«». TiaMie Mm. t?. Fortsetzung.) la schließlich -um Bertheilen der ein gesammelten Pfänder bestimmt wurde. „Was soll der thun, dem dieses Pfand gehört?" fragte sie, einen Ge genstand in der verschlossenen Hand hochhaltend, ihr Blick traf unwillkür lich Negine und nun wußte diese, daß es sich um ihren Ring handelte. „Allen hier Anwesenden einen Kuß geben!" rief sie voll sprudelnden Ueber muths, die Wangen hochgeröthet. Nach diesem war Frau von Hasselbach ge zwungen anzusehen, wie Regine, einen nach dem andern, die jungen Leute küßte und zuletzt wirklich und wahr hastig auch den widerwärtigen Pro tzen, den Kommis! Und sie beeilte sich dabei nicht einmal. Empörend, un glaublich! Der Boden begann ihr unter den Füßen zu brennen, sie hatte nur noch einen Gedanken: fort, fort. Re gine der Gegenwart dieses Menschen entziehen! Als aber Leopold die feuchten, schwellenden Lippen des Mädchens viel heißer und nachdrücklicher als nöthig war, auf den seine fühlte, da wußte er, daß sie ihm zu eigen gegeben, und dieser verlangende Kuß nur der erste von vielen nachfolgenden war. Baleska bebte vor verhaltenerWuth; kurz vor elf vermochte sie nicht, sich länger zu beherrschen und brach zum Leidwesen Reginens, nach deren Mei nung es erst jetzt recht interessant zu werden begann, aus; als man in der Halle die Sachen nahm, konnte sie nicht umhin, ihrem rasenden Arger dur-5 eine giftige Bemerkung, die Le opold treffen sollte, Luft zu machen. „Mein Gott," äußerte sie, das oran gefarbene Kopftuch unter das Kinn befestigend, „sollte es nicht gefährlich sein, sich noch um diese Zeit hinaus zu wagen? Es fanden heute Morgen Zu sammenrottungen statt, der Pöbel ist ja außer Rand und Band! Man muß in der That Angst bekommen, von dem mörderischen republikanischen Ge sindel belästigt oder gar niassakrirt zu werden." „Befürchten Sie gar nichts, gnä dige Frau," bemerkte Leopold, iro nisch lächelnd. „Dieses republika nische Gesindel besteht einfach aus Leuten, die nichts bezweckten, als die Erhebung des Landes zur Re kranken Kaisers und der Seinen; es floß kein Tropfen Blut! Denn auch zwischen diesem verworfenen Pöbel ben, als Raub, Diebstahl oder Betrug gehört, warf ihrem Bruder einen vor wurfsvollen Blick zu, den er nicht be achtete. Leopold hatte sich im Laufe des Abends so heftig von der fatalen Per son, der Hasselbach, angegriffen gefe ben, daß er ihr ein für allemal zeigen „Ich bitte Dich um Alles in der te, „was ist denn eigentlich in Dich gefahren, Du hast Dich ja unverant wortlich benommen heute! Jeder, der die förmlich etwas herausforderndes, ja, ausdringliches an sich hatte! Ich Nabe mich für Dich geschämt, es waren fürchterliche Stunden, die ich da um Deinetwillen erleben mußte." „Gott, Mama," kam es sehr gelas sen aus der anderen Wagenecke, „mache nur nicht gleich solch schreckliche Ge seiere! Beruhige Dich nur; ich habe heute die Ueberzeugung gewonnen, daß Romano sich gar nichts aus mir macht, er heirathst weder mich noch Daniela, sondern Kamilla Rombeck, das steht fest; laß ihn doch was kann man machen, wenn er mich nicht will?" „Du lügst!" rief Baleska, in ihrer heftigen Aufregung jede Rücksicht bei Seite lassend, „ich habe es genau ge sehen, anfangs unterhielt er sich vor zugsweise mit Dir, Ihr wäret im al lerbesten Gange