»«« (5. Fortsetzung.) hen. Alles schien ganz ruhig dort zu sein, und die Posten gingen langsam hin und her. Als wir näher kamen, sahen wir zwei oder drei von den Dienstboten des Präsidenten mit ihren gewöhnlichen Arbeiten beschäftigt. Ein Frauenzimmer wusch Johnny Carrs Blut mit Scheuerlappen und Wasser «innern auf, unfein Schreiner ich. Unsere Pferde den uns begleitenden Leuten übergebend, traten wir in's Haus. Schon im Flur begegneten wir dem Doktor. Es war ein schlaues, klei nes Männchen, Namens Anderson, und wenn auch ein persönlicher Freund des Präsidenten, doch kein ausgesprochener Anhänger einer der beiden politischen Parteien. dete er McGregor an, Mr. Carrs." „Nun, ist er todt?" fragte der Oberst. „Wenn das der Fall ist, hat er es nur sich selbst zu verdanken." Der Arzt nahm klugerweise davon Abstand, sich aus die Erörterung dieser Frage einzulassen, und begnügte sich mit der Mittheilung, daß Johnny nicht todt sei, sondern daß es ihm im Ge gentheil verhältnißmäßig gut gehe. „Aber," fuhr er fort, „Ruhe ist un bedingt nothwendig, und ich will ihn mit nach meinem Haufe nehmen aus der Unruhe hier heraus. Jetzt ist es ja allerdings ziemlich still hier, aber —" „Will er sein Ehrenwort geben, nicht zu entfliehen?" fiel der Oberst ein. „Lieber Herr Oberst," entgegnete de Arzt, „der Mann kann sich nicht rüh ren, und wenn's sein Leben gälte und jetzt schläft er." „Sie müssen ihn doch aufwecken, wenn Sie ihn fortschaffen wollen," er widerte der Oberst. „Aber Sie mögen ihn meinetwegen mitnehmen. Lassen Sie mich wissen, wenn er wohl genug ist, daß ich ihn sehen kann. Inzwi schen mache ich Sie für sein Verhallen verantwortlich." „Selbstverständlich," antwortete der Doktor. „Ich bin vollkommen bereit, jede Verantwortung für Mr. Carr zu übernehmen." „Schön, machen Sie, daß Sie mit ihm fortkommen. Nun wollen wir uns 'mal nach Whittingham um sehen." „Wäre es nicht besser, zunächst das Geld in Sicherheit zu bringen?" fragte ich. „Zum Teufel mit dem Geld!" erwi derte er. „Aber ich will Ihnen was sa gen ich muß etwas essen, ich habe seit zwölf Stunden nichts über die Zunge gebracht." „Das Frühstück kann im Augenblick aufgetragen werden," sagte einer der Bedienten, der ihn gehört hatte. Er führte uns in den großen Speisesaal, wo wir bald hinter einem vorzüglichen Mahl saßen. Als wir beinahe fertig waren, brach ich das Schweigen: „Was wollen Sie mit ihm anfangen?" fragte ich. „Am liebsten ließe ich ihn erschie ßen." „Aus welche Anklage?" „Verrath," antwortete er. Ich lächelte. „Das geht doch kaum, wie?" „Na, dann Unterschlagung von Staatsgeldern." Wir sprachen noch etwas über das Geschick des Präsidenten, und ich ver suchte den Oberst zu mildern Maßre geln zu überreden. In der That war ich fest entschlossen, einen solchen Mord zu verhindern, wenn ich es thun konnte, ohne mich selbst der Vernichtung aus zusetzen. „Nun, wir wollen die Sache überle gen, nachdem wir ihn gesprochen ha ben," sagte der Oberst, sich erhebend und eine Cigarette anzündend. „Bei Gott! Wir haben eine Stunde mit un serem Frühstück verschwendet, es ist Ich folgte ihm durch den Gang, und wir traten in das kleine Zimmer, wo wir den Präsidenten gelassen hatten. Die Wachen waren noch dort, sie hat ten es sich in zwei Lehnstiihlen be quem gemacht, und wenn sie auch nicht schliefen, sahen sie doch etwas müde aus. „Alles in Ordnung?" fragte der Oberst. „Zu Befehl, Excellenz," antwortete em«r.von ihnen. „Er liegt dort im Der Oberst trat in das Innere des Zimmers, öffnete die Läden und ließ die Morgensonn« ein. Dann traten wir der Oberst. Nachtmütze," entgegnete ich, denn des Präsidenten Kopf war in weißes Lei nen gehüllt. Rasch trat der Oberst an's Bett. „Betrogen bei allen Teufeln der Hölle!" rief er. „Es ist Johnny Carr!" Der Oberst schüttelte Johnny rauh „Na?" sagte er schläfrig. „Vergessen zerbrechlich bin." „WaS ist das für eine verfluchte Ge schichte? Wo ist Whittingham?" „Ad, McGregor," fuhr Johnny mit «!nem freundlichen Lächeln fort, „und Martin. Wie geht's alter Kerl? Jr s'nd fo'n Biest hat mich an den Kopf getroffen." „Wo ist Whittingham?" wiederholte S:r Oberst, Johnny wild am Arm- zer rend. „Sachte!" sprach ich, „er ist doch krank." Der Oberst ließ den Arm mit einem halblauten' Fluch fahren. „Quitt, was Oberst?" fragte John ny mit dem liebenswürdigsten Lä cheln. Der Oberst wandte sich den Wachen zu. „Habt ihr was mit dieser Geschichte zu schaffen?" fragte er streng. Die Leute versicherten auf's lebhaf teste, sic seien ebenso überrascht, wie er, und das waren sie offenbar auch, oder sie waren vollendete Schauspieler. Sie stellten entschieden in Abrede, derß iraend Jemand das äußere Zimmer betreten habe oder daß sie verdächtiges Geräusch im Schlafzimmer gehört hat ten. Sie verschworen sich hoch und theuer, sie feien beständig wachsam gewesen und hätten jeden Eindringling sehen müssen. Beide Leute gehören zu: persönlichen Dienerschaft des Obersten und er vertraute ihrer Ehrlichkeit voll kommen, aber auch ihrer Wachsam keit? „Die beiden Burschen," sagte Carr, als er das strenge Verhör vornahm, „haben sich nichts zu schulden kommen lassen, Oberst. Ich bin nicht dort her eingekommen. Wenn Sie hinter das Bett sehen, werden Sie dort eine zweit: Thüre bemerken. Dort haben sie mich hereingebracht. Ich ixar ein bischen verdreht und wußte nicht, was los war." Wir blickten hin und fanden die Thür, und als wir das Bett bei Seite geschoben und sie geöffnet hatten, be fanden wir uns auf der Hintertreppe des Hauses. Offenbar hatte der Präsi dent die Thür geräuschlos geöffnet und so das Zimmer verlassen. Aber wie war Carr hineingelangt, ohne daß es Geräusch gegeben hatte? „Alle fünf Minuten habe ich hinein gesehen," sagte jetzt einer der beiden P osten, der näher getreten war. „Er lag immer im Bett, während der ersten Stunde angekleidet. Beim nächsten Nachsehen war er ausgezogen, und es siel mir auf, daß er das sehr rasch und merkwürdig still fertig gebracht hatte, aber ich habe nicht weiter darüber nach der Doktor gekommen war." „Der Doktor!" riefen wir beide. „Jawohl, Herr Oberst, Doktor An „Er ist auch gar nicht in das Zim mer des Präsidenten General Whit tinghams aber er et etwas zu holen." Jetzt sahen wir, wie die Geschichte gemacht worden war. Der»niederträch- Spiele. Nachdem er festgestellt hatte, daß sie et er dies dem Präsidenten. Dann war er gegangen, um Johnny Carr fertig zu machen. Nunmehr hatte er des Präsi „Jch Hab's," rief der Oberst. „Der abgeschwindelt. Na, warte Doktorchen, wenn wir dich kriegen!" Wir eilten aus dem Hause und fan den, daß unsere Muthmaßungen zu treffend waren. Ein Mann, der als rer Pferde nach d«r Stadt zurück. Jetzt wurde unsere Aufmerksamkeit durch eine kleine Menschengruppe erregt, die am Sturmsignalpfosten stand. Als wir näher kamen, liefen sie eilig auseinan der, und wir sahen, daß ein Blatt Briefpapier an dem Pfosten befestigt war, worauf in wohlbekannter Hand schrift stand: „Ich, Marcus W. Whittingham, Präsident der Republik Aureataland, biete hiermit eine Belohnung von Fünftausend Dollars