Gin Genie der Tlmt. (14. Fortsetzung.) „Nein, nein, es ist nicht seine Schuld," entschuldigte sie ihn dann mit heißem Bemühen, „damals als «r im Garten um mich warb, wie voll hat. Und nein, und nein, das darf nicht so fortgehen, ich will mich nicht um mein Gluck betrügen lassen, er soll diese Sklavenketten nicht länger tra gen! Und ich selbst muß handeln, es zu ändern, er ist zu zart und zu vor Papa zu treten —er bricht auch mit seinem Verleger wohl nicht, um d«r üblen Nachrede zu entgehen: „Brey ing hat reich geheirathet da gibt war, der ein vorsichtige? Gärtner fiir " jedes Reis, das sie treiben will, ein Stöckchen hinsteckt, an dem sie sich nach seinem Willen aufranke daß ihre Empfindungen und Entschlüsse sich ganz nach dem Spalier entwickelten, das kluge Berechnung ihr errichtet hatte. Als sie ihm von diesem Entschlüsse sprach, sah sie, wie sein Auge ausleuch tete. Dieses Aufleuchten war so eigen artig, daß es ihr auffiel, daß sie sich , noch nachher damit beschäftigte. Sie M deutete es als dankbare Befriedigung aber es war noch ein andrer Blitz darin gewesen, etwas wie selbstgefällige Genugthuung und vorsichtiges Spä hen. Wie ein harmloses, uninteressir tes Gemüth blickt, hatte sie vergessen, denn auch ihren Bruder l>atte sie seit ihrer Hochzeit nicht wieder gesehen so erkannte sie nicht, daß Breying ihr unwillkürlich scharf in's Auge gesehen, um zu erkennen, ob sie schon soweit sei, eigensüchtige Pläne mit guten Vor wänden und dem Mantel der Nächsten liebe zu verkleiden, oder ob di« Be sorgniß um ihn wirklich ihr Motiv feu'Aber sie war sich klar, wenn es 'selbst'i«o Auffunkeln berechnender Ge danken gewesen, daß sie da mit einer Berechnung zu thun habe, die ihrer beider Vortheil im Auge hatte, mit jener überlegenen Klugheit, die ihrer beider Loos bis jetzt nach ihreni Wun sch« gestaltet hotte. „Liebchen, das können wir ja nicht!" antwortete er. „Papa ist so genrös ge gen uns gewesen " Sklav," unterbrach sie ihn bitter, „daß mnser bestes Glück, daß unsre Flitter zeit durch banale Sorgen Aestört wird! Aber reden wir nicht mehr davon!" Ihre Sprache und ihr Austreten waren ganz anders geworden in diesen wenigen Monaten sie entwickelte sich rasch. Kurze Zeit darauf kam Breying in solcher Empörung nach Haus, daß er sich diesmal keine Mühe gab, seine Stimmung zu verbergen. „Dieser Mann ist ein Rüpel," er klärte er zähneknirschend, „ich will lnichts mehr mit ihm zu thun haben ich will lieber Steine klopfen, als sei nen literarischen Hausknecht spielen Annie, ich kann nicht mehr ich weiß nicht, was ick thue aber ich setze kei nen Schritt mehr in dies Bureau!" „Was ist geschehen, Leo?" „Ach, wozu Dich an dieser Demüthi gnz theilnehmen lassen verzeihe mir überhaupt, Liebchen, daß ich nicht ver mocht habe, es zu unterdrücken!" „Leo, ich bilte Dich bitte Dich wiederholt, gib die Sache auf. Arbeite Zu Haus, bleibe bei mir sorge Dich nicht, wie wir auskommen sollen — laß mich nur machen!" Breying schien nicht zu hören, so nahm ihn seine Empörung ein er schauspielerte übrigens durchaus nicht völlig, denn seit seiner Hochzeit war ihm der Kamm wieder geschwollen, war welcher auf dem Grunde seiner Seele schlummerte das hatte natürlich zu Konflikten geführt, ihm die abhängige Ken unmöglich gemacht. Ohne ihre Pläne ausdrücklich zu bil ligen, ging er jetzt darauf ein, und sie begannen ein neues Leben. Nunmehr ward die Wohnung durch ein