Vtn Genießer Tlmt. n sie nicht so brav, so heldenmü thiz ihr Blut dafür verspritzt. Gewiß, A' bin nicht so engherzig, aber ich bin nun einmal ein schlichter Mann, ein Bürger, habe meinen Stolz, meinen Biirgerstolz, will mit jedem, der sozial über mir zu stehen glaubt, nichts zi: thun haben. Da hast Du's! Ich brauche nur den Kasten aufzusperren, da könn test Du Karrosse rollen, Johannes Of fizier weroen, und nicht einmal etwa in einem billigen Regiment, denn gegen mein ehrlich erworbenes Geld, meine reine Biirzerehre und meinen unantast baren Namen könnte auch der stolzeste Baron nichts einwenden. An Kon nexim'.en fehlte es dem Jungen auch nicht, wenn ich nur bei unserem güti gen, theuren Herrn, dem Kronprinzen KöniglicheHoheit, anklopfen wollte, der mich von der GeWerbeausstellung her kennt, oder unsrem großen Fürsten Bismarck, der bei mir mit der Frau Fürstin schon getauft hat, als er noch simpler Herr „Von" war, und den ich immer selbst bedient habe, bis er Graf wurde und Fürst, weil mir der Mann gefiel, weil er nicht stolz war, immer schlicht und sachlich und lustig, je nach dem, aber ohne jeden Spahn! Und wenn ich wollte, könnte ich euch die schönste Herrschaft kaufen, die adligen Nachbarssöhne würden schon " hier unterbrach er sich Plötzlich, „aber was schwatz' ich Dir da alles vor! Kurz, was ich sagen wollte: Halte Dei nen Stand hinaus will. mag's ihm gelingen, ich wünsche ihm alles Gute. Aber ich schäme mich meiner El tern nicht. Unser Bater hat als Kamm machergeselle angefangen ich bleibe bei der Stange. Mi? kommt kein Graf über meine Schwelle!" „Außer," sehte er lachend hinzu, „wer gut bür gerlich auf diese« Namen getauft ist. Damit basta!" Er wollte abgehen, kam aber noch einmal zurück. „Nein, Annie, glaube nicht, ich pol tere! Ich meine es gut init Dir, Kind! Mein Bruder hat ei» armes adliges Fräulein geheirathet, auch eine Maren- Holz, übrigens eine se')r brave Dame, alle Achtung! Aber seitdem haben sie dort alle ihren Nag-?U Nein, dränge Dich nicht in die Sphäre der Leute da ei», die etwas Besses sein wollen als wir. Laß Dich nicht blenden von Titeln und Uniformen, von Eleganz und 'ao dernem Schliff ur,»d ihrer falschen >vr nehmen Liebenswürdigkeit Du bist ein Bürgerkind Umgang außer halb unsres Kreises kann Dich nur mit Deinen Verhältnis!»;» unzufrieden ma chend Bist nun he'.'ie dagewesen, was mir gar nicht ki?>> ist, und bis! nun teil, leidenschaftlichen Augen mer herum nichts hielt ihrem Ver gleiche stand; seit sie beute in eine andre, schönere Häuslichkeit hineinge sehen, war sie fremd in ihres Vaters Haus geworden. „Reine Servietten, Therese!" fuhr sie das deckende Mädchen cuv „Nanu, Fräulein? Js ja heut «rst Donnerstag!" .Fräulein?" sagte heftig Anme. „Nennen Sie mich in Zukunft " O k 'd t' ' hinübergegangen mit dem Mädchen' dem Kell:r die Stille der Luft vertrat, die Würste mit großen Speckstücken, der ist ineine sind die lust geathmet, lind niemand wird mich hier festhalten!" 11. mehr in Civil waren inzwischen in der Königgrätzerstraße bei Frau von Belleville angelangt. letzten „Salons" in Berlin. Es gibt dort wirtlich noch ästhetische Abende, mageres Büffet, Thee, an dem nur der Name nicht anzuzweifeln ist, und er müdend viel Esprit. Frau von Belleville hat ein eigen thümliches Talent, werdende Berühmt heiten zu wittern. Manä>er, der zehn Jahre später erst seinen „Erfolg" halt-, war dort schon lange in die literarischen Kreise Berlins eingeführt; und kaum irgend jemand, der ein versprechendes Erstlingswerk herausgebracht, oder von dem das Gerücht ging, daß er seit eini gerZeit merkwürdig oft über Herrn von Hülsens Schwelle gewandelt, war im stande, sich den liebenswürdigen Einla dungen der ehrwürdigen alten Dame auf die Dauer u entziehen. Und na mentlich fanden