6 Oa» Alot im Volksglauben. I. »»>»»-!?. Als das deutsche Volk zu Anfang des Jahrhunderts sich wieder aus sich selbst und sein« eigenartigen Schätze in Sage, Lied und Sitte besann, da spürte man auch dem sogenannten Aberglauben wieder nach und längst hat man ihn jetzt als ein Produkt des selben Volksgeistes würdigen lernen, aus dem Volkspoesie ent strömte. Awhl haben die Jahrhun derte auch hier viel Schutt abgesetzt und manche Formen, Vorstellungen und Gebräuche dieses Aberglaubens sind uns theils unverständlich gewor den, theils erscheinen sie uns kindisch und thöricht. Man denke aber darum doch nicht allzu gering von dem Volks glaube«. Er gleicht einem Gewebe, in welchem die Reste heidnischer Natur religion in Zusammenhang mit Stof fen deL christlichen Glaubens sich wie Aufzug, Einschlag und Beigang ver halten. Dein, Boden altgermanischen VolisthumS entsprossen war er unter dem reinigenden, belebenden, vertiefen den Einflüsse des Christenthums fröh lich gediehe». Dieser Vermählung des ZLollsthums mit dem Christenthum entsvrang der in niedersächsisches Blut und Lebe» getauchte Heliand, der treucste Spv.gel deutscher Volksart, und ebenso das Redentiner Spiel, die vollkommenste und schönst« Blüthe aller deutschen Osterdramen im Mittelalter. Auch der Volksglaube wurzelt in den tiefen Gründen des Volkslhums, nur dadurch vermochte er allen Stürmen zu widersteh?». Volksglaube und Volks sitte sind Mächte, die durch keine Kul tur überwunden werden können, wäh rend ihre Geschichte oft genug bezeugt, daß sich Alles vor ihnen beugen mußte. Sie halten die Seele der Jugend in steter Verbindung mit der Volksseele. Aus den Schätzen dieser eigenartigen, in sich abgeschlossenen und in ihrer Art unersetzbaren Kultur greisen wir ein sein nennt, und wie er seine Schätze seit Jahrhunderten sich treu bewahrt hat: das tägliche Brot. Die Arbeit am Korn und um's Brot bildet den Hauptinhalt des dörf lichen Lekns. So schließen denn auch die einzelnenZüg« des Lebens iy, Glau dem Abendläuten alle aufhören. Jede Gemeinde hatte vor dem Anmähen drei Aehren auf das Amt zu bringen. Bei dem ersten Hieb mit der Sense aber pflegte sagen: "So, nu Help Gott!" Während der Ernte wurde einKranzbier, nach derselben ein Ernte bier gelben. Dabei brachten die Schnitter und Schnitterinnen ihrer Herrschaft einen Kranz aus den ver schiedenen Getreidearten, mit Laub, Blumen und bunten Bändern verziert. Eine der Trägerinnen sprach dabei ih ren Spruch. Solcher Erntesprüchi sind uns viele erhalten. In einem heißt es : „Dieser Kranz ist von Blumen und Blätter, der liebe Gott hat uns gegeben gut Wetter, wieder was. Der liebe Gott gibt seinen Segen, daß Sie mit uns in Frieden leben." chender Brauch. Am Rand,? des Fcl für die Armen, wie es jetzt heißt, ur sprünglich aber sür Wodans Roß. In stellten sie sich mit entblößten Häuptern in einen Kreis, richteten ihn Sense» aufwärts und sangen : hal dinem Rosse un Disteln un Durn „Wode, Wode, hal diltem Rosse un Boder, un achter Jahr beter Kurn." Dieser Auffassung gemäß wurde das Erntebier auch wohl das Wodel bier genannt und „de Wille Wode" Wölk das „liebe" Brot. Beim Backen War d-e Ofenthür geschlossen, so nahm der Bauer seine Mütze vom Kops, fal-- tete die Hände und sprach ein Gebet. (Kunst) des Brotes werden im Bolks