furchtet mich, Herr. Ich bin gesund, es wird mir nichts an ein Kind des Todes. Wie lange willst Du in Portus blu ten?" »Hast Du zu essen?" Sie aber schüttelte den Kopf. „Ich „Was in aller Welt hast Du zu thun, Mädchen?" Sie schwieg. Ich hatte während dieses Zwiege sprächs eine neue Leinwand aufge spannt und begann nun, mit Kohle die Umrisse ihres Kopfes zu ftizziren. Ne bemerkte es und sprang auf. „Bleib' noch einen Augenblick!" rief ich der Enteilenden nach. „Giulia! Carlotta! Nina!" Sie war fort. In das Blüthenge virr hinter der Rotunde war si»'hin- Seltfam! Wenn sie hungerte, dann mußte sie wiederkommen. Es gab ja nichts, gar nichts Eßbares ringsum. Wenn die ermen Hirten, die sich in diese Gegend umicino ging und sie bettelarmen Fi scher sich ihrer erbarmten, so verhun gerte sie noch, ehe sie am Fieber starb. ganz getmß. nem Landschaftsbild« an. Unter den Asphodelenstrauch gestreckt, durch das kleine Zeltdach meines Schirmes gegen den blendenden Himmel gedeckt, war tete ich auf sie. Und sie kam. „Ihr gabt mir zu essen, Herr. Habt Ihr heute wieder etwas?" fragt« sie „Und Ihr sagtet gestern, daß ich an der Säule stehen soll und daß Ihr mich malen wolltet." „Und daß ich Dir zwei Lira geben wollte, ivenn Du es thust." „Ich will, Herr. Aber ich mag kein „Eine Pistole, meinst Du?" fragte „Eine Pistole! Wozu willst Du eine Pistole? Kannst Du denn schießen, Mädchen? Wie heißt Du?" ..Marieita, Herr. Ihr sollt es mich Mit den Worten: „Habt Jhr.Herk?" Rssen empor. Ich hob die Waffe und ließ sie in der Sonne blitzen. Sie sprang herzu, er sich, kurzum geberdete sich ganz unge stüm. Ich begriff diese wilde Freude nicht. Zunächst hieß ich sie ruhiz ge eilt Vormittag, und sie verstand mit oer Waffe umzugehen. Am nächsten Tage verbarg ich den Äugen funkelten! „Wie oft muß ich noch stehen, Herr?" „Noch sechs Mal." . .So gebt mir einstweilen die Ku^ k.'ln," schmeichelt« sie plötzlich ganz ver wandelt. „Die habe ich mir heut und vorgestern doch gewiß verdient." Was konnte ihr die Munition nu tzen, wenn sie den Revolver nicht be saß? Ich gab sie ihr. Sie war über glücklich. Sie kam di« folgenden vier Tage mit strahlendem Gesicht; sie stand plauderte sie noch Dies und Jenes, er zählte von den Bergen, von ihren An gehörigen, von Rom, woselbsii sie ein mal gewesen: lauter harmloses, dum mes Zeug. Von einem Liebsten sprach sie nie. Lächelnd stellte ich ihr endlich diese Frage. Da brach ein wild-s Feuer aus ih ren Augen, ein verhaltener Zorn stählte ihre Glieder und sie spie die Worte mehr von sich, als sie sprach: „Er hat ihn todt gemacht!" „W-r?" fragte ich betroffen. „Francisco." Ein Blutstropfen perlte von ihrer Lippe. Sie hatte im aufwallenden „Wer ist Francesco?" „Der, den ich heirathen sollte!" „Und Du mochtest ihn nicht?" Sie schüttelte heftig das Haupt. Ich ahnte Alles. „Hat man denThäter aufgegriffen?" „Nein, Herr, er floh," sagt« si« schluchzend. „Hierher?" „In die Sümpfe." „Und Du kamst herab von den Ber gen, ihn zu tödten?" „Ja!" „Schämst Du Dich nicht des Ver ist," sagte ich. „Das Fieber trifft „Nein, Herr, ich habe ihn gesehen, am Morgen des zweiten Tages, da Ihr kamt. Möglich, daß auch er hier genächtigt hat. Dort über jene Brü stung sprang er, nach dem Tiber zu." „Warum floh er vor Dir?" „Ich war sehr dumm. Seht, ich rannte mit dem Dolch in der Hand auf ihn zu. D-r Zorn