6 Wunderliche Ehen. „Alles dagewesen!" Mit diesem Wtat pflegen sich diejenigen Menschen, »ie über nichts erstaunen wollen, über alle auffälligen Erscheinungen welche ihnen vor Augen kommen. Sie ahnen dabei häufig nicht einmal, wie ost. seit langer Zeit schon die wunderlichsten Dinge dagewesen sind. Sie denken «ohi an die Geschichte der Menschheit, an die alten Römer, die Griechen oder gar die uralten Aegypter, wenn in un seren Ehen gelegentlich komische Ge schichten an s Tageslicht kommen, die begreifliche« Aufsehen erregen. Manche wunderlichen Zustände im Eherecht der Thiere aber—von einem solchen dürfen wir wohl sprechen! sind zweifellos uralt. Besonders in der Vogelwelt giebt eS Gewohnheiten, die aus ganz bestimmten Gründen aus längst ver gangenen Jahrtausenden oder sagen wir lieber Jahrzehntausenden herrüh ren. Sie sind theilweise so drollig und erinnern uns so sehr an unser eigenes Leben und Treiben, daß wir gar nicht lkönnen, sie mit uns in Vergleich zu setzen, daß wir sagen dürfen: solche Zustände wie bei uns sind schon „dage wesen"; ehe ein men chliches Auge übe die Erde blickte. Mit Recht erregt der Ehemann Auf sehe», der in übertriebener Eifersucht oder aus ander» Gründe» seine Fra» bewacht, sie förmlich „einsperrt", wie wir zu sagen pflegen. Bei den Vögeln finden wir fehr wunderliche Beispiele Hiersür, dieselben gehen noch über un sere Erfahrungen hinaus. Die Nas hornvögel, jene auch uns bekannten, mit großen höckerigen Schnäbeln ver zierten Baumkletterer aus den Tropen, terkern ihre Weibchen in einen kleinen Raum und füttern sie durch eine enge Oeffnung von außen her. Warum? Wahrscheinlich doch, um ihnen die zum Brüten nöthige Ausdauer gründlich aufzudrängen; die Männchen müffen wohl starte, angeborene Zweisel an der Häuslichkeit ihrer Gemahlinnen hegen! Sicherlich geschiehtS und zwar zweifel los seit undenklichen Zeiten; denn so>cl>e seste Gewohnheit erwirbt sich kein Thier in tnrzer Zeit. Das Eigenthümlichste aber ist, daß die ostilldischen Nashorn vögel es ebenso machen wie die asrika ni che» und doch sind sie so weit von einander getrennt und kommen nicht in Berührung. Die Familie der Drosseln ist bekannt durch ihre Vorliebe sür ein kunstvoll gebautes eheliches Heim. Die süd amerikanische Drossel hat obenein noch die sonderbare Gewohnheit, ihr Nest mit Schlamm auszukleiden, und ganz dasselbe lhut die europäische Drossel auch. Weshalb gerade diese beiden Vögel, die doch seit der Bildung der Meere immer getrennt gelebt haben müssen?—Ter kleine Zaunkönig sröhnt einer uns wenig sympathischen »witte. Wir finden es im Ehelcben sehr natür lich. ja eigentlich selbstverständlich, wenn Mann und Weib dasselbe Heim beziehen; Eheleute mit getrennten Woh nungen betrachten wir mit Argwohn, „als ob sie sich nicht vertrügen nnd Lust hätten, aus einander zu gehen". Das Männchen des kleinen Zaunkönigs ist nicht zufrieden damit, in dasselbe warme Nest mit Weib und Kind kriechen zu dürfen, er beansprucht ein Nest für sich, nnd der Zaunkönig in Amerika ist ebenso anspruchsvoll! Die Vogelwelt gibt uns Anspiele sitr viele andere uralte eheliche Sitten. Die amerikanischen Strauße bedienen sich eines wunderlichen, sast socialdemokra tischen Mittels, um für ihre iiebe Nach kommenschaft zu sorgen. Die Strau benhcnnen thun sich nämlich zu mehre ren zusammen, wandern von Nest zu Nest und legen ihre Eier hinein. Dann müssen die Männchen sich darauf seyen und ausbrüten. Allerdings werden auf diese Art die Familicnunterschiede stark verwischt. Denn es können, von einem brütenden Vater ans Tageslicht „gewirmt", brüderlich vereint die Sprößlinge verschiedener Mülter und verschiedener Väter im selben HauS aufloinnien. gleichsam in einer kleinen Pension sür nberbrütete und sehr jung- Etraußcnkindcr. Die Sache hat sür den Strauß ihre sehr praktische Seite. Die Eier wer den nämlich von den einzelnen Hennen in Zwischenräumen gelegt, so daß ohne jene Einrichtung leicht das