Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, April 27, 1894, Page 3, Image 3

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MniliiMMliliW.
(1. Fortsetzung.)
„Gott im Himmel, der Präsident!"
rief Jones, „und Mr. Martin! Was,
in aller Welt, meine Herren —?"
Der Präsident deutete mit einer an
zu packen.
Angesichts dieses Wendepunktes ver
ließ mich alle Unschlüssigkeit.
fragte Jones. „Wo
ist su?" T "t,. t -z
nicht das Recht hat —"
Beiragen sehr überrascht, Mr. Jones."
„Es ist doch hoffentlich alles inÖrd«
in's Gesicht.
das Leben, Mr. Jones!"
scheinlich geärgert.
Er hatte allerdings mehr gethan, als
Jones gesagt, der Morgen sei sehr
schön. Allein ich war in zu großer Un
ruhe, um ihm danken zu können; ich
dachte an die Kabeldepesche, und der
Präsident erkannte, was in mir vor-
Ah ld sch
Der Präsident kritzelte ein paar
Worte auf ein Blatt Papier. „Bringen
Sie das nach dcrPost. Daraufhin wird
Sie's selbst."
außerordentlich leicht, wenn das
Staatsoberhaupt der Mitschuldige ist.
„Und jetzt, Mr. Martin, wird es
spät. Ich habe meineWerthpapiere, Sie
haben Ihre Schuldverschreibungen.
Mr. Ihnes haben wir zum Schweigen
gebracht. Alles geht so weit gut, und
-- js, gerettet. Sie baben
JhrVermögen begründet, denn hier lie
gen fünfundsechzigtausend Dollars,
vin ich Ihnen sehr dank
bar. Ich will Sie nicht weiter bemüh'»
und entbinde Sie von der Verpflich
tung, mich nach Hause zu geleiten. Gute
Nacht, Mr. Martin."
Er ging hinaus, und ich warf mich
auf meinen Schreibstuhl und starrte
die Papiere an, die er mir dagelassen
hatte. Ich grübelte darüber nach, ob
er mich nur als Werkzeug gebraucht
hatte, ob ich ihm trauen könne, ob ich
ken mich nicht beunruhigten, erhob ich
mich bald, legte die Staatsschuldver
schreibungen und die fünfundsechzig
tausend Dollars in Werthpapieren in
den Geldschrank, schloß alles ab und
ging nach meiner Wohnung. Als ich
das Haus erreicht hatte, war es Heller,
lichter Tag, denn die Uhr hatte schon
fünf geschlagen, und ich begegnete Va
ter Jacoues, der im Begriff tv«r, aus-
zugehen. Er hatte schon gefrühstückt,
und >var auf dem Wege, den Blumen
mädchen auf der Piazza einen from
men Morgengruß zu bringen. Mit be
kümmertem Blick hielt er mich an.
„Ah, mein Freund," sagte er vor
wurfsvoll, „zu solcher Stunde?"
Ich sah, daß er mich in ein«m unge
„Jch komme erst jetzt von d«rßank,"
entgegnete ich. „Ich war im Goldenen
Haus zum Diner und bin nachher hin
„Ah, daZ ist gut!" rief er. „Also der
getreue Knecht ist es, den ich treffe
nickt der ungetreue?" Er spielte mit
diesen Worten auf einige Farbendruck
bilder an, mit d«n«n mein Zimmer ge
schmückt war, «in Abschiedsgescheut
meines Vaters.
Ich nickt« und trat in's Haus. „Ver
flucht getreu, wahrhaftig," sagte ich zu
mir selbst. „Nicht viele haben eine solche
nächtliche Arbeit verrichtet, wie ich."
Das war das Ereigniß, wodurch
meine Schicksale mit denen der Staats
schuld von Aureataland verknüpft
wurden.
