2 Kaiserin Augnfta Victoria als Hausfrau. Wenn der Kaiser Wilh«lm sich auf Reisen befindet, was bekanntlich sehr hält und sogar Knöpfe annäht und Strümpfe stopft... Am deutsche» Kaiserhofe sind englische Strümpfe be liebt. Als dem Bruder des Kaisers, Liebe, aber er darf nicht derartig fein, daß er die Beine beschmiert." Die Kaiserin versammelt jeden Montag Schuld, daß ihre Herrinnen wenig Jn- Die hauptsächlichste Beschwerde der Dienstmädchen ist, datz sie viel Arbeit unterrichten. Das Wichtigste ab!r ist, Bette und steht um 6 Uhr auf. Ihr Tagewerk beginnt sie damit, datz sie ihrem Gemahl den Kaffee zubereitet. Die Kaiserin überwacht die Arbeiten sonders großes Vergnügen. Die Kin der sind große Thierfreunde und be sitzen verschiedene Species von Haus trages sowie ein kaiserliches Rescrivt zerrissen. D«r älteste Sohn, der Erb prinz. hat etwas von einem „«-nkunt t«-ri-!I>Ii." Als ihm der Hofkaplan einmal beim Religionsunterricht sagte, alle Menschen seien Sünder, erwiderte «r: „Gut! Mein Vater mag ein Sünder sein, aber ich glaube nicht, daß -meine Mutter eine Sünderin ist." DaS ist es. Es war in d-r Jnstrucnonsstunde. Unterofficier Müller erklärt seiner andächtig lauschenden Hörerschaft die Ausrüstung des Soldaten. „Also. Rekrut Freßki," fragte der Corporal, „woraus besteht die Bewaff nung des Infanteristen?" .Hat sich Infanterist Gewehr," schallte es als prompte Antwort. „Na ja—aber ist das Alles, Freßki? Denke einmal nach." Tiefes Schweigen. „Na, Freßki, was hat denn der Fü- Ueber das Gesicht des Rekruten „Weiß ich jetzt Brotbeutel, Herr dem Wege zum Bahnhofe?" „Aller dings, gehe nach Neapel, will mir mal den Vesuv ansehen." „Was, solche theuere Reisen angesichts Ihrer Sie täten?" „Warum nicht? Es bleibt einem Vulkan tanze!" Romantisch. Herr: Sie fühlen also gar kein Interesse sür mich? Dame: O doch, seit Papa erklärt hat, Sie wären ein Abenteuerer, gefallen Sie mir außerordentlich! Ein triftiger Grund. In. einer New Uorker Zeitung stand dieser Tage folgende Anzeige: „Adolf, kehre zurück zu Deiner untröstlichen Mathilde. Tai Piano ist verkauft." Weihnacht. Weihnachtsfestzeit, liebliche du und traute, Die den gabenspendenden Baum uns Ob im Lebensstrome wir flüchtig trei- Wirst du uns bleiben. Lieber Baum mit Flitter und bunten Lichtern, Angestaunt von kindlichen Frohgesich- Gold'ne Zeilen bringest du hold uns Z?uS den starren Aesten des Tannen- Kommt es wie ein Wehen des Jugend- Und uns wird bejcheert im Glück der Kleinen, WaS wir beweinen. Mag der Schnee auf unsere Scheitel Mag die Zeit uns beugen die morschen Rücken So ist uns noch einmal vergönnt auf Erden Kinder zu werden. Der Capitän als Weihnachts enget. Es war am Abend vor dem Christ feste. Alle meine Freunde hatten Washington verlassen und waren zu den Ihrigen gereist und meine Ange hörigen wohnten in Californien, Tau sende von Meilen entfernt. Sollte ich das Fest ganz einsam und trostlos ver bringen? Oder sollte ich —? Bor mir stieg das Bildniß eines schönen, stolzen Mädchens auf aber das Ori ginal war weit entfernt. Ich berech nete die Fahrt. Wenn ich sofort ab reisen würde, so konnte ich noch einen Theil des Festes mit ihr verleben. Eine halbe Stunde später stand ich auf dem Bahnhofe bei einem Rudel ungeduldiger Passagiere, welche den Condutteur des Schlafwagens um drängten. Ich kam gerade hinzu, als einer der Passagiere mit heftigen Scheltworten auf den Condukteur ein drang und darauf bestanv, ein soeben durch ein« Depesche sreigewordenes Unterbett ihm anzuweisen. „Und ich