bis zu dem Momente, I?azu ist er gut genug." Wie schon oft, belog Regine durch diese Erklärung ihre Mutter mit einer »merkenswerthen Geschicklichkeit; denn innerlich verhehlte sie sich keineswms, daß Leopold einen unauslöschlichen würde, war schon an diesem Abend überzeugt, daß sie zum ersten Male liebte, und zwar mit jener zügellosen zu ost in seinem Sturmesfluge die Schranken der Sitte überschreitet. Va leska aber war zum zweiten Male vor ihrer Tochter verstummt; die zehn Mo nate des Aufenthaltes in der Pension hatten einen fremden Geist der Nicht achtung und Hinwegsetzung über den Anstand in Regine gezeitigt, vor dem sie sich entsetzte. Das Kind besaß ja eine Reise der Anschauungen, eine Zuversicht angesichts der Heilelsten Dinge, die an Schamlosigkeit streifte! „Ich will Dir ettvas sagen, Regine, Du darfst mir nicht wieder zu Ma dame Renard zurück; ich sehe voll Ent setzen, daß Du dort Anschauungen ge wonnen und Dir einen Ton angeeig net hast, der das Gegentheil ist von dem, was man gute Erziehung nennt." Und hysterisch aufschluchzend, ver barg Frau von Hasselbach das Gesicht in beide Hände; die Enttäuschung traf zu unerhört, zu grausam; diese einzige Tochter, auf die sie alle Hoffnungen dis eigenen verpfuschten Lebens konzentrirt, die sie vor allem beschützt hatte, um aus ihr ein Musterbild zu schaffen, das unberührt von dem Schmutz und Elend der Welt einem bevorzugten Wesen gleich, das höchste Glück in reiner Sphäre fände, hatte längst den Glanz der Flügel eingebüßt, erbar mungslos hatte der Erdenstaub sie zer stört. „Ich möchte nur wissen, was Du mit einem Male gegen mich hast, Mama, was that ich denn? Gar nichts! Be nahm ich mich unpassend, inwiefern? Ich weiß von nichts. Du bist komisch! Soll ich nicht wieder zu Madame Re nard gut, dann bleibe ich zuHause, mir ist's egal. Uebrigens behauptetest Du stets, es sei eine besondere Ehre, in Madame Renards Pension gewesen zu sein, weil sich dort nur Gräfinnen, Baronessen und überhaupt die vor nehmsten jungen Damen aufzuhalten pflegen, daß die meisten-von ihnen viel klüger sind als ich, ist doch nur vor theilhafl; denn man kommt doch schließlich nur in ein Institut, um zu lernen." „Um zu lernen, allerdings," wieder holte Valeska bitter, „aber nicht, um sich den Kopf mit dummen und häßli chen Sachen füllen zu lassen, für welche Du, wie es mir scheint, eine ganz be sondere Vorliebe hegst!" „Du wirst beleidigend, Mama," ent gegnete Regine, indem sie sich aufrich tete, in verändertem Tone, „thue das lieber nicht, es möchten da Dinge zwi schen uns zur Sprache kommen, die besser mit Schweigen übergangen wer den. Wenn ich Dir keinen weiteren An laß zur Klage gebe, als wie es heute nach Deiner Meinung geschah dann freue Dich von ganzem Herzen, daß überhaupt aus mir noch ein halbwegs anständiges Mädchen geworden ist." Als die Worte, zu denen Regine sich hatte hinreißen lassen, den Lippen entfallen waren, bereute sie dieselben sofort; denn ihre Wirkung war eine unerwartet starke. Aus Valeskas wogender Brust rang sich ein heiserer Schrei sie wollte sprechen, als die Stimme aber ver sagte, packten ihre eiskalten Finger krampfhaft das Handgelenl der Toch ter, und ehe diese sich's versah, spürte sie die Rechte der Mutter in zwei schal lenden Ohrfeigen auf den Wangen. Der