TiWieSkslMiiz. (14. Fortsetzung.) „Ja, gewiß, und wenn auch gehin dert durch äußere Verhältnisse, Sie könnten jetzt gar nicht mehr zurück, weil den mit Schafsenssinn Begabten die innere Nothwendig keit treibt; Sie wandeln unentwegt den steilen Hochlandspfad empor zu den lichten Höhen eines sonnigen Zieles und lernen allmählich der Sonne gerade in das strahlende Angesicht zu "schauen. Wer aber einmal, wie Sie, den Weg zur Wahrheit betreten, dem bleibt keine Wahl." „So will ich denn von nun an mit neuem Muthe darnach streben, mir die Bahn zur ausschließlichen Thätigkeit der Schriftstellerin zu ebnen; nur mit unendlichen Schwierigkeiten wird es ge lingen, doch gleichviel, was ist das Le ben schließlich anders als ein Kampf? Und trägt doch jedes denkende Weib die Dornenkrone, insbesondere aber in unserer Zeit der schroffen Gegensätze und des Uebergangs, da sie den Kampf schöner Begeisterung, und als jehj der .erste verlorene Glanz des FruhlichtZ die schlanke, in tiefe Trauer gehüllte Ge stalt deutlicher erkennen läßt, da liest "Romano auch auf dem durchgeistigten Antlitz mit seinem schmerzensmllden, herben Zug um den Mund die erschüt ternden Seelenkämpfe eines Weibes, "das, unentwegt ihr höheres Ziel im Auge, sich mit dem Aufgebote aller Kräfte der tückischen Ungunst nieder drückender äußerer Verhältnisse zu ent ringen sucht. Und gerade hier, wo er am liebsten geholfen, da war es ihm versagt. Der Stolz des edlen Weibes baut auf die eigene Kraft, es ver schmäht das Mitleid des Mannes und seine stützende Hand. Mit dem neuen Tage ist ein Sonn tag angebrochen und Konstanze frei; Frau Doktor Nombeck hat seit gestern das Bett zeitweise em paar Stunden verlassen und zeigt durch anhaltendes Klagen und Umherlramen in denkbar schlechtester Laune die rasch vorwärts schreitende Genesung. Es war später, die Mutter hatte sich wieder niedergelegt, Karlotta, der sarbigenDienerin, mar erlaubt worden, ihre Herrin Dona Angela zu besuchen und in dem kleinen Hause herrschte die einsame Ruhe des Sonntagnachmit tags, als Konstanze, die vor dem Näh tisch am Fenster saß, aufschauend ei nen fremden jungen Mann aus dem "Palmengange treten sah, eine brünette, vornehme Erscheinung, die auffallende Aehnlichleit mit dem Grafen Herbert Bismarck hatte. Wie elektrisch erhob sich Konstanze, alles Blut drang aus dem Herz in die Wanzen; - denn mit ihm, das fühlte sie, nahte die Entscheidung ih res Geschickes; vor ihr stand Magnus Helmsen. „Magnus, Du!" Stumm ruhte ihr Haupt an seiner Schulter und umfaßt von seinen Armen überkam sie an die ser breiten Mannesbrust mit dem kraft vollen Herzschlag, ein beruhigendes Ge fühl unendlicher Geborgenheit; und als dann die Mittheilungen der vielen tragischen Ereignisse seit ihrer Tren nung eingehend besprochen, wandte sich das Gespräch natürlich dem wichtigen brannte unter meinen Füßen und dann sagte ich mir, daß auf mein letztes Schreiben Deine Antwort nur eine ein zige sein könne: komme nnverweilt! Oder trugst Du etwa nach dem, waS vorangegangen, noch irgendwelche un haltbaren Skrupel wider meinen Ent schluß?" bemerkte er, halb lächelnd, mit seiner volltönenden Stimme. „Ich trug Bedenken, damals, Mag nus," entgegnete sie zaghaft in der Furcht, ihn zu kränken, „und diese sind heute noch um ein bedeutendes ver mehrt." 