2 M»»«tt»»er et««» HetrathSvcruUr». l«r». Herr N.. der Inhaber eines Geschä'ic in Berlin, hatte Luft, sich zu verheilt then, und trat mit einer hier in oer Müllerstraße wohnenden Frau M. in Verbindung, die ihm denn auch, »ach Empsangnahme der üblichen .Ein schreibegebühren", die glänzendsten Aussichten eröffnete. Eines Tages wurde er dann von Frau M. durch die Mittheilung erfreut, daß sich .Etwas" für ihn gesunden habe, eine hübsche Hallenserin, die einzige Tochter einer steinreichen Wittwe, die im Besitze eines lukrativen ColonialwaarengeschästeS sei. Um die Bekanntschast aber in die Weg« zu leiten, sei es nothwendig, daß Frau M. selbst nach Halle sahre und die ihr besreundete Familie aus die Ankunst des FreierS vorbereite. Entzückt durch solch günstige Aussichten, war Herr N. gern bereit, de» verlangten Reisevor schuß im Betrage von vierzig Mark ab zuladen, sollte er doch schon nach drei Tagen Gelegenheit haben, die .Ge liebte" warum soll man die wun derschöne Tochter einer steinreichen Wittwe nicht lieben? in Halle zu sehen, wo sie ihm auf dem Bahnhof von Frau M. vorgestellt werden sollte. Endlich war der glückbringende Tag angebrochen, und Herr M. dampfte nach Halle ab. Mit pöchendem Herzen verließ er den Wagen und stürzte auf den Perron, wo die Liebliche, die Holde sich ihm am Arme der Frau M. bald zeigen mußte. Ader welche EnttSu sschung! So weit sein Blick auch umher schweifte, die Erwarteten waren nicht zu sehen. Endlich entschloß sich Herr N.. die ihm von oer Berliner HeirathS vermittlerin bezeichnete Familie aufzu suchen. Nach mühseligen Nachforschun gen wurde er denn auch auf den richti gen Weg geleitet. Frau M. hatte ihn also doch nicht angeführt, die Familie existirte wirklich, und diese Gewißheit gab ihm neuen Muth. Er erreichte endlich das Ziel seiner Wanderung und fand, wenn auch kein großes Kaushaus, so doch einen bescheidenen, ganz soliden Kramladen. Herr N. stellte sich vir und fragte nach seiner Berliner „Geschäftsfreun din", der Frau M. Man kannte sie nicht. Das stimmte nun seine Hoff nungen wieder bedeutend herab. Aber etwas mußte doch an der Sache sein,— wie wäre denn Frau M. dazu gekom men, ihm gerade diese Adresse auszu geben? Er entschloß sich, der Geschichte auf den Grund zu gehen, und sragte nach der Tochter des Hauses. .Da kommt sie grade", sagte die Wittwe, auf eine nicht mehr ganz junge Dame deutend, die eben in den Laden eintrat und ein Kind auf dem Arm trug, das ihr „wie aus dem Gesicht geschnitten" war. Herr N. räusperte sich. Der kleine Engel auf dem Arm der hübschen Mutter hatte ihn doch etwas aus dem Gleichgewicht gebracht, aber... .je nun, man tonnte doch mal nachfragen. Die Tochter einer steinreichen Wittwe, und man sährt doch qicht umsonst nach Halle und leistet sich so große Ausga ben, um unter den Pantoffel zu kom men.. Herr N. wurde also deutlich und sagte gerade heraus, weshalb er nach Halle und zu der braven Wittib gekom men war. Er wollte die Tochter hei rathen. Noch niemals ist der HeirathS antrag eines Freiers mit einem so schal lenden Gelächter ausgenommen worden, wie es hier der Fall war. Ja, sagten Mutter und Tochter, der Antrag wäre sehr ehrend, aber es ginge wirklich nicht. „Weshalb denn nicht ?" fragte Herr N. Nun, aus einem zwar einfa chen aber sehr triftigen Grunde—die Tochter wäre nämlich schon seit zwei Jahren glücklich verheirathet und denk« gar nicht daran, dieses angenehme Ver hältniß zu lösen Mit welchen Ge fühlen der HeirathSkandidat die Rück reise nach Berlin antrat, kann man sich denken. Hier angekommen, begab er sich zu seinem Rechtsanwalt, um Frau M. auffordern zu lassen, ihm sosort seinen Baarverlust zu ersetzen. Dazu hat sich die „Vermittlerin" denn auch bereit erklärt. Folgenschwer« Zufüll«. Beispiele wie das von James Watts' Theekessel, in welchen der Zusall als Erfinder erscheint, gibt es noch viele. Gutenberg z. 8.-sah den Abdruck eines Pferdehufes auf der Straße und be glückte die Menschheit mit der Buch druckerkunst. —Newton beobachtete den Fall eines Apsels und sann über die Gesetze der Schweikrast nach. —Böttcher versuchte eine Erdmischung zur Herstel lung von Schmelztiegeln und ersand das Porzellan. Ein Uhrmacher hielt «in UhrglaS zwischen Daumen und Zeigefinger und war erstaunt über die Größe der nahen Kirchthurmspitze—die Fernrohrlinse war erfunden. Einem Nürnberger Glaser fiele» einige Tro pfen Flußsäure (Fluor) aus sein Bril lenglaS und er bemerkte, daß das Glas matt erschien. Bei Anwendung des Firnisses kam er auf eine höchst einfach« Aetzmethode. —Das geringe Schwanken des Kronleuchters im Dom zu Pisa