Wagen rollte fast geräuschlos durch die nächtlich stillen Straßen; von der Seite her glitt der wejße Schein ei nes eleltrischen Kandelabers chell über die beiden Frauen auf den seidenen Sekunden lang herrschte unheilvolles Schweigen, während Regines Augen sich funkelnd im kalten Glanz« und voll Verachtung auf die Mutter rich teten, welche drohend den Blick er „Du tödtest mich!" rief Valeska, sich verfehltes Dasein zu Grunde gegan gen ist. Nun, Du hast Dich zu trösten verstanden!" „Keine Szene, Mama! Denk' an den Kutscher, der Dinge ausplaudern möchte, die lieber begraben sein mö gen." Es war die böseste Stunde, in wel cher Valeska in ihrer eigenen Tochter den strengen Richter ihres Thuns fand. Der Wagen hielt, sie stiegen aus und schritten stumm durch den thau schimmernden Park, über dessen Pal menkronen sich der sternfunkelnde Him mel in feierlichem Frieden breitete; hier, in der nächtlichernsten und doch heiterfrischen Natur herrschte die erha bene Ruhe, welche an den beiden stür misch bewegten Menschenkindern, die dem stillen Hause zuschritten, wir kungslos vorüberging. Augusto, der farbige Diener, kam, und berichtete, der Herr Oberst sei zu Bett gegangen und alles in bester Ordnung; so gingen denn die beiden Damen gleich hinauf in den Salon Valeskas, dessen anstoßendes Schlaf zimmer Regine für diese Nacht mit der Mutter theilen sollte. Die Lampe brannte und warf durch ihren rothen und reizenden Gegenstände, welche Ge schmack ukd Reichthum den Besitzenden gewähren. Regine gabHut und Fächer der Kam merjungfer Ivette, riß hastig den Shawl, welchen sie der Nachtkühle we gen um die Schultern gelegt halte, her unter und ließ sich in einen Schaukel stuhl fallen; auf ihren Wangen glühte noch die Rötlie der Scham und Ent rüstung über die von Baleska erduldete Mißhandlung. „Zu Befehl, Mademoiselle." Deine Rückkehr in die Pension nicht dulde." stieß Baleska heraus, sobald die Französin sich entfernt hatte. Herz an seiner empfindlichsten Stelle, dem Mutterstolz, zu treffen; stürmisch durchwogten sie Verzweiflung, Zorn, schasten ein Strahl des Mitleids fiel, sie litt; aber hatte Regine nicht eben falls gelitten während der langen Jahre, da das beschämende Gefühl, die Mut ter verachten zu müssen, sich nur in dem geringschätzenden Benehmen ihr ge genüber zeigen durfte? Arme Regine; aus dem Mitleid aber brach sich über quellend die Mutterliebe siegreich ihre Bahn und mit ihr die Sehnsucht nach Versöhnung. auf dem weißen Kissen, der Wand zu gekehrt die Augen geschlossen; ei ne Weile saß Valeska regungslos, wurde. „Regine," sprach sie leise, beschwö rend, „laß uns Frieden schließen; ich Pflege Onkel Karls. Laß die Bergan hast bis dahin." Regine hatte bei dieser schwachen Vertheidigung der Mutter ein un gläubiges Gesicht gezogen. meiner Zukunft nicht Dein Wille, dern vielmehr der ineine den Ausschlag z» geben hat; ich lasse mich nicht lä?.ger ficht, meinen Rath, den die Mutter liebe eingibt, wirst Du hoffentlich nicht verschmähen." zu Dir ist echt, ich würde alles, alles opfern für Dein Glück!" „Warum bestehst Du dann so auf er eine Million und den Grafentitel besitzt! Ob mein Herz dabei zu Grunde ginge, das ist ganz egal, wenn nur Glück und Glanz." „Du irrst Dich, Herz, mein heiliges Wort darauf ich dachte bei