Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, March 17, 1893, Page 7, Image 7

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    Teutsche Localnachricht«»».
Provinz Brandenburg.
Berlin: Das größte Baugerüst, das
Berlin bisher gesehen hat, das des neuen
ReichtStagsgebänd.'s, wird jetzt abge
brochen. Die Firma, der die Aufstel
lung seiner Zeit oblag, hat sür das
Gerüst allein 400,000 Mk. bezahlt,
Tie Versicherungssumme betrug schon
vor der Fertigstellung 320,000 Mk.;
sür die verbindenden Bolzen wurden
200,000 kg. Eisen verwendet. Zur
Herstellung des Gerüstes sind 15,000
Kubikineler Holz, sür dasjenige an
der Kuppel allein 1200 Kubikmeter ver
bracht worden. Ein Kasino sür Re
serve-Ossiciere, das ist die neueste Blüthe
des Systems der militärischen Absonde
rung vom bürgerlichen Leben. Wie
«inige Blätter melden, plant man
Hebung des StandeSbewußt
seinS der Reserve-Ofsiciere" den Bau
eines Kasinos, welches den Vereiui
guugsort sür die Ossicicre der Land
wehrbezirke Teltow, Berlin I und Ber
lin 11 bilden soll. Dahin gehende Ber
baiidlungen und Besprechungen haben
zu dem Resultat geführt, daß man bal
digst die Beschaffung der auf 1,000,»
OOu Mark lestgesetzten Bausumme her
beiführen will. Ein neuer Distanz
ritt wird für das kommende Frühjahr
geplant. Wenn auch die Strecke die
selbe bleibt, wie bei der diesjährigen
Parsorcctonr, so hat man sich doch wi
dcrstandzsähigere Rosse gewählt, näm
lich solche aus stahl. Der Gau 20
-des Deutschen RadsahrcrbundeS hat am
letzte» Berbanbstage beschlossen, mittels
Zweirades eine Fahrt von Wien nach
Berlin oder umgekehrt zu veranstalten,
um zu zeigen, inwieiveit das Rad dem
Pserde überlegen ist. Die näheren Be
dingungen wird der auch über Oester
reich verbreitete Deutsche Radsahrer
buud stellen. In der Proceßsache von
Carstenn-Lichterselde gegen den Mili
<ärsisl«iS wegen Zubilligung einer
tiproccnligcn Rente der vom Kläger sür
«ine Maicrialien - Transporlbayn ge
machten Auswendungen von rund 103,-
000 Mk., hat das Reichsgericht die in
tens des MilitarsiskuS gegen die verur
thcilende Entscheidung des Kammerge
richts eingelegte Revision verworsen.
Der Kläger erhält nun jährlich 40,000
Mk. Rente. Eine „erste seine Roß
°fleiich-Spci c-Austalt" hat sich hier am
Drünen Wcg ausgethan und dieser
Tage mit einem „Festmahl" ihre
„Weihe" erhalten. Die Anstalt kennt
nach 'Art der vcgetarianischen Speise
hainec keinen Trinkzwang uud keine
Trinkgelder. Frühstück tostet !5 Psg,,
Mittagbrod 25 Psg., Abcudbrod 20
Psg. Der hier verstorbene Renjier
W. Lemi» hat der Stadt die Summe
von < >3.',VO M. zu wohlthätigen Zwecken
vermacht.
Provanz West Preußen.
Das Tanziger Schwurgericht hat den
Pferdehändler Brauer in Neustadt we
gen Verleitung zum Meineid zu 8 Jah
ren Zuchthaus verurtheilt. Ter Ma
gistratS-Bureauvorsteher Lehmann in
Podgorz hat sich wegen Schulden in
ganz geringem Betrage erschossen.
Seine deiche wurde in der Nähe von
Grüuthal im Gebüsch ausgesunden.
Tie Slraitammer verurtheilte den Bau
unternehmer Eduard Cyeruewitz in
Podgorz wegen Majcstätsbclcidigung
zu 1 Jahr Gefängniß. Bon seinem
«igcnen Bater wegen versuchter Noth
zucht zur Anzeige gebracht, wurde der
Händler Lcwin Lodc in Pranst zu 13
Monaten Zuchthaus verurtheilt. —In-
folge höherer Weisung sind Ansichten
der Taubstummcn-Anstalt in Rossel,
Gruppenbilder von Schülern. Zeich
nungen, Modelle u. s. w, für bie Welt
ausstellung in Chicago gbgcsaiidt wor
den. In Groß-KommorSk seierte der
Kausmann Joseph Schöps mit seiner
Fran das 50>ährigc Ehcjubilü»,». Ten
Traualt vollzog der Rabbiner Tr. Ro
scnstein aus Graudcnz und überreichte
dic dem Jubelpaar verliehene Ehejubi
laaimsmcdaillc.
Provinz P om mer n.
Ter Flcischcrmeistcr Johann Lemm
-in Siolp stürbe von der zum Boden
seines Wohnhauses führenden Treppe
so unglücklich berunter, daß er einen
Schädelbruch erlitt, welcher den soforti
gen Tod zur Folge haUe. BoncurS
wurde erössnet iiber das Vermögen dc-
Kausmanns Paul Wolssbcrg, besKaus
maltis Paul Hecling und des Tabak-
Händlers Robert Müller.— tln Stral
sund der frühere Tirector des Realgym
nasiums Tr. Brandt. s Der Gym
nasutl-Oberlehrcr Karl Sander. —ln
einem Anialle von Gcistesgestörthcrt hat
der Stabsarzt Tr. Kürbitz, ter seit vier
Ja!«cn dem hiesigen Jnseinlcric-Rcgi
rnevt No. 42 angehörte, durch einen
Stick ui's Herz seinem Leben ein Ende
gemacht. Wegen Wcchsetsälfchungen
ist der Freiherr Olaf von Gagern. Ma
joraihsyerr von Franlcwthal aus der
Insel Rügen, welcher in Berlin in sei
nem am Nord-User 3 gelegenes Hause
wohnte, verhastet worden, v. G. soll
über jenic Verhältnisse gelebt und zur
Bestreilnng seines Aufwandes Schulden
bei Wucherern gemacht haben, die ihm
index aus seine Unterschrist allein kei
ncn Credit mehr gewahrten. Um sol
chen zu erlangen, soll v. G. aus den
von u>ni acceptirten Wechseln die Unter
ich? ist sciiicS jüngeren Bruders gefälscht
haben.