brachte Galilei zur Entdeckung der Pen delgesitze. welche Huygens dann prak tisch anwendete. Das erste Opfer. Junger Arzt: „Nun, endlich hab' ich den ersten Patienten bekommen! Den lass' ich aber nicht eher gesund werden, als bis ich den zweiten krieg !" Aus einemLitbeSbrief. ... .Sollten Sie meine Liebe nicht er wiedern. so bitte ich um Rücksendung dieses Brieses, damit ich denselben noch anderweitig verwerthen kann. Nicht der Mühe werth. Pepi (sein Weihnachtsgeschenk, einen kleinen Hanswurst betrachtend): „Und deßwegen hab' ich schon drei Wochen vorher brav sein müssen!" Ironie des Zufalls. Flüchtiger Kassirer: „Teufel noch 'mal, hab' ich in der Zerstreutheit 'u Retour billet genommen!" Das neue Klud-Mitglied. Irgend etwas mußte mich an jenem Abend zurückgehalten haben, denn es war fast Mitternacht, als ich in d n Klub gelangte. Und dabei bin ich doch ein abgesagter Feind vom Spätkoinmen. denn erstens sind die nettesten unserer Mitglieder jetzt verheirathet und solide Ehemänner, die höchstens bis ein oder zwei Uhr bleiben, und dann nehmen die früher Gekommenen die behaglichsten Plätze an den «einen Tischen in Be schlag, während den späteren Gästen nur die Plätze an oer langweiligen gro ßen Tasel bleiben. Die meisten Mitglieder unseres Klubs gehören zu den Vertretern der schönen Künste. Dann und wann gelingt frei lich die Aufnahme cikiein Millionär, der für einen Kunstmäcen gilt, aber zu meist find die Leute, die man hier fin det, Schriststeller, Schauspieler, Bild hauer oder Maler. Die Soupers, die immer Sonnabend Abend um elf Uhr stattfinden, bieten Gelegenheit zu zwanglosen Zusammen künsten. Man trisst sich mit seinen Freunden nach der Woche voll Müh' und Arbeit, man hat einen Ort. wo man behaglich essen, trinken und rau chen kann, und wo man immer eine gemüthliche Plauderecke findet, um mit den Bekannten Neuigkeiten auszutau schen. Als ich in das Lesezimmer trat, kam mir Astroyd, ein bekannter Schauspie ler, lebhast entgegen. „Arthur." begrüßte er mich erfreut, „Sie kommen wie gerufen. Sie sollen als Dritter im Bunde an unserem Tische Platz nehmen. Sie müssen heute noch mal eine Flasche Wein, mit mir leeren, denn es ist der letzte Abend aus lange Zeit hinaus, den ich im Club zu bringe." „Wollen Sie denn wiederwandern?" fragte ich mit lebhaftem Interesse, denn ich mag Astroyd gern, und ich weiß, daß auch die Andern alle seine Abreise be dauern werden. „Nach Australien geht's diesmal," entgegnete er. „Dreißig Procent der Einnahme und fünfhundert Dollars die Woche garantirt. Morgen in aller Frühe geht's fort, und ich bin mit dem Packen noch nicht zur Hälfte sertig. Deshalb möchte ich jetzt auch schnell das Essen bestellen. Uebngens will ich Sie noch mit einem meiner Freunde bekannt machen." Jetzt erst gewahrte ich einen Herrn, der an AstroydS Seite, ein wenig zu rück, stand. „Mr. Harrington Cockshaw, Mr. Arthur Penn." Während wir einander die Hände schüttelten, sagte Astroyd: „Cockshaw ist ein neues Mitglied un seres Clubs." Als wir uns in den Speisesaal be gaben und uns zu Tische setzten, be trachiete ich mir unser neues Vereins mitglied etwas genauer. Mr. Cock shaw war eine kleine, unbedeutende Erscheinung mit aufwärts gedrehtem, aschblondem Schnurrbart. Seine Au gen waren hellbraun, und sein GesichtS ausdruck verrieth bald Schüchternheit, bald Selbstbewußtsein. Der Kellner öffnete die Flaschen, Mr. Cockshaw beugte sich zu mir herüber und sagte mit einer gewissen wohlwol lenden Miene: „Ich bin doppelt ersreut, Sie eben kennen gelernt zu haben, da ich gerade heute Nachmittag Ihr interessantes Essay über „das Sonett und seine Ge schichte" gelesen habe." Ich murmelte einen Dank für die gütige Beurtheilung, und Mr. Cock shaw fuhr fort: „Ich selbst schreibe nicht, ich wünschte, ich könnte es. Aber mein Schwager steht in gewisser Beziehung zur Litera tur, er ist ein Verleger, Compagnon der Firma „Carpenter ck Co." In diesem Augenblick gewahrte Astroyd unsern Freund Harry Brackett, der eben im Thürrahmen erschien. „Hier. Harry," rief er. „fetz' Dich zu uns zu einem Abschiedstrunk. Ich habe Dich seit einer Ewigkeit nicht ge sehen. und morgen früh geht'S sort nach Australien." „Ist Dir Amerika nicht mehr gut genug?" fragte Harry Brackett, wäh rend er sich ganz gemächlich zu uns setzte. „Nein, mein Lieber, in diesen Tagen allerdings nicht. Einen neuen Präsi denten sür die Ver. Staaten wählen, ist dem großen Publikum amüsanter als eine Comödie im Theater." „Ja. leider ist'S so," entgegnete Harry, „und ich sehe auch nicht, wie ich das öffentliche Interesse sür meine GettySburg-Schlacht wach