und völlig: nigen, welche George McGregor (frü her Oberst in der Armes von Aureata land) und JackMartin todt oder leben dig einliefern oder zu deren Ergreifung behilflich sind. Ferner erkläre ich, daß die genannten George McGregor und Jack Martin Berräther und Rebellen gegen die Republik sind, und daß ihr Leben verfallen ist. Jeder getreue Bür ger hat diesen Spruch bei Gefahr sei nes eigenen Lebens zu vollziehen. Marcus W. Whittingham, Präsidext." Das war ja äußerst nett! 11. C a p i t e l. Da die Kunst des Lesens, wie man sagt, in alle Classen der Gesellschaft eingedrungen ist, so gebe ich mich der Hoffnung hin, daß einige, die diese Chronik ihrer Aufmerksamkeit für werth halten, aus persönlicher Erfah rung im stände sein werden, die Em pfindungen eines Menschen zu verste hen, der die angenehme Entdeckung macht, daß auf seine Ergreifung eine Belohnung ausgesetzt worden ist. Aller dings hat unsere Polizei nicht die Gewohnheit, die nackte Brutalität des Präsidenten nachzuahmen und aus drücklich hinzuzufügen, „todt oder le bendig," aber man hat mir gesagt, daß das Gesetz den Dienern der Ge rechtigkeit diese Wahl imNothsalle auch überläßt. Ich schäme mich nicht ein zugestehen, daß durch diesen Parther pfeil Seiner Excellenz meinen Lebens geistern ein starker Dämpfer aufgesetzt worden war, und ich konnte deutlich wahrnehmen, daß die Geschichte auch den Oberst sehr beunruhigte. Als Fleance entwischt war, hielt Macbeth seine ganze Stellung für unsicher, und niemand, der General Whittingham kannte, wird daran zweifeln, daß er ein weit gefährlicherer Widersacher als Fleance war. Sobald wir sahen, daß die weißen Segel der „Sängerin" unsern Feind aus Unserem Machtbe reich entführten, fühlten wir beide, daß die Revolution noch nicht als glücklich vollbracht angesehen werden konnte. Allein die Ungewißheit, .wie lange unsere Macht dauern werde, lähmte keineswegs unsere Thatkraft; im Gegentheil, wir beschlossen Pfeifen' zu schneiden, so lange wir im Rohre faßen, und wenn es Aureataland be stimmt war, der Tyrannei wieder zu unterliegen, so war ich mir für meine Person ganz klar darüber, daß ich seine zeitweilige Befreiung mir zu Nutze machen könne und müsse. Als wir wieder im Goldenen Haus angelangt waren, verloren wir demnach keine Zeit, gründliche Ermittelungen über den Zustand der Finanzen anzu stellen. Wir durchsuchten dasHaus vom Dach bis zum Keller und fanden nichts! War es möglich, daß der Prä sident alleSchätze, die uns zu so patrio tischen Anstrengungen angespornt hat ten, mit fortgeschleppt haben konnte? Der Gedanke war zu fürchterlich! Die Schiebladen seines Schreibtisches und der in seinerßibliothek stehendeSchrank enthüllten unseren eifrig forschenden Blicken nichts. Eine nach dem Finanz ministerium gesandte Abtheilung (die nebenbei gesagt weder Doq Antonio noch Donna Antonia dort vorfand) kehrte mit der entmuthigenden Mit ben sei, als Bücher und Wechsel Spaß war, der für mich bei der Ge schichte herauskam. Der Oberst stand verdrießlich mit dem Rücken an dem Kamin und sah mich an, als ob ich für diesen Zustand der Dinge verant wortlich sei. In diesem Augenblick öffnete sich die uns ihrer persönlichen Beziehungen zu dem gestürzten Herrscher erinnern, nicht unnatürlich war. Als wir ihr aber von glaubt wohl, es wäre aus dem großen Eßtisch für euch aufgezählt. Kommt mit." stören, Mr. Carr," fuhr sie fort. „Sie „Muß ich aufstehen?" fragteJohnny. Wie zu erwarten war, stand ein Waschtisch im Zimmer. Das Möbel war so, wie man sie häufig sieht. Ueber