sich dort interessante, aber etwas verschuldete Kavaliere, die mit der Feder zu sündigen begannen, und reiche, hübsche Töchter bürgerlicher Familien, welche Apoll auf Kosten der wie unwürdige Zungen behaupteten, weil „Gold das Eisen anzöge." Wovon lebte die gute alte Dame? ihm indes; in völlig anderer Form. Der Dichter hatte beute Nachmittag ein reizendes, naives Mädchen aus der welches ihm gestand, daß sie seine Ge dichtsammlung gelesen. Papa habe ihr dieselbe aus den Händen genommen und unschuldiges Satinpapier in den Ofen geworfen. Aber der gräf liche Dichter des Naturalismus hatte doch erkannt, daß seine Lieder auf diese junge Seele den eigenthümlich er regenden Eindruck gemacht, den natu ralistische Berse aus die halbreife Ju gend zu machen bestimmt sind. Und er hatte sich nicht gescheut, auf der dunklen Brücke, die so bereits von ihm zu seiner und so reizvollen Schritte zu thu». Heute Abend nun sollte er Annie Graaf lieben lernen. ler Sammlung, wo ihre feinsinnigen Gefellschaftssiizzen entworfen, empfun den, gedichtet und niedergeschrieben wurden, dieselben, welch« ein verständ nißvoller Berliner Verleger unter dem> sinnigen Titel „Peccoblüthen" jüngst veröffentlicht hat. Sie blätterte in einem Notizbuchlein, einer Art intimen kleinen Adreßkalen ders Adreßkalenders ausschließlich weiblicher Namen. Der Dichter folgte ungeduldig dem feinen Spiel ihrer vornehm-bleichen, „Mein lieber, junger Freund!" sagte endlich die Dame und sah mit mütter lichem Lächeln über den Rand ihres Büchleins. „Ich glar.be, ich bin imstan de, Ihnen behilflich zu sein. Gewiß, „Gedulden Sie sich vierzehn Tage," seufzte der Graf. „Ich wollte, ich könnte das jedem sagen, der " Die alte Dame hatte für diese An spielung nur ein feines abw-isendesLL- Angelegenheit soll „feingeistig" behan delt loerden. -Die gute Alte ist nun 'mal nicht anders sie muß sich etwas vernebeln!" „Erlaubt die?, kleine geheimnißvolle Buch von Nostradamus' eigner Hand nicht wenigstens eine leise Andeutung? Man sieht doch gerne, ivie und wo?" fuhr er laut fort. „Vertrauen Sie mir, lieber Breying. Nicht wahr, mein Rath ist gut Sie haben eingesehen, daß es das beste für rangiren. Das weitere müssen Sie Ih rer mütterlichen Freundin überlassen!" „Und diese mütterliche Freundin wird mir in vierzehn Tagen " „Wird Ihnen in vierzehn Tagen eine Einladung zu einem literarischen Abend schicken, der für Sie arrangirt sein wird. Sie werden eine kleine gewählte Gesellschaft finden und werden eine neue Arbeit von Ihnen vorlesen. Nichts Naturalistisches, wenn ich bitten darf. Eine hübsche, kleine, stimmungsvolle Novelle. Setzen Sie all Ihr an chelnd Beying ein. Die alte Dame sah bestiiizk auf. „Sie sprechen von Fräulein Annie diaste?" fuhr der Dichter fort. „Diese „Ich bitte, ich bitte," rief der Graf, „Also gut! Es bleibt bei dem Bor- Annie Graaf, das Kind der Heiligen geiststraße, die Erbtochter. Seltsam je mehr der Sinnende füllte sich sein Herz mit jenem holden Zauber, den die Menschen „Liebe" nennen und als ihn endlich Franz angenehme Selbsttäuschung vollkom men da lieble Breying Ännie. „Das ist auch so eine Sumpfhöhle, wo Sie Naturalist uns hingeschleppt haben!" sagte Marenholz zu dem gräf lichen Dichter, als die Herren sich in dem Restaurant auf den durchgesesse nen Rohrstühlen an einem der inschrif tcnzerschnittenen Holztische nieder ließe». waren die Herren gefolgt. „Drei Herren? Macht vier Spaten!" hatte die rothe Maid dann bemerkt, nachdem sie den Herren beim Ablegen der Paletots behilflich gewesen, hatte vier Glas Bier gebracht und am Tische Platz genommen. „Nun, Grafen und Barone, wie geht's denn heut?" eröffnete sie die „Teufel, woher wissen Sie denn, Kindchen, daß wir Grafen und Barone sind?" fragte Franz zuiHck. „Ich bin Lehrling in