erhalten soll. Astroyd gewahrte den verwunderten Ausdruck, der bei diesen Worten über das Antlitz unseres neue» Club-Mit glieds flog, und beeilte sich, den Neuan gekommenen vorzustellen. „Mr. Brackett. Mr. Cockshaw. Mr. Brackett ist Unternehmer des Panora mas „Die Schlacht von Gettysburg", fügte er hinzu. „Und ich werde bald auf dem Schlacht feld? begraben werden," schaltete Brak kett ein, „wenn ich nicht irgend etwas finde, dke allgemeine Ausmerksamkeit darauf zu lenlen." .Ich sollte meinen, ein solches Kunst werk bedarf gar keiner besonderen Re klame," bemerkte Mr. Cockshaw lä chelnd. „Erst gestern hatie ich da» Vergnügen, das Panorama zum zwei ten Male anzusehen. Es ist eine präch tig« Malerei, außerordentlich lebendig, ganz der Wirklichkeit entsprechend, we nigstens sagt man mir das. Ich selbst war nicht in der Schlacht, aber mein Schwager commandirte eine Nord-Ca rolina-Brigade und verlor dabei »in Bein." „Ich weiß nicht, ob ein einbeiniger Invalide ziehen würde," sprach Brackett halblaut vor sich hin. „Ter Erklärer, den wir jetzt haben, taugt nicht viel, aber eS ist auch schwer, einen zu sinken, der aussieht, wie ein alter Soldat. Außerdem ist sein Name etwas werth. Er ist so kurz. daß wir ihn mit großen Lettern in einer Zeile drucken können: Colonel Mark Ta.>! Ich wette, es sind die zwei kürzesten Namen in d.n Ver. Staaten." „ES ist ein kurzer Name," sayte der kleine Mann, augeincheinlich ersreut, sich wieder ins Geipräch mischen zu kön nen. „ES ist wirtlich ein kurzer Name: aber ich kenne einen kürzeren. Mein Schwager hat einen Buchstaben weni ger in dem seinen und eine «ilbe mehr, er heißt Eli Low." Harry Brackett warf dem neuen Klubmitglied einen Blick zu, als ob er ihm irgend eine ironische Antwort geben wollte, besann sich aber eines Bessern und schwieg. Als aber Mr. Cockshaw bald wieder von einem merk würdigen Erlebnisse seines Schwagers berichtete, sah ich. wie Brackett ihn auf merksam betrachtete. Ich war denn auch nicht verwundert, daß Brackett mich, als die Andern alle ausbrachen, noch zurückhielt und sragte: „Sagen Sie mal, Arthur, wer ist denn eigentlich der kleine Mann, der mit dem Schwager?" Ich entgegnete, daß ich Mr. Cockshaw heute zum ersten Mal geiehen, und daß Astroyd ihn mir als ein neues Mitglied unseres Klubs vorgestellt hätte. ~So, so, daher habe ich ihn früher nie gesehen." sagte Brickctt. ..Son derbarer Kauz das, nicht? Und wie er bei jedem Gespräch seinen Schwager auf's Tapet zu bringen weiß! Ich bin neugierig, was und wer er eigentlich ist." Um Harry'S Wißbegier zu befriedi gen. fragten wir ein Dutzend Leute, ob sie etwas über das neue Mitglied Mr. Cockshaw wüßten, aber Niemand kannte ihn. Offenbar war Astroyd der Ein zige unter uns, der ihn vor dem heuti gen Abend schon gesehen hatte. Wir ließen das Eintragebuch holen, um zu sehen, wer ihn vorgeschlagen. Da stand, daß I. Harrington Cockshaw von Mr. Joshua Hossman, dem be kannten Millionär und Philanthropen, und von Mr. John Carkendale. dem Vizepräsidenten der Methusalem-Le bensversicherungs - Gesellschaft, einge führt sei. Leider konnten wir uns bei keinem von den Beiden Auskunft holen, da der Erstere sich auf seiner 'Zacht im Mittelmeer besand, während der Letztere seine alljährliche Inspektionsreise weit drüben im Westen machte, und Astroyd, der. ihn vorgestellt und wahrscheinlich hätte Auskunst geben können, war im Begriff, nach Australien abzureisen. „So ist Alles, was wir von ihm wis sen," bemerkte Harry Brackett, das Er gebniß unserer Nachforschungen zusam menfassend. „daß er I. Harrington Cockshaw heißt und Rentnier ist, daß er Joshua Hossman und John Carkendale von hier eingeführt, und daß er einen Schwager hat, dessen Name Eli Low ist, der im Jahre 49 in Californien war, bei Geltsburg ein Bein verlor und jetzt Theilhaber des VerlagShauses Carpen ter ck Co. ist." Und mit dieser Auskunft mußte Harry Brackett sich einstweilen zufrieden geben. Am nächsten Sonnabend kam ich et was zeitiger in den Klub, nachdem ich zuvor mit Delancey Jones, dem Archi tekten, in dessen Hause dinirt hatte. Als wir in den großen Saal traten, fanden wir schon ein Dutzend der stän digen Sonnabendgäste um einen Tisch in der Nähe des großen Kamins ver sammelt. Starrington. der bekannte Tragöde, und der Richter Gillespie gehörten zu der Gruppe, auch de Ruy ter, der beliebte Novellist, und John Sharp, ein junger Asrikareisender. Und behaglich aus dem breiten Sopha saß noch neben Harry Brackett Mr. Cockshaw. unser neues Klubmitglied. Als wir zur Gesellschaft traten, er zählte der Richter gerade von einer Einbrecberbande. die