'Magnus Holmsen warf nur einen scharf fragenden Blick aus seinen aus drucksvollen Augen zu ihr hinüber, während er, zurückgelehnt, den brau nen, die Lippen umschließenden Schnurrbart strich; in seinen Zügen lagen Stolz, ruhige Entschlossenheit und ein gewisses Bewußtsein geistigen Ilebcrgewichts, das Konstanze fremd war an ihm, obgleich es in leisen An fängen schon aus seinem letzten Brief Heilungen. „?ich dächte, die wahre Liebe müßte alle kleinlichen Bedenken siegreich über winden, Honstanze. Habe ich es nicht „Du thatest es, Magnus. Aber sieh, ich bin ein Mädchen; ich kann nicht, wie Du. mit einem einzigen kraftvollen Entschluß alles, was mich an bindenden Verhältnissen und Pflichten umgibt, abschütteln, um frei über mein Thun und Lassen zu gebieten. Ewald und Kamilla sind todt, Leopold steht fern vou hier im Begriff, sich «in Heim zu gründen, meine Mutter hat heute nur noch mich; ich darf sie nicht verlassen; denn es ruht fortan auf mir allein, ihr Stütze und Ernährerin zu sein." „Ist das alles? Aber, Konstanze," äußerte er erleichtert, „Deine Mutter wird nun auch die meine, und was Tu für sie thust, das thue ich ganz selbst verständlich mit Dir. Diese Bedenken enenne ich nicht an, sie sind beseitigt, und hoffentlich hast Du nicht noch an te« in petto?" „Wenn es nun doch so wäre, Mag nus?" „Aber, Kind, willst Du denn durch aus, daß ich an Deiner Liebe zweifle? Ich finde doch, Du müßtest nachgerade überzeugt sein, daß es nichts gibt auf dieser Welt, was meine Neigung für Dich nicht zu besiegen vermöchte." „Ich will mich erklären Du sollst ganz ungehindert in mein Inneres bli cken und dann urtheilen. Magnus, heg test Du nicht früher unüberwindliche Abneigung gegen die fchriftstellernde Frau?" „Entschieden, das ist auch jetzt noch der kann mir nichts gräßlicheres denken, als eine Frau, die mit tintebeschmutzten Fingern, unge kämmtem Haar einen handbreiten Drecksaum an der Schleppe, zerstreut im Hause umherfegt, den Braten an brennen und die Kinder ungewaschen verkommen läßt. Um Gotteswillen wie geräthst Du denn auf die Idee?" entgegnete er, etwas verwundert auf blickend. „Das B'ld, welches Du da von einer solchen Frau entwirfst, die das beste aus den Tiefen ihres Herzens der Welt darbringen will, entspricht doch wohl nicht mehr der Gegenwart, die Zeiten derartiger Schreckbilder liegen weit hinter uns. Gegenwärtig gehört die Schriftstellerin zu denen, die gleich den mcisten Menschenkindern den Kampf um's Dasein kämpfen, nur mit dem Unterschied, daß ihr Beruf ein höherer ist, doch eben das verleiht ihr das Be wußtsein der Nothwendigkeit, ihre Mi ssion auch dem Aeußeren nach in jeder Hins-cht wllrdw iu vertreten. Deshalb verirrt die Schriftstellerin von heute sich nicht mehr zu solchen Geschmacklosig keiten. um so weniger, da sie die Augen der Männerwelt auf sich gerichtet weiß und es vermeiden muß, Blößen zu zei psindlich schaden dürsten!' Wir sind alle schwache, dem Irrthum unterwor fene Menschen und abgesehen davon, daß an uns Frauen viel gesündigt wor den, haben wir selbst auch arg gesün digt und gefehlt; doch aus dem Irr thum und der Sünde ersteht allmählich die zur Wahrheit führende Erkennt niß." „Du trittst mit einer Wärme der Vertheidigung für jene Frauen ein, als ob Du selbst zu ihnen gehörtest, Konstanze, hast Du am Ende gar die Absicht, in ihre Reihen zu treten?" fügte er mit einem kleinen, belustigten „Ja, Maonus, der Entschluß steht fest bei und es ist meine Pflicht, Dich davon in Kenntniß zu setzen; ich wid:rslrcbt mir. Wa- ich beginne, soll vor