2 ' Nirgends werden so viel« falsche Haare getragen wie in Paris. D« deutsche Frau pflegt ihre eigenen Haare, die ihr ja der Kamm bei jed«r Morgentoilette massenhaft entführt, sorgfältig zu sammeln, um sich später daraus «inen Zopf machen zu lassen, »oenn ihr die einst so vollen Flcchkn dünner zu werden beginnen. Sie trägt also gewissermaßen einen falschen Zopf, aber k«ine falschen Haare. Di« Französin sucht den Coiffeur auf, wie man den Confectionsladen aufsucht; je nach der Mode wechselt sie mit der Coisfur« wie mit einem neuen Hut. Wober bezieht nun der Pariser Haar künstler das Material zu den verschie denen Perücken. Toupets und Flech. Jen? Di« Haare werden in ganzen Wallen importirt, aus Indien, aus China, auch aus Italien. Si« stam men, die asiatischen wenigstens, von Leichen. In Chini und Indien ster ben ja die Menschen massenhaft dahin, «n der Cholera, am Typhus und an sonstigen Epidemien; in genllgendcr Menge, um deren abgeschnittene Haare z,u einem lohnenden Exportartikel zu machen. Wie oft mögen die An ,st«ckunask«ime bösartiger Krankheiten an diesen Toixtenhaaren haften geblie ben und nach Europa geschleppt wor den sein! Zwar den elegantesten Pe rückenträgerinnen tonnten sie nicht mehr gefährlich werden: bis solche» Haar asiatischer Cholera- und Ty phusleichen dazu komm«, als Perücke auf dem hübschen Haupte einer koketten Pariserin zu thron«», hat es so viel Waschungesi und chemisch« Behandlun gen durchzumachen gehabt, daß es als vollkommen desinsicirt gelten muß. Wohl aber konnte es jene Arbeiterinnen gefährden, die zuerst dieses eingeführte Haar, direkt vom Schiffe weg, in die Hände bekommen, die es den ersten Waschungen zu unterziehen, es nach Farbe, Stärke und sonstiger Beschaf fenheit zu sortiren haben. Erst neuer dings geht man in Paris damit vor, jalles importirte Menschenhaar gleich mach der Ausladung gründlich zu des lnficiren. Was nun dessen „Bearbei tung" anbelangt, so wird es erst einem Bade unterworfen, das den Zweck hat, die Haarsträhnen fein und schmiegsam zu machen. Chinesenhaar ist ja dick und hart wie das von Pferdemähnen. Es würde sich übel ausnehmen als Ponylocke auf der zarten Stirn der Pariserin. Ein zweites Bad hat die Farbe auszuziehen oder doch wenig stens zu mildern. Chinesenhaar ist von einer so intensiven Schwärze, daß «s seltsam aus einem Europäerschädel anzuschauen wäre. Dann erst kommt es in die verschiedenen Langen und Beizen, mit denen das eigentliche Fär ben beginnt, das Färben vom matten Aschblond und leuchtenden Golkrath bis zum glänzend«» Rabenschwarz. Das ist eine so complicirte chemische Behandlung, daß sie der gründlichsten Desinfection gleichzuachten ist. Ueber !dies werden nur kleine Toupets und Perücken geringerer Sorte aus Tod tenhaaren verfertigt. Für ganze Flechten und bessere Perücken 'sind diese zu spröde und brüchig, überhaupt we nig haltbar. Dazu muß man schon «in Haarmaterial verwenden, das man noch lebenden Personen abgeschnitten bat. Der Preisunterschied zwischen "diesem und jenem ist allerdings auch ein enormer. Die asiatischen Haare losten in Paris nur fünf Franken das Kilo, di« inländischen dagegen, die von lebenden Personen stammen, müs sen mit hundert Franken das Kilo be zahlt werden. Aufrichtig. Mutter: „Mit den kleinen Kindern hat man doch ein rechtes Kreuz;.... wenn sie nur erst ein »veniq größer sind, dann geht es schon leichter!"