der Marmorplatte Tapete zu schützen. Ich habe niemals ein unschuldiger aussehendes Stück Möbel erblickt, es hätte im Ankleide- Signorina trat herzu und schob es leicht beiseite, es lief auf Schienen! Dann drückte sie auf eine gewisseStelle der Wand, eine klein« Klappe sprang auf und ein Schlüsselloch ward sicht bar. „Den Schlüssel hat er natürlich mit genommen," sagte sie. „Wir müssen das Schloß aufbrechen. Wer hat einen Hammer?" Werkzeuge wurden herbeigeschafft, und nach den Anweisungen der Signo rina arbeitend, gelang es uns nach vie ler Mühe, ein nettes kleines, in die Wand eingemauertes Schränkchen frei zulegen. Auf der Außenseite stand in leserlichen Buchstaben: „Räthsel für halb kostete uns das Rathen des Räth lars. merkte ich. „Dieser alte, schäbige Fuchs," sagte der Oberst. Kein Wunder, daß die Hasenwerke sich in der ersten Zeit nicht bezahlt machten. Der Präsident mußte sie sehr bald zum Stillstand gebracht haben. „Was führt ihr Leute denn im Schilde?" rief Carr. lieber Junge," erwiderte ich, und wir zogen uns mit unserer Beute zurück. „Was wollen Sie nun machen?" „Was denken Sie denn?" fiel die Signorina ein. „Er wird Ihnen Ihr Geld auszahlen und den Rest mit sei ner aufrichtigen Freundin, Christina Nugent, theilen." „So wird's wohl sein," sagte der Oberst, „aber es scheint mir, daß Sie machen, Martin." „Lieber Oberst," antwortete ich, „ab gemacht ist abgemacht, und was hätten Sie wohl ohne mein Geld anfangen wollen?" Der Oberst theilte den Rest in zwei gefftti?" „Sehr richtig. Die Regierung des Obersten muß fortgeführt werden," stimmte ich zu. „Greulicher alter Bär!" flüsterte sie, tung des Waschtisches?" bemerkte ich. „Whittingham ist dumm genug ge wesen, sie ihr zu zeigen, ich mir," Hierauf machten wir uns an die Geschäfte. Diese anspruchslose Erzäh lung will keine vollständige Gesuchte übernehmen. „Wir können die Zinsen der wirkli chen Schuld nicht bezahlen," sagte er. Sie auseinandersetzen, daß infolge der Unterschlagungen des General Whit tingham die Zahlung eine Zeitlang geordnet werden Ossieicren umsehen. Ich muß sie bei guter Laune erhalten und die Leute auch. Ich werde noch Zehntausend springen lassen." „Großmüthiger Held!" erwiderte ich, „und ich werde hingehen und dies Geld der Bank erstatten." Es war zwölf Uhr, als ich das Gol dene Haus verließ und gemächlich Li berty Str. hinunter schlenderte. Der größere Theil der Truppen war zurück gezogen, aber einige Compagnien hiel ten die Piazza noch besetzt. Inmitten der herrschenden Aufregung ging die Bevölkerung auch ihren alltäglichen Beschäftigungen nach, und aus dem Aufsehen, das meine Erscheinung er regte, entnahm ich, daß etwas von dem Antheil, deg ich an den Vorgängen der letzten Nacht genommen hatte, bekannt geworden war. Die „Gazette" hatte eine Sonderausgabe veröffentlicht, wo rin sie das Morgenroth der Freiheit begrüßte, und wahrend sie McGregor bis in den Himmel erhob, gedachte sie auch mit warmyrAnerkennung „des ed len Engländers, der mit seiner angebo renen Liebe für die Freiheit die Sache von Aureataland in seiner Stunde der Wehen zu der seinigen gemacht hatte." Der Vergleich schien mir zwar nicht passend, aber die Empfindung, die da rin zum Ausdruck kam, war sehr lo benswerth, und als ich schließlich zwei Polizeibeamte auf dem Kopf eines Be trunkenen sitzen sah, der das gefallene Regime hatte hoch leben lassen, konnte ich, a»s ich das Bankgebäude betrat, zu mir selbst sagen: „In Warschau herrscht Ruhe." In stillschweigender Uebereinkunst ruhten an diesem