Krnnljilde. lt. Fortsetzung.) Hildes Adern. Ein Etwas, das in ih rem Herzen unbewußt gekeimt, schien urplötzlich zu erstarren und zu sterben. War es nur der Glaube an edle, selbst lose Männlichkeit, war es mehr?.... sie hob den starren Blick zu Ruwer em por und sagte leise: „Onkel Edmund, wenn Du die Wahrheit sprächest?!" „Geniizt Dir mein Ehrenwort?" Sie nickte stumm und schritt dann so „Danke Gott dafür, sie wird Dich sandte der heftigen Schrittes Eilenden «inen zufriedenen Blick nach. Er fühlte sich Wied:: gesichert. VII. Als der Kammerherr nach Hause fuhr, begegnete ihm Viktor. Vater und Sohn hatten ein ftillschweigendesUeber einkommen getroffen, gegenseitig kehrten mit einander in einem mehr ka meradschaftlichen als liebe- und ehr furchtsvollem Tone. Der Kammerherr stieg aus und ließ seinen Wagen lang sam voranfahren. „Du willst nach Wildenhof?" begann er. „Gut, ich werde Dich nicht lancze «ufhalten, nur möchte ich Dir rathen, Deine Zeit fortqn besser zu kenützen als bisher. Die Sequestration geht ih rem Ende zu. Ich habe sichereNachricht, daß man hier in der Gegend Kupfer zruoen anzulegen beabsichtigt. Wird Wildei.hofer Terrain von den Adern be rührt, so ist die noch darauf hastende Schuld mit leichter Mühe sofort ge dickt." Viktor athmete auf; er hatte ge fürchtet, Bettys wegen interpellirt zu werden. Nun zündete er sich gleichmü thig eine Cigarre an und erwiderte: „Bester Papa, ich halte es auch in der Liebe mit dem „Erst wägen, dann wa gen!" Zudem ist Brunhilde keines der Mädchen, die sich bei erster bester Gele genheit überrumpeln lassen. Habe ich sie früher unterschätzt oder hat sie sich in kurzer Zeit überraschend entwickelt auf Ehre, sie flößt mir Respekt ein." „Liebe wäre mir angenehmer!" „Ob aber auch ihr?" Ungeduldig klopsteßuwer dem Sohne auf den Arm. „Was für thörichte Be denken oder etwa gar Ausflüchte? Du weißt, ich habe Dich weniger über wacht und im Zaume gehalten als hun dert andere Väter ihre Söhne; doch eben weil ich Dich Deine Jugend frei genießen ließ, darf ich erwarten, daß Du nunmehr meinem Rath und ent schiedenen Willen gehorchst. Es han delt sich um einen Schritt, der Dein ganzes ferneres Leben bestimmt. Du «inem Achselzucken. „Das ist das Leben, mein Sohn, und unzähligen Anderen bietet es weit weniger als Dir. Du bist der ein zige .junge Mann, mit dem Brunhilde verkehrt, in ihren Jahren verlangt ein Werbens werth zu sein... Oder willst „Der Direktor?" lachte Viktor. „Ich bitte Dich, Papa! Daran denkt er eben so wenig als Brunhilde." „Um so besser! Du hast mehr Gele genheit als ich gehabt, sie zu beobach ten. Dergleichen Naturen, die sich mit dem Nimbus catonischer Tugend zu umhüllen wissen, sind den Weibern oft dann, anstatt zu fangen, unbewußt dem schlauen Netzestcller selbst ins Garn. Zum Glück neigt Brunhilde sich nicht zur Romantik." Viktor sah ungeduldig nach der Uhr. „Es wird spät, Papa." „Nur noch eines: Ich hoffe. Du hast ster Weise^unpassend zu liircn. Jeden falls ersuche ich Dich, etwaige Verbin dungen dieser Art schleunigst zu lösen," sagte der Kammerherr in sehr nach drücklichem Tone, schüttelte seinem Sohne die Hand und hastete seinem setzte Viktor