— Besuch (ohnehin schon er grimmt über das ungezogene Beneh men der Buben): „Da haben Sie Recht, gnädige Frau —dann kann man fie wenigstens alle Tage ein paar Mal gehörig durchhauen!" MUssig. Hören Sie, Sie wollen Mitglied unseres MäßigkeiK vereins sein und am ersten Tage nach Ihrer Aufnahme sindet man Sie be trunken im Rinnstein! Das ist eben «in Zeichen meiner Mäßigkeit.— Schö nes Zeichen das! Na, erlauben Sie, früher fiel ich doch immer in meiner Stammkneipe unter den Tisch! Verfehlte Wirkung. Photograph: „So. mein Herr, jetzt bitte ich, Ihr« Augen auf dieses Pla kat zu richten, und «in recht freundli ches Gesicht zu machen." Student: »Das ist mir unmöglich!" Photo graph: „Warum denn?" Student: »Ja, auf dem Plakat steht ja: Es wird tiebeten, gleich zu bezahlen!" —Er kennt ihn. Mensch, Heinrich, laß Dich umarmen! Ich bin so glücklich! Ich habe mich gestern verlobt. —Verlobt?— Ja. Ich Habelei beschreiben.—-Ist nicht nöthig! Nenne mir nur die Summe ihrer Mitgift, dann weiß ich schon genug! StinWunsch. A.: Ich sag« Dir, meine Frau ist eine Schlang«! B.: Hm, ich möchte wohl, daß meine das wäre; denn eine Schlang« bekommt Bedes Jahr von selbst eine neue Haut, nnd meiner Frau muß ich mindestens dreimal im Jahr ein neues Kleid kau fen! Stoßseufzer. —Gattin Zkarl.das ist die letzte Mod«. Gatte: Monat kommt ja wieder «ine andere! ch eine Krankheit. Joseph: Herr Lehrer, Sie solle so gut sein und solle meiner Schwester Ur laub geben! Lehrer: Was fehlt ihr beim? Josephe Se jett kv« Schuh! « v I»«n x. Alfred Werner betrat in Mephisto tracht das Schlafzimmer seiner Kin der. Ruhig athmend, mit rosigen Wangen lagen die süßen Kleinen in ihren blüthenweißen Bettchen, während die junge Mutter, «ine anmuthigeFrau mit goldblondem Haar, emsig beim Lampenlicht an einem Röckchen nähte. Verwundert blickte sie mit ihren großen, sprechenden Augen von ihrer Arbeit auf. „Du, Alfred? Ich glaubte, Du wä rest schon lange fort!" „Da, näh' mir mal das Knöpfchen an, aber schnell, Elsbeth, mein Wagen wartet." Mit ungeduldiger Miene warf er ihr den Ballhandschuh hin. „Nun, Du sagst ja gar nichts; wie ge falle ich Dir in meinem Hlnzug?" „Du hättest keinen besseren, ich wollte sagen, passenderen wählen kön- Spott. Pfeifend stellte er sich nun vor den Spiegel und fand, daß ihn der feuer rothe Atlas mit dem schwarzen Sam met wirklich außerordentlich gut klei „Du weckst die Kleinen, Alfred, sie schrecken, bitte, sei doch' still!" „Bah! Sie schlafen ja wie Murmel thiere." aber, mit der sie das Knöpfchen an nähte, zitterte. „Noch nicht fertig? Das dauert ja 'ne Ewigkeit so endlich." Er nahm den Handschuh ohne entgegen und entfernte sich mit einem flüchtigen „Gut,? Nacht, Schatz!" nicht so laut klappert und scheuert - und halt« die Kinder still; ich muß ausschlafen; später gibt's höllisch zu Schreibtisch liegen, für mich durch; sie müssen