I Der schwarze Kosier. (6. Fortsetzung.) jZeit sei, mich de« Mannes zu versi chern, und der zerbrochen« Spiegel kam mir dabei sehr zu statten. Ich ließ den Wirth rufen bei dem Klirren d«r zwingen. „Der Mensch Ist betrunken," sagte nach meiner Stube, konnte aber die ganze Nacht kein Auge zuthun bei dem Gedanken, daß ich unter demselben unvorsichtigen, bösartigen Worte am Herzen fraßen und der Wahl mit Zit tern dem Morgen und dem, was dieser bringen würde, entgegensah. Was der Morgen Wohl bringen würde! Ich selbst hatte nur eine sehr «rwart«te und wünscht«, und ahnte nicht, wblt, was Sonnta«, Abend vor gefallen ist, und nun w«st Du mich in's Bockshorn jagen und mich zur Reue zwingen. Und es reut mich ja auch aber ibre Leiche in dfm Kof fer! Ich kann es nicht glauben. Das arme alte Geschöpf! Das geizige al:e Ding!" Und zu meinem grenz-nlofenErstau nen brach der rauhe Geselle in leiden schaftliches Schluchzen aus. Eine Stille trat ein und erst nach einer Weile saftte Austin sehr deutlich und eindringlich, aber mit einerKälte, die sehr von seiner sonstigen Herzlich keit abstach: „Du hast sie umgebracht in jener Nacht, Philips. Du weißt, daß Du es gethan hast. Wagst Du im An gesicht des Himmels, beim kZcdächtniß unserer verstorbenen Eltern zu sagen, daß Du sie in jener N-chb'' zr» vöden geschlagen hast?" Ich preßte das Ohr an die Thür spalte und lauschte in athemloser Spannung auf die Antwort. Sie er folgte auch, aber so leise, daß ich sie nicht verstehen lonnte. Eine Pause trat ein und ich fletschte die Zähne vor ohn mächtiger Verzweiflung. Plötzlich aber ward Austi: sStimme wieder vernehm lich, und aus dem, was er sagte, lonnte ich mir auch einen Theil von Philivvs Antwort zurechtlegen. „Wenn Du also diesen ersten, gräß lichen Punkt nicht in Abrede ziehst," sagte Austin, „weshalb willst Du dann wahnsinniger Weise vas Uebrige leug nen?" „Ich gebe die Thatsachen zu, deren ich mich erinnern kann," rief Philipp außer sich; „andere nicht." „Du leugnest also nicht, daß Du be trunken warst?" „Nein." „Dermaßen betrunken, daß Du kein BtWUbtsiiv.DiintK Tdpns mehr hat- irp «s ip oies ia yausig genug ver Fall gewesen bei Dir, mein arm«rßru Soviel ich errathen konnte, schwieg Philipp. „Höre mich an," begann Austin wie der, aber Philipp fiel ihm in's Wort. „Weiß Edith Alles?" rief er heftig. „Sie weiß natürlich Vieles. Du wirst nicht leugnen wollen, daß Du häufig erklärt hast. Du werdest der alten Frau noch einmal den Garaus machen, wenn sie Dich mit ihren Mo ralpredigten über Deine Deine Ge wohnheit«» quäle. Du hast das zuEdith selbst gesagt." „Ja," erwiderte Philipp. „Wie man so etwa? sagt im Scherz." „Gut," fuhr Austin f»rt. „Sonntag Abend kamst Du betrunken nach Hause; Du hattest einen Wortwechsel mit der Tante und v«rs«tztest ihr einen Stoß, um sie aus Deinem Zimmer zu entfernen. Das alles gibst Du zu?" „Ja," sagte Philipp wieder ganz laut. „Die ganze Nacht über bist Du al lein in ihrer Näh«, am nächsten Mor gen ist sie »erfchwund«n. Wir verlassen miteinander das Haus und wenige Stunden darauf entdeckt man ihre Leiche in Deinem Koffer. Letzteres ist Thatsache, ob Du sie «inräumst oder nicht." Philipp schwieg wieder. „Und nun leugnest Du, die Leiche hineingesteckt zu haben, und wußtest doch, daß sie d'rin war das geht