Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, May 04, 1894, Page 6, Image 6

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    6 Immer praktisch l
Humoreske von I. H.
„Zu Erna's Ankunft möchte ich gern
«inen Schichtluchen backen; er schmeckt
gut und bleibt länger frisch als Topf
kuchen oder Butterteig! Was meinst
Du dazu, liebe Mama?"
„Ja, mein Kind, das wäre wohl
das Beste, aber wir besitzen keine
Schichtluchensorm!"
„O, das ist nicht schlimm, da schi-
cken wir zu Bär's und leihen uns «ine!
Nicht wahr, Männchen, Du kannst den
Wilhelm zwei Stündchen «ntbehren, er
reitet nach Gertlauken hinüber und
bittet um die Form."
„Eigentlich sollte er Häcksel schnei
den, aber was die Frau will, will
Gott," war des Hausherrn Antwort.
Man erhob sich vom Mittagstisch,
wünschte sich gegenseitig nach ostpreu
ßischer Sit!« „«ine gesegnet« Mahl
zeit" und ging seiner Beschäftigung
nach. Kurze Zeit darauf öffnete Herr
von Demski die Thür des Wohnzim
mers,in welchem sichFrau und Schwie
germutter befanden, und theilte ihnen
mit, daß der Braune gesattelt und
Wilhelm draußen sei, um ihrem Wun
sche gemäß nach Gertlauken zu reiten.
Um es Wilhelm recht ans Herz zu le
gen, die Botschaft gut auszurichten,
gingen alle Drei hinaus.
wöhnlich. Gesicht als ge
helms Antwort.
nicht. Sieh' Wilhelm," wandte sie sich
kannst ja die Schichtkuchenform gar
mich! vergessen, wenn Du denkst, daß
jetzt bald Weihnachten kommt und Du
eine Schicht Kleider erhältst!" Damals
erhielten in Ostpr«ußen die Knechte
auf dem Lande außer einem Geldge-
Kleider!"
gähnte herzhast, setzte sich bequem in
ihren hübschen Schaukelstuhl, schloß
die blauen Augen uud versuchte, ein
turen besaßen eben kein Verständniß
dafür, wie stolz er zu Pferde saß. Es
war auch gewiß nicht schön von der
linken Ohre saß, und rief die jetzt vor
ihm stehende Alte herablassend an:
„Tag ooch, Liese!"
Perd an'u Werleldag? Du häst woll
all' ob Di lure!" Mit diesen Worten
schnell weiter. ,M IZ man bloZ Neid
bei die Olle," beruhigte er sich, „un da
draus derf man sich nischt maaken."
wie sonst, einen feinen Schnaps dazu
geben würde, und wie leicht es doch ei
gentlich sei, solche Bestellung zu
machen, bei der man einzig und allein
an die Schicht Kleider zu denken
habe.
Jn Gertlauken saßen Herr und
Brau Bär gemüthlich am Kaffetifch.
Letzte« schaute durch das Fenster, von
welchem Man den Gutshof und die
schöne, alte Buchenallee, die zu demsel
ben führte, überblicken konnte. „Was
ist denn das für ein possierlicher Rei
ter, der dort, halb im Sattel hängend,
ankommt?" fragte sie ihren Gatten.
Dieser blickte hinaus und sprach: „Ge
wiß irgend eine Bestellung von Nach
barn, werden's ja hören!" Einige Mi
nuten später trat das Stubenmädchen
herein und meldete: „Herr und Frau
Lieutenant v. Demski aus Dragehnen
lassen herzlich grüßen und um eine
Schicht Kleider bitten."
„Was?" polterte Herr Bär heraus,
„eine Schicht Kleider? Bei Dir rappelt
es wohl?"
„Ich muß doch bestellen, was der
Wilhelm aus Dragehnen gesagt hat."
hen, was der Junge eigentlich will,
denn das mit der Schicht Kleider, das
ist doch reiner Unsinn!"