remoni« vorgenommen und ihr ein,? symbolische Bedeutung beigemessen. Vor dem Anschneiden zeichnete man das Brot mit dem es durfte weder auf dem Rücken liegen, noch die Schnittfläche der Thür zuge kehrt sein, weil sonst der Segen aus dem .Haus.? weiche. In England aber fragt man sich, ob Verräther mit zu Brotes nach oben liegt, und im Kanton Wallis sagt man den Kindern, dann müsse die Mutter Gottes weinen. Den Anschnitt oder Knuch hält das 801 l in Ehren, er gilt als Unterpfand des Se gens im Hause. Er darf darum nicht verschenkt od«r weggeworfen werden. Kommen Hausfrauen doch in die Lage, ihn an Bettler weggeben zu müssen, so schneiden sie zuvor ein kleines Stück so noch der Mahnung zu entsprechen : „Vergif nich den Knust, süß gisst du den Segen ut din Hus." im Hause. Wer Abends beim Zubett gehen Brot ißt, findet nach dem Volks glauben keine Ruhe im Grabe, und wer Tode wieder aufsammeln. In der Schlveiz herrscht der Glaube, daß hausbacken Brot die Seele in unlös barer Verbindung der irdischen Heimstätte erhalte, und in Mecklenburg glaubt man, durch Brot als Symbol des Haushalts Diebe zwingen zu kön nen, das Gestohlene wieder an seinen Ort zu bringen. Die Wunderkuren, welche das schlichte Brot an Kranken verrichten muß, beruhen auf dem Gla uben, daß das Heilsame auch das Heil kräftige sei. Wer über Land geschickt werden soll, schneidet sich vom Haus laib in der Tischladt erst ein Stück ab, damit er guter Dinge wieder zurück kehre. Dem Soldaten in der Fremde begegnet das Graumännchen und schenkt ihm eine trockene Brotkruste mit den Worten : „Hier riechst Du'd'ran. dann hast Du keinen Hunger, und denkst Du d'ran, dann hast Du keinen Durst." So gehen überall noch ein zelne Züge deutscher Gesinnung. In Mecklenburg gab noch vor wenigen Jahren die Mutter ihrem in dicFremde ziehenden Sohne drei Brotkrumen mit auf den Weg: davon sollte er essen, damit er feiner Heimath nicht vergäße, oder der Sohn steckte, bevor er auszog, drei Brotkrumen in das Ränzel, um davon zu essen, wenn das Heimweh über ihn käme. Wie mußte ein derar tiger Brauch den Sohn an die Heimath binden, welch' tiefes Heimathsgesühl, welche lebendige Macht war ein solcher Sittenzug zu seiner Zeit! Aus diesen Gebräuchen spricht eine Werthschätzung des groben täglichen Brotes, wie sie uns fremd geworden ist. Zahllose Sag,?» gehen iitter das Brot um. Fast alle verfolgen die selbe Tendenz, indem sie zeigen, wie die Mißachtung des Brotes die Strafe des Himmels auf die Verächter herab zieht. Auf dem Spornitzer Felde lie gen nahe der Parchim'fchen Stadtfeld große Steine, von denen die Sage er zählt, daß sie einmal sieben Knaben ge wesen seien, die beim Biehhüten, um sich die Zeit zu vertreiben, aus ihrem Brot Kugeln gemacht und damit ge worfen hätten. Sie wurden zur Strafe in Steine verwandelt und so zäh hängt das Volk an seinem Glau ben, daß der Besitzer nicht wagt, die Steine zu entfernen, obgleich sie der Abbestellung hinderlich sind. In ei ner Entfernung von dreißig Schritten führen Fahrstraße und Bahn an der Stelle vorüber, aber das Volk hat sei nen Glauben ihrem Bau nicht geopfert. Eine seltsame Anwendung des Be griffes Brot ist durch Notker auf uns gekommen. Als die oberitalienischen ben ihre Predigt begannen, schien ihnen die Deutung des griechischen Wortes Evangelium