seinen Weg nach Wilden tsof fort. Wie wild auch Bettys Leiden wagt hatte, da er ihre Berechtigung deutlich selbst erkannte! Wie einen Aus weg sinden? Er zermarterte seinGehirN «ach einem NeitungSmittel! Vergebens. Das finstere Gesicht des Lieute nants wurde nicht eben Heller, als ihm Würzburg »om Walde her in den Weg kam und mit ihm Schritt hielt. Er ahnte in ihm den argwöhnischen Neben buhler. Zum Unglück kam ihnen am Parksaume Betty entgegen und wech selte beim Anblicke Wiirzburgs die Farbe so auffallend, daß dies auch ei nem minder scharfen Beobachter hätte auffallen müssen. „Glückliche Jagd, da uns eine junge Dame begegnet," rief der Oberförster mit einem eigenthümlichen, kurzen Auf lachen. „Ein Troubadour, der zum Patronen in die Viichsflinte schiebend, sprach Würzburg weiter: „Hüien Sie Ihre Tauben, Fräulein Betty! Ich kenne einen Falken, einen schönen, edlen Vogel, der den unerfahrenen, jungen Feldflüchtern nachstellt. Wehe ihm, wenn —" Das Weitere erstarb in einem undeutlichen Gemurmel. Er warf das von. Die Beiden sahen ihm betroffen nach. „Ich möchte ihm die Reitpeitsche um die Ohren schlagen," grollte Viktor. „Und daurch alles verrathen!" „Als ob er nicht schon alles ahnte, wüßte! Jedenfalls doch durch Dich." „Kein Wort kam über meine Lippen." uin ein Geheimniß auszuplaudern. Du solltest Dich verborgen, halten, als Du ihn bemerktest." „UndDu nicht diesen Weg verfolgen, da er Dich begleitete. Ihr bliebt mir durch das Gebüsch verdeckt, bis ihr vor mir standet." „Natürlich an billigen Ausreden ist nie ein Mangel." „Du thust mir Unrecht, Viktor!" „Nein, Du mir, was Du freilich nach echter Weiberart nie zugestehen wirst." Immer heftiger waren sich Rede und schärft wurde, am Zaunzeug seines Pferdes zu schaffen. Betty sah ihm mit zusammengepreßten Lippen stumm zu. „Ich auch," antworteie Viktor tro cken. „Nach dem Schloß?" „J°!" „Leb' wohl!" „Adieu!" sie, das Haupt stolz erhoben, jede Ver suchung, zurückzublicken, dem Geliebten ein versöhnendes Wort zuzurufen, tro tzig niederkämpfend. Sie fühlte, daß er ihr nicht nachblickte, das Herz blutete ihr, doch eben dieses Maßlose ihrer Manne ohne Kampf und Widerstreben ihre ganze unberührte Seele geschenkt zu haben, verlangte von ihm die gleiche Hingebung. Der Zwist wäre unmöglich gewesen, liebte er sie so selbstlos, so „Da wären wir nun glücklich beim ersten Streit angelangt. Wäre sie nur nicht so schön,liebte ich sie nicht so t 011... Mit kläglicher Miene schüttelte sie den Kopf. „Es scheint Unheil über freut sein, Sie zu sehen, Herr Lieute nant, ich glaube, sie ist tief gekränkt wrrden." „Von wem? Weshalb?" Es geht etwas vor, Herr von Ruwer." „Was denn, meine verehrte Frau von Leist?" „Daruber vermag ich Ihnen keine Auskunft zu geben, man vertraut mir nicht, man wartet auf Sie." antwortete die Dame in einem weit minder als ge wöhnlichen salbungsvollen Tone und ließ mit gekränkter Miene den Lieute nant an sich vorüber. >, , , Das Mädchen meldete ihn an, Brun- Hilde kam ihm bis auf den Eorridor „Willkommen, tausendmal willkom men! Ich habe mich recht nach einem treuen, ehrenhaften Herzen gesehnt, nach Dir, Viktor!"