paar Hofzimmer erweitert, vorn Wohl arbeitete Breying aber was er jetzt schrieb, war nicht mehr Fabrik- Arbeit nach seiner Meinung wenig- Und siehe: Es gelang ihm! Bei an der Spitze wirkt ganz anders au? den prüfenden Lektor und auf den Le ser ein, als eins von „Hans Meier" und, um ihm sein Recht widerfahren zu lassen, was er jetzt schrieb, > war wirklich auch gehaltvoller, als seine frü here Produktion. Sein inneres Leben hatte durch die Ehe doch eine gewisse Förderung er fahren der neue Glanz, der seine Person umstrahlte, beflügelte und be rauschte seinen spärlichen Genius er war als Mensch mit seinen Erfol gen gewachsen das ermangelte nicht die Rückwirkung auf fe?ne Fähigkeiten: „Es ist doch nicht ganz mehr der M..., den er 'rüher schrieb," sagten die we nigen Feinde, die er noch besaß und die es ihm noch nicht gelungen war, durch Liebenswürdigkeit und Speis und Trank zu entwaffnen. Da Ruhm nur ein Hauch auf den Lippen der Men ge ist, so ist eben der ein berühmter So ging es den Sommer hindurch. Gegen den Schluß der heißen Jah reszeit traten nun Ereignisse ein. die dem glänzenden Leben Einhalt geboten. Erstens war ein so großer Theil von Annie- Mitgift verbraucht, daß der langjährige Bankier ihres Vaters, bc! dem das Geld angelegt worden, dem alten Herrn nach Bergholz einen Brief schrieb, worin er ihm vom Stande Die Folge davon war, daß Hein rich Graaf sich aus seiner Lethargie ausraffte und seiner Tochter ankün digte, sie habe bei seinen Lebzeiten auf eine wesentliche Vergrößerung ihrer Mittel nicht zu rechnen. Mannes keine Härte bedeuten es war ein Ausfluß seines eingewurzelten Hanges, um sich herum alle und jeden pfindunz, die der Ritter des Mittel hen der Gurtschnalle auszudrücken pflegt, die Empfindung: „Nun drauf jetzt gilt's!" Alle Hilfsmittel der Toiletlenkunst blatt glatt und frisch^ —ihre Gestalt ließ: Dieses herrliche Weib denkt in diesem Augenblick durchaus, nicht an den, mit dem sie spricht, oder an das, was sie sagt sie hegt Gedanken und Pläne hinter ihrer matt leuchtenden Stirn, die über diesen Mann und dies Thema hinausgehen Wort und Per son sind ihr nur Mittel zum Zweck. Und doch verargte ser Beobachter ihr den lebhaften Wunsch, an des andern Stelle vor ihr zu sitzen, mit ihr zu sprechen, ihr Lächeln zu empfangen, von nahem in die klugen, gedanken voll-kühlen Augen, die so ungewollt bestechend blickten, zu schauen. Die Schönheit seiner Frau war es, die Breyings Glück machte, die Welt in sein Haus zog er selbst war in diesem Kreise ein liebenswürdiges Nichts man hielt ihn für unbedeu tend, weil seine Produktion 'der Tieft ermangelte man ahnte nicht, welch ein Genie er war, der geborene König verdienstvollen Männer/ Aber seiner Frau zuliebe that man vieles, was ihm zu gute kam; wiewohl niemand auch nur mit dem gering sten Schein der Glaubhaftigkeit sich ir gend eines besonderen Entgegenkom sie auch umworben ward. Das dritte Ereigniß war das Kom merzienraths Tod. Unier Was Pflege hatte der alte Herr seine Augen geschlossen; seine drei Kinder umstanden sein letztes Lager, Fritzi von Eretzulesco, Franz, der von Hohenheim telegraphisch Herbeize rufen worden war, ebenso seine beiden Schwiegersöhne Marenholz und die südosteuropäische Excellenz. Sein Ver mögen fiel zu gleichen Theilen an seine drei naturlichen Erben. Fiir seine Ar beiter war ausgiebig gesorgt die Fabrik sollt! unter Leitung des bishe rigen