2 D«r Bär im Adlerhorst. „Wie? Ein Bär im Adlerhorst? Und wollen Sie selbst gesehen und ge schossen haben?!" „Eigenhändig!" entgegnete der Gras mit aller Geniiithsruhe. „Die Ge schichte klingt allerdings unglaublich, ober sie ist wahr und darum die Erklä rung sehr einfach!" Allen stand der Verstand stille, aber der Graf erzählte mit ernster Miene weiter: „Der alte Adler sieht drei junge Bä ren, die in einem unbewachten Moment sich auf einer baumfreien Lichtung her umtummeln. Alle drei zugleich zu soffen und mit in die Lüfte zu nehmen, jst ihm unmöglich. Er packt also den jüngsten beim Fell und bringt ihn sei nen Jungen zum Adlerhorst. Statt ihn aber zu tödten, setzt er ihn lebendig in s Nest und fliegt rasch wieder fort, um den zweiten Bären zu holen. Der junge Bär, nachdem er sich vom ersten Schrecken erholt, benutzt die Abwesen heit des alten Adlers, um den jungen Adlern zu imponiren, indem er einen derselben frißt. Wie er den alten Adler, diesmal ohne Beute, wiederkommen sieht, ver steckt der junge Bär sich'in eine Fclfen spalte; dcr alte Adler aber meint, seine Jungen hätten mittlerweile den Bären gefressen und wuikdert sich nur, daß sie noch Hunger haben. Da er nicht bis sünf zählen kannst, entging ihm der Verlust des einen Adlers, den der Bär gefressen hatte, uud alsbald machte er sich wieder auf, um Beute zu holen. Natürlich ließ sich auch diese wieder der iunge Bär vortrefflich schmecken, und so tam es, daß er jeden Tag stärker und größer wurde, während die jungen Ad ler, über deren Appetit sich der Alte nicht genug wundern konnte, in der Entwickelung sehr zurückblieben. Die jungen Adler fürchteten sich, von dem Bären gefressen zu werden, und dulde ten ihn darum in ihrem Neste, ohne ihn dem Alten zu verrathen; der Bär aber sah wohl ein, daß für ihn ein Entrinnen aus dem Fclfenneste un möglich sei und daß, wenn er die jun gen Adler einen um den andern ver speisen wollte, der Alte es merken und leine Nahrung mehr zutragen würde. Darum entstand zwischen dem Bären und den jungen Adlern eine Art Freundschaftsbund, dcr so lange währte, bis ich eines Tages, nachdem ich den al ten Adler mit einer sicheren Kugcl ge tödtet, das Nest ausnehmen will uud bei den ziemlich mageren Adlerjungen den setten Bärcn im Horste fand und er legte Sehen Sie, meine Herren, so kann es gehen!"" SluS der gute» alten Zeit. Der Hansjörge hat dicWache vordem Neuthor. Die gestrenge Wachordnuug, die nur mehr in einem zerfetzten un leserlichen Exemplar vorhanden ist, schreibt bei „Drei Tage hatten!" vor. daß Niemand auf Posten sprechen, noch einem Passanten auf eine Frage zu antworten habe. Heute fühlt sich der Hansjörge auf Posten doppelt unglück lich, denn fcin Geburtstag ist gerade und die alte Mutter daheim hat heut gewiß zum Kaffee zwei Bohnen mehr genommen und einen Napfkuchen dazu gebacken. Aber gerade, wie er über sein trübes Verhängnis; nachdenkt, erscheint ein altes Mütterchen mit einem umsangrci chen Korbe auf der Bildfläche, bei dessen Anblick Hansjörges Herz beginnt, ahnungsvoll und fröhlich zu puppern. Denn längst hat sein Soldatcnange in der wackligen Alten die Fran Mutter erkannt, uud nun weiß er, daß er um seinen Geburtstagskaffee uud -Kuchen doch nicht herum kommt. Mit schuldi gem Dank läßt er sich Kafscctopf und Napfkuchen in das Schilderhaus stellen, hört die freundlichen Mahnungen, den Kaffee ja nicht kalt werden uud von dem Kuchen ja nichts übrig zu lassen, mit schmunzelnder Miene an, und ver abschiedet sich von der „liabn Frau Muatta" auf das Herzlichste. Heiliger Gott! da fällt fein Blick auf die mit hastigem Schritt und zornig schlenkernden Armen heraneilende runde Gestalt des gestrengen Herrn Haupt manns. Kein Zweifel, er hat gesehen, wie er mit der Mutter sich unterhielt und mit zagendem Gemüth denkt der l>ute Hansjörg an die„drei Tage Latten" die ihm nun sicher sind. Da ist auch der Hauptmann schon heran: „Er Sa kramenter, weiß Er nimmer, daß's Reden auf Posten verboten ist? Was wollt' die Frau?" In seiner Bestürzung fährt es aus unserm Hansjörg heraus: —„Die Alte hat g'sagt, eben wird beim Glocken wirth a frisches Faß'l ang schlagen!" „A frisches Faß'l?", schreit der Hauptznann „Sakerlot, da muß i hin!" Wenn i nur nit schon zu spät komm! Schön Dank für die Meldung, SoldatHansjörgc!" Spricht's und läßt den nun an seinem Kaffee sich labenden vergnügten Hansjörg allein. Spielet nicht mit Schieß gewehr. nicht 'mal mit dem Säbel! In einem Tanzsaal zu Böhl (in der baye rischen Pfalz) ist jetzt nach der Manö