2 Lustig« Rache. Eine lustige Rache haben, wie der Ztg." aus geschrieben wird, .an einem jüngsten Sonntag Pa riser Sonntagsausflüglcr an der Bahn verwaltnnq dafür genommen, daß sie die Reisenden als Hornvieh behandelte -und wegen Ucberfüllung der Personen wagen in Viehwagen beförderte. In Harfleur wollten die Reisenden erst böse werden, aber im nächsten Mo ment fügten sie sich und stiegen mit un heimlicher Ruhe in ihre Viehwagen ein. Es war ihnen ein lustiger Einsall ge lkommen. den sie sofort ins Werk setz ten. Ter Zug ging ab und der Schaff ner kam. um die Fahrkarten zu lochen. Er wandte sich an einen Reisenden mit der stehenden Formel: „Ihre Fahr- Karte, bitte!" „Muh!" antwortete der Angesprochene. Verdutzt sah ihn der Siihaffner an und wiederholte seine Aufforderung. „Muh! Muh!" schallte «S ihm krästiq entgegen. Der Schaff ner versuchte sein Glück mit dem Näch sten „Fahrkarte, bitte!" „Muh! Muh!" dröhnte es zurück und „Muh! jMuh!" stimmten alle übrigen Insassen des Viehwagens ein. Ter Schaffner, ider einsah, daß er nichts ausrichten «konnte, ging ärgerlich ab und wandte sich dem folgenden Viehwagen zu. „Muh! Muh!" brüllte es ihm aus allen Ecken entgegen, als man seiner an sichtig wurde. Schleunig zog er sich zurück und mel dete aus der nächsten Haltestelle die Be gebenheit dem Stationsvorsteher. „Ta wollen wir gleich Ordnung schaffen." sprach dieser gewichtig, pflanzte sich breit vor die Thür eines Viehwagens chin und begann mit einer Miene, dii die Absicht einer Standrede erieniien ließ: „Aber meine Herren ...." „Muh! Muh! Muh!" erscholl da- Gebrüll den ganzen Zug entlang, daß die Wände der Wagen dröhnten. De, Stationsvorsteher zuckte heftig di« Achseln und verschwand, der Zug abei !fuhr weiter. Bald war er an der End station Montivilliers angekommen. Hier mußte alles aussteigen. De» Schaffner berichtete dem Stationsbeam so ungeschickt, die Sachlage gänzlich zu verkennen und auf's hohe Roß dei Dienstordnung zu steigen. Er stellt« isich selbst an den Ausgang des Bahn hofes und verlangte die Fahrkarten. „,Muh! Muh!" machten die Reisen den und eilten unter Sprüngen nach ser Thür. Der Beamte wollte ihnen entgegen treten, er drohte mit Strasanzeige und ,faßte einen der Fahrgäste am Kragen. Da gingen die anderen nach Rindvieh «rt mit gesenkten Köpfen auf ihn loj und unter betäubendem Gebrüll stießen sie mit Scheitel und Stirn von allen Seiten so lange nach ihm, bis er sich gezwungen sah. den Gepackten loszu lassen und selbst Fersengeld zu geben. Ein triumphircndcs langgezogenes „Muh!" verfolgte ihn, bis er ver schwand. dann gab die ganze Gesell schaft einem lachend dabeistehenden Be diensteten die Fahrkarten gutwillig ai und entfernte sich wohlgcmuth. Italienische« Kamilienidyll. Die mit einander verwandten Fami lien Massa und Zerbi in Genua waren feit langer Zeit verfeindet und mußten fast jede Woche wegen Beleidigung, Bedrohungen und Schlägereien vordem Richter erscheinen. Am Morgen deZ L 5. August sollte wieder einmal gegen die feindlichen Verwandten, die sich einige Tage mit Messerstichen regalirl hatten, verhandelt werden. Aus dem Wege zum Gericht trafen sich die Massa und die Zerbi in der San Bernardo straße. Ohne sich auf Weitläufigkeiten -und Friedenspräliminarien einzulassen, inscenirten sie sofort einen kleinen Stra tzentampf, den sie, als sich zu viel Voll «nsammelte, im Laden des Schlossers Luigi Zerbl fortsetzten. Hier im La