Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, March 22, 1895, Page 6, Image 7

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    6 Eitelkeit.
Nein, m«in« Damm, so sehr ich mich
auch bemühe, ich weiß nichts Besseres,
als mit Ihnen «tlich« Minuten über
eine Sache zu plaudern, mit d«r man
Ihr Geschlecht allezeit mehr oder weni
ger intim in Verbindung gebracht hat:
über die Eitelkeit. Machen Sie keinen
Versuch, Mangel an Interesse für diese
Sache zu fingiren; im Innersten sind
Si« überzeugt, daß der besagte Gegen
stand einer der wichtigsten ist, die es
auf Erden gibt. Sie wissen, daß man
Ihnen vorwirft, leibhaftige Verkörpe
rungen der lieben Eit«lk«it zu sein.
Ein großer Frauenkenner, der sich um
d«s Eff«cts willen auf den professiona
len Frauenfeind hinausspielt«, Bogu
mil Golz, hat behauptet, daß, wenn
«in« Welt im Untergang« begriffen
wäre, «in« Frau noch rasch ihren
Kopfputz in Ordnung bringen würd«.
Von Charlotte Corday wird erzählt,
sie habe auf dem Wege zum Schaffet
ihr Haar noch möglichst zierlich arran
girt. Nehmen wir an, daß das richtig
sei, w«r ist Barbar genug, darin d«n
Anlaß zu einem Tadel zu finden? Die
Frauen haben von «in«m gütigen
Schicksal- di« Gabe mitbekommen, Al
les anmuthiger zu machen, als wir un
geschlachten Männer. Ich muß «s offen
sagen, auf die Gefahr hin, Ihnen «in«
Waff« gegen uns in dl« Hand zu li«-
»nd deren Bethätigung zu tadeln?
Nein. Wer schön sein will, muß «itel
sein, und schön zu sein, ist entschieden
«!n Berus, des Schweißes aller Edeln
werth. Glauben Sie mir: Wenn das
Modell zur Venus von Milo gelebt
hat, so war «s das eitelste Geschöpf,
über das der griechische Himmel gelacht
weiblichen Geschlechts. Vielleicht ist
Wahrheit, nichts als die Wahrheit, und
der Männer ein llasfender Unterschied
obwaltet.
Wir sind die Plumperen, Si« sind
sogar in der Kun'st, Ihrer Eitelkeit
gläubig glauben: wer thut es in diesem
Kunststück den Weibern gleich?!" Also
fvrach Zarathustra: „In der That ver
<,l>>t!" Nun aber wir Männer! Wir
zög«rn nicht, bis unsere Eit«lteit «ine
greifbare Satisfaction erfährt. Wir
wo kein« b'utn sich zeigt, da
schafft unsere Phantasie sich willkürlich
eine solch«. Sie warten wenigstens in
den meisitn Fällen ab, daß man Ihnen
in aller Ehrfurcht sage: „Ich li«b:
Dich!" oder bewundere Sie!"
Für uns sind solch« Kundgebungen
überflüssig. Ohne daß Sie ein Ster
benswörtchen äußern, hegen wir die
U.'berzeugung, «in« Lili« brauche uns
nur zu begegnen, um auch schon ge
knickt zu sein. Es ist rein menschliches
Mitleid, wenn wir Ihnen gegenüber
nicht immer unseren ganzen Zauber
spielen lassen. Mr gehen an unzähli
gen Gelegenheiten zu Triumphen vor
über. weil wir der letzteren übersatt
sind und sie keinen Reiz und Werth
mehr für uns hab«n. Ein Grobicm
behauptete einmal, nachdem «r «in Glas
Wein zuviel getrunken hatte, jeder
Mann sei nach vollendetem vierzigsten
Lebensjahre ein alter Esel. Und er
dachte dabei speciell an unser Verhält
niß zu Ihnen. Aus guten Gründ«»
möchte ich dieser zoologischen Behaup
tung nicht blindlings zustimm«». Aber,
ivenn Sie es nicht weiter verrathen
lichst weit aus den Rockärm«ln hervor,
welil dadurch Frauenb«rzen bekanntlich
in siegreicher Weis« bestrickt werd«n.
lich seine Erwiderung finden niuß,
dünkt uns etwas ganz Natürliches.