spätestens um elf Uhr Vor mittags zur Post." „Wenn ich' Zeit finde, Alfred." ich Zeit finde! Als ob solch' wichtige Maske noch etwas fester." Sie erhob sich schweigend und that, wie ihr geheißen. »Ja, ja, glaube mir, ich bliebe auch „Stoff?" Elsbeth lachte und klopfte ihm auf den Arm, „an Stoff fehlt cs Gleich darauf verschwand Mephisto. In den prachtvoll erleuchteten Räu men des Kurhauses schwirrten die Die Musik rauschte. Viele wirbelt-n Alfred Werner war zu feiner großen Freude nicht der einzige der Hölle ent stiegene, in flammend rothen Atlas ge kleidete böse Geist; außer ihm machten kerbissen aufgabelten, ihn, Alfred Wer den, seiner ganzen Würde entkleidet, Spießruthen lausen ließen. Wie fühlte er sich durch die drei Höllenbrüder ge merkfamkeit länger als eine Minute fesselte: keine der vielen schönen Er scheinungen reizte ihn zum Tanze, j So verstrich abenteuerloi eine halbe Stunde. Nun stand er am oberen, Ende des Saales an eine Marmor säule gelehnt und überschaute daS buntfarbige Getriebe; es herrschte ech! Rheinländische Ausgelassenheit, ihm selbst aber wollte sich die rechte Stim mung immer noch nicht mittheilen. Da legte sich plötzlich eine Hand auf seinen Arm. Wie elektrisch berührt zuckte er zusammen. Vor ihm stand Ein dichter schwarzer Schleier ver hüllte ihr Antlitz; sie reichte ihm cin egyptisches Kästlein voll von nach Ambra duftenden Papierröllchen, schüttelte diese durcheinander und sagte mit sonorer, durch den Schleier ge- Greife hinein, Mephisto, Geist des Bösen, Löse mein Räthsel und laß Dich er lösen. Zettelchen heraus und entrollte es ge spannt. Wer richtet, die Schuld vergrößernd. Ob auch des Nächsten Glück sie ver- Fraae ab«r ist zu leicht; naturlich: das Gewissen!" „Das Gewissen? Falsch gerathen! Das lehrt man die Kinder in der Schule; die Lebenserfahrung lehrt uns Anderes, kennst Du Dich denn selbst so wenig? Wo ist Dein eigenes Gewissen? Wo ist das Gewissen von Tausenden Deinesgleichen? Der Ge wissenlose kann doch nicht von seinem Gewissen, einem Nichts, verurtheilk und bestrast werden! Nein, solch' seichte Antwort hätte ich von einem Mephisto nie erwartet. Rathe wei ter!" Mephisto sann einen Augenblick nach, schüttelte den Kopf, daß die rothe Hahnenfeder auf seiner spitzen Mütze nickte und sagte lachend: „Du bist doch klüger als ich; Dein Räthsel ist mir zu schwer, Sphinx!" „Zu schwer trotz Deiner gepriesenen Geistesschärfe? Nein, nicht möglich! Ich schenke Dir Bedenkzeit, Mephisto, um Mitternacht will ich Dich wieder treffen. Vielleicht hast Du bis dahin die Lösung gefunden." Damit wendete sie sich gravitätisch und verlcr sich bald im Mastengewim mel. Alfred Werner versuchte nochmals, das Räthsel zu entziffern, doch vergeb lich. Achtlos steck!? er das Zettelchen in die Tasche, indem er sich in den prachtvollen weißen Saal begab. Ein Meer blendenden Lichts fluthete ihm entgegen, di« gigantischen goldge rahmten Wand- und Pfeilerspiegel warfen, den Raum in's Endlose i'er soeben vor dem Erblicken der Schönen ganz kalt gelassen; sie, Ludmilla ist der Brennpunkt aller seiner Gedanken und Gefühle, er muß. muß Ludmilla um