verzeit folgende Bekanntmachung zu le sen: „Tanzbedingung. Alle diejenigen Mädchen, welche sich mit den Unteroffi cieren und anderen Soldaten abgegeben haben und die Helme aufgesetzt un» mit Säbeln gespielt haben,, zu gleicher Zeit die Böhler Bursche» verachtet ha ben, werden von diesem Tanzvergnü gen ausgeschlossen. Die Bähler Bur schen." Anders gemeini. Frau „Sage mal aufrichtig, Arthur, bin ich Dir noch ebenso theuer wie früh»-?" „Ach, noch viel mehr, Rosa!" Arau: „So, wirklich? Seit wann denn?" „Seitdem Du Deine Robeu in Parit machen läßt." Di« letzt«» Tag« d«r Erd« «ach Camille Alammariou. B°n «. Wir leben in einer Zeit des gespann ten Wartens „der Dinge, die da kom men solle»". Die Menschheit öffnet ihre Augeu dem grenzenlose» Jammer, de» sie selbst i» sich angestistct hat. Die Armen und Elenden, schreien laut aus ihrem Elend heraus; der Arbeiter for dert seinen Lohn; die Frau schüttelt ihre Fessel». Es soll und muß besser werden. Taufend und abertausend Hände greisen begeistert oder verzwei felt in die Speichen des großen Rades alles Menschenseins, um es rascher dem besseren Lande zuzurollen; tausend und abertausend Stimmen rufen den Arbei tenden Beifall und Ermuthigung z»' Vorwärts! Vorwäils! Und wen» wir vorwärts gekommen sind, einen so großen Schritt, wie un sere Schwungkraft uns erlaubt; weun die nächste Generation auch ihr Vor wärts gerufen und vollbracht hat; wen» immer rastloser, mit stets ver mehrten Hilfsmitteln ein Menschenge schlecht nach dem anderen lebt und ändert: was wird das Ende, der höchste, der schließlich erreichte Zustand sein? Wie werden die letzten Menschen auf Erden leben? Wie werden sie aufhören, zu sein? Nur die Phantasie des Menschen weiß eine Antwort daraus zu geben. Der Amerikaner Bellamy entwirft uns in seinen» allbekannten „Rückblick" das Bild der Menschheit im Jahre 20O>. Der Franzose Flamniarion geht weiter, indem er uns „die letzte» Tage der Erde" schildert. Ganz ernst will geistreiche Pari ser Prosessor seinen Artikel in der „Contemporary Review" wohl nicht als Antwort auf eine so große Frage gel ten lassen. In dem eleganten Gefährt feiner Phantasie führt er uns eine Hy pothese über das Ende der Erde vor, die dem Astronomen aTmehmbar erschei nen mag: und Hintenauf steht der Sar kasmus, mit der Geißel französischer Schärfe die Rosse anzutreiben. Kein Wunder, daß der Artikel uns vom er ste» bis zum letzten Worte in Span nuug erhält. Nach Flammarion wird unsere Erde einmal vereisen. 22 Millionen Jahre wird sie bewohnt gewesen sein, doch nicht die ganze Zeit von Menschen; denn der Versasser theilt die Geschichte unseres Globus in sechs Perioden ein, von denen die ersten vier die der unter geordneten Bildungen in der organi schen Welt sind, während nur die beiden letzten Menschen hervorbringen. „Das primitive menschliche Zeital ter, die Zeit der Trennung nach Natio nen, des Barbarismus und des Mili tärsystems hatte ungesähr LW.VVi) Jahre ausgefüllt; und das sechste Zeit aller, das der intelligenten Menschheit, hatte während nahezu zwei Millionen Jahre geherrscht." Dann naht das Ende, der Unter gang der Erde in Kälte uud Eis. wel chen Flammarion folgendermaßen be gründet: „Durch die lange Reihenfolge von Jahrhunderten hindurch war die Erde älter uud die Sonne käller geworden. Im Beginn der Zeiten war die Erdku gel gänzlich mit Meereswasser bedeckt gewesen. Hebungen ließen zuerst In seln, dann weite Kontinente hervortau chen; die Vsrdunstungsfläche vermin derte sich: die Atmosphäre wnrde mit weniger Dunst gesättigt und konnte die von der Sonne empfangene Wärme nicht so gut bewahren, so daß eine all» mähliche Abnahme der Temperatur vo' sich ging. Während des ersten menschlichen Zeit alters war noch Dreiviertel der Erd kugel mit Wasser bedeckt, und die Tem peratur blieb eine hohe. Aber von Jahrhundert zu Jahrhandert drang ein Theil des RegenwasjerS in die Uesen Felsen und kehrte nicht wieder zum Meere zurück, die Wasserinenge vermin derte sich, die Oberfläche des Meeres wurde niedriger, und der schützende Schleier almosphärischen Dunstes ge währte der nächtlichen Ausstrahlung nur einen ungenügenden Schutz. Das Resultat hiervon war langsame, jahr hunderllange Abnahme der Tempera tur und darauf das Umsichgreifen des Eises, das anjangS nur die hohen Berge und die kalle Zone bedeckte, nach uud »ach aber in die gemäßigten Zonen ein drang und die Region des ewiger Schnees unmerklich herabdrückte. Da andererseits die Sonne, die Quelle alles Lichtes und aller Wärme, fortwährend, ohne