Genie der Tlmt. Die Erschütterung des Zwerchfells ein sträflicher Brummschädel!" murrte Franz und wies mit kläglichem Lächeln auf seine Stirn. „Dieses auch, mein Freund!" gab der Mann auf dem Bette zurück, mit dem -gleichen schmerzlichen Gesichtsausdruck, nnd wies auf die seine. „Teufel, wie spät? Xi>:l>t's, «>!m«ll<-!i !N'<> lmi-iir out. es ist schon hell!" frag te dann der Inhaber des Sofas. Beide Uhren waren abgelaufen. Franz stand ächtend auf und streckte die zerschlagenen Glieder. „Ich muß schleunigst nach Haus!" erklärt: er. „Asta vergiftet mich, mein Alter tobt und Fritzi die hämische, kleine Viper, witzelt den ganzen Tag. wenn ich am Morzin-K.iffeetis-Y fehl:!" „Franz Graas, kiw .!.> t'uniill»-." er widerte feierlich langsam der Dichter, ..mir kommt eine Idee, schön wie eine Houri des Paradieses ich werde aus stehen, ich werde mein Haupt im Mor genroth baden, ich werde Sie begleiten. Gegen die Wirkung des „Aethyloxyd hydrales" auf den menschlichen Körper gibt es nur eins: einen Morgenbum mcl in den Thiergarten!" ~I!<>nii« kann man sich bei Ih nen ein bischen waschen?" Sie machten Toilette dann gab's einen Kognak. „Ah", sagte Breying, wie der starke Branntwein seine Kehle hinabrann. „Ich fühle junges, heil'ges Lebensglück neuglühend mir durch Nerv' und Adern rinnen! Bin ich ein Gott? Mir wird so licht! Jetzt erst erkenn' ich. was der Weise spricht: Auf. bade, Schüler, un verdrossen die ird'fche Brust im Mor genroth! Nun aber: Außi, außi, außi!" Bald darauf wanderten sie felbander den Kanal entlang. Noch war in dieser bevorzugten Ge yend die große Stadt still. Der feine Dampf der beiden Zigarren kräuselte sich in der klaren Morgenluft. Der Frühwagen von Bolle hielt an der Großbeerenbrücte, und eine verschlafene Zofe mit ungemachtem Haar streckte verdrossen ihren Tops hin, während Kutscher und Klingelknabe ihr etwas handgreiflich, aber völlig vergeblich den Hof machten. Ach, wüßten dieHa:»frauen, wie ihre Küch-ng:ist:r. wie ihre Töpfe aussehen, in denen die Morgenmilch besorgt wird, wenn einmal „der Herr" früh aus geht! Einßäckerjunge kam pfeifend dieMö ckernstraße entlang dann einige lüüde Schaffner in großen Pelzen mit Koffer und Laternen. „Ja, ja!" sagte in dieser Gegend Franz. Dann gingen sie weiter. Die Potsdamerstraße lärmte bereits statt da zog seit drei Uhr die Le «in. „Marenholz war der Dümmere ge stern Abend." bemerkte hier Breying. er nicht gegen 10 Uhr nach Haus gegangen, hätte er vermuthlich auch bei mir geendet und entbehrte jetzt nicht des klassischen Anblicks dieser tausend interessanten Behikel!" Da Franz nicht lachte, fuhr er fort: .War wohl eine ungesalzen: Bemer kung von mir? Ich vermisse den ge wohnten Beifall!" „Na, Mittelwurf!" meinte Franz. „Franz Graaf, til« kumill>>," be gann Breying auf's neue, „Sie moaui ren sich über mich. Aber ich sag: Ih nen mir ist so eigenthümlich zu Muth, just wie dem Kätzlein schmäch tig, das an den Feuerleitern streicht; mich drängt es, etwas zu unternehmen, um aus der Katerstimmung zu kom men. Sollen wir 'mal den Nachtrath oa drüben ärgern, der gern nach Haus möchte und sein letztes Viertel ab schläft. indem wir hier in den Kanal springen und durchschwimmen?" „Bitte," sagte Franz kühl, „ich werde mich