Betriebsdirektors, des alten Pro kuristen und des Rechtsanwaltes, die seit langen Jahren Eberhard Graafs Interessen vertaten hatten, fortbeste hen, bis etwa dieses Kuratorium die Ueberzeugung gewonnen, daß Franz im stanze sei, sie zu übernehmen mindestens aber die nächsten sünfJahr«. Dieser Trauerfall in der Familie nöthigte auch Annie, einige Zeit Re serve zu beobachten. Zur Beerdigung war HeinrichGra, herübergekommen freilich nur ai .einen halben Tag und war sofq Es war Asta geradezu ein Bedürf niß, hi«r eine Zeitlang mit ihrem Gat ten allein und ungetrennt zu leben denn seit der Papa so schwach gewor den, war sie beständig zwischen Berg hatte kaum je einmal drei Tage hier oder dort festgesessen. Da hatten die Gatten die Fühlung zu einander ein wenig eingebüßt. Dazu drückte auf Ma renholz' Stimmung sein Gast und Hausgenosse Heinrich Graaf mehr, als ihm und Asta klar wurde. Gerade in diesem Sommer, da seiner Gattin gu ter und stärkender Einfluß ihm fehlte, war der stille Verkehr mit dem Greise für ihn unheilvoll gewesen. Oft, wenn der alte Herr stumm auf einer Bank im Garten faß und grü belte, fühlte Marenholz «inen Stich in seinem Gemüthe, etwas wie einen Vor wurf, daß er leichter mit dem, was ihn drückte, fertig geworden; begrabene Selbstantlage erstand aus; es zog ihn zu dem einsamen Greise, der sich und der Welt nicht vergeben konnte er stumm voll quälender Gedanken bei ihm, verlor den neuen Muth, den er gefaßt hatte. Jener verzehrte sich langsam in sei nem — er aber wagte es, resolut weiterzuleben, die Hände nach dem Glücke auszustrecken! Asta hatte ihn fortgerissen, damals— er hatte ihr heilig versprechen müssen, zu leben aber dies Versprechen war zu Unrecht gegeben und genommen: Ein Adliger, ein Offizier, der ftin Eh renwort falsch abgegeben, muß sich «ine Kugel durch den Kopf schießen, darf sich nicht auf Kompromisse einlassen eine andre Logik gab es für ihn nicht, lcrnt, gab es für ihn nicht, ieitdem er jetzt wieder durch die trübselige Nähe des alten Mannes in die Vergangenheit in seine Seele ein ging sie, wär al les erloschen. Und doch hütete er sich, sie sehen zu lassen, was in ihm vorging sich in Berlin nun meinte sie, würde der Druck, den des Onkels Verkehr auf ihn geübt, weichen, ohne Worte und tenant, den jetzigen Oberst von Ostley. Der Oberst war mit Josephs Vater durch die innigsten Bande der Jugend- Sohn übertragen. Bei Marenholz' jähem Abschied war dies Band gesprengt worden jetzt bei der Begegnung am Grabe des Kom merzienraths, m dessen Hause auch Ostley verkehrt hatte, knüpfte es sich ohne weiteres wieder, einfach durch den stummen Händedruck, den die Männer tauschten. Es verstand sich danach von selbst, daß Joseph den alten, väterlichen Freund aufsucht«, daß dieser zu ihnen kam, seine einsamen Tage und Abende angen«hm unterbrach. Und die Frage, die Joseph im stil len fürchtete, kam schließlich auch, wie sie wieder vertrauter miteinander mein lieber Junge, warum hast Du im Grunde damals so plötzlich quit tirt?" Marenholz hatte di« Antwort vorbe reitet. Wie er sich zur peinlichsten Wahrhaftigkeit erzogen, wich er nicht aus. sondern erklärte mit plötzlich ver finstertem Gesicht: „Bitte, erlassen Sie mir, den Grund zu sagen. Er ist nicht ebrenhaft für mich. Ich füblte mich nicht mehr imstande, des Königs Rock zu tragen." Im äußersten Erstaunen fuhr der Oberst auf, blickte starr in Josephs Augen, die sich