einen Augenblick des Stillstandes im Mittelpunkte des kal ten, finstere» und leeren Raumes strahlte, verlor sie die Wärmckraft, welche die Erde belebte.... Ihre Farbe wurde gelber, ja sogar röthlich. als sie ihren Wasserstoff verzehrte, sich oridirte, mclallisirlc. Diese langsame Berwand lung ihrer Lichtflache, die Vermehrung ihrer Flecke, die Verminderung der Ausbruch, in Protuberanzen brachten eine entfpicchcnde Abnahme in der Wärmeausstrahlung hervor. In Folge dieser verschiedene» Ursa chen war die Temperatur der Erde von Jahrhundert zu Jahrhundert niedriger geworden. Das ist der Stand der Dinge. in den der Verfasser uns einsührt. um das Jahr 2.2W.0W ». (ihr. Die Erde istsast ganz in Frost erstarrt. Die Eis- und Schncennldniß unserer jctzi ge» hat die gemäßigten Zo nen verschlungen und nähert sich mehr und mehr dem Acquatorialgürtet. Die srüher heiße Zone ist aus die milden Verhältnisse unserer gemäßigten Brei ten heruntergebracht, und dort allein, in einem Gürtel zu Seiten des Aequa tors, durch Ccntralafrika, Südamerika Hinduich. die Südspitzeu Asiens strei fend, lebt der Rest der Menschheit. Europa ist längst in Schnee begrabe»! c» verschwand unter den Gletschern, die mit eisiger Mach! vom Nordpol«. von Sibirien und Lappland einerseits, von den Alpe», vom KaulaluZ und de» Vu- renäen andererseits herabsteige». IVO,» 000 Jahre sind es schon her, seit Pa ris, London, Wien, New in Eis zn Grunde gegangen sind. Ihre Stätte kannte man noch vor Menschenaltern; denn es wurden Expeditionen unter nommen, die R»inen aus ihrer tödtli chcu Hülle zu schälen uud daraus den Zustand längst vergangener Menschen geschlechter ke'-.ne» zu lerne». Und was ist die Menschheit auf einer solchen Erde? Hier bricht Flammarion's Satire durch. Wir Menschen von heute suh len den Stachel, ivenn er sie uns zeigt, in Zahl zusammengeschrumpft, den letz ten Brennpunkt menschlicher Civilisa tion im äquatorialen Afrika gründend, in der prächtigen „Sonnenstadt" ein Leben raffinirten Genusses führend. Durch Jahrhunderte hindurch sich ver vollkommnend, hat das Menschenge schlecht die höchste Schönheit erreicht, und die Harmonie der Formen ist dcr Ausdruck ir r Gesinnung. Denn wil Brüder leben die Erdenbewohner zu sammen. nicht länger durch die barba rischen Vorstellungen von Nationalitat, Feindschaft, Krieg getrennt, eine Sprache sprechend, durch Einrichtiin gen, von denen unser Telegraph, Pho nograph. Telephon schwache Vorläuser sein mögen, durch jede Entfernung hin durch mit einander verkehrend. „Sie arbeiten nicht mehr materiell. Ein Netz von Elektricität überspannte die Erdkugel und brachte auf Wunsch alles hervor, was nöthig war.... Die Hauptstadt.... hatte sich mit Leib und Seele in die ausgesuchtesten Rassine mcnts des Vergnügens und des Ge nusses gestürzt; und die Resultate des Fortschrittes, die Erzeugnisse dcr Wis scnschast, d-r Kunst, des Gewerbcs wa ren mehrere Jahrhundert lang dazu an gewandt worden, alle Freude» zur höch ste» Intensität hi»a»sz»schraube». Elektricität. Parfums, Musik erhielte» die Sinne in einein Zustande derUcber rcizung, in dem glänzenden Lichlc be zaubernder Nächte, wie unter den ver schleierten Schatten des Tages tonnte das Nervensystem keinen Augenblick mehr Riihe finden, und ungefähr in ihrem 26. Jahre sanken Männer und Frauen vor totaler Ermattung todt hin". -Doch hinter all den Freuden stehi oas Gespenst des nahenden Endes. Die Mcuschen wissen, daß die stets zuneh mende Källe ihncn Vernichtung droht, sie leben rasch und leben »ur für sich- Für die Zukunft uud folgende Ge fchlechter sorgen sie nicht. Eine dop pelte Unfruchtbarkeit macht die Aussicht auf lange sortblühende Generationen zu uichte! die des Bodens, der in Afrika aufhörte, Wcizcn und Wcintrauben hervorzubringen, in de» andere» Ein theilen selbst Weiden »nd Heerde»; und schlimmer, dic des Menschengeschlechts. Es werden kaum noch Kinder geboren. De» Grund giebt dcr Verfasser als eine» zweifache» a»! cinerscils vermin dert sich die Lebenskraft des Menschen geschlechts. wie dic des mütterliche» Bo de»s, wovon die langsame Abnahme dcr Geburten, die zunehmende Kürze und Schwache des Durchjchnittlcbens, das seltene Vorkommen von Familie» mit viele» Kindern sichere Anzeichen sind. 