Brutgeschäft «in langwieriges werden und die Alten wie bei uns eine Mutter von sieben bis zehn Kindern immerwährend ganz kleine und etwas größere durch einander versorgen müssen. ES lohnte sich auch gar zu wenig für den Stran- um eines EieS seiner Gestren gen willen sich zum Brüten festzv se^en! Aehnliche Gründe schiebt man dem Kuckuk unter. unserem viel verschrieenen, egoistischen Familienstörer. Das gros« Thier bewirkt die Vernichtung so vieler Brüten in den Nestern von viel kleine ren anderen Vögeln, wie der Lerche, indem es sich der Mühe entzieht, selbst zu brüten nnd zu füttern un) diese Last einfach anderen aufbürdet. Der Kuckuck ist nicht so grausam, wie diejenigen Menschen oder Unmenschen, die ihre Ainder aussehen; denn er mag recht wohl ahnen, daß sie wohl ausgehoben sind. Aber er macht es doch wie die Leute, welche ihre Kleinen an Kindes- Patt vergeben. Bei uns Pflegt das -aus Armuth zu geschehen oder auch in Holge des Wunsches von kinderlosen, nick kleinen Pfleglingen sich sehnenden Leuten. D«r Kuckuck lebt lustig weiter, wenn «r seine Kleinen sehr frühzeitig IoS ist. und die getäuschten Pflegeeltern scheinen gar nichi zu ahnen, daß der große Ein dringling ihre eigene Brut mörderisch in'S Jenseits besörderte! Das geht noch iiber die Geschichten hinaus, die beim Menschen schon dagewesen sind. Während die australischen Kuckucks'- orten es ähnlich machen, wie die unsrige die Natur hat es so einrichtet, da^. sie unverhältnißmäßig kleine Eier legen —brütet der amerikanische Kuckuck selbst und legt Eier, die seiner Größe ent sprechen! Das fordert doch sehr zum Nachdenken über die Gründe auf. Sind das Alles nur wunderliche Spielereien der Natur? Ein denkender Mensch wird sich bei solchem Worte nicht beruhigen. Dar win lehrt uns hinwegschauen über die ungeheuren Zeiträume der Entwickelung des Thierreiches. Ein Beispiel zeigt schnell, woraus eS ankommt. Ein Aelkervater unseres Knckuks oder vielmehr eine Urururur-Großmutter legte flatterhaft, wie sie gewesen sein »iag dann und wann bei Gelegen heit, wo sich's gerade so traf, in ein fremdes Nest so etwas kommt gele gentlich auch bei anderen Vögeln vor! AehnlicheS ereignete sich mit anderen Kuckuksweibchen, sie neigten zur Zer streutheit. - Sie neigten anet) wohl zur Nachlässigkeit bei der Pflege ihrer eige nen Nester. So kam'S, daß von den selbst bebrüteten Jungen viele durch Unachtsamkeit umkamen. Auch von den hier und da vielleicht auch einmal an die Erde verlorenen Eiern gin gen viele zu Grunde, namentlich die, welche nicht der Größenach sür's sremde Nest und die fremden Vebrüter paß ten. Aber die kleineren Eier brachten Junge hervor. In diesen Junge» ver erltc.sich besonders stark, nach einem allgemeine» Naturgesetz, die Neigung, es wieder ebenso zu machen. Zunächst thaten sie es auch nur gelegentlich. Die kleinen, in fremde Nester gelegten Eier kau e i wieder am besten weg— allmählich im Lause von Jahrtausenden entstand aus der flatterhaften Gewohn heit der Kuckuksfamilie das mit der stehenden Sitte begabte heutige KuckukSgeschlecht. Die regulär ausge brüteten starben allmählich aus. Viel leicht wären alle Kuckuke ausgestorben, wenn die Flatterhaftigkeit, verbunden i mit dem Legen von etwas kleineren Eiern, nicht zugleich jene egoistisch' Jitte begünstigt hätte. Durch mancherlei Umstände konnte es auch wohl kommen, daß hier oder da —beim Kuckuk war es auch in Amerika die Unsitte nicht recht einschlug und die Gewohnheit des SclbstbcüteiiS bi? auf den heutigen Tag erhielt. Di« Weltanschauung de» Columbus. Unsere New Yorker Lenox-Bibliothek befindet sich im Besitze einiger außer ordentlich interessanten Reliquien lite rarischer Natur, nämlich von vier Ab drücken des berühm eil ColumbnS- Brieses, in welchem der Entdecker der neuen Welt seine Reise selbst beschreibt. Ein Exemplar ist mit sehr merkwürdi gen Abbildungen geschmückt, höchst wahrscheinlich nach de» eigenen Zeich nungen des großen Genuesers aus geführt.