Ja, es kommen die Jahre, in denen wir
nunft zu bringen; wie wir gerne an
nehmen, stützt unser Alter die Frauen
nicht vor Thorheit: wie häßlich und
wir können nicht glauben, daß jemals
für uns die Z«it vorüber sei, unterwegs
jede Blume, die uns gefällt, zu
pflücken. Noch mehr: selbst wenn wir
gewahren, daß unsere Schwäche miß-
braucht wird, bilden wir uns noch im
mer ein, daß auf Ihrer Seite nicht
das bloß« Raffinement im Spiele sei.
Ich berufe mich für den Fall, als Sie
in meine Worte Zweifel setzen, auf ei
nen Ausspruch, den Thackeray in sei
nem „Eitelkeitsmarkt" thut: „Wenn
Männer eines gewissen Schlages ver
liebt sind, so schadet es nichts, wenn sie
Angelhaken, Schnur und den ganzen
Apparat sehen, mit dem sie gefangen
werden sollen; ein unwiderstehlicher
Drang treibt sie, sie schnappen nach
dem Köder, um sofort zappelnd an's
Land gezogen zu werden." Thackeray
hat gut spotten; er kann nicht leugnen,
wie süß es sür uns m ergrauenden
Haaren ist, uns «in wenig in die Halb
dergangenheit zuriickträumen. Di«
vollen Flechten, die verführerischen Lip
pen, das blitzende Auge eines Weibes
winken uns, und uns wird, als um
wallten Locken unser eigen-sHaupt, als
schwelle unser eigener Mund im Koral
lenroth, als loderte ein« versengende
Flamme aus unserem eigenen Auge.
Sie müssen es uns nicht übel n-hm-n,
meine Dvnen!
Wie groß Sie sich unsere Eitelkeit
vorstellen. Ihre Begriffe bl-iben hinter
der Wirklichkeit zurück. Am eitelsten
sind diejenigen unter uns, die in der
Öffentlichkeit stehen, die Politiker, die
Redner, die Künstler, die Poeten. Le
sen Sie in Hein«'s „Buch der Lieder"
nach, Sie finden dort in der Abtheilung
„Heimkehr" die Selbstkritik des Dich
ters, der seiner Geliebten zuruft:
«Und wenn Du schilt'st und wenn Du
tob'st.
Ich werd' es geduldig l-iden;
Doch wenn Du meine V-rse nicht
lob'st,
Laß' ich mich von Dir scheiden."
Eine Entschuldigung mag darin lie
gen, daß wir ohne Eitelkeit gar kein«
Lust hätten, irgend etwas zu produci
ren. „Di« Eitelkeit," so meint Hein
rich Laube, „ist d:r nothwendige Feh
ler aller großen Leute, namentlich De
rer, welche di« Welt mit Worten oder
mit Tönen erobern. Ein Künstler, der
nicht eitel ist, gleicht «inem Weibe, das
nicht gefallen will Beide sind lang-
Um gerecht zu sein und Ihnen,
meine Damen, nicht vorzuenthalten,
was Ihnen von Rechts wegen gebührt,
s«i es offen gestanden: Es gibt eine Un
menge von Eitelkeiten, auf die wir kein
Monopol haben und die uns Männlein
und Weiblem gemeinsam zu -igen sind.
Ich wette mein Herz darauf, daß Sie
z. B. Niemand ohne Unterschied d:s
Geschlechts finden, der Einem Aus
kunft darüber gibt, was er im Konver
sationslexikon sucht, )venn man ihn,
mit einem Bande dieses unschätzbaren
Hilfsmittels in der Hand, überrascht.