ven sanden sie auch Alles, waS man zu «iner regelrechlenKriegsführung braucht man bewaffnete sich mit Feilen, Raspel, Meißeln, Stühlen, Messern, iHämmern und Schnapsflaschen uiu schlug lustig auf einander los. Die Schlacht nahm wie alle Schlach ten einen tragischen Ausgang, und dii 'italienischen Blätter sind in der Lage, «umfangreiche Kriegsbulletins zu ver öffentlichen. Danach sind vier Brii- Bern Zerbi zusammen 50 Messerstich, beigebracht worden. Francesco Zerbi, Hein außerdem mittels eines Hammeri >der Schädel eingeschlagen wurde, ist feine» Verletzungen bereits erlegen. «Einem Fräuleiu Paula Zerbi würd! «in Ohr abgeschnitten und ein Aug, ,ausgestochen. Den Damen Massa er ging es noch schlimmer; die Muttei hat überhaupt kein ganzes odei gesundes Glied mehr am Körper, uns ihre beiden Töchter Marietta und Fran ziska wurden in einem Zustande in dai Krankenhaus eingeliefert, daß bei ihrem Anblick zwei Krankenwärter in Ohn tmacht fielen die männlichen Vertre ter der Familie Maffa sind ähnlich zu gerichtet worden. Der angesagte Pro ceß konnte unter solchen Umständen natürlich nicht stattfinden, dafür ist ober eine neue Untersuchung eingeleitet worden. Bis jetzt sind zwei Zerbi unl drei Maffa, die weniger schwere Wun den davongetragen haben, verhafte' worden. Verschiedene Meinun gen. SchneiKrlehrling: „Aber, Va «er, ein so großes Stück Zeug willst Tu zurückbehalten? Da mußt Du Dir doch «in Gewissen daraus machen." Me>- per: „Unsinn, eine Jacke mache ich Dil daraus!" GewifsenhafteAuSsag«. Richter: „ Nun, und als der Ange klagte Ihnen die Ohrfeigt gegeben hatte, was geschah dann?" Kläger: „Dann gab er mir noch eine dritte!" Richter: „Sie wollen wohl sagen eine zweite!" Kläger: „Nein, Herr Rich ter die zweite hab' ich ihm gegeben!' Dt» Rose von Hort JaLson» „Metropolitan Hotel", nicht wahr, »as klingt sehr vielversprechend? In großen, weißschwarzen Buchstaben steht es an der Wand eines sechsstöckigen Ge bäudes nahe des Levee und dem Freuch Market in New Orleans. Einigerma ßen enttäuscht aber wird man, wenn man weiter liest: „Kost und Logis 35 Dollar per Woche"; man denkt sich, das ist doch verdächtig wenig. Der junge Mann jedoch, welcher, in trübem Sinnen versunken, aus einer Bank neben der Thür saß, hielt diesen Betrag teineswegS sür einen geringfü gigen; sür ihn war es sogar eine enorme Summe, denn er hatte keinen Nickel in der Tasche und mit dem heutigen Tage war die Woche abgelaufen, für die er im Voraus bezahlt hatte. Mit nervöser Hast wandte er sich jedesmal zur Thür, wenn diese geöffnet wurde, fürchtend, in das mahnende Gesicht des Wirthes zu blicken. Das fremdartige Leben und Treiben um ihn konnte ihn feinen finsteren Grübeleien nicht entreißen, das Raffeln der Fuhr werke und das Gejohle einer Bande zer lumpter Negerknaben drang wie aus weiter an sein Ohr. Wieder ging die Thür auf. Es war ein harmloser Landsmann, der sich neben ihn setzte. „Immer noch keine Arbeit?" begann er das Gespräch. „Leider, nein!' „Ja. ja, es sind halt schlechte Zeiten. Was ist Dein Geschäft?" „Ich bin Architekt." „So? Schon lange im Lande?" „Erst sechs Monate. Vor vier Wo chen kam ich von New Jork hierher, hoffend, gelegentlich der Weltausstel lung Beschäftigung zu finden; bin aber sehr enttäuscht worden. Nicht einmal eine Stelle als Geschirrwascherist zu haben." Ter andere zog eine Zeitung aus der Tasche. „Hier lese ich eben, da werden 200 Mann gesucht, an