—Es ist bekannt, wie im 15. Jahrhundert die märchenhaften Be richte, welche Marco Polo von seiner Fahrt mitgebracht hatte, die Phantasie der Seefahrer mächtig erregt hatten. Es herrschte damals noch die Auffas sung, daß es nur ein einziges zusam menhängendes Festland gebe. Die Methode zur Bestimmung der Entfer nungen war noch ganz unzulänglich; man wußte nicht, wie groß die Breite des Oceans sei; die Entfernung von Spanien zur chinesischen Küste wurde weit überschätzt; ebenso irrig war da mals die Vorstellung von der Vertheil lung der Land- und Wasserfläche. Als Columbus am 12. October 1492 an der heute San Salvador genannten Insel landete und dieselbe im Namen Ferdinands von Arragonien und Jfa bellas von Kastilien in Besitz nahm, war er sich der Tragweite seiner Ent deckung keineswegs bewußt. Er war ausgezogen, begleitet von dem Gedan ken, einen neuen, kürzeren und beque meren Seeweg nach dem goldreichen Kibango, dem heutigen Japan, und »ach dem an Schätzen und Gewürzen reichen Indien zu finden. Nachdem ihm das Wagniß gelungen war, hegte er die feste Ueberzeugung, daß er den Weg gefunden habe. Als er am 21. October Euba berührte, erklärte er diese Insel als einen Theil des ostasia tischen Festlandes. Sein ganzes Streben ging nur da hin. Alles, was er fand, in Einklang zu bringen mit dem, was nach sein«. Vorstellung dort liegen sollte. Es hat selten einen Entdecker gegeben, der mit so mächtiger Phantasie ausgestattet ge wesen wäre, wie er. In kühnster Weise suchte er alle literarischen Notizen, ja s lbst Sagen, zur Unterstützung seiner irrigen Annahmen heranzuziehen. Seine Ueberzeugungen suchte er mit dem Aus. gebot aller seiner Autorität auch aus seine Mitfahrer zu übertragen; so lies! er bei seiner Landung aus Euba die Schiffsmannschaft feierlich und unter Androhung von Geldstrafen darauf in Pflicht nehmen, dag sie niemals daran iweiieln wollten, Euba gehörte zum ostasiatischen Festland«. Der Glaube, daß er sich an der ostasiatischen Küste befunden habe, hat ihn bis zum letzten Augenbliä feines Lebens nicht verlas, sen. Im ganzen geographischen System des Columbus findet sich eine Menge von Mißverständnissen und Irr thümern. Als er in Panama landete, glaubte er an der Halbinsel Ma laka zu sein und spricht von der Anknüpfung von Handelsbeziehun gen zu Araöien; das Meer hielt er für den Indischen Ocean und, bestärkt durch das viele Gold, daS er vorfand, das Land für das gesuchte Goldlaud Kibango. Seine Phantasie führt ihn dazu, auf dem Meer Sirenen zu sehe» „die aber bei weitem nicht so schön waren, als sie gemalt werden" er will Leute gefunden haben, welche nur ein Auge, und zwar auf der Stirn, haben. Eigensinnig hält er an dem alten Weltbilde, der mittelalterlichen Vorstellung sest; nur findet er, daß die Gestalt der Erde nicht kugel förmig sei, sondern eine Aehnlichkeit mit der Birnenform habe. Mit allen solchen Hypothesen hat er kein Glück gehabt, und es ist kein Wunder, wenn er von seinen Zeitgenossen vielsach als Schwärmer oder Großsprecher ange sehen uud er darüber verbittert wurde. Dagegen kann nian ihm ein gutes Be obachiungstalent, besonders sür physi kalisch: Erscheinungen, nicht absprechen; wo er aber daraus theoretische Schluß solgerungen zieht, geräth er bedenklich ins Straucheln. Durch seine Ent deckungsfahrten war das in der Vor stellung des Mittelaller feststehende Weltbild durchaus nicht aus den Fuge» gerathen: aber es floß der Welt durch ihn eine große Fülle von Erfahrungen zu; ein mächtiger Drang erwachte »ach einem unerschlossenen Boden; er hat allen feine» Nachiolgern den Weg ge wiesen. Die weltgeschichtliche Bedeu tung der Entdeckung Amerikas beruht darin, daß sie plötzlich eine Ausdeh nung des geographischen Sehfeldes be wirkte. So wurde die Zeit des Columbus und seiner Nachfolger eine Zeit der größte» Entdeckungen im Raume, und diese hat auch in hohem Grade zur Er weiterung der Jdeenkreise beigetragen. EolumbnS