durch „gute Botschaft" nicht konkret genug. Sie forschten unter dem Volk nach und erfuhren, daß für eine gut.? Botschaft stets ein Boten lohn verabreicht wurde. Dieser Bo tenlohn hieß in Allemannien Boten brot, und flugs übersetzte Notker das rum konnten allemannische Lexikogra phen das Wort Botenbrot auch wieder um durch die Wendung deuten: „so chen : guöte mär, Evangelia." " Diese Hochhaltung des Brotes im Volksglauben macht es auch erklärlich, wenn" sprichwörtliche Redensarten, volksthümliche Reime, Deut»NK?n der Thierstimmeii sich gern mit dem Brote beschäftigen. „Erst kneten, dann bak ken," heißt so viel als „erst wägen, dann wagen." Bei schwerer Arbeit tröstet sich der Niederdeutsche mit dem Wort: „Ja, dat leiw Brot smeckt to söt." Warnend ruft man dem, der Brotstücke wegwirft, zu: „Nimm Dein Brot in acht, sonst mußt Du die Krumen auch noch einmal nachsuchen." „In des Vaters Brot sein" heißt, im väterlichen Haushalt lebin. Wer noch in Familiennamen heute noch fortlebt. Salz und Brot macht Wangen roth. Das angeschnittene Brot und die bei stücke wurden in einem Korbe über dem Tische aufgehängt, daher stammt die allgemein übliche, jetzt meist unver standene Wendung: Einem den Brotkorb höher hängen. Die doppelte Aehre ist glückbedeu tend, sie soll noch zuverlässiger sein als der vierblättrige Klee. Wer sie in der Ernte findet, steckt sie an den Hut oder hängt sie in der Stube unter dem Spiegel auf. Der geneigte Leser mag versuchen, ob es Hilst. Auszeichnung. Moritzchen: „Mntterliben, der Herr Lehrer hat ge redet französisch mit mir!" —Mutter: „Und was «hat er denn ».'sagt?"—Mo ritzchen: „Ich sei heut' e' Muster von Malpropretät',,—Mutter (zum Va ter): „Hast De gehört, Aaron, der Leh rer hat hingestellt unser'n Moritz als e' Muster von e'm französisch' Fremd wort !" Tr o st. Studiosus (zu seinem Gläubiger, der über die steile Trepvc hinunterpurzelt): „Machen Sie sich nichts d'raus nächsten Monat zieh' ich Parterre." Zur FaNuaivtSzei«. Fasching! Welch,?in tolles, über müthiges, sinnverwirrendes Treiben! Das wogt und wirbelt und rauscht durcheinander, einem buntschillernden, brandenden Meere vergleichbar. Wie die Blicke bald hierhin, bald dorthin zieht! Wie das'schwatzt und kichert Es klingen die Schellen und Glöckchen an den Mützen und Jacken der bunt scheckigen Harlekine und läuten den nüchternen Alltagsverstand zu Grabe. Wozu wär' er auch nütze der trok kene Geselle hier, wo wir uns rück haltlos amiisir.'n wollen? Da gilt es, weithin alles über Bord zu schleu dern, was irgendwie von des Gedan kens Blässe angekränkelt ist. Die ge sunde Farbe der frischen Entschlie ßung, hier tritt sie in ihre vollen, un verkiimmerten Rechte. Was der Au genblick eingibt, und wär' es nach dem philisterhaften Maßstab unseres in spanischen Stiefeln eingeschnürten All tagszeremoniells noch so absurd, hi-r wird es flugs zur Richtschnur unseres Thuns. Keine schwerfällige Bedenk lichleit drängt sich hemmend dazwi schen. Keck schlägt der Geist seine Purzelbäume gleich dem behenden Bajazzo. Elastisch, wie er über die zufälligen Hindernisse hinüberfpringt, instinktiv wirkendes Gesetz, dessen Fes sel wir nicht empfinden. Wir sind ganz wir selbst so voll und unver blümt, wie wir es sonst nie vermögen Mittelst der köstlichen Maskenfreiheit baben