Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, August 10, 1894, Page 6, Image 6

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    6 Zlntcr uns Krauen.
Zeit ist „nervös", man begegnet ihm
ffast ebenso häufig wie der Frage nach
!dem Wetter. Besonders aber die Da
lmenwelt hat sich des Wortes vollstän
dig bemächtigt, es ist ihr tägliches Ge-
Het, oder mindestens in ihr Taschen-
Vokabularium liebevoll eingeschlossen.
Auch würde jedes weibliche Wesen,das
nur halbwegs Anspruch auf eine Stel
könnte: „Ach, ich bin so nervös!" und
diesen Stoßseufzer überdies durch ihr
erregtes Wesen und ihre ganze Er
scheinung zu bestätigen im Stande
tväre.
Was ist nun „nervös", ist es eine
Modekrankheit oder nur ein modern
krankhafter Zustand, dem die zarten
Damen häufiger unterworfen sind als
die kräftigeren Männer? Ist es ein
körperliches oder ein seelisches Leiden,
ist es die unbedingte Folge des erreg
ten Nervenlebens unserer geräuschvol
len, raschlebigen Zeit, oder nur eine
bequeme Maske für schlechte Laune,
moralischen Katzenjammer und allerlei
körperliche und seelische Verstimmun
sien? Wenn ich als Frau für meine
Mitschwestern, ohne den allerleifesten
Anspruch an Wissenschaft, das Wort
„nervös" desiniren sollte, würde ich sa
yen, es ist ein Mixtum Compositum,
nn Gemisch von all' den genannten
peinlichen Zuständen. Ja, ich würde
t>ch weiter gehen und behaupten, daß
llle diese unliebsamen, unangenehmen
Zustände zum größten Theile nur in
der eigenen Einbildung der Damen
welt existiren, somit also auch die Ner
vosität vielmehr ein imaginärer als ein
wirklich bestehender Zustand ist. Und
ferner möchte ich die Ueberzeugung
aussprechen, daß die Frauen diese un
liebsamen, unangenehmen eingebilde
ten Zustände selbst erzeugen und her
aufbeschwören, daß sie also ihre eigene
Nervosität, unter der sie angeblich so
sehr leiden, heranziehen und schaffen
helfen. Wenn die sogenannten nervö
sen Frauen sich einmal ganz genau
selbst beobachten wollten, um zu erken
nen, wann und weshalb sie zumeist
„nervös" werden, so dürften sie wahr
scheinlich finden, daß die Veranlassung
der Nervosität im Bereiche ihres eige
nen Willens liegt, daß sie dieselbe also
bannen oder heraufbeschwören könnten
ganz nach eigenem Ermessen.
Z. B. Werden wir viele Damen
am Morgen ihres „Jour", wenn sie
rathlos von einem Zimmer in's andere
jagen, in der Küche backen, hier und
dort noch manches zum Empfang der
mit einem raschen Entschluß versiegen
zu machen, d. h. den „Jour" abzu
schaffen.
In einer anderen Familie finden
wir an einem heißen Junitage die lie
bende Mutter und ihre beiden heran
gewachsenen Töchter in Gesellschaft
einer Schneiderin und einer Hilfsar
beiterin in der Nähstube versammelt.
Journale. Stoffe. Bänder, Spitze»,
Futterreste, Stecknadeln, Bügeleisen,
Spulen, Oesen, Scheeren u. s. w. lie
gen umher, die Maschine rasselt. Alle
befinden sich in einer nervösen fieber
ten wir nun diese Abendtoilette eigent
lich aufputzen, ich weiß wirklich nicht,
welche von diesen drei Zeichnungen am
kleidsamsten ausfallen würde," sprich!
eine der Töchter. „Ach/ ich bitte Dich,
mm Gottes Wille» lasse mich endlich
in Ruhe, wähle Dir selbst etwas, ich
habe diese ganze wochenlange Schnei
derei herzlich satt und bin schon so
nervös davon, daß ich nicht mehr weiß,
wo mir der Kopf steht, und wann wir
endlich zur Abreise nach dem Hotel
fertig sein werden!" Auch hier hängt
es wahrscheinlich von dem Belieben der
geplagten Mutler ab, die Quelle dieser
Nervosität mit einem raschen Entschluß
versiegen zu machen, d. h. die Anzahl
der Toiletten zu verringern.