So eitel sind wir Alle, dsß wir uns
nicht gerne in unsere Bildungskarten
sehen lassen. Wie selten verleugnet
Einer oder Ein« die Eitelkeit so weit,
auf eine Frage schlicht und «insach zu
antworten: „Ich w«iß nicht!", auch
wenn diese Frag« dahin/ geht, wie der
Kaiser von China hieß, der im Jahre
1234 regiert«. Etwas Gemeinsames
ist, um noch ein Exempel zu nennen,
die Eitelkeit, die sogar über das Grab
hinaus reicht und sich mit Leichenbe
gängniß und Beerdigung besaßt. Seit
es weibliche Bergsteiger gibt, haben wir
Männer nicht einmal mehr das allei
nig« Anrecht, unsere Eitelkeit damit zu
kitzeln, ein hohes Eisfeld „ge
macht" haben, denn heutzutage bringen
Ruhm werde ihnennachlaus-n. Ex
ccssive Bescheidenheit ist oft vcrtappter
Größenwahn.
In unseren Tagen gefallen sich
«inige Frauen und Männer darin, ihr«
Individualität mit all?m Nachdruck«
auszuspielen und iurz und bündig zu
sie sind. Ja, aus Eitelkeit schminken
F«hl«r nie so sorgsam verbergen, wie
unsere Tugenden. Und damit gerathen
wir auf ein Feld, wo Sie, meine Da
men gestatten Sie mir di«fen Aus
druck aus der Billardtechnik uns ein
Doubl«? vorgeben können: aus Eitelkeit
Seiten Ihres Wesens, und die reinste
Tugend macht die Mode mit, die Ge
berden des Lasters nachzuahmen. Wenn
daß wir einander nicht vi-l vorzuwer
gilt für uns Alle. Man pflegt Hunger
und Li-b- als die hauptsächlichen
Triebs«dern unserer Handlungen zu
bezeichnen. Die dritte Triebfeder: die
Eitelkeit, wird man um der Genanig
wir ehrlich und sagen wir: „Eitel wie
ein Mensch." Einstimmig angenom
men?
Die heutige Z-rau als zUuirer.
ser«r Zeit nicht für unbedingt identisch
mit den Begriffen: Excentricität,
Überspanntheit, Thorheit. Wer un
sere Zeit richtig «rsaßt und versteht,
sieht auch noch andere Züge, di« als die
Was ich unter der „heutigen" Frau
verstehe, das ist ein Wesen ernst,
zielbewußt, zu selbstständigem Denken
beansprucht das Recht von deren Aus
übung nicht für sich und verlangt für
ihre Fehler keinen anderen Maßstab,
fchen angelegt wird. Eine Frau die
ser Art, und sie sei noch so hochge
bildet, zu seiner Gattin, zur Mut
ter seiner Kinder zu wählen, davor
braucht kein Mann sich zu scheuen.
Das Leben, wie es heute ist und wie
«s sein wird, wenn erst unsere Kinder
den Kampf mit ihm aufnehmen sollen,
erfordert «ine andere Vorschule, als
man sie vor 30 Jahren benöthigte.
Ob unsere Töchter dereinst glückliche
und beglückende Gattinnen und tüchtige
Mütter werden ob sie einsam, aus
ihr« Hände und ihres Kopfes Arbeit
angewiesen, im Leben stehen werden,
was immer aus unseren Söhnen wer
den möge sie werden sein, was die
Mütter aus ihnen gemacht. Die Seele,
das Gemüth, d«r Geist des Kindes ist
unter der Führung der Mutter, was
der Thon unter des Bildhauers Hän
den ist. Und in den Worten: „Das
habe ich meiner Mutter zu verdanken!"
kann ebensowohl ein Segen wie ein
Fluch für uns liegen.
Auch ist es das Seelenleben des
Kindes durchaus nicht allein, dem die
auf der Höhe ihrer Zeit stehende Frau
ihren Stempel aufdrückt. Die gebil
dete Mutter pflegt auch die Hygiene in
allen ihren Nebenzweigen in anderer
Weise, als Mutter und Großmutter sie
pflegten (womit deren Verdienste wahr
lich nicht geschmälert werden sollen!).