und PatrieiuS. sollte wirtlich denken, eS sei St. Pa trick'S Tag. und nicht der ErinnerungS taa an einen Dago! O'Mara: Wenn man's recht nimmt, Jim. so war Columbus der Größere von den Beiden! O'Hara (wüthend): O D» lästerli cher, gottvergessener VatcrlandSverrä ther O'Mara: Sachte, sachte! nicht so hitzig! Crst Anhören! Also Sanct Patrick hat ein Land entdeckt, das die Jrländer niemals beherrschen tonnten, aber Columbus hat ein viel größerers gesunden, das die Jrländ», dem Him mel sei Dank! stets beherrscht haben! Moderner Tramp. Mildthätige Dame: Hier, arme, Mann, haben Sie ein noch ziemlich neues Oberhemd von meinem Mann! Landstreicher: Sie haben vielleicht ein paar einfachePerlenknöpfchen dazu, Madam? Dame: Wozu? Das Hemd ist vorr geschlossen! Landstreicher: Nur des Anstände? halber. Ich könnte heute Abend zu einem Tanz oder „Musicale" eingeladen werden, und ohne Busenknöpschen sieht man doch zu schäbig aus! Die Schuld einer Frau ist ii Sorm einer unbezahlten Schneiderrech. nung immer noch am annehmbarsten. rivn.ooi.vc«. DaS Schlagwerk in der Uhr des Buf fetzimmers hatte einen Klang, der eigen scharf nachtönte. „Ein Viertel nach fünf," sagte Ste san, der Diener, „eS ist noch Niemand drinnen. „Sie werden es in der Stadt schon wissen," meinte Josesa, das Kammer mädchen. DaS Buffetzimmer war mit Eichen holzschränken bis an die Decke eingelas sen. Ein großer Tisch stand in der Mitte, darauf ein Servirbrett mit einem Samowar, der pustete und sprudelte. Eine silberne Kanne, umgeben von einer Menge kleiner Tassen, war darum aus' gebaut. Das Kammermädchen, daS den Thee zu bereite» hatte, spielte mit der deren Deckel sie aus- und zuklappte. Der Diener lehnte, die Hände auf dem Rücken, an der Wand. „Ist eS denn auch gewiß und wahr' hastig?" frug daS Mädchen. „Wenn ich es Ihnen sage," versetzte Stefan, „Spinner (so heißt der Kut scher) hat ihn ja selbst hingesahren. Au der Thür sagte er : Fahr' »ach Haus. Wenn die gnädige Frau nach mir sragt ich werde ihr schreiben. Tann ging er hinein. Spinner hat noch eine Zeil lang geivart't, dann fuhr er weg. Er hat noch gesehen, wie Alles in der Hall' zusamnienlics." „Und weitn er nicht mehr heraus kömmt, was wird aus unserem Lohn und dem Weihnachtsgeld?" frug da? Mädchen besorgt. ' „Deshalb können Sie unbesorgt sein, Fräulein Josesa," sagte Stesan beleh rend, „das wird immer von dem ersten Gelde bezahlt." „Ob man eS der gnädigen Frau nicht sagen sollte? Es sei doch schrecklich, man könne es sich gar nicht denken," sagt? Josefa nach einigem Besinnen. „Thun Sie es, wenn Sie wollen," entgegnete Stefan. „Ader da nehmen Sie sich gleich Kölnisches Wasser mit hinein. Drinnen wird es was setzen Sie hört es noch früh genug." Man vernahm den Klang der ange zogenen Hausglocke. „Da kommt doch Jemand," sagt? Joiesa. Es sei aus der Hintertreppe gewesen, erklärte Stesan; aber er wolle doch nach sehen. ES sei Alles noch so unheimlich ruhig. Er verließ das Zimmer. Aus dem der Villa Bökner trat man durch eine aufgeschlagene Por tiere in das kleine Boudoir, wo die Frau vom Hause ihre Theegäslc erwar tete. DaS Boudoir war weiß mit gol denen Rolokoleisten und bunten Amo retten. Eine schlanke Dame in den Ansängen der Dreißig. Der einzige Schmuck eine Rose in den dichten braunen Haarwel len. Der matte Teint noch gebräunt von der Soinmcrreise. Das zierliche Gesicht, das Lichtblau und Gelb der Toilette paßte vortresflich in die möbelgarnitur dos Zimmers. Mit der zarten, vielfach beringten Hand fuhr sich Frau Bökner vor das Gesicht, als sollte kein äußerer Eindruck den Zug der Gedanken stören, die eben durch das kleine Köpfchen passirten. ... .Wenn die Theestunde nur bald herum sein wird, so zwitscherten ihre Gedanken. Dann kommt er. Gewiß kommt er. Er hat es sest versprochen, als sie vor dem Sechstel in Zürich ln? tief in die Nacht auf und ab gingen. Von was hatten sie nicht Alles ge sprochen! Das große Geheimniß des Menschenlebens, das