wir uns auf etliche Stunden von ihm losgekauft. Und welch ein gün stiges Feld der Beobachtung bietet sich ches thun! Nie ist der Geist so de- Larve vorgenommen tsat. Je weniger wir von den Zügen sehen lönnen, di sich hinter dem schwarzen Sammet oder Atlas neidisch verberzen, um so tiefer und sicherer dringen unsere Blicke durch die Pforte der allein sichtbar gebliebe nen, mit verdoppeltem Glanz aus dem Dunkel hervorleuchtenden Augen in die !m?r"° brausende Gewoge rund Und nun zucken uns die prickelnden Tanzrhythmen, die sich vom Orchester her in frohlockenden Flöten- und Gei- Ohr bis in die Füße hinab; um zarte und schlanke Taillen schlingt sich der kräftige Mannesarm, und flüchtig Aeügeln und Spähen unter die geheim nißvoll dicht übereinandergelegten Fal ten des Maskenschleiers, ein Rathen auf. Champagnerpfropfen knallen. Mit ihnen rerpufft der letzte Nest zag hafter Blödigkeit, der etwa noch da perlenden Schaume, der neu belebend die lechzenden Lippen netzt, nippt die gesprächige Schöne abgewandten Ge sichts. damit nicht der zu diesem Zweck entschleierte Mund mit seinen zierli chen Formen rerrallie, was seine sein pointirten Reden mit sorglich verstell ter Stimme so schlau in vieldeutige Oralelsprüche gehüllt, l Schon naht sich jetzt die Mitternacht, besonders lebhaftes Verlangen tragen. Aber ach! Ehe wir uns dessen ver sehen, sind sie uns trotz aller Wachsam keit nur allzu leicht im Gewühle ent schwunden, und wie wir dann anch rig wir nach der entscheidenden Mit ternacktsstunde die Reihen der Demas kirten durchspähen nach der Er scheinung, die unS die süß verhei ßungsvollen Räthsel der eben durch lebten und durchschwärmten Stund?» licher Schleier liegt ausgebreitet über einem flüchtigen Glück, das wir so gerne noch länger festgehalten hätten. Wie ein,? entzückende Fata Morgana ist es in Luft in nichts zerflossen. Dämmernde Morgennebel ringen sich aus der Nacht empor. Der auf steigende Tag scheucht uns zurück in die alten, ausgetretenen Geleise, denen rönnen waren, und alles, was uns von einem berauschenden Schwelgen in ausgelassenem Humor, geistfprühen dem Liebesgetändel, erregendem Mär- Ohne Lieb«. Es gibt eine Stadt auf unserer alten Erde, in welcher die Herzen nicht für Liebe und Leidenschaft entbrennen. Diese Stadt obne Blut und ohne Sonne heißt Bolskaia-Maika und liegt in Sibirien, im Bezirke Jakutsk. Die durch den Glauben, den sie sich selbst liebe für die hellen Farben, besonders für die weiße. Die Möbel in den Häusern sind weiß oder sehr hell, auch Frauen tragen dieselben Gewänder sind weiß, und weiß ist auch die Fahne, die stets auf dem Rathhausdache flat tert. Was aber auf den Besucher den tiefsten Eindruck macht, ist die Grabes stille, die in der Stadt herrscht. Kin der gibt es natürlich nicht, die Erwach senen sprechen sast gar nicht mit einam der, und was sie sprechen, wird im Flüstertone gesagt. Sehr gastlich und zuvorlommend, bieten sie Alles auf, um dem Fremden den Aufenthalt an genehm zu machen, man wird höflichst ersucht, nicht zu rauchen und nicht alkoholische Getränke zu verlangen. Der Besucher findet aber gewöhnlich an einem längeren Aufenthalte in der merkwürdigen Stadt kein Vergnügen. Wie geht aber die Wiederbevölkerung von Bolskaia-Maika vor sich? Jedes Jahr schwärmen die Vornehmen der