der Shopping-Tour heim, müde und
abgespannt wirst sie eiligst Hut und
Umhang ab, sie muß noch in der Küche
einem raschen Entschluß versiegen zu
machen, d. h. nicht so großen Werth
auf die schöne und moderne Toiletti
rung ihrer Kinder zu legen, und doch
bin ich fest überzeugt davon, daß alle
nervösen und Stimmungen
zu ertragen, als sich von so heilig ge
haltenen Dingen wie „Jours", Abend
toiletten und luxuriösen Kinderklei
dern zu trennen. Und alle diese
Frauen werden uns auf Befragen ein
miithig versichern, daß sie wed:r für
Empfangslage, noch complicirie Som
mertoiletten, »och luxuriöse Kinderbe
kleidung eine besondere Vorliebe hegen,
sondern daß sie einfach gezwungen
sind, in diefen Dingen mitzuhalten,
weil eben alle andere» Bekannten es
auch thun und man unmöglich eine
Ausnahme machen, noch hinter den
Anderen zurückstehen tann.
Und darin liegt meiner Ansicht nach
die unversiegbare Quelle der allerhäu
figsten Nervenleiden und nervösen Zu
stände unserer armen nervösen Frauen,
in dieser ängstlichen Ausrechthaltung
der Welt des Scheines, in der Pflege
eines unechten Luxus, der nur zu dem
einen Zwecke vorhanden ist, um die
Anderen zu blenden und zu täuschen.
Und Niemand hat den Muth dieser,
namentlich in Amerika bis zum Wah
nsinn durchgeführten Welt des luxuriö
sen Scheines, entgegenzutreten, sich da
von zu emancipiren und so seine eige
nen Nerven und die seiner Nachkom
men zu schone» und zu schützen: Jene
Frau, die weder Vorbereitungen für
den „Jour" noch für Sommer-Hotel-
Ausstattungen, noch für unvernünfti
gen Kindertand zu treffen hat, wird
all die damit verbundenen Nervenerre
gungen vermeiden und dadurch auch
de» Kindern den Anblick dieser an
steckenden krankhaften Zustände erspa
ren. Denn Nichls theilt sich so schnell
mit, als Nervosität; ist die Mutter ner
vös, so hat ihr zehnjähriges Töchter
che» sicher auch schon Nerven, und bis
es herangewachsen ist, steht es der
Mutter sicher nicht an Nervosität nach,
vielleicht übertrifft das zarte Fräulein
die Mutter sogar noch an nervöser
Reizbarkeit.
Ja, aber wo soll das enden? Wenn
all' die nervösen Frauen ihr nervöses
Treiben fortsetzen, ihre Nerven immer
mehr abspannen, da bleibt ja für die
kommenden Generationen nichts weiter
übrig, als gleich ebensovielen wandeln
den zerrütteten Nervenbündeln ihr ner
krank macht. Warum wären unsere
Großmütter und Ahnen trotz des gro
ßen Kindersegens nicht nervös? Weil
rend der Reise im Portemonnaie ge
habt! Die junge Frau reimte sich auch
die Sache richtig zusammen, und diese
Entdeckung hat die Freude des Wie
dersehens getrübt. Die Sonne
bracht es an den Tag!
Herr: Einen Sohn? Ist er Rau
cher?
Sicheres Mittel. A.t
Im Deiche der Mode.
scheinung einer Frau ist von bestimmen
dem Einfluß bei der Frisur. Es gibt
viele Frauen in den fünfziger Jahren,
also ohne Zweifel ältere Damen, die
so jugendsrisch und srohgemuih ins Le
ben schauen, daß es absurd wär«, woll
ten sie sich der herrschenden Mode ent
gegen srisiren. Selbstverständlich »Ver
den feinfühlige Damen jede auffallend«
Frisur, hängende Zöpfe u. dgl. oder
gar kurz geschnittenes Haar vermeiden,
iimsomehr, wenn vielleicht blühende
Kinder um si« her ein sichtbares Zeug
niß für ihr Alter abgeben. Es bleibt
den älteren Damen trotzdem noch sehr
viel Hübsches übrig, und sich nicht vor
zeitig alt machen.heißt noch lange nicht:
sich jung machen wollen!
Costiim aus Plissekrepp.
xrauen und bräunlichen Töne beliebt,
doch werden auch Reseda, Bronze und
Itablblau getragen. Einer besonderen
chinirte, verschwimmende Musterung in
den Stoffen. Diese Stosse und Far
ben werden ja freilich sämmtlich au^
Damen dunklen oder schwarzen Spitz, n,
Sammet, Stoffrollen und Passeinente
rieborten den Vorzug gibt. Die letzte-
Rock.
Kleid aus grauem Krepp.