Provinz Schleswig - Hol
stein.
Ter Landwirth Eieorg Säger auk
Vreme». welcher im vergangenen wom
mer in der Brunswickerstraiic in Kiel
in einer Droschke die Kellnerin Brom
berg erschoß, ivurde wegen fahrlässiger
Todtuiig zu 2 Jahren Gefängniß »er
urtheilt. 112 In Marne der praktisch«
Arzt Dr. R. Hartmann, durch ver
schiedene Vcrössentlichungen ans dem
Gebiete der Alterthumskunde Dithmar
schenS auch in der Gelehrtenwelt be
kannt. 112 In Meldorf AmtSgerichtS
rath a. D. Wistedt. —Neumiinsier zahlt
19,200 Einwohner. In LldeSlo«
wurde der Telegraphist Fuchs, ein
früherer Artillerist, verhastet, weil er
der holländischen Regierung zwei Pa
tentzünder, die cr wätirend leincr Mili
tärzeit entwendet hatte, zum Verlaus
angeboten haben soll. Dic ursprüng
liche Meldung. Fuchs werde wegen
Landesvciraths Proce'sirt werden, ent
spricht nicht den Thatsachen.
richtet sich die Untersuchung gegen
Fuchs nur aus Diebstahl. Dic Kon
struktion des Granatcnzünders ist kcin
Geheimnis; mehr gewcscn. Fuchs wird
dcShalb nicht nach Berlin übersührt,
sondern vorauSsichllich in Altona abge
urtheilt.
Provinz Schlesien.
Der Rendant der «Sparkasse in Beu?
thcn a. 0., in welcher kürzlich bei Re
vision der JahreSrechnnng pro 188 S
bis 1889 cin Desicit von 18,00» Marl
festgestellt wurde, ist jetzt gestorben. Di«
unterschlagene Snmme beträgt nach
den bisherigen Ermittelungen 27,70 t,
Mark. Das Fest der diamantenen
(sechzigjährigcn) Hochzeit feierten in
Leniheu der Bauerauszüglcr Christian
Kretschmer nnd seine Gattin Anna No
sina, geb. Scholz. In Dyhernsurth
wurde der Arinenhänsler. frühere Na
gclschmied Krause in seiner Wohnung
todt anfgesunden. Als mnthmaßlichei
Mörder ist ein Gärtner Hugo Feige aus
Neumarkt verhaftet worden. In
Gralxm hat eine Feuersbrunst den größ
ten Theil der dortigen Arbeiterhäus«
zerstört. Mehrere Personen sind iu den
Flammen umgekommen. 112 Auf sei
nem Rittergute Niebusch der Major a.
D. Eckhardt von Schmeling, Kreisde
putirter und Amlsvorsteher, Mitglied
des Provinzial-Landtages und de-
Kreis-Ausschusses. s In Gleiwitz dei
stellt>ertretcndc Stadtverordneteuvorste
her, Kreiswundarzt Dr. Kontnq an ei
ner Blutvergistung. Beim Neubau
des Rohrwalzwerks in Schönbrnnn
stürzte »in Gerüst zusammen. 20 Arbei
ter wurden unler dem Schutt begraben,
davon wurden zwei todt, drei schwer,
zehn leichter verletzt unter den Trüm
mern hervorgeholt.
Provinz Sachsen.
In Magdeburg feierte der Oekono
mierath C. Rudolph, welcher feit dem
3. Jauuar 1313 ununterbrochen da-
Amt eiues Stadtverordneten bekleidet,
fein svjährigeS Jubiläum.—ln Mag'
bcbnrg wurde einer der eifrigsten Land
agitatoren der braunschweigiichen So
cialdemokraten, der Drcch-lec MaithieS
aus Elbingerode, welcher seit mehreren
Jahren namentlich den Harz und des
sen Umgebung bearbeitete, vom Schwur
gerichte wegen wissentlichen Meineids
zu 2 Jahren Zuchthaus verurljMlt.
Aus dem gewerlschastlichen Glückhils-
Schachte bei Neststadt stürzten zwei
Bergleute aus Gerbstädt ca. 100 Meter
ties >n den Schacht und waren aus der
Stelle todt. Beim Heben einer Haspel
brach ein Brett, aus dem die Männer
standen, was den furchtbaren Sturz
zur Folge hatte. —Unter der Beschuldi
gung. am 3. Mai v. I. feine Eheirau
Klara vorsätzlich gelödtet zu haben,
war der Invalide Julius Kitzing von
Ennewitz in Untersuchung gezogen wor
den. Derselbe ist jetzt außer Verfol
gung gesetzt worden, da die bisherigen
Ermittelungen den Verdacht der Thä
terschaft nicht rechtfertigen, vielmehr
das Medicinal-Kollegium der Provinz
Sachsen das erforderte Obergutachten
dahin abgegeben hat. daß der Tod der
Frau Kitzing durch eine natürliche To
desursache, nämlich durch Epilepsie
(Fallsucht) herbeigeführt worden sei.
Provinz Hannover.
Die Firma Schlicker ck Söhne in
Schütttorf hat aus Anlaß des 25jähri
gen Bestehens der Fabrik bedeutende
Schenkungen gemacht. Der für die
Arbeiter bereits bestehende Fonds von
50,000 Mk., dessen Zinsen alljährlich
an die ältesten Arbeiter der Fabrik zur
Bcrtheilung kommen, ist zwecks Grün
dung einer Arbeiter-Pensions-Wittwen
imb Waiscnkasjc aus 2«>0,000 Mk. er
höht worden. Die ältesten Arbeiter der
Firma erhielten in Anerkennung ihrer
Treue und ihres Fleißes je eine silberne
Ankeruhr mit silberner Keltt. der Over
meister und die ältesten Komptoiristen
i- eine aoldene Ankeruhr mit Kette.
Der Buchhalter, welcher bereits 23
yiuoucch im Dienste der Firma
steht, erhielt ein werthvolles Pult und
einen passenden Sessel. s In Celle
OberappellationsgerichtS - Ralh a. D.