Stadt in Rußland herum und werben neue Anhänger, die bald nach ihrer Ankunft als Kinder adopirt werden und später das ganze Vermögen dieser niemals Väter gewesenen „Väter" er ben. Die Bewohner von Balskaia sind sehr arbeitsam, ehrlich und so sanst inüthig, daß sie von den Bewohnern umliegender Ortschaften nur „Galuby" (Tauben) genannt werden. Niemals kommt ein Streit vor, niemals eine Blutthat. Es gibt keine Gerichte, leine Polizei, keine Gefängnisse und..... keine Zeitungen; und Alle bezahlen pünkt. lich ihre Steuern. Und das Alles, weil es keine Liebe in Bolskaia-Maüa gibt. !i!« Melanit. „Mein erstes Bildchen/lieber Mann"— Spricht Melanie zum Gatten mild, „Sieh' Dir's als Maler prüfend an, Dann sag', was hältst Du von dem Bild ?!" Als alter Maler halte, wie? Berechtigt. Du, der Mül tiichtigen Rausch. So, davon ha de ich nichts bemerkt. Woraus bast Du das geschlossen? Nun, er redete meine Schwiegermutter in einem weg mit gnädiges Fräulein an! I m C oupee. Herr: „Mein vertragen?" Fräulein: „Nein." Herr (sich eine Cigarre anzündend): „Jetzt will i' doch seh'n, ob's mi' nicht ang'logen haben!" Zur Arier des Srftgevorenen l Er blickte auf die Uhr; eS fehlten noch zehn Minuten auf Sechs. „Herr Poet Friedrich Gottwald," redete er sich feierlich an. „Sie sind also wirtlich Vater eines fünfzig Mi nuten alten Sohnes." „Sohnes," wiederholte er staunend, jede Silbe nachdrücklich betonend, als hörte er dieses Wort zum erstenmale in seinem Leben. Es klang aber auch so eigen, so süß, so wunderlich, daß er auflachen mußte. Er lachte leise, mit geschlossenen Lippen, um nicht die Wöchnerin zu stören, die im Gemach nebenan ruhte. Dann cr vor dcn Spiegel und betrachtete sein Ebenbild. Wie bleich er war! Wie abgemagert! Und diese blauen Ringe um die Augen! Und dieser schwarze Schnurrbart, dcs sen Spitzen sonst so kühn aufgewirbelt waren, wie verwühlt! Was Wunder, wenn man seit 2 Tagen nicht aus den Kleidern kommt, bald dumpf vor sich hinbriitet, bald erschreckt zusammen sätirt, keinen Moment ruhig die Augcn schließen kann, und wenn inan dabei stets, so oft man sich nützlich erweisen will, die eindringliche Mahnung der Schwiegermutter vernehmen muß: „Aber, lieber Friedrich, Sie stehen nur im Wege und machen uns Allen durch Ihre Jammermicne daZ Her/, schwer!" Und dieser Blick, mit dem sie ihn dabei musterte! Und dieser Ton, in dem sie sprach. So gebietend, jeden Widerspruch erstickend! Diese sonst so leisetreterische Frau war aus nun ist Alles glücklich vorüber. Ach, wenn die Frauen wüßten, was die ar men Männer bei solchen Zeiten Alles leiden, sie würden Mitleid mit ihnen Er seufzte auf, wendete sich um und öffnete die Thür zum Gemach nebenan. Es war still und dunkel drin. Es drängte ihn, seinem Weibe einen Kuß auf die bleichen Lippen zu drücken, sich wieder eine Weile, wie frü her, in den Anblick seines Sohnes zu versenken. Aber der Arm der Schwie germutter machte eine hastige abweh rende Bewegung. Er verstand und zog sich sachte zurück. „Ich gehe aus," murmelte er, „aber wohin?" Er sann. Freunde aussu chen? Ihnen das fröhliche Ereigniß verkünden? Das waren aber zumeist Junggesellen! Was wußten die, wie es dem Vater eines fünfzig Minuten alten Sohnes zu Muthe ist! Sie würden lachen, ihn in banaler Weise beglückwünschen, am Ende gar aus