glückverheißenden Tag alle Geschäfte, und ich traf Jones in der Bank müßig, aber in großer Unruhe. Ich erklärte ihm die Sachlage, zeigte ihm, wie der schändliche Plan des Präsidenten mich gezwungen ha be, eine mehr oder weniger thätige Rolle bei der Revolution zu spielen. Rührend war es zu hören, wie er die Schlechtigkeit des Mannes bejammer te, dem er getraut hatte, und als ich das Geld zum Vorschein brachte, seg nete er mich inbrünstig und schlug vor, sofort einen eingehenden Bericht an die Direktoren Ger die ganze Angele genheit abgehen zu lassen. „Sie sind verpflichtet, Ihnen eine Ehrengabe zuzuerkennen," sagte er. „Das weiß ich nicht, Jones," er widerte ich. „ich fürchte, es herrscht ein gewisses Borurtheil gegen mich im Hauptquartier. Jedenfalls bin ich ent schlossen, auf alle persönlichen Bor theile, die mir aus meinem Verhalten erwachsen könnten, zu verzichten. Mc- Gregor hat mir vorgestellt, daß der Credit vonAureataland, sei es auch noch so grundlos, schwer geschädigt werden würde, wenn die Welt General Whittinghams Pläne erführe, und er hat mich beschworen, die Einzelheiten geheim zu halten. In solchen Dingen, lieber Jones, dürfen wir uns nicht bloß durch Rücksichten auf unseren ei genen Bortheil leiten lassen." „Da sei Gott vor!" rief Jones tief gerührt. „Ich habe deshalb eingewilligt, mich mit einer vertraulichen Mittheilung an die Direktoren zu begnügen? sie müssen selbst beurtheilen, inwieweit sie dann den Aktionären gegenüber Gebrauch machen dürfen. Der Welt im Großen werde ich von dem zweiten Anleihen pflichten, daß Sie dies Geld als-das Ergebniß im gewöhnlichen Geschäfts verlauf eingetretener Rückzahlungen behandeln. Die gegenwärtigen Ujiruhen machen «s vollkommen «rklärlich, daß wir eine so große Summe eingezogen haben." „Ich weiß nicht recht, wie ich das machen soll." „Ah, Sie sind überarbeitet, lieber Jones," antwortete ich. „Ueberlassen Sie alles nur mir." Es gelang mir, ihn dazu zu überre den. Die Rückzahlung dieses Geldes war ihn thatsächlich eine solche Erleichte rung, daß unschwer mit ihm fertig zu werden war, und wenn er ja etwas arg wöhnte, wurde er durch meine gegen wärtige hervorragende Stellung ein geschüchtert. Er schien zu vergessen, daß der Präsident ohne Zweifel die ver hängnißvolle Kabeldepesche noch in Händen hatte. Nach dem Frühstück fiel mir meine Verabredung mit der Signorina ein. Ich setzte meinen Hut auf und wollte dem Geschäft für heute Lebewohl sa gen, als Jones mich aufhielt. „Da ist ein Briefchen für Si? ge kommen, Mr. Martin," sagte er. „Ein kleiner Junge hat's gebracht, während Sie beim Frühstück saßen." Er reichte es mir, ein kleiner, schmutziger Umschlag mit einem unor thographifchen Gekritzel als Aufschrift. Gedankenlos riß ich es auf, allein als meine Augen nun die Handschrift des Präsidenten erblickten, fuhr ich erstaunt empor. Das Briefen war „Sonn abend, an Bord der Sängerin" datirt und lautete: »Mein lieber Mr. Martin! Ich muß gestehen, daß ich Ihren Muth und Ihr« Fähigkeit unterschätzt habe. Wenn Ihnen etivas daran gele gen ist, sie von jetzt an mir zur Verfü gung zu stellen, werde ich sie annehmen, andernfalls muß ich Sie aus meine öf fentliche Bekanntmachung verweisen. Auf jeden Fall wird es gut sein, wenn Sie erfahren, daß McGregor Signo rina Nugent zu Heirathen beabsichtigt. Ich fürchte, es wird bei meiner Rück kehr kaum mit meinen Pflichten gegen das Staatswohl vereinbar sei, daß ich Sie am Leben lasse es sei denn, Sie nehmen mein gegenwärtiges Aner zurückdenken und Ihnen