er wegen Ein bruchs in ein Bankhaus kürzlich zu schwerer Strafe verurtheilt hatte. Man sprach darauf von Geldschränken im Allgemeinen und feuerfesten im Besondern. Jones, der Architekt, meinte: „Es ist fast ebenso unmöglich, einen seuersesten als einen diebessicheren Geld schrank zu finden. Vor zwei Jahren kaute ich sür eine Feuerversicherungsge sellschast in Nemark ein prächtiges Haus, und noch ehe die Einrichtung vollendet war. brannte es bis auf den Grund ab. Die Gesellschaft hatte ihre Geschäftsräume im ersten Stockwerk schon bezogen, und die Hälfte der in SicherheitSschränken aufbewahrten Do cumente war durch dasFeuer unbrauch bar geworden." „Ich selbst bin noch nie abgebrannt," mischte sich jetzt Mr. Cockshaw ins Ge spräch. „aber mein Schwager war Director einer Aktien-Gesellschaft in Chicago zur Zeit des großen Brandes, und er erzählte mir, daß damals sast alle Bücher der Firma zerstört wur den !" Allmählich ging die Unterhaltung auf andere Gebiete hinüber, und John Sharp, der Asrikasorscher. begann, an geregt durch eine Bemerkung de Ruy terS, von seiner Reiie in Afrika zu er zählen, von dem schändlichen Sklaven handel, der dort immer noch in vollster Blüthe stände. Wir hörten mit großem Interesse zu. denn John Sharp war sonst nicht der Redseligste, und von sei nen Erlebnissen im dunklen Erdtheil hatte er selten gesprochen. .Ja, ja." meinte der Richter, .es ist schlimm bestellt um Asrika, solange d«m abscheulichen Sklavenhandel kein Ein halt gethan wird. Und bis er nicht vollständig ausgerottet ist, scheint mir auch das Hinaussenden von Missionä ren eine zwecklose Gelb- und Zeit»«r schwendung." „Aber die Missionäre geben doch we nigstens ein schönes Beispiel von Muth und Opsersreudigkeit", fügte hier Mr. Cockshaw schüchtern ein. „Ich kenne diese Dinge nicht aus eigener Ersah rung, aber mein Schwager nahm Theil an der Expedition Stanleys zur Auf- findung von Livingstone, und ich wie derhole nur, was ich oft von ihm gc> hört habe...." Jetzt gewahrte ich. wie Harry Rrackett. das neue Klubmitglied wieder aufmerk samer betrachtete und mir dann einer vielsagenden Blick zuwarf. Die Unter haltung ging noch eine Zeit lang ohm bemerkcnzwerthe» Zwischensall weiter, bis das Souper angekündigt wurde unt die Gesellschaft sich erhob. Mr. Cockshaw, Harry Brackett, De lancey Jones und ich blieben zusam men. Wir setzten unS an einen oe> kleinen Tische im Speisesaal. „Wie geht eS denn Deinen Zwillin gen?" wendete sich Brackett an Jon« ganz unvermittelt. „Danke, sie sind ganz wohl," ent gegnete Jones gleichmüthig. „Der Gedanke, daß Du Zwilling« haben sollst, ist zu komisch," fuhr de» Panoramabesiper fort. „Du biß Künstler, liebst Alles, was apart und überraschend ist, und ich hätte nie ge dacht, daß Du so etwas Alltägliches, wie Zwillinge sind. Dein eigen nennen würdest; zwei ganz gleiche Wesen, von gleicher Größe und gleichem Alter, bei unserer Schwärmerei sür das Mannig faltige." „Ja, eS ist ja merkwürdig, ich gebe eS zu," meinte Jones, „aber bedenke, wir haben ein Schaltjahr, und be kanntlich werden in einen, solchen stet mehr Zwillinge geboren, als sonst. „Ach, das habe ich aber noch nie ge hört." erklärte Brackett nachdenklich. „Woher mag das wohl kommen?" „Ich glaube", bemerkte hier Cock shaw freundlich, .daß die Statistik über die Geburt von Zwillinge noch sehr der Vervollkommnung bedarf. Ich befaßte mich mit diesem Studium freilich nicht, aber mein Schwager, der ein Schüler Spitzers in Wien war, hat sich für die sen Gegenstand lebhaft interefsirt. Er hatte auch eine Schrist verfaßt, in wel cher er eine ganz neue Theorie vor bringt und wollte sie beim Medizini schen Kongreß, der damals in Wien zur Ausstellungszeit im Jahre 1873 tagte, vorlesen, aber leider starb er zehn Tage vorher." „Wer starb?" fragte Brackett auffäl lighastig. „Spitzer oder Ihr Schwager?" „Dr. Spitzer lebt noch," entgegnet« Cockshaw ruhig, „mein Schwager ist gestorben." „Gott sei Dank." wendete sich Brak ket halblaut zu mir, „wenn er todt und begraben ist, werden wir hoffentlich nichts mehr von ihm zu hören bekom men." Und wirklich, obgleich wir noch einig« Stunden beisammen waren und plau derten, erwähnte unser neues Mitglied seinen Schwager an diesem Abend nich' mehr. Eine Woche darauf saß ich in mei nem Arbeitszimmer und war gerad« damit beschastigt, an einer Novelle mit Versen, die ich für die Weihnachts nummcr eines Blattes geschrieben hatte, noch einmal zn seilen, als Harry Brak kett mir gemeldet wurde. Ich hatte ganz vergessen, daß heute Sonnabend war, und Brackett bestand daraus, daß ich mit in den Klub