... Ihre Stimme klang erregt, ihre Augen schienen umflort und wöhnlich. „Schon aus Frau von Leists uulla» ren Aeußerungen entnahm ich, daß Dir irgend welche Unannehmlichkeiten zuge stoßen," antwortete Viktor, indem er die Thüre des Zimmers hinter sich schloß. „Ich hoffe, daß Du mir vertraust und jede Hilfe, deren Du bedarfst, von mir annimmst." „Von keinem Anderen," sagte sie und schaute ihm so scharf in die Augen, daß er ihren Blick nur mit Mühe ertrug. „Nur von Dir, Viktor," wiederholte sie noch herzlicher, ihm beide Hände aus die Schultern legend. „Ja, Du bist treu und ohne Falsch, Dir allein will ich fortan trauen, sonst keinem mehr, und wäre ihm die Tugend auf die Stirn ge „Jch danke Dir, Du sollst Dich in mir nicht täuschen ... Aber noch im mer schwebe ich in vollkommenir Unge wißheit, was eigentlich geschehen ist." „Ein Nichts, eine Lappalie werden Wellkundigere, als ich bin, es nennen. Laß mich darüber schweigen, frage Dei nen Bater. Ich hatte geglaubt, in eine neue Welt zu blicken, in der nicht Name oder Rang, nur eigene Würdigkeit und Verdienste gelten, ich begann eine Tu gend und Heldenhaftigkeit zu ahnen, die in bescheidener Selbstverleugnung nie Vortheil noch Vergeltung sucht, ich hoffte dadurch mich selbst empor zu ar beiten aus dem Bann der Vorurtheile und des falschen Scheines, der mich bis her umfangen, und es war alles Trug und Lüge, ein schändliches Gaukelspiel, mich zu bethören und zu berauben." „Das ist ja eine ganz colossaleFrech heit!" rief der Lieutenant, dem noch „Erlebte ich doch nie wieder eine so unsäglich bittere Enttäuschung! O Viktor, verlaß Du mich nicht, sei Du mein Freund, Berather und Helfer, ich bin so ganz allein!" seufzte Brunhilde, und fast schmerzlich fühlte er den noch heftigeren Druck ihrer Hände auf den Schultern. Welche Erfahrungen er auch ge um das er freien sollte nach dem Gebot seines Vaters, die schöne, stolze Gräfin, deren Unnahbarkeit alle ihre Verehrer in Verzweiflung gesetzt, deren Geist und Charakter ihm ebensoviel ehrfurchts liche Schönheit bewunderndes Entzü cken sie lag hilfeflehend an seiner Brust. Er fühlte den stürmischen Schlag ihres Herzens, den warmen Hauch ihres Mundes und den Duft des prachtvollen Haares sein Blut be gann schneller zu kreisen, sein Arm die Bettys Bild vor sich, drückte er den blonden Mädchenkopf fester an seine Schulter, feine heißen Lippen suchten mit scheuerGier den blüthenweißen Na cken, der unter ihrem Druck purpurn erglühte. Mit einem leisen Ausschrei riß sich Brunh.ilde aus seinen Armen.... BreiteSchreibtischplatte völlig bedeckende Aktenstücke deutend, mit gui gespielter, unbefangener Ruhe: „Darf man sich erkundigen, welches Studium Du da so eifrig betreibst?" Es vergingen einige Augenblicke, ehe Brunhilde zu antworten vermochte. Wie eine schmerzliche Enttäuschung flog es über das schöne Gesicht. Ihr Blick suchte bittend Viktors Augen, aber er sah, ungewiß, ob seine Kraft auch in einer zweiten Probe bestehen würde, beharrlich zur Seite. Endlich erwiderte sie: „Es sind die Besitztitel von Wildenhof und sonstige Familien- Papiere, die ich aus der Bibliothek her vorgesucht habe. Du würdest mir, da ich zu unerfahren bin, einen Gefallen