4. Capitel.
tbia umEntschuldigung, als ich ihm die
gedeutete Weise verschafft hatte. Dieser
war niit dem Auffahren feines schweren
Waltsame Maßregeln hatte JonesMiß-
Mvrd nicht zurückschrecken würd«, um
das Geheimniß zu sichern? Ich setzte
ihm jedoch auseinander,.daß es Riick
von Mr. Martin erstatteten günstigen
Berichte über seine Tüchtigkeit" bewil
ligt wurde.
ueatalands augenscheinlich "durchaus
nicht verbesserte. Der Schauplatz der
blieb nach wie vor trostlos
jetzt Anfang LZ in derselben Rich-
Land« ankam, war Signo'rin« Chri
stina Nugent seit etwa einem Jahre
dort seßhaft. Sie war als Mitglied ei
kommen war und in unserem Nationa
ltheater Gastvorstellungen gegeben hatte.
Die Gesellschaft z»g auf ihrer nicht sehr
glänzenden Bahn weiter, aber dieSig
norina blieb zurück. Wie man sich er
zählte, hatte Whittingham ihr gefal
len, und da sie von ihrem Künstlerberuf
unabhängig war, hatte sie den Ent
schluß gefaßt, sich dort für längere
Zeit niederzulassen. Jedenfalls war sie
da, ob ihr indeß Whittingham, oder sie
jemand in Whittingham besonders ge
fallen hatt«, blieb zweifelhaft. Sie
richtete sich in einer hübschen kleinen
Villa in nächster Nachbarschaft des
wurde, aber dem Rest der Welt als
Führer, den Obersten George McGre
fassung das Recht gewahrt, fünf Ab
gen alltäglich, und die Signorina war,
wie selbst ihre Feinde zugaben, sehr
weit da von entfernt, alltäglich zu sein.
angelegt hielt, als es mir eine Einla
dung nach „Mon Repos" verschaffte,
wo die Herrin des Hauses ein anstän
die Hand eines auserwählten Vertre
ters, und nichts konnte hübsch:r oder
künstlerischer sein als ihr Benehmen.
Für ein unerfahrenes, an Aufregungen
durch das Gelingen erfreutes junges
Mädchen, war sie eben eifrig genug bei
d«r Sache, und eben gleichgiltig genug,
um zu zeigen, daß ihr das Spiel ledig
lich Zeitvertreib und Gewinn oder Ver
lust ganz bedeutungslos für sie seien.
Ah! Signorina, Sie waren eine große
Künstlerin!
Sehr bald war ich ein gewohnheits
mäßiger und, wie ich mir gern einbil
dete, willkommener Gast in „Mon s>-
pos." Mrs. Carrington, von einem
tiefen Mißtrauen gegen die Art und
die Ausschreitungen d«r Lebensweise
in Aureataland erfüllt, war so gütig,
mich als in hoh«m Grade gesetzt und
achtbar anzusehen, und die Signorina
war die Liebenswürdigkeit selbst. Ich
wurde sogar zu dem auserwählten
Kreis der Gesellschaft bei dem Diner
zugelassen, das in der Regel am Mitt
nen Roulettetisch, welches Spiel vor
allen andern unser Wirthin Lieblings
vergnügen bildete. Der Oberst war,
nicht zu meiner Freude, ein ebenso un
sident ehrte die Gesellschaft häufig
durch feine Anwesenheit, eine Ehxe, die
wir etwas kostspielig fanden, denn sein
Glück in allen Spielen, sowohl Hazard
spielen, wie solchen der Berechnung
und Ueberlegung, war ganz außerge
wöhnlich.
„Ich habe immer der Fortuna ver
traut," pflegte er zu sagen, „und mir
gegenüber ist sie nicht wankelmüthig."
„Wer könnte auch wankelmüthig
sein, wenn Ew. Excellenz ihm die Ehre
Ihres Vertrauens erwiesen?" antwor
tete dann die Signorina mit einem
Blick beinahe liebevoller Bewunderung.