sage Ihnen, mein werther Herr, daß Sie das Unterbett nicht be kommen werden, obschon Sie sich zu erst dafür gemeldet hatten. Eine Dame Was geht das mich an? Ich habe das erste Anrecht an das Bett. Und wenn Sie es mir nicht geben, so werde ich bei der Pullman-Compagnie Be schwerde führen." In diesem Augenblicke trat eine Dame auf die Platform des Wagens hinaus und fragte den Condukteur nach ihrem Bette. „Gehen Sie nur rasch wieder hinein, Madame. Di« kalt« Nachtlust schadet Ihnen. Ich sagte Ihnen, daß Sie ein Unterbett er halten werden, und wenn ich selbst ei nen Herrn, der es zuerst gemiethet hatte, Hinauswersen müßte," rief ihr der Condukteur zu und fuhr dann, zu dem schimpfenden Passagier gewendet, begütigend fort: „Mein lieber Herr, was Sie da soeben sagten, meiinen Sie gewiß nicht so. Denn Sie werden doch sicherlich der Erste sein, der dieser ar men kranken Dame, welch« im Süden ihr« Gesundheit wieder herzustellen hofft, d«n Platz abtritt", und als der Grobe sich nicht sofort dazu bereit er klärte. fuhr der Condukteur fort: „Und wenn Sie selbst der Mister Pull man wären, so würden Sie dieser ar men Kranken das Feld räumen müs sen." Der Grobe trat beschämt zurück und di« übrigen Passagiere verkniffen sich nur mit Mühe das Lachen. Der rit haber der Pullman-Cars. Das war nicht der gelockte und geschniegelte Jüngling, der in seinem Aeußern den Marine-Ossicier zu copiren sucht, son dern ein stattlicher alter Herr mit martialischem schneeweißem Schnur bart und dem Austreten des welterfah «nen Mann«s. Ich sah ihm an, daß er Pulver gerochen haben mußte und redete ihn deshalb mit Capitän an. „Ist es möglich, Capitän, daß ich noch ein Oberbett nach New Orleans be komme? Ich mutz zum Feste nach tort." Der Capitän musterte mich ein« Sekunde und sagle dann in freundli chem Tone: „Gehen Sie nur hinein in die Car, ich werde schon für Sie sorgen." Ich erhielt auch richtig ein Oberbett, das letzte, welches noch frei war und begab mich bald zur Ruhe. Als ich am nächsten Morgen er wachte, stand der Zug still. Wir hat ten während der Nacht nur ISO Mei len zurückgelegt in Folge eines Unfal les, der dem uns entgegenkommenden Passagierzuge zugestoßen war. Die Stimmung, der Reisenden, welch«, mit Ausnahme der kranken Dam«, sämmt lich das Fest bei den Ihrigen zubringen wollten, kann man sich denken. Da kam der alte Schlafwagen-Condukteur herbei. „Well, guten Morgen, mein« Herren, «s ist «in prachtvoller Winter morgen, und Sie sollten hinausgehen in die schöne Luft. Wir werden noch mehrere Stunden hier stillliegen müs sen und Sie haben vollauf Zeit, um das Schlachtfeld zu besichtigen. Kom men Sie nur, meine Herren, in nächster Nähe hat eine der schrecklichsten Schlac hten des Bürgerkrieges stattgefunden." Als Antwort auf eine Frage erklärte er, daß er stlbst hier mitgekämpft hatte, als Virginier natürlich aus Seiten der Südstaaten. Nach dem Frühstück machte sich die ganze Gesellschaft unter Führung des Capitäns auf den Weg. Er erklärte uns die Stellung beider Heere, zeigte uns die Plätze, um welche am heftigsten gekämpft worden war und entwickelte ein anschauliches Bild der ganzenCam pagne. Auf dem Rückwege ging der Capitän in ein kleines Haus, und holte sich dort ein niedliches Bouqnet, welches er später der kranken Dame überreichte. Als sich der Zug endlich wieder in Bewegung setzte, galt der Capitän bei uns Reisenden ungefähr so viel, als wenn er der Besitzer des Waggons ge wesen wäre. Er sungirte nicht allein als Beamter, sondern man hatte das Gefühl, als