schlingen, sich mit ihr im Tanze ivir zlätten, lüftet den Schleier, um freier zthmen zu können, während er wie cin Verzückter jeder ihrer Bewegungen Ballgewimmel! Hui! Wie Alles im Galopp dahin saust, jagi, fliegt. Me phisto hält seine Tänzerin fest im Arm; er hat ein Gefühl, als wären ihm Flügel an den Sohlen gewachsen? in solch' eigenartig beschwingtein Tanze weiter bewegt, Zuleita berübrt den Boden kaum, sie schwebt, sie läßt sich von ihm tragen, und doch ist sie, Zuleika es, die ihn ohne den geringsten Anprall durch die Klippen des wogen den Meeres der Tänzer steuert, die ihn mit rasender Geschwindigkeit weiter treibt, als hätte ihn mit unwiderstehli cher Allgewalt ein Wirbelwind ersaht. Jetzt erstirbt die Musik. „Us." sagt -Zuleika sich fächelnd, „bin i haiß g'worde; schwitz, als wenn i a türkisch Bad nehme' that. Du, komm, laß uns a bisserl trinke bin halt türk'sch, nehm's aber net so g'nau mit 'en hei lige Koran." Sie kichert und schmiegt ihren vollen weichen Arm in seinen und läßt von lustigen Zechern angefüllte Re staurationszimmer führen. Ha, ein Abenteuer, wie er es nicht interessanter Fast alle Tische sind mit phantasti schen Gestalten besetzt; hier labt man sich an Eis, an perlendem Rheinwein, dort klingen die überschäumenden Champagnergläser. Bater Karneval schwingt sein Scepter, und Alles über läßt sich der immer toller werdenden Ausgelassenheit. Mephisto und Zuleika nehmen in einer Nische an einem für zwei Gäste gedeckten Tischchen Platz. Sie lacht und klatscht in die Hände vor lauter Freude über die Schmeicheleien, mit denen er sie überhäuft! in Ausdrücken höchster Bewunderung lobt er ihre An muth, ihre feine Charakterisirung, ihr Maßhalten, ihre Natürlichkeit, ihre schöne Aussprache auf der Bühne; er nennt l!e eine Künstlerin von Gottes Gnaden und prophezeit ihr eine große Zukunft. O ja, sie weiß wohl, daß sie Tüchtiges leistet und ihre Mutter sprache als Künstlerin tadellos spricht; unter „Freunden" aber liebt sie ihren Dialekt, der ist ja viel gemüthlicher. kriege ihät s' halt a lusti Lebe' in Wiesbade Du wohnst au' hia i waiß" und sie flüstert ihm in's Ohr: „bist der Sohn vom Banquier Müh lenheim, hast mi' ja einen Prachtstrau ßerl g'schickt i verrath nix "iir ka Angst —" „Kellner: pst, pst —" ruft Mephisto; er ist schier außer sich vor Uebermuth; köstlicher Spaß! Sie hält ihn für Fe lix Mühlenheim, einen der reichsten jungen Männer in Wiesbaden. „Brin gen Sie einige Dutzend Austern mit Zubehör und Liebfrauenmilch, schnell, bitte.,, „Natives," verbessert Zuleika, „und Champagner! Du, i mach mi rein goar nix aus Eure saure Rhein „Also Natives und Röderer/ be stellt Mephisto. Wie entzückend sie ist in ihrer Ursprünglichkeit. Und Zuleika streift ihre langen dä nischen Handschuhe ab, träufelt Citro nensaft auf ihre Natives und schlürft sie mit Kennermiene und augenschein lichem Behagen. Dabei erzählt sie al lerlei stark gewürzte Theateranekdoten und läßt sich ihr Glas immer auf's Neue füllen. Ihm, dem Halbbe rauschten, klingt Alles, was sie schwatzt, naiv, originell, pikant, ja, das sind reine, ungekünstelte Natur laute, da ist nichts