'Andererseits wolle» die Frauen nicht mehr Mutter sein. Wie die Männer, stürzen auch sie sich blind in den Genuß des Vergnügens, nehmen die Mühsale der Mutterschaft nicht mehr ans sich und „herrschen in all dem Glänze ihrer fleckenlosen Schönheit". Hier hält dcr Leser vor Erstaunen an, nicht wahr? Er muß nicht vergessen, daß der Verfasser uns aus unseren „barbarischen" Zeiten, in denen die Frau nicht das Recht über ihre eigene Person hat, der Mann, wie das Thier, seinem Instinkte solgt, herausführt, in das „intellektuelle" Zeitalter, Ivo die Männer „aufgehört hatten, ihre Stärke anzuwenden: Gefühl, Ver nunft, Intelligenz, freie Wahl ent schied imm. Jahr hunderls; sie hoffen auf ein Wunder der Rettung, wie ein jegliches unterge-- hende Wesen in seinem letzten Augen blicke. Wer weiß, ob die Sonne nicht wieder starker scheint, ob die Erde nicht noch einmal Blumen und Früchte und Thiere erzeugt? Ließe sich nur dem Menschen Fortpflauzungsiraft eiiiha»- che», so mochte noch Alles gut werde». Ei» Congreß tritt zusammen, be räth. streitet, es kommt selbst zn dem unerhörten Ereignisse eines Duells mit Schwertern—doch Alles vergebens. Da tritt der Jüngling, Ome.za, mit dem Plane hervor, aus dem neuesten elek trischen Luftfchiffe eine Expedition über die ganze äquatoriale Zone zu unter nehme» und zu sehen, od es noch ir gendwie Menschen gibt. Der Vor schlag wird mit Begeisterung anfge nominen. und die Luftfchiffer fliege» a«s i» der Suche «ach lebensfähigen Menschen. Was sehen sie? Wehe! die ganze Erde war unter Schnee und Eis verschwunden. Ucberall Wüste, überall Einsamleil, überall Schweige», Schnee folgte auf Schnee, Rauhsroft auf Rauhfrost. Ein unge heures Leichentuch bedeckte Land und Mccr. Manchmal ragte ei» einsamer Gipset über den gesrorcncn Ocean her vor; manchmal bezeichnete eine verfal lene Ruine, ein Thurm, eine Spitze die Stelle einer versunkenen Stadt. Selbst Gräber nnd Kirchhöfe unter schied man nicht mehr; die Ruinen selbst waren zerstört. Ueberall Nichts, Eis, Stille. Tin Tag folgte dem an deren, und jeden Abend ging die rothe Sonnenscheibe hinter der wcißcn Fläche unter, die in jeder Dämmerung lang sam die violette Färbung des Todes annahm." Die wenigen während der kalten Lustfahrt dem Tode Entronnenen ge wahren endlich mit Entzücken in Ame rika, am Amazonenstrome einc unge heure Stadt in Ruinen und darin eine Gruppe menschlicher Wesen. Mit un beschreiblicher Frende werden sie von den Auf- uud Abwandelnden begrüßt, die sich für die letzten Bewohner der Erde hielten. Freilich müssen sie an ein früheres Ende denken, als die Ein wohner dcr Sonnenstadt in ihrer Hei math. Schon bringt die Erde ihnen keine Pflanzen, kein Fleisch mehr her vor, sie nähren sich von den Fischen des Stromes, der schmal und langsam zwischen Eis dahinschleicht; sie sind in Rennthicrselle gekleidet und haben Fener anzuzünden, um sich mit ihrcn G.isten niedersetzen zu können. Der Führer dcr Gesellschaft, ein aller, alter Man», erzählt, welche Verändernngen er in seinem Leben gesehen, von was für er staunlichen Dingen dcr Vcrgangcnhcit er in sciner Jugend in der Weltgeschichte gelernt hat. In seinen Mund legt Flammarion seinen Spott über viele unserer harten, thörichten Einrichtungen, gemildert durch die Wehmuth, mit welcher dcr Greis von den holden Zeiten spricht, wo das Meer tief, der Regcn häufig war, wo dic Strahlen einer wohlthäti gen Lonne dic Erde in ihrer Jugend lichkeit befruchteten und überall Blu men und Früchte, Nester nnd Liebe er zeugten. Unbegreiflich erscheinen ihm sociale Einrichtungen wie Kriegsührniig. wo die Menschen „zum Klange der Musik einander tödteten," und Hinrich tungen. dic er auf eine Stufe mit der noch älteren Folter stellt. Die Folge dieser Zerstörungswuth war, daß die Staate» Europas sich gegenseitig ver nichteten und dic Civilisation ihren Sitz in Amerika nahm, von wo sie zu Zeiten des Sprechers nach Asrika hin überging: Daß die Erde zu Zeiten je ner Barbaren untergegangen wäre, scheint ihm laum bedaucruSwerth, aber jetzt, wo die Menschheit so viel vollkom mener geworden ward! Und doch muß es dazu lonimcn, denn die Natur bringt keine Nahrung mehr hervor außer Fi» scheu und eS sind seit lange.keine Kin der mehr geboren, keine Frau lebl un ter ihnen. Bei dieser Nachricht entehrt den Be fuchern ein Ausruf des Schreckens. Keine Frau mehr! So war ihre Freude beim Anblick von Menschen verfrüht gewesen! Ihr Vorschlag, mit ihnen in die Sonnenstadt, in doch günstigere Verhällnifse zu sahreii, wird von den letzte» Sohne» Amerikas nicyt ange nommen, diese wünschen über den Gräbern ihrer Väter einzuschlummern. So nehmen die Rettenden ihre Fahrt wieder auf und gelange», immer übn den Acguator »ach Westen segelnd, da hin. wo sich einst die Gebiete des seit ei nem Jahrh