vor ihm senkten, und sprach unvermittelt von eüvas ande rem. t-gstem Einflüsse auf Josephs Snt schließungen, der sich nur verstärkte, als Ostley in der nächsten Zeit seine Besuche bei ihnen merklich einschränkte und, wenn er da war, eine gewisse leise Gezwunaenheit in seiner Hal.ung nicht ganz zu unterdrücken vermochte. Erst allmählich bahnte das alle Ver hältniß sich wieder an. „Er hätte nicht gelebt," sagte sich Jo seph. „Er hätte es nicht gethan, auf je'd« Gefahr hin nicht gethan, wenn ster Erregung, dann hätte er es nicht überlebt!" Dagegen vermochte auch Asta in die sen Tagen nichts. Joseph fühlte pein lich, welcher Abgrund ihn von jenem alten Ehrenmanne trenne, und wußte sich darüber nicht hinwegzusetzen. So drängte sich ihm der Gedanke auf, er schulde dem väterlichen Freunde die volle Wahrheit, damit jener entscheide, ob er länger in seinem Hause verkeh ren kö«n« oder nicht. Sohl merkte Asta, daß ihr Gatte mit schweren Gedanken und Entschlüs sen rang, allein sie merkte auch, daß er es jetzt bereits vermied, mit ihr al lein zu sein, ihr Wesen versöhnend auf sich wirken zu lassen; sie beschloß nun, die aufgeschobene Aussprache herbei zuführen doch verzögerte sich die von der Auseinandersetzung mit ihren Geschwistern lebhaft in Anspruch ge nommen wurde und Joseph sich ihr dende Gespräch der Männer statt.' Joseph ging zu dem Oberst s» feier lich und schwer, wie der Büßende vor Und die Antwort batte er sich selbst bereits gegeben, wußte, daß auch sein Beichtiger ihm keine andre würde ge ben können. Oberst von Ostley war in allen Din gen «in milder Mann in einem Punkt aber war er unerbittlich: „Ehre verloren alles verloren!" Er hörte den jungen Mann, den er wie einen Sohn liebte, ruhig an er widerte ihm nichts, als: „Gut, Du Hast Dich nicht erschossen, Du hast Pflichten auf Dich genommen, Deinem Weibe gelobt zu leben: also lebe, Du mußt es, mußt sehen, wie Du es trägst, »wie Du damit auskommst. Da Du aber Deine Frau nicht mitleiden lassen darfst, mußt Du auch danach trachten, Deine altpreußische Anschauung und Offiziersehre aus Deinem Blute zu til gen. Geh nach Amerika, England, der Schweiz, Afrika irgend wohin, wo man anders denkt, assimilire Dich den Leuten dort. Es find auch Menschen, find auch brav, find aber in anderen Ansichten aufgewachsen. Da wirst Du am ebbten damit fertig werden. Den preußischen Adel würde ich ablegen. Und nun, mein armer Junge, lebe wohl. Was Du mir gesagt hast, ist vergessen. Aber ich meine, wir werden uns nicht gut wiedersehen können mein Anblick würde Dir nach dem, was wir heut verhandelt, peinlich sein!" Er drückte ihm die Hand und Joseph ging. Am nächsten Tage, als Josph heim kam, fand er Karten vor, die der Oberst bei ihnen zu einer Stunde, da die Gat ten gewöhnlich nicht daheim waren, ab- Es waren Abschiedstarten. Zwei Tage später schrieb er ihnen beiden von Wiesbaden aus er habe ein« kleine Luftveränderung zur Kur vorgenommen, sei durch einen durchrei senden alten Kameraden zu raschem Entschlüsse, plötzlicher Abreise veran laßt worden und habe sie nicht mehr daheim getroffen— sende ihnen schrift lich seine Abschiedsgrüß«. „Es ist wahr," dachte Joseph, „er lügt nicht, er erwartete den Oberst Hoffmann, der sich in Wiesbaden aus luriren will und es ist doch deut lich, deutlich genug," Der alie Mann drückte ihm die Pi stole in di« Hand. „Joseph, warum verbringst Du Dei ne Tage und einen so