Deinem Richterspruch bestehen kön nen." „Da hast Du wobl gar schon einen Versuch gemacht, der günstig ausgesal- Feld der allgemeinen Frauenfrage hochzuschwingen?" warf er, noch im mer in scherzendem Tone, ein. „Einen Versuch habe ich allerdings unternommen. Magnus, ob er indessen drüben an maßgebender Stelle günstig beurtheilt wird, das muß ich erst er fahren." „Nun, das ist günstig; denn so lange Dir der gefährliche Weihrauch des Ruhmes noch nicht in's Köpfchen ge stiegen, brauchen wir kein weiteres Un heil zu befürchten und es wird Dir we nig Ueberwindung kosten, den Plan aufzugeben, wenn ich Dich darum bitte, „Ich fürchte, ihn nicht aufgeben zu können, Magnus." Nach dieser leise, doch bestimmt ge sprochenen Erklärung malte sich in dem Antlitz des jungen Mannes besremde „Hat die unglückliche Manie bereits so feste Wurzel in Deinem Innern ge faßt? Aber ich bitte Dich, Kind, wi« bist Tu denn eigentlich darauf verfal len? Bedenke doch, eine junge, eben ver heirathete Frau und nebenbei Schrift stellerin! Nein, Konstanze, das »erträgt sich nicht zusammen; der Friede in der Ehe, welcher doch die Grundbedingung eines harmonischen Zusammenlebens ist. würde darunter Inden. wen",Du den ganzen Tag am Schreibtisch sitzest und über poetische Probleme grübelst, welche Dir die Prosa der Küche als einen ab schreckenden Gegensatz erscheinen las sen, gar nicht gerechnet die abgerissenen Knöpse, ungenießbar gewordenen Mahlzeiten, und so weiter, und so weiter." Promptheit zu erfüllen, welche mir die Liebe für Dich eingibt; Du sollst nichts und dem Hause durch ihren Geist jene schöne Weihe zu verleihen strebt, die dem Mann das Heim zum Paradies ihre Kräfte findet, und da/zu bewerk stelligen, bis! Du geschaffen. Seit lan gen Jahren, ich war fast noch cinKnabe, hat Dir mein Herz gehört, ich fühlte von jeher, daß Du diejenige warst, wel gänzt, deshalb gab ich auch getrost die alte kejdnath aus, um hier, wo Du bist, den eigenen Herd zu gründen, und das wird mir gelingen; denn ich komme mit guten Empfehlungen an hervorragende Persönlichkeiten versehen und auch nicht ganz mittellos, so daß ich es ein halbes Jahr ohne sofortigen günstigen Erfolg schon auszuhallen vermag. Ich glaube die Ursache Deines' Vorhabens zu vermuthen, Du willst mir beistehen in der Erwerbung des Lebensunter halts, nicht wahr? Doch so lobenswerth auch Deine Absicht fein mag, Kon stanze, ich lehne sie aus mehreren Grü nden ganz entschieden ab." „So hast Du noch mehr Gründe als die^qe^nten^Nia allen glühenden Farben der reichen Phantasie zu schmücken pflegt; daneben würde ich zur Prosagestalt der Alltäg lichkeit herabsinlen, und die Rolle sagt mir nicht zu; denn ich will, daß Du Gatte, Freund und Gefährte fein, bis zum Tode, und selbst die Jdealgestal ten einer Schattenwelt dürfen sich nicht zwischen mich und Dich drängen." Konstanze antwortete nicht sogleich; in ihr lehnte sich etwas auf gegen die ses vollständige Jneinanderausgehen und die ausschließliche Besitznahme ih res ganzen Seins; mit dem Augen blicke, da Magnus Holmsen das be geisterte Streben nach einem schönen Ziele das sie wie das HeiliMum ihrer inneren Welt betrachtete, schonungslos verurtheitte, war ein trennender Scha tten zwischen ihnen erstanden. Sie sollte die nach Freiheit und zum Lichte stre bende Seele, mit ihrem köstlichen Scha fsenstrieb im Reich der Poesie, knechten, um sich fortan gehorsam dem fremden Willen eines