6 ÄluS dem nledersachslschcn Voltt leden. DaS nordwestliche Deutschland, der alte Stammsitz der Ni?dersachsen, hat liches Gericht) der Sachsen gehalten wurde, hier erklingm noch die alten Sagen, welche an den altdeutschen eines Germanen-Häuptlings schützend bedecken. Weit dehnt sich die Haide, deren rothe Glöcklein von unzahligen mers ihren Stand erhalten. Auf der Haid« ist alleiniger Herr und König der Schäfer, welcher seiner Schippe gelehnt, dem treuen die Hut der Schafe fast allei.i rtei lassend. Ueber seinem Haupte kreist der Falk und zieht der dcu'. Wiesengründe, auf denen der Nebel in dicker Schicht lagert, führt fein Weg; barfüßige Knaben, die unter Peitschen knall ihre gehüteten Rinderherden vor Unter Dorf haben wir uns hier nicht «ine Ortschaft mit nahe zusammen stehenden Häusern vorzustellen, viel mehr liegen die einzelnen Wohnungen getrennt, oft weit von einander ent fernt. Um seine Behausung hat der seine Ackerländereien, feine Wiesen und seine Waldgehege, in deren Mitte der Giebel des mit Stroh gedeck ten Hauses sich erhebt. Begeben wir uns in das Innere eines solchen Hau ses, so treten wir durch eine große Thüre ein, die aus zwei Flügeln be steht. Der eine Seitenflügel ist wie der aus zwei oder drei einzelnen sich frei über einander bewegenden Theilen zusammengesetzt, so daß es dem Haus besitzer ermöglicht ist, so viel er will von seine» Thüre zu öffnen, ohne den Zugang zum Hause zu erschließen. Außer dieser großen Thüre hat das Haus auch noch eine oder zwei kleinere Haupleingang und wird nur bei wich tigen Familien-Ereignissen zum Ein tritt und Austritt ganz geöffnet. Durch sie tritt das neuvermählte Brautpaar ein und nimmt an o«r Schwelle den Glückwunsch der Eltern und Geschwister entgegen, durch sie wird der junge Weltbürger hinausge tragen zur Taufe, durch sie schwankt auch der Sarg hinaus zur letzten Ruhe stätte. Durch die große Thüre betreten wir zunächst den unteren Theil des Hauses, wo vorläufig der Kehricht sich ansam melt, bis er bei völliger Reinigung des das HauS auf den Düngerhaufen ge schafft wird. Neben diesem Theile des Hauses, dem sogen. „Wamm", sind rechts und links die Pferdeställe. Das Pferd, das geheiligte Thier der alten Sachsen, erfreut sich noch jetzt in >tord dentschland besonderer Liebe und Pflege, und Pferdeköpfe zieren den Giebel des Hauses, um alles Unglück von Haus und Hof fern zu halten. Wenigstens liegt letztere Idee diesem Gebrauche zu Grunde, und wenn auch der Glaube an die schützende Macht des Thieres mit dem Christenthum schwand, so trennte sich doch der Sachse ungern von der Erinnerung an fein Lieblingsthier. Verlassen wir den „Wamm", so ge langen wir weiter auf sie Tenne des boden, wo im Winter vor dem Früh stück jeden Morgen eine Lage Korn ge droschen wird. Jetzt ist Dieses lang weilige und lästige Ausklopfen des Getreides mit dem Flegel jevoch haupt sächlich nur noch bei dem kleineren Be sitzer üblich, während die größere!» Bauernhöfe auch hier fast überall mit der Dreschmaschine arbeiten. Neben der Tenne sind die Stallungen für das Rindvieh, welches seinen Kops aus erstere streckt und von derselben stin Futter entgegennimmt. Von der Tenne kommen wir in die mit kleinen Kieselsteinen schön gepflasterte Küche, wo auf einem Roste ein offene? Fener brennt. Die genannten drei Theile des Hö ffes : „Wamm, Tenne und Küche", befinden sich auf einem Flur und ge hen, ohne durch Thüren geschieden zu sein, in einander über. Werfen wir unsern Blick in der Küche nach oben, so sehen wir »ur Winterszeit bis Fast nacht am Meinen Fleisch, Speck uid Würste im Rauche hängen. Der Rauch sucht bei offenem Herde feinen Weg durch Thüren und Fenster, da ein Schornstein auf dem echten niedersäch sischen Hause nicht gekannt wird. Vor den Faschingstagen aber wählt der Bauer für sein- Fleischsachen gern ei nen sichereren Verwahrungsort, denn Prinz Carneval treHt auch hier sein volles Wesen. Die Burschen des Dor fes veranstalten mit ihren Pferden ein Wettrennen, zu dessen Schluß ohne weitere Erlaubniß in die Häuser gerit ten und die beste Mettwurst vom Wie wen heruntergeholt wird. Acht Tage Hör Fastnacht schon wird der sogen. Hahnen - Sonntag gefeiert. Unter manch?n Ceremonien mußt« früher ein ! an einsm Baumast aufgehängter Hahn von galoppirenden R?it«rn htruni-r -g?holt w?rden. Derjenige, dem die! Kunststück gelang, wurde am selben Tage und in den FastnachtStagen als Hahnenkönig gefeiert. In neuerer Zeit hat man statt des Hahnes «ine Wurst, «inen Schinken oder dergl. ge