übermannte mich. Da mußte er flüchten. Ich hätte ihn zu mir rufen sollen, ihm schmeicheln Deinen Dolch!" „Da! Mir nützt er nichts mehr, „Glaubst Du, daß ich Dir nach die sem G-ständniß die Pistole geben Lira." Ihr Blick schweifte blitzschnell nach sehnte Waffe dort kaufen. „Höre, Marietta; ich gebe Dir nichts von alledem; denn ich will Dir bei der „Nichts da. Ich will Dein Bestes. Komm mit nach Rom. Mische Dich unter die Modelle. Du bist schön; Du wirst zu leben haben. Ich selbst will Meeres In diesem Augenblick sah ich, daß Marieite eine blitzschnelle Bewegung machte. Auf meinen Livven brannte ein Kuß, ein heißer, brennender, schmerzhaftcr Kuß: ich fühlte mein Haupt umschlungen. Das war der Biß einer Schlange! Im Schmerz schleuderte ich Palette und Pinsel von mir. drängte die eine Hand gewaltsam zwischen Mariettas Zähne, die sic> in mein« Lippe gebohrt, so daß sie sick>lö sten; mit der andern stieß ich sie zurück. Ein gellender Jubelscbrei fuhr über Portus hin. In der erhobenen Hand wies si« mir triumphirend die mir tückisch entwendete Waffe. Dann huschte sie dahin wie eine Eidechse. Ich ihr nach! Ich setzte über das rosenum rankte Gemäuer, ich drang -in den Schlupfweg. in ein Gewirr von As phodelen, Gaisblatt und Orchideen ich strauchelte ich fiel.... Vergebens! Die fand ich nimmer mehr! Ich raffte mich auf und kehrte zu rück. Mein, schmerzende Lippe trieb mich heimwärts. In tiefer Verstim mung packte ich zusammen, mit der linken Hand das Taschentuch gegen den Mund drückend. Ich erreichte noch gerade den Zug. In der Nacht zog ein furchtbares Unwetter über Rom auf. Ich hatte es geahnt, denn die Hitze während des Wesen. Es entlud sich gegen Morgen > und sammelte seine letzten unheil-i schwangeren Wolken Über den Marem men, über Ostia und Portus. Arme Marietta! Wohl acht Tage mußte ich meii»n Wunde halber das Zimmer hüten. Arg entstellt machte ich mich endlich wieder «us den Weg, meine Skizze zu vollen den. Ich langte in Portus an; ich nahm den gewohnten Platz.ein. Wohl zehn Mal glaubt« ich ein menschliches Wesen in meiner Nähe zu ahnen. Allein ich täuschte mich. End lich aber kieben mich meine Zweifel an das Mauerwerk, woher ein leises Ge räusch zu dringen schien. Ich schauie hinüber. Da kauerte sie. „Marietta!" Sie that eine kopflos«, scheue Bewe gung und schauie zu mir empor. Ich erschrak. Mein Eoii. wie sah sie aus! Hunger und Krankheit starrten aus ih rem Gesicht. Krankheit? Nein der Tod! Gelb, mager, brennenden Au ges, die diir::n Hände im welken Schooß. Ein unsägliches Erbarmen ergriff mich. „Marietta, willst Du etwas zu essen haben?" „Gebt mir, Herr, ich erhielt nur et was Brot und Rikotta von einigen Hirten." Ich lief und warf es ihr zu. Es siel auf etwas Hartes, auf die Waffe, von welcher sie die Hände erhob. „Hast Du's gethan?" fragte ich tief ernst. „Nein, Herr." Sie konnte kaum essen. „Du hast ihn nicht mehr gesehen?" „Doch, Herr. Aber als ich schießen wollte, fehlte mir die Kraft; ich konnt« den Karabiner nicht halten. Es hat mich doch gepackt, das Fieber, nach je ner Wetternacht. Aber ihn auch —." Sie warf einen dankbaren Blick gen Himmel, der ebenso matt und erster bend war, wie ihre Worts! Ich sagte ihr abermals, daß ich sie mit nach Rom nehmen woll«, daß ich mit einem Earrettino wiederkommen wollte, um sie zu holen; daß ich sie in «in Spital