ob man bei ihm zu Gaste sei. Er bemühte sich beständig um uns. Den Lesenden richtete er die Fenster vorhänge so ein, daß das Licht vor theilhaft auf Buch siel, den Rau chern verschaffte er gute Bentilation, für di« kranke Dame schleppte er Kissen und Decken herbei und richtete sie so behaglich ein, wie möglich. Denjeni gen, welch« hinaus in die wunderschöne Landschaft blickten, erklärte er dieselbe. Das alles geschah ohne alle Aufdring lichkeit und mit so vollendeier Liebens würdigkeit und so feinem Takt, daß wir Passagiere gar nicht aus dem Staunen herauskamen. Auch sein Porter Nickolas war das Ideal eines solchen, nicht der mürri sche, häufig genug flegelhafte Trink geldspekulant, wie man sie in der Re gel auf den Zügen antrifft, sondern ein wirklicher Leibdiener, prompt, ruhig, ehrerbietig und stets zur Hand. Es stell!« sich heraus, daß Nick in des Ca pitäns glänzenderen Jugendjahren (vor dem Kriege) dessen eigener Diener ge wesen war. Ich sprach über Nick zum Capitän. .Jawohl, mein Herr, Nick ist ein vor trefflicher Junge. Als ich bei der Bahn angestellt wurde, gab mir di« Compagnie einen Mulatten als Porter, «inen von diesen jungen „free issue" Bengeln. D«r konnte lesen und ein wenig schreiben und bildete sich nun ein, daß er ein Gentleman sei. Er war aber nur ein Gentleman-Loafer, ein Lümm«l, weiter nichts, er war grob und flegelhaft, kaute beständig aus ei nem Zahnstocher herum und ich mußte ihn wegen seiner Faulheit und Imper tinenz vom Zuge jagen. Ich erklärt« dann dem Eisenbahndirektor, daß ich mir meinen eigenen Porter erziehen, oder den Dienst verlassen müsse. So bekam ich Nick. Er ist ein prächtiger Boy geworden (Nick war ungefähr 6S Jahre alt). Des Sir, der Schwarze ihn richtig behandelt, hundertmal besser als der Mulatte." Ich war in ein paar din?" meinte d«r lch mußt« das bejahen und der Capitän sagte, er hab« das schon gewußt, als ich in Washing ton ihn um den Platz ihm nach dem Norven. Ich erwiderte, daß ich durchaus nicht so glücklich sei, denn wir hätten uns noch nicht auSge sind „all right". Sagen Sie ihr nur, ich hätt« das g:sagt." Ich sah den Capitän groß an, aber sein Zuspruch that mir gut. Ich war ja so zaghaft und so betrefft mein« Aussichten, daß die Zuversicht, welche "der alte Mann aussprach, ge wendigsten damals brauchie. Eh« ich es recht wußte, hatte der alte Capitän erfahr«!!, wer ich war, was ich für «ine Stellung bekleidete, wer mei"e Anver wandte waren, wie und wo ich meine Angebetete zuerst getrossen und wi« sehr ich mich in sie verliebt hatte. Und nun ,.Ze Na men der Herren, aber sie sind alle meine Freunde." Und so war's auch. Der Capitän aber schickte «in Tekgramm an seine Frau, denn es konnte ja sein, daß das falsche Gerücht auch ihr zu Als das Mittagessen im Speisewa gen servirt wurde, war der Capitän von jedem einzelnen Passagiere zu Gaste ge laden worden. Aber er lehnte alle Einladungen ab. C' sagte, daß er ewas zu besorgen Schließlich vertraute er mir an, daß er an einen folgenden Station bereit zu halten. Weihnachten ohne jede Feier sei doch gar zu trübselig. Und als nun der plötzlich Nick mit einer dampfenden Punschbowle, welche mit Tannenreis und Holly bekränzt war und nun bra chen die überraschten Passagiere in ein donnerndes Hoch aus den alten Capi tän aus. dern der eigentlichen Grundlage des Christenthums treu zu bleiben: „Liebet Euch unter einander, seid gerecht und erinnere mich nicht, jemals ein« so ein fache und zugleich so eindrucksvolle Red« gehört zu haben. Und nun wurden