Inge. (4. Fortsetzung.) Jngeborg versprach, mit ihrem Be gleiter an dem Gartenausgaug zu war ten, und Hellmuth wandte sich nachdem Speisesaal, um aus kürzestem Wege in da- Lesezimmer zu gelangen. Da trat aus der Thür des Saales eine Gestalt, deren Anblick ihm alles Blut zum Herzen zurücktrieb und seinen Fuß an den Boden fesselte. Die da langsam die Stufen hinunter schritt. den weiten Mantel von grauem Sammt, mit Silberfuchs verbrämt, nur lose umgehängt, daß er nur eine Folie bildete für die vollendete Frauen gestatt in eiiiem hellen, kostbaren Stoff- Ilxjde das war die Cora seiner Träume, die Cora, die an seinem Her zen gezittert und gebebt unter der Gtuth seiner Küsse einen kurzen Sonnner nachtstraum hindurch. Sie war'S—und doch nicht, denn die verheißungsvolle KnoSpe hatte sich jetzt entfaltet zur vollen Pracht weiblicher Blüthe. Während er noch tiefer in den Schat ten zurücktrat, sah er im blendenden Gaslicht die schönen Züge, sah das tiberinuthiAe, neckische Blitzen der dun keln Augen, als ihr einer ihrer Beglei ter etwas zuflüsterte, und hörte das silberne Lachen, wie sie sich nun zu ihrem Manne wandte. Nun, fragte Otten, als sie sich an der verabredeten Stelle trafen, doch keine Wollen am politischen Horizont, die u»S womöglich zwingen, morgen zu rüsten? Nichts dergleichen, mein Freund. Jngeborg wandte sich überrascht um. Die Stimme ihres Schwagers klang so hart nnd gezwungen. Aber in der Dunkelheit konnte sie seine Züge nicht erkennen und der Arm, in den sie ihre Hand legte, bot ihr die gewohnte sichere Stütze. Zu Hause angelangt, wünschte Hell muth Inge eine gute Nacht und stieg leise, um die Mutter nicht zu stören, in sein, eine Treppe höher gelegenes Zimmer. Jngeborg, deren Zimmer unter dem seinigen lag, hörte während der nächsten halben Stunde das energische Auf' und Ad seiner Tritte. Was mochte ihm be gegnet sein, daß er nach dem weiten Wege nicht die Ruhe suchte, sondern in dem kleinen Zimmer umherging, wo ihn drei Schritte an'S Ende brachten? Eine nervöse Unruhe bemächtigte sich ihrer, schon wollte sie ein Kleid über werfen und hinausgehen, da hörte sie ihn die Treppe Herabkommen, die Haus thür öffnen und sich entfernen. Hellmuth stürmte die Promenade hinab. ES war kaum elf Uhr, noch funkelte das lichtcrgefchinückte Kurhaus. Kurz entschlossen bog er in den dunklen Park. Oden in dem engen Raum hatte ihn das Gefühl der geraubten Freiheit, der Ohnmacht überkommen, wie es das Raubthier empfinden mag hinter den Gittern des Käfigs, der ihm die Wüste ersetzen soll. Hier konnte er doch we nigstens wieder athmen. Er ließ den Nachlwind um seine Stirn streichen und blieb stehen. Die schmale Mondsichel spiegelte sich grade vor ihm im Weiher. Wie ein Schiffchen schwamm sie aus den Wellen, ein hoffnungsvolles Schiffchen des Glücks und der Liebe. Ein bitteres Auflachen des Mannes ließ die Schwäne am Ufer erschreckt aus fahren. Sie zogen die Köpfe unter den Flügeln vor und einer stieß vom User ab und glitt geränfchloS wie ein silber ner schatten grade über das schwan kende Mondbild hin. Ein Thor, wer sein Leben so wankcl müthigem Spielzeug anvertraut! Frei lich, jetzt wird eS wachsen und zuneh men, bis cs sich eines Nachts hier spiegelt im strahlenden Glänze voll kommener Rundung, um dann kleiner und blasser zu werden und zu ver schwinde» in hoffnungsloser Nacht mit seinem geborgten, erlogenen Licht, das uns doch glauben machen will, es sei echt, wärmend und lebcspendcnd wie die ewige Sonne selber. Schwör' nicht beim Mond, dem ewig wandelbaren! Nein, schwört bei ihm. all' ihr leichtfer tigen Frauen und Madchen! Rust die Unbeständigkeit der Gestirne an zur Rechtfertigung des eigenen Wankel muthS. Heyden eilte weiter, durch die dunkel sten Wege, vorbei an der Büste Hölder lins, dessen von LeidenSsurchen durch grabene Züge im tiessten Tannenschat ten stehen, bis er endlich müde und erschöpst auH eine Bank siel. Und wie nun das stürmische Blut langsamer zu fließen begann, kam auch Klarheit in das Chaos hinter der Stirn. Was vorhin seine Seele durchtobt hatte, war ein Nachhall der Empfin dungen/ die an jenem FrühlingSmor gen des vergangenen Jahres sich seiner demächiigt hatten. > Müde, bestaubt und erhitzt war er aus dem Dienst gekommen, aber als er die Treppe zu seiner Wohnung erstieg, hatte er doch nichts gespürt, als ein un endliches GlückSgesühl, denn in einer Stunde wollte er ja feierlich um die Hand feiner Cora bitten, sich sein Glück sichern für