aus Deinem Brief hervor." „Austin," versetzte Philipp mit hei serer Stimm«, „ich habe in Dir immer den älteren Bruder geliebt und geach tet, und soweit ich mich erinnern kann, habe ich noch nie gelogen, so viele Feh ler ich auch, Gott sei's geklagt, sonst habe. Ich schwöre Dir, daß ich von Tante Elisabeths Tod nichts wußte, bis Du vorhin in mein Zimmer kamst." „Weshalb," versetzte Austin herb, „schriebst Du mir dann den Brief nach Paris?" aber sagte Philipp deutlich: „Ich will Dir lieber alles sagen, soweit ich mich nämlich darauf besinnen kann, ein we nig bringe ich es wohl untereinander, wie Du Dir denken kannst. Aber bei Edith habe ich wohl gar keine Aus sichten mehr?" „Wahrhaftig nicht," rief Arthur wü thend. „Sie ist meine Braut wie wagst Du, so etwas zu sagen? Hat Dir Fräulein Simpkinson nicht selbst al les gesagt?" „Ja, ich weiß ek, nur.... Mn denkt sich hie und da nun, nachdem Fräu lein Simpkinson mir alles gesagt hatte, faßte ich nichtsdestoweniger den Ent- Tabatladen zu br«ch«n. Ich sagt« es ihr und schrieb es ihr auch, und ich bekam ein paar Briefe von dem armen Ding, in denen sie bitterlich klagt und mich recht schlecht macht leiden schaftlich«, zornige Episteln. Als ich nun amSonntagAbend heimkam, stand mein Koffer fix und fertig gepackt da und ich hatte d«n letzten Brief sammt ihrem Bild und der Locke, die der ar den Koffer und klappte den Deckel zu. Ich wußte also, daß das obenan lag, und nun, wenn man uuch einen Korb wenn Edith meinen Koffer aufgemacht hätte, würd« sie den aanzen Kram ae sunoen und sich einen Vers dazu ge macht haben. Und mir war's, als ob mir der Tod lieber wäre, als Ediths Verachtung weil sie doch Deine Frau wird, Austin, glaube ich." schichte," bemerlteAustin höhnisch. „Ich will hoffen, daß Du sie der Palizei glaubwürdig beibringst, denn daß Edith möchte ich nich! behaupten. Dein Kof fer war also voll mit Büchern, als Du v»n Southend weggingst, und die Lie besbriefe und Andenken lagen zu oberst?" „Ja, bei Gott!" rief Philipp. die alte Tante Hineingelrochen?" Keine Antwort. „Nehmen wir einmal an, Du seiest von der Richtigkeit Deiner Aussage überzeugt, dann will ich Dir ssgen, wie die Sache sich wirklich zugetragen hat. Erst aber beantworte mir eine Frage: »„Weshalb warst Du so besorgt um Tante Elisabeth?" „Weil ich, wie ich Dir schon sagte, einen Wortwechsel mit ihr gehabt habe und sie zur Thüre hinausstieß, wobei sie sich möglicherweise verletzt haben tonnte. Am andern Morgen ivar sie „Was vermuthlich der Fall war/ sagte Austin herb. „Nun höre mich an. Als Du nach Haus« kamst, warst Du wüthend über die Tante, weil Du Dir eingebildet hattest, daß EdithSimpkin fon Dich statt meiner wählen wurde, wenn nur die alte Dame Dich zu Jh remErben machen wollte. Du geriethest in Streit mit ihr, gabst ihr, wie Du sagst, einen Stoß, das heißt. Du hast sie ganz einfach zu Boden geschlagen." „Nein," warf Philipp ein. „Das that ich nicht." „Du hast sie geflohen und sie ist ge fallen. Leugnest Du das?" „Ich hörte sie nicht fallen. Erst am andern Morgen stellte ich mir vor, sie könnte gefallen sein." „Du suchst Ausflüchte, Philipp," so war; Philipp suchte nur mühsam die Einzelheiten des Vorfalls zusammen, so gut es seinem umnebelten Geiste ge lingen wollte. „Also gestoßen hast Du sie? Und