Deren Methoden entsprachen eben einer
Periode, die der unseren so verschieden
ist, als läge «in Jahrhundert und mehr
Die Frau mit klarem
Denken, weit ausschauendem Blick und
fester Hand duldet kein« Benoeichli
chung, sie erzieht nicht ätherische, ner
vöse Persönchen, die in unserer Zeit
und unter unseren Existenzbedingun
gen so überflüssig, so unnütz, so störend
sür sich und Andere sind, als wie ein
sein würde. Die heutige Mutter steu
ert der Empfindelei, sie sucht die sich
gerade jetzt so breit machende Ueber
schätzung der Bedeutung von Aeußer
lichleiten zu unterdrücken und ihren
Kindern gegenüber mehr die des inne
ren Werthes in den Vordergrund zu
schieben. Sie lehrt sie und beweist es
durch ihr eigenes Beispiel, daß Fort
schritt, Bildung. Klarheit des Geistes,
Schärfe des Verftand«s, Thattraft
und Charakterstärke recht gut vereint
sein können mit der Herzensgute und
Gemiithstiefe, der Demuth und Zu
rückhaltung, dem häuslichen Sinn und
d«r Selbstverleugnung, die man, seit
dem die Welt steht, an der Frau schätzte
und ehrte und auch ferner an ihr
schätzen und ehren wird, so lange di«
Welt steht. In die Hand der Mutter,
die die künftigen Männer und Frauen
heranzubilden hat, ist es gelegt, zu be
weisen, daß ein« Frau, um auf der
Höhe ihrer Zeit zu stehen, noch lange
nicht nöthig hat, die Schranken zu
überspring«», die ihrem Geschlecht ge
zogen sind und ewig gezogen bleiben
müssen zum S?gen der Menschheit im
Allgemeinen und des Familienlebens
im Besonderen. Wenn wir unseren
Söhnen die Achtung vor der gebildeten
Mutter beibringen, unseren Töchtern
als Beispiel» edeler Selbstverleugnung
zu gelten uns bemühen, dann wird
man in der nächsten Generation anders
über die oft bespöttelte „gebildete
Frau" urtheilen und es wird keinem
Mann« einfallen, zu behaupten, daß
nur ein solches Wesen zur Gattin,
Mutter und Hausfrau tauge, das über
ein blödes, stereotypes Lächeln und «in
Ja, ja N«in, nein, nicht hinauskom
men kann, noch auch will.
Der moderne R»»»r.
„Nicht «rnst, meint Ihr, sei ich zu neh
men,
Sie dringen nicht in Herzenstiefe,
Und schnell verwischt sei ihre Spur?"
„O, traut mir nicht, Ar leichten Tho
deln,
„Ob alter, ob moderner Amor,
Gleich sicher ziel' ich auf di- Beute?.
Nicht anders trifft mein Pfeil, wie
einst.
Er sitzt so fest, wie «inst noch heute."
Beweis. Die j'ung« Frau
Dottorin (zu ihrer Mutter): „Ob mich
ttrthur liebt, fragst Du? Ich kann Dir
sagen, als ich neulich krank war, da hat
er sogar «inen andern Arzt holen las
sen!"
Eine Zvelerfal,rt von Münden
bis Hameln.
Endlich sah ich sie, die Weser, diesen
deutschesten alle' heimischen Ströme (sie
allein gehört >..it ihrem ganzen Gebiete
deutschem Boden an) und auch einer
der klassischsten. Im Weserlande er
hielt die römische Herrschaft, die sich
am Rhein und an der Mosel so stolz
aufgebaut, endlich den Todesstoß. An
ihren Ufern hausten jene Cherusker,
deren mächtiger Wuchs, trutziger Sinn
und derbes Wesen noch in den heutigen
Bewohnern fortlebt. Auf jenen Ber
gen hatten sie ihre Heiligthümer, ihre
Wohnstätten in jenen Wäldern, bei de
ren Betreten du angehaucht wirst von
den Schauern einer großen Vergangen
heit. Aber auch in landschastli-,
eher Hinsicht darf die Weser sich sehen
lassen. Ihre Ufer gehören zu dem An
muthigsten und Schönsten, was in
deutschen Landen zu finden ist, sie
sind umkränzt von einer guten Anzahl
historisch merkwürdiger und architekto-
Rathhaus zu Münden.
