Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, January 26, 1894, Page 2, Image 2

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    2 Sin« historisch« R«mint»e«ni.
Die ersten Anfänge des bedeuten
den Handels, welcher zwischen Bremen
>und den Vereinigten Staaten besteht,
datiren bis zum Jahre 1782 zurück.
Mit einem Kapital von 100,000 Tha
lern hatte sich in den, genannten Jahre
«ine Aktiengesellschaft zum Betreiben
von Handelsgeschäften gegründet. Die
Aktien waren 600 Thaler groß, wur
den aber später auf 630 Thaler er
höht. Der Cargadeur Delius wurde
beauftragt, die Ladung eines nach
Boston unter preußischer Flagge ge
brachten Schiffes dort zu Clausen,
da aber dort zu gleichem Zwecke noch
viele andere Schiffe von Europa
eingetroffen waren, so mußte Delius
drei Jahre warten, konnte aber auch
in dieser Zeit noch nicht Alles absetzen.
Dieser Mißerfolg gab inzwischen An
laß zu Streitigkeiten zwischen den
Aktieninhabern und den Direktoren
der Gesellschaft. Unerwartet nahm
dann das Unternehmen später doch
noch eine» immerhin kidlichen Aus
gang, denn Delius kaufte drüben, um
Rückfracht zu haben, Reis und Tabak
«in, und diese Artikel wurden in Bre
men zu so guten Preisen unterge
bracht, daß immerhin noch mehrere
tausend Thaler Ueberschuß herauska
men. Damals konnte man noch nicht
ahnen, welchen gewaltigen Auf
schwung der Handel nehmen sollte.
Im Jahre, 1827 begann die Anlage
von Bremerhaven, dessen Hafen im
Oktober 1830 eröffnet wurde. Die
für die Schifffahrt geschaffenen Ein
richtungen und Veriehrserleichterun
gen trugen wesentlich zur Ausdehnung
der Handelsbeziehungen bei.
Minister und St»ftlricht«r.
netenhaufe im Jahre 1848 dem dama
ligen Justizminister Horvath ernstlich:
Vorstellungen darüber machte, in wel
cher unverantwortlichen Weise manche
Stuhlrichter ihr Amt ausübten, ent
schloß er sich, an Ort und Stelle die
Mißstände näher kennen zu lernen.
Eines Tages war er spurlos von Pest
verschwunden und erschien in einem
Städtchen an der russischen Grenze.
Sein nächster Gang war zum Gericht,
wo er in der That ganz verwahrloste
Zustände fand. Nach der Sitzung er
theilte er dem Stuhlrichter einen Ver
weis, nnd als dieser ihm 26 Peitschen
hiebe überzählen lassen wollte, erklärte
er, er sei der Justizminister Horvath.
Stuhlrichter und Gerichtsdiener er
klärten ihm aber hohnlächelnd, das
'könne Jeder sagen; der Justizminifier
Horvath sei wohlbehalten in Pest, und
noch nie sei ein Minister in diesem
Winkl des Landes erschienen. Als
gen trafen, um das summarische Ur
theil in Vollziehung zu setzen, erhielt
der urtheilende Richter eine Ohrfeige,
daß er von feinem Stuhle herunter
fiel und bedenkliche Anstrengungen
machen mußte, bevor er wieder zu
einer Amtsmiene gelangte. Die Pan
-duren brachten die Handschellen herbei
!und wollkn eben einHauen, als der
Stuhlrichter bemerkte, jetzt sei er über
zeugt, daß der fremde Herr wirklich
!der Justizminister sei, denn Niemand
in der Welt würde es sonst gewagt ha
ben, ihn zu ohrfeigen.
.mentale Herren bekräftigen durch
Ringwechsel ihre Freundschaft sllr's
Leben; selbst eine echte und recht«
trau«», Aufrichtigkeit. Es Ist aber
die jungen Vögel flügge werden, sie
ihr Nest verlassen. Aber es schmerzt
mich doch, wenn ich daran denke, daß
«uch bald der Fall sein wird.
Schwiegersohn (in ssx): Gott, lieber
Schwiegervater, wenn Ihnen so sehr
in Ihrem Nest!