dann läßt Dich Dein Gedächtniß im Stich. wie.Du btlxutvM. Gedcn wir weil er. AI, Du sahest, daß die alle Person nicht mehr aufstehen konnte, bist Du erschrocken; Du machtest den Versuch, sie wieder zumßrwußtsein zu bringen, was Dir aber nicht gelang. Schließlich hast Du Deinen Koffer ausgepackt und, mit der Absicht, sie un terwegs irgendwo loszuwerden, die Leiche hineingesteckt. In Charing Croß wurden die beiden Koffer verwechselt das Uebrige liegt am Tage." „Ich kann mich dessen nicht erin nern," sagte Philipp. „Arinnerft Du Dich an irgend einen and«rn Vorgang jener Nacht? Ist eine andere Deutung denkbar? Du rühmst Dich, nie die Unwahrheit ge sprochen zu haben, aber sage mir, ob Du in Deiner Trunkenheit nicht oft wie im Traume gehandelt hast? Sag' mir doch, ob Du an jenem Abend nicht wieder jenes verhaßte Chloral «enom men hast?" „Das that ich, und wenn Du wüß test, was Schlaflosigkeit für einen nervösen, betrunkenen Menschen be deutet, so würdest Du das begreifen." „Und kannst Du unter diesen Um ständen Dich selbst für zurechnungs fähig halten? Kannst Du inAbrede zie hen. mir erst «cht oder vierzehn Tage vorher selbst erzählt zu haben, daß Du, sobald Du die Dosis Chloral zu stark nehmest, Dinge sehest,die gar nicht vor handen seien, und Dinge thuest, von benen Du am andern Morgen keine Ahnung habest?" Ob Philipp eine Antwort gab? Hö ren konnte ich sie nicht. ~°>ch will Dir etwas sagen," fuhr Austin fort. „Ich habe selbst erlebt, daß ein Mann Nachts in Todesangst in mein Zimmer stürzte und behauptete, es seien Einbrecher bei ihm eingedrun gen, und der eine habe ihn mit einem Messer verwundet, daß ihm das Blut am Nachthemd herunterriesele. Ich sah hin, konnte aber nichts davon entde cken; ich ging mit ihm in fein Zimmer und fand keinen Mensch«n dort." „Ja, ja!" kreischte Philipp. „Auch ich babe solch« Visionen gehabt, aber wirkli-5 geschehene Dinge habe ich nie vergessen." da ein so großer Unterschied? Ich kenne »inen, d«r mir sagte, er sei die ganze Nacht in seinem Bett gele gen und habe geschlafen, und doch sah ich ihn selbst im Garten imMondschein Rosen pflücken." „Halt ein! Hakt ein!" rief Philipp. Philipp stöhnte laut. .Sag' mir nur eins," sagt« Austin drmqend, „Die Polizei ist uns auf den Fersen. Die ganze Geschichte wird auf gestöbert sag mir nur eins: was "'"und" träumtest?" Mas träumte Dir?" „Mir traun-»: ach, Austin, ich gen hatte ich rasendes Kopfweh." „Und als ich zu Dir kam, fehlte d«r Schlüssel an Deinem Koffer. Philipp, erinnerst Du Dich, wo ich ihn fand?" „Ja; in Tante Elisabeths Zimmer." „Großer Gott, wozu das Verschwel gen? Wie kann ich Dich retten? Mor weigerst Dich, Deinem eigenen Zeug niß zu glauben. Fliehe, Philipp, fliehe, so lange es noch Zeit ist. Noch einmal, geh' mit Geld will ich Dich versehen; mache, daß Du nach Amerika kommst." „Sind sie mir wirtlich auf den Fer sen?" fragte Pilipp. „Dir und Edith, ja, mehr als das, Edith ist verhaftet. Man verdächtigt sie der Beihilfe an dem Mord. Geh' Sicherheit bist, so schicke mir einen Brief, der sie vollständig vom Verdacht befreit." „Weshalb hast Du mir das alles „Weshalb hast Du Dich gestern ge. weigert, mich zu sprechen? Dann hät test Du alles erfahren." „Und wenn ich hier bleibe?" „Richtest Du Edith und Dich zu Grunde. Pbilipp