erweisen, wolltest Du darin nachsehen, ob irgend ei» Fremder scheinbare An sprüche auf mein Erbe erheben könnte." „Recht gern!" Viktor nahm be reitwillig vor dem Secretär Platz, eini germaßen erleichtert durch diese Ab lenkung und auch wieder unzufrieden damit.... „Mir ist, als bewege ich mich heute in einer Welt von Räthseln. Die Herrschaft Wildenhof ist doch Ma erblich. Wie sollte irgend Jemand, da Du die letzte Wildenhof bist, einen An spruch zu erheben vermögen?" „Du hältst es für unmöglich?" „Ganz und gar! Wer Dir von der gleichen gesprochen. Der gehört mit Deiner gütigen Erlaubniß unter die Verrückten. Natürlich will ich und werde ich zu Deiner völligen Beruhigung gern gespickte Schriftstück durchzustudircn. „Du entschuldigst, daß ich Dich allein lasse," bat Brunhilde, „meine Dorsar bis zur Thür, küßte ihr die Hand und vergrub dann seinen hübschen Locken kopf in die vergilbten und verstaubten Akten. Leider war mit dieser mehr kör- Eiser schon erschöpft. Zwischen den Ze ilen attcrthümlich verschi'örkelter Buch- warf den Fascitel beiseite, streckte die Hände in die Hosentaschen und brummte: „Versl—, wer nur daraus gescheut werden könnte! Kürzlich nannte sie mich mal ihren Bruder und heute hatte ihre Zärtlichkeit einen mehr als schwesterlichen Beigeschmack. Der Teufel bleibe kalt dabei. Wenn der lange Hohenau doch Recht gehabt hätte, wenn sie mich einfach ein bischen ge schnitten, um mich daher mehr ins Feuer zu bringen? Bei allen Göttern, sie ist schön genug, um einen völlig um den Verstand zubringen. Es müßte eine wahnsinnige Wonne sein, von die sem Mädchen geliebt zu werden .. Und Betty, diese verkörperte süße Liebes flämme, Betty, die mein Wort und mein Herz besitzt... mein Herz, ge wiß. für jetzt und ewig, hm, ja, das heißt aber " Der Lieutenant brach seinen Monolog, der sein Denken und Zmpfinden noch mehr verwirrte, anstatt zu klären, verlegen ab und starrte tief sinnig zum Fenster hinaus, als ob die kleinen Vögel, die lustig durch die schwanken, grünen Zweige schlüpften, mit ihrem Gezwitscher alle Lebens- und Herzensräthsel zu lösen vermöchten; VIII. Einem pürschenden Jäger gleich, der sein Wild erblickt, blieb Wolf Auras plötzlich stehen, starrte auf das kleine, mehr als bescheidene Häuschen zu sei ner Rechten und ging sich den. Ist die Gräfin drin?" „Sie kommt jeden Tag zu mir, das heißt zuAnderen geht sie auch, aber doch zu mir am meisten." „So? Und was macht sie denn bei Euch?" »Sie kocht!" „Sie kocht?" „Ja freilich kocht sie," erklärte Leh mann mit verstärktem Nachdruck, als -r ein ungläubiges Lächeln auf des Di rektors Antlitz empor steigen zu sehen glaubte. „Sie wissen es ja, Herr Di rektor, wie das so mit dem Essen ist.... früh Kartoffeln, Mittags Kartoffeln, Abends Kartoffeln, da muß man einen Schnaps dazu trinken, damit sie rut schen und dann noch einen, um den Ge schmack wegzubringen, nnd da kommen der dritte und die anderen von selber. Da hat nun die gnädigste Gräfin ganz richtig gemeint, das ginge nicht, brachte also ein kleines Büchelchen mit, wo al lerhand gute und billige Gerichte drin stehen, war aber so eine Sache mit mei ner Alten Frau wollte ich sagen. Sie verstand