darauf beschränken, Hilfe zu schreien!.... All: Donner." unterbrach er sich plötzlich, „wer ist das da drüben da an den Vorgärten entlang? Das ist ja unsre schöne Polin von Unier den Linden " „Wo, wo? Wahrhaftig! Kommt et was spät nach Hause, sind' ich!" „Und allein? Breying, sehen Sie nur, wie die Frau geht, sie schleppt sich nur so; Teufel, was ist das? Jetzt kommt sie über den Damm drüben. Drücken wir uns hinter den Baum! Sie steht sich um, sie guckt her über den Ka nal, sie hat uns gesehen und geht wei ter. Breying, ich wette, sie hat etwas vor!" Die Herren blieben zurück, ließen aber die einsame Dame nicht aus Ken Augen. „Was ist das für ein Kerl, der ihr nachschleicht?" „Das ist ja Marenholz' Bursche, der Wasserpvlack, das gute Hundevieh, in 'ner Drilljacke, taumelnd vor Mü digkiit !>!<>» ilc> I>st'u! Was hc:» da- zu bedeuten?" Marenholz' Bursche, der Wasser polos das gut: Hundevieh, hatte am Aben? den Auftrag erhalten, der Da me Ui,ausfällig das Geleit zu geben, sie nicht zu verlassen, ehe sie nicht in ein ging, darinnen sie daheim zu >c!n -ch»ne Stunde um Stund« war,c «r unglücklichen Frau gefolgt, die an den lichten Morgen in - und Betäubung die dunklen ölananifl-r auf und ab gelaufen war. fc-l ' Bendlerstra muß »un hinüber nach ,s>aus," sagtt gähnend, „die Bendler stras'.e schneidet g-raoe durch aus un sere Villa." „Bleibtn Sie noch ein paar Augen blicke," erwidert: ihm der Gras, der mit klaren, scharfen Augen der Dame drüben folgte und Rausch wie Müdig keit vergessen zu haben schien. „Der moderne Mensch soll keiner ungewöhn liche» Begegnung aus dem W-ge ge hen. Wir Wersen gkich etwas erleben!" Das unglückliche Weib stand nun wiederum still und blickte sich um. Ih rem fluchtigen, spähenden Blick erschie nen die vornehmen Uferstraßen völlig menschenleer den? der Bursche, wie aus der anderen Kanalseite die Freun de, hatten Deckung hinter Bäumen ge sucht, aIS die Dsme Halt machte. Bei de Parteien beobachteten sie. Sie nahm Papiere aus ihrer Tasche, zerriß dieselben, ließ sie im Morgen winde flattern und sah ihnen träume» lisch nach. Es schienen Visitenkarten und Briefe zu sein. Dann legt- sie di: gefalteten Hände dicht unter ihrer Büste zusammen und wendete ihr Antlitz gegen den mor gendlich flammenden Himmel, gen Osten, wo die Sonne cin ungeheurer Feuerball hinter schweren purpur brennenden Wolkenschleicrn ihr Ange sicht zu erheben trachtete. Wi: wund:rschön dieses still-'rranea antlitz war; ein leises gramvolles Lä cheln, ein: tiefe Fri:denss:hnsucht dar auf; voll d:m jungen Lichte zuge wandt, von wehmüthig heiterer Vorah nung enzlichen, ewigen Friedens er füllt! Mit einemmal trat sie über das nied rige Gitter in das smaragdene Gras beet des Ufers zwei rasche Schritte, ein leichtes, sekundenlanges Zözern auf der freien Bordschwelle dann gab es ein Plätschern in dem stillen, mor gendlich geträufelten Wasser und beide Freunde sowohl, wie drüben der müde Soldat stürzten hastig vorwärts, der Selbstmörderin zu helfen. Hätte die Arme gewußt, daß sie nun so daliegen würde auf der kleinen Holz bank am Promenadenweg des Ufers, vielleicht hätte sie es nicht gethan. Schmal war das Brett —damit die Beine der Leblosen nicht hinunter glit ten, hatte man das linke