der Northeastern Railroad zu arbeiten; der Lohn ist ß 1-75 per Tag!" „Mein lieber Mann, da ist uns ja geholfen!" rief der jüngere freudig er regt und sprang auf. „Aber Tu siehst mir nicht aus, als ob Tu die schwere Arbeit aushalten könntest." „Jch muß sie aushalten, wenn auch nur für einige Tage." „Gut. versuchen wir'S, gehen wir morgen früh zusammen hin. Wie heiß Du denn eigentlich?" „Otto Lenz." „Ich, Jacob Bäuerle.' Am folgenden Morgen, noch vor Sonnenaufgang, schritten die beiden so rasch zu Freunden gewordenen Männer in südlicher Richtung der Dauphin- Straße entlang und erreichten nach halbstündiger Wanderung das Geleise der Northeastern Eisenbahn. Aus einer Reihe von „Flat CarS", woran eben die Locomotiveangeloppelt wurde, saßen die Arbeiter, wohl an die hundert Mann, die Schaufeln neben sich, die blechernen Lunchkannen in der Hand haltend. Ter Superintendent, bei dem sie anfragten, bedeutete ihnen, sich vom Vormann Schaufeln geben zu lassen und aufzusteigen. Nicht lange, so brauste der Zug an den niedrigen Bretterhäuser» der Vor orte vorbei, durch Gärten und Wiesen, hinein in den Urwald mit seinen kah len, bleichen, vom hängenden Moose erstickten Baumriesen, abwechselnd mit dunklen Eypressen, mit Röhricht und Schils bewachsenen Sümpfen nnd dun kelbraunen Wassertümpeln. Wo das GeleisecinenEinschnittdurch eine baum lose Bodenerhöhung machte, hielt der Zug an und die Mannschaften spran gen ab. Die Arbeit begann, welche darin be stand, den Grund auszugraben uud auf die Waggons zu werfen. Es er forderte große Muskelkraft und eine gewisse nur durch Uebung zu erlan gende Gewandtheit, den feuchten, schwe ren, an der Schaufel festklebenden Bo den aus einer Entfernung von minde stens zehn Fuß auf die Cars zu schleu dern. Otto Lenz versuchte dies Kunst stück vergeblich. Ihm fehlte nicht nur die Körperkraft, sondern auch die Ge wandtheit. Dazu hatte er eine stumpfe, rostige Schaufel erhalten, welche den llebrigen Grund so fest hielt, daß es ihm trotz aller Anstrengung nicht ge lingen wollte, auch nur eine ordentliche Schaufel voll auf die Car zu bringen. <)en anderen Arbeitern, meistens kräf tige vierschrötige Jrländer, entging die Unfähigkeit des „Neuen" nicht. Aller lei spöttische und schadenfrohe Bemer kungen wurden laut, wovon Otto nichts verstand, wie "sokr Dutelunkn" und "(Zi-ssr>ioi-n". Auch die Aufmerk samkeit des VormaiineS wurde bald auf ihn gelenkt, welcher sich dann hintcr ihm aufstellte, und seine Anstrengun gen mit Bemerkungen begleitete, welche den klebrigen ein rohes Guächter ent lockten. Jakob übersetzte flüsternd einige die ser Glossen. „Deine Schausel fei kein Theelöffel, meinte er, uud der Stiel sei nicht von Salzbietzel-Teig gemacht. Tu brauchst deßhalb keine Angst zu haben, ihn zu zerbrechen. Otto'S Gesicht glühte vor Scham nnd Zorn. Ticke Schweißtropfen rannen ihm über die Wangen; in seiner Hand hatte sich eine Blase gebildet, welche ge platzt war, und ihm empfindliche Schmerzen verursachte. Endlich mußte er innehalten, um seinen schmerzenden Rücken gerade zu strecken und die prik kelnden Schweißtropfen fortzuwischen. Ta trat der Vormann zu ihm, riß ihm die Schausel aus der Hand und sprach: „Tat ist nichts! Tu kannst nicht arbeiten, mach', daß Tu schnell fort kommst!" Einen Augenblick schien es. als wolle sich der jungt Teutsche auf den Jrlän der stürzen, doch besann er sich recht- »titig. Hastig wandte er sich ad, um