immer. Es gibt Augen blicke in unserem Leben, wo sich die äußern Nebenümstände unvergeßlich uuierm Geiste einprägen. So wird er immer sein nüchternes, einsaches Garnisonzimmer vor sich sehen, wie damals, als er die Thür öff nete. Die Wand, an der die sonst in Lieutenantszimmern üblichen Pferde- und Hundebilder durch einen großen Stich des eisernen Kanzlers und die Photographieen seiner Eltern ersetzt waren, gegenüber das Waffen-Arrange ment von Beilen und Bogen fremder Völker, die ihm sein Bruder einmal mitgebracht, und auf dem grünen Tuch des Tisch?;, der ihm zum Schrei ben und Arbeiten diente, zwei Briefe. Die Gardine deZ offenen Fensters hatte sich in der durch sein Eintreten entstan denen Zugluft gebläht und flatterte n»n in der Luft. Mit der ihm eigenen pedantischen Sorgsalt befestigte er sie erst, ehe er nach den Briefen griff. Der eine war von großem Format, dazu, wie er sosort sah, von der Hand des Oberstlieutenants adressirt, eine Einladung oder dienstliche Meldung der konnte warten. Dagegen hier das zierliche, cremefarbene Billetchen mit dem strengen Jasmindust und den ele ganten flüchtigen Schriftzügen, die er erst innig zu lüssen Pflegte, ehe er öff nete auch pedantisch sorgsäliig. denn ein ausgerissenes Couvert kam ihm vor wie ein schmutziger Teller, von dem man eine Liebüngsspeise essen sollte ein sonniges Lächeln ging über seine Züge; was wollte sein Liebling? Wa ren es nur ein paar warme Worte, ein herzliches Glückaus zu dem bedeutungs reichen Tage? Fassungslos sah er auf das Schrei ben. Die Worte waren so kurz und klar, und doch schien es ihm, als starre er aus die fremden Zeichen einer Papy ruSrolle. „Geliebter! Vergib mir, wenn ich Dir Schmerz bereite, aber es geschieht zu Deinem, wie zu meinem Besten. Trotz meiner leidenschaftlichen Liebe zu Dir, wäre ich an Deiner Seite nicht glücklich geworden, denn ich bin ein Welttind, ein Schillervogel, dem Deine Klause immer ein Gesängniß gewesen wäre und Du ein Kerkermeister. Darum habe ich mich gestern mit Herrn Berger verlobt. Als wir uns am Nachmittag sahen, fand ich nicht den Much, eS Dir zu gestehen und Ab schied von Dir zu nehmen. Die Ver hältnisse kommen uns zu Hilfe, Du bist versetzst, wenn Du zurückkehrst, bin ich verheirathet. Lebe wohl, und, wenn Du kannst, so vergib mir. Ich war Deiner großen reinen Liebe nicht werth, aber die Er innerung an sie wird nie ersterben ia, dem Herzen Deiner Eora." Mit zitternden Fingern griff er nach dem großen Couvert. ES war die förmliche Anzeige der Verlobung Coras von Waldau mit Herrn Baron Berger, Berlin. Auf die Stunden, welche nun folg ten, konnte er sich nicht besinnen. Sein Bursche kain anfragen, ob der Herr Lieutenant nicht zu Tisch iu'S Casino gehe. Beim Anblick seines Herrn wollte er, erschreckt, zum Stabsarzt gehen. Hellmuth wies ihn ab. befahl ihm, zu packen und machte seine Meldung schrift lich. Als er des Abends im Zuge saß um dem Geleit der Kameraden zu ent gehen, hatte er seinen Plan geändert und benutzte den Nachtkurier schau kelte ihn die gleichmäßig rollende Bewe gung in einen sieberhasten Schlaf voll wilder Phantafieen. Er stand mit sei nem Bruder auf schwankem Schiff in heulendem Sturm. Die tosenden Wo gen jagten sie einem selsigen Ustr zu und sie wußten es beide, dort erwartete > sie der Tod. Durch das Grün der Bäume in dem dunkeln Cypressenwald schimmerten zwei weiße Gestalten. Wenn eine schäumende Woge das Schiff hob, er kannte er deutlich Inge und Cora. Jngeborg stand aus einem überhängen den Felsen, in weißem Brautkleid, mit wehendem wchleier und ausgebreiteten Armen, den Geliebten auch noch in ge meinsamen Tode zu empfangen: Cora zerpflückte einen Strauß gluthrother Rosen und streute die Blätter in die Arandlmg, und als er sie ries mit dem Herzcnsschrei der Sehnsucht, da flat terte sie auf ein paar großen schillern den Klügeln dem sichern Innern zu und durch die tobenden Wasser hörte er das glockenreine, herzbethörcndc, leicht sinnige Lachen. O, dieses Lachen! Wie oft hatte das ihn in den ersten Wochen aufgeschreckt aus dem bleiernen Schlaf der Erschö pfung, wenn sich das tagsüber ver bannte Bild auf leichten Sohlen in seine Träume geschlichen, die mühsam erzwungene Ruhe von Neuem zu ge fährden! Dann hatte am Morgen wieder der Kampf begonnen, in dem die Verachtung mit Geißelhieben auf die Liebe peitschte, bis die zarte Gestalt zuckend am Boden lag. Und als sie endlich todt war, die Märchenaugen geschlossen sür immer, als