2 Dt« eiserne MaSke. Der berühmte Mann mit d«r eiser nen Maske in der Citadelle van Pig nerol, der so häufig in Sensations »vman«n als Hauptperson verwendet worden ist, soll nach neuer«n For schungen Sir de Bulonde gewesen sein, der auf Befehl König Ludwigs deS Sechzehnten zur Straf« dasii», daß er di« von ihm commandirt« Festung Coni ohne Schwertstreich dem Feind« übergeben hat, zu lebensläng licher Haft in die erwähnte Citadelle gebracht worden ist. Nachts hatte er «in Zimmer zur Verfügung und tags- Lbn durfte er auf den Festungswer ken spazieren gehen, jedoch mußte er immer die eiserne MaSke trag«n. Uebrigens tragen auch jetzt noch die Gefangenen in den französischen Zel lengefängnissen Masken, freilich nicht «us Eisen, sondern aus Baumwolle, „Cagoule" genannt. Es ist dies ein netzariiqes Gewebe, das nach Art der Kapuze getragen wird. In seiner Zelle kam, der Gefangene nach Belie ben die Maske über das Gesicht ziehen »d«r nicht, w«»n ein Beamter eintritt. Dagegen ist er verpflichtet, die Mast« zu gebrauchen, wenn er die Zelle ver laßt, sei es, um im Hofe spazieren zu «eben, sei es, wenn er in's Sprechzim mer gehk—kurz überall, wo er mit an deren Gefangenen zusammentrifft. Diese Maßregel wurde aus folgenden zwei Gründen getroffen: erstens um Bekanntschaften zwischen den Sträf lingen unmöglich zu machen und so der Gefahr eines etwaigen Komplot tes vorzubeugen; zweitens um die Sträflinge später, wenn sie die Frei heit wieder erlangen, vor Erpressun gen ihrer Genossen zu schützen. Frü her ist es nämlich sehr häufig vorge kommen, daß irgend «in verkommenes Individuum, welches in Gemeinschaft mit einem moralisch höher stehenden Menschen im Gefängniss« eine zeit lanq verbracht hat, dann nach von Beiden absolvirter Hast, d«m l«tzteren »nter Androhung das „Geheimniß" bekanntzugeben, Geldsummen «r- Vreßte. Dt« El»i„«s«„ als Bc»is«nbau«r. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß die Missionäre, die vor mehr als hun dert Jahren die Thatsache berichteten, daß die Chinesen hängende Brücken hätten und daß viele derselben von Eisen wären, den europäischen Inge nieuren den ersten Wink gaben, auch ihrerseits solche Werke herzustellen, daß also China die Priorität auch die ser «Erfindung besitz«. Wenigstens schreiben chinesische Historiker die Er findung der Hängebrücken der Dyna stie der Han zu, welch' letztere zwischen 200 vor bis 202 nach ChristuS re gierte. Namentlich von Schang Lieng, der Ober - Commandeur der Armee »nter dem ersten Herrscher der Han- Dynastie (vor circa 2000 Jahren) er zählt die chiensisch« Spezialgeschchtt ganz merkwiie, haben Sie schon den Kunst-Taucher im Zir kus ges'hen, der bleibt vier Minuten unter Wasser!"—„Das ist gar nichts! Ich hab' mal einen gesehen, der ist zar nicht wieder 'raufgekommen!" Ungalant. Aeltliches Fräu lein: Ach, gehen Sie ab. Alle Män ner sind schlecht! Herr: Das ist gerad» so richtig, als we,nn ich sagen wollte: Alle Damen sind jung. Aeltliches Fräulein: Wieso? Herr: Nun ja es paßt beides nicht einmal auf di« llmvtsendenl , - . > , Kriege. »Herr Major, der Gefreite Zimmer mann ist vom Repli mit der Schleich patrouille Numero 2 zurückgekehrt. Er meldet daß in der Oeffnung der Hecke jenseits der Parkmauer des Schlosses Launay der Klaus Spreckels von der Compagnie des Herrn Hauptmanns durch einen Schuß auS dem kleinen Hause in der Nähe des Thores getödtet worden ist." „Das ist bereits der siebente Mann, der durch den verdammten Halunken in dieser Woche todt geschossen worden ist, welcher dort sich verborgen hält und nie eine G«l«genheit vorübergehen läßt, auf unsere Leute z l feuern." Der Meldende war der Unterofficier Schulz vom dr'tten Bataillon des In« fanteriereqimentl Nro. 103, das zu