Gemachtes, nichts Geziertes in ihrem Wesen, Ludmilla Ricardo gibt sich ganz und gar, wie ist die lauter« Wahrheit. Und diese goldgestickten Stiefeletten. „Ein Ge dicht" nennt Alfred Werner die Füß ihre Taille. „Bielleicht irrst Du Dich doch!" errathe 's gibt halt vier Mephistos Alfred Werner —" „Wer?" fragt er, ihr sein Ohr zu neigend. „Nu, der Fratz, der Alfred Werner. O, wie i den hasse thu' bild't si' ein, er kann Bühnenstücke verfasse'. nähernd anständi' spiele' laßt! I lag' Di', der's halt reif für's Tollhaus und man that guat, ihn einzusperre!" halt; aus hundert Lustspiel' von La biche abgeschriebe un zusammegeslickt wie 'nen Potpourri; ka Hand hat si' gerührt, als wir drinne ausgetrete' sind, er un !. Un nu stell' Di' L«, in so 'ne Roll, die goar kein Roll iZ, net Fisch un net Fleisch, in so 'ne Roll soll i wieder spiele." „Wenn ich bitten darf, mein Herr, dreißig Mark," sagt der Kellner, der, die Serviette unter'm Arm, die Rech nung präsentirend. herangetreten ist. Auf'S Aeußerste verwirrt, mit zit ternder Hand, zieht Mephisto sein Portemonnaie und zahlt. „Aber i thua's net, i thua's net, i thua's absolut net," eifert Zuleika mit gesteigerter B-tonung, „un wenn i vom Director g'zwunge werde' sollt', dann ruinir i die Partie vollends; sreili, 's gibt net viel daran zu ruinire, das kann i beschwöre." Wie in einem Bulkane gühren die gewaltsam zurückgedämpften Gefühle Mephistos. Er, Alfred Werner, er ein Fratz! Er «in Plagiator, ein Abschrei ber von Labiche! Er bebt, er schwört ihr Rache, während Zuleika den Rest ihres Glases bis auf die Neige leert, sich langsam die Handschuhe überstreift und ihm den Arm hinhält: „Du 's halt a bisserl schwer schließ mir mal die Knöpferl aber kneif mi net —" Da durchzieht ihn plötzlich daZ Bild seiner Elsbeth, wie sie am Bettchen der Kinder bei der Lampe fleißig arbeitet, er knöpft den Handschuh Zuleikas, als hätte sich die ganze verführerische Ge stalt in todtes Holz verwandelt. Einige Minuten später befand sich Mephisto wieder allein. Innerlich wuthentbrannt, äußerlich höflich, hatte er sich von Zuleika getrennt. Jetzt schwebte sie am Arme eines seiner Dop pelgänger durch den Saal! Himmel! Wenn sie je entdeckt-, wem sie die Kri tik seiner Werke in's Gesicht geschleu dert. Er, die Zielscheibe des Witzes ihrer Kollegen! Da ging die Sphinx an ihm vor über. Ob sie ihn bemerkt, als er mit Zuleika beim Champagner gesessen? Bah, was ging denn die Sphinx ihn an? In Gedanken versunken, saß er auf einem Divan. Wie ihn das Urtheil einer kleinen Vorstadt-Soubrette nur so aufregen, wie er es nur so hoch an schlagen konnt,?! Eigentlich war die ganze Geschichte ja nur amüsant, ei gentlich sollte er sie von der komischen Seite auffassen—! Das Wort: Fratz aber ließ ihm keine Ruhe. Was hatte sie damit sagen wollen, daß er selbst ein geistiges Zerrbild war, daß er geistige Zerrbilder schuf ? Hahaha! Er, dessen Novellen und Romane von der maßgebenden Kritik als müster giltig, ja als Perlen der erzählenden Prosa-Dichtung bezeichnet wurden! — Ja, ja! seine Romane und Novel len ! Der Hieb, den Ludmilla ihm ver setzt, schmerzte tief, sehr