Herrn zu fügen, sie sollte der Muse, die ihr so holdselig lächelte, für immer den Rücken kehren, sich fort an in der Prosa des Alltäglichen ein richten, alles begeisterte Sehnen, durch ihre Kraft am großen Werk derMenich heit mitzuarbeiten, an dem Machtwort des Gebieters zerschellen lassen? Unmöglich. „Du hast ein Recht, das zu verlan gen, Magnus, und mit tausend Freu den würde ich Dir nach Deinem Willen angehören, wenn nicht in meinem In nern eine Stimme lebte, die sich der Anforderung nicht so unbedingt zu fü gen vermag; auch ich liebe Dich, Du bist der einzige, dem ich angehören möchte, und niemals habe ich Dir auch nur mit eiiMii Blick die Treue gebro chen. Doch.Mv ich Deine Gattin sein, dann mußt Du mich nehmen, wie ich bin. Flößt Dir das Abscheu ein, was ich als höchste Errungenschaft mein ei gen nenne, die poetisch schaffende Seele, dann ist von vornherein die Harmonie zwischen uns gestört; denn ich müßte von vornherein gegen Deinen Willen heimlich die mir von der Natur vorge schriebenen Wege wandeln." Magnus Holmsen stand auf. seine Züge nahmen einen Ausdruck schmerz lichen Unwillens an und in heftiger Erregung ging'er mehrere Male im Zimmer auf und ab, dann, vor Kon stanze stehen bleibend, legte er, ihr tief in die Augen blickend, seine Hände auf die Schultern. „Steht es so? Ueberwuchert der Ruhmesdurst bereits Deine Liebe, Konstanze? O, das ist bitter das—" Die Stimme versagte ihm. Als sie schwieg, wandte sich Magnus ab und athmete tief. „Es muß klar werden zwischen uns. Mein Wort darauf, hätte ich gewußt, daß mir in der ersten Stunde unseres Begegnens ein solches Bekenntniß von Deinen Lippen käme, ich wäre nicht ge kommen. Ist es Dir unmöglich, um meinetwillen einem Berufe zu entsagen, der mir als unvereinbar mit den Pflich ten einer Gattin, Hausfrau und Mut ter dllntt, dann Konstanze furcht bar ist es, es aussprechen zu müssen, dann mußt Du auch mir entsagen: eine Ehe eingehen mit einer Schriftstellerin von Beruf kann ich nicht: mag auch die Frau geduldet fein auf diesem Feld dulden, weil eine solche, sich der Oef fentlichteit aussetzende Frau mit allen ihren Prätensionen der Emanzipation der Weiblichkeit erfck^int." „Konstanze!" Magnus zog sie an sich; aus feiner Stimme bebte all die verborgene Man neszärtlichkeit, d«r Schmerz der Ent täuschung und die flehende Bitte um Nachgibigteit. „Sprich." fuhr er be schwörend fort, „sage mir. daß alles gut ist, damit ich getrosten Muthes den Kampf um unsere Zukunft beginne! Das Opfer, das ich von Deiner Liebe fordere, ist doch so verschwindend klein!" Konstanze hob den schweren Blick zu ihm empor in ihr stürmte es zu hef tig, um sogleich das entscheidendeWort zu finden; Liebe und Mitleid rangen in bewältigendem Kampfe mit den hei- auch Du bei längerer Ueberlegung die Sache in besserem Lichte und wir ma „Nein," erwiderte er schroff, ihr« Hand, die er ergriffen, von sich schleu dernd, „nicht um Haaresbreite gehe ich satz angenommen, fest; Du hast zu wählen zwischen mir und dem, was Du als Deinen Beruf bezeichnest." „Magnus! das ist zu hart so un erbittlich darf der Mann nicht vor der Geliebten sein; laß mir Zeit, mich mit selbst der Einsamkeit." „Es ist gut," äußerte Magnus Holmsen, ihren Bitten nachgebend. „Nur möge die Frist nicht zu lange dauern; denn die Zeit bis zur Entschei dung wird mir qualvoll langsam ver gehen." „Sagen wir: morgen um diese Zeit?" Er nagte, düster vor sich hin