Doch nach «inigen Augenblicken
kehrte er wieder ins Wohnzimmer zu
rück, schüttelte den Kopf und sagte et
was kleinlaut zu seiner Frau: „Ja, ja,
es ist so richtig, Mielchen, sie wollen
eine Schicht Kleider, na, das verstehe
ein Anderer!"
„Nun, lieber Mann, das ist gar nicht
so sonderbar, wie es den Anschein hat;
gewiß ist Demski nach Braddau zur
Taufe eingeladen; aus seinem Hoch
bitten!"
„Hm, hm, die Sache will mir nicht
recht in den Kopf, aber Du könntest
wohl recht haben, Frauchen. Dabei
fällt mir eben ein, es ist in diesen Ta
gen große Jagd in Wartnicken, und
Demski weiß, daß ich meines leidenden
„Aber wie steht's denn nun mit dem
Anzug für die junge Frau?" fragte
der Gutsherr.
„Mit dem ist's eben nichts, Alter
wöhnst Deine Alte, für Dich bin ich
sie wünschten."
„Unpraktisch? Mielchen, wie lannst
Nach kurzer Zeit ritt Wilhelm, wel
nicht verrechnet hatte, mit einer Hut
schachtel und zwei Packeten beladen, lu
stig heimwärts.
reichte Wilhelm den Damen zuerst die
Hutschachtel, dann die Packete, bestellte
eine Empfehlung der Gertlauier Herr
rerunglückten Idee ihrer Mama lachen
sollte, zog aber schließlich das Letztere
vor. Ihr Mann aber ritt selbst »ach
ihn mit ihrer Verachtung strafend, den
liopf zur Seit:.
Blumenmädchen.
Aus ihrem unerschöpflichen Füll
horn hat die anmuthige Flora ihre
lieblichen Gaben in verschwenderischer
Weise über unser großes Land ausge
schüttet. Die Kunst des Gärtners hat
auszunutzen verstanden und die präch
tige Mannigfaltigkeit unserer Blumen
durch zahlreiche neue Arten vermehrt.
Der Reichthum an duftenden und far
benprächtigen Kindern FlorenS ist
nicht auf den sonnigen Süden und den
gesegneten Goldstaat am Gestade des
StillenOceans beschränkt,auch in jenen
Gegenden, in welchen der grimmige
Boreas zu den regelmäßigen Gästen
gehört, wird die Blumencultur mit
großem Erfolge betrieben. Wenn Eis
und Schnee dort das Land unwirthlich
machen, müssen die zarten Pflanzen
freilich in Treibhäusern untergebracht
werden, allein die geschickte Hand des
Welt, welche sich im Strudel der Ge
sellschaft bewegt, der Blumen mehr,
als zu anderen Zeiten.denn trotz Sam
met und Seide und Edelsteinen bilden
sie doch den lieblichsten Schmuck sür
«ine junge Schöne. In keiner größe
thum an den prächtigsten Blumenarten
mit den Rivalen in den alten Kultur
ländern einen Vergleich wohl aushält.
Unsere junge Cultur huldigt wohl der
lieblichen Flora, allein ein anmuthi
ges Blumenmädchen hat sie noch nicht
hervorgebracht. Den Damen, welche
ihr«n Bedarf aus einem Laden oder
direct aus einem Treibhause beziehen,
mag dieser Mangel weniger aufgefal
len sein, als dem „Herrn der Schöp
fung", welcher sein Knopfloch mit
einem bescheidenen Sträußchen zu
schmücken liebt. Welch' ein gewaltiger
Contrast in dieser Hinsicht zwischen
den Großstädten unseres Landes und
denjenigen in dem alten „verrotteten"
Europa! Von hübschen, graziösen
Blumenmädchen, welche ohne sreche
Aufdringlichkeit und mit bescheidenem
Anstand ihre duftende Waare feil bie
ten. ist bei uns keine Spur zu finden.