In den beigefügten Illustrationen
fen und gelblichen Guipüreeinsätzen zu
sammengestellten Taille besteht. Letz
tere wird durch einen mit Rosetten aus
begrenzt.
Dem, einem Futterrock lose auflie
genden oberen Rock des hübschen Klei-
orangefarbenem Seidenstoff eingesetzt,
zwischen denen der Stoff leicht gerafft
erscheint. Die hinten glatte Taille aus
Krepp ist mit vorn, wie ersichtlich, in
Falten gereihten, am Taillenubschluß
leicht eingekräusten Vordertheilen ver
bunden und mit einem faltigen Steh
kragen von gleichem Stoff begrenzt.
Ein breiter Miedngllrtel aus Seiden
stoff, der vorn unter einer großen
Schnalle aus Goldbronze geschlossen
wird, sowie halblange in Doppelpuffen
arrangirte Aermel, welche ein Bandeau
von Seidenstoff umschließt, vervollstän
digen die Taille.
AnzugausKreppund Spitze.
Aus goldfarben und blau changeant
Kreppstoff besteht das für junge
Damen geeignete elegante Kostüm, wel
form gearbeiteten Rock mit einem brei
ten Plissevolant garnirt ist, dessen An
satz eine leicht eingekräuste Guipüre-
Krepp.
Die letzte Abbildung zeigt ein Ko
stüm aus grau und blau gestreiftem
Krepp, dessen Rock vor» längs der
Nähte mit schmalen Blenden verziert
Seidenstoff.
Eine neue Fisch-Art.
Alter Neger: Say, Mister, was
Bäckermeister Schmutzte (von A»t.
A., zur Zeit in Sommerboard): Oh,
ich angle blos aus Plaisir.
Alter Neger: Plaisir? Plaisir? Von
so 'nein Fisch hab' ich noch nie >ich ge
hört. Hier in dem alten Tümpel
Aal/ Schlanimpeitzgers und
Dich bitten um die Hand Deiner Toch
ter Sarah. Was wirste sagen?"
Seligmann: „Ich werd' sagen„n«in"!
wn^Cousin (a.bt >hm «i'i^chr-
?cr Unpli lind das Cardina!-
Colltgimii.
Mehr als 84 Jahre sind über das
Haupt des Papstes Leo des Dreizehnten
dahingegangen. Der ehrwürdige Greis
ist älter als der „eiserne" Kanzler Bis
marck und wenn gleich seine Lebens-
Tag doch nicht mehr fern sein, an wel
chem auch er der Natur d-n letzten Tri
but wird bezahlen müssen, Leo der
Dreizehnte, Gioachino Pecci, am 2.
März 1810 zu Carpinto Romano gebo
ren, ist der 264. Papst und am 2. März
1878 nach dem Tode Pius des Neunten
fassende wie energische Thätigkeit ent
wickelt? dieselbe trat aÄr in durchaus
milden Formen zu Tage. Durch die
Franchi, Jacobini zu Staatssecretären
bekundete er seine Versöhnlichkeit den
Mächten gegenüber, welche der katholi
schen Kirche entgegengetreten waren.
Als sein Hauptwerk muß die Beendi
gung des sogenannten Culturkampfes
in Preußen angesehen werden, aus wel
chem er als Sieger hervorging. Mit
im Jahre 1887 bemühte er sich, die
Reichstagsfraction des Centrums von
ihrer regierungsfeindlichen Politik ab
zubringen.
Leo der Dreizehnte.
Als er den päpstlichen Stuhl bestieg,
Gambetta's und Paul Bert's allgemein
populär und der Einfluß der Kirche
schwand immer mehr; ihm aber ist eS
Aber nicht nur als Pontifex marimus
der katholischen Kirche hat sich Papst
Leo der Dreizehnte in solcher Weise
gang des Hauses Saroten bedeuten
wird.
Es ist natürlich nicht ausgeschlossen,
dem Tode Pius des Neunten Niemano
an den Cardinal Pecci a!s dessen Nach
folger und doch wurde er gewählt. Im
Cardinalcollegium hat Cardinal Pa- >
rocchi zahlreiche Freunde, ebenso Si
meon!, Ja<obini, Banutelli, San Fe
lice. Der Letztere namnülich ist unter
P arocchi FeNc e.
seinen Collegen wegen seines liebens
würdigen Charakters ungemein beliebt,
doch wollen Eingeweihte wissen, daß
selbst seine vertrauten Freunde ihn nicht
für stark genug halten, um das von
Leo dem Dreizehnten begonnene Werk
weiter führen zu können. Alles in
Allem genommen, deuten alle Anzeichen
darauf hin, daß Rampolla der nächste
Tiaratäger sein wird.
zu Süicövaken.