blickend, an der Unterlippe. gegen." >H 5 l' Sie trennten sich erst spät amAbend; doch die Freudigkeit der Vereinigung nach langer Trennung war getrübt, der 14. „Dankela! Wohin des WegeZ, Sie haben sich gewiß verirrt in diesem ent legenen Gassentheil der Stadt?" äußerte Romano am folgenden Spätnachmit tage, als er dem Mädchen in der Au gustostraße, eine Weinflasche nebst Pa ket im Arm, begegnete. einer mir nahestehenden Be kannten," fügte sie zögernd hinzu. Es tobte ein ohrzerreißender Lärm aus dem dichten Menschengewoge, das sich in dieser engen Gasse zu stauen schien, um sie herum; das Stillstehen Romanos benutzend, drängte sich ein Sie meinetwegen keine Zeit." Aber ihm lag daran, um ihretwillen Zeit zu verlieren; trug er doch unge duldiges Verlangen zu erfahren, waS die Zeit, ich begleite Sie bis zur Wohnung Ihrer Betannten, Daniela; ein Samariterdienst, wie es scheint; kann ich helfen?" „Nein," entgegnete sie, verwirrt die schwarzen Wimpern senkend, „es wird schon besser gehen mit dem körperlichen Befinden, die eigentliche Noth besteht hauptsächlich in den traurigen äußeren Daniela stand jetzt vor einem Hause still, an dessen Parterresensier das Ge sicht einer ältlichen Frau erschien; das >unge Mädchen erröthete und ihre Ver legenheit nahm zu. „Hier wohnt meine Bekannte; bitte, die Pakete, welche Sie die Güte hat ten mir abzunehmen! Besten Dank!" „Das gehörte sich wohl so," erwiderte er, liebenswürdig lächelnd. „Uebrigens werden Sie mich damit noch nicht los, Daniela; denn vermuthlich währt Ihr Aufenthalt da drinnen doch nicht allzu „Nein, > — das heißt, höchstens eine Viertelstunde, ich weiß es nickt genau," stottsrte Daniela, unwillig über sich selbst und beschämt, die Mutter vor ihm verleugnen zu müssen. „Und dauert es auch eine Stunde, ich gehe unterdessen hier wartend auf und ab, da Sie allein in dieser Gegend Belästigungen von zweideutigem Ge sindel ausgesetzt sein möchten. Also auf Wiedersehen!" Anvrall aus die Mildthätigkeit des Ändrängins überhoben zu sein, hatte er nach einigem Kampf mit Daniela wirklich nachgegeben und Frau Rosalie Degen unter der Bedingung, daß sie fortan in St. Paulo lebe und sich nie follte.^^""^" Haus. hatten die Wolken sich getheilt, und so siegreich lächelte die Sonne von Westen her über die erfrischte Tropenwelt, daß bald die letzten schneeigen Wolken des Berhälttnsses, in dem sie zu der Mutter stand; dies Verstecken der hei ligsten Bande vor der Welt und jetzt vor Graf Romano kam entwürdigend ganz erfüllt von den schmerzlichen Be trachtungen schritt sie an seiner Seite hin. „Gehen Sie don hier direkt nach Hause, Daniela?" „Nein, ich muß vorher zu Dona An gela, um ihr über ein paar nothwen dige Gänge im Interesse unseres Ver eins zu berichten." „Das trifft sich ja ausgezeichnet, um so länger genieße ich Ihre Gesellschaft." Sie wagte nicht, ihn anzusehen; er befand sich in einer so gehobenen Sti mmung, wie Daniela ihn laage nicht mehr gesehen hatte. „Was sagt denn Frau von Hassel bach zu Reginens Abreise?" fragte er, sobald sie eine stillere Straße erreicht hatten. „Nun, das können Sie sich vorstel len, Romano! Sie ist natürlich außer sich, der Papa und ich fürchteten für ih ren Verstand, und wohl auch mitßecht; merkwürdigerweise mißt sie indessen Regine weniger Schuld bei, als Ih nen." „Mir?" äußerte der junge Arzt, während rasch verschwindend ein belu stigtes Lächeln um seine Mundwinkel zuckte, „weshalb