bedenke, was Dich bedroht der Galgen. Im Grund Deines HerzenZ weißt Du, daß Du die melte Philipp in gebrochenem Tone. „Ich muß es gethan haben Gott fei mir gnädig!" „Wenn Du Deinen Koffer ausge packt hast," sagte Austin überlegend, „müssen die Bücher noch in dem HauS in Southend sein siehst Du das ein?" „Ja," sagte Vhilipp beklommen. „Entsinnst Du Dich, ihn «ausgepackt zu haben? Du schüttelst den Kopf. Wir zeugt?" „Geh' Du hin, geh' Du hin!" stöhnte Philipp. merk' Dir das, mußt Du England verlassen. Wir können keinen überwie senen Mörder in der Familie dulden, Philipp." „Sieh Du nach den Büchern," er widerte er leise und bänglich. Dann hörte ich nichts mehr. 18. C a p i t«l. Im nächsten Augenblicke mußte Az stin aus der Thüre treten, ich schlüpft« darum hinaus, indem ich den Riegel zurückschob. Seit ich die Brüder mit einander eingeschlossen, hatten Auf fassung und Absichten bei mir wesent lich andere Gestalt angenoinm«n, und ich beschloß nun, doch erst ein wenig zuzuwarten, ehe ich Philipp bedrohte. Jedenfalls stand fest, daß von einem vorsätzlichen Mord bei ihm nicht die R«de sein konnte, und daß Ne That unter ganz anderen Verhältnissen voll bracht worden war, als ich bisher an genommen hatte. Nothwendig mußte ich noch eine Unterredung mit Philipp ha ben. Austin kam jedenfalls noch einmal in das Zimmer, das ich mir angeeignet hatte, denn er mußt« ja seinen Ueber ro«! holen, deshalb ging ich rasch wie der in meine Stube im ersten Stock und wartete, bis d«r Geistliche an meiner Thüre vorüber war. Kaum hatte er das .Haus verlassen, als ich sporn streichs hinaufrannte, die Seitenthür aufriß und ohne alle Förmlichkeit zu Philipp Harvey in's Zimmer drang. Er saß, den Kops zwischen den Hä nden, auf einem niederen Lehnstuhl am Kamin; als er aufblickte und mich er kannte, schreckte er mit ixm Ausdruck namenlosen Entsetzens zusammen. „Herr Harvey," begann ich ras», „ich bin Fahnder in Diensten eines Privatbureaus und bin mit Ihrem Fall beschäftigt. Gestern Abend begeg nete ich Ihnen unhöflich ich bitte Sie um Entschuldigung. Ich hielt Sie damals für einen Mörder, heute früh glaube ich das nicht mehr, und ich stelle mich Ihnen zur Verfügung, »m das Geheimniß zu entwirren. Wir müssen zusammen arbeiten, einem al- PhilippHarvey murmelte einige un verständliche Worte und Anfanz- schien es mir völlig unmöglich, etwas aus ihm herauszulocken. Er war von Miß trauen erfüllt und sah in mir nur den Fahnder und natürlichen Feind, und erst allmählich gelang es mir, ihn da von zu überzeugen, daß ich zu feinen Gunsten Antheil an dem Fall nahm. „Erstens müssen Sie mir rückhalts los vertrauen, was Sie über die Ange legenheiten Ihrer Tante wissen," be gann ich, als wir uns schließlich sried lich nebeneinander vor d«m Kamin niederließen. ~Si« erwähnten gestern, daß ihr Tod Ihnen keimn materiellen Vortheil brächte, ist dem wirklich so?" „Ganz gewiß! Ihr Vermögen fällt „War sie reich?" „Reich eigentlich nicht, aber sie hatte jährlich etwa neunhundert Pfund zu verzehren, und das Capital hat sieAu stin, als dem ältesten, in Bausch und Bogen vermacht." „Es war nie dre Rede davon, auch Ihnen etwas zu hinterlassen «der ihn zu enterben?" „Nein, das heißt ernstlich nie. Ich ist es unbedingt nöthig, daß ich haar klein in Alles eingeweiht