Herz und seine Bedürfnisse, das war ihr Thema gewe sen. Wie er das Alles sagte—er hatte so viel zu geben. Und sie —so viel z>' .'mpfangen. Alles, Alles! Denn was bot ihr ihr Mann? Geld ....ja, so viel sie wollte. Und das erfüllte ihn ganz, nur an das Geschäft zachte er; auch nicht einmal begleitet hatte er sie nach der Schweiz. Wird er denn nie genug bekomme»? dachte sie. llnd immer das sorgenvolle Gesicht la bet. Seines Lebens wird man bei il.v» poch nicht froh. Aber er Dr. Rechenberg— jung, reich, unabhängig, dabei ein studirtcr Aurist. Ein neues, nie geahntes Le ben könnte es mit ihm werden. Nur zweimal hatten sie sich gespro chen; aber das genügte. Das war doch für das Leben. Mit wem man sich so ausgesprochen, mit dem ist man unlöslich verbunden, natürlich nur als Arennde aber unbedingt rückhatt lose Freunde Und bäld wird er da sein. Wa? wird sie ihm sagen? Der Salon blieb noch immer leer. Es fing an ihr aufzufallen. Es ist doch schon fast Alles in der Stadt zu rück. ES ist ja schön, so ungestört an ihn zu denken, aus ihn zu warten. Aber es ist doch sonderbar. Ihr Mann hatte heute Morgen ein so besonders ernstes Gesicht gemacht. Er war noch einmal an ihr Beit getre ten, hatte einen Kuß auf ihr Haar ge drückt. Sie hatte fogar einen Augen blick geglaubt, sie fühle etwas, wie einen fallenden Thrünentropseii ihrer Stirn. Ader das konnte nicht fein.... Ihr Mann, die Rechcumaschiue! Welch' Thorheit! Immer noch Alles still. Sie ward ungeduldig und klingelte. Vielleicht stimmt es draußen nicht, dachte sie. .Sie wissen doch. Stesan. daß ich heute zu Haus, bin.» sagte sie zu dem eintretenden Diener. .Ist denn Nie mand gekommen?" Der Diener wurde verlegen. Ein ganz unverschämter junger Mensch aus dem Telikatessengeschäst sei da un? dringe die MonatSrechnunz. „Das ist doch sonderbar." sagte die Dame. „Es wird doch sonst immer im Eomtoir bezahlt. Er soll dort hin gehen. „Dort sei er schon gewesen. sagte der Mensch. Aber....- Er verstummte. „Aber, aber," frug die Dame unge duldig. „Was bedeutet dies aber? Reden Sie." „Nun, wenn Sie es durchaus wissen willen," sagte Stefan, „der Mensch erklärte, dort sei zugemacht." „Unsinn." nef die Dame, „der Mann wird betrunken sein." Aber sie zitterte doch. „Es wird schon so sein," entgegnete Stefan, „Spinner, der Kutscher, hat den Gnädigen auf das Kriminal fah ren müssen. Tort ist er geblieben." „Allmächtiger Gott!" rief die Dame. Sie stieß einen heiseren Schrei aus. „Was lag da Alles darin." Stefan wartete, ob er daS Kammer mädchen mit Kölnischem Wasser rufen sollte. Aber die Dame faßte sich auffallend schnell. Ein seltsames Feuer strahlte aus ihren Augen. „Wenn der Doctor Rechenberg .kommt." stieß sie heraus, „er soll her ein. Gleich, gleich...." „Doctor Rechenberg," sagte Stefan, „ist dagewesen, gerade wie ich mit dem unverschämten Menschen hcrumstritt. Er wollte nicht stören, ich möge nichts von ihm melden. Tas Bouquet, das er in der Ha»d hatte, fiel auf den Bo den. Dort liegt es noch." „Erschrecken Sie nicht, gnädigc Frau," so stürzte das Kammermädchen herein. „Ein Zettel vom gnädigen Herrn! Ein Gerichtsbote hat ihn ge bracht." Die Dame wankte und. fiel auf den Sessel zurück. Sie hörte nicht mehr, als Steinn eigenmächtig de» Zettel ent faltete und vorlas: „Hch yuve mich selbst überliefert, ich bin verloren. Lebe wohl, verzeih' und vergiß mich." „Spring nach dem Kölnischen Wasser, Stefan!" rief das Kammermädchen ängstlich, während sie mit geschicktem Schnitt das Korset löste. Da schlug eS sechs Uhr. ES tönte so eigen scharf nach. Die Thecstunde war vorüber.... Friedrich Dernburg, Bescheidenes Verlangen» Zuchthausschließer: Da übermorgen Euer Geburtstag ist, Nummer 4M, so will ich Euch eine kleine unschuldige Erholung an dem Tage zur Belohnung sür Eure bisherige ladclfreie Auffüh rung gern gestatten. Was sür einen Wunsch habt Ihr? Sträfling (bescheiden): Ucbcrmorgen gibt'S einen Wettlans. Ich möchte gern mitlaufen, wenn