dieser Helrath in erster Linie nur an Dich." Regine wandte das Gesicht von neuem der Wand zu, als wünsche sie, nichts mehr zu hören. „Gute Nacht, Mama. Ich bin todt müde und möchte jetzt schlafen." „Gute Nacht, mein Kind." Das Herz der Mutter krampfte sich zusammen in namenlosem Weh; die unendliche Liebe zu dem schutzlosen Regine," schluchzte sie, „betest Du Dich"—"" s,'sich 7. „Was hast Du denn da, Kamilla, eine kleine Myrthe?" „Ja, Stanzi, Dona Angela hat sie mir geschenkt, reizend, nicht wahr? Sieh, hier kommen schon zwei Knospen zum Vorschein, das bringt Glück! den ke Dir," fügte sie erröthend hinzu, „Dona Angela legte es mir an's Herz, das Stöckchen recht zu Pflegen, um einst meinen Brautkranz daraus zu winden." „Da hat sie recht, das wünsche ich Dir von ganzer Seele, Liebling; Mama fügte. Du hättest heute früh einen Brief von Egon bekommen, schreibt er denn Gutes?" „Ei ja, wie immer; heute sind's ge rade drei Jahre her. daß wir uns heimlich verlobten! Er meint, sein Onkel würde doch schließlich nachge ben, ich solle nur treu ausharren. Als ob ich ihm untreu werden könnte, so etwas nur auszudenken! Und käme ein Königssohn, ich schlüge ihn aus; denn es ist doch so ganz was selbst verständliches, sich treu zu bleiben, wenn man einander liebt." „Leopold war lange nicht da," be merkte Konstanze nach einer Weile, indem sie sinnend zuschaute, wie Ka milla den Myrthenstock, der ihr den Brautkranz spenden sollte, liebevoll begoß. „O doch, gestern Mittag; zwar nur einen Augenblick, aber ganz erfiM von einer neuen Eroberung. Was meinst Du dazu. Regine von Has selbach hat aus der Pension an ihn geschrieben!" „Und das erzählte er Dir? Wie in diskret!" „Warum? Ich bin ja seine Schwe ster, und verrathe es nur Dir; so sehr ernst scheint er auch die Sache nicht zu nehmen. Du weißt, er prahlt gern ein bischen mit seiner Unwiderstehlich keit" „Leider; Leopold ist grenzenlos leichtsinnig, Kamilla, ich kann nicht oh ne Ana» an seine Zukunft denken und furchte immer, wir erleben einen Krach mit ihm. Wollte Gott, daß ich mich irrte!" „Aber Stan-i, wer wird so schwarz seherisch sein. So lange der Himmel blau ist, sollen wir lachen und uns freuen, die bösen Stürme kommen schon ganz von selbst! Nur nicht die schöne Zeit in Sorgen vergrämen, die Und lachend zog sie Konstanze zum Klavier. Regine wußte wohl, weshalb sie der Mutter gegenüber darauf bestanden hatte, nach Santo Amaro in die Pen sion zurückzukehren, würde es tete. Freitag der Geburtstag meiner Freun- Jbrem Geschmack zu bestellen? Sie würden mich außerordentlich verbin das herzlichste Ihre —" sollte, um viel, und wiederum auch nicht zuviel zu sagen. „Ihre treuerge bene?" Das klang zu steif und altmo disch. »Ihre dankbare?" Ebenfalls nicht. Einfach! „Ihre Negine von Haf selbach." Ja, so sollte es sein, daraus mochte Leopold lesen, was er zu lesen wünschte. Es war die gewöhnliche Form, und doch lag in diesem „Ihre die drei Kapsteine ab, der ihn gegen seinen Willen unausgesetzt beschäftigte. Wäbrend der Frühstückspause ging Leopold in das gegenüberliegende Ge- Jsabellarosen, dem er das Antwort schreiben auf Regines Briefchen bei fügte. „Hochverehrtes Fräulein! Es ist mir unmöglich, Worte zu finden, die hinreichend ausdrücken, wie sehr mich der Auftrag beglückte, den