Ayrer. In Elbingerode feierte das
Chr. Schütze'sche Ehepaar die goldene
Hochzeit. Bom Kaiser erhielten die Ju
bilare die goldene Ehejubiläums-Me
daille. —ln Geestemünde liefen im
Jahre 1892 insgesammt 731 Seeschiffe
(507 bel. und 224 unbel.) ein mit zu
sammen 297,713 krit. Reg.-Tons und
7236 Mann Besatzung. Darunter
waren 259 Scedampscr. Abgegangen
sind im vorigen Jahre 733 Seeschiffe
(451 bel. und 282 nnbel.) mit zusain
men 302,515 Reg.-TonS und 7252
Mann Besatzung. jVon letzteren waren
204 Seedampser. Die AuSsührnug
der Eisendalm Geestemünde-Cuxhaven
ist jetzt bcichlosjene Sache. Die Bahn
wird folgende Stationen resp. Halte
punkte erlialten: Lehe. Specleubüttel,
Imsum, Wremen, Mulsum, Dorum,
Cappel, Spieka, Noroholz, Alteuwalde.
Cuxhaven.
Provinz Westfalen,
112 In Oldersum der Rentier Wilh.
Stindt.—Deni verstorbenen ersten Leh
rer ail der Domschnle i» Paderborn.
Franz Förster, wird von seinen srühe
ren Schülern ein würdiges Denkmal
auf dem Grabe errichtet. Dasselbe
wird auf einem Unterbau von entspre
che ndcm Umsaiig Christus den gnlen
Hirten darstellen. 112 Daselbst: der
Bergdire.tor der Zechen „Prinz von
Preußen" und „Karoline", Augnst
Brück: Fran Apotheker Wüsthoff. An
tonie geb. Steinmann; der Locomotiv
sührer Wilh. MarowSky.—Ter Schrei
ner Schalte in Recklinghausen, wccher
den Grasen zu Westerholt, bei dem er
angestellt war, Jahrzehnte hindurch um
lsostbarkcitcn und Alterthümer im
Wcrthe von 4—5000 M. bestohlen
hatte, wurde zu 2i Jahren Zuchthaus
ocrurthcilt.
Rheinprovinz.
Der Wirth Keulardtz in Aachen trank
statt Weines Salmiakgeist, da er aus
Versehen die Flasche verwechselt hatte,
und liegt jetzt hoffnungslos darnieder.
Der nach Unterschlagung von 850
Mark von Barmen flüchtig gewordene
Handlungslehrling Siebelist in Stet
tin festgenommen worden.—Der Kauf
mann H. in Mülheim a. M., in dessen
Laden lürzlich ein Brand ausgebrochen
und gegen den deßwegen eine Untersu
chung eingeleitet worden war. hat das
Weite gesucht.-f In Düsseldorf Msgr.
Friedrich Matthias Reichsgraf von
Spee. Geheimkämmerer des Papstes,
Priester der Erzdiöcese Köln. Die
Strafkammer in Düsseldorf verurtheilte
den Bildhauer Adolf Treuholz wegen
Zweikampfs zu vier Monaten Festung.
Der Angeklagte und der Maler Peretz
hatten den Lieutenant Höborn vom
Füsilier - Regiment No. 39 beleidigt,
weshalb sie von diesem auf Pistolen
gesordert wurden. Das Duell sand
im Walde zu Kalk statt, Peretz wurde
krschosscu und T. durch eine» Schuß in
die Hand kampfunfähig gemacht. Der
Lientcnant wird sich demnächst vor dem
Militärgericht zu verantworten haben.
Der Kassirer des bekannten Künst
lerv-reins „Maltasten" ist mit ihm an
vertrauten Geldern spurlos verschwun
den. — Die Ziegelei nnd Cementsabrik
der Firma Boldt ck Frings bei Mör
senbroich ist niedergebrannt. 112 In
Siegburg die verwiltwete Frau Hirsch
Stern insolge von Altersschwäche in
dem hohen Älter von 102 Jahren.
Endlich ist in die Pohlbacher Mord
affaire Licht gekommen. Der als der
vermuthliche Thäter verhaftete Blasius
aus Pohlbach, der bisher in Untersu
chungShast sich besänd, hat cin umsas
sendes Geständniß abgelegt. Danach
unterhielt die Ehesrau des Ermordeten
ein sträfliches Verhältniß mit ihm und
beschloß, ihren Mann aus dem Leben
zu schaffen. Sie gab dem Blasius
Geld, um einen Revolver zu kausen,
womit er sein beklagenswerthes Opser
in jener Nach! erschoß. Die Schnitte
mit dem Messer dagegen habe seine
Frau auSgesührt. Die Krumberg
sche Fabrik in Werden ist gänzlich nie
dergebrannt. Der in Osnabrück ver
haslete Bildhauer Heinr. Wesendrup
von Xanten, welcher sich in der Betrun
kenheit als den Mörder des Knaben
Luschoff bezeichnet hatte, ist letzt vom
Schöffengericht wegen BerlassenS seiner
Binder nnd wegen Anfertigung eines
falschen FähigkeitS - Attestes zu. einer
hast von vier Wochen verurtheilt wor
den. Irgend eine Verbindung des
Lerurtheilten mit dem Knabenmord
scheint demnach nicht vorzuliegen.
Proöinz Hesse n-N a s s a u.
Großes Aussehen erregt die Verhaf
lung des Dr. Teuritz zu Wüsteusachsen
angeblich wegen fahrlässiger Tödtung
durch einen unglücklichen, wie es allge
mein heißt, iu angetrunkenem Zustande
ZuSgesührten operativen Eingriff bei
nner Wöchnerin, der Frau Anna
kknaiis. geb. Rüdling, zu Brand. Auf
sie Exhumirung ihrer Leiche folgte eine
zwei Tage währende Obduktion der
selben durch den Kreisphysikus Dr.