Handschuhgeschäft, „Pahle-Ahle!" las Franz laut ab die deutsche Aussprache sollte ein Witz fein und „Pahle-Ahle" wiederholte gedankenlos Breying. fragte Marenholz. „Gutes Bier!" erwiderte Franz. „Trefflich gehaltenes Bier!" „Naturalistischer Studien halber!" „Keine Blague, Poet!" meinte Jo fevb. „Ich nenne das einfach Sichselbst anöden!" gelten lassen kann!" begann Franz. „Kein Bein!" Der Graf nahm sofort den Fehdehandschuh auf, und die beiden „Mein Liebster! Eben bist Du gegangen, und schon läßt es mir „keine Ruh" ich muß Dir schreiben. Ach, Joe, Du herzlich geliebter Mann, warum hatten wir heute Nachmittag keinen Augenblick für uns allein? Jminer kam jemand und nahm mich in Anspruch, und doch hatte ich gerade heute so sehr das Be dürfniß, recht, recht gut gegen Dich zu sein und Dir einmal ganz zu zeigen, wie ich Dich liebe. Warum dies Bedürf niß so start über mich gekommen ist? Ich will es Dir sagen, mein Joe. Weil ich heute Morgen ein Buch eines jener jungen Autoren gelesen habe, die scho andern!" Und dann konnte ich mit Mühe nur die Zeit erwarten, da Du kommen mußtest, um Dir zu zeigen, „Pfui Teufel!" Marenholz fetzen. Marenholz klappte Aftas Brief zu geht? ing und Franz, daß wir hier sind!" „Wie sagte der hntt etwas morali sche Herr da drüben?" fragte das Mädchen lächelnd Franz, „Gesellschaft könnten wir " „Gesellschaft könnten wir," fiel Ma renholz ein, iiir mit ruhiger Nachlässig lerbeste haben und laufen solchen Dir nen nach!" „Das ist stark!" Sie verfärbte sich und stano auf. „Irma, zahlen!" antwortete Maren holz. „Na, na, erst austrinken lassen," be schwichtigte Breying, der den Zusam menhang nicht begriff; doch eilte er sich, seinen Krug zu leeren, da Joseph schon stand. Das Markstück Trinkgeld, das Jo seph, der „den Bettel für die andern gleich mit abmacht».", liegen ließ, blieb unberührt auf dem Tisch liegen wie Franz vom Ausgang einen raschen Blick auf die Hebe im rothen Sammt zurückwarf, bemerkte er, daß sie mit bit ter zuckenden Lippen stand, Marenholz nachblickte und das Weinen zu unter „Deine Schwester ist ein prächtiges Mädchen," sagte er ihm halblaut. „Ich will verdammt sein, gehe ich je wieder „Es ist eine dumme, stumpsinnigeAe nichts verloren. Weisjt Du Breying seit er der schönen Sarmatin den Ab schied gegeben. Wißt ihr, das Stücklein will ich in Verse bringen, das Stiicklein vom dürren, reuigen Herzen, das grüne Lasterhöhle!" „Kindchen, seien Sie um Goties wil len vernünftig," erwiderte Marenholz ärgerlich, „lassen Sie die Sarmatin ru hen. Wenn Sie einen Funken dichteri schen Empfindens in sich tragen, so müssen Sie fühlen, daß es ein ganz ei genes Glück ist. eine Verjüngung unsres Herzens, eine Art Weihe, sich von einem reinen, jungen, geistig hochstehenden Weibe geliebt zu wissen!" Der Appell an den Dichter in Breying that seine Wirkung. Nachdenklich ging er neben den an dern die Königgrätzerstraße hinunter. Endlich sagte er: „Marenholz, Franz lacht mich aus ich habe euch ein Geständniß zu machen: ich liebe!" Die andern beiden, selbst Joseph, der so seltsam ernst gewesen, seit er Astas Brief gelesen hatte, lachten fröhlich auf. Breying wollte böse werden, besann sich aber eines Besseren. „Moquirt euch immerhin dies ist eine Liebe, die mich zu den schlimmsten und den edelsten Thaten treiben wird: ich werde Heirathen, und ich werde ar beiten." „Donnerwetter!" sagte Franz, stehen bleibend. Straße?" fragte der Dichter weiter. „Der?" erwiderte Franz gedehnt. „Doch nicht die kleine Annie? Theuer sagt, jede Wette!" „Wetten wir drei Körbe Seit?" „Also, es gilt! Marenholz, Sie hö „^ ch höre sagte>J opH zerstreut. che, Polster und Ptrii'cren alles Licht durchzittert von .Herzeleid, flehentlichen Vorwurf, leidenschaftlicher Bitte. Der junge Mann schlug seine Linke schönen