Wenn man einem schmieri
gen Stiefelputzer, der an Sonntagen
eine Hand voll dyspeptisch aussehender
Nelken als „Side line" zu seinem Ge
schäfte mit sich führt, ennuyirt wird,
ist es ein unsauberes Mädchen im kur
zen Kleidchen, das mit weinerlicher
Stimme auf der Straße oder in der
Kneip- dürftige Sträußchen zum Kauf
anbietet. Es ist ohne alle Frage recht
brav, daß die Kleinen auf ehrliche
Weise einige Cents zu verdienen su
chen, allein der Contrast zwischen den
duftenden Kindern Florens und den
Straßenarabern ist doch zu groß, daß
er nicht in di« Augew springen sollte.
Fesche Wienerin.
Viel Chic und Geschmack bekunden
die Pariser Blumenhändlerinnen, wel
che ihre duftenden Waaren unter vol
lendeter Beachtung der Farbeneffecte
in ihren Verkaufsständen zu arrangi
ren oerstehen. Das Auge des Passan
ten wird durch die Farbenpracht in un
widerstehlicher Weise gefesselt und die
zuvorkommendenMädchen können steis
sicher sein,ihre Sträußchen gegen einen
guten Preis an den Mann zu bringe».
Diese Blumenmädchen beschränken ih
j
/
Berliner Blumenhänd
lerin.
oder durch Aufdringlichkeit lästig zp
fallen, deren Interesse für ihre ge
schnittenen Blumen, Bouquets, Topf-
pflanzen zu erregen, zum Beschauen
!wie Bewundern zu animiren verstehen
und ihren Zweck, die Kauflust wachzu
rufen, stets unfehlbar erreichen. Sie
lernen auch in kurzer Zeit den indivi
duellen Geschmack ihrer Kunden ken
nen und befriedigen.
In der deutschen Reichshauptstadt
an der Spree fallen dem Fremden ge
wiß viele ältere Frauen auf, welche mit
einem Körbchen voll kleiner Sträuß
chen, die sich mehr durch ihren Duft,
als durch ihre Farbenpracht auszeich
nen, die Straßen durchwandern und
in allen öffentlichen Localen zu finden
sind. Fehlt diesen antiguirten „Blu
menmädchen" auch die Mtractivität
der Jugend, so befleißigen sie sich doch
der skrupulösesten Sauberkeit. An
halberwachsenen Mädchen, die mit
Blumen Hausiren, fehlt es übrigens in
Berlin auch nicht. ,
Schmucke Vierländerin.
Ein gewaltiger Contrast besteht zwi
schen der Berliner und der Hamburger
Blumenhändlerin. In der letztge
länder-Tracht, dem kurzen buntfarbi
gen Rock, der blendend weißen Schürze
und dem eigenthümlichen Kopfputze, in
bescheidener Weise ihre Blumen feil bie-
Sträußchen anpreisen.
Wer das heilige Rom besucht hat,
wird aus Erfahrung wissen, daß sich
dies von den dortigen Blumenmädchen
gerade nicht sagen läßt. Die schwarz
äugigen und schwarzlockigen Kobolds
fallen wie ein Cyclon über den Frem
den her und unter verwirrendem Ge
plapper werden ihm oft von einem hal
ben Dutzend Hände zugleich lieblich
duftende Veilchen dargeboten. Wer
einmal unter diese Mädel geräth,
kommt nicht ohne «in kleines Opfer da
von. Allein trotz ihrer Zudringlich
i '
Römisch« Kobolde.
keit, die sich durch ihr heißes südliches
Blut wohl erklären läßt, machen die
Natur, sie muß einen Blumenschmuck
laben und ein solcher ist ihr «in Lebens
bedürfniß, wie das goldene Sonnen-
Augen mehr, als Worte vermögen.
Ihre Zunge ist dagegen stets distret.