sich nicht drein und nun zeigt es ihr die gnädigste Gräfin; da kochen sie miteinander, und ich esse die schön sten Gerichte und gebe nicht mehr aus als vorher." „Und der Schnaps schmeckt nicht mehr?" „Herr Direktor, was soll ich im Wirthshaus? Die gnädigste Gräfin sagte meinerFrau, sie müsse unser Haus und Kleidung und Geschirr auch immer hübsch in Ordnung halten, damit es dem Manne auch daheim gefiele, und von selber einen Schnaps aus den Tisch stellen und immer recht freundlich sein jawohl, und das geschieht auch und nimmt weniger Zeit weg, als sonst das Sachen Herumwerfen, und ich sitze alle Tage wie in einer Putzstube, daß mich gar nicht nach Fortgehen und Schnapstrinken und Zanke» verlangt. Du lieber Himmel, wann hätte ich das früher einmal für möglich gehalten! Nichts für ungut, Herr Direktor, Sie haben mich manchmal hart mitgenom men und dann doch wohl aufgegeben, aber ich meine, es steckt auch im schlech testen Menschen noch ein bischen guter Kern und er braucht nur die richtigeße handlung, damit er wächst und das Schlechte wie Unkraut erstickt." „Da haben Sie eine tiefe Weisheit erkannt und ausgesprochen," sagte der Direktor mit so deutlicher Bewegung, daß Lehmann ihn fast betroffen an starrte und ein wenig verlegener fort fuhr: „Mit der Behandlung hat's un sere Gräfin getroffen. Ich bin ein an derer Mensch geworden und, nichts für ungut, Herr Direktor, Sie haben auch Ihren Antheil daran, den wir Ihnen nicht genug danken können. Daß Sie mich wegen meiner letzten Schlechtigkeit nicht zur Anzeige brachten—" „Wir wollen das vergessen, Lehmann, wenn, wie ich erwarte, Ihre Besserung eine nachhaltige ist," siel Auras schnell lün. ' Der Mann legte mit einem freien, schönen Blick die schwielenbedeckte Hand auf die Brust, die nur ein geflicktes, „Darauf können Sie Gift nehmen, Herr Direktor! Ich lasse mir lieber den Kopf abhacken, als daß ich mein frii drückt, da müßt' man ja härter als ein Stein sein, wenn man ihr nicht alles zu Liebe thun wollte. Und fragen Sie das ganze Dorf, Herr, es wird Ihnen Jeder dasselbe sagen. Todtschlagen ',ssen wir uns jür unje« liebcGräjin^. das ist ein Herz, nur er» großes, gutes herz." Es verging eine gniume Zeit, ehe der Direktor weiter fragte: .Sie macht Euch also auch viele Geschenke?" „O natürlich, ja, heißt freilich mir das Nothwendigste, was man si^ Wort mehr. Wie in eine fremde Welt blickten seine Augen weit geöffnet durch die kleine, spiegelblanke Fensterscheibe. wie der goldene Schlüssel, de/ die Pforte des Märchenreiches öffnete. Ein holder Zauber stahl sich in sein Herz und liest es erweichen und heftiger klopfen, ein süßes, mildes Gefühl, halb Wonne, halb Schmerz vertrieb den star- Häniinern. Auras richtete sich aus. Da trat Gräfin Brunhilde aus der Thür. Sein unerwarteter Anblick schien sie zu erschrecken, sie hemmte den Fuß, ein schmerzlicher, finsterer Zug überflog ihr Gesicht und dann ein hochmüthiger Trotz. Entschlossen schritt sie weiter. Auras lüftete den Hut und bemerkte kaum die abweisende Kürze ihres Ge gengrußes. Als sie von der Dorfstraße in einen Fußweg abbog, der dOrch dasFeld nach meine Theilnahme an ihrem Werke der sogenannten inneren