in' ert,' vergessene» AsienZ ausgedchni haben. Siam, Java, Ma lakka liegen im ewig'.n Winicr begraben. Doch in Ceylon, durch das Zurücktreten des Meeres keine Insel mehr, lebl der letzte Rest der asiatischen Menjchenwelt. Hier treffen die Reisenden das gerade Gegentheil von dem. was sie in Amerika gefunden haben, eine Gr»ppe Frauen in Trauerkleidern und keinen einzigen Man.,. „In einem Augenblicke, ehe sie Zeil hatten, sich von ihrem Erstaunen zu er holen, lagen die HimmelSreisenven zu ihren Füßen. Zu anderen Zeiten, als das Recht der Stärke die Menschheit be herrschte, wären diese fünf Töchter Evas wohl rauh ergriffen und in aller Eile fortgeschleppt worden." Allein fo handeln die intellektuellen Söhne vorgeschrittener Jahrtausende nicht. „Sie erzählen ihnen den Zweck ihrer Entdeckungssahrt und saude» es nicht schwierig, die schöne» Asiatinnen zu überredei'. Ihre Verzweiflung, die ewig geschienen hatte, verschwand wie ein Nebel; ihre Mienen klärten sich ans, ihre Lippen lächelten, und wenig Stun de» »ach der Ankunft der Liiitfegler waren die fünf Nonnen in Trauer kleidern in höchst elegante Frauen um gewandelt." Wie kommt es, daß ein Geschlecht nur von Frauen hier lebte?- Der Ver faffer entwirft uns ein köstliches Bild eines Landes, in dem die Frauen die Männer behandeln, wie die Männer die Frauen in gegenwärtigen Zeiten. Seit lange sind sie von dem Stande der Gleichheit natürlicherweise zu. dem der Ueberlcgenhcit fortgeschritten: ihre Bedeutung in der Politik und der all gemeinen Leitung der Gefchaftsangc legenheite» ist eine unbestrittene That sache geworden. „Sie halten allmählich die verweich lichten und erschlafften Männer als Abgeordnete, Juristen, Aerzte und im Allgemeinen in der größeren Zahl der socialen Aemter, in Handel und Ge werbe, Kunst und Wissenschaft, ab strakter u»a angewandter Philosophie ersetzt. Die Erziehung der Knaben war mehr und mehr vernachlässigt worden, und schließlich fanden sich unter den Männern nicht einmal mehr tüchtige Gärtner und Laudivirthe. Was die Frauen in Bezug auf Gewerbe nicht direct mit ihren eigene» Hände» tha ten, wnrde dnrch genial zusammen gesetzte und unermüdliche Maschinen vollbracht." Di, wie schon heutzutage, mchrMäd chen als Knaben geboren wurden, starb das schwache Männergeschlccht aus. uud an dem Zeitpunkte, wo die srauen suchende» Männer aus Afrika anlang len. wäre» von zwölf »ur »och sun> am Leben, gleich der amerikanischen Gruppe i» tiefe Trauer getaucht, ange sichts des nahen Unterganges. 'Nun. wenn die Külte auch noch nicht solche Verwüstungen angerichtet hat, wie am Amazonenstrome, so ist doch die einst herrliche Hauptstadt ein Opser der ein dringenden Vegetation, einer Vegeta tion der kalten Zone, Moos und Flech ten, Lärvchen nnd Taimen, in denen Schnecvögcl und Büren ihr Wesen treiben. Durch die Vernichtung der telegra phische» Verbindung von de» übrigen letzten Gliedern der großen, einst so innig verkehrenden menschlichen Fa milie abgeschnitten, halten anch sie sich für die einzigen Ueberlebenden und le ben melancholisch und energielcs gleich giltige Tage. Das Erschsinen dcr Männer bringt ncues Leben. Soll das Menschengeschlecht noch einmal in der milden Sonnenstadt ausblühen, ssllen Omega, der junge Führer der Erpedition, und die 18Mrige Eva, die jüngste der Frauen, die sich beide v»m ersten Angenbiicke in Liebe zu einander hingezogen fühlen, die Eltern eines neuen glücklichen Geschlechtes werden? Jubel, Hoffnung erfüllt alle He.z-u. Und welche Seligkeit wird ihre Rückteh' in dcr Sonnenstadt verursachen! Aber ach! —Sic kommen zu spät'. Dcr Tod hat während ihrer Abwesen heit seine Ernte gehalten. Ein furcht barer Schneesturm ist in jene bisher verschonten Regionen eingedrungen, hat jegliche Vegetation und einen Theil der Gebäudc zerstört. Die Ueherleben den haben sich in das Regierungsge bäude geflüchtet, wo sie nach einander an einer Epidemie gestorben sind. Die Leichname ihrer Lieben erblicken die entsetzten Wanderer bei ihrer Rückkehr, als sie, erschreckt durch die Oede der Stadt, in das Innere des Palastes dringen. Nicht lange, uud auch s>t sind der furchtbaren, täglich zuneh inenden Kälte zum Opfer gefallen. „Am Ende blieben Omega und Eva allein übrig, sie sahen ohne Illusion das Schicksal, das ihrer wartete, und wußten wohl, daß kein Lenz je wieder auf Erde» blühen würoe". Ein sonniger, stnrmlofer Tag jedoch lächelt noch einmal auf die sterbende Erde herab; und das junge Paar be steigt sein Lustschiff, um die letzten Ver wüstungen