werde," sagte ich. „MeineTante hatte mich nicht so lieb wie meinen Druder, denn er war von jeher ein Musterknabe gewesen und meine Wildheit erregte ihre Mißbil ligung. Erst in allerletzter Zeit war sie in einem Punkt auf meine Seite geire der paßten und daß wir" uns wirklich lieb hätten, tzie wollte mich verheira then und hat sicherlich in letzter Zest häufig zu Austin gesagt, sie wolle ihr Testament ändern und auf diese Weise DaS Mädchen selbst war der Ansicht, Gebeiß der Mutter. Meine Tante war wüthend darüber." „Wann Hot diese Verlobung statt gefunden?" fragte ich. „In letzter Woche; sie wurde cser noch veröffentlicht, denn meine „Und sie wollte also, Sie sollten das Mädchen Heirathen?" alN Ihrer Uebelthaten?" dern Menschen aus mir machen und hol's der Teufel ich glaube es selbst/' Tod der Tante wunschenswerth ge macht hätte? Im Gegentheil, dies frühe Ende ist Ihnen nachtheiliz?" „Gewiß, gewiß. Ihr konnte man auch immer wieder etwas abbetteln, gen sein." „Und doch haben Sie Drohungen gegen sie ausgestoßen?" „Ach, das war nie mein Ernst. Manchmal wurde ich wüthend, wenn sie mich abkanzelte, und einmal sagte ich zu der jungen Dame, die mit mei nem Bruder verlobt ist, ich werde der Tante noch einmal ein Leides zufü gen." „Das hörte die junge Dame? Da raus erklürt sich vieles." „Sie wollen mir damit sagen," »er setzte er bitter, „daß Fräulein Simp kioson M.der Entdeckung der Leicb» ohne alles Bestnnen cmgenommtn yave, ich hätte meineDrohung wahr gemacht? So sagte mein Bruder." „Sie können ihr das kaum zum Vor wurf machen," bemerkt« ich mit Strenge. „Was sollte irgend jemand sonst denken?" „Allerdings." räumte Philipp stöh nend ein. „Ich muß es ja gethan ha ben. Nicht, daß ich es je im Sinn ge habt hätte, aber wahr ist, daß ich in jener greulichen Nacht mich mit ihr zankte. Austin hat ganz Recht, ich muß es gethan hab«». Jetzt sieht «r in Southend nach den Büchern; sind die Ich hab« es gethan, es hilft alles nichts." Er sprach mehr mit sich selbst, als mit mir, aber sein Vertrauen hatte ich gewonnen. So elend und verlassen wie Diese letzten Worte stimmten vor trefflich zu der Theorie über den Mord, wie ich sie mir seit heute früh ausgear beitet hatte. Offenbar war ich von An fang an auf der richtigen Fährte gewe sen: Philipp Harvey hatte die That vollbracht, und zwar ohne Mitschul dig«. Und doch, konnte man ihn einen Mörder nennen? Ich glaubte unver brüchlich an seine Offenheit und Wah rheitsliebe, und er mußte das Verbre chen in einem Zustand« von Bewußt losigkeit begangen haben, einem Zu stand, in den ihn Alcohol und Chloral versetzt hatten. Dies« Erklärung war allerdings etwas seltsam, aber nicht unglaublich. In meinem Beruf hatte ich die Trunkenheit in den verfchieden stenGestalten kennen gelernt und wußte sehr genau, welche wunderliche Erschei nungen der Alcoholgenuß bei nervös erregbaren Naturen und Leuten von starker Einbildungskraft hervorrufen kann. Auch einen Fall von ganz unre gelmäßiger Gehirnthätigkeit, die durch Chloral hervorgerufen war, hatte ich erlebt, und hatte einen Mann in die sem ZustandHanolungen begehen sehen, von denen er am nächsten Tage keine Rechenschaft geben konnte. Darum fand ich Austin Harveys Auffassung ganz einleuchtend, um so mehr, als er ver wandte krälle aus seines Bruders