bringen wollte. Sie aber schüttelte den Kopf; ihr fehlt- jegliche Hoffnung und jede Lust zu leben. „Laßt mich hier, Herr. Habe ich Mariino nicht rächen können, so will ich sterben, um mii ihm vereint zu sein. Die Waffe nehmt sie nutzt mir nichts mehr." Das waren ihre letzten Worte. Ich wollt- sie niederlegen auf mein Tuch, sie wehrie stumm ab. Sie wollte nichts mehr, sie wollte sterben, nur sterben. Am Tage darauf war sie todt. Ein Earrettino kam und hat sie ge holt. Man hat sie christlich begraben. Arme Marietta! Ii» Kan'.pfgeluWe. Schlacht von Chr. Fleischhauer. Hinter uns, auf den Höhen von Gunstett, blitzt es und kracht's; dort stehen die Batterien des 11. Corps im Feuer. Ihre Geschosse schmettern hin über in den Niederwald, sie bahnen uns den Weg zum Sturm«. Dort, links und rechts der Morsbronn - Froesch willer Straße, hat der Feind sich festge setzt in günstiger Stellung. Doch um sonst ist all' sein Mühen, sein zäh«s Festhalten, unsere Geschütze gestatten ihm nicht, den Waldrand zu behaupten; ihr donnernd „Zurück!" bringt ihn zum Weichen. Aber hinter Baum und Busch setzt er sich fest und erwartet ru hig den Ansturm. Und wir kommen! Von Gunstett herauf, der Südfpitze des Waldes zu, mit fliegenden Fahnen, rücken wir 83er zum Siurm. Die Schiitzenschwärme voran, ihnen nach, die Halbbataillone! Links die Musketiere, rechts das Fiisi die Brüder verschiedener Regimenter. Wie hat uns am Morgen das Herz gebebt, als die Feldzeichen, enthüllt, im Winde flatterten! Wie Manchem werden sie heute den Weg zeigen zum frühen Tod! Soldatenloos! Drum keine bleichen Gedanken! Vorwärts! Vor uns liegen unsere Schützen im Feuer. Jetzt! Die Befehle fliegen! Die gehen geqen den Wald vor. Marsch! Quer über die Furchen d«r Aecker gehl's, rascher wird der Schritt. Marsch, marsch! In vollem Laufe er folat der Sturm! Die Schützenlinien hängen sich an unsere Flügel, marsch, marsch! Di« ganz« Linie stürmt! Da! Noch eine Salve des Feindes, aus 50 links. Gilt sie mir oder gilt sie Dir?" Sollte nicht Manchem das alt« Li«d kein Bedenken, kein Hallen mehr. Ein letztes Hurrah, das Ziel ist erreicht, der Feind geworfen, der Waldrand genom men. Aber noch lange nicht ist der Kampf zu Ende! Nun wogt der Kampf im Nieder- Kamps! Der Boden ist bedeckt mit Ast die Kraft dazu hatte', hat sich verkrochen hinter Busch und Gestrüpp, hinter ra aende Stämme. Denn um ihn tobt der Kampf, der Nahekampf im Walde, über ibn hin schreitet unbarmherzig di« mänmrmordendt Schacht. Welche Feder vermöchte es, ihn nur annähernd in seiner grauenvollen Größe j>u schildern den Nahekampf im Nieder walde bei Wörth?! Vor uns der Feind, der von Norden, von Elsaßhausen her, immer neue Mas sen in den Kamps führt, uns zu ver drängen: und wir, in Schützenlinien aufgelöst, bald dichter, bald dünner, vermischt mit den Truppen unserer Nachbarregimenter, langsam vorwärts, dann wieder zurück, wieder vorwärts und wieder zurück, Deckung suchend hinter Baum und Strauch vor dm pfeifenden Kugeln. Wie zischen sie her über, hinüber! Wie schlagen sie klat schend in die mächtigen Stämme, ra schelnd in's grüne Laubwerk des kampf umtobten Waldes! Von Baum zu Baum! Da vor uns huschen sie dahin, die Rothhosen. Wie leuchtet die Farbe zwischen dem Busch werk. Und dort schleichen sie, die schwarzen Gestalten, deren Heimath das heiße Afrika. Diese Turkos hat