die Thränen, welche Schmerz und Zorn seinen Augen erpreßten, zu verbergen. Zu seiner freudigen Ueberrafchung warf auch Jakob seine Schaufel hin, un> sprach auf feinen fragenden Blick: „TaS wäre mir eine nette Freund schaft, wollte ich Dich schon gleich iir Stich lassen!" Es war schon spät am Nachmittage, als die Beiden in Schweiß gebadet, miide und hungrig wieder in New Or leans anlamen. Mißmuthig und schweigend schlenderten sie an der Levee entlang. Bei einem der am User lie genden großen Flußdampser blieben sie stehen, und schauten sich das Treiben einer Schaar Farbiger an. welche mil ameiienartiger Geschäftigkeit die schwe ren Ballen, Kisten und Fässer an Bor» rollten. Ein Mann mit bärtigem wet tergebräunten Gesichte, welcher die bei den Deutschen, von diesen unbemerkt, schon einigemnle scharf fixut hat, tra< nun zu ihnen und fragte: „Sucht Ihr Arbeit?" „Ja!" klang es wie aus einem Munde. „Gui, ich suche Leute an der Levee zu arbeiten, unten in Fort Jack son; Akkordarbeit, 14 Cents die ?)ard, guter Lohn, 4 Dollar für Board wöchentlich. Der Dampfer fährt gleich ab, freie Fahrt, wollt Ihr mitkom men?" TaS einstimmige „Ja" der Beiden kaum abwartend, überreichte er jedem eine Karte „Das ist Euer Paß". Eh« sie sich noch von ihrer Ueberraschuug er holt hatten, war er verschwunden. „DaS geht aber etwas sehr plötzlich!' murmelte Otto ganz verdutzt. „Ja, Junge, das ist Amerika', er widerte Jakob lächelnd; „gehen wir gleich an Bord!' Schon übergoß die Abendsonne mil purpurnem Scheine die Fluthen des „Vaters der Ströme", als der Damp fer die Anker lichtete und rauschen' stromabwärts zog. Otto und Jakob hatten sich auf ein« Speckkiste gesetzt, und beobachteten das Treiben der „koustabouts", wie di« farbigen Dockarbeiter genannt werden. „Warum gehen wir eigentlich nicht auf's Oberdeck?" fragte Otto nach einer Weile, „dort ist eS doch entschieden gemüthlicher!" „Das schon, aber wir sind keine Ka. jütenpassagiere, da würde man uns bald wieder herunter spediren." „Versuchen werde ich s trotzdem!" Oben war es freilich viel schöner und »genehmer, da gab es gepolsterte Sitze, weiche, dunkelrothe Teppiche, alles war luxuriös und zugleich praktisch einge richtet. Behaglich auf den weichen Sitz zu rückgelehnt, athmete Otto in tiefen Zü gen die frische, reine Luft ein. Da drang ein Helles Lachen an sein Ohr, welches ihm seltsam sympathisch in die Seele klang. Er wandte sich um. Ihm zunächst saß ein junges Mädchen. An ihren Schooß gelehnt, stand ein ungesähr vier Jahre alter Knabe, wel cher sich vergeblich bemühte, ihre zusam mengeballte zierliche Hand zu öffnen. Der Begleiter dieser Beiden, augen scheinlich der Vater, war ein älterer Herr mit grauem Knebelbart. ernsten Zügen und militärischer Haltung. Otto wußte nicht, was er an dem jungen Mädchen mehr bewundern folltc:die braunen sonnenhellen Augen, oder den feingeschnittenen Mund, um welchen ein Zug erquickender Herzens güte lag; die rosigen Wangen oder die kastanienbraunen Haare, welche, in krausen Locken unter einem breitrandi gen Strohhut hervorquellend, das lieb reizende Antlitz umrahmten. Sie be diente sich der französischen Sprache, di« auch er vollkommen beherrschte. Ihm war, als hätte er ihre Stimme schon ost in den schönen Träumen seiner Kind heit vernommen. Eine Hand, die sich plötzlich schwer aus seine Schulter legte, störte ihn un sanft aus feinen angenehmen Empfin dungen. Vor ihm stand ein