denn das?" . „Valeska behauptet, Sie hätten die Hand im Spiele gehabt und ReginenS stützt." „Ab! zürnen Sie mir denn auch des wegen, Daniela?" „Ich?" gab sie erstaunt zurück. „Aber wie sollte ich dazu kommen, Ihnen Schrittes, vertraute sie Ihnen den ei gentlichen Zweck desselben an?" „Gewiß, sie weihte mich ein; ihre Flucht führte zu der Vereinigung mit Leopold Rombeck als feine Frau." zen Augen zu ihm hinüber. „Mein Gott, da Reginens höchstes Glück von der Verbindung abhing, kann ich doch eine Handlungsweise nicht so tragisch nehme», die ihr zu jenem Glücke verhilft." „Demnach dachten Sie nur an Re gine und gar nicht an sich selbst?" „Ich verstehe Sie nicht, Graf Ro- Ahnung?" i ' „Nicht das, etwas anderes mir Grund zur Verstimmung," bemerkte sie leise. „Ich war vorhin nicht auslichtig gegen Sie." » „Und' das verursacht Ihnen solchen Kummer?" fragte er, bemüht, ihrem Blicke zu begegnen, doch Daniela hielt den Kopf hartnäckig gesenkt. „Ja; denn von falscher Scham gelei tet, verleugnete ich vor Ihnen meine eigene Mutter." Diese Mittheilung kam so unerwar tet, daß Graf Montfanto nichts zu entgegnen wußte. „Ihre Mutter!" wiederholte er nur. „Ja. Gezwungen durch mancherlei die einstige Braut meines Vaters, Oberst von Weddingen, der sie nach dem Kriege als die Frau eines Ande jedoch aus Mitleid mich, sein Kind, zu sich in's Haus. Sie ist eine Unglückli che, die ebenso viel Anspruch auf meine weife, deren V-rächtlichteit mir nach dem Geschehen klar wurde." „Ich wüßtt einen Rath für den Zwiespalt in Ihnen, doch ehe ich spre che, möchte ich eine Frage rückhaltslos die Stimme versagte fast. „Die Frage ist? bedeutungsvoll, und sollte sie an eine Wunde rühren, die vielleicht noch nicht geheilt ist, dann bitte ich im voraus umVergebung; Da niela, war Ihr Herz vollkommen frei zur Zeit, als Ewald Rombeck um Sie sich empor. sich empor? „Warum fragen Sie mich das, Ro mano?" ,Nteil ich es wissen muß, um einen verhängnißvollen Irrthum aufzuklä ren/ antwortete er fest. „Ich darf, wenn es so ist, VieWahr heit wohl bekennen, weil ich sie Ewald selbst nicht vorenthielt," erwiderte sie nach kurzem Zögern unter heißem Er- Grunde für thöricht und vermessen hielt. In dem Bewußtsein, von Vales ka als ein unliebsamer Eindringling betrachtet zu werden, gequält von un schnell das Jawort zu geben." „Und wem gehörte Ihr Herz?" fragte er in vibrirendcm Ton. um nicht zu merken, daß mein Herz Dir schon gehörte, ehe ich nach St. Paulo ging? Ich hatte schon längst erkannt, alles." „Willst Du mein- Weib sein, Da- Jrrthunr." „Dein Weib! Träume ich nicht', ist eben nur Seelen, und nicht Menschen „Das Glück, Dir zu gehören, ist Züge glitt! für ihn, als Daniela auk seine Äeufte rung hin ungläubig Ken Kopf schiit elte. > (Fortsetzung und Schlug solgt.) Zlnter uns Z-ranen. Alle Dichter und Denker des rö misch - griechischen Alterthums preiseil die klassische Ruhe und ermahnen die Menschheit zum Gleichmuth in allen Lagen des Lebens. Für Niemanden ist diese weise alte Lebensphilosophie so sehr zur Nothwendigkeit geworden, als für uns Fraum der modernen Cultur stuf«. Die Anforderung«,!, welche heute an das Weib gestellt werden, sind geg«n vergangene Zeiten nicht aur durch d«n> erhöhten Kampf u»'s Dasein gesteigert, sondern auch so vielgestaltig, oerant- Ivortungsceich und verwirrend gewor den, daß ecke besond.