das Traumesdunkel stiller Selig keit dem nüchternen hellen Verstands licht wich da schien ihm seine Seele ein Trümmerseld, besät mit den trau rigen Torsos seiner Ideale, da lagen Wahrheit, Treue, Recht, Zucht und Sitte zerbrochen am Boden und selbst das hohe Kreuz des Glaubens schien zu wanken. Nach Monaten erschien das blasse Gesicht einer neaen Morgenröthe, mühsam erkannte er in dem matten Schimmer den alten Wahrspruch seines Geschlechtes: s>sr »ss>s,-s »«l »scr»! Ader das Licht schien ihm von nun an aufbewahrt für den neuen Morgen der Seele, sein Weg hier unten lag vor ihm in der kalten Dämmerung der Pflichtersüllung und Resignation. Er stand auf und suchte sich in dem Dunlel aus den reckte» Psad zu sinden. Nein, nicht Liebesleidenschast hatte ihn heute durchtobt. Das war vorbei, wie er wähnte, für immer. Aber es galt, sich zu wappnen sür einen neuen Kampf; denn eines stand sest er wollte nicht fliehen wie ein Feigling, nicht einen Fuß breit wollte er weiche». Mochte die vielbew»»derte Baronin Berger die Augen niederschlagen, wen« sie ihm morgen gegenübertrab, er wollte sie kühn und srei zu ihr erheben, denn er hatte gesiegt. Noch vor einer Stunde hatte er ge rungen mit dem Dämon der Rache. Er wußte eS, wenn er wollte, war Cora jetzt in seine Hand gegeben, denn er hatte ja den Schlüssel zu diesem Räth selwesen, sah wie durch Glas in die Seele dieses leideuschastlichen Ge schöpseS, das dik kurze, innerlich leer« Ehe sittlich nicht gereift haben konnte. Wenn er wollte, so warf sie sich in we nigen Tagen sreiwillig wieder in seine Arme wie einst unter dem Jasmin strauch und dann tonnte er sie seine Verachtung süblen lassen. Aber er wollte nicht! Geradeaus ging seine Bahn —er folgte einem verlocken den Irrlicht. Durch die kurze Sommernacht brach schon schattenhasteS Dämmern, als die wachsame Inge die Treppenstufe» leise tnarren hörte. Gleich daraus schloß sich oben eine Thür und dann wurde alles still. Mit einem Seufzer der Erleichterung und einem Gebet im Herzen schloß sie die Augen. IV. So kam'S, daß am nächsten Morgen Cora mit einem leisen Schrei des Schreckens ihr kunstvoll geschliffenes GlaS aus die Steinplatten des Elit'a bethbruilnens sailen ließ, als plötzlich Heyden vor ihr stand. Jngeborg, die oben an der Ballustrade lehnte, sah, wie die schöne Frau nach dem ersten Augenblick der Bestürzung ihm beide Hände entgegenstreckte, die er mit ruhi ger Höflichkeit an die Lippen führte. Wenige Augenblicke später stand die Baronin neben ihr, begrüßte Frau von Heyden mit so kindlicher Ehrfurcht, Inge mit so offenbarer Freude, daß von einem Ausweichen oder Zurück weisen dieser Liebenswürdigkeit gar nicht die Rede sein konnte. Heyden selbst'schien das auch gar nicht zu wünschen, wenigstens plauderte er völlig unbeiangen mit dem Baron Berger und einem französischen Mar quis, der in dessen Begleitung war, während Lieutenant Otten sich sofort zu den Damen gesellte. Er fand aber bei seinem frühern Ideal diesmal nicht die gewohnte Aufmerksamkeit. Cora war zerstreut; zum ersten Male achtete sie nicht auf die bewundernden Blickt, die ihrer auffallenden Erschei nung folgten, sondern sah zu Heyden hin. der ihren Mann und den Marquis kopshach überragte, und als letzterer, ihr Schatten, seit sie sich vorgestern in Wiesbaden getroffen, jetzt die beiden allein vorgehen ließ, um durch einige geschickte Manöver an ihre Seite ju ge langen, wurde er auch höchst ungnädig tmpsaiigen. Als man sich dtn Kolonnaden wieder näherte und sich Heydens verabschieden wollten, schloß sich die Baronin ihnen an. Ich muß erst meinen Verlust ersetzen, meinte sie lachend; vorhin, als Sie vor mir standen, gleich Banquos Geist, verlor ich so die Contenance, daß ich mein GlaS zerbrach. Man könnte sast glauben, Frau Ba ronin hatten ein schlechles Gewissen, scherzte Otten. Einen Augenblick später stieg ein leuchtendes Roth bis unter ihre lichten Stirnlöckchen. aber auch nur einen Augenblick, dann beugte sich sich ab schiconehmend zu Frau von Heyden und bat so inständig, sich ihrer anzunehmen, sie ein wenig zu chaperonniren, denn ihr Mann habe oft in Frankfurt zu thun, dzß die herzensgute alte Dame gern einwilligte. Cora versprach noch, heute vor dem Diner ein Stündchen anzusprechen, dann löste sich die Gruppe. Heyden schob den alten Ludwig bei Seite und lenkte den Fahrstuhl in einen einsamen Weg, der Promenade zu. Kaum zwei Stunden später saß Cora wirklich, mit berechneter Einsachheit ge