Mann in dunkelblauem Anzüge mit blanken Knöpfen. „Vour l'iolcst!" herrschte er ihn an Als Otto erklärte, er habe dasselbe bereits unten abgegeben, wurde ihm be deutet. sich schleunigst hinunter zu be geben. Sehr verlegen erhob er sich, und die Röthe der Scham färbte seine Wangen, als er verstohlen zu dem jungen Mädchen blickte, ob sie den Auf tritt bemerkt hätte. Ja, sie hatte ihn bemerkt aber kein Spott, keine Mißach tung sprach aus ihren Zügen, sonder» ein warmes Mitleid strahlte ihm aus ihren seelenvollen Augen entgegen. Fest und tief schaute er sie an. und eS war ihm, als müsse sie in seinen Augen sein ganzes Schicksal lesen und verstehen. Erhobenen Hauptes stieg er die Treppe hinunter. „Das hatte ich mir gleich gedächt,- meinte Jakob lächelnd, „daß Dich der Petrus da droben wieder zur Hölle hin unter schicken würde." Otto antwortete nicht. Er lehnte sich auf die Brüstung und blickte in die Abenddämmerung hinaus, welche mä lig die Erde umschleierte und die Baum wipfel am Ufer wie die Zacken dunkler Gewölke erscheinen ließ. An sein Ohr schlug das Stampsen der Maschine und das Rauschen der Fluthen, in seinem Herzen aber klang traumhaft leise eine silberhelles Lachen. Tort stand er noch, sinnend und träumend, als schon der Mond über den dämmerigen Urwäldern emporstieg und sein goldenes Bild auf den Wellen badete, die es zitternd und tanzend mit sich fortrissen. Um Mitternacht erreichte der Tain pfer Fort Jackson. Außer den beiden Deutschen stiegen nur noch drei Perso nen an'Z Land, der militärisch aus sehende Mann mit seinen beiden Kin dern. Sie schritten schnurstracks einem bestimmten Punkt zu. wie Leute, welctte bekannt sind und wissen, wohin sie wollen. Rauschend verlor sich der Dani pser stromabwärts. Otto und Jakob standen noch rathlos am User. Vor ihnen im dämmerigen Mondlichte, in weitem Halbbogen von der dnnkekx Mauer des Urwaldes umgeben, erhoben sich die niedrigen Walle des Forts. Hier und da blickte ein Kanonenrohr aus dem hohen Grase. Rechts, im Hinter gründe, zeichneten sich die Umrisse eines Hauses ab. Links nahe ain User erhob sich ein schnpvcnartigcs niedriges Ge bäude, etwas weiter flackerte ein großes Feuer, in dessen Schein sich dunkle Ge stalten beweglen. Dorthin lenllen si« ihre Schritte. „Was ist denn das?" fragte Olle verwundert. Er meinte die großen erhöhten Punkte, womit das Ufer in der Nähe der Baracke bedeckt war. Bald wurden sie darüber aufgeklärt. Es waren je an vier in de» Boden ge rammte Stäbe befestigte Mosquito- Netze. Darunter lagen schnarchende, brummende und rauchende Gestalten. Ein leises seines Summen ließ sich ver nehmen. blieb stehen und"gät sich eine Ohrseige. „Vsrdammte Mül len!" „Das kann noch schön werden," brummte Jakob, und schlug sich mit dei flachen Hand ans beide Wangen, „na. dort am Feuer wird es wohl bessei sein!" Freilich, etwas besser war es dort, das heißt wenn man sich entweder in den dicksten Rauch stellle. oder sich von der Glnth fast rösten ließ. Sonst schien das Feuer die kleinen Plagegeister we nig zu geniren. Auf dem Boden lagerten etwa 12 Mann, Jrländer und Neger; erster! bliesen aus kurzen Thonpfeifen mäch tige Rauchwolken von sich, letztere ver wünschten den 80ß, der nicht hinrei chend für MoSquito-Netze gesorgt hatte. Unter fortwährenden Kämpfen mit den blutdürstigen Infekten verging der Rest der Nacht qualvoll und sehr lang sam. Nachdem sie das aus schwarzem Kaffee. Brod