großen Theil der Nächte außer dem Hause? Was habe ich gethan, daß Du Dich mir ent ziehst?" Mit dieser geraden Frage trat Asta am Tage, da sie den Brief aus Wies baden erhalten, vor ihren Gatten, ent schlossen. ohne Rücksicht darauf, ob sie und er in der rechten Stimmung wä ren, den Versuch zu einer Wiederher stellung des alten Verhältnisses zu ma chen, das ihnen so rasch und anschei nend grundlos verloren gegangen. Joseph hatte in Gedanken an seinem Schreibtisch gesessen, müßig über einem leeren Briefbogen , er erhob sich schnell, ging ihr entgegen, ergriff ihre liefen Blick voll hilfloser Seeienqual „Gute, liebe Asta," bat er. „heute nicht! Bitte, heute nicht! Zu Hause bei uns laß uns d« miteinander spre chen. Und willst Du mir eine Liebe thun, so laß packen ich kann nicht mehr in diesem Berlin bleiben ich muß nach Hause, heim zu uns, zu Dir, nach Bergholz!" Hause sein?" - „Ich weiß nicht, Kind. Ja, ich gehe, nein, ich bleibe ach, Asta, laß. ich weiß noch nicht! Ich kommc nachher noch hinüber zu Dir!" Am nächsten Morgen es war ge gen neun Uhr strich Marenholz bleich und übernächtig durch die Alleen des Thiergartens in jen-r abgelegenen Es waren gestern Abend Gäste ge kommen er hatte mit Kopfschmerzen unruhig ein paar Stunden geschlafen war schon lange auf, hatte daheim einen Brief geschrieben, der immer wie- der zerrissen worden, der zuletzt boy gelungen war und an Asta adressirt nun auf seinem Schreibtisch- lag. Er überlegte, wie alles gekommen. Er hatte doch selbst geglaubt, überwun den zu baden da, der alte Graaf, der hatte mit seinem unglückseligen Beispiel ihn angesteckt, zum Grübeln gebracht, iein Gemüth aus der Ruhe, die es schon gefunden, wieder aufge schreckt. Dann die Uebersiedelung nach Berlin, wo alle Erinnerung'» lebensig wurden, jeder Schritt, den er that, ein Schritt in sein altes Leben zurück war; der Verkehr mit dem Oberst, das Wie dersehen mit seinen Kameraden, die Villa, der Garten, die Wege des Thier gartens, es war nicht anders möglich gewesen, als daß die Zeit vor dem Er eignisse, das Ereigniß selbst, sein See lenzustand nach demselben wieder in ihm auslebten, als sei alles gestern erst Die Pflicht gegen Asta gewiß, er wollte nicht unterliegen, er verstand wohl, daß er ei nicht dürfe: aber Ver stand und Willen sind schwach, wenn das Gemüth mit seiner dunklen.Macht uns zu einer That drängt. Bei Tage fand er die Widerstands kraft die Nacht aber war seine Her rin, überwand ihn der heutige Mor gen sollte den Ausgang des stillenKam pfts, sollte fein Unterliegen sehen. Er nannte sich feig, daß er seinem Weibe nicht anders lobnte.'daß er zu ihrem Schmerze um den Vater den neuen fügen wollte es lag aber ein Dru,ck wie ein Alp auf seiner Seele, der ihn dazu zwcNig die Gewalt der Empfindung, die unwiderstehliche Ex pansion der so lange niedergedrückten Empfindung verletzter Ehre drängten jede andre Regung aus seiner Seele. Da, wie er willenlos durch die ein samen Gänge wandelte, auf der Suche nach einem geeigneten Platz, kreuzte er den Reitweg. Pferdegetrappel näherte sich rasch — er machte Halt. Es war eine Dame und ein Herr, die vorbeikamen, auf einen erstaunten zweiten Blick erkannte er Fritzi die Prinzessin Fedora vielmehr und -an ihrer Seite der Major Kahimadju ga, einen Herrn von der japanischen Gesandtschaft. Die beiden waren in ei nem eifrigen, erregten Gespräch, wo bei der jungen Dame Augen und Wan