de« Division des Generals von Montbe vom zwölften Armeecorps gehörte, wel ches während der denkwürdigen Bela gerung von Paris im Winter 1870 '7l auf der Ostfront kant.mnirte. „In der That, ein verfluchter Ha lunke !" rief der BataillonS-Comman deur. Major von Schönberg, aus. „Er nimmt jede Gelegenheit wahr, wie Si« sagen, und bietet selbst niemals eine dar, ihm eins auszuwischen. Spreckels soll vorschriftsmäßig begraben werden. Ich danke Ihnen, Schulz." „Zu Befehl, Herr Major!" erwi derte der Unterofficier, darauf machte er Linksumkehrt, wie ein Automat, ! ging mit drei Schritten zur Thür und Meldung de! Unterilsizierl Schulz. Die Scene war ein schönes, aber jämmerlich verwüstete» Zimmer in ei nem Hause an dem äußeren Rande des Dorfes Gagny, dicht an der Borposten linie der Deutschen, in dem Theile zwi schen Raincy und Villa Evrart, gerade über dem Moni Avron, über dessen niedrigeren Gipfel die finsteren Wälle Forts RoSny grimmig emporragten, l Große Geschütze standen zu jener Zeit auk dem Mont Avron, und mit Löcher in daZ Dach, die Wände und in den Parketboden des Wohnzimmers geschlagen, das den Officieren zum ge genfenster stand, welches nach dem Mont Avron hinausging, und hatte eine unbeschreibliche Verwüstung unter den Hämmern und Saiten angerichtet. Bis zu Weihnachten, der Zeit deS Friedens und deS Wohlgefallens unter den Menschen, waren es noch drei Taqe. Am Abende vorher, hatte eine eigen thümliche Scene stattgefunden, als im Schutze der Dunkelheit (kein Fahrzeug durfte eS während des Tages wagen, sich sehen zu lassen) einer der Ba>ail lonswagen die Weihnachts-Liebesga ben von dem Feldpostamte in Le Bert Galant herausgebracht, die, eingepackt Sachsenlandes anlangten. Es war ein seltsames Gemisch, das aus dem ! Wagen herausströmte, nachdem vor der I Hauptwache hinter dem Hause des Majors das Verschlußbrett niederge lassen worden. Renkisten heraus, in Leinwand einge wickelt, lange Rollen, deren Umrisse deutlich das Wort „Wurst" bedeuten; teln, in denen es beim Heruntergleiten klapperte, sich gewiß einige Thaler be fanden. Ein großer Haufen von die aus, das ihm von einem Gefreiten zu gereicht wurde. Es war ein ebenso trauriger wie „Gefallen," lautete die kurze Ant wort. „KaSpar!" ! .Verwundet/ .Stolberg!" ! ..Todt/' „Bergmann!" i »Im Lazaret." „Vermißt/ Dieses „Vermißt" hat im Kriege ein? weite, ungewisse Bedeutung; es will sagen, der Mann ist entweder gefangen, er fehlt, ist unb»grab»n, defertirt (doch dieser letztere Ausdruck ist niemals auf einen deutschen Soldaten während des Krieges in Anwendung gekommen); das Wort bedeutet schließlich: „nicht da. und der liebe Gott weiß, wo er ist." Noch bevor Schulz mit der Austhei lung der Weihnachtsgaben fertig war, lag ein ganzer Haufen von Paketen neben ihm, deren Adressaten niemals dieselben reklamiren würden. Es war mir, da ich die für Spreckels angekom mene Cigarrenkiste öffnete, als ob eine Thräne auf dieselbe fiel, bevor sein Körper den Platz der Bertheilung ver ließ. Jetzt lag er auf dem Brette dort, zwischen den Knöpfen seines Waffen rockes steckte ein halbes Dutzend von den Cigarren, die über Nacht von seiner Mutter in Kamenz für ihn angekom men waren. Die Borpostenlinie der Franzosen lief längs eines Weges hin, der sich am unteren AbHange des Moni Avron hin zog, das kleine Thal vor dem Dorfe Villemomblc (das von den Franzosen besetzt war) überschritt und dann der l Richtung der Mauer folgte, welche den . mit schönen Bäumen bestandenen Park xleich sich die beiden Linien hie und da etwas näherten, an Stellen, wo das Terrain coupiri war, so waren sie doch meistens etwa tausend Schritte von ein ander entfernt. In den meisten Kriegen zwischen civilisirten Nationen ist eS üblich gewe sen, daß