Bein über das rechte gelegt das schwere nasse Kleid hing von der Seite auf den Kies hinab, ließ ihre herrlichenGlicder Plastisch her austreten, zeigte di: feinen Halbschuhe, den kühngeschireiften Spann im olive farbenen Strumpf, die schöne schwel lende Rundung des Unterschenkels. Sie hatte ?.ch im Wasser gegen ihre Retter gewehrt, dabei war ihr Haar aufgegangen Franz stand, stützte ih ren Oberkörper und den hängenden Kopf mit seinem Bein und mühte sich, die triefende schwcr: Haarfülle mit den Händen auszudrücken, auf ihr:n Schul tern und ihremVusen damit es nickt in den Staub streife. Unter den Achseln war ihr Kleid zerrissen, die feste glatte Haut mit ihrem Hauch gold bräunlichen Inkarnats kam da zum Vorschein ein Schauspiel der gaf fenden Leute, die aus den Nachbar häusern herbeigeeilt waren und um die Bank herumstanden, dienskvillig, aber ungeschickt. Breying allein war kaltblütig geblie ben, schaudernd vor Kühle und Nässe, mit triefenden Kleidern, wi: er war. „Rasch zu 'nein Arzt, Leute!" rief er. „Wer weiß einen in der Nähe? Gut, eilen Sie, ich zahl's Ihnen, so rennen Sie doch. Mann!" Dann ergriff er den regungslosen schweren Körper um Taille und Ober schenkel, wendete ihn um, daß die Dame auf den Leib zu liegen kam, und hob sie nun mit mehr Kraft, als man seiner schlanken Erscheinung zugetraut hätte, auf, den hängenden Kopf mußte Franz halten. In dieser Stellung llappte der Mund auf, und Wasser be gann abzulaufen. „Wohin nachher mit ihr?" fragte er keuchend Franz. Diesen, wie er vorher still neben ihr gestand?» und nach der Anstren gung des Rettungswertes Luft g:- fchöpft, hatte ein tiefes Rühren mit der Unglücklichen erfaßt. Gestern noch ein stolzes, begehrenswerthes Weib beute ein: Wasserleiche. „Zu uns, Breying!" sagte er. „Nur die Ben'dlerstraße entlang. Man trägt sie in's Gärtnerhäuschen, um die Schwestern nicht zu erschrecken " „Geht nicht! Halt ich muß einen Augenblick niederlegen die Polin es ist die „Sarmatin", von der ich.ge stern sprach. Joseph Ihre Schwester Asta Sie sehen, es geht nicht!" Die Portiersleute des gegenüberlie genden Hauses erboten sich, die Ver unglückte aufunehmen. „Ich lohne Ihnen zehnfach alle Last, die Sie haben!" rief Franz, „ich heiße Franz Graaf, Sohn des Kommer zienrathes Graaf!" Da kam auch schon ein Arzt, und dss Wiederbeleburgswerk nahm seinen An sang. Allein das Unglück wollte es, daß ben wollten sie gingen auf den Fri ßspitzen Asta ihre Thüre und fragte mit hastiger, gedämpfter Stim me: „Graf Breying —'Franz —ist ein Unglück passirt?" Der Graf entschuldigte ihre To:» fischt in den Händen des Arztes. „Eine Damc?" Der zweifelnde Ton des letzten Wo rtes machte Breying lächeln. „Der besten Gesellschaft, meine Gnä dige!" fügte er hinzu. „Asta," siel Franz ein, „wir zitiern vor Nässe und Kälte. Warte we nigstens mit Deinem Verhör, bis wir uns umgekleidet haben." „O Verzeihung aber Sie nehmen d»ch den Kaffes mit uns, Herr Graf?" „Das wäre ja so >v:it ganz schön," meinte ärgerlich der todtmiide Franz, als sie sich im Zimmer die Kleider vom lausen mußte!" Breying zuckte die Achseln. „Es wird ein großer Skandal wer den," erwiderte er. „Ihre Schwester würde doch darum erfahren haben!" „Verdammt, ja! Die Zeitungen! Ich muß