gen glühten, hatten schlecht acht auf .Pferd und Weg Joseph wußte den ihres Gesprächs, ohne daß ein Wort davon in sein Ohr gedrungen und ein plötzlicher Ekel ergriff ihn. Da sah ihn Fedora, lächelte ihm zu, hatte einen ungenirten, burschikosen Gruß mit der Reitgerte für ihn, legte leicht einen Fing«r auf den Mund, um ihm Verschwiegenheit anzuempfehlen, und sprengte voüber. Joseph stand, blickte ihr nach und seine Empfindung des Ekels steigerte sich zu dem Grade, bei dem wir uns nicht mehr veranlaßt fühlen, das Le ben als einen Unwerth von uns zu werfen, sondern bei dem es uns mit ei nemmal gleichgiltig wird, ob wir wei terleben oder sterben, weil beides die Aufregung nicht zu lohnen scheint. „Es leben Schlechtere als ich!" sagte er sich. „Warum also das arme Weib so in den Tod betrüben, das soviel für mich gethan und jetzt zu Hause packt, um mich aus dieser Hölle Berlin wie der herauszuführen in ein reineres Da sein!" Er zog langsam die Waffe aus der Brusttasche, ging hinüber an den Rand des Wassers und schleuderte sie hinein. „Hatte ich ganz di« Besinnung ver loren?" schalt er sich dann. „Hier, hier, wie ein durchgebrannter Kommis, im Thiergarten, auf öffentlichen, Wege wollte ich Nein, nein, sollte es ja sein, so will ich es wenigstens ohne >Eclat thun auf Bergholz ein Jagdunfall da wird sie es leichter tragen " XXI. Es gab Annie doch einen Stich in's Herz, als sie ihren Vater wiedersah zum erstenmal in fast Jahresfrist., zum erstenmal seit ihrer Hochzeit. Wohl hatte sie gehört, daß er zusam mengefallen sei so aber hatte sie ihn sich doch nicht gedacht. Und doch und doch sympathisch war ihr der Anblick nicht, den er bot — das leise Weh des Tochterherzens in ihr ward erdrückt durch die unangeneh me Empfindung der Gräfin Breying, daß gerade ihr Vater ein« so klägliche, verkommende Erscheinung war, vergli chen mit all' den Männern voll Ele ganz, geistiger Bedeutung und Vor nehmheit, die sie scitMonden umdräng ten, in deren Kreis sie die Königin war, während sie diesem armen Greise da nicht viel anders denn als eine Bettle rin nahte. „Wenn er so zu uns käme, wie sehr würde er sich und mich lächerlich ma chen, dem Spott aussetzen!" Dieser Einfall zog ihr durch den Sinn und sie war zufrieden, daß er sich dies ein same Gut als Schlupfwinkel ausge sucht. Sie war trotz ihres leidenden Zu standes mit dem ersten Morgenzuge herübergekommen ohne Ahnung, daß auch Asta und ihr Gatte heute Mittag von Berlin zurückerwartet Jt,r Mann hatte sie nicht geleitet, sie nur in's gesetzt er meinte, ihre heutige Mission an ihren Vatsr schließe seine Gegenwart aus. Sie kam als Antwort auf seinen zur Sparsamkeit mahnenden Brief, um durchzusetzen, daß er ihre Rente be trächtlich erhöhe. Erst heute früh hat te Heinrich Graaf den Brief erhalten, worin sie ihm ihre Ankunft anzeigte und gleichzeitig bat. sie von der Sta tion im Wagen abholen zu lassen, da das Gehen ihr in ihrem Zustande schwer fiele. Der alte Moim hatte nicht mehr Zeit gehabt, ihren Besuch abzulehnen konnte nur eben noch um dex Wagen bitten. Aber wie er dann im Vorgarten saß und ihr entgegenharrte, hatte sein ar mes Herz doch zu wallen begonnen endlich, endlich kam sein Blut wieder Hu ihm! Johannes' alle vierzehn Tage unter großer Strapaze und zweimali ger Nachtfahrt aus Hannover wieder- Besuch machte ihm lange nicht er sich's zu verhehlen trachtete. Er bangte vor ihr, er sehnte sich im