Ein wirkliches Unglück.
Bor der Börse begegnen sich Schmidt
und Meyer. Schmidt ringt die Hände
und Meyer fragt ihn: „Was haben
Sie denn, Sie sehen ja ganz verzwei
felt aus?" „Ich habe ja Alles, was
ich besaß, verloren." „Um Gottes
willen! Ich hörte von Ihrem Banke
rott, aber ich hatte keine Ahnung, daß
Sie Ihr Geld dabei verloren haben,
Sie armer Mann."
Künstler - Zerstreut
heit. Inspizient: „Schnell, Herr
Schmierl, gleich wird das Stichwort
für Schweizer fallen!" Schmierl:
„Donnerwetter —jetzt weiß ich nicht,
hab ich den Spiegelberg schon erstochen
oder nicht?"
Banz« Minuten.
Von Hans Wald man li.
Es war am 11. November 1370.
Meine Batterie, d. h. die Batterie,
bei der ich als noch ganz junger Lieute
nant stand, gehörte zu einem Detache.
ment des 10. Armeekorps, das, etwas
über eine Brigade stark, nach dem Fall
vo» Metz über Toul, Chatillon, Ton
nere aus Montargis im Bormarsch war
Ein paar Tage vorher waren in
Chablis «inj Lieutenant! uns einige
Dragoner hinterrücks erschossen worden,
von überall her kamen Meldungen über
Franktireurs, eine gewisse Erbitterung
hatte sich Aller bemächtigt, aber auch
eine gewisse Unruhe, ein Gefühl der
Unsicherheit. Wußten wir doch, daß
all die Blaukittel, die, die kurze Thon
pfeife unter der Nase, die Hände in den
tiefsitzen-den Taschen der oben mächtig
weiten Hosen, hi«r und da vor der
Thür eines Hauses standen, im gün
stigen Augenblick zur Flinte greifen
würden, um einen einsamen Patrouil
lenreiter vom Pferde zu knallen oder
ein« Feldpost aufzuheben. Ja, manch
Einer von ihnen mochte schon das Le
ben eines Preußen auf dem Gewissen
haben.
Und sei! heute Morgen standen wir
nnn mit diesem Gelichter, aber auch
mit National- und Mobilgarde im Ge
fecht. Es war eigentlich kaum ein Ge
fecht zu nennen, d«nn «s ging mit
Marschgeschwindigkeit vorwärts, und
fast nur die Dragoner, die Avantgarde
und die zu ihr gehörig« Batterie kamen
zur Thätigkit, der Feind, der nur In»
fanterie besaß, aber an Kopfzahl weit
stärker schien, als wir, hielt nirgends
Stand, ein paar Granatschüsse veran
laßten -ihn jedesmal, fluchtähnlich zu
rückzugehen.
Dagegen wurde in den Ortschaften,
die wir -durchzogen, auS den Kellern
und Fenstern geschossen, was den ver
blendeten Blaukitteln jedesmal das Le
ben kostete, während sie uns keinerlei
Schaden zufügten. Auch jenseits des
Kanal de Bourgogn« und des Arman
con -begleiteten uns Franktireurschaa
ren, die ziemlich lebhaft feuerten, ohne
einen anderen Erfolg zu -haben, als daß
sie das wohlgezklk Feuer unserer In
fanten« auf sich Kulten, das manch ei
nen von ihnen niederstreckte.
Etwa vier -Kilometer östlich Joigny
mündet der Kanal de Bourgogne in
die Aonne, einem ziemlich breiten
Fluß. Während sein linkes Ufer flach
ist, erhebt sich sein rechtes allmählich zu
einen hügeligen G«länd«, hier und da
Es ist fast ganz mit Wein bebaut, oft
tritt Fels zu Tage, und in dies« Felsen
sind lange Keller, Höhlen gleich, einge
sprengt, oder von Natur geschaffene da
zu ausgebaut.
In diese Keller flüchteten di« feind
lichen Tapseren, sich sicher wähn«nd,
Faust, auf das Häuschen los. Zu ih
nen gesellten sich fünf oder sechs Jnfan-
Kristin.
teii.