gleich fort und zu Joseph fahren, damit " Ein bezeichnender Blick Vreyings auf den Diener schnitt Franz das Wort ab. Dann saß der Graf und ließ sich srottiren; „die Zeitungen, die Zei tungen!" murmelte er und eine selt- IV. „Rege Dich doch nicht so auf, Bru der!" bat der Kommerzienrath. das, was er sagen so gut wie möglich zu sagen, und sein Angesicht nahm dabei einen eigen vergeistigten, tiefen, strahlenden Ausdruck an, wäh rend sich aus der alten Burst eine starke, klangvolle Stimme losmachte, „aber ich wiederhole, aus Prinzip lasse ich meine Kinder nicht zu Dir kommen, ausPrin zip schließe ich mein Haus gegen die moderne Welt ab, aus Prinzip tyran nisire ich meine Kinder, die ich liebe, so gut, wie Du die Deinen. Ich will, sie sollen Bürger bleiben, sie sollen nicht Angehörige der „bevorzugten Kasten" werden. Entsinnst Du Dich, wie wir auf der Schulbank von den reichen rö mischen Plebejern dachten, die sich bes ser dünkten, als ihre Standesgenossen, die sich zu den Patriziern hielten, von denen sie wegen ihrer Bildung und ih res Wohlstandes mit offenen Armen aufgenommen wurden? Verräiher an bin liberal, aber kein Demokrat; ich will nicht eine Gesellschaft, die wie ein Urbrei, ous lauter gleichberechtigten Individuen, aus den zerschlagenen Re- Biirger sind es, die die große vaterlän dische Begeisterung von 1813 bis zu der vstt 1870 genährt und getragen ha ben: wir. die man jetzt altmodisch und komisch findet, sind es, die in den fünf zig Friedensjahren jene groß» Summe nationaler ArbeU geleistet haben, die Ren, nicht über unsern Stand hinaus streben! Alle Tage geht auf dem Weg« der Heirath und der Erbschaft ein gut- Schlichtheit, die wirtschaftliche Tüch tigkeit des Bürgerthunzs, seine „eng herzige Moral", ja, unsre gutbürger- und schwächen würden. Ätzer ich, mein Bruder, siehst Du, ich bleibe bei der Stange, meine Kinder sollen solche Re- Hannes und meine Tochter Annie sollen nicht Verkehr Ä>er ihren Stand pfle gen, sollen all euer modernes Leben ben, sich zu bekreuzen. „Also Nachbarselte der Demokratie", sagte Eberhard, dem das Wort Rcn.'gat Kinder zu sichern, indem er ihnen durch seine Thatkraft und Strebsamkeit ei nen festen Platz innerhalb der Pha lanx der wirthschaftlich und gesellschaft lich bevorzugten Stände das ist: schafft. Ich bin stolz darauf, dies für meine Kinder geleistet zu haben! Und ich bin überzeugt, sie selber werden es mir danken!" mir wird dereinst eine fürchterlicheßich terin sein: die soziale Revolution!" „Ach was! Die, wenn sie je eintritt, Hah> „Fortschwemmen? Nein," der alte Mann im Schlafrock sagte es sinnend hig Heinrich. „Und diese Entwickelung schreitet stetig vor. Große Bolksklassen, liert? He? Gelernt hat er nichts. Än lich derKo7nni.»r!ien?.it!i, „darum willst. Du ein Pfahlbürger bleiben! UnZ wie ist je und je in der Welt der Kultur sortschritt vermittelt worden? Durch s-i' lmt lassrn!" „Heinrich, Heinrich!" ri:f heftigEker haro, v:r wohl fühlte, daß der Brudtt seinen Sohn Franz im Sinne hatte. „Wirthschaftlich sorgst Du gut für die Deinen, wenn ich Dir alles zugebe, was Du gesagt hast. Aber steh: Deine Toch ter hat nun einmal Ahnung von dem modernen Leben, das sie umgibt, ihre Augen sind offen, sie sehnt sich in gesäl ligere