noch viele Reden gehalten, jeder einzelne der Mitreisen den hielt mindestens eine Rede; es wur den Lieder gesungen, Toaste ausge bracht auf den Capitän, auf alle fernen Freunde der Reifenden, auf des Capi täns Gattin u. f. w. Und die Bowle wurde ausgetrunlen, ohne daß irgend einer de: Theilnehmer sich übernom men und so die prächtige Stimmung gestört hätte. Nur der Capitän tränt leinen Tropfen, so sehr ihm auch zuge redet wurde. „Meine Freunde," sagte er, „ich bin gewiß lein Temperenzler, ich hasse diese heuchlerische Gesellschaft sogar, aber ich bin im Dienste. Eine der Vorschriften der Eisenbahngesell schaft geht dahin, daß kein Angestellter in den Dienststunden geistige Getränke zu sich nehmen darf. Das ist «ine ganz gute Regel, denn es gibt ja leider Men gulationen nicht zu unterschreiben." Und Nick wurde herbeigeschleppt und mußte des Capitäns Glas austrinken ten, welche ihm «ine Hand voll Quar te:? Und Vvs dem redleli- Ger gewordenen Nick erfuhren wir dann auch, datz der Capitän in der ersten Nacht Nicks Laxer getheilt hab«. Sein eigenes Bett im Rauchzimmer hatte der Capitän dem Herrn abgetreten, welcher in Washington ihm mit Beschwerde ge droht hatte, und mir hatt« er dann das Oberbett gegeben, welches der „Grobe" haben stillte. Kurz vor unserer Ankunft in New Orleans flüsterte mir der Capitän heimlich in's Ohr, daß er heute dienst frei sei und mich bitte, das Weihnachts- Diner in seinem Hause einzunehmen. Ich protestirte zuerst und meinte, ich wolle doch sofort meiner Angebeteten einen Besuch machen und von ihr eine Einladung abwarten, aber der Capitän machte ein geheimnißvolles Gesicht und meinte, es sei vielleicht doch besser, wenn ich erst zu ihm käme. Und ich betrat gegen Abend ein klei nes, einfaches Häuschen, wo mich der alte Capitän freundlich begrüßte und mich dann sein« Gattin vorstellte, die den Freund ihres Mannes in der herz lichsten Weise bewillkommte. Und als wir uns zu Tische setzen wollten, da erschien Diejenige, welcher mein Besuch in New Orleans galt! War das eine Ueberraschung! Der Capitän hatte die dann nach einem fröhlichen einfachen Mahlt der Capitän bei einem Nachbar eingetreten war und die Frau in der Küche mit Abräumen sich beschäftigte, da kam es zwischen uns beiden Gästen zur gegenseitigen Aussprache und zum gegenseitigen Geständnitz unserer Liebe. leans. Er hat eine Offerte d«r Pull ihm die gute Stelle verschaffen wollte, war derselbe Herr, der in Washington so barsch auf seinen Rechten bestand und dem guten allen Capitän sogar mit Beschwerde bei der Pullman Com pagnie gedroht hatte. Gefunden. Sie hatte einst an einem kühlen Tage ihre Hand in die seine gelegt, die sich ihr ruhig, ohn« Hast und Erregung, entge genstreckte. Ein „Nein" von ihr würde ihn nicht zerschmettert haben er hätte sich dann eine andere Frau ge sucht, da er Heirathen wollte, weil ihm der Junggesellenstand überdrüssig und eine «igene Häuslichkeit Wunsch gewor den war. Sie liebte ihn nicht und folgte nur dem Zureden ihrer Verwandten und ei nem «igen«», leisen Gefühl, das «in« Heirath in ihren Verhältnissen wiin schenswerth erscheinen ließ. scheinbare Harmonie ein äußeres Ge wand des inneren Nichtverstehens ist. Sie standen, schweigend vor dem gen schon fröhlichere Menschen an sich vorbeizieh«n> sehen. Sie feierten ihr erstes, g«meinsames Weihnachten, aber Schn«« überdeckte. Er blätterte in dem schön gebunde nen, wissenschaftlichen Werk, das ihr feiner Geschmack ihm ausgesucht. die Poesie des heiligen Abends? Öder an den aschblonden