Avantgarde ablösen müssen, da ihre
Pferde durch das fortwährende Borge,
hen über tiefen Boden bergauf, bergab
schwer ermüdet, die unsrigen aber noch
ganz frisch waren.
Auf etwa MW) Schritt vor Joigny
fuhren wir auf, wir erwarteten, daß der
Feind uns das Eindringen in die
Stadt verwehren würde, aber ungehin
dert, ohne einen Schuß zu erhalten
oder zu thun, rückten Jnsankriekorps
der Avantgarde ein, besetzten die Uon
nebrücke und gingen durch die Stadt
weiter vor? der Feind war spurlos ver»
schwunden, wie vom Fußboden wegge
blasen.
Sobald davon die Meldung an den
Brigade-Kommandeur gelangt war,
gab er den Befehl, daß das Detache
ment in Joigny Quartier beziehen
solle.
Quartiermacher wurden vorgeschickt,
von meiner Batterie ich mit vier Untcr
officieren.
Das Bersah-en dabei ist ein etwa»
Main wird nicht in Anspruch genom
men und Quartierdillets gibts nicht.
Ein 'Generalstabsofsicier oder ein Ad
jutant vertheilt Abschnitte, öfter für
160 Mann und 140 Pferde -drei kleine
Häuser, und in dem zugetheilten Ab
schnitt macht man wiederUnterabschnit
te, in- -denen die Ofsicicre ihren Zug un
terbringen müssen. Wie oft haben da
nicht die Pferde in den Parterrestuben
gestanden und aus Kommooenschubla
den gefressen.
In Joign-y gings besser. Es ist
keine so winzige Stadt und Alles kam
unter. In -dem Abschnitt, den mein
Zug ertheilt, lag der größk Gasthof d«r
Stadt, den ich freilich zum größten
Theil sür die Stäbe und Officiere frei
lassen mußte, aber im Hofe, -der sehr
geräumig und ringsum von- einer hohen
Mauer umgeben Isar, wo ihn Gebäud«
nicht begrenzten, blieb für mich ein gro>
Ber Stall übrig.
Als wir einritten, machte die Stadt
einen leeren, öden Eindruck. Die Per
siennen waren meist geschlossen, ebenso
die Läden, nur hier und da stand ein
Mann, ein alles Weib vor der Thür,
mit finsteren Blicken die verhaßten
Prussiens betrachtend. Gewöhnlich
nahm der „Pisang", wenn wir an ihm
vorüberriiten, den Nasen-wärmer aus
dem Mund: und svuckie aus. Wir be
achteten das gar nicht mehr, es war uns
nichts Neues.
Während der Unterosficrer von mei
nem Zuge im Stall -abschritt, wie viel
Pferde wohl hineinzustellen wären, hielt
ich, selbst zu Pferde, auf dem Hofe sein
Pferd. Zu meinem Erstaunen traten
auf einemal zwei Franzosen an mich
heran, junge, kräftige Kerls in blauen
Blusen.
„Bon soir, monsieur!" sagkn sie
Beide und rückten an den tief ins Ge
nick geschobenen Mützen.
„Boir soir, messieurs", antwortete
ich, nahm An Zügel des Unieroffic-ier.
Pferdes mit in die linke Hand und zog
mir das Portepee meines Säbels über
ostpreußiscl>en Fuchs.
„Siel sind Officier?" fragte der
Eine.
„Ja, Lieutenant."
In diesem Augenblick kam noch ein
Dritter hinzu und ein Vierter zeigte sich
in der Hinterthür des Gasthofes.
„Ah Lieutenant!" sagte -der Erste
Dritte, der dicht an -den Kopf meines
Pferds trat. Er faßte mit d«r lin
ken Hand in -die Zügel meines Pferde?
zu und „Neumann!" in den Stall hin.
ein.
Dabei zog ich die Zügel an und
fein? ch 'i
ich. bs che s g
„Das wär' nu freilich das Beste,
lichter."