kleidet, auf dem Rosenaltan nnd plau derte so heiler und unermüdlich, daß die alte Dame ost in ihr ansteckend«? Lachen einstimmte. Sie war ganz sröhliches, unbefangenes Kind, und wie einem solchen konnte man auch ihr nicht zürne», wenn sie sich mitunter einen Schritt über die gebotenen Grenzen hinauswagte, auch ernste Dinge mit ihrem leichtfertige» Spott Überschüt tete. Aus Hellmuths Frage, was sie denn hierher geführt habe, lehnte sie sich in den Stuhl zurück, sobaß die kleinen Füße in den gelben Lederschühchen un ter dem Saum hervorsahen, schlug die strahlenden Augen mit gemachter Me lancholie zum Himmel auf und sagte feierlich: Ich soll mich erholen. Alle lachten. Da richtete sie sich schnell auf und sagte eifrig: Ja gewiß. Denken Sie den», es ist nicht furchtbar anstrengend, die ganze Saison hindurd jede Nacht um zwei nach Hause zu kommen, von Diner zu Souper zu eilen und dazwischen zur Erholung Wohlthätigkeitsvorsttllungen zu leiten, Tdeater zu spielen, keine Pre miere zu versäumen und Reitstunden in, Tattersall zu nehme»? Hieltest Du das.aus, Inge? Ich würde es gar nicht Probiren, ent gegnete diese ruhig. D» kommst i» der Klause wohl auch nicht in Versuchung. Die Antwort war ihr entschlüpft, ge gen iliren Willen. Aber sie ärgerte sich ichon die ganze Zeit hindurch über die kühle Gelassenheit, mit der Inge ihr gegenüber an Hellmuths Seite saß, lelbstoerständlich, als müßte das so sei». Sie war noch immer die alte Cora, jtdein Impulse nachgebend, ohne jede Selbstbeherrschung. Inge hatte ihre ernsten Augen fest aus die Sprecherin gerichtet, als sie er widerte: Also nur auf de« Mangel an Ver suchung tommt es deiner Meinung nach an? Wenigsten? bei uns gewöhnlichen Menschenkindern. Heilige machen na türlich eine Ausnahme. Ich habe nie die Absicht gehabt, mir eine Aureole zu verdienen. Jetzt lachte sie schon wieder und schüt telte so übermüthig den schönen Kops, daß sich die Lichtsunken in dem goldenen Haar fingen, als wollten sie sie mit dem verschmähten Heiligenschein wie zum Trotz umgeben. Frau von Heyden hatte bei Inges Marten erstaunt aufgehorcht. Es halte !ast etwas Feindseliges in ihnen gele gen. etwas, das ihrer sansten Tochter sonst so sremd war. Als Cora gegangen, fragte dieselbe >aher: Dir scheint diese Frau von Berger vohl kein angenehmer Zuwachs -zu ein? Nein, Mama, ich liebe sie nicht. Wir sind ja aber nur noch wenige Tage zier, und ich denke, auch Hellmuth wird nichts dagegen haben, wenn wir unsern Luseulhalt möglichst abkürzen. Sie sah ermnnternd zu ihrem Schwa ger hinüber; aber dieser streiste ruhig )ie Asche von seiner Cigarre und sagte »ann: Warum? dazu liegt doch keine Noth vendigkeit vor. Ich habe noch eine Woche Urlaub, also könnt ihr euer örunnentriiiken immerhin noch süns Tage fortsetzen, ehe ich euch heimge eite. ES war so ein ziemlich großer Kreis geworden, in dem man sich täglich be ilegte. OttenS, Berger und der Mar lis genossen, was ihnen die schone Umgebung bot, und ganz konnte sich Hnge der lärmenden Gesellschaft doch .licht entziehen, obgleich sie eS am lieb sten gethan hätte. Das Herz that Inge weh, wenn sie von dieser schönen gefallsüchtigen Frau auf Hellmuth sah. Offenbar war er sür Cora der Hauptanziehungspunkt, ille ihre kleinen Manöver galten ihm illein, Otten und der Marquis wurden ziemlich nebensächlich behandelt. Frei lich konnte sie nicht wiffen, wie er da rüber dachte. Hellmuths Gedanken las man ihm nicht von der Stirn ab, scheinbar kam er der liebreizenden Be sucherin auch nicht einen Schritt ent gegen, wie das wahre Gesicht hinter vie ler steinernen höflichen Maske aussah, ahnte Inge nicht. Ihr Herz litt unbeschreiblich um ihn. Sie beide hatten öon Anfang an eine tiefe Sympathie verknüpft, er war ihr Halt und Stütze gewesen in dem Schiff bruch ihres Glücks, sie hatte sich in den Jahren ihres geschwisterlichen Verkehrs daran gewöhni, in ihm das Urbild des deutschen Edelmannes zu sehen, d. h. das Bild eines edlen Mannes, der nicht nur oberflächlich den Gesetzen der Sitte und Ehre folgt, sondern aus dem inne ren Drange der Seele gut und wahr handeln muß, weil das Recht seiner Natur das einzig mögliche scheint. Und nun kam dieser Schmetterling mit sei nen sarbenglänzenden Flügeln und ver suchte, Honig zu saugen aus dem Mark der Eiche; wagte es diese leichtsinnige Frau, niit ihren kinderkleinen Händen zu rütteln an den Grundfesten der Ehre und des Gewissens! Eine tiefe Bitterkeit stieg in Inge aus, fast haßte sie