tief, wie viel von dem seinen Romanen gestreuten Weihrauch er auch als Betäubungs mittel seines verwundeten Gefühls heraufbeschwören mochte. ZmGrunde lag ihm ja wenig an den großen Er folgen, di« «r mit seinen novellistischen Arbeiten erzielte, sein ganzer Ehrgeiz war ja darauf gerichtet, ein berühm ter Biihnenschriftsteller zu werden. Weshalb sollte er nicht erreichen kön nen, was ein Anderer erreichte! Ja, weshalb nicht! Ludmilla hatte ihm gerade soeben gar zu deutlich den „Knoten" gezeigt. Sein« Karnevalstimmung war um geschlagen, als wenn aus h-.iterem, blauem Himmel ein eisigkalter Regen herabgeströmt wäre und ihn bis in's innerste Herz durchschauert hätte. Er wollte den Ball verlassen, da trat eine schlanke Zigeunerin an ihn heran, Tambourin in der Hand ; ohne Wei teres ließ sie sich neben ihm nieder. „O, Fritz, was für köstlichen Spaß ich wieder gehabt," sagte sie im Flüster ton. „Wahrhaftig! ich verdiene ei nen Ord«n als erfolgreicher Detektiv im Dienste höchster Moral. Sieh! sieh! der Mephisto, der dort mit dcr Ludmilla Ricardo vorüberrast, das ist der Schriftsteller Alfred Werner! O, der schreckliche, abscheuliche Mensch!" „W—w wer ?" stammelt Me phisto und n«igt der Unbekannten sein Ohr zu. „Nun, der Alfred Werner, von dem wir neulich im Weltspi«gel die wunder volle Novelle : „Ihr einziger Sohn" gelesen sch, sch, sch— man könnte uns hören." Damit rückt sie ihm nä her und zieht vertraulich ihren Arm durch den Mephistos, der vor Ueber seiten des Lebens alles Gute, Reine. „In den Schmutz !" fährt ' ephi feder auf seiner Mütze kerzengrade em porrichtet. „Sch. sch, sch! O, wenn Du wüßtest, was Fräulein Miene, die ja auch bei Werners näht, nicht Alles „Klatsch !" sagt Mephisto empört. „Nein, nein, lieber Fritz, kein Klatsch ! die lautere Wahrheit. Neu lich in dcr Gesellschaft bei Geh-imrathS wurde auch darüber gesprochen. Die arme Frau Werner! Vom Morgen früh bis zum Abend spät arb:itet sie für die Wirthschaft, für die Kleinen. Alles soll so hübsch und zierlich bei Werners sein! Wie die Püppchen gehen die Kinderchen ja immer geklei det !" Unwillkürlich nickt Mephisto, wie im EinVerständniß. .Und denke Dir, schreiben muß sie / obendrein für ihn; ja, man behaup tet sogar, all die schönen Novellen im Weltspiegel seien von ihr, von Frau Werner, und er leihe nur seinen Na men ; das glaube ich nun freilich nicht —" „Ha!" stöhnt Mephisto, der sich Wie von Flammen umzüngelt fühlt, und versucht, den Arm aus ihrem zu befreien. Sie lehnt sich aber nur noch inniger an ihn : „Eine entsetzliche Ehe! Und weißt Du, was der Grund an all dem häuslichen Elend sein soll? Seine bodenlose Eitelkeit! Für all seine dramatischen Mißerfolge muß bie Aermfte feine böse Laune leiden brrrr er soll rein wie vom Teufel besessen sein, wenn die schlechten Kri tiken über seine Stücke in der Zeitung stehen. Kein Wunder, daß die arme Frau sich von ihm scheiden lass«n will!" „Dummes Zeug! Weibergewäsch! —Es ist nicht wahr —" stößt er her aus, fühlt aber, als ob sich ihm ein« Centnerlast auf die Brust wälze. „Doch! doch! es ist wahr, wi: unglaublich es auch klingt; Fritz. Ach, eine