Hauses fanden wir zuerst hinter Ton
nen versteckt -das Gewehr, zu dem die
Patronen gehörten »na nach wenig«»
„Gniade," rqf «r. „Gnade! Ich
Schuß abgefeuert."
Ich öffnete das Gewehr, es war
nicht geladen und jungfräulich rein
glänzte seine Seele, ols ich durch den
Laus sah
Trotzdem sagte ich ihm, daß er fii
sil-irt werden würde. Da rang de?
kleine, schmächtige Mann verzweifelt die
Hände, verbuchte den Krieg, Napoleon
Gambetta, beschwor mich, ihm das Le
ben zu schenken, er habe eine Frau und
fic'oen klein« Kinder, er sei Schnei
der!
Ich brach in ein herzliches Gelächter
aus und beruhigte den armen Kerl, ich
gäbe ihm Pardon, wollte ihn auch nicht
zum KrichM?fangqnen machen. El
war selig.
Dies wäre sein Haus, ich könnte da
ran sehen, daß er nur arm wäre, man
habe -ihn gezwungen mitzugehen, er
hätte immer gesagt.es wäre ein Unrecht,
man müsse Frieden schließen, denn nur
mit Napoleon führten die Deutschen
Krieg, und noch «in« Menge ungereim
scheene" gewesen.
In den Gasthof zurückgekehrt, -be
gab ich mich in -die zu ebener Erde ge
versammelt "war, natürlich soweit ihn
nicht Wachen oder sonstiger Dienst fern
hielten.
gerate.
Es -mochte ungefähr neun Uhr sein,
als ich mich auf mein Zimmer begab.
Es war ein sehr schöner Tag gewesen,
nun schien der Mond tageshell und be
gann eben durch die Fenster ein
paar schmakSilberstriche auf den Fuß
boden zu zeichnen, die sich zusehends
verbreiterten.
Ich sah zu den Fenstern hinaus. Der
Hof lag ziemlich dunkel, an der hohen
Hssma-uer -war der Schatten so tief,
dann freies Feld, dann ziemlich fern
ein Waldstück, an -dem ein kleines
Feuer brannte, wohl «in« Fel-dwache,
otxr ein Piket, weiter links nahm ich
Konnten sie -das denn? Wohl nicht
ganz.
Mir kamen die Begebenheiten des
heutigen Tages wieder in den Sinn,
und ich sagte mir, daß ein- nächtlicher
Ueberfall durch die in Joigny versteck
ten Franktireurs zwar nicht wahr,
scheinlich, aber doch wohl möglich war.
Diese Ansicht war verschiedentlich aus
gesprochen worden. Aber für unsern
Gasthof hatten wir nichts zu befürch
ten, -denn einmal lagen eine Meng« Of
ficiere ldarin, fast alle Burschen dersel
ben und vor der Thür stand «in Dop
pelposten, nicht weit davon an der
Brücke wieder einer.
Ich entkleidete mich also und streckte
mich "behaglich in dem guten Bette aus.
Vorher hatte ich jedoch meinen Säbel
handgerecht hingestellt und ein Paar
vorzügliche gezogene Pistolen auf bei»
Nachttisch gelegt.
„Ich glaube, ich hab« keine fünf Mi
nuten mehr >wach gelegen.
Herste fast Tageshelle. Ich mußte
ein paar Stunden geschlafen haben,
denn der Mond war so weit herumze
siern hereinschien.
Ich blickte nach der Thür, und nun
hörte ich wieder jenes leise Geräusch
und sah, wie >der Thürdrücker sich leise
abwärts bewegt«.
Ich muß gestchen, ein kalter Schaue»
durchlief mich also doch!
„Nun gut," dachte ich, „wenn es denn
ich, daß Bisir und Korn vollkommen
zu sehen -waren. Ich bin ein auter
Pistolenschütze, hatte mit diesen Waf
fen nach Spielkarten geschossen und
war meiner beiden Schüsse vollkommen
sicher.