gehei men nach ihr, er suchte ein hartes, mür risches Gesicht aufzusetzen, und doch ging ihm in aller Herzensbeklommen heit eine Freudensonne auf, als er sie draußen vor dem Gartenthor aus dem Wagen steigen und in all ihrer Schön heit auf sich zukommen sab. Und zumal erzitterte sein Herz, als er ihre Erscheinung musterte und be merkte, wie diese sich in der allerletzten Zeit verändert hatte. Wie er aber mit seinem schärfsten Blick in ihr Angesicht spähte und darin die Empfindungen las, die seine Er scheinung ihr verursachte, da war ihm, als griffe eine Hand der Vereisung in feine Brust, die Hand des Todes und seine geheime bange Freude wich in jähem Uebergange der bittersten Wehmuth eine fast furchtsame Slh nung des Kommenden durchzuckt: ihn: „Vornehme, schöne, herzlose Frau, brisge mir altem Manne nicht den Tod!" Sie setzte ihr gewinnendstes Lächeln auf, wie sie ihm di« Hand bot. „Eine Grimasse der Falschheit," dachte er, aber diese Grimasse war so lieblich, so bestechend, er erwiderte sie durch einen freundlichen Blick. „Verzeih, Papa, daß ich solange ge zögert, Dich hier aufzusuchen," bat sie, „aber Du siehst wohl, was mich in der letzten Zeit hinderte!" „Eigenthümliche Logik warum hätte sie nicht vordem kommen können?" dachte er sagte aber mit dem milde sten Ton seiner Stimme: „Es thut nichts, mein Kind," Dann saßen sie nebeneinander auf der Bank im Borgarten in der vollen Sonn«, die im Herbst so warm ist, wie der Schatten kalt und sprachen von allerlei, nur nicht von dem Grunde ih res Kommens. Sie lobte und rühmte ihren Mann, sie übertrieb die Stellung, die er in der Welt einnahm, sie ließ die vornehmsten Titel und berühmtesten Namen, die bei ihnen verkehrten, durch Seiten pförtchen achtlos in das Gespräch ein fließen. Sie glaubte ihm damit zu iinponi ren und zu schmeicheln aber des al ten Mannes Empfindungen waren jetzt die denkbar engsten, rein persönliche, fein Verhältniß zu den nxnizen, zu den vier Menschen, die ihm noch etwas wa ren, Asta, Johannes, Joseph, Annie alles andre war in ihm erloschen, denn Schmerzen machen egoistisch. Daß sein Schwiegersohn durch der Excellenz Z. und des Geheimen Hofraths Z. Besuch ausgezeichnet wurde, daß der diletti rende Prinz U. seiner Tochter Kom plimente gemacht war ihm vollkom men gleichgültig. Alles, was er dabei zu bemerken hatte, war der furchtsam-ironische Ein wurf: „Alfo «dieser Verkehr kostet euch soviel Geld?" „Gewiß. Papa," nahm Frau Annie das auf diese Weise von dem alten Herrn selbst angeschlagene Themcr auf, „gewiß, vorläufig kostet es nur al lein Leos Name kommt auf diese Weise am raschesten in aller Leute Mund— er wird schneller berühmt, als wenn er sich nur auf seine Arbeiten und Lei- stungen stützte. Und später in kur zer Frist kommt auch das Geld wie der ein, wenn man die Dinge von die sem untergeordneten Standpunkte aus betrachten will «in berühmter Schriftsteller wird zehn-, ja zwanzig mal so hoch bezahlt, als einer, der nur „etwas leistet!" Heinrich Graas schwieg. „Die Welt ist einmal so!" fügte sie hinzu. Es entstand eine Pause. „Warum hak Dein Mann ferne Stel lung aufgegeben?" fragte dann der Vater. Anni« erröthete, zögerte mit der An twort. Der alte Mann ward aufmerksam, blickte nicht mehr den Vorgarten hin unter, die Buchsbaumgange entlang, zwischen denen die letzten Astern blüh ten sondern warf einen scheuen Sei tenblick auf seiner Tochter Gesicht und