der Herr Schließer gütigst erlauben! Strafbarer Widerstand. Polizeirichter (überrascht): Weshalb ist diese Dame denn verhafte', Polizist? McGinnis (unlängst angestellt): Wegen Widerstandes gegen die Staats gewalt, Euer Gestrengen! Ich wollte ihr einen Kuß im Centralpart geben, und sie hat sich unterstanden, mir das Gesicht zu zerkratzen! Bcraeltnng. Gattin (sich die Handschuhe zu knöpsend): Aber Lothaire, was fällt Dir denn ein? Auf der Straße ziehst Du Dir die Stiefel an? Kannst Du dos nicht vorher im Haufe besorg»" ehe Du ausgehst? Gatte: Genau so, wie Du, mein Engel. Was Dir »echt ist, »st mir billig! Sie tröstet sich. „Was macht denn Deiae Mama, Ell,, seil man ihr den werthvollen Spitz gestoh len hat?" „Ach, si» tröstet sich mi> dem Baby." Die Hauptsache. „Ich begreise nicht, was Du nur Hübsches an diesem Menschen findest!" „Ist es denn nicht hübsch, daß er michheirathen will?" Vertrau' aus nieman den, als auf Dich selbst, sorge aber da sür, daß Tu dann auch an den Rechten gekommen bist. Wt« sollen wir In fast untrennbarem Zusammen hang mit dem Schreckrus Cholera läuft das Wort „Desinfection" durch die Zeitungen nnd erfüllt alle officiellen und nicht officiellen Berichte. Wie dies bei Fremdwörtern zumeist der Fall ist, so hat sich im VotkSmunde um den Begriff .desinfieiren" eine ganz un durchdringliche Wolke von Schwefel dunst oder besser schaurigen Nimbus gebildet. Den» öffentlich verbrannt und geräuchert wird ja nur in Zeiten von Epidemien und Seuchen, wenn das unsichtbare giftige Gespenst bereits lausende vo» Opsern gesordert und seinen Weg über Angst, Schrecke» und unzählige Lciche» hinweg erbarmungs los fortgesetzt hat. In Folge dieser Jdecnassociation tommt es deshalb nur zu ost vor, daß in vielen BevölterungS schichten sich die Leute vor der Disin section mindestens ebenso fürchten wie vor der Insertion, also vor der Krank heit selbst, und daher von diesen an geblich moderne» Vorsichtsmaßregeln nichts wisse» wollen, oder sie minde stens sür nutzlos und überflüssig hal ten. Vielleicht würde es diese ängstlichen Ungläubigen theilweise beruhi.zen und überzeuge», wenn sie hören, daß Dis inseluon nur ein neues Wort sür die ist und daß das radikalste Mittel, wel ches die Menschen von jeher gegen die Seuche verwaadlen, das Feuer war, und man sowohl den Herd als die Wohnstätten, wo die Seuche gehaust, und die Leichen der an ihr verstorbenen Menschen verbrannte. DaS Mittel war probat, aber doch nicht überall an wendbar, denn man konnte nicht alles verbrennen, namentlich nicht die Kran ken. die Genesenden und dercn Woh nungen. Darum suchte man damals »ach andern Mitteln und glaubte wohl sie gesunden zu haben, denn in der Odyffe heißt eS an einer Stelle: „Alte, nun hole mir Schwesel und Feuer von schädlichen srei zu schwe feln den saal." Also schon den alten Griechen zu Homer'S Zeiten war die reinigende Kraft der schwefligen Säure bekannt, und man wandte zur Tödtung der Pestgeister auch Räucherungen von Weihrauch. Benzoe, Myrrhen u. dgl. an. Danials befolgten die gläubigen Menschen noch blindlings die Satzun gen und Vorschriften, welche ihnen aus dem Munde der geweihten Priester ver kündet worden, selbst ohne über die in undurchdringliches Dunkel gehüllten Ursachen der epidemischen Kränlheiten auch nur den geringsten Ausschluß er halten zu können. Heute aber am Ende des neunzehnten Jahrhunderts der Aus klärung und auch der Zweisel, glauben die Leute nicht mehr blindlings ge horchen zu dürfen, sondern sie wollen durch Thatsachen überzeugt werde», und so lange die Wissenschaft es nicht so weit gebracht hat, solche Epidemien einsach unmöglich zu machen, legen sie auch den Mitteln, mit welchen eben diese Wissenschast den Feind bekämpft, keinen absonderlichen Werth, keine ent scheidende Bedeutung Zwar hören uud lesen sie, daß es einem ganz mo dernen Manne der Wissenschast gelun gen war, den Erreger der schlimm sten ansteckenden Krankheit, der Cho lera, zu