Jetzt hörte ich draußen leises Gemur
mel und wieder bavegte sich die Thür
klinke, auch war es mir so, als stemm,
sich von außen Jemand gegen die Thür,
um sie einzudrücken. Daß man das
möglichst geräuschlos zu bewerstelligen
suchte, hielt ich nur für richtig, man
wollt« die armen Opfer, di« man nach
reichlichem Weingenuß in festem
Schlafe glaubte, möglichst überra
schen. Ich hatte mir das Thürschloß
angesehen, es war nichts weniger als
stark und so eingerichtet, daß die
Zunge hinter eine m den Thürpfosten
geschlagene Hespe griff, di« einem kräf
tigen stetigen Druck unbedingt weichen
mußte,
Und dies vorsichtigte Vorgehen hatte
noch einen anderen Grund, die Bande,
die uns überfiel, war schwach, wenig
stens nicht so stark, als daß sie der Vor-
Sollte ich schließen?
Ja auf den Schuß würde Alles
«rwachen und alle Gefahr abgewendet
sein.
Aber «inen Todten sollten sie doch
haben. Wenn ich auf den vorher an
visirten Punkt schoß, mußte ich un
fehlbar den Kerl, der die Thürklinke
gefaxt hielt, durch die Brust tr-.sfen,
ein heilsamer Schrecken für die Halun
ken.
Wieder bewegte sich die Thürklinie,
»i?d wieder mertte ich, daß von außen
gegen die Thür gedrückt wurde.
Ich nahm dasPistol in die UnkeHand,
stach das rechts neben mir liegende,
denn ohn: Stecher standen 'sie etwas
schwer, dann stach ich sas ander«,
stützte den linken Ellenbogen auf da«-
Knie, legte das Pistol auf die linke
Hand und zielte, eine fast teuflische
Freude durchströmte mich. „Das ahnt
ihr Halunken nicht," dachte ich
»nun —"
Mein Finger berührte -den Abzug,
hätte ich ein wenig gezittert, so gab es
einen Todten. Gott sei Dank, ich zit
terte nicht.
Denn in dem Augenblick, als ich
abdrücken woll!«, schnappte der -her
untergedrückte Thürdrücker in die Höhe
und mit dumpfem Gepolter glitt drau
ßen an der Thür Jemand stöhnend zu
Mit zwei Sprüngen war ich an der
Thür, hatte aufgeschlossen und sie auf
gerissen. Was ich zu sehen erwartet«,
kann- ich beim besten Willen nicht sa
gen, ich hatt« nur das Gefühl, hier
müsse irgend etwas Seltsames gesche
hen sein. Was ich aber sah, war über
all meine Erwartungen. Zu meinen
Füßen lag, sich mühsam wieder auszu
richten versuchend, ein Assistenzarzt.
Der unbeschreibliche Ausdruck seines
Gesichts, mit dem er mich ansah, -der
ich in Unterhosen und -Hemd, das
schußbereit« Pistole in der Hand, vom
Mondlicht umsluthet, im THUrrahinen
stand, belehrte mich: er war betrun
ken.
Und nun durchfuhr mich ein heftiger
Schreck. Aknn -ich g«schossen hätt«!
Dann wälzte er sich vielleicht nein
sicher jetzt in seinem Blut« und ich
hatte für mein ganzes Leb«n etwas auf
der Seel«, das keine Zeit, keine Argu
mente herunkrwaschen konnten.
Ein, Schauer schüttelte mich und
Wuth gegen den Trunkenen, der
mich fast zum Mörder gemacht, erfaßte
mich.
„Herr!" schrie ich ihn an, „was ha.
ben Sie hier zu suchen? Wissen Sie,
daß ich Sie fast erschossen hätte?"
Er schien halb und halb zu begrei
fen.
„Donnerwet t«r!" lallte er, „er
schoss«n? Ah Pardon falsch«
Thür."
Und nun ging «s auch mit dem Aus
stehen schneller, freilich mußt« «r sich an
den Thürpfosten hallen und schwankte
bedenklich.
„Seien Si« froh, daß die Thür nicht
nachgab, und wären Sie nicht zu ach
ter Zeit umgefallen, waren Sie ein tod
ter Mann!"
„Donner wet ter!" stammelte
er.