ich hoffentlich zu Ihrer vollen Befriedigung erledigen durfte. Die Rosen, welche beizufügen ich nicht un terlassen konnte, und die mir als ein Sinnbild Ihrer Schönheit und An muth erscheinen, bitte ich, als ein schwaches Zeichen meiner Verehrung und Bewunderung gütigst von mir an nehmen zu wollen. Leid thut mir bei dieser Gelegenheit nur der armselige schriftliche Behelf, weil ich zu gern Ihnen Aug' in Auge gesagt hätte, wie unendlich es mich beglückt, Ihnen ei nen kleinen Dienst erweisen zu dürfen. In der ebenso ungeduldigen wie sehnsuchtsvollen Erwartung eines bal digen Wiedersehens grüßl Sie hoch achtungsvoll, verehrtes gnädiges Frä ulein, Ihr treu ergebener Leopold Rombeck." Diesen Brief fand Regine entzü ckend, und nachdem sie ihn mit glühen den Wangen wohl zum zehnten Male gelesen, fand er seinen Platz an ihrer Brust; er liebte sie, es unterlag nicht dem geringsten Zweifel, solche beredten Worte diktirte nur die Liebe dem Ma nne in die Feder. Und schnell entschlos-- sen schrieb sie in ihrem Freudenrausch: „Zu einem Wiedersehen zwischen uns, mein Herr, kann früher Rath werden, als Sie denken. Es trifft sich Ich treffe mit dem Uhr-Zug tefaal erster Klasse, wo selbst am hell als Blicke und Worte bereits so deut ganzes Leben will ich einsetzen für Dich, Du bist fortan meine Welt, ich könnte sterben um Deinetwillen! Aber betrügen! Du bist jetzt meine Braut, denn auch ich liebe Dich wahnsinnig." „Ja, ich bin Deine Brau? unv NM Heirathen uns, sobald ich die Pension hinter mir habe, nicht wahr?" „Ich fürchte, mein geliebtes Mäd chen, Deine Mutter wird Dich mir > verweigern, weil ich zur Zeit nichts bin und nichts besitze," „Ach, Mama," entgegnete Regine mit beschwichtigender Geberde, „die muß; und will sie anfänglich nicht, nun, dann zwtngzn wir sie einfach dazu." ..Zwinaen?" fragte Leopld nicht i ohne leises Befremden angesichts so durchgreifender Entschlossenheit, „wie Du das?" „Das ist ziemlich einfach; ich meine, da wir beide einig sind, uns auf Tod und Leben anzugehören, so liehe MamaZ Zusage sich dadurch er trotzen, daß wir uns überall zusam men zeigen und für Brautleute ausge ben." „ReMe, Du wärst imstande, so gegen Deine Mutter aufzutreten?" „Ja, weil ich Dich liebe," erwiderte sie einfach, „viel mehr als ineine Mut ter, mehr als mich selbst und alles, al les. Ist kann es gar nicht ausdrücken wie sehr. Weißt Du, —" fuhr sie in leisem, berückendem Tone fort, „ich bin eine Motte und Du das Licht, ich muß zu Dir; von Deiner ganzen männlichschönen Erscheinung, von De inem Lächeln an bis in die Fingerspi nennt man es wohl? das mich be rauscht und Dir zu eigen gibt. Ich glaube, so kann nur ein Weib lieben, Leopold; so demüthig und sehnsuchts voll. Ich möchte ich möchte ein Thier oder irgend ein Gegenstand sein, nur um immer bei Dir bleiben zu schrankenlos, wie ich Dich." Ein Gluthblick war die Antwort. Unablässig kamen Reisende und gingen; Araber in weißem Burnus, steifnackige, großkarrirte Engländer, zierliche Franzosen, Spanierinnen, Deutsche, niemand beachtete das in Gespräch versunkene Paar, nur ein Kellner warf hin und wieder listige, vielsagende Blicke hinüber. Zuweilen traten auch Negerinnen an den Tisch nas oder leuchtende, fremdartige Blu men zum Kaufe an. Regelmäßig rief der Schaffner mit