Mayer-Gersfeld, Dr. Grau-HilderS
and Dr. W-stheim-Tann. und darauf
die Einlieserung des Wüstensachsener
ToktorS in das Hanauer AmtSgerichtS
zesängniß. Nachträglich ist Dr. Sei
sritz dann gegen eine von den Verwand
ten seiner Braut ausgebrachte Kaution
von 0000 Mk. aus der UntersuchungS
!>ast wieder entlassen woroen. 112 In
Bassel: Kolporteur Ed. Rhein. KommiS
Rud. Kunze, Psarrverweser Karl Lahr,
Hrau Eug. Kausmann, geb. Vanni,
Bierbrauer Franz Reiner, Prakt. Arzt
Dr. Braun, Rentner Aug. Sporleder,
ssausniann Karl Petri, Rentner F.
Ting r, Fran Jos. Wolbert, geb.
Brnenig. Flaschenbierhändler Jobann
Zimmer. Die Frau des Oekonomen
Hill in Bockenheim mußte sich in Frank
furt einer Operation unterziehen. Sie
wurde dabei »arkotisirt und blieb in der
Ziarkose. - Nur wenige Stunden, nach
dem sie ihre Wohnung verlassen hatte,
iiurde sie als Leiche dorthin zurückge
bracht.
Königreich Sachsen.
Die Leipziger Hochschule ist zur Zeit
von 3418 Hörern besucht. Davon sind
regelmäßig als Studirende immatritu
lirt 3307, die übrigen 111 Perionen
nehmen an den Borlesungen mit beson
derer Erlaubniß Theil. Sachsen sind
diesen Winter 1042 inscribirt. Nicht-
Sachsen 1095. Aus dem Deutschen
Reiche stndiren dort 3027 Staatsan
gehörige. Die Sachsen nehmen von
der Gesammtzahl der«3o7 die kleinere
Hülste (48,7 Pro..), von den ReichS
angehörigen aber die größere Halste
(53,2 Proc.) in Anspruch, Der Ver
storbeue Kaufmann Dörge hat der
Stad^Leipzig testamentarisch ein Legat
von 1.000,000 M. für Wohllhätig
keitszwecke vermacht. Die Nutznießung
des Legats wird erst in späterer Zeit
beginnen. Einiges Aufsehen erregte
es in Leipzig, als vor Monaten der
Gastwirth Paul Kvnrad. der Leiter der
internationalen Ausstellung sür das
rothe Kreuz u. s. w., von allen seinen
Aemtern, so als Stadtverordneter und
weiter als Vorsitzender des Vereins
Leipziger Gastwirthe zurücktrat. ES
geschah dies aus Angriffe hin, welche
die Hamburger Fleiichcrzeitnng „Alle
zeit voran" gegen KonradS öffentliche
Thätigkeit gerichtet halte. Wie jetzt
belannt wird, ist zwischen Konrad und
dem Besitzer der Flcischerzcitung. Jver
scn, cin schriitlicher Beigleich dabin z»
Stande gekommen, „daß Herr Jversen
von weiteren „Enthüllungen"' iiber
Konrad Avjtand nimmt, wenn dieser
aus immer vom Schauplatz des VereinS
lebenS und der öffentlichen Wirksamkeit
abtritt, sämmtliche Aemter niederlegt,
aus allen Vereinen (mit alleiniger Aus
nahme der katholischen) austritt unk
sich fernerhin nur seincr Familie und
meinem Geschast widmet. Unter der
Anklage, in 73 Fällen theils zum Nach
theil der Ortskrankenkasse f»r Leipzig
»nd Umgc.buug, theils in Bcuachthciti
guug der übrigen Aerzte der Ortskran
ienkasse sich rechtsividrig.' Vermögens
vortheile verschafft bez. zu verschaffen
versucht zu haben, hatte sich der Arzt
Dr. von Tischendorf, ein Sohn des
verstorbenen Projessors v. T., vor der
Straslainmer zu verantworten. Nach
mehrtägigen Verhandlungen lauletcdaS
Erkenntniß „wegen vollendeten Betru
ges" in >5 Fälle», sowie wegen ver
suchten Betruges in cinem Falle auf
8 Monate Gefängniß.—Vom Schwur
gericht wurden Steuereinnehmer Sohr
zu 3 Jahre» Zuchthaus und dcr Die
»ergehiUe Führer zu 2 Jahren Zucht
haus verurtheilt. Ersterer, weil er
durch Fälschung der Kassenbücher 17,-
000 Ml. bei Seite geschafft hatte. Letz
terer, weil er amtliche Actensiückc besei
tigt hat, um die von ihm begangenen
Untecjchlagiingen zu verdecken. In
eincm Wäldchen des Nachbarortes
Gautzsch hat ein Pistolen - Duell zwi-.
scheu zwei jungen Medizinern stattge
funden. Der Grund ist in einem Zu
sammenstoß zu suchen, welchen die bei
den Herrcu in einem hiesigen Ease
wegen einer dort bedienenden Kellnerin
hatten. Der eine der Duellanten. Dr.
mscl. Fritz Rcinbold Przyrembel a»S
Pitschen in Oberjchlesien, erhielt sosort
beim ersten Kugelwechsel einen Schuß
in die linle Lunge. Die Kugel hatte
edlere Theile verletzt, und dcr Getros
seiie verschied nach wenigen Augen
blicke». Sei» Gegner der Cand. Balack
aus Sommerseld in Brandenburg, hat
sich sofort der hiesigen Staatsanwalt
schast gestellt. Der Getödtete lcistetc
wahrend der Cholerazcit in Hamburg
thatkräftige Hilfe.
Thüringische Staaten.
Seit Beginn des Jahres ist in Rciß-
Greiz bei der Sleuervecanlagnng die
Selbsteinschätzung eingeführt. Aus
dein Thüringer Wald treten die Kram
metsvögel in diesem Jahre in solchen
Massen ans, daß sich die ältesten Leute
nicht entsinnen lönnen, solche nach
Tausenden zählende Schwärme jemals
gesehen zn haben.—Einen sehr anerten
nenSwerihen Beschluß hat der Meinin
ger Landtag für die Versorgung der
Wittwen der Volksschnllehrer gesüßt,
indem er den StaatSznschuß zur Lehrer-
Wittwenkasse von 12,500 aus 25.»0»
Mark erhöht und aus die persönlichen
Beitrage der Lehrer zu dieser Kasse ve»
zichtet hat.
Hesfen-Da r m st a d t.