des Schnees zu betrachten und vielleicht eine Oase zu sindcn! Großartig ist der Schlnßgedanke Flamniarion-, daß die letzten Menschen in Egypten, am Fnße dcr Pyramide des Cheops sterben, Anfang und menschlicher Bildung verknüpfend. „Dieses erste Denkmal der Mensch heit, dieses Zeugniß des Alters der Ci vilisation stand noch. Seine geomet rische Stabilität hatte es gerettet. Es war vielleicht die einzige menschliche Idee, die ihre» Zweck erreicht hatte. Bon Cheops geschaffen, um feine könig liche Mumie ewig zu schützen, halte dies Grab die Umwälzungen überdauert, die alles Andere zerstört hatten. Dcr letzte Mensch kam, um sich dem erste» Könige zuzugcsellcn und unter seinem Leichen tuche ein Obdach zu suchen". Ein feiner, pnlverartiger Schnee be ginnt zn fallen, bedeckt die ganze Erde, tödtet die letzten Menschen. Mit zar ter Hand hat uns der Verfasser iu ihnen zwei Liebende gezeichnet, läßt er in der Todesstunde der Menschheit wah res, selbstloses Gefühl aufsprudeln, das i» dem egoistische» Treiben der letzten Jahrhunderte erstickt schien. Als schon Todesschwere Eva umsängt, Todesmü dlgteit sie niederzieht, klagt sie weniger um ihr eigene» Leben als um das, dein sie hätte Ursprung geben können. Und als sie schon die Augen zum ewigeu Schlas geschlossen hat, flüstert er der schönen Ge'tall in seiiicn Armen noch »ach! „Schlaft, ich wache über Dich!" Daun erstirbt iei» letzter Athemzug in dem Schuccwind, dcr um die Pyramide stöhnt. Ein rührender Zug vervoll ständigt das bewegende Bild: Omegas Hund hat ihn durch Schnee und Eis ausgesucht und endlich gesunden; mit seiiicm letzte» Kraftauswaiide stößt er ei» sreiidiges Belle» a»s, leckt dcr Tod te» Hände und Gesicht und sucht sie zu erwärmen. „Doch sie erwachen nicht." „Und der Schnee siel immerfort als feines Pulver auf die Oberfläche der Erde. Und die Erde dreht sich.immerfort Tag und Nacht um ihre Are und schiffte durch den unermeßliche» Raum. Und die Son»e schien immerfort, doch mit cintiii röthlichen. fahle» Lichte. Aber »ach langer Zeit erlosch sie gänz lich. und der finstere irdische Kirchhof drehte sich immer noch in der Nacht uni die migcheuere, unsichtbare, dunkle Kugel. Und die Sterne funkelten immer fort in der Unermeßlichkeit der Him mc!." Und das unendliche Weltall existirte immerfort mit feinen Billionen von Sonne» und seine» Billionen von le benden oder erloschenen Planeten. Und in all' den mit den Freude» des Lebens bevölkerten Wellen blühle die Liebe immerfort unler dem lächelnden Blicke '»eS Ewigen." Vom deutschen Fische reitag'in Friedrichshaftn am Bodensee erzählt man nachträglich den „Münch. N. N.": Eine württembergische Frau Prinzessin ließ sich diejenigen Regie rungsräthe und Lberamtmänner be sonders vorstellen, welche auf dem Ge biete der künstlichen Fischzucht sich her vorgethan haben. Nachdem die hohe Frau mit einem Obcramtmann, den sie persönlich längst kannte, auch über dessen Familienangehörige sich unter hatte» hatte, wnrde ihr vom Hofmar schall ein anderer Obcramlmann vor gestellt. Tiefe» fragte die Prinzessin! .Sind Sie auch verheiratbet?" „Lei der! Königliche Hoheit, sogar sehr!" war die laute Antwort. Mit allseitig wahrnehmbarer Entrüstung wandle die Prinzessin sich ab. Hinterher ersolgte die Aufklärung dahin, daß der Ober amtmann schwerhörig war. Er hatte veistande»! „Sind Sie (Ihr Bezirk) auch verhagelt?" und Sarau» seine Auskunft ertheilt. DaS Haarwuchsmittel. Ja, die Haare, die Haare! Wenn sie noch in stolzer Lockenfülle unseren Scheitel zieren und sich von Kamm und Bürste kaum bewältigen lassen, dann erscheint uns diese Ueber fülle lästig. Aber wenn der Mond schein erst langsam, dann mit iminer schrecklicherer Schnelle dein „Vollniouds grade" zustrebt, und wenn man da»» obendrei» noch ei» juiiges »nd hübsches Weib sich gewinnen möchte, dann schreit man lauter noch als Lear, der feine Töchter bekanntlich nicht zu erziehen verstand: „Ein Königreich für ein— Haarwuchsmittel!" Alsred Toll befand sich in dieser schrecklichen Situation. Sein Auge war aus ein junges Mädchen gefallen, das einzige Töchterchen einer wohlha benden Familie. Aber sich ihr »aHern mit dein stark gelichteten Scheitel würde er keinen Korb davontragen. Sein Friseur befreite ihn aus der Verlegenheit. Zunächst fertigte er ihm ein famoses Toupet, das den Haar mangel täuschend verdeckte, sodann übergab er ihm ein Flüschchen mit dein berühmten Haarwuchsmittel des Pro fessors Debardee. Alfred Doll warb, ward von Anny uud ihren Eltern erhört und die Hoch zeit fand