kommen müßte, und zwar heute aus ganz besonderen Gründen. Das Wetter war abscheu lich: Regen und Wind schlug mir in'S Gesicht, als wir auf die Straße hin austraten. „Ich frühstückte im Klub," begann Brackett zu erzählen, nachdem wir müh sam meinen Regenschirm, der sich um gedreht hatte, wieder in Ordnung brach ten, „und da hörte ich, wie dieser un glaubliche Cockshaw dem Lawrencz Laugton wieder merkwürdige Erlebnisse seines Schwagers erzählte." „Und deshalb schleppst Du mich in diesem Mordswetter nach dem Klub," ries ich ärgerlich, „damit ich Dir Gesell schaft leiste beim Anhören von Mr. Cockshaws Geschichten?" „Mir liegt daran, daß Tu gerade heute dabei bist. Am vorigen Sonna bend war ich sroh, daß der unvermeid liche Schwager endlich begraben war, und ich glaubte, wir wären ihn nun ein sür alle Mal los. Aber schon am Mitt woch hat b'ockshaw den Leichnam wieder ausgegraben und ihn zu neuem Leben erweckt. Jeden Abend in dieser Woche hat er im Club gespeist." »Der Schwager?" fragte ich. „Unsinn, natürlich Cockshaw. Wenn ich den Schwager dort nur einmal leib haft vor mir sehen könnte, wollte ich gern sein Souper zahle». Aber dic Freude werde ich wohl nie erleben. Der Mann hatte zu viel merkwürdige Aben teuer zu bestehen." Ich billigte Bracketts Reden über Cockshaw durchaus nicht und bemerkte, daß ich das neue Cludmitglied sür einen sehr bescheidene» und gutmüthige» klei nen Mann hielte. „Das ist ja gerade das Aergerliche", ries mein Gefährte; „wenn er noch ar rogant wäre und von sich selbst Lügen erzählte, könnte ich ihm verzeihen. Aver das ist S ja, das kleine Lemilolon von Mann rühmt sich ja nie eigener Aben teuer. Er iaiiimtlt alle Held.nlhattn aus seines " hwagerS Haupt. »i der gtmeinsie Kniss. der mir je vorge kommen. Glaubst Du denn über haupt. daß er einen Schwager hat oder ze gehab! hätte?" „Ja, aber weshalb denn nicht?" „Na natürlich. Du bist so ein leicht gläubige? Menschenkind, das sich Alles einreden läßt. Ich glaub's aber nicht. Dieser Cock'haw hat nie einen Schwa ger gehabt, weder einen lebendigen noch einen todten. Er sollte doch aber vor sichtiger sein mit seinen Flunkereien. Im Lanie von zwei Wochen hat er uns erzählt, daß sein Schwager im Jahr« 53 die Jungsrau bestiegen, daß er im Jahre 63 in der Schlacht ein Bein ver lor und-schließlich 64 mit einem Schiff« unterging, und was sonst noch Alles. Na, ein Schwager, der das Alle macht, ist ei» übernatürliches Wesen, ein Gespenst, und verdiente, ausgestellt zu werden." Ich erklärte, daß ich da» Alles für ganz möglich und wahrscheinlich hielte. »r hatten inzwischen das Klubhaus e. reicht und fanden, als wir den Speise» >aal lc:ralen, den Richter Gillespie, de 'Auoter und Cockshaw gemüthlich an einem runden Tisch in einer Fenster nische sitzen. Te Ruyter ries uns heran, und man rückte zusammen, um Platz sür uns zu schaffen. Die Unierhaltung war bald im Gange, und die verschiedensten Ge sprächsstoffe wurden herangezogen. Schließlich kam man auf Kirchen und Klöster. Harry Brackett hatte eine Nacht bei den Bernhardiner-Mönchen im Hospiz aus der Höh« des Simplon passes zugebracht, de Ruyter das Trap pistenkloster in Kentucky besucht. Ich selbst war in den spanischen MisfionS stätten in SUd-Californien und Mexiko gewesen. Nur unser neues Klubmit? Glied hatte keine eigenen Ersahrungen. Er hörte mit liebenswürdigem Interesse zu, während Jeder von uns seine Er lebnisse berichtete. Erst als wir damit zu Ende waren, begann Cockshaw lä chelnd und sast schüchtern: .Ich habe ein wenig bewegtes Leben geführt, und nie einen Mönch von An gesicht zu Angesicht gesehen. Aber mein Schwager reiste als Knabe mit seinem Vater in der Bretagne und sand für eine Nacht in einem Kloster Aufnahme. Er erhielt eine Zelle zum Schlafen, in der über dem Bette eine kleine Schale mit Weihwasser hing. Der Knabe, der etwas AehnlicheS nie gesehen hatte und den Zweck des Gesäßes nicht kannte, trank das Wasser einfach aus un» that seine Zündhölzchen in die Schale, um sie Nachts bei der Hand zu haben." .Wann war das?" fragte Brackett, indem er aus seiner Tasche einen Blei stift holte. „Im Jahre 67 oder 63/ antwortete Cockshaw. Harry Brackett zog feine linke Stulpe ein wenig herunter und schrieb schnell etwas daraus, ohne daß Cockshaw es bemerkte. „Späterhin," fuhr Cockshaw fort, .lernte mein Schwager noch viele Mönche aus der Bretagne kennen! denn während er in Paris Medizin studirte, brach im Jahre 70 der Krieg aus, und er schloß sich einer amerikanischen Am bulanz an, die mehr als einmal Gele genheit hatte, den tapferen Bretonen Beistand zu leisten. Ja, auf dem