schallender Stimme die Namen der Stationen des Zuges aus, bis Leopold, sich plötzlich erin nernd, die Uhr zog und gewahrte, daß war! „Herr des Himmels, was beginnen wir nun, Regine?" fragte er, sie rath lockend über das kleine Abenteuer, wel ches ihr feine Gesellschaft noch auf längere Zeit sicherte. „Da bleibt wohl nichts, als wir si tzen hier bis morgen früh da fahre ich mit dem ersten Zug um fünf; ich weiß bestimmt, die Wartesäle werden „Ich hatte gehofft, Dir beim Ab schied in dem Menschengewühl unbe merkt den ersten Kuß geben zu können; ich versehe vor Sehnsucht darnach, R'gine." Sie erglühte, sah eine Weile vor sich hin und dann verheißungsvoll in seine „So unternehmen wir einen Spa ziergang durch die Stadt, essen ir gendwo und kehren darnach hierher zurück; willst Du?" „Ob ich will! Du bist ein Engel und ein Original! Wir wählen die weniger belebten Straßen, Herz, damit uns niemand sieht." wer will mir verbieten, an Deiner Seite spazieren zu gehen?" Sie verließen das Bahnhofsgebäu nachdem er von Regine Abschied ge nommen, den Bahnhof verließ, lag das dumpfe Gefühl eines schwer bela stenden Druckes auf ihm; zum ersten Mal warf er sich heftig vor, die Dia manten genommen zu haben; in die sem eigenthümlich gearteten Mädchen hatte er eine Eroberung gemacht, die entscheidend auf sein Leben wirkte, be gegenüber halte es auch ihn mit schrankenloser Hingebung ergriffen, die ihm das Blut in Feuerströmen er niemals wieder; Regine würde und mußte sein Weib werden. Wenn man jetzt das Fehlen der Steine entdeckte? Entsetzlicher Gedanke! Die Schreckge nicht Mehr verlassen, zuweilen beengte eine plötzlich«, stechende Angst seine Brust und raubte ihm den Athem. Da hand unsinnige, verworrene Bilder. Wenn nun der portugiesische Händler Manoel Cordes verschwände nder den ließ. Und Daniela? Ihr liebliches Bild war unter dem Aufgang des neueren glänzenderen Sternes fast ganz in seiner Erinnerung verblaßt. (Fortsetzung folgt.) zuncr ans IrnuM Nach langem, festen Sommerschlaf haben sich die Thore der fein sMbeHich geputzten und getünchten SchmObiiude unserer Jugend wieder gastlich erschlos sen. In den großen Hauptsälen alkr öffentlichen Schulen herrscht dann ei» gar buntes Treiben, denn die freie Schul«, neben dem allgemeinen TÄW recht eine der freiesten Jnstituti«M unseres großen, freien Landes. nimM Alles wipig auf, was da kommt, u» zu lernen, ohne Unterschied de? Standes, der Nationalität oder Re ligion. Wie am Wahltag die Männer alle in geordneten Reihen den WahlrMtn betreten, um die Sorge und die für ihre Wohlfahrt, für ihr schaftliches Wachsen und ihr gutes Gedeihen den eben dafür zu bestellen den und vom Gemeinwesen bezahlten Leuten zu übertragen, so treten jetzt in Reih' und Glied die Mütter, ge folgt von den zukünftigen Staatsbür gern und Bürgerinnen, in den Schul raum, um die Sorge und die schwere Arbeit für deren Wohlfahrt, für ihr körperliches Wachsen rind geistiges Ge deihen den vom Gemeinwesen hierfür bestellten und bezahlte» Fachleuten zu übertragen. In beiden Fällen, im Anvertrauen der ganzen bedeutenden wichtigen Arbeit an die Staats- sowie an die Schulbehörde, handeln die mei sten Menschen ohne jedwedes selbststän diges Denken, ohne eigenes Urtheil. Sie geben diese Stimme für diesen oder jenen Candidaten