Derartige Reden gefielen indeß Mc-
Gregor keineswegs. Er verbarg es
rern der Signorina erhob, und lehnte
es auf's entschiedenste ab, diesen dem
Präsidenten zu überlassen. Letzterer
nahm seine üble Laim« sehr ruhig hin,
und ich konnte nicht anders, als zu dem
Schluß kommen, daß er die Trümpfe
in der Hand hatte. Selbstverständlich
war ich auf diese beiden großen Män
ner im höchsten Grade eifersüchtig, und
wenn ich auch keine Ursache hatte, mich
über meine Behandlung zu beklagen,
konnte ich doch «inen gewissen Aerger
nicht unterdrücken, daß ich im Grunde
genommen ein Uneingeweihter war und
in dem Schauspiel, das aufgeführt
wurde, keine Rolle spielte. Ein weiterer
Dämpfer wurde meiner Zufriedenheit
dadurch aufgesetzt, daß das Glück mir
beständig unhold war und ich sehen
zusammenschmolz. Ich kann auch,
glaube ich, ebenso gut aufrichtig fein
und eingestehen, daß meine Vergütung
sechs Monate nachdem ich zum ersten
mal „Mon Repos" betreten Hatte, alle
So ging die Zeit hin, und der Be
ginn desJahres 1884 fand uns alle an
scheinend vergnügt und sorglos dahin
lebend. In den Kreisen der Bevölke
rung war die Stimmung freilich ganz
warten ließ. DiefeAngelegenbeit wurde
in der Presse sehr lebhaft erörtert, als
ich eines Abends im März zur Sig-
Paufe fort.
hörten nur schwach die Stimme Seiner
Excellenz, die mit großer Freundlich
keit zum Oberst sagte: „Nun, Oberst,
Sie scheinen Glück in der Liebe zu ha
ben," woraus ich schloß, daß der Oberst
bei den Karten Pech hatte.
Die Lippen der Signorina umspielte
ein leises Lächeln, als sie diese Worte
hörte, dann brach sie eine weiße Rose,
nen von ihnen?"
«Ich ich liebe nur einen Menschen
in Aureataland," entgegnete ich und
legte so viel Innigkeit in die Worte, als
ich zu thun wagte.
Die Signorina biß aus ihre Nos«
und sah mit unverhohlener Befriedi
gung und Freude zu mir empor. Ich
habe, glaube ich, schon erwähnt, daß
sie durchaus nichts dagegen hatte, wenn
man sie offen bewunderte.
„Wäre es möglich, daß Sie mich
meinen?" fragte sie mit einem amnu
thigen Knicks. „Ich glaube das nur,
weil die meisten Damen von Whitting
ham Ihrem schwer zu befriedigenden
Geschmack nicht genügen würden."
„Kein Weib der Welt könnte mich
befriedigen, ent
sie. „Und doch glaube ich nicht, daß
Sie etwas für mich wagen würden,
Mr. Martin?"
„Ich verlange nach keinem größeren
Glück!" rief ich aus.
Sie sagte nichts; schweigend stand
sie vor mir und biß auf die Rose.
„Geben Sie mir die Rose," bat ich,
„sie soll mein Talisman und meinAb
zeichen als Ihr Sklave sein."
„Wollen Sie mir dann zu 'Dien
sten sein?" fragte sie. .
„Und mein Lohn?"
„Nun, die Rose."
„Ich möchte auch die Geberin besi
tzen," wagte ich zu sagen.
„Die Rose ist hübscher, als die Ge
berin," erwiderte sie, „und jedenfalls,
nur eins auf einmal, Mr. Martin!
Zahlen Sie Ihren Dienern ihren gan
zen Lohn im Voraus?"
Das Gegentheil eines solchen Ver
fahrens war bei mir fo sehr die Regel,
daß ich nicht umhin konnte, die Rich
tigkeit dieses Einwandes einzusehen.
Sie reichte mir die Rose, ich ergriff sie
und preßte sie so stürmisch an meine
Lippen, daß sie dadurch sehr zerdrückt
wurde.