Kopf, den seine Frau gar so ruhig und gleichgiltig üb» den zarten Schultern bewegte? Nein, an sie dachte er gewiß nicht, Fenster auf das schlafende Wiaterbild Heimath war. Ein klarer Mond be leuchtete die fernsten Züge des Gebirges und umflimmerte den schlanken Kirch- Es träumt sich so gut. wenn dem Aug« keine störende Farbe entgegentritt und jede- Ding sich unb-weglich in den Schleier der Nacht schmiegt. Aber ihre als in dem verschneiten Thal „Wenn Du groß bist, Blondinchen, werde ich Dich Heirathen, und dann tanzen wir den ganzen Tag, und ich schaukle Dich aus meiner. Knieen Abends spielen »wir Domino und ich schenke Dir so viele Chocolade, als Du magst." Es war ein blühender, junger Ossi» Madchen erlauf dem Schoße und flatterhaft. Die klein« Bas« sollte es erfahren. Noch manches Jahr kam er zum Christfest, streichelte seine Mutter, er sie Heirathen wolle. Dann eilte er wieder in die große Garnison zurück, die ihn als Liebling auf den Wogen ihrer Geselligkeit trug. Endlich war ein Weihnachten, an dem er die kleine Base nicht mehr zu küssen wagte, weil sie als erwachsenes Mädchen vor ihm stand. Aber er sagte auch nicht mehr, datz er sie Heirathen wolle, denn die Welt hatte Gift in sein Hcrz gegossen und aus dem heiteren Glückskind «inen blasirten, verwöhnten Menschen gemacht. Er liebte die Frauen entgegenkommend, südlich, ko- Base Eva. „Du solltest es mir zuliebe thun," bat seine Mutter. „Sie liebt Du zige," entgegnet« er hart und warf feine Cigarette fort. „Ich kann keine Frau Heirathen, die so wenig mein Geschmack Herz daran zu versengen." O, sein Herz war bereits versengt! Gar zu viele Flammen hatten es schon Eva liebte ihn mit jener zähen Treue, sein tadelloses Baldurgesicht, als sie dem Anderen ihr Wort gab, sie liebte ihn noch, als sie mit dem Anderen vor herauf, ein Weihnachtslied von Kinder lippen, wie es arme Knaben in der hei ligen Nacht vor den Häusern zu singen Pflegen. „Ich bin gleich wieder da," rief sie in der Thür und stieg die Treppe hinab. Als sie im Rahmen der Hausthür er schien, verstummte der Gesang und mit vielstimmigem Festgruß streckten sich ihr verlangende Kinderhände entgegen. „Fröhlich« Weihnacht," sagte auch sie, aber mit demselben gewohnheits mäßigen Ausdruck, mit dem chwa Mauer lehnt«. „Soll ich allein ausge hen von Deiner Thür? Hast Du keine goldene Nuß mehr für mich?" kälter als Winterwind wehte ein Schauer durch ihre ganze Gestalt. Als sie dann dem Helden ihrer Jugend in's Auge sah, war «s ihr, als flöge auf Weihnachtsfchwingcn alles Schöne zu ihr heran, was sie in langen, verflosse nen Jahren genossen. „Fabrice!" rief sie noch einmal und reichte ihm zitternd die Hand. Erschro cken von dem innigen Ton ihrer Stimme fügte sie leiser hinzu: „Willst Du nicht in's Haus kommen? Die Lich- Er trat über ihre Schwelle. Seine großen, leichtsinnigen Augen hafteten fragend an dem blonden Haupte, das sich scheinbar ruhig auf di« Brust lenkte. „Ich habe seit Jahren das Fest stets mit Dir gefeiert, Eva," sagte er leicht hin. „Zur Mutter komme ich heute wegen meines verspäteten Urlaubs wir hatten noch einen großen Rout im Kasino doch nicht mehr zeitig genug. und da siel mir ein, hier einen Zug z.r überschlagen und ein Stündchen mit Dir mit euch zk verplaudern. Man latzt so ungern von alten Gewohnhei ten." Sein« Stimme hatte, wenn er mit Frauen sprach, etwas Einschmeicheln des, melodisch an's Herz Klingenlxs, «in Meister in der Kunst, zu gefallen. Dennoch gefiel er Eva in diesem Augen blick nur halb. Ein Gefühl der