Vor leben angeführt hatte. Auf der einen S«ite war ich also vollständig über zeugt, daß Philipp sein« Tante umge bracht hatte, auf der anderen glaubte ich unbedingt, daß er sich d«r That nicht bewußt tvar. Irgend eine Erklä rung mußte ja gefunden werden, und °>i«se erschien mir immerhin annehm bar. Gleichzeitig mußte ich mir sagen, daß enalische Geschworene schwerlich bereit sein würden, darauf einzugehen. In Frankreich wäre viel mehr Aussicht auf Freisprechung vorhanden gewesen; man hätte Ch-rcot (ein berühmterPa riser Arzt und Docent, Specialist für Nervenkrankheiten) als Sachverständi macht. Und für Charcot, der sich all' oen imsmerlschen und magnetischen „Schwindel", an den kein Arzt glauben wollte, bis ein Arzt ihm den zünfti gen Stempel aufgedrückt hatte, so ge schickt angeeignet und zurecht gemacht hat, für den gibt es auf dem Gebiet der Psychologie keine Wunder mehr, und das „Unmögliche" geschieht da alle Tage. Aber zwölf nüchterne, vier schrötige Engländer, wie sollte man de nen beibringen, es habe einer einen Mord begangen, ohne selbst darum zu wissen? Ueberdies war dieser Philipp ja so thöricht ehrlich, zuzugeben, daß er mit seiner Tante Streit gehabt und sie aus dem Zimmer gestoßen habe. Ich war ganz Austins Meinung; dasßeste, was der Arme thun konnte, war, die Flucht zu ergreifen. Heute früh beim Erwachen war ich entschlossen gewe sen, ihn sofort verhaften zu lassen. Der Familie Geld abzuzwacken, das hatte ich längst aufgegeben, ich wollte mich nur mit Ruhm bedecken, indem ich den Behörden und der Welt Bericht ab stattete über meine Nachforschungen und meine Erfolge. Nun entschloß ich mich, auch darauf zu verzichten, und zwar kostete mich das einige Ueberwin dung, aber ich fühlte mich unwillkür lich zu dem unglücklichen Mörder hin gezogen, wenn er auch ein leichtsinniger Mensch und ein Trinker war, oder vielmehr, mein Gerechtigkeitsgefühl ließ mich wünschen, daß der Mann nicht über Gebühr gestraft werde. Ich wollte alles d'ran setzen, ihn zu ret ten; die Familie konnte hernach meine Dienst' lolMen, wie es beiden Theilen angemv/:n erscheinen würde. „In Beziehung auf die Bücher kann ick> Sie jetzt schon aus der Ungewiß heit reißen," sagte ich. „Sie sind da. Ich habe sie mit eigenen Augen gesehen. Ein Wandschrank im Zimmer Ihrer verstorbenen Tante ist gänzlich damit angefüllt." Ich hatte nicht erwartet, daß diese Mittheilung den jungen Mann so gänzlich aus dem Gleichgewicht bringen wcrde, und seine Aufregung machte mir zur Genüge deutlich, daß er mit allen Fasern feines Wesens an der Mög lichkeit hing, seine Unschuld beweisen zu können, und sich nur mit äußerstem Widerstreben der von seinem Bruder aufgestellten Theorie unterwerfen Würde. „Dann ist alles aus," stammelte er, „dann hat Austin Recht und ich muß fort." Mühfain erhob er sich; auf seiner Stirn stand der Schweiß in dicken Tropfen. „Doch nicht jetzt. Wo wollenSie denn bin?" sagte ich. „Sie müssen dießück kehr.lhres Bruders abwarten." (Fortsetzung folgt.) Höchste Re se rviri he i t. Nein, mein Herr. Ei, weshalb denn nicht? Weil mir Mama ein für all« Mal verboten hat. Herrenbeglei tung anzunehmen! Da der Name Melilla jetzt häufig in d«r Tagespresse genannt wird,dürf!e «ine Mittheilung über die spanischen Presidios oder Schichbefestigungen