ner Rührung, aus seinen thränenfeuch ten Augen eine geheime Komik heraus wittern. O ja! Und er würde all das wie «ine Entweihung seines jun gen Vaterglückes bitterlich empfinden! Nein! Heute wollte er dieses Glück vor allen Menschen verbergen und es wie ein keusches Geheimniß still mit sich herumtragen! Heute wollte er zur Feier des Erstgeborenen einxn einsamen Trunk thun. Wo? In der italieni schen Weinstube bei einer Flasche per lendem Asti. Und selbst wenn er ein Gläschen über den Durst trinken sollte, was ist denn da weiter dabei? „Es gilt ja meinem Sohne," sagte er laut, „meinem Sohne." Und er horchte wieder befremdet, staunend auf den Klang dieses zweisil bigen Wortes, das sich so eigen, so süß, so wunderlich anhörte Eine halbe Stunde später saß er in der italienischen Weinstube. Es fügte sich glücklich, daß außer ihm kein ande rer Gast darin war. So konnte cr denn ungestört seine träumerische Stimmung in allerhand Gedanken austönen lassen, die alle aus dem Ge fühle seines jungen Vaterglückes ein portauchten. Er war blond, sein Erst geborener. Und die Augen? Die hat ten als er ihn flüchtig betrachtete, in einer schwer bestimmbaren Farbe ge schillert waren aber höchst wahr scheinlich blau wie die der Mutter. Also ein blondes BübÄen mit blauen Augen, so wie er es sich immer ge> wünscht! Er mußte hierfür feiner gu ten, lieben Frau in ganz besonderer Weise seinen Dank bekunden. Vielleicht durch irgend einen Schmuckgegenstand, rem Gemüthe spräche, etwas Inniges, Rührendes und Billiges. Wenn er ihr zum Beispiel seinen nächsten Ro druckt l „Meinen, theuren Weibe" das wäre eine Huldigung, die sie sicher lich tief ergreifen würde. Und sie ver diente ja thatsächlich diese gemüthvolle Huldigung. Wie hatte sie es verstan den, ihn, der vor Kurzem noch als Junggeselle toll in den Tag hinein lebte, gründlich umzuwandeln! Nun hal er es a:> sich selbst erfahren, daß die Ehe eine segensreich- Institution sei, besonders sür einen fchaffendenSchrift steller, der für feine Arbeiten ernste Sammlung binLthi.it. Sie verleiht einen gewissen moralischen Halt! Sie erhebt, sie erläutert, sie adelt! Und eines zweistündigen, blonden Bübchens mit blaue,: Augen wird! Er lachte und leerte den Klech auf einen Zug. Ein wunderbare Wein, dieser Asti! Nicht so vornehm, nicht so prik kelnd, wie der perlend? französische Schaumwein. Nein, im Gegentheile, ein wenig philiströs, etwas schwer, et was derb in s'.wcr aber dabei doch so glutvoll, s: xMegen, so recht mann, in dessen Herzen die erste Va terfreude glüht! Freilich, als er hier in dieser Stube zum letztemal« diesen Wein schlürfte, da war er in einer ganz anderen Stimmung als heute. Wie lange war es nur her? Kaum anderthalb Jahre. Es war an einem herrlichen Frühlingsabend. Er saß an derselben Stelle wie jetzt und ihm gegenüber ein junges Mäochen, eine kleine Schauspielerin, ein zierliche- Figürchen mit einem Stumpfnäschen, mit zwei kecken, blitzenden Augen, mit einem etwas breiten Munde, der, wenn sie lachte, zwei Rethen gesunder, weißer Zähne sehen ließ, sein „Tschaperl", wie er sie nannte. Sie war aber auch ein gutes Kind, dankbar für jedes zärtliche Wort, für jede Liebkosung. Das zeigte sich so recht an jenem Abend, als er ihr verkündete, daß er sich demnächst verloben, in wenigen Wochen schon