dieses blonde, la chende Geschöpf, in dessen Augen so deutlich das Verlangen geschrieben stand, und ein ehrlicher Zorn gegen Hellmuth erfüllte sie, daß er diesem Spiel nicht ein Ende machte. Dabei war sie nach wie vor auf die Gesellschaft Lieutenant OttenS ange wiesen. OttenS sagte sich, daß auf die Dauer das stille matte Leuchten der echten Perle dem Funkensprühen des DiamantS vor zuziehen sei, und eines Abends, als man von einem gemeinsamen Spazier gang heimkehrte und er eine Weile schweigend neben Heyden einhergegan gen war, sagte er plötzlich: Ein offenes Wort, alter Junge, wie stehst du mit deiner Schwägerin? Hellmuth nahm diL Cigarre aus dem Munde und sah den Sprechenden ver ständnislos an. Mit Inge? Aber vorzüglich. Das meine ich nicht. Hast du nie vie Absicht gehabt, um sie zu werben? Um meines Bruders Frau? Nein, niemals. ES klang sehr ehrlich und war Wahr heit. Dieser Gedanke war Hellmuth nie gekommen. Es lag doch so nahe, murmelt« Otten. Ter andere schwieg. Wie sollte er sagen, was ihn daran gehindert, diesen „naheliegenden" Gedanken zu ergrei fen? Sie gingen eine Weile schweigend weiter, dann saßte Otten einen Ent schluß und sagte: Du hättest also nichts dagegen, wenn ich in aller Form um Hrau von Heyden anhielte. ES schoß Hellmuth blitzschnell der Ge danke durch den Kopf, daß die Klaust ohne Inge sehr einsam sein werde. Ueber das lichte Bild der Heimath, das er im Herzen trug, siel in Gedanken ein lieser Schalten. Aber das war selbst süchtig, und so sagte er: Wie könnte ich? Inge ist ja auch nicht von mir abhängig, sondern voll ständig srei. Bist du deiner Sache übrigens so sicher? Otten seufzte tief auf. Deine Schwägerin ist das seltsamste Geschöps, das ich kenne. Mein Wer ben kann ihr doch nicht entgangen sein, aber ich müßte lügen, wollte ich fagen, daß sie mich auch nur mit einem Blick ennuthigt hat. Sie entspricht eigent lich auch nicht dem Ideal, das ich mir von meiner zukünftigen Frau entwor fen, aber dennoch.... Nun? fragte Hellmuth, fast be lustigt durch des Freundes kläglichen Ton. Dennoch kann ich mir nichts lieberes denken, als diesen klaren Kops, das treue Herz neben mir zu haben für im mer, brach die'er jetzt fast begeistert aus. Ich kann dir das nicht so erklären, aber seitdem die Baronin Berger hier ist. mein alter Schwärm, wie du weißt, sind mir auf einmal die Augen aufge gangen. Wir Männer sind doch wie Kinder immer nach den glitzernden Spielzeugen strecken wir die Hände aus, und wenn wir's haben, dann steht plötzlich die treibende Mechanik still und aus dem Wunderwerk wird unnützer Zand. Du hast recht, sagte Hellmuth leise. Aber wir sind selbst schuld, wenn wir uns täuschen lassen und müssen dann sie Folgen tragen. Und nun. Glück iuf, Kurt. Mit warmem Händedruck trinn cn sich beide. Inge verlieren! Der Gedanke ver ließ ihn heute nicht mehr. Wie die Mutter sie vermissen würde, deren rechte Hand sie war! Und die Leute im Dors, all' die Kranken und Armen, sür die sie immer Zeit, Liebe und Hilst hatte! Lber das war ja undenkbar. Sie vürde nein sagen, gewiß, «sie und der leichtsinnige Otten das war einfach lächerlich! Warnm war ihm eigentlich nie der Gedanke gekommen, sie zu heirathen? Er lag doch so nahe, wie der Freund gesagt hatte. Freilich, er hatte schwer an seiner Enttäuschung gelitten und ihre Trauer hatte sie ihm unnahbar ge macht. Und dann liebte er sie wie eint Schwester, wie eine Freundin. Solch wariye, herzliche Zuneigung sei nicht stark genug, .um zwei Herzen für dieses Leben zu verbinden, hatte er gemeint, die müssen zusammengelöthet werden in der Gluth einer großen Lei denschaft. Nun, seine Leidenschast hatte er hin ter sich! Sven» er heute Cora ansah und an die Zeit dachte, da ihr Anblick sein Blut in Wallung gebracht, ihre Schmeicheleien seine «sinne berauschten, dann erröthete er vor Scham. Wie traurig, daß ein jeder Mann auf eine Zeit seines Lebens zurücksehen muß, in der die Materie seinen Geist beherrscht, und doch konnte er zu seiner Entschul digung sagen, daß er Cora nicht nur begehrt, sondern geliebt hatte, mit der echten einzigen Liebe seines Herzens. Daß aber auch eine solche Liebe ster ben kann, wenn der kalte Hauch der Berochtunq über die Flammen der Lei denschaft fährt er hatte eS in diesen Tagen zur Genüge erfahren, kein Mus kel seines Herzens zuckte bei dem koket ten Spiel, das sie mit ihm trieb; er beobachtete sie, wie die kleine Forelle das Hüpfen und Tanzen der L,belle, an deren todtem