112 In RüffelSheim Psarrer Richter.
Ter Landwirth Renker in Siock
hnusen fiel, als er mit dem Ausputzen
von Obstbäumen beschäftigt war, durch
Bruch eines AsteS vom Ban nie und
war sosort todt. 5 In Gr.-Umstadt
dir Freiherr!, v. Wamlwlt'sche Ver
walter Marr Simon. Die Vorarbei
ten zur Erbauung der Eisenbahn von
Weinheim nach Fürth i. O. durch das
schöne Weschnitzthal sind als Vollendel
zu betrachten. Mit Eintritt der besse
ren Jahreszeit soll mit dem Bau be
gonnen werden.
Königreich Bayern.
Zwölf Schüler der Realschule in
Amberg sind wegen höchst sittenlo'en
Treibens entlassen worden. Daselbst
wurde der RentamtSbote Joh. Hüpsner
wegen fortgesetzten Verbrechens im Amt
und Urtuiidensälschung festgenommen.
Die Mitglieder des „Liederkranzes"
in Bayreuth haben beschlossen, den mi
litärischen Gruß anzunehmen. Forst
meister Richter von EntmannSberg
wnrde bei einer Treibjagd durch einen
Schrotschuß schwer verletzt. Der
Bauerniobn WeiSkops in Bolzhanscn
wollte einen Hund erschießen. Dabei
zersprang da? Gewehr und dem Schützen
wurde der Daumen und kleine Finger
weggerissen. Jetzt ist der junge Mann
an Blutvergiftung gestorben.—„Wun
derdoktor" I. Stöckel aus Willhof,
Weder von Prosession, welcher mit Ge
bet. Fußbad und wieder Gebet die
erstaunlichsten ..Kuren" machte nnd sich
namentlich unler den Frauen seine Pa
tienten aussuchte, wnrde zu einer Ge
sängnißstrase von dreißig Tagen verur
teilt.
Königreich Württemberg.
Stuttgart: s der Oberst a. D. Ju
lius Ernst von Güntliert. Verfasser
zahlreicher dramatischer Dichtungen.
serner der Finanzratd Stahle. Tie ärzt
liche Welt Stuttgarts hat zwei ihrer
ältesten Collegen verloren. Tr. Karl
Uhland. und der städtische Armenarzt
a. D. Dr. Hermann Evting. Die
Regierung hat das Gesuch des BereinS
sür sakultative Feuerbestattung um Er
richtung eines Krematoriums in Stutt
gart abschlägig beschicken. Konkurs
wurde eröffnet über das Vermögen des
KaiismannS. Kominerzienraths Gottlob
Emannel Stacngler. türkischer Gene
ralkonsul dahier, nnd des Restaurateurs
Friedrich Haberlorn. Der Oberleh
rer Chr. Keiner, seit 18 Jahren Haupt
lehrer an der hiesigen Elementarschule,
vorher Lehrer an der Vollsichnle, Auf
seber am Waisenhaus, Lehrer am Ka
tharinenstist. se>erte seine 50jährige
Thätigkeit als Lehrer in Stuttgart.
Wegen Beleidigung des Hauptmanns
Brand und Oberstabsarztes Wegeiii
wurde der Redakteur der „Tagwacht"
Hildebrand zu 14 Tagen Gcsaugniß
verurtheilt.
Großherzogthum Baden.
Karlsruhe: s Aus seinem Schlosse
Mahlberg der frühere badische Gesandt«
in Bcclui, Wirtlicher Gch.'imcr Ratl;
Han- Freiherr von Sürckhenn zu Als
dorf. Der stadtrath hat d.» Be
schluß gesaßt. das Schulgeld mit Be
guin des neuen Jahres an der einsa
chen VollSichnle uufzuhebeii. Noch
vor Ablaus des alten Jahres hat sich
nach glücklich erreichtem Zwecke das
Scheffel - Denkmal » Comite ausgelöst.
Ten Mitgliedern des erweiterten Aus
schusses wurde Rechnung gelegt, wonach
das Denlmal 40,000 Mark kostete unt
>ie vorhandenen Gelder hinreichten, um
zuch noch dic Kosten der Enthüllungs
ieier zu bestreiten. Ein Rest von 400
ziS 500 Mark wurde dem Stavtrath
jbcrgcben mit dem Ersuchen, dasür ein
Neländer um das Denkmal erstellen z»
!assen. Der alte Overrath Benjamin
Willstätter seierte in aller Slille lein
zOjähriges Dienstjubiläum. 112 Stadt
ralh Dr. Speemann. Der Hoila
deUmeister Felir Mottl seierte in Wien
seine Hochzeit mit der dortigen Hos
zpernsängcrin Stadthartncr. Als
Zeuge des Bräutigams sungirlc der
junge Richard Wagner.
Aus der Rheinpfalz.
In der Pulversabrik zu St. Ingbert
iano eine Erplosion statt, durch welche
zaS Dach und die Borderwand zerstört
vurden. Zwei Arbeiter, Johann Lick
aus Bierbach und Wilhelm Lislniciun,
sind leben-gesährlich verletzt. Unsere
Industrie wird aus der Weltausstel
lung in Chicago durch zwei Firmen in
Kaiserslautern vertreten sein. Eine
derselben istdieMetallkranze- und Blu
mensabrik vonKohlhaaS »k Hohnsanger,
welche jetzt bereits einen starten Eiport
nach Amerika hat. Die Wittwe
Münch, geb. Lackenbauer in Kaisers
lautern, gegen welche im Monat Sev
lember »nd October v. I. Vergif
tungsversuche durch die Wittwe Klein,
geb. Happ, gemacht wurden, die zwar
nicht gelangen, aber doch zur Folge
hatten, daß die Münch seitdem stets
iiber Unwohlsein zu klagen hatte, ist
jetzt plötzlich gestorben. Die Wittwe
sslein wurde damals, da sie sür geistig
gestört erklärt werden mußte, außer
!.!eriolgunq gesetzt. In der Kreis
irrenanstalt zu Klingenmiinster riß der
geisteskranke Student der Theologie,
Wilh, Windaus, die Gitterstäbe seines
imdrittenStockwerke gelegenen Zimmers
mit übermenschlicher Anstrengung aus
>en Fugen und stürzte sich alsdann in
den Anstaltshos hinunter. Der Be
zauerSwerthe erlitt einen Schädelbruch,
infolgedessen er nach wenigen Minuten
slarb. Ueber das Vermögen des
ssoylenbändlerS und Restaurateurs
Srnst Dietrich in Landau wurde Con
;urs eröffnet. Wegen Betrugs und
llrkundensälschung wurde daselbst die
ZprachlehrerinHeitzmaun verhastet.