bald darauf statt. In seine Seligkeit mischte nur ein Gedanke einen WermuthSlropscn, der Gedanke an sein Toupet! Und Anny schwärmte für feine Haare. Sein Schwiegervater bewunderte sie umfomehr, als bei ihm selbst es hell, sehr hell auf dem Scheitel geworden war. Uud feine Schwiegermutter erst! Wenu sich's für eine Schwiegermutter geschickt lMe, da hätte sie ihu um ein« Locke gebeten. Als das junge Paar im Courierzuge der Residenz zufauste, um dort die Flit terwochen zu verbringen, hielt Alfred Doll eS nicht länger aus fein Toupe! brannte ihm auf dem Gewissen. Schüch tern, bänglich wagte er endlich davon zu spreche«. Ach Gott —" rief Anny „Tu ei» Toupet, um Gotteswillen, wie wirst Du nur aussehen?" Und kaum minder ängstlich, als seine ihm erst vor wenigen Stunden ange traute Frau ließ er es geschehen, daß sie das falsche Haupthaar entferne. „Ach, Anny!" stammelte er. „Nun, —es geht ja »och!" kam sie tröstliche Antwort zurück. „Ja weißt Du es ist ja gar nicht so schlimm! Papa hat viel weniger Haare und wenn ich s recht über lege, solch ei» bischen „sreie Stirn" steht Dir gar nicht übel, es sieht so, so welt männisch aus. Also verbannen wir das Toupet!" In der Freude seines Herzens zog Alsred von seinem schrecklichsten Geheim niß befreit, sein junges Weibchen an sich und bedeckte ihre schwellenden Lippen mit Küssen. „Ach Anny, wie glücklich bin ich! llnd dann noch eins, ich habe ein wun dervolles Haarwuchsmittel das will ich von morgen an gebrauche». Viel leicht Hilsts, auf alle Fälle —" „fchadct's nichts, wenn die erwar teten Haare auch ausbleiben!" unter brach ihn refolnt sein Weibchen. Alfred Doll aber begann schon am nächste» Morgen mit Prosessor Debar dee S berühmte» Haarwuchsmittel sein Haupt da, allwo es kahl war. Einzu reiben, und träumte siegesgewiß von einem neuen Locken-Urwald, der nun ja unausbleiblich wäre und ihm die Liebe seiner reizende» Anny bis ins fernste Aller sichern sollte. Während das junge Paar in jener Wonne schwebte, welche den Inbegriff aller Flitterwochen bilden, waren bei Alsreds Schwiegereltern ein paar Gc witterwochen ciiigelretc». Anny's Mut er hatte Besuch von ihrem Bru der. eineui behäbigen Weinhändler, er hallen. der zum Unglück sür Anny's Papa noch über'einige Haarsülle zu ge bieten hatte. Seit dem Augenblick waren für Alfred's Schwiegerpapa böse Slunden angebrochen. Frau Weinlig, Anny's Mama, nachdem sie einen Schwiegersohn mit vollem Haar Dank dem Toupet! erhalten und ihren Bruder ebenfalls noch mit einer anständigen Haarpartie geschmückt gesehen, mit allerhand An spielungen von Jugendsünden. aus schweisendem Lebenswandel tt., dem armen Herrn Weinlig übel mitgespielt. Aber gab's den» gar nichts, was die Quelle dieser eheweiblichen schlimmen Anzapfungen hatte verstopfen können? Als er eines schöne» Morgens sein Ber liner Blatt las, bliebe« seine Augen auf einer Annonce hasten, die ein Mannesbildniß mit vollständigem Glatzkopf.und ein ebensolches mil einer Mähne -i lk Anna Czillag zierten und darüber stand: Unübertrefflich —ProfcyorTcbardccs Haarbaljam! Ter gute Herr Weinlig überlegte nicht lange. Tic „Tausende vo» Dank schreiben'. die du in der Annonce er wähnt waren, mußten ja der beste Be weis sür die absolute Zuverlafstgkeit des Mittels fein.. So—jetzt konnte er seineMinnazum Schweige» bringen, jedes iinzelne aus der glatten Flache seines Kopses neu emporblühende Haar sollte ihr ein „taaeai" entgegenrusen. Ein Hurrah sur Professor debardee, den edlen Wohlthäter sür die kopflose— Pardon— köpf haarlose Meuschheii. Und so flog denn noch in derselben Stunde ein Brief gen Berlin, und der iaulete: Lieber Schwiegersohn! H)ciut schönen Haare machen mir hier oaS Leben schwer meiner Minna we gen, die mir jedes einzelne ausgegan gene Haar vorwirst. Der Debardee» sche Haardalsani soll ja wahrhasl wun derbar sein—schicke mir doch sofort ein paar FU'chch.n! Uebrigens viel Amüse ment! - Weinlig. „Lt tu, Ijnits!" dachte Alfred Doli, als er den Brief erhielt, und besorgte sosort den schwiegerväterliche» Austrag. Als er die Flaschen abschickte, dachte er daran, daß er ja noch nicht einmal ge prüft hatte, ob das tägliche Waschen mit den, wunderbaren Balsam auch bei ihm schon gute Früchte, d. h. zarten Haarflaum gezeitigt habe. Hm! Da von konnte er nichts entdecken, aber der Haarlnmm, den er durchstrich, zeigte auffallend viel ausgehende Haare. Nun, kein Mittel wirkt augenblicklich, tröstete er sich und schmierte sich Pro» sessor Debardee'S Haarbalsam weiter auf's Haupt. Dasselbe that