Felde bei Champigny wurde er, als er gerade bei einem verwundeten Bretonen weilte, von einem Granatsplitter getroffen und getödtet." Da ich mich erinnerte, daß Cockshaw uns früher erzählt hatte, sein Schwager sei ertrunken, blickte ich erstaunt aus. Zufällig begegnete mein Blick demjeni gen Cockshaws, der mir ruhig, aber doch mit einer gewissen Schüchternheit ins Auge schaute. Das verwirrte mich eigentlich, und ich sah zu Brackett hin über; der schien aber die Decke des Saa les angelegentlich zu betrachten und spielte noch mit seinem Bleistift. Dann wandten wir unsere Aufmerk samkeit dem Abendessen zu. das eben ausgetragen wurde. Unsere Fveundc waren fast fertig, als wir vorhin anka men, und Richter Gillespic erhob sich, um sich zu verabschieden. „Ich wünschte, ich wäre so jung wie Ihr: aber in meinem Alter kann man das späte Ausbleiben nicht mehr recht oertragen. Außerdem habe ich sür morgen srüh auch eine Verabredung mit Lord Stamyhurst. dem ich die Gnaden lirche zeigen will!" „Ist Lord Stamyhurst hier?" fragte Cockjhaw mit lebhaftem Interesse. „Ja, er ist heute Nachmittag mit der wiluria von England gekommen," mtgegnete der Richter. „Ist er Ihnen bekannt?" „Ich kenne seinen Sohn," und nach kiner Pause sügte er hinzu: „Wir sind sogar ein wenig verwandt. Er ist der Schwager meines Schwagers." Der Richter und de Ruyter hörten diese Bemerkung nicht mehr, sie hatten uns mit kurzem Gruß verlassen. Aber Harry Brackett hatte sie gehört und, sich in seinem Stuhle aufrichtend, rief er: .Was sagten Sie eben? Würden Sie wohl die Liebenswürdigkeit haben, es noch einmal recht langsam zu wie derholen?" „Aber gewiß," erwiderte Cockshaw ganz ruhig, mit seiner gewohnten Freundlichleit. „Ich sagte, daß Lord Stanyhursts Sohn der Schwager mei nes Schwagers sei; um es deutlicher zu erklären, er heirathete die Schwester des Mannes, den meine Schwester hei rathete." „Wissen Sie auch, daß Sie den merk würdigsten Schwager der Welt haben?" sragte Brackett feierlich. „Wieso?" meinte Cockshaw mit einem Ton, der merken ließ, er singe an, das Betragen des Mannes, der zu ihm sprach, übel zu nehmen. Ich saß still dabei und sagte nichts; ich hatte keine Ursache, mich einzumi schen. und war auch auf den Verlauf des Gesprächs neugierig. „Nun. ich will ja gegen keines M«n schen Schwager etwas sagen," fuhr Brackett sort, „aber sindeii Sie das Benehmen des Ihrigen nicht selbst ein wenig sonderbar?"' „In welcher Beziehung?" sragle Cock shaw sehr kühl. „Nun, was z. B. das Sterben be trifft. Die meisten Menschenkinder kön nen nur einmal sterben, aber Ihr Herr Schwager dringt das zweimal zu Wege. Erst ertrank er, und dann wurde er bei Champigny getödtet." „Aber er war nicht —," begann das neue Clubmitglied, hielt jedoch mitten im Satze inne und sagte nur: „Nun und weiter?" „Er war jedenfalls eine merkwürdige Erscheinung. Ihr Schwager," wieder holte Brackelt, nicht mehr ganz so sicher als vorher, „ehe er dieses Leben zwei mal verließ; ja richtig, er starb sogar dreimal; ich vergaß ja seinen Tod in Wien im Jahre 1873, ehe die Ausstel lung eröffnet wurde. Ich kann nicht glauben, daß Sie die Schwester des ewigen Juden zur Frau haben, oder daß Ihre «Schwester mit dem fliegenden Holländer verheirathet ist, aber ich muß gestehen, ich finde keine andere Erklä rung. Ich habe auf meiner Stulpe ge nau Buch geführt. Ihres Schwagers Name ist Eli Low, und er ist jetzt Theil haber der Verlagsfirma Carpenter ck Co. Aber im Jahre 49 ging er nach Californien. bestieg 53 die Jungfrau, verlor in der Schlacht von Gettysburg im Jahre 1863 ein Bein und kam beim Untergänge des Dampfers Tecumseh im Jahre 64 um's Leben, was ihm aber nicht hinderte, einige Jahre später als Knabe in der Bretagne zu sein oder im Kriege l87i) bei Chamuigny zu fallen, obgleich ich meine, die Preußen hätten sich schämen sollen, einen ertrun kenen Menichcn mit Granaten zu be schießen. Und dieses zweite Sterben stimmt gar nicht damit überein. daß er Director einer Gesellschaft in Chicago zur Zeit des großen Brandes im Jahre 7l war. oder mit seiner ForfchungS reise in Asrika in demselben Jahre. Und dann muß er sich sehr beeilt haben, von dort zurückzukehren, denn im Jahre 1873 studirte er in Wien bei Dr. Schnitzer, wo er zum dritten Mal ge storben ist." Cockshaw hörte dieser langen, eitrigen Rede Bracketts ganz geduldig zu, und l nur hie und da stahl sich ein kaum merkliches Lächeln über sein freund liches Antlitz. Jetzt sah er auf und schaute Brackett ruhig in s Auge. „So meinen Sie also, ich hätte ge logen?" sragte er. „Ich möchte das Wort nicht gebrau chen." entgegnete