Elsaß-Lothringen.
Zollassistent Seebauer und der
Steuerausieher Bertschinger von Mül
hauseu, welche mit der Revision der
vom Auslande kommenden Eisenbahn
züge beauslragt waren, wurden von
dem mit Verspätung in den Bahnhof
einfahrenden ästender Schnellzug über
fahren. Seebauer starb sosort, Bert
schinger wurde schwer verletzt. In
Verbindung mit der Centralschule wirb
in Mülhauien eine städtische Kochschule
errichtet, in welcher Mädchen der oberen
Klassen der Voltsschul« in der ein
fachen Kochkunst nnd in der Kunst der
sparsamen Haushaltung unterwiesen
werden. 112 In Oberehiiheim Notar
Schäsfer, während langer Jahre Mit
glied des Bezirkstages, Vorsitzender der
Notanatskammer und Bürgermeister.
Schweiz.
Der Isjährige Sohn des Schnlver
walterS Wälder in Eßlingen wurde auf
dem Rückwege aus der Sennhütte von
zwei ZHieren angegriffen nnd bei ver
zweiseliem Widerstand etwa 190 Meter
weit sortgeschleppt. Der kräftige
Bursche rang aus Tod und Leben mit
den Bestien, die er sür Hunde hielt, die
aber nach den Spuren im Schnee anS
gehunaerte Füchse gewesen zu sein schei
nen. Im Moment, wo die Thiere
Meister wurden, rettete der Vater den
Erschöpsten, dessen Geschrei zo den
Ohren einer Frau gedrungen war.
worauf diese Hrn. Walder benachrichtigt
hatte. Der Knabe hatte 35 Bisse in
Ober- und Unterschenkel erhallen:
Stücke Fleisch von Eigröße waren weg
gerissen. Tie Angriste aus das Gesicht
waren durch die Fäuste parirt Wörde»!
doch wäre der Knabe bei späterem Ein
treffen des Vaters verloren gewesen.—
In Linthal wurden sieben Arbeiter von
einer Lawine überrascht. Sechs konn
ten sich sogleich besreien und bemerkten
erst im Dorse den Verlust des siebenten,
worauf man ihn suchte uud lebend wie
dersand, nachdem er anderthalb Stun
den im Schnee gewesen war. Der
Fabrikant Mar Braun hat der Stadt
Schaffhansen 500,000 Frcs. geschenkt
zur Einrichtung eines „Marienspitals"
für kranke Frauen und Wöchnerinnen.
—ln Schaffhausen hat sich eine Gesell
schast zur Erstellung billjger Wohnhäu
ser gebildet. In Scareglia (Zessin)
ist eine kleine Revolution ausgebrochen.
Eine Anzahl Bürger verlangte die Ein
berufung der Gemeindeversammlung,
was die Municipalität verweigerte.
Hierauf wurde die letztere, nachdem das
801 l die Gemeindehausthür eingeschla
gen, gegangen und ein provisorischer
Gtnieinderaih eingesetzt. ES ist kanto
nale Intervention ersolgt.—Der Stadt
raty in Wallis beschloß, die Gründung
einer Taubstummenanstalt im Kanton
Wallis zu veranlassen und beauitragte
den Vorsteher des Erziehn ngsdeparte
mentS, sowie den Großdekan Blatter
und den Staatskanzler mit der Vor
nahme bezüglicher Studien.
In London starb vor
kurzem der in artistischen Kreisen der
ganzen Welt bekannte Künstleragent
und Jmprejario S. A. de Parravicini,
welcher sich hauptsächlich dadurch einen
europäischen Ruf iu seinem Fache er
rungen. daß er seinerzeit den berühm
ten Seiltänzer Chevalier Blondin nach
dem Conlinent gebracht hatte. Parra
vicini, welcher ein Sohn deS Hof-Advo
caten unb Rechtsanwalts des Königs
Victor Emannel war, gehörte sniher
als Ossicier der italienischen Armee an.
Er hinterläßt eine jnnge Wittwe und
ein bedeutendes Vermögen. Erwäh
nungSwerth ist auch noch, daß Parra
vicini seinerzeit beim Verlans veS wie
ner Etablissements Ronacher an ein
englisches Capitalisten-Conjortium und
bei der Eonst'tuirung der Compagnie
„Ronacher limited" eine vermittelnd«
Rolle gespielt hat.
Das Centrum der Erd
stöße aus der Jniel Zante scheint dic
große Naphtafuelle gewesen zu sein,
die sich im Südosten der Insel, nahe
Cap Chieri, befindet. Die Dörser
Gaitani, LÜakia, FioUti
nnd Dichero ari, die rund um dies«
Ouelle herumlagen, sind heute alle dem
Erdboden gleich, kein Stein ist aus dem
andere» geblieben. In der Stadt Zante
sind etwa dreihundert Hauser einge
stürzt und dreihundert andere unbe
wohnbar geworden. An Todten zählt
man süns, an Bcrwiliidcten cinige
Hundert, doch beziehen sich diese Zalilen
nur aus die Stadt. Wie viele Men
schenleben aus den Dörfern verloren
gingen, laßt sich noch nicht ermessen.
In der Nacht auf ben ersten Februar
wurde» nicht weniger als zwanzig Erd
stöße gezahlt, oo» denen der letzte der
hestigste war. Noch sürchterlichrr ließ
sich die Nacht aus den zweiten Februar
au. Neben Erdstöße» von unten nach
oben traten wellensörmige Bewegungen
der Erdoberfläche auf, die das Werk
der Zerstörung vollendeten. An meh
reren Stellen zerklüftete sich die Erde,
die Straßen der Stadt Zante spalteten
sich, auch die HasentaiS wurden zer
rissen. Alle hervorragenderen und ge
schichtlich interessanten Bauwerke der
Stadt sind in Trümmerhausen ver
wandelt, so die San MarcuStirche. ein
venelianiiches Bauwerk aus dem 10.