uns die große Nation entgegengestellt und hier bei Wörth haben wir uns zum «rsten Male gemessen mit den schwarzen Söhnen der Wüst«. Wer könnte sie je vergessen, die kampfes- und blutgieri gen Gesichter, die blitzenden, perlenden Zähne, die funkelnden, rollenden Au gen?! Raubthieren gleich stürzten sie in d«n Kampf und wehe dem, der ihnen auf Gnad« und Ungnade in die Hände fiel. Aber Furcht vor ihnen kannten Wir nicht und im Niederwald bei Wörth lernten sie deutsche Hiebe ken nen. Von Baum zu Baum! Vorwärts! Beraebens! Der Andrang ist zu groß, wir müssen zurück! „Kinder, wir dürfen nicht weichen!" ruft General v. Gersdorff. Die Gewehre glühen; die Kugeln zischen: die Aeste brechen: die Geschütze dröhnen: der Erdboden bebt! Fester das Gewehr und wieder vorwärts, von Baum zu Baum. Der Feind scheint zu weichen.. Einen Augenblick steht der Kampf. Es ist, als wären die Hände es mlld«, das Morden. Schein! Es ist nur. wi« wenn der Sturm, der das Meer peitscht, Athem holt, um mit desto ver nichtenderer Kraft das vergeblich mit ihm kämpfende Schiff emporzuheben, um es zu zerschmettern am felsigen Riff. Einen Augenblick nur, und doch, wie wohl thut die Ruh«. Meine Augen schweifen hinüber zu den kämpfenden Brüdern, nach rechts und links. Mein Nebenmann dort hinter dem gewaltigen Eichbaume wischt sich den triefenden Schiveiß aus dem Antlitz. Er ist ge schwärzt vom Pulverdampf. Er lacht und winkt herüber. Da, was war das? Er wirft die Arme in die Luft, das Gewehr entsinkt fein«r Hand, er bricht zusammen! Sein Blick irrt noch einmal umher, als suche er den Schü tzen, der das tödtende Blei sandte. Wo mag «r stehen? Da vorn? Unmög- Zurück! Und wieder ein Stillstand. Aber rastlos brüllen die Geschütze, rasselt das Gewehrfeuer durch den Wald, stöh- Entscheidung. Vor uns springen die Rothhosen durch's Buschwerk, setzen die Turkos, Katzen gleich, in mächtigen des. Da! Ich halte ein im Laufe, zucke zusammen! Ich fühle einen feurigen Blutgier, aus dem halb geöffneten Munde fletschen die weißen Zähne, m der Hand hält er die noch rauchende Büchse. Vor meinem Blick sinkt die Moment ist mir Alles klar! Der Ka- und das Heimtückische Verhalten des Afrikaners. Ich denke Augenblicke sind's ja daß ich meine Brust im offenen, ehrli chen Kampfe dem Feinde geboten, denke, daß um Haaresbreite ich schnöder Rach- Ich renne den Schwarzen mit dem Kolben in die Seite. Er schlägt di« ! Augen auf, wie mlld«, als ob «r eben das Gewehr. Wie viele der heimtucki- heißen, ihn lehren, auf sein«r Hut zu. s«in. „Pardon!" Und er hebt die Hände. Soll ich ihn schonen? Damit er wei „Hund!" schreie ich ihn an. „Hundt Konntest Du nicht hier in Ruhe das Ende des Kampfes erwarten? Niemand hätte Dich angerührt, Dir ein Haar ge wohl gut ergangen, besser als uns, die wir vor d«m Feinde stehen." Er versieht meine Worte nicht, aber ihren Sinn. Seine Augen funkeln, sein Körper krümmt sich, wie der Kör per des Raubthieres, das zum Sprunge ansetzt. Noch immer ist der Kerl ge fährlich. Ich hebe die Büchse. Doch schade um die Kugel, die Patronen sink rar. Ein Stoß! Das Bajonnett bohrt sich in die Brust des Schwarzen, bis ties in das Moos des Waldes. Ein Blut strom dringt aus der Wunde, die Au gen verdrehen sich, daß ich das Weiße seh«, die Zähne fletschen und knirschen, die Hand läßt das Gewehr fallen. „Hlon I)wu!" Der letzte