die Vorposten zweier sich ge genüberstehenden Armeen sich, unter gewöhnlichen Verhältnissen, einander nicht belästigen. Andere Zeiten, andere Sitten! Ganz im Gegensatze zu dieser Beobach tung der Etikette bei den Vorposten be nahmen sich die französischen Soldaten im Jahre 1870. Gleich vom Beginne des Krieges an benutzten sie jede sich darbietende Gelegenheit, auf die deut trouillen zu feuern. Die französischen Soldaten ans Vorposten in der Ber theidigungslinie von Paris bestanden häufig nicht auS regulären Truppen, und selbst wenn dieses der Fall, so wa ren es Rekruten, die keinen Respekt vor den alten Traditionen cioilisirter Na tionen hatten, wenn sie überhaupt et was von denselben gehört. Infolge dessen gab es während der Belagerung die Franzosen einen großen Vortheil, weil ihre Chassepots eine größere Schußweite besaßen. Ihre besten > Schützen pflegten bei den Vorposten sich laufzuhalten, um diese Art von vorbe j Stadt einen Feiertag machten in ihrem Handel mit wohlfeilem Tod. Es war einer von diesen Schlächtern, den Un- Häuschen einquartirt, das wahrschein lich die Wohnung deS Gärtners gewe sen und schoß aus dem Hintergrunde Zimmer verlassen. „Der Schurke wird noch das Batail lon decimiren," sagte der Major. „Ich er hinzu." und sie niederbrennen; »a Z wird die Deckung jenes Burschen zerstören. Ich erbiete mich freiwillig, diese Brandstif heule?lbend noch?" „Es darf nicht so gelch-ben, wie Sie vorschlagen, Kirchbach!" entgegnete der Major ganz betrübt. „Sie wis sen, meine Befehle lauten streng dahin, jetzt nichts zu unternehmen, was zu ei man hinter uns, vor dem Maison Guyot, die Batterien für die Belage rungsgeschütze auswirft." „Ach so !" ertönte es von einen« hal ben Dutzend Lippen. .DcnnoÄ ist es ein verkl'lchter 2lam- mer," rief der kleine Hammerstein aus, „daß unsere braven Juugens in dieser Weise ermordet werden sollen !" „Gestatjen Sie mir ein Wort, Herr Major," sagte ein junger Mann in hell blauer Uniform, der in der Nähe der Thür stand. Der Sprecher war ein so kleiner Bursche und hatte ein so ju gendliches Gesicht, daß er noch gar nicht ausgewachsen zu sein schien. Der Schnurrbart war noch nicht auf seiner Oberlippe gesprossen, aber in seinen Augen leuchtete ein Feuer und eine so ruhige, bescheidene Entschlossenheit lag aus seiner ganzen Erscheinung, daß sähnrich und kommandirte daS kleine Detachement von des Kronprinzen Rei terregimente, das dem Bataillon in der Vorpostenlinie zum Ordonnanzdienste zugetheilt war. „Nun, Baron, wollen Sie sich etwa anbieten, jenen Burschen mit Ihrer ga loppirenden Abtheilung aus seinem Hause heraus zu hauen?" fragte Schönberg in etwas spöttischem Tone. Der junge Mann war beiläufig ein stein ; doch wenn er auch einen prahle rischen Namen führte, so war dieses auch das einzige Prahlerische an ihm, denn so jung er auch war, so trug er doch das eiserne Kreuz im Knopfloch, das er bei einem glänzenden Angriffe am Abende von Beaumont gewonnen hatte. „Ich denke, Herr Major, daß meine Leute begierig die Gelegenheit crgrei lich außer Frage. Aber, wenn Sie es mir erlaubten, mein Sergeant kann für einen oder zwei Taqe ganz gut mein« Stelle versehen. Ich möchte gern ver suchen, ob ich nicht bei etwas Glück der Teufelei dieses Kerls ein Ende machen kann. Man zählt mich zu den besten Schützen auf Wild mit der Jagdbüchse in unserem Theile der sächsischen Schweiz; auch hab« ich meine Lieb linqswaffe mitqenommen. Man weiß niemals, ob man nicht einmal Gelegen heit hat, sie zu gebrauchen. Was ich zu thun wünsche, ist, diesen französi schen Teufel zu beschleichen. Darf ich?" > „Sie mögen Ihr Glück versuchen, Baron, erwiderte der von dem etwas unqeheuerlichen Scherze des Majors, an jenem Abende die Ziel ! Scheibe