Mission versagte, geschah dies nicht» aus Ungefälligkeit »nachten Erfahrung, daß eine derartige Wohlthätigkeit meist nur zu Miß brauch, Heuchelei und Arbeitsunlust wiegt. Die Leute verlieren ihr Bischen Energie und Selbstvertrauen, da ihnen die Hilfe sicher ist, sofern sie, gleich viel, ob mit oder ohne Ueberzeugung, zu den Frommen im Lande gehören. Sie vergessen das Arbeiten über dem Beten. Es wäre meist besser, auch für sie selbst, sie mehr zu ersterem als zu schritt. Endlich antwortete sie kühl: „Ich beobachtet, beweist das Gegentheil." „Ich glaube nein." „U«>d ich beginne zu fürchten, daß ! welchem mir unerklärlichen Gründe überhaupt nicht zusagt," antwortete Auras bitter und öffnete das Parkgit , ter, an dem sie inzwischen angekommen waren. Brunhilde schritt hindurch und so schnell vorwärts, daß er bemerken mußte, sie wünsche allein zu sein. Den noch folgte er raschen Schrittes und sagte mit vor Erregung zitternder Stimme: „Ihre Abweisung, Gräfin, ist eine Beleidigung, die ich um so tie fer empfinde, als ich sie nicht ver schuldet zu haben glaubte. Sie haben mir meine frühere Schroffheit verziehen in der Einsicht, daß meine eigenthüm liche Stellung mich dazu zwang. Jetzt ich weiß nicht, was ich that, um Ih ren Groll zu erregen " „Nichts vielleicht!" „Und um eines Nichts willen nein, Gräfin, ich habe Sie kennen ge lernt und eine höhere Meinung von Ih nen gewonnen. Es lebt ein starkes Ge rechtigkeitsgefühl in Ihnen, das Ihnen verbietet, aus Laune oder aristokrati- Hochmuth dem Manne, der unter Ihnen steht, Unrecht zu thun und nickit das allein, einLeid, ein schmerzlich empfundenes Leid zuzufügen"... Des Direktor? Stimme zitterte noch stärker, und da die Gräfin beharrlich schwieg, faßte er ihren Arm und deutete mit der freien Hand in der Richtung nach der Grotte: „Vor Kurzem sagten Sie mir, ich habe Ihnen das Leben gerettet, Sie mindestens vor schwerer Verletzung be wahrt, als ich Sie mit eigener Gesahr aus dem Bereich des stürzenden Bau > mes riß. Sie sprachen von Dankbar keit ich oerlange nur einen Dank von Ihnen, doch diesen fordere ich be stimmt, die Antwort auf die Frage: WeShalb zürnen Sie mir?" Mit einer leisen, doch energischen Handbewegung befreite sich Brunhilde von seinem Griff. Mit schneidender Stimme fragte sie zurück: „Weshalb ! hassen Sie mich und die Meinen?" ! Er stutzte; seine Lippen preßten sich fest auseinander, dann aber brach es unushaltsam hervor: „Ich Sie hassen? O. Brunhilde, sind Sie kein l Weib, daß Sie nicht fühlen, wie dieser Haß, den ich einst hegte, sich längst in sein Gegentheil verwandelte, wie ich , kämpfte mit mir selbst und doch mit ' Schmerz, Beschämung und süßer Wonne zugleich unterlag, wie Sie dal Licht meiner Tage, mein Lebensstern, mein ganzes Sehnen und Hoffen ge worden sind?" Die Sprache versagte ihm. aber er kniete nieder und bedeckte ihre Hände mit glühenden Küssen. Das brachte das Mädchen, das sich wie betäubt an einen Baum gelehnt, zur Besinnung zurück. Erglühend riß sie sich los und flüchtete hinter den schützenden Stamm. „Lassen Sie mich!" keuchte sie athem los. „Nie, nie!" sprach Auras, der sich erhoben hatte, und trat ihr wieder nä