entdecken, daß serner wieder aus wissenschaftlichem Wege diese Krankheitserreger in Reinkulturen dar gestellt wurden, damit man reichliche Gelegenheit habe, alle jene chemischen DesinsektionS-Mittel zu prüsen, welche diesen kleinen, schier unsichtbar feindli chen Wesen am raschesten und sichersten den Garaus zu macheu im Stande wären. Dennoch ist eS keine Selten heit, daß von einer großen Anzahl Men schen (allerdings in unserem Lande we niger. wie drüben im alten Kontinente) sobald eS vorkommt, daß. trotz aller Desinfektion, die Krankheit sogar an schon vesinficirten Platzen wieder neue Opfer fordert, eben diesem, also nur vermeintlichen Schutzmittel der Desin fektion mit Mißtrauen und Gleichgil tigkeit begegnet wird. Aber in einer so gefahrdrohenden Zeit, wie der unfrigen, wo d>e Ebolera den Weg bereils bis zu uns gesunden, muffen wir Alles thun, um jeden Zwei fel und namentlich alle Gleichgilligkeit zu bekämpfen, uud da gerade wir Frauen es sind, iir dercn schwache Hände die gewissenhafte Ausführung aller jener Vorsichtsmaßregeln gelegt ist. welche ben ungemein wichtigen Zweck versalzen, die gefürchtete Epide mie au« dem Bereiche unserer Wohn stätten sernzuhalten, müssen wir uns bemühen, so klar als möglich zu sehen. Und deshalb wollen wir hiermit den zu manchen Mißdeutungen Veranlassung gebenden Begriff „Desinfektion" fallen lassen und dasür ein allgemein ver ständliches Wort setzen, und das heißt: Reinlichlcit! Wir Hausfrauen wissen aber nur zu gut. welche grundverschiedene Begriffe und Vorstellungen selbst über diese unzweideutige Reinlichkeit kursiren. und deshalb erscheint es mir nicht überflüs sig, zu betonen, daß, wenn wir von Reinlichkeit, als dem sicheren Schutzmittel gegen das Auskommen von KraukheitSkeinien spreche», wir nur die sorgsaltigste, minutiöseste, fast über triebene Reinigung und Reinhaltung aller zum Lebe» nöthigen Dinge, wie Nahrung. Kleidung und Wohnung .meinen können. Ich bin weit entfernt, den guten, vortrefflichen, erfahrenen Hausfrauen eine Moralpredigt halten zu wollen, sondern will nur die Neulinge in die sem schweren Beruse, der noch durch die Indolenz und den Eigenwillen der Dienstmädchen beträchtlich erschwert wird, aus dies und das aufinerlsam machen. Es genüg» durchaus nicht, wenn wir uns damit beruhigen, daß die Vorsichtsmaßregeln in unserem Hause schon lange durchgeführt wer den. sondern auch dabei spielt das „Wie" eine große Rolle. Es genügt »lso nicht, daß man z. B. dal Trink» Wasser.abkoche, sondern man soll das» selbe in sorgfältigst gereinigten Flaschen auf dem Eise kalt legen, denn wenn man (wie ich eS neulich fand) den Topf mit dem gekochten Wasser unbedeckt in irgend einem Winkel des Eßzimmers, vielleicht sogar an der Erde, stehen läßt, wo Staub und alle Krankheitsteime sich dem Wasser wieder mittheilen, das macht das Kochen ganz illusorisch und überflüssig. Ebenso ist es in allen Tingen in der Küche; Speisen und auch Speisereste sollen niemals frei herum stehen, man entferne die Fleisch- und andern Waaren augenblicklich von den vielleicht staubigen, unreinen Papier hüllen und verwahre sie auf reinen Schüsseln oder Behältern im Eis- und Speifcschraiik. Die Brod- und Back waaren sollen noch einmal sür einige Momente der Hitze des Backofens aus gesetzt und dann in abgekühltem Zu stande erst genossen werden. Natürlich ersordert die Nahrung der kleinen Menschenkinder wie auch sonst, jetzt noch ganz besondere Sorgfalt, denn diese intliniren ja gerade für all« Krankheitserscheinungen, die durch Ver dauungsstörung hervorgerusen werden. Als ich aber letzthin einer Frau aus dem Volke rieth, ihrem Baby doch kei nen rohen Apsel zu geben, trat sie an den Fischbehälter vor dem Laden, nahm ein Stückchen Eis, reinigte eS in ihrem eigenen Munde und gab dem Kinde dann diesen Leckerbissen an Stelle der geraubten Frucht. Wohl kann man begreifen, daß manche junge Mütter aus Mangel an besserem Verständniß Febler machen, aber