Zwei Sätze sind es, die dem herrli
chen Bau, welcher auf dem Platze zwi
schen der Kirche und dem königlichen
Schlosse in der schönen Bäderstadt
Wiesbaden stolz sich erhebt, aus die
Stirne geschrieben sind: „Ich bin ein
deutsches Rathhaus" und „Wir kön-
Darin hat der sorgliche Geist des
Erbauers nach dem Vorbild unserer
weisen Aelterväter «inen kühlen, an
heimelnden Ort geschaffen, in welchem
diese Erfrischung bequem und ange
nekm stattfinden kann den Raths
keller. Ein lauschiges Plätzchen, ein
den Maler K. Kögler und H. Schütt
dazu gebraucht, die Ausgabe zu lösen.
in Wiesbaden ist unter dem Titel „Die
Wandmalereien im Nathskeller zu
Wiesbaden" ein Band erschienen, den
sehen Humors, ihrer hübschen, correc
ten Ausführung stets des allgemeinsten
Beifalls zu erfreuen gehabt haben.
Das Buch ist wirklich ein Schatztäst
fiöhlicher Skizzen und Reime. Einige
der gelungensten Bilder findet man in
den hier beigegeben?» Illustrationen.
Gewiß.
„In Karlsbad gewesen?"
„Ja."
„Viel abgenommen?"
„Gewiß! Soll ich Ihnen 'mal
die Hotelrechnungen zeigen?"
Müller (beim Kaffeeklatsch): Sagen
Frau Müller: Und was hat er Ih
nen geantwortet? Was sollen Sie an
Stelle der Milch benutzen? Frau
Schulze: Cream.
?er Zitderstan! in
Nall.
—
Wir sind in der alten Salz- und
ehemaligen Reichsstadt am Kocher
strand, Schwäbisch Hall.
Was die Chronisten von der Entste
hung der Stadt zu berichten wissen,
gehört mehr oder weniger dem Gebiet
eine Hauptrolle spielt Ein Graf des
Kochergaus so wird erzählt —, zu
dessen nicht allzu großem Gebiet auch
des Waldes bedeckte enge Thal des Ko
cherflusses gehörte, soll auf der Jagd,
wie ja Aehnliches häufig berichtet
wird, dem Wilde folgend, die „Salz
lache", das heißt die Salzquelle ent
deckt haben. habe an der Stelle
einige Wohnhäuser erbauen und Salz
sieden lassen.
Die Salzsieder dürfen wohl als die
erste und vornehmste Zunft und Ge
nossenschaft in Hall bezeichnet werden,
und auch für die Wehrkraft der alten
Reichsstadt waren die „Sieder", die
eine besondere Compagnie bildeten,
von ganz hervorragender Wichtigkeit.
Eine Chronik berichtet, daß die
Salzsiederssöhne, welche die Dorf
mühle einmal vor Brand gerettet hät
ten, jährlich 11 Scheffel Dinkel zu
j ungfer. >.
Am Nachmittag des Festtages schloß
Reichsstadt an Württemberg (1803)
18L2 bei der Einweihung der Eisen
bahn von Heilbronn nach Hall wieder
ins Leben rufen wollte, war man auf
Lehrmeisterin angewiesen, eine ehema
lige Siederstochter, die sechzig Jahre
früher noch mitgetanzt hatte.
Hauptl e u t e.
Ebenso wurde auch die originelle,
dert stammende Musik, welche zum
Marsch und Tanz der Haller Salzsie
der gespielt wird, vor dem Unteraang
bewahrt.
Die Aufführung des Tanzes ist fol
gende:
hen. Unter den Klängen dieser Musik
vollzieht sich der Aufmarsch der Paare,
die nun um die Spielleute einen Kreis
ziehen, in welchem man tanzt. Der
Tanzende nimmt die „Hofjungfer"
züchtig nur beim kleinen Finger und
kommt ihr auch während des Tanzes
niemals näher. Drei große Schritte,
Trommelwirbel, zwei kleine Schritte,
wobei sich der Siedersburfche gegen
die Hosjungfer kehrt so ungefähr ist
dieser Reihentanz, dabei durchaus
ernsthast und still. Freundlich dürfen
die Tanzenden schon sein, aber spre
chen oder gar lachen und jauchzen,
Frühreif. Papa: „Dies
mist!"
Äepfeln gewesen?" Kunz: „Ja,
und Ihnen hat die Diebesbande wohl
ScknupftUcher gestohlen eins lag