her. „Es ist ja nur Dein scheuer, spröder Stolz, der Dich so sprechen läßt; im tiefsten Herzen fühle ich, daß Du mein bist. EinWeib gleich Dir kann nicht anders, als die Kraft, den Muth lieben. Du bist keine von denen, die sich wegwerfen an ein hübsches Gesicht, verkaufen an einen alten Namen, eine blanke Uniform, um Reichthum und Wohlleben. Wen kann Brunhilde an ders lieben als Siegfried, der sie zu be zwingen vermochte? Und ich habe Dich Du liebliches, sprödes Mädchen, Du, meine hehre Walküre. Ich weiß es ja besser als Du selbst, daß Du mich liebst und mein sein wirst, und nur in meiner Liebe Dein Glück finden kannst." Die Entrüstung über seine sichere Sprache, sein zuversichtliches Lächeln überwand ihre Furcht und mädchenhafte Befangenheit. Die Erinnerung an On kel Edmunds Warnungen und an Vik tor schoß ihr durch den Kopf, schmerz haft wie ein Dolchstich... Wie fand dieser Mann den Ton inniger Liebe... ebenso überzeugend wie den der Wahr haftigkeit und Ehre, durch den sie sich bethören ließ! Nicht ein zweites Mal, jetzt nicht mehr! Sie richtete sich em por, ihr Auge sprühte Verachtung, in deß sie mit eisiger Kälte erwiderte: „Sie müssen wahnsinnig sein, so zu mir zu sprechen. Kennten Sie mich, wie Sie sagen, so würden Sie wissen, daß ich Ihnen nur das Gefühl der Verach tung, des Abscheus entgegen trage... Oder meinen Sie, auf diesem Wege leichter zu Ihrem Ziele zu gelangen, das sie durch Heuchelei und Trug zu erreichen streben? Ich weiß, welcher Zweck Sie nach Wildenhof führte. Noch chelnden Erbschleicher weichen." Wie wuchtige Hammerschläge schie nen diese Worte vernichtend auf Auras nieder zu schmettern. Sein noch soeben lebhaft erregtes, geröthetes Antlitz er starrte in einer leichenhaften Blässe, feine erhobenen Hände sanken schlaff herab, nur in den weit geöffneten Au- Strahl. „Platz!" herrschte ihn die Gräfin an, und er wich taumelnd zurück; aber so !>ahe, daß ihr rauschendes Gewand seine Knies streifte, schritt sie an ihm vorüber. Als sie aus seinem Gesichts kreise entschwand, war auch ihre Kraft zu Ende. Sie umschlang einen Baum wie ein lebendes Wesen und schluchzte krampfhaft, doch die Thränen erleich terten sie nicht. Ein neugieriges Eic hhörnchen raschelte ini Laube, sie glaubte Auras Stimme zu hören, sprang auf und flüchtete ins Schloß. Wie eine vom Falken verfolgte Taube flog sie den Eorridor entlang, die Treppe empor, an Viktors Brust, der, völlig über rumpelt und erschreckt durch des sonst so starken Mädchens Fassungslosigkeit, nichts Besseres zu thun wußte, als ihr unter zärtlichen Liebkosungen Muth zuzusprechen. „Du Viktor, nurDu, Du!" schluchzte sie, ihn fester umschlingend, „Du allein bist mein Leben und meine Hoffnung, Dich nur hat mein Herz immer geliebt und liebt Dich ewig. Verstoß mich nicht, laß mich Dein sein!" Sie preßte sein Haupt an ihre wo gende Brust und küßte seine Stirn, ihr halb gelöstes Haar umwand seinen Hals wie mit goldenen, duftigen Fesseln, gleich Ketten hielten ihn -die Arme, diese entzückenden, weißen, vollen, war „Brunhilde meine Braut!" stam melte er halb sinnlos, alles Andere ver gessend. IX. Eine Stunde später als der weiche Abendwind kühlend durch