an der niaroccanifchen Küste, zu welchen Melilla gehört, wohl das Interesse wei terer-Kreise beanspruchen. Die Pre sidios sind fünf feste Plätze in Maroc co, welche von den Spaniern in den Kämpf«» gegen die Mauren behauptet worden sind. Dreselben heißcin: 1. Ceuta, 2. Penon Velez de la Gomera, oder kurz Velez, 3. Alhucemas, 4. Me lilla, 6. die Chaffariuas. Die Prest-- dios dienen gewöhnlich als Verbrin gungsorte für spanisch« Gefangene, die hier unier Aufsicht der Soldaten an den Festungs-, Wasser- und Hafen- Bauten arbeiten. Nicht selten versu chen die Gefangenen die Flucht, welche ihnen ziemlich 'leicht ist, da sie außer halb ihrer Arbeitszeit sich ziemlich frei bewegen dürfen. Indessen kommen sie bei den Mauren übel an, so daß sie sich nach den Presidios zurückwünschen. Die wichtigste Stadt ist Ceuta. Sie Stadt Spaniens. Auch ist sie der Sitz eines Bischofes. Für die Spanier ist sie ein Ersatz für Gibraltar. All» delte Mofche« ist das einzige Erinne rungszeichen an dieselbe. Ceuto hieß im Mittelalter Septa, entstanden schein Besitze ist. Penon heißt Fels kuppe. Der Ort ist von geringer Be deutung und hat nur 460 Einwohner. Alhucemas hat 340 Einwohner. Es fliegt auf einem kahlen Felsen. Die müssen aus Spanien beschafft werden. Der Platz verursacht deshalb den Spa niern große Kosten. Melilla ist die hat 3600 Einwohner. Die Araber Namen Ehaffarinas führen drei In seln, welche zusammen 700 Einwohner hab«n. Nur die mittlere Insel ist be- SiegttruiigS-Weinbergt. Die Weinberge der preußischen Do- Gemarkungen des Rhemthals und be finden sich fast durchweg in deren be sten Lagen. Ihr gesammier Umfang hat, verteilt sich mit rund 6.7 Hettar (Neroberg), 8,3 auf Hattenheim aus schließlich Steinberg, 2,6 auf derr Steinberg (GemeinKÜHattenheim), 3,4 auf Erbach (Markobrunnen), 1.1 a»s Kiedrich (Gräfenberg), 3,1 auf Rüdes heim, 3,6 auf Eibingen und mit 13,6 Hektar auf Aßmanns Hausen. Der an nähernde Werth des ganzen Besitzes wird aus 2,615,03? Mark berechnet, das macht auf den Hektar 32,897 Mk. diesen besteht der Nebensatz zum größ ten Theil aus Riesling. Der ge fammte Herbstertrag der Domänial güter belief sich in den 26 Jahren von 1866 bis 1890 auf W.260 Hektoliter oder 2437 Stück, der Erlös und der 4,906,332 Mark. Durchschnittlich brachte demnach das Jahr 1170 Hekto -213 Mark. Die Jahrgänge sind je doch außerordentlich verschieden. Den geringsten Ertrag lieferten die Jahre 1872 und 1879 mit 204 und 343 Hek tol., den höchsten die Jahre 1866 unt> 1868 mit 1972 und Hektol. Den höchsten Gelderlös brachte das Jahr IKB4 mit 847,437 Mark für 1611' Hektoliter; die niedrigste Einnahm» hatte die Domäne im Jahre 1882, da man für 606 Hektoliter nur 22,622 Mark einnahm. Der höchste Einzel preis für das Hektoliter wurde in den, 26 Jahren gezahlt für den Steinber« ger mit 2788 Mk., der niedrigste für den Neroberger mit nur 20 Mark. Wie schwankend die Erträge selbst der be sten Lage bei der aufmerkfanrsien Be handlung sind, zeigt sich, wenn wir hö ren, daß die kleinste Ernte <1872) sich zur größten (1870) verhält wie 1: 23. geringste Preis für 1 Hektol. IW6er Steinberger nur 20.7 l M., während! die beste 1868 er Auslese von den Taxa toren auf 2600 M. für den Hektoliter geschätzt wurde; da» bedeutet «neP«ii-> schwankung voal2o. 3