Münden ist gleich einer der Glanz
punkte der Fahrt. In einem romanti
schen, tiefen Thale, auf der durch den
Zusammenfluß von Werra und Fulda
gebildeten Halbinsel gelegen, macht er
mit seinem Schloß, der St. Blasii
kirche, dem 1619 erbauten Rathhaus
im Renaissancestil, der königlichen
Forstalademie mit botanischem Garten
die Zerstörung durch Tilly im Mai
1626 dieser Herrlichkeit ein Ende und
selbst bis heute hat die Stadt sich von
sieht man den Leichenstein des Dr. Ei
senbart, der sich 1727 hier auf der
Durchreise auf seine Art zu Tode ku
rirte.
Dr. Eisenbart's Grab in
Münden.
Ein kleiner Dampfer trägt uns die
Weser hinab, vorüber bei Carlshasen,
an der Mündung der Diemel, wo das
Flußthal, obschon erheblich enger, an
manche Partien der Meinfahrt zwi
schen Koblenz und Bingen erinnert,
Berg des Wesergebirgs, der S2O Meter
Weserbock bei Poll«.
Eine halbe Stunde unterhalb Holz
minden verengen sich die Ufer der We
ser wieder, die nun in mehreren gewal
tigen Krümmungen das Gebirge durch
bricht. Ein pittoreskes Landschafts
bild eröffnet diese Enge. Es ist das
Städtchen Poll- mit dem durch eine
Burgruine gekrönten sogenannten
Weserbock. Nach einer Stunde genuß
reicher Fahrt Station Bodenweroer,
Hameln mit dem Lachsfang.
Geburtsort des weltberühmten Frei
herr» von Münchhausen, eines der
aus den Doktor Faust, Till Eulenspie-
1588 bis 1612 erbauten Schlosses im
Renaissancestil, unstreitig der erste ar
chitektonische Glanzpunkt der ganzen
Strecke. Wir nähern uns nun dem
Endpunkt der Dampferfahrt. In der
Ferne taucht auf die vielthiirmige Rai
tenfängerstadt und ehemalige Festung
Hameln. Immer deutlicher tritt das
in den Nahmen einer anmuthigen Um
gebung gefaßte Bild hervor; endlich
Rathhaus in Hameln.
«in Zeichen mit der Glocke, uns wir
können festen Fuß fassen. Da es noch
früh am Tage ist, benützen wir die uns
verbleibenden zur Besich i
kirche des heiligen Bonifatius, im 11.
Jahrhundert gegründet, nach dem
Brande im 14. Jahrhundert »>u er
baut, 187 t) bis 1873 reftaurirt) einen
recht stattlichen Eindruck macht. Nach
dem wir noch den Lachsfang und die
Das RattenfängerhauS in
Hameln.
Fischzuchtansialt im Sch!ieke:Vbrunnen
in Augenschein gekommen, besteigen
wir den jenseits der Weser sich erheben
den, ehemals stark befestigten 251 Me
ter hohen Klütert. Im Abendscnncn
sÄ,ein liegt die Stadt uns zu Füßen.
Südlich gewendet, verfolgen wir den
Laus der Weser weithin und vergegen
wärtigen uns noch einmal im Geist: die
lieblichen Bilder, die in mannigfa:ti
gem Wechsel heute an unseren Blicken
Frau Rosa Sucher, die berühmte
Wagner-Sängerin der Berliner Oper,
gastirt gegenwärtig in New Aork, wo
die deutsche Oper, nach kurzer Unter
drückung Seitens der „berühmten"
Bi-rhundert, ein Auferstehungsfest
feiert. Frau Sucher ist die Gattin des
ersten Musikdirektors der Berliner
Oper. Ihre Glanzrollen sind Brun
hilde in der „Walküre" und in der
Götterdämmerung, sowie „Isolde" in
Tristan und Isolde. In de» letzteren
Rolle wird sie gegenwärtig wohl von
keiner Rivalin übertroffen. Frau
Sucher ist eine herrliche Bühnener
scheinung. Wir bringen ihr wohlge
trossenes Portrait.