einer ganzen Menge von Spä- ßen. Der große Helldors taufte ihn ! David und bot sich an, mit ihm zu ge hen und ihm zu helfen, passende Steine für seine Schleuder zu suchen. Doch ! der kleine Baron nahm den Scherz mit bescheidener Heiterkeit auf, ah kräftig zu Mittag und ging zeitig zu Bett, nachdem er seine getreue Büchse sorg ! hatte. Früh am Morgen brachte ihm sein Bursche das Frühstück, dann zog er sich warm an, denn es war draußen ließ; nachdem er in die Vertiefung jen- seits deS Dammes hinuntergeglitten, begann er den langsam ansteigenden Abhang hinaufzuklettern, auf dessen Kamm daS Schloß Launay zwischen insofern eine Gefahr in sich bargen, daß sich französische Späher oder Pa trouillen in ihnen möglicherweise ver steckt hielten, so boten sie andererseits den Vortheil, daß sie eine Strecke lang Vorrücken des Hungen Offiziers anstatt" jedoch direkt sich darauf zuzu schkichen, was zur Folge haben mußte, daß sein Bersteck sich gerade in der Ge sichtslinie des französischen Schützen > befinden würde, drang er etwas nach rechts vor mit der Absicht, sich irgend wo links.von der Hütte einzunisten. Als er etwa fünfhundert schritte vor derselben angelangt war, befand er sich i ganz in der Nähe eines dichten Ge- fteäuches von Immergrün. In dieses ! Gesträuch drang er ein und legte sich auf das Moos im Innern desselben »'-'der, das ganz frei von Schnee ge er ein freies daS Häuschen hatte, das jeht durch den FrostneZel nur trübe sichtbar w^r. Wie ihm schien, kochte der dasselbe ein schwacher Rauch aus d-.in Schorn stein stieg. Bal» darauf kam die Sonne heraus und jagte den Nebel auseinander; der Daran meinte den Glanz eines Büchsenlaufes im hintern Theile des Zimmers zu sehen inner halb der weiten Oeffnung, die in ! friedlichen Zeilen der Rahinen eines Fensters gewesen war. Sein erster, lmpuls war, «in Stück hinter der , Stille zu zielen, wo er den Schimmer gesehen, und dann zu schießen; doch er hielt sich zurück. Aller Wahrscheinlich ieit nach würd« sich ihm, .wie er be dachte, nur ein« einzige Gelegenheit darbieten, wenn überhaupt, auf den Franzosen zu feuern, so schlau hatte sich derselbe bisher gezeigt. Auf diese einzig« erhoffte Gelegenheit muhte «r warten mit der Geduld eines India ners, sollte es auch stundenlang wäh ren, denn er mußt« seinen Feind auf den ersten Schuß todten. Er lag da her unbeweglich da, fortwährend auf die weiße Front des kleinen Hauses starrend, gegen welche? der Schnee fast bis zur Höhe des Fensters getrieben war. Die Zeit verstrich. Dreimal waren der Blitz eines Schusses und eine kleine weiße Wolke aus der Fensteröffnung in der vorderen Seite des Häuschens hervorgedrungen. Wie d«r Baron wußt«, bedeutete jeder Schuß den Tod ein«S sächsischen Soldaten; während er in der Qual seiner Unfähigkeit, den von ihm gefaßten Entschluß auSzu siihren, still liegen mußte. Sollte er es riskiren, das Feuer zu erwidern? fragt« «r sich jedesmal, wenn der kalt blütige, grausame Teufel dort ge schossen. Und jedesmal gab er sich selbst die strenge, entschlossene Ant wort: „Nein; s«i ruhig. Alles erreicht derjenige, der zu warten versteht." Der Franzose feuerte zum vierten male, gerade als die Sonne untergwg, Zimmers. Als es dunkel geworden, erhob sich der junge Mann steif und halb erfroren und schleppte sich zurück in di« Stellung der Sachsen. Wäh rend des Tages hatte der Schütz« in dem Häutchen einen Posten getöot«t, verwundet. D«r arme Baron wurde schrecklich geneckt. Ein Offizier be hauptet«, «r hätte seine Büchse nicht losschießen können; ein anderer meinte, Gelegenheit verpaßt. Ein dritter gab an, «r wär« überzeugt, daß Steinfurt den Tag damit zugebracht habe, mit dem Franzosen zu fraternisiren. ' Der kleine Baron besaß einen