Den ganzen Ernst der Lage, -in der
er sich befunden, erfaßte «r in j«ner
Nacht freilich nicht mehr, ab«r als ich
ihm am nächsten Tag« erzählt«, wi« er
in Todesg«fahr geschivebt, da würd« er
doch etwas bestürzt und schwor, sich nie
wieder betrinken zu wollen.
Mit meiner Nachtruh« wars zu
Ense. Erst gegen Morg«n schlief ich
etwas «im
Am andern Dag« wurdy überall
nach Waffen gesucht, und zahllos« Gi
ehle aller Art flogen, nachdem ihnen
geschlagen, von ver Aonn-ebrücke herab
in den Fluß. Viele schöne Jagdg«-
wehrte waren dabei, ich wagte nicht,
eins für mich zu retten,die Armee mußte
sie vernichten der eigenen Sicherheit we>
ich, der Privatmann, -durfte mir
Uebrigens- wann auch viel« Ge
wehre 'darunter, aus denen augenschein
lich am Tage vorher geschossen worden
Das Tabatieregewehr aber, das ich
dem tapferen Schneider der National
garde abgenommen, besitze ich noch.
Ob der Doktor feinen Schwur ge
halten, kann ich nicht verrathen.
Liebe u«» Fischnetze.
In Musselburgh bei Edinburgh be
findet sich die größte schottische Fisch
netzfabrik. Sie verdient besondere
Anführung nicht blos wegen der groß
artigen Ausdehnung des Betriebes,
sondern weil von dem Gründer der
selben, James Paterson, der Ueberlie
ferung nach, vor ca. 70 Jahren der
Netzstuhl in ganz ähnlicher Weise wie
Wkllaiin Lee's Strumpfwirkvorrich
tung ausgefonnen wurde. Paterson
war ein Küfergefelle und Pflegte d«s
Abends am Strande sich aufzuhalten,
wo di« Frauen und Töchter der Fi
scher mit Ausbessern und Anfertigen
von Netzen beschäftigt waren. Nach
dem er die Mädchen sattsam bei der
Arbeit gestört haben mochte, versprach
er. für sie eine Maschine zu
welche ihnen die Mühe des Arbeitens
ersparen sollte. Kriegerische Ereignisse
riefen jedoch bald darauf den Dorfhel
den von der Netzidylle fort; Paterson
folgte der britischen Fahne nach
Egypten, nach der pyrenäifchen Halb
insel und nach Waterloo. Der Friede
brachte ihn wieder in die Dorfge
meinde. wo er nun daran ging, fein
verpfändetes Wort einzulösen, was
ihm, nach den im Anfange unerläß
lichen Mißversuchen, endlich auch ge
lang. Paterson'sche Webestuhl
Anordnung der Häkchen, Walzen,
Räder u. s. W.ist im Ganzen gerade
wie bei der Strumpfwirkmaschine, zu
deren Erfindung ja ebenfalls die
Liebe geführt, beibehält«» worden.
Versprochen. Schnaps
bruder (in der Apotheke): „Ich möchte
für 20 Pf. d-ippelkümmclsaur:s Na
tron!"
Ein Testament.
Giovanni Livio kehrte eines Nach
mittags in ungewöhnlich heitererLaune
in seine, in der Rivolistraße gelegene,
bescheidene Wohnung heim. Er stürzte
unsinnig die schmale Eichentreppe hin
auf und trat laut pfeifend in fein
Zimmer ein. Seine Hauswirthin, die
gute, alte Ludovica, schlug, über dies
Benehmen erstaunt, ihre Hände zu
sammen.
len! Was ist Ihnen widerfahren?"
„Ein unerwarteter Glücksfall, Lu
dovica! Ein unerwarteter Glücks
fall!"
„Nun, wahrhaftig, seit Sie Ihr Ad
vocatendiplom erhielten, habe ich Sie
noch nicht so gut gelaunt gesehen.
Und das ist nun schon gute fünf Jahre
her."
Livio langte mit gewichtiger Miene
in die Brusttasche seines Rockes, zog
aus derselben einen Brief hervor und
sprach wie folgt:
„Nun, hören Sie zu, Ludovica!
dermaßen: Lieber Freund! Ich ver
ständige -Dich, daß Dein Onkel, der
alte Geldsack, aus diesem Schatten
seines Vermögens den Jesuiten-Pa
tres hinterließ, bedachte er auch Dich.