das geöffnete Fenster hereinzuströmen be gann, die sanfter« Färbung der sinken den Sonne Brunhildes gerötheteWan gen verklärte brachte das Mädchen einen Brief: „Der Herr Direktor schickt ihn durch seinen Kutscher und läßt um Antwort bitten." „Ich habe nur diese für den Herrn Direktor," antwortete Brunhilde schroff, den silbernen Teller heftig zu rückstoßend. Viktor hob'den zu Boden gefallenen Brief auf, reichte ihn ihr zu und legte einen leisen Vorwurf in feine Worte: „Ein Streit mitAuras? Es durste vor theilhafter sein, von dem Inhalt dieses Schreibens denn doch Kenntniß zu nehmen." Die Erwähnung desDirektors mahnte ihn an seinen Treubruch, an das Dop pelspiel, in das er sich leichtsinnig ge stürzt und das vielleicht schon jetzt, si cher aber in den nächsten Tagen entdeckt werden mußte. Er fühlte sich sehr unbe haglich, als Brunhilde nun gehorsamst den Brief erbrach und las. Er lautete einfach: „Mein Fräulein! Die schwere Beschuldigung, welche Sie gegen mich aussprachen, nöthigt mich zu der Bitte um eine Unterre dung unter vier Augen. Ich nehme nur das Recht jedes Angellagten, sich zu vtrtheidigen, in Anspruch. Auras." (Fortsetzung folgt.) vor dem Bagatellrichter des Bezirksge richtes Leopoidstadt I stattgefunden hat. berichten Wiener Blätter: lorderung iiber 50 Richter (zum Lertlaglen>:, Sind Sie dieser Frau 5» ft. schuldig? Verklagter: Dieser er! Richter: Das thut nichts zur Sache, man kann doch auch seiner Schwiegermutter Geld schuldig sein. Verklagter: Ich bin ihr aber nichts schuldig: sie hat mir 50 sl. Mitgift ge geben, als ich ihre Tochter heirathete. sondern auch die Schwiegermutter über nehmen und über die 50 fl. obendrein einen Schuldschein ausstellen: Hier ist der Schein. Der Richter nahm den in Großfolio format gehaltenen Schuldschein und brachte denselben zur Verlesung. Er lautete wörtlich: „Schuldschein, wo mit ich EndeSgeserligter bestätige, daß ich am heutigen Tage von meiner zu lünstigen Schwiegermutter, Frau Ka tharina Krippel, sl> Gulden baar als Mitgist bekommen habe, und verpflichte ich mich, diese Schuld meiner Schwie germutter baar zurückzubezahlen, wenn ich: I. die Schwiegermutter nicht mehr anerkennen sollte; 2. wenn sie mir nicht mehr behagen sollte; 3. wenn ich sie verstoben sollte, oder 4. wenn meine Frau sterben sollte. Hochachtungsvoll Heinrich Schvdel." Nachdem sich der HciterkeitSausbruch, den die Verlesung dieses Schuldscheines entsesselte, gelegt halte, sagte der Richter: Lassen Sie uns, Herr Schödel, vor Allem hören, ob Sie eine d«r vier Bedingungen, die Sie in diesem sogenannten Schuld scheine eingegangen sind, nicht etwa gebrochen habe». Also zur ersten: > Erkennen Sie diese Frau als Ihre Schwiegermutter noch immer an? Ber llagter: Freilich, alleweil! Richter: ! Behagt sie Ihnen noch? Verklagter (nach einer langen Pause, während welcher er die Schwiegermutter von der Seite mit halb scheuem Blick betracht tete): Ja . sie behagt mir noch.. — Richter: Haben Sie si« verstoßen? Verklagter: Nein, sie ist selbst weg. Sie kann doch wiederkommen. Klä gerin: Ich will aber nicht! Rich ter: Und Ihre Frau ist nicht gestor ben? Verklagter: Nein, sie lebt noch. Richter