Grad von Kaltblütigkeit, der über seine Jahre war. Die schlechten Witze sei mindesten aus der Fassung; er hatte die feste Zuversicht, daß, wenn der Franzose ihm nur ein einzigesmal die vorsichtig sein. Am nächsten Morgen befand er sich vor Tagesanbruch wie der in fein«m Berstecke zwischen den Jmmergrünsträuchern im Hinterhalt liegend, die Büchse an der Schulter, die Augen beständig auf die Oeffnung d Z' schüchtern« Weis«. Ein lautes, spötti sches Gelächter empfing ihn. .Wieder mit leeren Händen zurück, o herzhafter Junker!" rief Hauptmann Kirchbach. „Wissen Sie wohl, Herr Baron," bemerkte Hauptmann von Zanthier mit spöttischem Lächeln, „daß Ihr Gegner dort drüben heute Nachmittag Kerl todtgeschossen? Ist es Ihr voller hen sich die Herren, welche sich für diese kleine Affaire interessirlen, morgen früh nach der Vorpostenlinie hinaus bis zum V-chndamm. von koo aus Sie durch Ihre Feldstecher die Vorderseite des kleinen Hauses beobachten kön nen." Darauf verbeugte er sich, sagte „Gute Nacht" und begab sich in sein Quartier über den Ställen, in denen dir Pferde des Detachements unterge bracht waren. Am nächste«, borgen war der erste Weihnachtstag. In ganz Deutschland, in welchem vom Palast bis zur Hütte die Herzen von Kummer und Angst schwer waren, erklangen die Ki.-chen glocken durch die klare, frische Luft. Es waren ganz andere Klänge, nach denen wir aufhorchten an jenem Weih nachtsmorgen bei den Vorposten unter dem Schatten des Mont Avron. Von seinem stumpfen Gipfel dort oben im Scheine der Wintersonne feuerte eins von den schweren Geschützen des Co lone! Stoffel in regelmäßigen Zwi schenräumen einen Schuß ab; die große Granat« flog unschädlich und heulend über unsere Köpfe hinweg, als ob sie Eile hätte bei ihrem raschen Fluge, um in Clichy oder Montsermeil hinter uns auf dem höher gelegenen Terrain Un heil anzurichten. Nicht fünf Minuten lang war es in der Vorpostenlinie vollständig ruhig und still,fortwährend knatterte das unbehagliche, abscheu liche Gewehrfeuer, bald hier, bald dort so geringfügig, so wild, so bitter von dem eingewurzelten Haß gegen den einzelnen Mann Zeugniß ablegend. Der Feldgeistliche würde etwas später gewiß versuchen, seine Botschaft: „Friede und den Menschen ein Wohl gefallen" vorzutragen, die ihm ins An- Hasses. Der Krieg und seine Teufeleien hin derten uns indeß nicht, als wir uns bald nach Sonnenaufgang in unserem gemeinschaftlichen Salon zum Mor genkaffee zusammengefunden, «inan^er kleine Baron uns am Abende vorher in so rätselhafter Weise vorgeschlagen hatte. Auch der Major, welchen die Neugierde plagte, hielt eS mit seiner Würde wohl vereinbar, unS zu beglei ten, während der Baron selbst nicht >um Vorschein kam. Die Rekognos zirungspartie bestand aus Kirchbach, seinem Schwager Hammerstein. Zan thier, Heldorf, Freiherrn von Zehmen and drei oder vier jüngeren Offizieren. ! Als wir bei dem Elsenbahiroamm »nlangten, bemerkten wir, daß die Leut« des rPikets über den Rand des selben nach dem entfernten Häuschen hinblickten, jeder seine Augen mit der Hand beschützend gegen das Blenden «er Sonne auf dem Schnee. „Es hängt dort etwas aus der Fen steröffnung heraus, Herr Haupt mann," meldete der Sergeant des Pi lets dem Hauptmann von Kirchbach« ,es sieht aus wie der obere Theil eines zroßcn Mantels und als ob der Hut wäre." Hammerstein hatte sehr bald sein Nlas dorthin gerichtet. „Bei Gott, eS Ja wohl, er hatte Recht. WaS dort öffnung herabhing, war der obere Theil von dem Körper eines Mannes. Die breiten Schultern hoben sich deut lich von der weißen Wand ab, ebenso daS schwarze Kopfhaar; das Gesicht war natürlich nicht sichtbar, da es nach der Wand zu lag; die Arme hingen lang ausgestreckt bis zu der Schnet brink