Da seine Hinterlassenschaft Hundert
schaft harrt. Komme sofort und
treffe Deine Anordnungen! Auf Wie
dersehen! Es umarmt Dich Dein auf-
Ludovica, „binnen kurzer Zeit ein
reicher Mann sein."
„Und auch glücklich, Ludovica!"
Stockwerk, wo Adelardi, der immens
reiche Capitalist, wohnte, dessen Toch
ter Cöleste anerkanntermaßen das
schönste Mädchen in ganz Capua w«r.
Als er eintrat, stand der Bankier
vor einem großen Aquarium und un
tine Weise, daß Livio das Blut aus
dem Kopfe in die Fußsohlen hinab
lief.
spöttisch, „welcher Wind bringt denn
Sie daher?" -> ,
Livio kämpfte seine Verwirrung
nieder und erwiderte in feierlichem
„Ich komme aus demselben Grunde,
welcher mich schon zweimal zu Ihnen
führte."
„Ach, demnach halten Sie also wie
der um die Hand meiner Tochter an?"
schlechtes Gedächtniß."
„Sie täuschen sich, geehrter Herr.
Gerade Ihre Woite ermuthigen mich
zu dem dritten Versuche."
„Da sehe Einer," spöttelte der
Bankier weiter, „haben Sie vielleicht
langt?"
„Die Möglichkeit, sie zu erhalten,
i't nicht ausgeschlossen," erwiderte Li
werde."
Damit überreichte er ihm seinen
Brief.
Der Alte las diesen sorgfältig
durch, faltete ihn zusammen und gab
ihn mit den Worten zurück:
„Das ist schon etwas Anderes;
wenn Sie wirklich erben, habe ich keine
„Ergebenster Diener! Viel Glück,
vor einem vorstädtischen Hotel aus
dem kleinen Cabriolet ausstieg, in wel
chem er behufs Uebernahme der erhoff
ten reichen Erbschaft nach Neapel ge
kommen war. Schnell wusch er sich
den Reisestaub vom Gesicht, bürstete
seine Kleider ab und trat dann in die
Schänke, um seinen Magen mittels
einiger Bissen und einiger Gläser Bur
gunder gehörig in Ordnung zu brin
gen.
Als er in die Schänke eintrat, war
der erste Mensch, der ihm in die Augen
fiel, sein ehemaliger Studien-College
und sein bester Freund Fabiano. Li
vlo flog auf ihn zu.
„Nun, mein Alter," fragte er ihn,
„wie steht's mit uns? Weißt Du über
meine Angelegenheit schon etwas Ge
wisses?"
„Ja," antwortete Fabiano mit saue
rer Miene, „und ich muß Dir sagen,
Livio, Dein Alter war einer der größ
ten Schurken, die jemals die alte
Erde auf ihrem Rücken trug. Zu sei
nen Lebzeiten verleugnete er Dich, nach
Soldi mehr bekommen, als bescheidene
tausend Thälerchen. Das Uebrige
wird den' Jesuiten gehören."
In Livio erstarrte das Blut. Die
Schänke begann sich mit ihm zu dre
hen, als ob er den größten Rausch
Hätte.
„Von wem hast Du das gehört?"
! fragte er niedergeschlagen,
j „Bon dem Notar, der das Testa
' ment geschrieben hat. Bei ihm sind
die tausend Thaler deponirt, welche
die Jesuiten - Patres im Sinne des
l Testamentes sür Dich hinterlegt ha
ben."
„Wo wohnt der Notar?"
„In der nächsten Gasse."
„Wie heißt er?"
„Ich gehe zu ihm hin," sagte Livio
erregt. „Ich will das Testament sehen.
Erwarte mich, ich bitte Dich, in einer
Damit stürzte er fort.