wählt und dabei auch auf den Ritt verzichtet. Doch sind noch der Hah nen-Sonntag und Fastnacht in nieder sächsischer Gegend besondere Volks feste, die ihren Schimmer auch in die ärmste Familie werfen. U«b«rhaupt vcrsteht es der N-iederfachse wie seine Vorfahren, auf eine einfache natürlich: Art sich zu vergnügen. So ««ranstal tet die heranwachsende Jugend an manchen Sonntag - Nachmittagen ei nen sogen. Holzschuh-Ball, wo auf der Tenne irgend eines Bauernhauses un ter den Klängen der Harmonika oie Jünglinge und Mädchen sich mit den dort überall getragenen Holzschuhen in lustigem R?igen dr durch's Leben. Wie das Pferd das Lieblingsthier, so ist die Eiche de» LieblingSbaum des Volks, und das muthwillige Abschneiden eines jungen Eichbäumchens gilt bei demselben als ein schweres, nichtswürdiges Verge hen. Der Ruf «ines Bauernhofes hängt nicht zum wenigsten ab von der Eichen, und schwer wird es d?m Hof besitzer, eine derselben zu Bau-Zwecken zu fällen; mit der Eiche, welche viel leicht mehr als ein Jahrhundert ihre schützenden Arme über das Haus auS von seinem Herzen gerissen. Neben dem Wohnhause baut der Norddeutsche auch noch eine Scheune, welche das Winterfutter für's Vieh. ten Torf aufnimmt, und einen Stall für die Schweine, deren Zucht stark betrieben wird. Im Herbst werden die Schweine heerdenweise hinaus ge dem Kampe, dem bei dem Hause lie genden umfriedigten Ackerfelde, läßt man von denselben abweiden. Neben der Schweinezucht blüht die Rindvieh zucht, sowie die der Schafe und Gänse. Während mit letzteren und deren Fe dern ein einträglicher Handel getrieben wird, ist von den Schafen besonders der Dünger geschätzt. Auf den aus gedehnten Weideflächen gehen Rinoer, Gänse, ja selbst Pseroe ost den gan zen Sommer auf die Weide, welch; sie auch des Nachts nicht verlassen; nur werden di« Gänse dann in ein beson- Sommer ein drei- bis viermaliges Rupfen, weshalb man in Norvdeutsch land auch nur Federbetten kennt und alle Deckenbetten als Zeichen der Ar etlich« zur Zucht für den Winter übrig gelassen. Diejenigen Rinder, wilche auf einer Gemeindeweide den Sommer fang des Winters wieder nach dein Dorf« zurückgeholt, ein wichtiger Tag und w?ih er Balkrn und Scheun? ge füllt, so läßt er d?n Wint?r ohn? Sorg- herankommen. Doch auch im Winter h?rrscht bei i ihm k?ine Unkhätigkeit. Es ist o?r Flachs, j?ne einfache, bläulich l,lk- Leinen die Wintertag? und Abende verkürzt. Bereits im Herbst di? nöthigen Borarb?it?n an di-ser nen Handinaschinen brechend und auf ! der Hechel reinigend. An den Winter > tagen und langen Abenden sitzt dann die ganze Familie nn warmen Stilb« chen, dessen in der Wand stehender Ofen von der Küche aus mit Torf ge speist wird, und spinnt den Flachs zu Garn. Die jeweilige älteste Tochter des Hauses aber webt das Gesponnene auf dem Webstuhl zu Leinen, zur Aus steuer. Unter dem Klopfen des Webe kammes und dem Schnurren der Rä der werden alte Geschichten und Sagen immer neu erzählt.Lieder gesungen. Ali Theil ihres jährlichen Lohnes erhallen die Mägde auch oft ein Feld von be stimmter Größe mit Flachs besäe:. Um diesen zu spinnen, werden dann im Wiikter alle Dienstboten des Dorfes an einem gewissen Abend balz bei vies-r, bald bei jener Magd zur Spinnstuüe zusammengebeten, um deren Flachs zu Garn verarbeiten zu Hilfen. Wie bereits erwähnt, bildet das Feuerungsmaierial der Torf. Dies-c wird im Moore, jenen öden ten Landstricken dort ein charakteristisches Mer.'inal bilden, gegraben. Im Sommer wa dert der Bauer etwa einen Monat lang Tag für Tag mit Knechten u.id Mägden zum Moore hinaus, um d-.i Torf zu stechen, und bald ziehen sij lange Reihen dieses schwarzen Mate rials dahin, welches nach vierzehn Ta gen zum weiteren Trocknen auf Hau fen gesetzt nnd im Spätsommer in di. Scheune gefahren wird. Doch nich! blos Torf, allch den bekannten Buch weizen liefert das Moor. Diese Ge treiocart beoeckt hier große Flächen, sie bietet uns als Mehl den beliebten Pfannekuchen, und zu Graupen ge mahlen die Buchweizen - Grütze. Pfannekuchen, Milch und Fleisch sind die Hauptnahrungsmittel des Nieder sachsen, und Dank dieser einfachen Kost wächst ein Geschlecht heran, das, wie sein? fest und wetterhart sich Frühzeitige Ehen, sogenannte Kin derchen, finden sich noch heute bei einer großen Anzahl von Naturvölkern; sie sind bei den Juden Osteuropas etwas Gewöhnliches, und noch jüngst sind die Engländer gegen die Kinderehen in Indien sehr scharf eingeschritten. Wie jetzt die bekannte illustrirte Zeitschrift für Läi