man sollte doch an nehmen. daß ihnen schon in der öffent lichen Schule die Grundbegriffe von Reinlichkeit beigebracht werden. Doch so könnte man ja sast an jene nnkulti virte böhmische Bäuerin erinnert wer den, von der man erzählt, daß sie am Sonntagmorgen ihrer holden Tochter zuzurusen pflegte: „Schau, daß sirti wirst mit Waschen, damit i endli den Buchtelteich (Hese) onmachen tonn i? der Schissel!" Hiermit bin ich allerdings etwas weit von anserem eigentlichen Thema abge schweift, denn'in Amerika ist eS Gott sei Tank nicht zu befürchten, dnß die stktionarv Waschbecken zu anderen Zwecken, höchstens noch die Waschtöpse als Baby-Badewannen verwendet wer den. und das ist immer noch verzeih lich, ja es bietet sogar theilweise eine Garantie dasür, daß sowohl die „Wash tubs" als die BabieS reingehalten wer-- den. Ueberhaiipt sind wir hier, was den reichlichen Verbrauch von Wasser zur Wäsche- und Körper-Reinigung anbe trifft, ja in einem Eldorado, denn in keinem Lande der Welt (vielleicht Eng land ausgenommen) finden wir die praktischen und bequemen Wasch- und Bade-Apparate so allgemein verbreitet, wie gerade im gesegneten Reiche der all gemeinen Aade-Freiheit und Gleichheit. Hingegen könnte manche hiesige HauS srau, was die Gründlichkeit des HauS putzenS, Klopfens und LüftenS anbe langt, wohl bei den guten Deutschen in die Lehre gehen. Die feinen Dämchen würden recht erstaunte Augen machen, wenn sie sehen würden, welche Massen von Staub sich z. B. unterhalb der Closet-Schiebladen oder oben auf den Thür- und Fenstergesimsen> auf den Hohlkehlen der Wände, hinter den ber genden Kainiiieinsätzen u. s. w. auffin den ließen. Und doch ist es vollständig einleuchtend, daß nirgends besser und ungestörter als in diese» verborgenen Ecken und Wenkelchen die Krankheits keime sich entwickeln und gedeihen kön nen. Darum müssen abermals als die allerverläßlichsten Desinfektionsmittel der Wohnräume nur mechanische Reini gungsmittel in möglichst gründliche» Anwendung empfohlen werden. Wo die Wände mit Brodkrume ab gerieben oder wenn der Oelanstrich es gestattet, ebenso wie Dielen, Fenster, Thüren und Holzwert (eventuell auch Möbel) mit Wasser und Seise gerei nigt. auch die Teppiche mit ammoniak haltigem Wasser abgerieben werden, da müssen wohl auch Bakterien und Bacillen mit hinweggespült und ver tilgt worden sein. Schließlich möchte ich nur noch sür die empfohlene Desinfectionsmethode meinen Gewährsmann in der Person des JnstructorS der städtischen Woh nungs-DeSinfectoren in Berlin. Dr. M. Goelder, ans Uhren, welcher sich über dieses Tbema bei der letzten Versamm lung der deutschen Natursorscher uns Aerzte wie solgt aussprach: „Wir können dann getrost das Wort „DeSinsection" durch das Wort „Rei nigung" ersetzen. Und wenn diese Reinigung mit der dazu ersorderlichen Gewissenhaftigkeit auSgesührt wird, wen» sie nicht erst in der Stunde der Gefahr, sondern ab und zu vorbeugend vorgenommen wird, so werden wir nie» mals das Verschwinden zweifelhafter und lästiger Keimbezwinger bedauern, sondern in allen Schichten des Voltes wird man sich über den Erfolg der Fortschritte sreuen. welche die DeSin section volksthümlich, gemacht haben." Ein Be »lftin er stwÄ. ms-t. schwitzt im Physikum. Jn d« Botanil weiß er so gut wie gar nichts. Der barmherzige Examinator will dem jun gen Mann zu Hilfe kommen. Er legt ihm einige Pflanzen vor. deren Namen er angeben soll, unter Anderem auch eine Tabakspflanze. „Was ist das?" Tiese Stille. „Besinnen Sie sich. Di« Pflanze ist Ihnen, recht wohl bekannt. Sie brauchen sie sehr häufig, sicherlich täglich. Sie bringen sie in den Mund, wenn Sie Ihr Bier trinken. Nun. was ist das?" Da erhellt sich das Antlitz des Gesollerten und siegessroh kommt eS über seine Lippen: „Kü»mel, Herr Professor." Kindlich. H ä n Sch ein.Papa, was ist ei« Künstler?" —Vater: „Wenn zum Beispiel Einer gut malen kann." Mar: „Aber Papa. w«rm er'S kann, ist's doch keine Sunst!"