Ist ein amerikanisches Blumenmäd
chen überhaupt denkbar? Diese Frage
ist oft verneint worden. °Es wird be
hauptet, daß ein junges Mädchen unse
res Landes, welches auf der offenen
Straße ihren Lebensunterhalt zu ver
gire Zeit im Auslande gelebt haben,
sind der Meinung, daß die jungen
Schönen unseres Landes durch ihre
Sucht nach „Flirtations" von ihren
Schwestern jenseits des großen ZZassers
affaren in den vornehmen Clubs der
großen Städte mit Blumendecoratis-
nen getrieben wird, ist enorm. So
bald deiartige Festivitäten vorüber
sind, werden di« meistens kostbaren
Blumen von den dienstbaren Geistern
Graziöse Spanierin.
sorgfältig gesammelt, sortirt und auf
gefrischt, um am folgenden Morgen an
dem Busen eines flotten Ladenmäd-
New Uork und anderen großen Städ
ten gibt es Leute, welche diesen Zweig
des Blumenhandels als besondere
'ben.
R«»aktton»geheimntffs«.
Bon Jenny Neumann.
„Ein schriller Pfiff ertönt, der Zug
verläßt langsam die Halle, er entführt
zwei Glückliche in's blaue Wunderland
Italien."
Die Feder fiel aus meiner Hand, ein
Seufzer der Befriedigung entschlüpfte
meiner Brust. Meine Blicke hasteten
voll stolzer Zärtlichkeit auf einem an
sehnlichen Stoß beschriebener Bogen.
Wie kam es nur, daß die einfache Ge
schichte so groß geworden! Das war
einzig die Schuld der häuslichen Cen
sur. Unter den wenigen Autoren, de
ren Werke nicht der Confiskation an
heimfielen, erglänzte Walter Scott,
der schottische Barde, und in dem unge
schickten Versuche, seine prächtigen,aber
langathmigen Schilderungen zu imiti
ren, widmete ich einer Pariser Prome
nade-Toilette vier eng geschriebene
Seiten. Und die Garderobe meiner
Helden war reichlich bestellt, wie meine
zukünftigen Leser aus der im Ca
pitel enthaltenen Strafrede des em
pörten Gatten erkennen werden. Um
gendsten Erfordernisse an Spitzen und
Bändern. Bei meinen Handschuhen
ward Knopf um Knopf zum Heile der
Muse unbarmherzig weggelassen. Alle
unvergänglichem Dichterruhm ihren
ihren Lohn finden. Knisterten die
Blätter meines Manuskriptes, war's
mir, als ob der Wind in den Lorbeer
hainen rauschte; nur kurze Zeit, und
das Symbol, das im südlichen Himmel
grünte und blühte, es sollte meine
Stube zieren! Allein das Schroben
genügt nicht, um die stolzen Träume
zu verwirklichen, man mußte meinen
Roman auch drucken, und der Ent
schluß stand fest in mir, daß keiner je
ner engherzigen Verleger,deren Aengst
lichkeit schon so manches ausblühende
Talent zur Verzweiflung getrieben,
mein Urtheil sprechen sollte. Ich kannte
einen besseren Weg die Spalten
eines großen Journals. Die Wahl
desselben machte mir einige Schwierig
keiten. Das eine Blatt hatte sich der
Hexe „Politik" anheimgegeben und ließ
die interessanteste Romansortsetzung
nicht selten einer langen Parlaments
rede weichen, das andere wieder hatte
den Sinn seiner Leser auf bluttrie
fende Senfationsromane gestellte Ich
schwankte. Da las ich eines Tages in
meinem Lieblingsblatte an betreffen
der Stelle die Worte? „Schluß folgt,"
und nun war das Loos entschieden.