Bitter keit mischte sich ihr allmählich in den anfänglichen Zauber des Wiedersehens, vielleicht hatte sie unbewußt von ihrem Manne ein Theilchen jenes ironischen. Spottes gelernt, der ein strengeres Se< cirmesser an Menschen und Dinge legt. M)t jener vornehmen Freundlichkeit, die ihn im konventionellen Verkehr aus zeichnete, begrützte der Hausherr den sväten Gast. Sie kannten sich flüchtig von einer zufälligen Begegnung und ge langten schnell in's Geleise einer slie tzenden Conversation. Wieder breitete vor Eva und Fabrice «in Tannenbaum seine dustendenZweige aus. Sie standen so nahe bei einan der und waren dennoch weiter getrennt' als je zuvor. Der Theekessel summte und drei Menschen sprach«» über viel gleichgil irauchen, sie waren nur zu deutlich ein gegraben in das schöne Gesicht, dessen kindliche Weichheit längst einer freud losen Indolenz Platz gemacht. Die „grotze Welt" hatte ihr Meisterstück an ihm vollbracht noch einige Jahre und er war körperlich und geistig ruinirt. Eva besaß geringe Menschenkennt niß: aber in diesem Gesicht las sie mit Sicherheit. Ein Gefühl der Beschä mung kam über sie. Dies also war der Mann, dem sie Jugendlust und Men schenglaube als abgebrauchten Tand vor die Füße geworfen, den sie willenlos eingreifen ließ in den Verlauf einer Ehe, die ohn« ihn wenigstens eine recht liche sein konnte. Unwillkürlich blickte sie vergleichend zu ihrem Mann hinüber. Sie begeg nete seinem Blick, einem fragenden, for schenden Feenquadrillen Elfentänze ich natürlich der Faifeur da war die petite Susanne aus Lyon, Augen wie zwei Schwerter, Toiletten wie Sarah Bernhard aber, hol's der Teufel, auch sie wurde mir mit der Zeit lang weilig. Wie fängt man es nur an, sich noch für das Leben zu interessiren? Gib mir das Rezept mit auf den Weg, Cousinchen. Ich hab' es längst verlo ren!" Müde lehnte «r die schlanke Gestalt in das Sofa und seufzte mitten in dem Redestrom, dann aber schwirrten seine Worte weiter, jagten von Festen zu Fe sten und beschworen in dem stillen Genusses und der Oberflächlichkeit. „Wie fängt man es nur an, sich für das Leben zu interessiren?" Diese Frage tönte lange in Evas Ohren nach, so daß sie fast geistesabwesend aufstand, als der nächtliche Gast sich zum Gehen anschickte. Er küßt« ihre kalte Hand und mochte glauben, daß die Finger aus Abschiedsweh zitterten, denn ein rascher Blitz seiner unheimlichen Augen wollte mit dem Gaste noch eine Stund? im Wirthshaus« verbringen. Tief in Gedanken versunken blickt« sie in die Nacht hinaus. Dann warf sie plötzlich den Kopf stolz zurück, als schüttle sie einen bösen Zauber ab. Die tete, war ein ganz anderes Wesen alz jene, welche Fabrice „zu kühl und zu blond" zum Lieben gefunden. Die Zeit des Wartens verging so langsam. Endlich hörte sie die Klingel der Hausthür, die bekannten Schritte. Was sollte sie ihm sagen? Wie den d«r ihr vor allen anderen fremd war? Vielleicht halfen ihr die Weihnachts engel, die unsichtbar in der heiligen Nacht um die Stirnen der Menschen schweben und Gedanken, di« alltags kein Leben zu gewinnen wagen, in rechte Worte verwandeln. Denn eins hat js das Christfest vor allen anderen Festen voraus, daß es tief in die Seelen greift, schlummernde Gefühl« aufweckt und plötzlich vereinen kann, was lange ge trennt neben einander ging. Als das letzte an dem Tan» nen, verschneiten Bergstadt zwei selige Menden mehr. Das Parfüm des schönen Fabrice war in den Zweigen Rekruten): „Mehr Grazie bei's Bein beben, Kinder, besucht in.r häufiger die Valletvorstellungkn!"