Körper sie wohl die ver hänguißvolle Angelschnur sieht. V. Baron von Berger und feine Frau nahmen nach der Rückkehr von der Brunnenpromenade ihr Frühstück ein. Der Sonnenschein siel in breiten Flu then durch die hohen Fenster des elegan ten Windsor Hotel, das sie bewohnten. Aber die Gesichter der Gatten sahen ver stimmt und mißmuthig aus. Du bist doch erst vorgestern in Frank furt gewesen, rief Cora schmollend, ich mag mich nicht immer allein hier lang weilen ! Sehr gütig, wenn Du eZ vorziehst, dich zusammen mit mir zu langweilen. Die Worte waren getränkt in spöttischer Höflichkeit. Uebrigens, du hast ja deinen p»s»s tsmp», meine Theure, neue sowohl, wie alte, den Marqüis oder diesen steif leinenen Heyden die schöne Cora sorgt selbst sür ihre Unterhaltung. Die junge Frau klopfte vor Zorn mit dem Fuß auf den Teppich. Das schöne Gesicht war ganz dunkel gewor den. Ich glaube, mein Herr Gemahl thut mir die Ehre an, eisersüchtig zu wer den, ein Zeichen von wenig Geschmdck und bürgerlicher Gesinnungsart. Pardon, wenn in solchen Kleinigkei ten die „bürgerliche" Stimme einmal laut wird ist es mir eben noch nicht gelnngen, darin deine echt blaublülige Nonchalance zu erreichen, denn er beugte sich vor. daß sein heißer Athem sie sast streifte und eine wilde Flamme zuckte in seinen begehrenden Augen aus denn ich, ich liebe dich noch. Sie bog den schlanken Oberkörper zurück und streifte ihn mit einem bösen Blick. Desto unbegreiflicher ist deine Sehn sucht nach der Kaiserstadt. Du hältst mich doch nicht für Kind genug, um mir weismachen zu wollen, daß dein Gefchästssreund dich in solch zarten Nosabillets um ein Rendezvous bittet? Sie tippte leicht auf die Brusttasche seines Rocks, in der er vorhin, als der Diener die Briefe brachte, ein kleines duftendes Schreiben gesteckt hatte. Er sprang auf und ging schnell an's Fenster. Ein Kind bist du in der That nicht, trotzdem würde ich dich bitten, mich nicht zu sehr zu reizen eine Scene in einer so vernUnstiger Ehe, wie die un ferige ist.... Sie lachte spöttisch, aber nicht mit dem gewohnten girrenden Tauben lachen. Du hast recht und besonders eine EisersuchtSscene. Seien wir also wie der aus der Höhe der Situation. Fahre »ach Franksurt ich will mich nicht hindernd in deine Amüsements drän gen aber was dem einen recht, ist dem andern billig kein lächerliches Spionire» nach meinen Schritten! Ich weiß allein, wie weit ich zu gehen habe. Sie wollte an ihm vorüber, da kam er aus sie zu, ergriff sie an den Hand gelenken und preßte sast heiier hervor: Ein gutes Wort. Cora, und ich fahre nicht, nicht heut und nie mehr. Was ich suche, ist ja nur Betäubung. Glaubst du, ich fühle die Schmach nicht, nur den Körper feines Weibes zu be sitzen und kein Recht an die Seele zu haben? Sie riß sich los. Um meine Seele haben Sie damals nicht geworben. Und wenn ich es jetzt thue? rief er leidenschaftlich, vor der schönen Frau in die Kniee sinkend. Cora maß ihn mit einem langen Blick. ES ist zu spät, sagte sie kalt. In der Thür wandte sie sich noch einmal nach ihm um. Sie würden sich auch in der Rech nung betrügen. Meine Seele ist kein Kaufobjekt und Tauschhandel ist bei civilisirten Völkern ja unmodern ge» worden. Also gnädige Frau kommen in der That nicht zur Reunion. Lieutenant Otten stellte diese Frage in Jngeborg, als deren getreuer Schatten er die Brunnenpromenade zinabging. Man war eben am Roll stuhl der alten Dame angelangt und machte, wie gewöhnlich, einige Minu ten Hall. Hellmuth mit Cora und ihrem Mann kreuzten gerade jetzt ihren Weg. Wie konnten Sie überhaupt auf diese Vermuthung kommen? Sie wissen ja, daß ich »och in tieser Trauer bin. Der Badeaufenthalt gestattet doch rine Ausnahme. Zudem ist es ja ngentllch eine geschlossene Gesellschaft. Keine der gewöhnlichen Abendunter haltungen in den untersten Tanzsälen, sii denen jedermann ungehindert Zu tritt hat. Ich freue mich so sehr, rief Cöra, eS ist der auserlesenste Kreis der interna tionalen Creme, die diese wenigen gro ßen Bälle in den obern unbenutzten Räumen gibt. Eine Einladung ist eine große Auszeichnung. Auch die anwe senden Fürstlichkeiten nehmen daran Theil. Du kommst doch. Heyden? fragte Otten. Ich hatte nicht die Absicht. Große Gesellschaften muß man gezwungener Weise genügend mitmachen. Aber ich tras vorhin einen hohen Vorgesetzten, der den ausdrücklichen Wunsch äußerte, mich zu sehen. Immer der Sklave des Dienstes. In diesem Falle eine erträgliche Ty rannei, meinte