Verhältnisse, als Du den Dei nen bietest, sie fühlt sich elend in diesem Spießbürgerthum, sie vergeht darin, Bruder, Dein Kind vergeht darin! Deinem politischen Prinzip ist sie Re negatin wohl es sei; aber sie hat ein« Menschenseele, die nun einmal c>us Deiner Art gefallen ist, und sie for dert nichts, als ihr Menschenrecht freier Entwickelung, wenn sie mit allen Fi bern aus der nüchternen Existenz her ciusstrebt, die Du ihr aufzwingst. Für dies ihr Recht trete ich ein ihr na türlicher Bormund, wenn Du stirbst!" „Du? Nein!" rief der alte Herr bit ter. „Du nicht, der Du mir mein Kind rauben willst!" thig mit den Augen, allein, wie er die Wirkung seiner letzten Rede auf den Bruder sah, sä»'ug ihm doch das Herz. Aus weiigeöffneten Lidern starrte Heinrich Graaf voll Schrecken vor sich „Ist das wahr ist das wahr?" fragte er mit leiser, fast furchtsamer Stimme. „Hat fieDir das gesagt? Ver geht in dem Leben, das ich ihr schaffe?" Dann ivandt: er sich ab, gegen des Fenster, setzte sich plötzlich nieder, sagte nichts, fondern schüttelte nur leise den Kopf. „Frag' sie selbst!" fügte grollend der Kommerzienrath hinzu, in dem noch um -- „obwohl dieses noch gut erhalten ist. Aber, ich verspreche Dir, ich will sie beobachten, will suchen, die Wahrheit neuerdings so über die Achsel angese hene Wort auf mich hat es die alte Wirkung nicht verloren Menschen recht, das soll man mir nicht vergebens zurufen. Dann kannst Du sie mei netwegen zu Dir nehmen bei Dir kann sie ja alles nachholen, findet sie ja alles, was sie in ihrem Vaterhause vermißt!" sie bei uns war, an d:n traurigen, fast neidischen Augen abgesehen, daß sie nun einmal eine der Naturen ist, die Glanz und Licht brauchen, die, in en gen Verhältnissen festgehalten, einfach schlecht werden! Sieh, es >oar ein fau- Klage des Bruders nicht „der Besuch, der heimliche Besuch! Damit hat's angefangen!" „Laß sie ruhig zu mir kommen, Bru der, sie lernt nichts Schlechtes bei mir. Und vielleicht diese stille Hoffnung auch führte mich her wir standen lange Jahre nicht zu einander, wie ich wohl wünschte vielleicht, daß auf unfre alten Tage durch unsre Kin der alles sich wieder anbabnt?" tete der andre zerstreut und in seiner Zerstreutheit mit falschem Akkusativ. „Nimm dock? die Sache nicht tra rcn Studentu, lonseroaliv!" Er lachte, freilich nur aus dem Bedürfniß, die Stimmui-.g zu verbessern. „Ja, ja, es ist schon so!" erwiderte Heinrih, auch seinerseits ernsthaft lä chelnd, aber in der gleichen Zerstreut > Es war cin etwas peinlicher Anblick, ! wie der Kommerzienrath dann die Treppe hinuntergefchafft wurde, und die Gebrechlichkeit seines Bruders Vei ten Manne fort waren, stand der Al leingebliebene am Fenster, schlug die Schlafrockquasten gegeneinander und hinunter. „Menfchenr.'cht!" murrte er zuletzt: „Menschenrecht, das hieß von jeher: sich nach eigner Idee, eignem Wohlge fallen den Schädel einrennen dürfen. Di« verrückte Asta, der Herrgotts bummler Franz, die naseweise, kleine „Fritzi", wie sie sie nennen, die noch mal liederlich werden wird! Und so möchte mein eigen Fleisch und Blut euch gern werden einfach weil Hm der alte Kammmacher von Vater zu ge ring und zu unmod-sch geworden ist! Aber wacklig ist der arme Kerl, der