herunter, di« gegen den unteren Ich war der einzige von unserer Ge sellschaft, der ein Fernrohr bei sich hatte. Der Feldstecher ist bequemer für einen Offizier als ein Fernrohr, seine Tragweite indeß viel begrenzter; folgendes: Die zusammengezogenen Hände hatten sich in den Schnee einge krallt; daS lange Haar hing gerade herunter und war schmutzig roch ge färbt. Eine Büchse lag etwa zwanzig Fuß vom Fenster entfernt und war offenbar über den gefrorenen Schnee so weit heruntergezlitten, nachdem sie den Händen des Mannes einfallen. ES war kein Irrthum möglich; der kleine Baron hatte sein Werk mitSau berkeit und Gründlichkeit ausgeführt. ES klingt beinahe gräßlich, es aus zusprechen, aber die Vernichtung des französischen Scharfschütze» wurde unter allgemeinem Beifall als daS Weihnachtsgeschenk des Barons Stein furt für das Bataillon angesehen. Nach dem Gottesdienste erschien unter Anführung des Unteroffiziers Schulz eine Deputation bei dem Baron; in strammer Haltung, die Absätze hörbar aneinander schlagend, stotterte Schulz: „Im Namen des Bataillons tau send Dank verdammter französi scher Schweinehund!" dann trat -r einige Schritte von dem erröthenden Steinfurt zurück und verließ mit sei nem Gefolge das Zimmer. Mit wenig Worten erzählte uns dann der junge Mann den Hergang der Sache, während wir unser Früh stück verzehrten. Bis zum Nachmittag des zweiten Tages seiner Wache hatte «rVruhig seinen Schuß zurückgehalten, frstx entschlossen, seinen Gegner mit ejne« einzigen Kugel niederzustrecken. Während dieses Tages hatte der Fra nzose einige Male gefeuert, aber dem auch nur einen Schimmer von seiner P«rfon gezeigt. Seinen letzten Schuh feuerte er gerade vor dem Beginne der Dämmerung ab und tödtete mit dem selben den Mann von Zanthiers Com pagnie; eS war das einzige Mal an jenem Tage, daß sein Feuer von Wir stetS, ohne sich selbst bloßzustellen; als indeß die Kugel aus dem Lause war, vergaß «r sich zum «rsten Mal« wäh rend der beiden Tage. Ohne Zweifel begierig, zu sehen, ob sein Schuß ge seinem sichern Hinterhalte heraus und zeigte seinen Kopf und die Schultern über dem Fenstersims, gerade vor sich cher er geschossen. Alles das that er wie mit einem Ruck. Er war im Be? griff, sich zurückzuziehen, als der kleine Baron aus feinen, Hinterhalte auf ihn feuerte. Steinfurt hatte sich nicht ver geblich auf der Kaninchenjagd mit sei ner Büchse geübt. Der Franzose brach sofort zusammen und fiel so, wie Wir nem DeOschen mehr daS Leben neh> men würde. Da er sich in dem Be reiche der französischen Vorpostenlime befand, verließ der Baron sein Bersteck nicht eher, als bis die Dämmerung i» vollständige Dunkelheit übergegangen war. DaS war Alles, was er zu erzählen, hatte. In der Kaserne. „Du, Du hast ja dem Unteroffizier gesagt, in Deinem Weihnachispacket Gewiß waren es nur gestopft« Strümpfe, aber sie waren Wurst g-stopft. Der AllerweltS-Onkel. Am Gartenhag den Schlehendorn Deckt schon «in dunkles Blau, Herbstlüfte ziehen drüber hin Zm weißen Blüthenkleid .O holde Frühlingszeit!" Das ist vorbei, der Spätherbst kam, Die Schlehensrucht, weil Rauhreif kalt Und eisig drüber strich. Auch ich stand einst im Frühlings kleid So unschuldsvoll und weiß. Erblick' ich dort den Schlehendorn, Wird mir's im Herzen heiß. Auch mich hat einst am Gartenhag O — Mich blasser Neid ergreift, Ich bin trotz Prügel, Sturm, Herbst, Frost Noch heut' nicht durchgereift! Schneidiges Versema chen. Sehen Sie mal blos, Herr schmachtet! Ja, ja: kein Genuß, Wohl möglich. A.: Ihr Haar ist sehr dünn! V.: Und doch war es vor 30 Jahren noch vie>, dün ner! A.: Aber Sie sind doch höch stens 30 Jahre alt. B.: Ditie sehr, Vor Gericht. Präsident: Aber, Herr Präsident, blos wril ich sKnen wiedersehen wollt«!