Brackett, „aber Alles in Allem finde ich. daß Ihr Schwager doch unglaublich viel erlebt hat. Ich begreise eigentlich nicht, weshalb er nicht über seine Erlebnisse Vorträge hält, oder warum Sie selbst nicht einen Roman darüber schreiben?" .So halten Sie mich also für einen Lügner?" wiederholt« das neue Klub mitglied. Harry Brackett schwieg. Cockshaw fuhr in ruhigem, gleichmä ßigem Tone fort: „Sie meinen, daß, ils ich Ihnen alle diese Dinge erzählte, ich Ihnen müßige Unwahrheiten vor geplaudert hätte? Nun, was meinen Sie, wen» ich Sie versichere, daß alles die lauterste Wahrheit ist?" „Wenn Sie mir die Versicherung ge ben, daß Ihr Schwager erst im Jahre 1864, dann 7V und schließlich im Jahre 73 starb, dann kann ich mir nur denken, daß ihm das Sterben ganz be sonderes Vergnügen machte!" „Ich schlage eine Wette vor, meine Herren!" mischte ich mich in das Ge spräch, eigentlich nur in der Absicht, Unterhaltung eine gemüthlichere Wen dung zu geben. Einige Flaschen Sect zum Beispiel. „Mr. Brackett," entgegnete das neue Clubmitglied zu seinem Äegnec gewen det, ernsthaft und ohne des Wettvor schlages zu achten, „als ich Ihnen all' diese Geschichten von meinem Schwager erzählte, da meinte ich nicht und ahnte auch nicht, Sie würden annehmen, daß all' das ein und deinselben Schwager pasfirt wäre. Meine liebe Frau hat sechs Brüder, und ich habe süns Schwe stern, die alle verheirathet find; so habe ich jetzt noch acht lebende Shwä ger!" Harry Brackett setzte die auf dem Tische stehende Klingel in Bewegung und rief dem eilfertig herbeieilenden Kellner zu: „Nehmen Sie die Befehle Mr. Cock shaws entgegen!" Ein alter Husar. Nach Beendigung des siebenjährigen Krieges sah sich ein alter Husar, der abgedankt worden war und von der ge ringen Pension nicht leben konnte, ge zwungen, aus seinen geringen Schul kenntniisen Kapital zu schlagen, und, wie es viele Andere in seiner Lage da mals thaten, eine Mittelschule zu er richten, in welckier er gegen eine geringe Entschädigung hauptsächlich Soldaten kindern Unterricht ertheilte. Friedrich der Große kümmerte sich bekanntlich sehr um das Schulwesen in seinen Staaten und ließ insbesondere auch den Winkelschulen, in denen Mancher un terrichtete, der selbst nicht ordentlich le sen. schreiben und rechnen konnte, schars nachspüre». So wurde denn auch eines schönen Tages da- Bildungsinstitut des allen Hujaren entdeckt. Friedrich wollte in deß dem alten Soldaten, der in so und soviel Schlachten das Leben sür ihn eingesetzt hatte, die ohnehin kärgliche Existenz nicht gern verkümmern und so wurde denn ein Oberkonsistorialrath veranlaßt, sich zu überzeugen, wie der alte Husgr Schule halte und was erden Kindern beibringe. Eines TageS trat der Rath in das Schulzimmer und fragte den überraschten Herrn Magister, waSerfürUnterrichtsgegenstände treibe. Der Husar nannte sie, und da auch Geographie darunter war, verlangte der Rath eine Probe. Der Husar be gann: „Kinder, wo wohnt jetzt der König von Preußen?" Kinder: „In Berlin." Husar: „Wo lieg: Berlin?" Kinder: „In Brandenburg." Husar: „Wo liegt Brandenburg?" Kinder: „In Preußen." Husar: .Wo liegt Preu ßen?" Kinder: „In. Deutschland." Husar: „Wo liegt Deutschland?" Kin der: „In Europa." Husar: „Wo liegt Europa?" Kinder: „Auf der Erde." Husar: .Wo liegt die Erde?" Kinder: „In der Welt." Husar: „Aber. Herr Konsistor-alrath, wo liegt die Welt?" Der geistliche Herr machte eine verlegene Miene, kratzte sich hinter den Ohren und mußte schließlich einge stehen, daß er keine Antwort auf die Frage wisse. Husar: „Nun, Kinder, wo liegt die Welt?" .Die Welt liegt im Argen!" antworteten die Kleinen einstimmig. Der Herr Rath konnte gegen die Richtigkeit dieses Satzes nichts einwenden, er gab dem König genauen Bericht und der alte Husar hielt nach wie vor die Schule. Man sucht in der Welt» was man in sich vermißt. Tcr Herr„Vrof." Da? nicht mehr ganz jugendlich«- Fräulein Martha Z. las vor einiger Zeit in einer Zeitung folgendes Hei» rathSgeiuch: „Ein nicht uuvermög. Herr. Prof., wünscht die Bekannt schast ein. j. Dame mit 1500 M. Ver mögen behufs Heirath zu machen. Off. etc." Fräulein Martha säumte nicht einen Moment, ihre Offerte einzurei chen. Ein Künstler oder Gelehrter das war es. wonach sie sich schon seit Jahren sehnte. Und wie lacherlich' wenig war es, was der Herr Prosessor verlangte! Nur lumpige sünszehn hundert Mark, während ihr Vermögen mehr als das Zehnfache betrug. Ja, die deutschen Gelehrten sind nun einmal unpraktisch und sehr bescheiden. Welche Augen der Herr machen wird, wenn er au« ihrem Schreiben ersieht, daß sie ihm mit einer