„Himmel!" rief die Signvrina,
„wenn ich Ihnen das Andere gegeben
behandelt haben?"
„Das werde ich Ihnen gleich zeigen,"
antwortete ich.
nicht," sagte sie ohne Besorgniß, dmn
sie wußt«, daß sie mit mir sicher war.
„Sind Sie constitutione!! oder li
beral, Mr. Martin?" fragte sie dann
plötzlich.
Ich muß hier zur Erklärung erwäh
nen, daß bei dem üblichen Wettrennen
li^s^echen.
w' tt-ch b / e
Sie überlegte einen Augenblick.
„Ich schätze den Präsidenten sehr
hoch," sagte sie dann. „Er ist sehr gü
„O, ich saate nur: „Natürlich hat er
das." Der Präsident hat auch zwei
Augen im Kopf."
hätte.
„Der Oberst ist natürlich derselben
Ansicht," sagte sie weiter. „Zum Bei
glaube, Ihre Bank ist sehr dabei be
theiligt."
„In sehr beträchtlichem Maße," ent
„Und Sie?" fragte sie leise.
legt."
„Nein, kein eigenes Geld. Aber sind
Sie nicht dabei interessirt?" fuhr sie
hartnäckig fort.
Das war doch seltsam. Wußte sie
etwas?
Sie kam näher und legte leise ihre
Mr. Martin?"
~Jn Ihre Umsicht," entgegnete sie
lachend. „Danke schön, Mr. Martin.
Und Sie wünschen, daß das nicht ein
tritt?"
teresse und das meinige sich decken?"
Ich war imßegriff, eine leidenschaft
liche Antwort zu geben, als wir die
Stimme des Präsidenten vernahmen.
„Aber wo ist denn unsere Wirthin?"
fragte er. „Ich möchte ihr meinenDank
aussprechen, ehe ich gehe."
„Stille!" flüsterte die Signorina.
„Wir müssen hineingehen. Wollen Sie
mir treu sein, Mr. Martin?"
„Nennen Sie mich Jack," war meine
blödsinnige Entgegnung.
.Sie wollen mir also treu sein, o
Jack?" sagte sie, ein Lachen unter
drückend.
„Und wenn es mich dasLeben kostet,"
antwortete ich, aber mit der stillen
Hoffnung, daß eS nicht so weit kom
men werde.
Sie reichte mir die Hand, die ich mit
Inbrunst küßte, und wir kehrten in
den „Salon" zurück, wo wir fanden,
daß sich sämmtlich« Spieler von ihren
Plätzen erhoben hatten. Sie standen
in verschiedenen Gruppen umher und
warteten, bis der Präsident sich em
pfohlen hatte, um dann auch ihre Ver
beugung zu machen. Ich war neugie
rig, was zwischen Seiner Excellenz
und der Signvrina vorgehen werde,
allein Donna Antonia, die Tochter des
Finanzministers, die trotz der späten
Stunde noch anwesend war, stürzte sich
auf mich. Sie war eine schöne junge
Dame, ein« spanische Brünette, wie
man sich ein« solche gewöhnlich denkt,
aber mit einem Benehmen, das sie ei
nem New Jorker Pensionat verdankte,
wo sie ihre Erziehung genossen hatte,
durch ihr angeborene Lebhaftigkeit ver
feinert, aber nicht zerstört worden war.
Sie hatte mich schon wiederholt sehr
ausgezeichnet, und ich war eitel genug
anzunehmen, daß sie mir die Ehre er
weise, wegen meiner Vorliebe für die
Signvrina etwas eifersüchtig zu sein.
„Hoffentlich haben Sie sich im Ge
wächshaus gut unterhalten," sagte sie
boshaft.
„Wir haben von Geschäftsangelegen
heiten gesprochen, Donna Antonia,"
erwiderte ich.
„Ah! von Geschäften! Ich höre von
nichts als Geschäften. Papa ist auch
auf's Land gegangen und hat sich le
bendig begraben, um einen großen
Geschäftsplan auszuarbeiten."