Eberhard! Weiß Gott, er wZre ih nen beinahe aus dem Wagen über das Treppengeländer gefallen, als sie ihn auf der engen Treppe hochheben muß ten. Hätt' ich da nicht zugegriffen! Ja, Gott sei Dank, meine Muskeln sind noch solid, das macht, ich hob' mein Lebtag gearbeitet und Brühsuppe mit Rindfleisch gegessen, nicht bei Austern unid Champagner gefaullenzt und spe kulirt! V. Die Zeitungen, die Zeitungen das hatte den Grafen Breying auf eine Idee gebracht. Um die gleiche Zeit, zu der die Un terredung der Brüder in der Heiligen geiftstraße stattfand, saß er auf dem Rsdaktionsbureau seines guten Freun des Adolf von Quast in der Anhalt straße und arbeitete an einer Notiz für das „Lokale", das genanntem Herrn unterstellt war. Der Lokalredatteur auch eines gro ßen Blattes ist stets froh, wenn er auf feinem Tische unter dem Material et was „Geschriebenes" findet, das heißt, nicht etwas Geschriebenes, das Kopir tinte oder Hektographirstift auf Oel papier zu stände gebracht haben, wie das Heer der gleichzeitig an alle Zei tungen gelangenjden Reporternotizen oder „Korrespondenzen", die den „Herrn vom Lokalen" mit der nöthigen Scheidemünze der gefallen«nDroschken pserde, Omnibuskollisionen, „komi schen" Gerichtsverhandlungen, Dach brände und dergleichen versehen; auch nicht sonderlich erfreut ist das Herz des Reichshauptstadtredakteurs über die sehr höflichen Briefe all der Firmen, die sich wegen irgend eines Jubiläums, eines Wohlthätigkeitsaktes, eines Aller höchsten Besuches, eines neuen Herbst katatoges, einer neuesten Arbeiter schutzvorrichtung so ohne weiteres ode? aber unter Hinweis auf eiy „beiliegen des Inserat" mit einer Notiz in den re daktionellen Theil schmuggeln nwchten; ebensowenig entzücken ihn die geschrie benen Anfragen einerßückertverehrerin, die ihm mittheilt „Eine verehrliche Re daktion hätte sich bei ihrer neulichen Notiz, „bei seiner Anwesenheit in Ber lin am IS. August 13... habe der Alte von Neusiß einen schwarzen Frack ge tragen", geirrt, es sei ein blauer Frack mit gelben Knöpfen gelvesen" nein, all diese geschriebenen Blätter sind dem Vielbeschäftigten nicht eben über die- Maßen iverthvoll allein, wenn ein mal ein wirklicher Mann der? Feder kommt und berichtet, er habe einem heute früh vorgefallenen „sensationel len Selbstmord" aus dem tlixli likv selbst angewohnt und möchte für die "Zeitung «inen „Originc>l"-Bericht über den Fall schreiben ja, dann freut sich der Geplagte, rechnet schon am frühen Vormittag mit einem gu ten Beitrag von „40 —SIZ Zeilen Vor gis" als eisernem Fond für das heu tige Abendblatt, suckt der „wohlunter richteten Quelle" resp, der „geschätzten Seite" selbst einen guten Federhalter heraus, legt eigenhändig „Streifen" zurecht uad nimmt sich vor, bei dem Faustkampf mit dem einordnenden dreifach unterstrichenem „Muß" dick sten. gröbsten Blaustiftkalivers zu be zeichnen. Endlich gerade als ser Redakteur einen schlanken vornehmen Mann mit dm Worten zur Thür hinausdrängte: „Aber um'SHiinmels nnllen. HerrHam sierseld, den linken Arm dieser arme'.