Papa Weinlig, aber /e mehr er schmierte, desto weniger ward es-sein Haar nämlich. Auch nicht das aller!lcinste Härchen wollte sich zeigen. „Mehr nehmen!" lautete sein endlicher Entschluß und noch zwei Sendungen Debardce'fche» Wunderbalsams kamen in Weinligs Hände, der mit täglich mehr anwachsender Wuth feine Platte einrieb, daß es nur so eine Art hatte. Alsred Doli und sein Weibchen schwebten in den Flitterwochen so in allen Ehchimmcln, daß sie ein vorzei tiges Abbrechen derselben sür ein Ver brechen erklärten. Die Verhältnisse er laubten ihnen ja eine kleine Extrava ganz und so unterrichtete den» ein Telegramm zum Briefschreibcn ha be» Neuvermählte ja nur selten Lust die' Eltern davon, daß sie noch auf r'nige Wochen in die Schweiz reisen würden. Eines Frühmorgens in Jnlcrlaken war's, als Alfred Doll jnst Toilette machte, da sagte fein Weibchen: „Du, hör mal, Alfred täusche ich .»ich oder was ist denn das mit Deinen Haaren es werden weniger statt mehr, weißt Tu was wirf Deinen Haarbalsam ans dem Fenster —das Zeug macht Tich am Ende noch ganz haarlos daß es Dir anch nicht einen Atom von einem neuen Haar verschafft, steht bombcnscst!" „Tu magst Recht haben" sagte Alfred entschlossen, „fort mit dem trügerische» Haarwuchsmiltkl. Aber, was unser Papa " „Was ist's mit Papa?" „Nichts!" sagte Alfred Aoll rasch „ich dachte nur au was!" Weinlig war daheim in einer wah ren Arseiutlaune. Er hätte alles vc» gisten können vor Wuth am ersten den Professor Debardee. Denn seit dem Gebrauche dieses Wundermittels war anch der schmale Haartranz, der seinen Schläfen wenigstens noch einen spärlichen Rest von einer Haarzierde verlieh, verschwunden. Minna Wciiilig war immer spitzer und anzüglicher geworden mit ihren Haarjchwnnd-Bemcrkungen. und heute würde eS gar nicht auszuhalten sein, denn heute tam ja der hnupthaarge schmückte Schwiegersohn zurück. Im Salon war alles sestlich ar rangirt. Man hatte ein paar Freunde Alsreds eingeladen, den» der erste Tag im neuen Heim sollte sestlich begangen werden. Da rollte der Wage» heran, Papa Weinlig richtete sich aus, um mit ein paar Bcgrüßungsworten die Kin der zu empfangen. Da rauschten die Portieren zur Seite uud herein trat Alsred mit Anny aber keine wohlge setzte Rede, sondern ein doppeltes: „Ach Dn lieber Gott!" von Herrn »no Frau Weinlig ausgestoßen, empsiug sie dcnii Alfreds Platte gab an Ausdeh nung der des Schwiegervaters nur noch ein weniges nach. Dann folgten die Aufklärungen, aber erst beim Sekt vermochte Frau Minna Weinlig ihren Schwiegersohn wieder anzusehen. Ten vielen Vivals wurde ei» Pereat angereiht. Wem es galt, kann der Leser leicht errathen. Es galt dem Er sindcr des untrüglichen Haarbal sams. „Er kennt fcinePappen heimer!" Die Brenier Bark „Betty", auf der Ausreise »ach New Port begrif fen, hat so erzählt man »ns in der Nordsee einen schweren X^'.-Sturm zu bestehen, wodurch das Schiff stark leck springt. Ter Kapitän glaubt mit tels der Pumpen das Wasser bewälti gen zu können n»d fetzt nach überstan denem Sturm die Reise fort. Für die Matrose» heißt eS jetzt! tapfer pumpen. Dies geht auch ohnc größeres Murren eijie Zeitlang in der gewünschlen Weist vor sich. Schließlich bekommt Jan maat aber die „Geschichte dick" und die Leute erklären dem ersten Steuermann: „Wi pumpt >ctzt nichmehr".Alle» Zure den und Trohe» seitens des Steu ermanns ist ohne Erfolg. Die ser begibt sich darauf zum Kapi tän mit der Meldung: „Kaptein, de Lüd willt »ich mehr pumpen " «Joa." sagt der Alle, „denn tont set jo ook loaten." Der Kapitan brennt sich die lange Pfeife an. legt sich auf das Sopha und lieft die Zeitung. Jan-mall ist »un sehr gespannt, was infolge der Arbeitsverweigerung wohl geschehen wird. AIS nach einer Weile der Sleward an Deck tomml, stürmt Jan-maal auf ihn ein mit der Frage: „Wat moali de Ol?" „Joa, de Ol liggt in de Ka>üt Uppen Sopha und roott de lange Piep." „Wal! de verdammte Kirl will uns hier woll ver supen loaten!" So kommt es den Ma trosen wie aus einem Muude, und ohne weiteres Murren geht es wieder an die Pumpen mit dem erhebenden Ge fühl, „dat de Ol sinen Willen doch nich Heppen schull", bis New 'Zork glucklich erreich! ist. —PietSt 5 v o l l. „Ah. Frau Nachbarin. Sie sind auch in der Kon dilorci?" „Ja. wissen S', heut' ist der Namenstag von meiner seligen Großtante: da kauf' ich mir immer eine» Käsekuchen den hat sie so gern gegessen!" Die Wahrheit ist wie ein Goldplällche». das man nur zart mit Watte austrage» darf. Wer viel spricht, hat wt» nig Zeit zu denken.