schwarzen Augen, deren Ränder donßattist rothgerieben schienen, angst voll in's Angesicht blickend. Ein« lange Stille entstand. „Kein Wort keinen Blick nichts?" hob dann die Fremde von trug, hintenüber und kämpfte die auf steigenden Perlentropfen nieder. „Nun," begann sie dann von neuem, um zu scheiden. Joseph, Sie waren mir viel, nicht viel, alles! Joseph, mein Freund, ich danke Ihnen! Oft habe mir gesagt, daß es ja einmal Ben wollen. Da habe ich über meinGeld zu Ihren Gunsten verfügt, denn über meine Zukunft verfügte ich so, daß ich des geprägten Goldes nicht mehr viel bedürfen werde. Erschrecken Sie nicht, es ist kein Grund dazu. Ach, Liebe blühte auf, Liebe stand in herrlicher Frucht, Liebe starb! Und ach, Joseph, «s muß wohl so sein, da es von Anbe ginn der Welt so war. Aber wie trübe, wie trostlos sind diese Tage. Komm, meinFreund," sie streckte mit einer herr lichen plastischen Pose beide Arme ge gen ihn aus, „komm, küsse mich ein letz tes Mal, zum Scheiden, zum Scheiden, fürchte nicht, daß ich Dich festhalten wolle, Deinen Körper, nachdem ich Deine Seele, die mein war, verloren. Komm," ihre Stimme «rhob sich zu lei denschaftlicher, zwingender Werbung, „einen letzten Kuß dann geh." Joseph hatte die Hand sinken lassen, widerwillig gehorsam, im Banne ihrer mächtigen Äugen trat er langsam naher, 6is plötzlich ihre vollen Arme sich um ihn schlugen, ihr zuckender Körper sich gegen ihn warf, ihre Lippen auf den seinen brannten. „So kalt, so kalt!" flüsterte sie. „Geh." t s.ß s. glücklich!" Ein Seidenrauschen sie hatte das Zimmer verlassen. Joseph stand noch eine Weile sprach isicht werden. Asta, Du sollst Vertrauen Zukunft sein, als die Vergangenheit war! Ich gelobe es Dir, ich verpfände Dir mein« Ehre, Du sollst einen braven Kerl Heirathen!" Dann klingelte er, setzte sich zu ei nem Briefe an feineßerlobte nieder und den hätte, welches ja um zehn Uhr verschlossen zu werden pflegte, und hieß ihn ihr in unauffälliger Entfer nung das Geleit geben, bis sie heimge m. Das Morgenlicht schien grell in Breyings Zimmer, das am Waterloo- Aus dem Bette, halbentkleidet, lag der Dichter; Rock, Manschetten Schlips, Hut und Schlüssel als malerisches Stillleben vor ihm auf dem Teppich andres Auf dem Nachttischchen verlosch eben das niedergebrannte Licht. Bon der und blickte erstaunt um sich. Der Cy linder fiel inzwischen übe: die Lehne hinter ihm mit einem lauten Knall auf's Parkett. Da erwachte auch Breying und rich tete sich jäh auf, mit verdutztem Gesicht seinen Gast anstarrend. „Je ich bin ja bei Ihnen?" „Je wo kommen Sie her?" wieder ab. „Au!" rief Franz und duckte de» Kopf. „Au!" antwortete Breying und that desgleichen. (Fortsetzung folgt.) Verunglückte Werbung, Von dem verstorbenen Cellovirtuo sen Joseph Diem wußte man manche drollige Anekdote zu erzählen. Diem war entschieden ein begabter Mensch und tüchtiger Musiker, aber als frühe rer „Sennhirt" und so „von der Pike auf dienend", ganz „aus dem Volke 2-sellschaftlichen Formen der Höherg«- biidetan nie zurechtkommen. Sein höchstes Selbstlob war: daß er „Auto didakt" sei. Er hatte dieses Fremd wort sich zu eigen gemacht, obgleich ihm sonst fremde Sprachen oder ge lehrte und wissenschaftliche Ausdrücke nicht geläufig waren. Aber als er von Weimar aus eines Tages in Karls bad eintraf mit Concertabsichten, schwatzte er, wie üblich, mit überströ mendem Herzen und dem bekannten Redeflüsse seiner Karlsbader Wirthin soviel von seiner Herrlichkeit vor und ließ das beliebte Fremdwort so oft ein fließen, auch in Verbindung mit „Sennhirt", auf welchen er gleichfalls stolz war, daß die gute Böhmin der fe sten Meinung wurde: beide ihr sremden Bezeichnungen seien die hauptsächlich sten Würden des neuen Kurgastes, und demgemäß seine Personalien für die Kurliste