-rs tüchkigeGeistes kraft dazu gehört, am den Schwer punkt des Wesens naht zu »erliercn und im Schirelllaufe der Zeit and dein unausgesetzten Hasten der neuNsltlichen Umgebung nicht nervös, unruhig, lau- Die gewissenhaft denkende, sich selbst beobachtende Frcm, welche über den tLg-- lichrn entnervenden Kleinigkeitskrcml »nd in leeren eitlen Äußerlichkeiten» nicht den Blick für das Ganze, für die großen Ziele und Zwecke des Weibes im sttfellschaftlichen undHamilienleben ver loren hat, sie wird sich keiner Täuschung darüber hingeben, daß sie nur danw Ihren Platz vollkommen ausfüllen kann, wenn sie mit Ruhe, Gleichmaß unt> sanfter Festigkeit ihre>Z ernsten Amtes waltet. Sie wird sich täglich wieder holen, daß sie nur dann die berufene Erzieherin derer, die ihr anvertraut sind,, die Beglückerin Jener werden kann, welche sie liebt, wenn sie ihre höchste und schönste Aufgabe darin fin det, daß sie „das Nothwendige mit dem Schämn, das Geistige und Materielle »u einem harmonischen Ganzen zu ver binden" im Stande ist. Aber ein solche harmonisches Zusammenwirken ist nur oon einer harmonischen Natur zu er warten, und deshalb möchten wir ver suchen, in die Beschaffenheit, das We sen und W«rden einer solch' bevorzug ten Individualität näher einzudrin gen. Wir Alle sind auf unserer Wander chaft durchs Leben schon harmonischen Naturen begegnet, und nicht etwa blos In besonders ausgezeichneten Gesell schaftssch-ichten oder außergewöhnlich glänzenden Lebensverhältnissen, son dern, überall hineingestreut als erqui- Zlende Oasen zwischen die neroenermü vend-en, heißen, sandigen Strecken der türren Weltreise. Leider werden sie in ter neuesten ?eit immer seltener, aber »ort, wo wir sie antreffen, erfreuen sie ans durch das Gleichmaß der Tempe ratur, durchsichtige Klarheit der Luft, and ein reines, ruhiges, nicht flackern tes, blendendes Licht. Diesen letzten Eigenschaften ist es wohl auch zuzu schreiben, dast man ihre Beranlagung nicht erst mühevoll M studiren nöthig hat, um zu wissen, „woran man ist", kenn, sie machen aus dem Kern ihres Uesens kein Geheimniß, weil sie sich nit dem Leben und seinen Forderungen Im Einklang fühlen: „Die harmonische Natur nimmt," vie eine deutsche Schriftstellerin sagt, .das Leben hin, ohne viel zu fragen, veil sie die Kraft und Fähigkeit in'sich !rägt, es aus sich selbst heraus bei nahe mühelos menschlich schön zu springen, und zwar, was die geistige- Erziehmig der Frau zuerst anstreben muß. ist das, gediegene Kenntnisse mit- Einfachheit und Liebenswürdigkeit des Charakters zu- verbinden, ihr Herz zu erziehen. Dierch richtiges Denken lernt man auch richtig enrpfinden, imd es ist :in Asches, veraltetes Vorurteil, daß. der angebo«ne Mrter« weiZliche In stinkt schon genüge, um ein? möglichst ooliendete Frau für unsere Zeit zu ent wickeln. Selbst die von Natur auK beste Frau wird in den Aeußerungen? Einsicht mangelt. Die glistige Thätig keit und geistige Interesse allein machen sie innerlich frei und stark, dazu ist keine Gelehrsamkeit nöthig, sondern nur jene Bildung, weiche wirklich reine HerMsgük- »erleiht. Das zufällige Wohlwollen, die zufiilligeÄüte, das zu fällige Beherrschen, des aufwallenden Zornqesühls hat nur einen sehr gerin gen Werth, wenn man nicht im Stande ist, zu jeder Stund« des TageS liebe voll, gerecht und rücksichtsvoll gegen Je dermann zu sein, das erst ist der wahre Ausdruck eines wirtlich gut geschulten Herzens I Vom Diamantverlangt nurUnverstand, daß er a u ch k l i n g e. 3