Hoch über dem Leitartikel fand ich
die Adresse der Redaktion verzeichnet,
und kurz darauf stand ich vor dem gro
ßen Hause, und hielt einen Augenblick
stille, mich dem äußeren Eindruck hin
gebend. Da hinter den hohen Fen
stern hausten die gestrengen Herren.von
deren Machtwort Wohl und Wehe mei
ner Schöpfung abhing. Hochllopfen
den Herzens schritt ich die Treppe hin
an und wandte mich mit unendlicher
Ehrerbietung an den imCorridor wan
delnden Redaktionsdiener um Aus
kunft. Der Mann maß mich und mein
Manufcript init Kennerblicken, wußte
sofort, wo wir Beide hingehörten, und
öffnete mir eine Thüre. Nach einem
Mißlungenen Versuche, einen Gruß zu
stammeln, schlugen einige Worte an
mein Ohr, ich war allein in der
Höhle des Löwen. Meine Blicke bohr
ten sich am Fußboden fest, und merk
würdiger Weise zogen mir Gedanken
durch den Sinn, die mit meinem heuti
gen Geschäfte gar nichts zu thun hat-
lch war empört, daß die Beine
Herr Redakteur maß schlln die äußere
Form mit kritischen Blicken, als ich
aber dann in rührender Naivetät
nes zu yxilen, und rüstete zur Flucht.
.In meiner namenlosen Angst war mir
bis nun jeder Redakteur in der Gestalt
eines Währwolfes erschienen, und so
war denn die wirkliche Persönlichkeit
ganz programmwidrig. Ohne Gewis
sensskrupel sixirte der gestrenge Richter
als Termin der Entscheidung volle vier
Wochen.
Ich war pünktlich. Von Bürsten
abzügen wußte ich damals noch nichts;
so schmeichelte ich mir, die ersten Capi
vorräthig zu finden. Ich war vorbe
reitet, dein Herrn Redakteur für seine
Abonnenten meiz>e Biographie zur
Verfügung zu stellen, und schämte mich
innerlich, daß mein Lebensweg sich so
einfach gestaltet. Bei meinem zweiten
Besuche in der Redaktion war mein
Respect für den Diener bedeutend ab
geschwächt, ich wußte einen Namen zu
nennen, und das verlieh mir Sicher
heit. Der Herr Redakteur theilte mir
ohne irgend ein Zeichen reuiger Zer
knirschung mit, daß er noch nicht Zeit
gefunden, das Ding zu lesen. Ver
wundert über diesen Mangel an Neu
doch aus Widerstand. Der Herr Re
tritt Habens schwur, daß „das Uneröfs
nete" auf dem Schreibtisch mein Erst
lingswerk sei. Gewissenhaft berichtete
Lohn meiner Aufrichtigkeit gab mir
der Herr Redakteur <inige hochinteres
sante Daten aus Hamlet's Privat
leben. Der Herr Redakteur erzählte,
daß er recht häufig in dessen Gesell
schaft sein Bier trinke, und daß eine
Volksschülerin kaum im Stande wäre,
die geleerten Gläser des Künstlers zu
addiren. Ich erwachte aus meinem
Plaudern. Als ich eines Tages die
Treppe hinabschritt, blieb ich entsetzt
stehen. Ich hatte diesmal vergessen.
Der Wind fuhr eisig über die Land
schaft,schneebedeckte Bäume undSträu-
Park schritt. Ich schwieg. Das
aus treuen Augen lachte es mich an,
als schiene lind die Maiensonne; heiße,
sehnsüchtige Liebesworte drangen an
Sang der Nachtigall. Der erste Lie
beskuß,der auf meinen Lippen brannte,
berauschte mich gleich Blumenduft,
nes Herzens. ,
Die Mittagsstunde hatte geschlagen,
aus der Küchenregion kamen schreck
liche Berichte über den desolaten Zu
stand des Mittagessens. Ich studirte
die wohlbekannten Tritte im Vorzim
mer. Gewaltsam hielt ich mich am
Tische fest, um meinem Gatten nicht
entgegenzueilen, doch blieb ich stand
haft. Der Schuldbewußte ließ den
traurigen Ueberresten edler Kochkunst
Lobeshymnen ertönen, als gelte es den
Trillern der Patti, den Todesseufzern
der schlanken Sarah Bernhardt. DieS
erschien meinem Hausfrauenherzen als
müthszustand. Als die ungemüthliche
Mahlzeit zu Ende, zündete mein Gatte
eine Cigarre an, und die Erklärungen
begannen.