aufsetzte. In einem Exemplar der damaligen Fremdenliste Karls bads konnte man als Curiosum lesen: Joseph Diem. Autodidakt und Senn hirt aus Weimar. In Berlin lernte Diem eine junge Dame kennen, selbstverständlich das Ideal in bester Form! Der Vater —> Millionär! Di« junge Dame hatte ihm bereits Hoffnungen auf Gegen liebe gegeben, und es handelte sich für unfern jugendlichen Schwärmer nur noch darum, in den Familienkreis sei ner Angebeteten zu gelangen, die per sönliche Bekanntschaft des gestrengen Papas zu machen. Endlich ist auch dies durch Empfehlungen und gute fsreunde vermittelt und der wichtige Abend naht, an welchem Diem dem Alten vorgestellt werden soll und zu Cellovorträgen in den Salon des Krö sus und seines Goldtöchterleins gela den ist. Das Instrument ist bereits, vorausgesandt, und da ein fürchter liches Regenwetter die Straßen schier unpassirbar macht, muß sich unser Held für seine Person nach einer Droschke umthun. Endlich ein Gesährt in Sicht!) Diem stürzt draus los, öffnet den Wagenschlag und indem er von rechts einsteigt, thut ein anderer von links dasselbe. Jetzt Kampf um den Be sitz des Vehikels! „Herr! Sie sind ein. Unverschämter!" schrie endlich Dienr mit Berserkerwuth, „ich war doch zu erst am Platze!" „Das muß erst be antwort, „solch' Grünschnabel kann, laufen!" Grünschnabel genannt zu werden in dem Augenblicke, wo man vor dem wichtigsten Ereignisse seines Lebens steht, vor der neuen Bräutigams würde, das ist allerdings unerhört! Der Künstler schäumte jetzt vor Wuth, und mit der ihm noch geläufigen „bäuerischen" Ausdrucksweise ließ «e aus dem Arsenale seiner Schimpf worte eine Anzahl recht derber, sehr beleidigender flügge werden, daß der ganz verdutzte „Droschkenconcurrent" sich schleunigst zurückzog, aber mit den unheilverkündenden Worten: „Uner hörter Grobian! Aber warte, junger Bengel, ich werde dich schon wiederfin den!" Und wirklich! endlich in die Kissen der eroberten Droschke versenkt, und nachdem er die Adresse seines präsump tiven Schwiegervaters dem Rosselenker noch zugerufen, hört Diem ganz deut lich, daß ein zweiter Wagen dem seini gen unausgesetzt nachjagt. Vor dem Hause des Millionärs und Eommerzienrathes angelangt, sprang Diem erregt aus der Droschke, schnaubte athemlos an dem reichbe treßten Portier vorüber, die ersten Stufen der feenhaft erleuchteten Treppe überspringend. Himmel! sein Feind und Verfolger war keck genug, ihm bis hierher nachzusetzen, auch er nahm bereits die ersten Stufen, uner hört! „Herr —! wie können Sie wa gen hier einzudringen!" zeterte der Cellokiinstler in wilder Empörung und vertrat dem andern mit heraus fordernder Haltung den Weg, „Portier, weifen Sie diesen Menschen hinaus! mich aber melden Sie: Joseph Diem, Kammervirtuos!" Indeß der Portier dachte an keine Meldung! Er sank vor Schrecken in die Knie ob der ungeheuren Frevel that, die sich soeben ereignet hatte. Diem's Verfolger aber warf «inen verächtlichen Blick auf den Künstler, schritt dann stolz und ohne nur ein Wort zu verlieren, an seinem Gegner vorüber, Hie Trepp- hinaus, d-m ersten Stocke zu. „Was soll denn dies?!" stotterte plötzlich unser Held und warf einen hilfesuchenden Blick auf den Portier. „Großer Gott!" keucht- nun der wieder 'Wort sindende Cerberus des Hauses. „Sind Si« verückt?! das war ja der Herr Commerzienrath selbst!!" Erst nach langer Bedenkzeit wagte es Diem, durch einen Dienstmann sein Cello zurückzufordern. Von den In sassen des commerziearäthlichen Hauses hatte er natürlich seit dem unglücklichen „Quiproquo" nie wieder ein Wort ver — Vertheidigung. Frau (einen Brief in der Hand, weinend): „So treibst Du's, und bedenkst nicht, daß Du mir ewige Liebe und Treue geschworen hast!" Er: „Aber, Frau, das ist aber auch schon «in: Ewigkeit he:!" 3