Heirathen werde. Sic machte ihm keine Scene. Behüte! Sie schrie nicht wild auf, sondern lächelte blos wehmüthig und weinte dann ein wenig. Das war Alles. Im Uebri gen entwickelte sie wie sonst einen ge segneten Appetit und trank mit Beha gen ein Gläschen Asti nach dem ande ren. Aus purer Verzweiflung, wie sie sagte. Und es mußte etwas Wahres daran gewesen sein. Denn Tags dar aus erhielt er von ibr einen langmäch tigen Brief, darin sie in ihrer eigenen kühnen Orthographie von ihrem Kum mer erzählte, von ihren Schmerzen, von ihrem gebrochenen Herzen und von manchen anderen Dingen, die ihm un klar blieben, da ganze Zeilen, vielleicht von Thränen, verwischt waren. Das Eine aber wußte er noch: zum Schluß hatte sie ihm prophezeit, daß er in sei ner Ehe nicht glücklich sein werde. Er lächelte. Armes Tschaperl! Wenn sie wüßte, was sie für eine falsche Prophe tin war! Wenn sie wüßte, wie trau lich es in seinem Heim, wie still, wie friedlich! Wenn sie ahnte, daß er heute, die Seele von einem wonnigen Hochgefühl geschwellt, hier sitzt und zur Feier seines Erstgeborenen denselben Wein trinkt, der ihr damals so vor trefflich gemundet! Ja, das sanfte, milde Glück der Ehe, das ist denn doch ganz Anderes als der Sturm und nem beschieden war, diesen Rausch, diesen Zauber, diese Poesie bei einem so herzigen, gutmüthigen, prächtigen „Tschaperl", wollte er laut hinzu fügen. Aber es gelang ihm nicht. Er betroffen zu sein. Er wunderte sich. War ihm der Wein so rasch in den Kopf gestiegen und in die Zunge ge fahren? Er faßte dcn Kelch. „Sollst sam, aber deutlich. Und dann schlürfte er den Kelch leer. „Jetzt gehe ich heim," murmelte er, „und der Schwi«- Flasche Astt."°"' Der Wein und sein junges Viter glück hatten ihn sehr weich gestimmt. Und so kam es, daß, während er sin an das Tschaperl, die ihn nicht mehr losließ, in eine milde Rührung getaucht war. Sie starrte ihn an. Er stand eine Weile schweigend da. Alles muthete ihn hier so fremd und doch so vertraut Freundschaft! Aus Mitgefühl! Denn ich." Wie sie dieses Wort hörte. tischen Halt verliehen! Sie hat mich erhoben, geläutert, geadelt. Glaubst es am Ende nicht, Tschaperl?" fragte er lächelnd, indem er sich auf dem Sopha auch die Thränen in die Augen kom men." Und sie kamen in der That" zwei Thränen, die langsam seine Wan- Es hat a' jeder Spatz sei' Weiberl, Nur i' hab' nix als lauta Kunima, Verdruß und Aerger.Noth und Gram: ?l' hock' im Winta uttd im Summa A' jeda Käfer hat sei' G'spusi, Fidel macht jeda Heuschreck Musi', Wenn er sei' Dirndl führt fpazier'n. Nur i' alloan hab' gar loa' Platzerl, Wo Oans auf mi' wart't, an mi' denkt: I' hab' koan Weiberl, hab' koan Schatzerl, Das mir sei' Liab' und Herzerl schenkt. A' jeder Krebs, g'sallt's drauß' eahm Kriacht hoam vergnüagli' zu sei'm A' jeda Fisch schiaßt 'nauf zum- Schimms, Sicht er a' Fischerl dort alloan. Nur i' hab' koan Talent zum Glück net, I' brumm' halt so durch 's Leb'n da hin! D ß '' d ' Unbegreiflich. Frau: „Die Katz bleibt da.... Und jetzt bist Du ruhig sonst komm ich Dir." Mann: „Was, Du wagst mir zu drohn?" Frau: „Ja." Mann (zusammenknickend): „JesfeZ, wo hab' ich denn vorhin die Courage Praktisch. Fremder: „WaS habt Ihr denn mit Hier nebenan ist ein Modemagazin und der Arzt hat Dir, wie Du weiht, jede Aufregung verboten!"