Berger. der mit düsterer Miene das Ausblitzen des Triumphes in Coras Augen bemerkte. Bisher waren ihm die vergeblichen Bemühungen seiner Frau nicht entgan gen, zudem fürchtete er Heyden weniger als den Marquis, obgleich dieser bei Cora augenscheinlich weniger Chancen hatte. WaS sich Cora von diesem Abend versprach, konnte er sreilich nicht ahnen, da er die Vergangenheit nicht kannte, nicht wußte, wie es seit dem Wieder sehen am Brunnen in ihr gährte. Gerade in der ersten Zeit hatte Eora in dem Rausch ihrer Ehe scheinbare Be sriedigung gesunden, es war ihr alles neu und überraschend, sie kam sich wie eine Fee vor, die durch Berührung mit ihrem Zauberstab jeden Gegenstand in Gold verwandeln kann. Zudem schmei chelte ihrer maßlosen Eitelkeit Bergers schrankenlose Bewunderung. Für selbstsüchtige Naturen ist eS ent schieden bequemer, geliebt zu werden, als zu lieben. Das 'Vergessen des Ichs, das täglich neue Aufopfern der Seele, die Hingabt des Geistes an den Gelieb ten, alles, was edel Geartete hoch über sich selbst erhebt und sie auch in Entsa gung und Schmerz noch ein süßes, i -hmüthiges Glück finden läßt, bean sprucht eben eine Kraft und Tiefe der Empfindung, die wohl der Rausch de» Leidenschaft auch Schwächlingen gibt— aber nur sür eine vergängliche Spanne Zeit. So steigt auch der Zaunkönig ver suchsweise auf in die Sonnenregionen des LichteS; aber geblendet und ermat tet sinkt er bald wieder in fein gewohn tes Gebiet, hinter Hecken und Zäunen, während der stolze Aar mit ruhigein Fittich den blauen Aether durchmißt. Cora von Waldau war nur leicht lebig gewesen, die Baronin von Berger aber wurde bald leichtsinnig. Aus der Lust an der Bewunderung wurde bald eine Sucht und bald schienen ihr die gewöhnlichsten Mittel der Koketterie er laubt. um eine Schaar von Bewunde rern um sich zu sammeln, in deren Augen sie nichts weiter lesen wollte, als die srivole Sprache sinnlicher Leiden schaft. Zudem war sie noch so juug verheirathet und dann hatte sie Hell muth Heyden durchaus noch nicht ver gesse«. ES gab in dem glänzenden Leben die ser geseierten Frau doch Noch eine dunkle Stelle in diesem reizenden Köpf chen, das so viel an Vergnügungen und Putz dachte, stand doch ein flammendes Mene Tekel. Die Erinnerung an jenen Liebes traum unter dem Jasminstrauch kam in stillen Stunden immer wieder, und bald suchte Cora sie ebenso eisrig, wi< sie sie ansang» geflohen. Die Sehnsucht nach etwas Besser»!, Reinerm, als es ihr dieses Leben bot, war nicht ganz ge storben, sie schlief nur den Schlaf der Betäubung, und immer, wenn sie zu kurzem Erwachen die Augen ausschlug, sah sie sie an mit dem treuen, wahren Blick der Liebe, de» nur Heyden allein für sie gehabt. Ihr Leben war leer, trotz aller Zer streuungen, denn auch die elegantest« Frau vermag uicht den ganzen Tag de» unbequemen Gesellschaft des eigenen JchS »n entfliehen. Für die edelste Sehnsucht des Frauenherzens, du Sehnsucht nach einem Kinde, war Coro nicht sittlich reis genug. Der mütter liche Instinkt schlief so vollständig, das ihr dieser Gedanke, wenn er ihr über haupt einmal kam. nur Mißbehage? und Verstimmung erweckte. (Fortsetzung solgt. Eine grausige Geschichte. Frau Stampserl: .Wenn i abergläu bisch wär', Frau Nachbarin, dös hätt an Unglück geb n könna!" —Fran Pum perl: „Was is Jhua denn zuag'sto ßen?" Frau Stampserl: „Stelln't Ihna vor! Letzten Freitag, wia ine Wastl so krank im Bett g'leg'n is, sar unsre zwa Uhren os oamal zur selb'n Sekunden stillg'standen!"—Frau Pum perl: „HerrjeseS! Und nachher?" Frau Stampserl: .Nacha hob i's hall wieder ajzog'n!" Ein sonderbares Lei den. Richter: „Warum sind Sie nich beim erste» Ausrus vorgetreten?" Zeuge: „Infolge eines früheren Ohren- Icidcns höre ich halt Alles ein bisse! später!" Was ist eine Mesal liance? Wenn ein doppelter Buch haller ein einfaches Mädchen heiralhei. Auch ei« Mittel G«O«« »ie Sho»«r« Von allgemeinem Interesse dürst« eine Verhandlung sein, die vor dem Schössengerichte in Wismar geführt wurde. Der verantwortliche Redac teur des „Mecklenb. Tageblattes" zu Wismar war vom Grafen Schlieffen- Schliefsensberg wegen Beleidigung bei der StaatSanwaltschast angezeigt wor den, und diese hatte öffentliche Klag« erhoben. Graf Schliessen hatte in der Cholerazeit herzförmige Kupserplätt chen an seine GutSleute vertheilt, da mit sie dieselben als Schutzmittel gegen die Cholera um den HalS tragen soll ten. Der Redacteur Dr. Wagener hatte sich darüber lustig gemacht. Der