eine Thrän: weihen. Ich habe, wenn' Sie mir gü tigst gestatten wollen, das auszuspre chen, selten einen jungen Mann getrof fitzt. Ich werde diese Nacht fünf Meilen von Whittingham ankern denn ich weiß, daß ihr keine Schiffe habt. Wol- Glauben Sie, lieber Martin, daß ich es aufrichtig meine, wenn ich mich nenne Ihren treuergebenen Marcus W Whittingham, Präsident der Republik irgend Jemand gesagt hat, „laudari a laudato viro", und das Lob des Präsi denten war mir eine große Befriedi gung. Allein ich vermochte keinen Weg zu entdecken, wie ich mich seinen Wü nschen anpassen sollte. Von dem Geld sprach er nicht, aber ich wußte sehr wohl, daß seine Wiederherausgabe die mir sein würde. Ferner wußte ich eben so bestimmt, daß er gleichfalls Signo rina Nugent „zu Heirathen beabsich tigte", und wenn es nöthig war, daß ich einen Nebenbuhler an Ort und Stelle hatte, dann war mir McGregor aber bedachte ich, daß man doch in al len Dingen einen gewissen Anstand wahren muß, und daß es besser wäre, wenn ich meiner Partei treu bliebe. theilung von dem Brief. Ich schrieb ihm nur ein paar Zeilen und sagte ihm, ich habe zuverlässige Nachrichten, daß „die Sängerin" nur wenige Mei len entfernt kreuze, und daß er vorsich tig sein möge. ich meinen unterbrochenen Weg zur Signorina wieder auf. Sie begrüßte mich sehr freundlich, als ich eintrat. „Ich habe einen Brief vom Präsiden ten," begann ich. „Ich weiß," entgegnete sie. „Er hat mir mitgetheilt, er habe an Sie ge schrieben." „Sie haben also auch von ihm ge hört?" „Ja, ein ganz kurzes Briefchen. Er ist sehr böse auf mich." „Das finde ich begreiflich. Möchten Sie meinen Brief sehen?" „Ach ja!" rief sie lebhaft. „Nim. werden Sie zu ihm überge ben mich verlassen?" fragte sie, als sie den Brief durchgelesen hatte. „Wie kannst Du das fragen? Willst Du mir Deinen Brief nicht auch zei gen, Christina?" „Nein, Jack," antwortete sie, meinen leidenschaftlichen Ton nachahmend. „Ich kann wohl die Ersparnisse des Präsidenten stehlen, aber sein Ver trauen ist mir heilig." „Du siehst, was er über McGregor ist nichts Neues für mich, wie Du weißt. Aber, sonderbar, der Oberst ist eben selbst hier gewesen und hat mir dasselbe gesagt. Der Oberst hat keine nette Art, seiye Liebe zu zeigen, Jack lange nicht so nett, wie Du." Das ermuthigte mich. Ich setzte mich neben sie und, ich glaube, ich ergriff ihre Hand. „Du liebst ihn nicht?" „Ick habe Dich sehr gern, Jack," daß Du meinetwegen eine Revolution angestiftet hast. Es war doch meinet wegen, Jack?" „Aber, weißt Du, Jack, ich sehe nicht Oberst. Der Oberst erklärt, er wolle mich heute in acht Tagen Heirathen!" „Das wird sich finden," rief ich wü thend. „Wieder eine Revolution, Jack," fragte die Signorina. „Du brauchst mich nicht zu verspot ten," entgegnete ich ärgerlich. „ArmerJunge! Was soll ein so idyl anfangen?" „Ich glaube, Du nimmst die Sache gar nicht ernst." „O doch, Jack, wirklich jetzt." Dann fuhr sie mit einer Art spielen den Mitleids fort: „Sieh mich an. Du wilder, eifersüchtiger Jack mit dem ge küßte sie. „Willst Du mir treu bleiben, Du Süße?" flüsterte ich glühend vor Lei denschaft. „Laß mich gehen," entgegnete sie, und als ich aufstand und mich ärgerlich auf einen Stuhl warf, beugte sie sich über mich: „So lange es dauert, ist es ganz hübsch, aber versuch' es, nicht zu verzweifeln, wenn's nicht von Dauer ist." „Wenn Du mich liebst, warum willst Du mir nicht aus diesem Siindenpfuhl folgen?" „Mit Dir durchgehen?" fragte sie mit unverhohlenemErstaunen.