Jahrhundert. Auch das venetianische
Castel ist eingestürzt und der Gouver
neur der Insel, der darin seine Woh
nung halte, wurde schwer verletzt. Von
Kirchthurmen steht aus der ganzen In
sel wohl nur noch einer, aber auch die
ser er gehört zur Tyonisiustirchc in
der Stadt Zante ist arg geborsten
und neigt sich bedenklich. Die Bevölke
rung hält sich beständig im Freien aus.
Wer dic Mittel dazu besitzt, hat seine
Behausung in eine Barke verlegt und
bleibt dem trügerischen Erdboden sern.
Die Erdstöße und das unterirdische
Rollen wiederholen sich sast jede halbe
Stunde, habe» aber an Hestigkeit sehr
nachgelassen. Die Bevölkerung leide!
während der Nächte entsetzlich unter der
Wintcrkälte, noch mehr aber uuter dem
Mangel an Nahrung, da alle Backösen
eingestürzt sind und Brot vom Festlande
nur schwer zn beschaffen ist. Achn
liche Katastrophen haben Zante schon
ost betroffen, so z. B. 1042 und 1740,
beide Mal um den Anfang Februar.
Ueber zwei Opser des
Spiels ivird gemeldet und zivar sind
in Monte Carlo wieder zwei sensatio
nelle Selbstmorde i» Folge von Spiel
vcrlusten vorgekommen. Der Rentier
Walter ans Dresden erschoß sich nach
dem Verluste seines Vermögens und
eine junge, einer angesehenen Familie
aus Nizza angehörende Wittwe vergü
tete sich, nachdem sie in zwei Stunden
200,000 Francs verloren hatte.
Aus Berlin wird berichtet: Aussehen
erregt gegenwärtig im Centrum der
Stadt eine Spielassaire allerschlimmster
Art, durch welche ein hiesiger Indu
strieller, dessen Vermögen vor turjer
Zeit noch auf eine Million Mark ge
schätzt wurde, arg geschädigt worden ist.
Der Betreffende hat mit mehreren an
deren Kausleuten in einer Privatwoh
nung drei' Tage und drei Nächle hin
durch Karten gespielt »nd dabei, so un
glaublich dies auch klingen mag. circa
000,000 Mark verloren, die er seinen
Mitspielern in Checks aus eine hiesige
Bant, bei welcher er sein beträchtliches
Baarvermögen deponirt, auszahlte.
Einer der Gewinner, ein Agent, in der
Nahe des Aletanderplatzes wohnhast,
soll nicht weniger als 120,000 Mark
gewonnen haben. Der Rest des Ver
mögens des leidenschaftlichen Karten
spielerS und Verlierers soll durch Jn
tervenlion von Verwandten sür seine
Kinder sichergestellt werden.
„DasLeben ist nichts als
eine durch Unannehmlichkeiten unter
brochene Langeweile." Das ist das in
einem Briese hinterlassene geistige Te
stament eines angesehenen Mannes, der
in Wien Selbstmord begangen hat, des
49jährigen Advocaten Dr. Emil Fran
kel. Er hat, um den Unannehmlich
keiten der Gesellschaft zu entgehen,
allerdings der Langeweile Thür und
Thor geöffnet. Er war ein Sonder
ling gewesen sein Leben lang. Ein
von HauS aus vermögender Mann,
hatte er sich in moroser Stimmung
frühzeitig von allem außergeschästliche»
Verkehr zurückgezogen und, trotzdem
ihm seine Aövocntur ein reichliches Ein
kommen abwars, seine Bedürsnisse. alio
auch seine Lebensgenüsse, aus ein ge
ringes Maß beschränkt. Er war wohl
cin begabter Mann, aber seine geistigen
HilsSguellen waren nicht groß genug,
um ihm den LuruS eines einsamen
SonderlingzdaseinS zu gestatten. Er
sperrte sich ab, doch die Langeweile
drang, wie die Sorge in GötheS Faust,
durch alle Fugen nnd Ritzen, durch die
Schlüssellöcher zu ihm ein, und sie hat
ihn gerade zu jener Zeit des Jahres
überwältigt, zu der die anderen Men
scheu die geselligen Hilfsmittel znr Be
kämpfung der Langeweile in der glän
zendsten Weise zu entfalten Pflege», in
der Faschingszeit. Dr. Frankelist an
Langeweile gestorben; man kaun auch
sagen, er hat sich aus Langewcile selbst
ermordet.
Gegenüber verschiede
nen unrichtigen Angaben über dic
Stärkeverhältnisse des österreichisch-un
garischen Heeres theilt das „Armee
blatt" zuverlässig mit, daß der Frie
denSstand 320,010, der Kriegsstand
1,315,370 Mann (Armee und Land
wehr) umfaßt. Zum KriegSstandc tritt
noch d?r Landsturm hinzu niit 430 Ba
taillone» zu jc 1000 Mann und 20
Schwadronen zu jc 150 Reitern. Und
zwar in Ocstcrreich: 92 AuszugSbatail
lone, von denen 72 in neun Brigaden
sormirt sind, während 20 als StabS-
und Ctappeiitrupven diene» ; serner
142 Territorial -Balaiilone. In Un
gar«: 94 auSmarschirende Baiüillo»?.
von denen 04 in acht Brigaden sormirt
sind; 102 Bataillone sür den Dienst im
Innern; endlich 20 Husaren»Schwa
droncn.