Liebesheirath! Und daß es nun dazu kommen muß! Er soll ja nur durch die übertriebene Vergötte rung seiner Frau solch furchtbarer Egoist geworden sein. Hahaha ! Ich hätte seine Frau sein sollen! Du, nicht wahr, Fritz, Frauen, die sich im mer so in den Hintergrund stellen und über Mann und Kind sich selbst ver gessen, sind doch eigentlich recht dumme Gänschen und gewiß schrecklich lang weilig und hausbacken —" „Sie ist kein Gänschen, und sie ist nichts weniger als hausbacken, sie wiegt an Geist und Gemüth Tausende von anderen Frauen auf!" sagt Mephisto zornig, seiner selbst nicht länger Mei ster. „Ah! Du kennst sie, Fritz? Das ist mir neu, ganz neu !" „Nicht persönlich!" versetzt er schnell; „es weiß es aber Jeder, daß sie eine Perle von Gattin und Mutter ist." „Und doch soll er zahllose Liebfchaf „Natürlich!" „Seine Frau hat mindestens zwölf an ihn gerichtete Liebesbriefe aufgefan gen ; sie werden bei der Scheidung wider ihn zeugen !" „Hahaha! Liebesbriefe an ihn! Schöne Beweise!" „Nun, wenn Du gesehen, wovon ich vorher Augenzeugin gewesen, Du, mit Deinem seinen Rechisgefühl, würdest ihn sicher gleich verurtheilen, Fritz." Und sie flüstert ihm ganz leise zu, was sie als „Detektiv" im Speisesaal er späht. „O, solches Betragen, Fritz! Schau erlich ! Vater von drei entzückenden Engelskindern! Wie er ihnen nu: wieder in die unschuldigen Gesichter blicken und sie küssen kann! Das versichere ich Dich, Fritz, wenn die Scheidung auf Schwierigkeiten stößt, wenn es ihr an schlagenden Beweisen fehlt, ja, dann helfe ich ihr, dann zeuge Schriftsteller Alfred Werner war? Wir sind hier ja vier an der Zahl, alle fast ganz gleich kostümirt! Du hät test mich ja auch für Alfred Werner halten können!" sagt er mit ge zwungenem Lachen. Fritz! Du bist köstlich! Alz tappt „in flagranti!" Es entfiel sei ner Tasche, als er den fabelhaften Ap petit seiner schönen Türkin theuer be- Auf Wiedersehen, Fritz !" Schnell rückt. Und Mephisto, zerknirscht. Vergeblich suchte er die Sphinx, um ihr die Lösung des Räthsels zu brin gen. Wie wilnderbar, daß er aus ihrem Kästlein eine Frage gegriffen, deren Antwort er durch eine an sich ge- Antwort hieß: Der Klatsch! - Kurhause durchschritt, schlug es Mit schwarzes Spitzengewebe vom mond erhellten Himmel ab. Biele ver mummte Gestalten eilten an ihm vor red: der Sphinx lag ihm im Sinn: .Laß Dich erlösen! Laß Dich erlö sen !" Und plötzlich hob er die Hand empor wie zum feierlichen Eide und sagte laut: „Kein Bühnenwerk mehr, so wahr ich Alfred Werner heiße!" j Hochaufathmend, wie befreit von bö sem Bann, betrat er seine Wohnung. ! Elsbeth theilte das Zimmer der Kinder, denn daS einjährige Knäblein ! bedurfte auch in der Nacht oft ihrer mütterlichen Pfleg«. Eine kleine grün Sachte, sachte öffnete Alfred Werner die Thür, näherte lich aus den Zehen spitzen der anscheinend Schlafende» und küßte sie. Elsbeth aber dachte mit kaum zu unterdrückendem Lächeln: „Nie sollst Du erfahren, wer Dir heute als Sphinx das Räthsel gereicht, wer Dir als Zi geunerin die Maske von Deinem inne ren Selbst genommen, vielleicht Dir di« Erlösung gebracht." „Elsbeth!" flüstert «r. sich noch "°„Du'Alfted^Schon?" „Ja! gute Nacht, mein Engel -- «s war ohne Dich so —" „Sch, sch, sch ! Du weckst die Klei nen." Im «iura». Der großen Armee der Stahlroß- Dragoner, welche sich aus Männlem und Weiblein aller civilisirten Länder rekrutirt, wird in einem neupatentir ten Einrad eine Fortbewegungs-Ma schine geboten, welcht, den Verheißun gen des Erfinders zufolge, die besten ZweirSder weit übertreffen soll. In dieser Maschine ist der Sitz innerhalb des Rades und unter dessen Achsen arrangirt, so daß das Balanciren leicht «rmöglicht wird. Das große äußere Rad, welches den ganzen Be wegungsapparat trägt, hat «inen pneu matischen Reifen, welcher an hohlen Felgen, die aus einzelnen, mit Schrau ben verbundenen Sectionen construirt sind, befestigt wird. Aus der inneren Seite der Felgen sind parallel ange brachte hohle Reifen, welche mit den selben durch kurze Speichen verbunden sind; diese Speichen sind in di« Fel gen eingeschraubt. währ«nd ihre inne- Ren Enden in Köpfen auslaufen, die in den Reifen festgehalten werden. Auf der inneren Seite einer jeden Nabe und mit derselben fest Verbund«!, besinn det sich ein Zahnradgetriebe; jede Nabe hat ein cylindrisch gebohrtes Loch zur Aufnahme ihrer Achse, on denen das Gestell der ganzen Maschine hängt und welche in Kugelscharnieren laufen. Das innere Ende einer jeden Achse läuft in einem Kopfe aus, der an dem oberen Theil des Hauptge stells befestigt ist. Das Letztere ist aus Hohleisen construirt und hat die Gestalt eines lateinischen U. In der ganzen Länge jeder Seite des Gestelles befindet sich ein Gestänge mit einem in das Zahnrad an der Nabe eingreift und dadurch das Rad bewegt, während das untere Ende in ein anderes Ge triebe an einer kurzen Well« greift, di« wiederum mittels Kurbeln mit ge wöhnlichen Tretern (Pedalen) in Ver bindung steht. Durch diese Kurbeln mit den Tretern wirkt die Tretkrast auf die Naben und bewegt das Rad. Der Sitz ist an den Enden der in den Naben laufenden Hauptachsen befestigt und aus Stahl construirt, der eine Be wegung nach den Seiten, aber weder nach vorwärts noch nach rückwärts zu läßt. Bremsen aus biegsamen Stahl stäben sind ebenfalls vorgesehen und" das Lenken geschieht ohne Schwierig keit durch entsprechende Bewegungen des Körpers. Mit diesem Einrad soll eine sehr große Schnelligkeit erzielt werden können. Sie und ich» Ich hab' eine Liebste, die dichtet Bei Tag und bei Nacht, Doch nicht für schnöden Mammon, Weil's ihr Vergnügen macht! Ich würd' sie d'rum nicht schelten. Behielt sie's nur für sich; Jedoch mit ihren Versen Bestürmt die Liebste mich. Und nicht 'mal lachen darf ich, Der Grund. Mensch, Du lieast noch im Bett, und es ist schon bald Mittag! Was will ich machen? M habe nämlich keinen Regenschirm. Aber deshalb kannst Du doch auf stehen. So? Nun, wie soll ich denn in dem Hundewetter da draußen in die Kneipe kommen?! Im Zweifel. Jessas wenn i wüßt', ob der g'schnieg«lte berr drüben der Herr Baron ist, der mi anbetet, oder der Friseur, der mir mei' Haar kräuselt! Stimmt. Frau (zum Mann): lrink net so viel Bier, Alter, Du wirjt jeh'n, Du mußt noch einmal sterbest