Vertreter der Anklagebehörde führte aus, daß, obwohl die Thatsachen wahr seien, doch eine Beleidigung vorliege. Von Autoritäten sei bewiesen, daß da» Tragen von Kupser gesund sei. Um Talismane handle eS sich nicht, penn eS seien Kupserplättchen ohne Inschrift in Frage gekommen. Wenn dem Grafen Schließen Aberglauben vorgeworfen würde, so sei das eine Ehrenkränkung. Die Stellung des Grasen als Landrath und ReichStagS-Abgeordneter erschwere die Beleidigung. Er beantrag« IVO Mark Geldstrafe und Publicationsbe fugniß sür den Grafen Schlieffen. Der Angeklagte destritt mit Entschie denheit die Absicht der Btleidigung und berief sich einmal daraus, daß die ge meldete Thatsache als wahr erwiesen, dann aber mit der Empsehlung solcher kupferner Herzchen ein grober Unsug geschehe, da diese zweifellos vollständig nutzlos seien, andererseits aber eine große Gefahr darin liege, in Zeiten einer schweren Seuche den Leuten ein nutzloses Mittel in, die Hand zu geben und sie zu dem verkehrten Glauben zu bringen, sie seien dadurch vor An steckung geschützt, so daß sie schließlich bei der Verschleppung der Seuche nichts Ernstliches mehr thäten. Der Redak teur nahm eS zugleich als zweifelloses Recht der Presse in Anspruch, das Pu blikum über alle Vorgänge im öffentli chen Leben zu belehren, vor allem aber dann, wenn sonst eine Schädigung der Menschheit als unausbleiblich erscheine. Der Angeklagte verwahrte sich noch be sonders gegen die Auffassung, daß durch die s-tellung des Grasen Schlieffen al» Landrath und ReichstagS-Adgeordneter die Beleidigung eine schwerere werde, da vor dem Gesetz alle gleich seien. DaS Urtheil lautete nach einstündiger Bera thung auf eine Geldstrafe von IVO M. und Zuerkennung der Publitalionsbe fugniß an den Grafen Schlieffen. Als erschwerend wurde der Bildungsgrad des Angeklagten und die hohe Stellung des Grasen Schlieffen angesehen. Der Angeklagte hat Berufung gegen das Urtheil eingelegt, so daß die Sache noch einmal vor der Strafkammer zu Schwerin zur Verhandlung kommen wird. Dt« richtig« Dtagnos«. Der Herr Doctor sitzt an seinem Pulte und schreibt eilig, als es pocht und, trotzdem kein „Herrein" ertönt» ein Herr das Zimmer betritt. „Guten Morgen, Herr Doctor!" Der alte Herr läßt sich nicht stören, er schreibt ohne von dem Eintretenden Notiz zu nehmen, ruhig weiter. „Guten Morgen, Herr Doctor, ich komme " „Nehmen Sie einen Stuhl." sagt der Arzt, um ruhig weiter schreiben zu können. Der Patient setzt sich um »ach einigem Räuspern auf's Neue zu beginnen: „Mein Herr Doctor! Ich komme, um mit Ihnen wegen meiner verfluch ten Nerven " Er hält erstaunt inne, denn der Arzt macht noch immer keine Anstalten, auf ihn zu höien. Der Bogen unter seiner Feder bedeckt sich immer mehr mit des DoctorS Schrist. Eine kleine Weile noch wartet der Patient, dann beginnt er wieder, diesmal merklich erregter: „Schon eine ganze Zeit leide ich an meinen Nerven. Man empsahl mir, ich möchte mich an Si« wenden, Sie würden mich wieder in gesunden Zu stand versetzen. Nun sagen Sie mir. soll ich See- oder Alpenluft genießen, oder verordnen Sie mir eine Wasser kur. Ja, alle Wetter, warum ant worten Sie denn nicht?" Mit offenem Munde bleibt der Pa tient sitzen, denn auch aus diesen direk ten Appell hin bleibt der Doctor stumm immer eisriger schreibt er. Da wird'S dem Patienten zu arg, seine Er regung bricht sich so mächtig Bahn, daß er ausspringt und wüthend den Arzt anschreit: „Himnielkrcuzdonnerwetter! Warum komme ich denn dann zu Ihnen, wenn Sie sich nicht sür Ihre Kranken, son dern sür andere Dinge interessiren? Schockschwerenoth, Herr, wollen Sie mich aiihören? Jetzt erst legt der Arzt die Feder fort und spricht: „Ich wollte mir nur das viele Fra gen ersparen, jetzt weiß ich es, Sie siud wirklich nervös!" Falsch ausgedrückt. Leh rer : „Du warst gestern wieder nicht in der Schule!- Junge: „Verzei hen Sie. Herr Lehrer, der Storch hat mir gestern ein Brüderlein gebracht!" Lehrer: „Was geht das Dich an ? Das ist doch Sache Deines BaterS!" Junge : „O. mein Bater wird sich morgen schon selbst bei Ihnen entschul dige» !" Er zahlk doch nicht. Erster StudiosuS: „Peine Wirthin sagte mir soeben, sie wolle Dich stei gern!" Zweiter Slndiosus: „Wie i>umm von ihr. meine Schuld bei ihr noch zu vergrößern!" lin Examen. Professor (zum Stiidenten. der eben eifrig eine seine Thesen vertheidigt): ..Ich glaube. Sie sind im Irrthum, Herr Eaudidatl" Studiosus (schnell): ~Gilt« »' viaß?!" 3