„Glaubst Du. wir Zwei wären die Leute für ei ne romantische Entführung? Ich bin ganz von Erde, und das bist Du auch, Erde, Jack." Es lag viel Wahrheit in dieser Be merkung. Wir waren kein Paar für das Ideal der Liebe, die sich mit der kleinsten Hüte begnügt. »Ja," sgate ich, „Geld' habe ich nicht." habe Schulden bezahlt," fügte sie stolz hinzu. l (Fortsetzung folgt.) Ter gcstielttt« FnchS. Der «slte Oberförster Trimborn legte fen, «ine neue Jagdgeschichte zum be „Von der Schlauheit des FuchstS hat man Ihnen gewiß viel erzählt, meine Herren aber von dem Grade der Schlauheit Meiste» Reineckes ma chen Sie sich trotzdem kaum «in rechtes Bild. Als ich noch unten in Meuts hatte. . Die Hühner waren die ganze Freude meiner Alten. Denken Sie sich als» plötzlich ihren Aerger.als einesMorgenS Fritzchens Stiefel mutterseelenallein! Wie kamen die Stiefel dahin? Der Fritz hatte sie nicht dahingetragen, die abgestattet habe. Aber es fehlte nichts lieben Gottes Heerrufer bei demselben. Na also 'raus und potz Rehzie mer und Wildschweinskopf! wieder auf den Pelz brennen zu können. Wie, wenn Meister Reinecke der „Geist" wäre? Der Gerichte mußte sagen, leg' ich mich Abends in's Bett. Als alles um mich herum schläft, steh' ich auf und geh in den Holzstall, der neben dem Hühnerstall liegt, lass' die Thür ein paar Fingerbreit offen und Warte nun. Schöner Mondschein war's! Und im Mondlicht seh' ich plötzlich drüben am Waldrand den Fuchs. Er wittert herüber und da er nichts Verdächtiges merkt, kommt er in sachten Sprüngen auf den Hof. Und wohin läuft er? Auf die Hinterthür zu, klinkt sie auf und husch husch, ist er hinein! In einer riesigen Neugier wart' ich. Und was geschieht, meine Herren? Gleich kommt er wieder heraus, im Maul die Stiefel, die Jacke und Mütze meines Fritzchens. Legt alles sein säuberlich auf die Schwelle und ver schwindet noch einmal im Hause, um gleich darauf mit einem Stück Brod im Maul, das der rothe Schuft aus der Küche geholt hatte, zurückzukehren! Nun denken Sie mein Erstaunen, meine Herren! Setzt sich der Fuchs auf die Schwelle, zieht meines Fritz chens Stiefel an, sein Jacket und setzt seine Mütze auf. Und darauf tritt er sorgfältig seine eigenen Spuren aus! Aber was will er mit dem Brod? Als er alle Spuren ausgetreten hat, kommt er zurück, holt das Brod, schiebt deir Riegel vom Hühnerstall zurück, brö ckelt wahrhaftig Brod hin und lockt da mit die vom Oeffnen der Thür erwa» chenden Hühner an. Die ersten, die herauskommen, halten den Fuchs für mein Fritzchen und picken darauf los. Diesen Moment hat der schamlos« Räu ber nur abgewartet. Schwipp schwapp, packt er zu und zwei der be sten Hühner liegen in ihrem Blute zap pelnd am Boden. Und damit die übri gen nicht Lärm machen, schlägt der Fuchs erst wieder den Hühnerstall zu und schiebt den Riegel vor, ehe er mit seiner Beute verschwindet. Am Wald rand zieht er Stiefel und Jack« aus. schüttelt sich die Miike von d-n Ohren und verschwindet mit seiner Beute im Dickicht. Na am nächsten Abend hab' ich mir den Monsieur geholt, ehe er die Stiefel anziehen konnte! "Aber das Merkwürdigste kommt noch. Von Stund' an' konnten die Hübner mein Fritzchen nicht mehr lei den wenn er sich auf dem Hühner- Hof blicken ließ, sielen sie über ihn her. Und doch hatte die Sache ihr Gu tes. „Wieso? Warum?" hallte es in der Runde. „Ich hatte aus dem Fuchspelz für mein Fritzchen eine Pudelmütze machen lassen. Bon Stund' an war er der fchlaueste Bengel im ganzen Dorf!" schloß, sich erhebend, Oberförster Trim» born seine wahre Geschichte. 3