Ein Raubmordversuch
erregt in Wien größtes Aufsehen. Er
wurde an der Gattin des in Hernals,
Hauptstraße 7, etablirten KäsehändlerT
Crovatto begangen und mißlang nur
durch die Entschlossenheit und energische
Gegenwehr der Frau. Der Thäter ist
der Vater des Dienstmädchens Crovat
tos, und hat offenbar im Einverständ
niß mit seiner Tochter gehandelt. ES
war um Uhr Morgens, als Herr
Crovatto mit zwei Bediensteten seine
im erwähnten Hause im ersten Stock
besindliche Wohnung verließ und sich
nach dem im Parterre gelegenen Ge
schästSlokale begab. Die Frau lag
noch schlafend zu Bette uud war allein
im dunklen Zimmer, als sie kurz nach
Uhr vernahm, daß vom Vorzimmer
aus die Thür geöffnet wurde und ein
untersetzter, kräftiger Mann, welcher
ein Jnstrumeut in der Faust hielt, zu
ihr eindringen wollte. Frau Crovatto
sprang aus dem Bette und fragte den
Mann nach seinem Begehr. Im näch
sten Moment stürzte der Mann auf sie
los und versetzte ihr mit dem Instru
ment einen Schlag aus den Kopf. Frau
Crovatto blutete stark, sie hatte aber
die Geistesgegenwart nicht verloren und
stürzte auf den Mann los. Fran
Crovatto wollte jetzt nach der Küche
flüchten, fand aber die Thür, die vom
Schlafgemach dahin führt, nnd die
sonst immer offen steht, versperrt. Sie
eilte zurück in das Schlafgemach und
bemerkte eine zweite Person neben dem
Attentäter. In ihrer Aufregung
wußte sie nicht zu unterscheiden, ob diese
Person ein Mann oder eine Frau war.
Wie sich nachträglich herausstellte, war
es die Köchin. Die beiden Individuen
planten einen neuerlichen Angriff aus
die wehrlose Frau. Frau Erovatto
stürzte zum Fenster des Schlafgcmache»
hin, das auf die Straße führt. S»
zerschlug mit der Faust die Fenster
scheiben und schrie aus die Straße
hinaus: „Mörder! Hilse! Man will,
mich umbringen!" Herr Alfonse» Cro
vatto hörte vom Geschäfte aus die
verzweifelten Hilseruse seiner Frau.
Er eilte sofort auf die Straße
und sah seine Fran mit blutendem Ge
sichte vor dem Fenster stehen und unr
Hilfe schreien. Er begab sich mit dein
Hausknecht Sanier Dandrca sosort in
die Wohnung. Der Attentäter hatte
unterdessen einen Fluchtversuch unter
nommen, der jedoch mißlang. Die
polizeilichen Erhebungen ergaben,
der Attentäter der Vater der bei den
Eheleute» Crovatto bedienstetin 23jäh
rigen Köchin Margarethe Kästnerist
»nd daß er im Einverständnisse mit der
Köchin den Mord geplant hat. DaS
Mordinstrument, welches der alte
Kastner verwendete, war ein Mörser,
den ihm seine Tochter gegeben und
welchen dieselbe aus der Küche genom
men hatte.
Ueber ein gräßlichesUn---
liick. w.'lchis sich in der Nahe des
Schießplatzes Jüterbog zugetragen
und welchem zwei Artilleristen zum
Opfer gefallen sind, wird jetzt nach
träglich Folgendes berichtet: Ain
Sonntag Vormittag vernahm man in
dem nicht bewohnten Barackenlajpr
plötzlich ein? starke Detonation, welche
alsbald das ganze Lager alarmirte.
Es stellte sich heraus, daß in einer
Schmiede eine Explosion ersolgt war,
welche Wände, Fenster und Thüren des
Bauwerkes zum Theil zertrümmert
hatte. Den Hinzueilenden trat aus
dem pulvergeschwärzen Raume ein
blutender Soldat entgegen, dessen Ge
sicht total geschwärzt war. Drinnen
in der Schmiede lag, mit dem Tode
ringend, ein zweiter Soldat, deszen
Gesicht und Hände schrecklich verbrannt
waren; es zeigte sich bald, daß ihm der
Unterleib aufgerissen war, so daß die
Eingeweide heraushingen. Die Kata
strophe wurde dadurch herbeigeführt,
daß die beiden Soldaten in der
Schmiede ein blindgegangenes Geschox.
welches sie gesnnden, in de» Schraub
stock gespannt hatten, um dasselbe zu
entladen. Dabei war bas Geschrtz
krepirt. Der im Innern der Schmiede
ausKsundene Soldat ist während des
Transportes nach dem Lazareth gestor
ben: das Befinden des anderen ist sehr
besorgnißerregend, da die herumfliegen
den Sprengstücke ihm mehrere tiej?
Wunden am ganzen Körper verursacht
haben; eine Hand ist dem Unglücklichen
total zerschmettert und ein Äuge fast
ganz aus der Höhle gerissen worden.
—ln der Synagoge an
der Piazza Cenci in Rom brach am t.
Februar eiu Brand ans, der in Folge
der unzureichende» Löschvorrichtungen
einen bedeutenden Umfang annahm.
Der aus der zweiten Hälfte des drei
zehnten Jahrhunderts stammende, seit
dem öfter erneuerte Bau. einer der we
nigen Reste des feit 10 Jahren nieder-'
gelegten Ghetto, enthält außer den
eigentlichen Tcmpelräumen auch die
verschiedenen jüdischen Schulen, eine
werthvolle Bibliothek und Sch«tzkam
mer der Gemeinde, dazu die Wohnun
gen von Hausdienern. Das Feuer
brach in einem Saale des ersten Stockes
aus, wie es scheint, durch Unvorsichtig
keit eines Dieners. Die mit kostbarr»
Teppichen bedeckten Wävde boten dem
Feuer reichliche Nahrung, und im
Lause weniger Stunden war ein Werth
von etwa 400,000 Lire durch die
Flammen verzehrt. Alte Bibelhand
schristen mit Miniaturen, kunstv»llc
Gewebe, Gold- nnd Silberstickereie»
sind zerstört worden, u. a. ein berühm
ter Brocatvorhang aus dem I>>. Jahr
hundert, der durch seinen künstlerischen
Werth zur Zeit seiner Stiftung anch
die Aufmerksamkeit des damaligen
Papstes auf sich zog, sodaß derselbe ihn
zu besichtigen verlangte. Die Haupte
schätze der Gemeinde in heiligen Schrif
ten, Gesetzrollen, Gold- nnd Silderge
räthei» sowie die Bibliothek sind glück
lich gerettet worden, aber der Berwst
der in den ausgebrannten Räumen be
sinblichen Gegenstände ist schon schmerz
lich genug, weil zum großen Theil de«
ünstlerischen Werthes wegen uneried
ch. 7