Immer heuchlerisch.
Dame: „Haben Sie Knabenspiel
zeug, das auch am Sonntag benutzt
Geschäftsmann: „Gewiß, nehmen
Sie eine Schachtel Soldaten."
Dame: „Wie kann man am Sab
bath mit Soldaten spielen!"
Geschäftsmann: „Ja, denn diese
Bleisoldaten gehören ja zur „Salvation
Army"."
Neu-Deutsch. A.: „Als
ich neulich den grünen Weg überquerte,
bin ich beinahe im Schmutz stecken ge
blieben!" B.: „Das ist anderswo
auch nicht besser. Mir passirte das
selbe, als ich gestern die Maxstraße
d u r ch l ä n g st«!"
Feierlicher Moment.
Freund (in's Zimmer tretend): „Wie,
eine Flasche Wein bei der Arbeit...
Hast Du Geburtstag?" Schrift
steller: „Das nicht aber die Heldin
meines Romans verlobt sich eben!"
Der!'c!icr;iclicr.
gi- endwickeln gann, wenn's Nohd an
Mann gehd, da will ich Sie änne Rei
bergeschichde erzählen, die mir in Gass
Boomeel in Leibzig bassierd is.
Ich sitze gans mollig in Lnner Ecke
un drink« mei' Schälchen Heeßen un
denke an garnischd. Da gommd Sie so
ä lusdiges Gerlchen in eenfachen Som
mer-Reckchen 'rein, setzd sich an Ofen
un beschdelld noch ä Schälchen Heeßen.
„Na," denke ich, „Du gannst's brau
chen, daß De Dich wärmst," denn 's
waren draußen blos drei Grad Wärme
un das noch derzu Zelsius; da leesd
doch gee verninsd'ger Mensch ohne
Jberzieher in der Welt 'rum!
Das Gerlchen am Ofen schien sich
aber gar nich behaglich zu fiehlen; im
mer schbazierden seine Oogen in gan
sen Logale 'rum, un immer schielde er
s;en un die mehrschdendheels Schlad
schneiden.
„Der sucht verleichd Eenen.der sein'n
Gafjlle bezahld," denle ich bei mir --
unzweifelhaft Ihnen!" Un mid den
Worten: „Ich habe die Ehre," war e»
mit dem Jberzieher was haste was
gannste zur Dhiere 'naus un ich schdehe
da mid'n Hausschlissel wie'n siegreicher
Held.
Ja, Kurrasche muß der Mensch ha
ben.
Gast: Liebe Rosalie, die letzte Maß
brachten Sie mir, wie's schien, ganz
von der Neige! Ich hoffe, daß Sie
Ihre Neigung mchr durch die Blume
ausdrücken!
Neue Bezeichnung. Lehr
junge (sehr aufgeregt): Meister, Sie
möchten doch gleich nach Hause kom
men! Schuster: Schockschwerenoth!
daß man keine Ruhe kriegt. Was ist
denn los? Lehrjunge: Die Mei
sterin hat einen Bubea doppelt bekom
men!
A'.auövcr-Melcorologie.
Gewitter.
Trübe Aussicht
Bewölkter Himmel.'
Veränderlich.
Wolkenlos.
N-^el.
Heiter.
Dunst.
Zarter Wink.
„Ich meine, der Rock wirft hier über
die Brust Falten!"
„Das kommt nur davon, daß ich
mir erlaubt habe, die Rechnung gleich
in die Brusttasch« zu stecken!"
Böses Gewissen. Vater
(bei Tische): „Kinder, das riecht ja
so nach Wichse!" Der kleine Felix
(weinend): „Ich hab' heut' welche
der Schule bekommen!"