Ich spitzle die Ohren.
sein?"
„O, ich weiß nicht. Etwas wegen der
langweiligen Schuld. Ab«r es ist mir
verboten worden, darüber zu sprechen."
Die Schuld fing wirklich an lästig zu
werden. Die Luft war voll davon. Ich
sagte Donna Antonia rasch einige zu
sammenhanglose Schmeicheleien und
empfahl mich. Als ich meinen Ueber
rock anzog, trat Oberst McGregor zu
mir und begleitete mich mit mehr Lie
benswürdigkeit, als er sonst mir ge
genüber an den Tag legte, die Allee
hinunter nach der Piazza.
„Martin," begann er nach einigen
gleichgiltigen Bemerkungen, „unsere
Interessen gehen in einigen Punkten
auseinander, aber in andern sind sie
die gleichen, glaube ich."
Ich wußte sofort, was er meinte:
es war schon wieder die Schuld, aber
ich schwieg.
„In Bezug auf die Schuld zum
Beispiel," fuhr er fort. „Sie haben ein
Interesse an der Schuld?" »
Auge. Gute Nacht."
und mir wob, bat ich sie höflich umEnt
schuldigung und schlief ein. -
6. Capitel. ->>
gend jemand hatte, glaube ich, etwas
Geld. Aber die Regierung hatte keins,
und folglich hatten auch ihre Ange
ber Präsident hatte keins. Die Bank
rade zu/rechten Zeit, um von der Ga
lerie aus Zeuge zu sein, wie der Oberst
eine seiner grimmigsten Reden vom
Antonio, wann die Armee endlich be
zahlt werden würde. Dieser saß, schlot
ternd unter der Fluth des Zornes, die
davongelaufen sein, wenn ihn nicht das
kalte Äuge des Präsidenten, der in sei
ner Loge der Sitzung beiwohnte, auf
seinen Stuhl festgenagelt hätte. Als der
allein es fehlte ihm gänzlich an der zu
versichtlich«» Unverfrorenheit seines
Herrn und Meisters, und niemand ließ
sich von seinen schwachen Versicherun
gen täuschm. Ich verließ das Haus in
beträchtlicher Aufregung und schlen
derte nach d«r Wohnung einer Freundin
von mir, einer Madame Devarges, der
Wittwe eines Franzosen, der den Weg
nach Whittingham von Neuknledonien
gefunden hatte. Die Höflichkeit gebot
anzunehmen, daß er infolge politischer
Wirren nach Neukaledonien gelangt
war, aber über Tag und nähere Um
stände seines patriotischen Opsers
hing der- gewöhnliche undurchknNH»
liche Schleier.
. (Fortsetzung folgt.)
Spinne« und a».
Das liebe, traute Spinnrad längst
vergangen«! Zeiten ist jüngst zum
Modegegenstand geworden; man stellt
es. mit Bändern und Schleifen ge
schmückt, in den Parlor als koketten
Prunkgegenstand! So ändern sich di«
Zeilen, und mit ihnen blüht neues Le
ben selbst aus alten Spinnrädern!
Wer kennt sie nicht, jene poesievollen,
schaurig-süßen Spinnstubengeschichten,
wie sie uns Bechstein, Grimm und
Simrock erzählen! Wer hätte nicht
mit Interesse sich in jene Zeiten verfetzt,
wo beim schnurrigen Spinnrad schnur
rige Dinge erzählt wurden!
Von jeher knüpften sich allerlei poe
tische Reminiszenzen an das unschein
bare Spinnrad; die Chroml berichtet
uns von spinnenden Königstöchtern
und Königinnen, von herrlichen Jung
frauen, di« Glücksfäden spannen, von
Göttersagen, die uns schicksalsspin
nende Nornen vorführen!