Summ« aufwarten kann, die weit über feine Wünsche hinausgeht. Nun. er hat es gewiß nicht nöthig.'unt» nur um wenigstens etwas zu verlangen, hat er die kleine Summe angegeben. Ihres Sieges ist sie aber ganz sicher. Und in der That es kommt eine Zu sage, eine enthusiastische Zusage. Sie hat folgenden Wortlaut: ..Hochgeliebtes Fräulein. Mit Ver wiegen gre/'e ich zur Feder, um Sie wissen zu thun, daß Ich ihr ergebene» schreiben in die Zeitung richtig abjeholt habe und mit Freide ersehe, daß sie auf mir reflektürcn, womit ich denn auch janz inverstanden bin und das Aufge bot je kürzer je lieber erfolgen kann, indem mich Ihre Brobositioney mit Zwanzig Tausend zusagen un dies mehr als jenug >s für die Einrich tung einer Tischlerei, aber Schaden kanns nicht, es ist etwas meer als jenug. Sehr geschetztes, bald innigstgeliebte» Fräulein! Sie machen in mich auch kei nen schlechten Griff, denn wenn ich auch kein so großes Geld habe wie Sie, so bin ich doch ein geschickter un nicht un jebildeter Kerl, was doch auch nicht ohne Werth is " Fräulein Martha war, als sie den Brief gelesen hatte, einer Ohnmacht nahe. Der „Professor" aus der Hei ratsannonce war also nicht Professor, sondern Prosessionist! Und diesem Manne, aus den sie keineswegs „reslek tirke", hatte sie ihre Photographie ge schickt! O diese irreführenden Abkür zungen in so wichtigen Annoncen! Fräulein Martha verlangte die Rück gabe ihres Bildes, aber der Tischler weigerte sich hartnäckig, diesem Verlan gen nachzukommen. Er habe ihr Ehe versprechen und denke nicht daran, die Partie sahren zu lassen. Frl. Martha hat sich nun, wie das „Berl. Tgbl." erzählt, an den Rechtsanwalt gewandt, um mit dessen Hülse wieder zu ihrem Eigenthum zu kommen. Ettttttenkram. Vom Etikettenkram früherer Zeit gibt der soeben erschienene 7. Band der „Bibliothek des Humors" von E. O. Hopp mancherlei Proben. Im Jahre 1653 begegneten sich im Haag der fran zösische und der spanische Gesandte in ihren Staatstarossen, die zu jener Zeit bekanntlich von mächtigem Umfange waren, von Gefolge begleitet, auf offe ner Straße. Da diese eng war. wurde eS den Beiden unmöglich, aneinander vorbeizufahren, und eS blieb nichts An deres übrig, als daß die eine Partei eine Strecke zurückfuhr und dadurch der anderen Platz machte; aber gegen solche Nachgiebigkeit empörte sich aus beiden Seiten der Gesandtcnstolz. Man wich nicht, und da es hier, wie dort, zu leb hasten Erörterungen kam und das Ge folge auch nicht müßig blieb, mußte sich ein holländischer Offizier, von Beyerwerden, mit hundert Mann dort hin begeben und diese zwischen die Hart näckigen aufstellen, um nur die Diener» fchafi von Thätlichkeiten abzuhalten. Weiter aber konnte auch er nichts er reichen; die Herren blieben standhaft in ihrem Stolze und wären wohl nie mals mit den Wagen gewichen trotz Wind und Wetter, sie wären vielleicht gar an Ort und Stelle gestorben, wahrlich seltsame Märtyrer für die Ehre des Staats, wenn nicht die Ge neralstaaten selbst eingeschritten wären. Sie machten dem Streit dadurch ein Ende, daß sie die Einfassungen der Straße, die schützenden Geländer neben den Häusern wegreißen lievn und also Platz zum Ausweichen schafften. Stolz fuhren nun die Herren Gesandten an einander vorbei. Kaiser Leopold I. schickte einst eine große Gesandtschaft von 354 Personen mit dein Grasen Oettingen an der Spitze nach der Tür kei. Zu Salankemen erwarteten ihn die Türken. Beide Botschafter stiegen mit einem Tempo vom Pserde. Gras Oettingen aber blieb seine Alters schwäche war wohl Schuld daran —im Steigbügel hängen. Und nun hielten die Türken auch ihren Gesandten so lange aus dem Sattel in freier Lust, als der deutsche im Steigbügel zap» pelte. Pufendorf erzühlt. als der Zar Iwan 1687 einen Gesandten nach Ber lin schickte, war der Große Kurfürst ge rade krank und wollte, atS ein wahrhaft großer Mann über allen Formenkram hinwegsehend, den Russen im Bett« empfangen. Darauf aber begehrte der Moskowite, beim Empfange „auch in einem Bette zu liegen" und zwar mit Kopfbedeckung und gestiefelt. Zum Glück wurde der Kurfürst wieder gesund und konnte den wunderlichen Gesellen auf dem Stuhle empfangen. So ging es überall peinlich genau und förmlich her. Ein Kaiserlicher Gesandter, der zufällig nur ein Aug« hatte, wurde in Paris von einem Ge nera! bewillkommnet, der gleichfalls ein äugig war; und als König Friedrich 11. den Obersten Cremus, der nur einen Arm hatte, nach Paris sandte, schickt« man ihm einen Gesandten wieder mit nur einem Fuß! Romanphrase. Die jung« Dame stand vor ihm bald wie Purpur, bald wie in Schne« gebadet. 1