ab, weil die Partei ihn auszustellen für gut befun den, sie übergeben ihre Kinder dieser oder jener „Schoolmam" zum Unter richt, weil der Staat sie anzustellen für gut erachtet. Ob die Ziele und Zwecke v der Partei und des Staates auf den tingeschlagenen Wegen erreicht werden, das ist eine Frage, die weder die Män ner noch die Mütter sehr ernst nehmen. Ist einmal der Wahlzettel abgegeben, die Kinder der Schule übergeben, dann ist man die Politik und die Kinder für geraume Zeit glücklich los. und man geht darüber zur Tagesordnung, zu den dringenden täglichen Geschäften über. Die Männer betreten das Wahl lokal nicht wieder bis zum nächsten Wahltermin, und die Mütter den Schulraum nicht eher als bis zum nächsten Schulanfang und vielleicht dann nicht einmal, wenn die Kleinen groß genug geworden, um die Sache allein erledigen zu können. Di- Män ner lesen dann in den Zeitungen dar über, wie ihr- erwählten Beamten sich aufführen, und di- Mütter sehen hin und wieder einen „Report", «in gute» „Ticket" als Zeichen des anständigen oder schlechten Betragens ihrer Spröß linge, aber weder die Männer noch die Frauen wissen genau, was wirklich in der Partei und in der Schule vorgeht, wie beide beschaffen sind. Den Herren der Schöpfung würden wir uns nicht unterfangen, Rathschlä ge in Bezug auf Politik zu ertheilen, hingegen möchten wir die Mütter drin yeno auffordern, sich genaue Kenntnisse über das zu verschaffen,was die öffent liche Schule ihren Kindern geben kann Md was nicht. Vor Allem sollte sich jede Mutter darüber zu informiren suchen, wie das Schulzimmer beschaffen ist, in welchem ihr Kind täglich fünf bis sechs Stun den verbringen wird. In manchen Schulen werden die Kinder in einem diel zu kleinen Raum geradezu zusam mengepfercht. Wie kann nun der vielleicht zarte A-B-C-Schütze, wel chem schon das ungewohnte Stillsitzen allein eine körperliche Qual ist, dabei gedeihen? Und das, was er in der Schul« an Kenntnissen zunimmt, steht sicher nicht im Verhältniß zu dem, was er an Gesundheit einbüßt. Wenn man absolut «nicht im Stande ist, die sem Uebelstand abzuhelfen, und auch nicht das Gkld für Bezahlung eines Privatinstitutes erschwingen kann, dann soll die Mutler sich lieber die Un bequemlichkeit auferlegen, das Kind noch ein halbes Jahr von der Schule / fern zu halten, ehe sie es krank und ! blaß werden läßt. Ferner soll die auf das Gemüth einzuwirken, noch auf das Herz des Kindes einen Einfluß ausüben. Die Volksschule lehrt ihr« Schüler eine vortreffliche Disciplin, bildet sie zu guten Rechnern, zu prak tischen Menschen heran, gibt ihnen «ine schöne, «nergische Handschrist und all gemeine Kenntnisse über die Geschichte und die Beschaffenheit ihres eigenen Landes, lehrt sie die englische Sprach« sprechen und fehlerlos schreiben, aber wenn trotz alledem wider Denler noch Gefühlsmenschen herangebildet, wenn manche körperlichen Schaden nehmen und geistig verrohen, dann ist dafür nicht die Schule, sondern das Haus, nicht die Prinzipalin und Lehrerin, sondern die Mutter verantwortlich. Sie muß ausgleichen, was die Schule zu thun übrig läßt, und darf weder ihr wachsames Auge schließen, noch die Hände in den Schoß legen, sondern unausgesetzt an dem Wohle ihrer Kin» der arbeiten, ob die Schule nun schließt sder beginnt.