Bis in unsere Zeit hinein ist Spinn
rad und Rocken das Sinnbild des
Fleißes der Frau geblieben; die Dich
ter benutzen es; Schills schildert die
Hausfrau:
Sie füllet mit Schätzen die duftenden
Laden
Und drehet um die schnurrende Spin
del den Faden.
Und Goethe's Gretch«n sitzt am
Spinnrocken während sie das Lied vom
König im Thüle singt.
Albrecht Dürer hat der Jungfrau
Maria auf einem Bild „Marienleben"
die Spindel in die Hand gegeben; der
Mönch Otfkied von Weißenburg be
sang in seinen Schriften über das Le
ben Jesu die „spinnende Jungfrau
Maria, der der Engel die frohe Bot
schaft brachte."
Trotz der allgemeinen Verbreitung
der Spindel wurde nicht überall auf
die gleiche Weise gesponnen; die pri
mitivste und älteste Art zu spinnen,
war jedenfalls die Spindel, bestehend
aus «inem an den Enden spitzen Holz
stäbchen, das zwischen den Fingern der
rechten Hand gedreht wurde. Um das
Drehen dieser Spindel zu beschleuni
gen, wurde das untere Ende durch ei
nen Ring beschwert, der den Namen
..Spinnwirbel" führte und aus Blei
gegossen war. Solche Spinnwirbel
gab man als Ehrenzeichen den alten
Germanenfrautn mit in das Grab,
wie man den Männern die Streitaxt
mitgab.
Erst im IS. Jahrhundert wuchten
jene Spinnräder auf, wie wir sie noch
heute sehen, und nach deren Modell die
Damen des 19. Jahrhunderts sich Par
lor-Paradefpinnräder anfertigen las
sen.
Man hat den Spinnabenden in den
sattsam bekannten Spinnstuben viel
Böses nachgesagt; man warf ihnen
vor, nur Vorwand zu fein zum Zu
sammenkommen der jungen Burschen
und Mädchen. Im Anfang dieses
Jahrhunderts sah sich die Polizei sogar
veranlaßt, gegen das Anstoß erregende
Treiben in den „Spinnstuben" einzu
schreiten.
Die Spinnstube ist auch der Herd
der meisten abergläubischen Prophezei
ungen, die noch heute im Volke An
klang finden; war es doch nur natür
lich daß die Mystik des nächtlichen
fasser „alter Traumdeutungsbücher"
ihr „Wissen" aus den Zeiten der
Spinnstuben übernommen hab«n.
der einbringen. Das Spinnrad im
heutigen stylvoll eingerichteten Parlor
ist nicht im Stand«, uns in traulich
poetisch« Stimmung zu versetzen, im
Gegentheil, es zeigt uns nur, daß die
Herrin des Hauses «ine Modedame ist!
Der geölte ikepinn.
Neptun, der alte Sünder
Gar grimmig grollt und tobt,
Die schönen Nixentinder
Sie haben ihn gefoppt.
Er wollte «ine fangen.
In die er war vernarrt.
Doch ist sie ihm, entgangen
Und zupft ihn an dem Bart.
Nun fängt «r an zu rasen
Vor Zorn med Liebeswch
Und schickt durch Sturmesblafen
Die Wogen, in- die Höh'.
Ein Segler kommt gefahren;
Es spricht der Kapitän:
„Beim Düwel, fo'n Gebahrsn
Hew ick noch nie gefähn."
Und um fein Schiff zu schützen.
Gibt rasch er den Beseht
„Die Mannschaft solle spritzen
Jn'S. Meer Provencer-Oel."
Fünf Fässer von der Ladung
Schleppt man in Erle her
Vermittelst Schlauch und Spritze
Wird eingeölt das Meer.
Und sieh' nach Augenblicken
Da liegt das Meer ganz glatt
Neptun fängt an zu nicken,
Weil er 'nen „Oelkopp" hcck.
> Gute Stiefel. „Bin jetzt mit
meinem Schuster wirtlich sehr zufrie
den! Stiefel sitzen so bequem, daß man
ganz vergißt, sie zu.bezahlen!" 3