Entschuldigungen entgegennehmen?"
„Für solches Vergehen gibt's keine
Entschuldigung."
opfern und ein ganzes Heer von Ro
manen die Auferstehung seiern zu las
sen. Schon war der Papierkorb von
Manuskripten überfüllt, da belam ich
ein Heft in die Hände, dessen lritzliche
allerzärtlichsten Liebesbriefe gemahn
ten. Gewissenhaft las ich es zu Ende.
Es war Dein Roman."
dakteur?"
Blitzartig flog ein spöttisches Lä
flüsterte zärtlich: „Sag', Liebchen, wie
kann man so schöne Romane spielen
und so abscheulich schreiben?"
Erkannt. Wittwe Müller
schleier gezeigt haben, auch haltbar?" —
Clerk: „Haltbar? Den können Sie
ein paar hundert mal gebrauchen.
Der Pessimist. „Nun,
fällt Dir die Sach'?" „Ja weißt
D', Nandl, da- kann ma' die ersten
sünfundzstanna Jahr' vir G'wisses
fazen!"
S«rl«r«u« «n der tper.
Daß es nicht leicht ist, einen guten
Operntext zu verfassen, bestreitet wohl
Niemand. Nur wenige haben ausge
sprochenes Talent dazu, und auch die
sen muß große Bühnenkermtniß und
vielfach technisch« Gewandtheit zu Hilfe
kommen, um wirtlich brauchbares zu
liefern. So ergibt eine Prüfung der
heute noch bekanntesten und beliebtesten
Opern, daß in texilicher Beziehung gar
vieles auszusetzen ist. Unter der gro
ßen Anzahl findm sich nur wenige
köstliche Perlen, und manche treffliche
musicalische Leistung muß unter dem
men brauchbaren und gleichzeitig in
teressinten, wirksamen Librettos bietet,
kommt wohl noch in letzter Reihe der
Umstand, daß „alles schon dagewesen
ist", daß das, was nwsicalisch ver
wendbar sein soll und sein kann, auch
stofflich beschränkt ist. So bekundet
heute noch bei uns zur Ausführung ge
langen, in gewisser Beziehung eine ei
genthümlich« Armuth der gewählten
Stoffe. Es berührt in der That ko-
Opern mindestens LS den eigentlichen
Entwicklungsstoff der Handlung auf
verlorene Söhne oder Töchter begriin-
Martha (Lyonel); Die Jüdin (Recha);
Joseph in Aegypten; Die beiden Schü
tzen (Wilhelm Atark); Robert der
Teufel; Figaros Hochzeit (Figaro);
Trompeter von Säkkingen (Werner);
Belifar (Alamir); Mignon; Der Zi
geuner (Franz); Ernani; Preciosa;
Der Schwur (Brigitta); Parsifal;
Troubadour (Manrico); Lohengrin
(Herzog von Brabant); Die
der (Reginald); Siegmund (der Wäl
sung); Silvana; Glocken von Corne
ville; Regimentstochter (Marie); Die
verkaufte Braut (Hans). Dieses Ver
zeichniß dürfte im Vergleich mit den
Opern, die sich ohne verlorene Kin
der auf die Bühne gewagt haben,
sein.
Maler-Maly«i»r.
A
NM
„Ich bete Dich an, Du süße Maid,
Du bist anmuthig und hoheitsvoll
Wie eine Madonna von Rem!
Du liebliches Bild von Tizian,
Du Frauengestalt von Dürer!"
So sprach er «inst nun ist sie sein!
Nicht an Rasael oder an Rubens,
Nur an Murillö mahnen ihn
Die struppigen Mädels und Bubens.
—A uchein«Feengeschichte.
„Einen Wunsch will ich Dir gewähren.
Sterblicher," sagte mild lächelnd die
Fee. „Also sprich!" „Nun, dann
wünsch' ich mir," entgegnete schnell ge
saßt das schlaue Menschenkind, „daß
alle meine Wünsche in Erfüllung ge
! h-n."