Seufzer! Dann strecken sich die Glieder im letzten Kampfe, ein schrecklicher Anblick. Vor mir schlagen die Tambours, gelle» die Hörner, das Ganze avancirt. Der Feind ist geworfen, wir sind am Ausgang, am Nordrand des Wald«s, und von Elsaßhausen her überschüttet uns der Feind mit seinen Granaten. Ich bin mitten drin im Gewühle, ich weiß nicht, wie ich zu d«n M«inen ge kommen! Und dort nahen sie heran, die stol zen Reiterregimenter des Kaiserreichs, sie werden vernichtet! Im Blute schwimmt das Feld, Blut nur sieht daZ Auge, Blut, Rauch, Leichen und Blut. lagern wir uns, bunt durcheinander ge würfelt, und suchen die Ruhe.. Wir sind ermattet, müde zum Sterben! Ich liege und schaue hinauf nach dem Him mel. An meinem Geiste ziehen sie noch einmal vorüber die schrecklichen Bilder des Tages? die Hände falten sich zum Gebet, dem da oben zu danken, der in> schwerer Stunde mein Beistand gewe sen. Danken, danken will Jeder heute Abend, und mächtig braust über daS> Schlachtfeld das Dankes- und Sieges lied: „Nun danket Alle Gott Mit Herzen Mund und Händen —" Mir fallen die Augen zu, ich schlafe traumlosen Schlaf, den Schlaf der Er schöpfung. Oft hat der Kamerad, der die ebeir geschilderte Episode «riebt, sie erzählt noch vor seinem geistigen Auge jenes. Kampfgewiihl der Wörther Schlacht. Ein Händedruck ihm, der in schweren? Augenblicken nicht Muth und Beson nenheit verlor; ein Pfui! der „großen Nation", die jene Teufel in Menschen gestalt auf den Kampfplatz warf geg«ir unsere Truppen; ein Hurrah aber all' jenen Braven, die Blut und Leben da ran setzten, um jene Bestien fern zu halten von unserem Vaterlande, vom heimischen Haus und Herd. In einem Wirthshaus hat sich eil» Gast total bekneipt. Einer der anderen Gäste, der ihn vom Sehen kennt, sagt dem Wirthe die Wohnung des ersteren, welch« sehr weit entfernt ist. „Wenn er nicht verheirathet ist", schlägt der Wirth vor, „könnte man ihn ja da lassen und hier in ein Bett legen!" „Ja", meint der erwähnte Gast, „das weiß ich nun nicht, da müßte man eben die Probe machen!" „Probe machen?" «ntgegn«ten der Wirth und die noch anwesenden übri gen Gäste. „Nun, das ist ganz einfach! Sie, Marie," ruft der Herr der Kellnerin, „bringen Sie doch einmal ein Kopfkis sen und die Speisekarie!" Man wird immer erstaunter, als je doch das Verlangte zur Stelle ist, er reicht das Erstaunen den Gipfel, denn der erwähnte Gast bedeckt den Bedusel ten mit dem Kissen und ersucht die Kellnerin, die Speisekarle mit recht lauter Stimme und dicht vor den Oh ren desselben abzulesen. Die Kellnerin schreit also: „Schlegelbraten, Nierenbraten,Grad deln, Gans, Huhn, Ente, Kalbskops, Gast war eine eigenthümliche. Bis zum Beginne des Wortschwal les aus dem Munde der Kellnerin hatte selbe jedoch begonnen halte, sich über ihn zu ergießen, fingen seine Hände an eifrig umherzutasten und als er mit diesen das auf ihm liegende Kissen «rwifcht«, zog er dasselbe über den Kops. „Der Mann ist verheirathet!" ent schied der Arrangeur dieser Scene. „Sie sehen, meine Herren, er dllnlt sich in seinem B«it« und da er die Gardi nenpredigt seiner Gattin zu hören glaubt, so sucht er sich derselben da durch zu entziehen, daß er das Deckbett über die Ohren nimmt «in Mittel, das in demselben Falle alle Ehemän ner gebrauchen!" Wir träumen uns ent weder in das Glück hinein oder wir verschlafen es.