sah, daß sie in ihren Gedanken aus holte. wie zu einem Schlage. „Er mußte es," sagte sie leise, „um meinetwillen mein Name brachte ihn um sein Brot!" Heinrich Graafs Antlitz ward fahler, als welkes Laub. „Deswegen!, würgt? er heraus. „O, bis dahin hat Leo seine Karriere vollendet, das Geld fließt ihm in Strömen )u!" erwiderte sii zuver sichtlich. „Wnm nun aber nichi?" „Lieber Papa, zürne mir nicht, ivenn ich gestehe, daß wir es verschmä hen. uns darum Sorge zu inachen!" »Ihr denkt, 'dahin bin ich todt!" stuck er hervor. Sie drückte ihr Spitzcntuch, das sie >thr gelegen in der Hand hatte, an 'hre Aug!«. (Fortsetzung folgt.) Mr die Küche. Wiener Backhühn«r. Nach dem die jungen Hühner gereinigt und in vier Theile zerschnitten sind, taucht man sie zuerst in Mehl, dem etwas klopfte ganze Ei«r und schließlich in fein gesiebte Krumen. An Stelle die ser etwas mühsam aus getrocknetem al- Kalbsvögel. Man schneidet aus dem dicken Fleische des Kalbsschle gels fingerdicke und dreifingerbreite Stücke, klopft dieselben etwas breit, reibt sie mit Salz ein und macht fol gende Fülle. Man wiegt etwas Kalb fleisch, welches von den obigen Schnit ten genommen wird, sowie den gleichen Theil Speck recht fein, stößt es mit etwas fein gewiegter Zwiebel und ge nügend Petersilie, welche beide ganz leicht in Butter geröstet wurden, fowie mit ein wenig Muskatnuß, Pfeffer und Salz und, wenn man es noch besser machen will, mit Trüffeln leicht in ei nem Mörser und mengt es mit etwas saurem Rahm gut unter einander. Nun bestreicht man die Schnitten, messer rückendick mit dieser Fülle, rollt sie zu sammen, umbindet sie mit einem Fa den, gibt die Rollen neben einander in einen Tiegel, in welchem Butter heiß gemacht wurde, und bratet sie auf bei lends weich dünsten, so daß die Sauce kurz eingekocht ist. Gibt man mit Kartoffelmus. E ho co laden-Torte. 6 Ei dotter werden mit fünf Unzen Citro- Eitrone eine halbe Stunde gerührt, dann 2 Tafeln geriebener Chocolade dazugethan und ebenso S Unzen gerie bene Mandeln (auf der Mandelmühle), dann der Schnee von 6 Eiweiß unl» «ine Handvoll feiner Weißbrotkrumen. Das Ganze wird in die befettete, mit Mehl bestreute Form gethan und muß Mehlpud ding. Man verar beitet 3 Unzen seines Mehl mit frischer Butter zu einem Teig, gebe diesen in «in halbes Quart gute, kochende Milch und dämpft dieses so lange auf dem Feuer an, bis sich die Masse von der Kasserole löst. Nachdem die Masse vom Feuer genommen und etwas abgekühlt mit dem zu festem Schnee geschlagenen Eiweiß der 6 Eier vermischt. Der Pudding wird anderthalb Stunden ge- Tische gebracht. Bei diesem wie bei jedem anderen Pudding ist zu beachten, daß das Kochen sofort nach der Mischung mit dem Schnee erfolgen muß. Beim Ko chen selbst sind folgende Vorschriften zu Wasser enthält, daß dasselbe bis an man ihn behutsam aus der Form über die bestimmte Anrichtschüssel, bestreut ikn mit seinem Zucker, gibt entweder welche mit einem gut schließenden De ckel versehen ist, stellt die gefüllten For men hinein, bedeckt die Kasserole genau im Mehl und ein halbes Quart süßer fast, 1 Kaffeelöffel fein geschnittene candirte Orangeblüthe und der steife dazu gegeben. Der Tramp. Farmer: „Wa rum sehen Sie sich nicht nach Arbeit Er st er Verdienst. Stu diosus: „Sieh' mal, Paul, diese 20 Mark! Mein erstes selbstverdientes !Äeld!" Sein Freund: .Womit hast jsus: „Leere Weinflaschen habe ich ver lauf!!" 3