« Tänzerin haben Sir mir ja schon z>/n> viertenmal als gebrochen gimeldet wer hat Ihnen denn das wieder ange hängt?" da war dos Knnstwert fertig. (Fortsetzung folgi.j Zur die Küche. Ist Suppe nahrhaft? Aus Seit Alters her hat sich namentlich bei Hausfrauen und Müttern die Mei nung eingebürgert, daß Suppe eil» kräftiges Nahrungsmittel und na mentlich zur Krankenkost geeignet sei. wogegen von Aerzten alle Zeit energisch protestirt worden ist. Doch selten hat dieser Protest drastischeren Ausdruck gefunden als in den Worten, mit denen Professor Schweninzer, Bismarck'? Leibarzt, sich folgendermaßen äußert: „Warum Fleischbrühe sehr berühmt und immer und allgemein empfohlen wird, bleibt uns um so unverständli cher, als der Nährwerth der Fleisch brühe minimal und durch die Wirkung denklich ist." Trotzdem ist ein gutes Mahl ohn« Suppe nicht denkbar, freilich muß die- Wasser aussetzen und cianz langsam erhitzen, das Suppenfleisch, wenn e? für den Tisch bestimmt ist, erst in da» heiße, noch nicht kochende Wasser zu ge ben. damit die Suppe kräftig wird un!» besitzen, dem kalten, langsam lochende» Wasser ab. Außer Svargel und Blu menkohl sind es Kohlrabi und Wir» singkohl, welche die Suppe schmackhaft machen, weit mehr als das eigentliche Zur Herstellung nahrhafter Suppen ohne Fleisch empfiehlt sich besonders Gerste und zwar mittelstarke Sorte, auf den Teller ein halber bis drei Bier« tel Eßlöffel gerechnet. Die Gerste wird mit kochendem Wasser überschüt tet, abgegossen, ein Stückchen Butter, langsam kochendes Wasser und Salz dazu gethan. Blumenkohl oder in Er- Nierenfuppen sind ebenfalls zu em pfehlen. Sind Kalbsnieren nicht zi» erhalten, so behilft man sich mit Ham melnierchen und zwar rechnet man zwei auf drei Teller Suppe. Man kocht si» entweder vorher weich und giebt dann »ine Einbrenn daran, oder, was vorzu ziehen ist, es wird zuerst Mehl in But ter bräunlich gerührt, mit heißem Wasser abgelöscht, so viel als mam Suppe braucht, Salz dazu und darin die Nieren weich gekocht. Dann schnei det man letztere in seine Schnitzeln, daS einen weniger feinen Geschmack. Das Gecheimniß der Her stellung delicater Bratensauce liegt in der Verwendung der Milch. Fast je der Braien gewinnt ungemein, wenn statt Wasser zu Sairce Milch genom men wird, am besten frische, ungekochte» cher die Sauce sämig und alles Mehl überflüssig macht. Aber auch Milch bindet die'Sauce-und macht sie ganz ren ist aber- nothwendig. DemWasssr. welches! zum Waschen von Geimise oder Satat be nutzt wird! sollte etwas Salz zugesetzt werden: thut man dies, so kommen ver steckt gebliebene Raupen zum Vdrschein, und die gmnen Blattläuse. >r»lchc bei wenn es nicht gleich überhaupt mit dem Fett zusannirengekocht Die An sicht, daß Gemüse durch Abkochen ver geniheil Nahrsalze dadurch verloren. Zur Wie d e c.! dieser Erscheinung liegt dar«, daß ?ie But terfäure, welche sich in der ranzigen Biütter gebild'il- h«e und den üblen frischer Milch sich leicht a«slöst. Das bat den Zweit. die vielleich t in der But ter zurUckgLÄiebexe Milch zu entfernen. D wa hreGru n d. Mut ter (von einem zurückkehrend): Wohl. Mutter: Un: Gvtttswillen» wie toi",nist Du d»i: darauf? —Gatte: E?, hat schon ei« Stunde nicht ge» schrien! Eins von din Beiden, i Unt-rcssicier (?:r einen Eilbrief von ! seiner Braut erhält, bestürzt): „Wo» mag vorgefallen sein? Entweder sie trank.... oder eZ gibt diesew j Abend w.ein Lieblingsgericht, Leberkno« 3