Fabiano bestellte sich noch eine
Flasche Wein und schimpfte auf die
Bestie in Menschengestalt, auf diesen
Onkel, der einen Neffen, welcher außer
seinem Diplom nichts besaß, auf so.
grausame Weise um seine Erbschaft
Schon wollte er die vierte bestellen,
als Livio mit strahlender Miene und
eine Arie vor sich hinpfeifend, eintrat.
Laune der Welt.
„Nun, Livio?" fragte Fabiano stau
nend.
„Ich bin zu dem Resultate gelangt,
lieber Freund," antwortete Livio, „daß
das Gericht, welches die Erbschaft den
Patres zugeurtheilt hat, aus lauter
Schafsköpfen besteht, und daß mein
seliger Alter der beste Onkel war, der
jemals gelebt hat und zur Freude sei
den ist."
„Sprich deutlich," drang Fabiano
in ihn, „selbst wenn ich vollkommen
staben von Deiner Rede verstehen."
„Nun, mein lieber Alter, vorläufig
sage ich Dir nur soviel, daß ich meine
Angelegenheit vor den Vicekönig
langen und nicht in die der Jesuiten.
Ich habe nicht umsonst in Bologna
Jura studirt! Erlaube mir nur, mich
genheit in Anspruch nimmt, mich als
Deinen Gast zu betrachten, denn ich
habe verdammte Noth an Kleingeld."
„Meinetwegen ein Jahr!" antwor
tete Fabiano. „Wenn die Sache nur
gelingt."
„Ich hoffe es!" sagte Livio.
Sechs Wochen nachher entschied der
damalige Vicekönig von Neapel, Os
suna, den Proceß Livios mit folgen
dem, endgiltig rechtskräftigem Urtheil:
„Der Erblasser kstirte sein Vermö
gen den Jesuiten-Patres mit der aus
drücklichen Bedingung, daß sie ver
pflichtet seien, dem Neffen des Erblas»
sers so viel zu geben, als sie selbst
wollen. Da nun die Patres selbst
neunundneuyzigtausend Thaler wol
len, so sind sie verpflichtet, dem Neffen
soviel zu geben."
Als Livio mit diesem Urtheile in
der Tasche bei Adelardi eintrat, zog
ihn der alte Bankier an seine Brust
und sprach zu ihm:
„Ein so pfiffiger Advocat, wie Sie
es sind, verdient eine ausgezeichnete
Partie zu machen, selbst wenn er nicht
neunundneunzigtausend Thaler, son
dern nur ebensoviel Soldi in der Ta
sche hätte; Ihnen gebe ich meine Toch
ter und niemand Anderem." ,
Einer, dem vor wenig Stunden
Azrael das Ende gab.
Gelb das Antlitz, blau die Lippen
Wie im Leben —; schielend auch
Voller Neid auf Alle, denen
Schon das Urtheil war verkündet.
Das das Paradies versprach.
„Muhammed, was ist's mit diesem?"°
Fragt jetzt den Prophet der Herr;
Denn obgleich er's selber wußte,
Des Propheten Urtheilsspruch. >
Hat auf Erden er beneidet!
Wo am tiefsten die Dschehenna,
Herr, da weis' den Sünder hin !"
> Allah aber sprach im Zorne :
„Nein, der kommt in's Paradies,
Weil der Neid, den er empfindet „
Bei der Seligkeit der Frommen
Ihm zur Höll' den Himmel macht." '!
Sie weiß Bescheid.
Gattin: Karl, ich habe vorhin ein herr
liches Costüm gesehen, das mußt Dir
mir kaufen! Gatte: Ach, xede doch
nicht, liebes Kind, laß mich in Ruh«,
ich habe kein Geld! Gattin: O, ich
buch bei Dir gesehen, davon war mxch
nicht ein einziges Blatt verbraucht!
Stichhaltige Gründe.
Richter: Ich begreife wie Sie bei
Gründe. Richter: Nämlich?
Schlau. Er: Theures Weib:
Sie: Ich auch nicht. — Er: Das freut
Winter keinen neuen Mantel!
Zarte Anfrage. Dimer
„Sagen Sie 'mal, würden Sie je dc»
Geldes wegen Heirathen, Herr Ba
ron?"— Baron: »Wie viel baber» Si»
t«nn?l" ' .