und Molasfes bestehende Frühmahl'zu sich genommen und noch zu ihrem großen Erstaunen bemerkt hatten, wie ein dem Koch als Gehilfe dienender Neger den Tisch mit einem Besen absegle, ging es an die Arbeit. Der Vormann begleitete sie. Durch eine mit Schilf bedeckte Fläche führte auf dem Damm eines Grabens ein Fußpfad entlang. Sie kamen nahe an dem Hausc vorbei, welches sie schon bei ihrer Ankunft bemerkt hatten. Mit seiner blüthenumrankten Veranda lag es friedlich in einem schönen Garten, von Banana-Gebüschcn. Orangen- und Magnolia-Bäumen umgeben. Otto erröthete heftig. Auf der Ve randa faß die schöne Fremde mit einer Handarbeit beschäftigt, auf einem Schaukelstuhl. Neben ihr auf dem Boden spielte der Knabe mit seinem ungesähr zweijährigen Schwesterchen. Bald erreichten sie das Gehölz, um welches der Fluß einen weiten Bogen machte, und durch welches der südliche Theil des neuen Dammes gebaut wer den sollte, dessen Länge und Breite die hindurchgeschlagene Straße bezeichnete. Der Vormann gab ihnen die nöthigen Anweisnngen, und begab sich nach dem nördlich vom Fort gelegenen Revier, wo die übrigen Arbeiter mit dem Ban der Hauptlänge der Levee beschäftigt waren. Die beiden Freunde begannen ihr mühseliges, martervolles Tagewerk. Ein dichtes Netzwerk von Baumwurzeln durchzog den nassen schmerzen Boden und hinderte sie bei jedem Spatenstich. Gestrüpp und Fächerpalmen-Gebüsch ritzte ihnen die Hände blutig. Heiß brütete die Sonne über der sümpfigen Landschaft. Kein Lufthauch milderte die drückende Schwüle. Zu einer fast unerträglichen Plage wurden die blut-- gierigen Stechfliegen, denen sie sich nicht erwehren tonnten, so lange sie im Schiebkarren gingen. Gesicht und Hände waren bald von den schmerzhaf ten Stichen mit rothen Beulen bedeckt. Jakob war schon öfters daran, sein Werkzeug hinzuwerfen. Seltsam, dies mal war eS Otto, der ihn zurückhielt, der selbst bei den schwersten Plagen nich' murrte. Endlich kcvn der Abend und brachte Ruhe. DamildicNeuangekommcncn ein einigermaßen erträgliches Lager sanden, hatte der Bormann angeordnet, daß je zwei Mann unter einem Mosquito-Nep schliefen. Als Jakob schon im tiefen Schlafe schnarchte, blickte Otto noch sinnend durch die wimmelnde summende MoSquitto- Wolke. welche auf dem Netze schwtbte, zum Mond empor, welcher groß und klar im dunklen Acthermeere schwamm. Lsr dachte an das schöne holde Mäd chen, und nahm ihr Bild mit in seine Traume. Zwei Wochen später war es, um die Mittagszeit. Tie Arbeiter saßen um den langen rohen Holztisch beim Mahle, welches aussettem gelbem Speck, braun rothen dicken Bohnen, Molasses und Brod bestand, nebst einer in Blechge säßen verabreichten, Kaffee genannten grauen Flüssigkeit. Otto Lenz, wel cher bescheiden am unteren Ende des Tisches saß, schien der Löwe des TageS zu sein. „Little Dulchy". wie man ihn nannte, war in Aller Mund, und nur lobende und anerkennende Wortewaren es, die über ihn laut wurden. Das unerhörte Ereigniß, welches ihn zum Helden gestempelt, bestand darin, daß er, dem man höchstens 24 Stunden prophezeit, nun schon 14 Tage ausge halten, hingegen sein Freund, „Big Dutchy", hat die Flinte in's Korn ge worsen und war am Tage vorher abge reist. Sobald das Mahl beendet war. hing sich der junge Mann seinen Rock, den er stets bei sich trug aus berechtigter Furcht, er möchte ihm gestohlen werden, über den Arm und schritt langsam der Arbeitsstätte zu. Seine Augen leuch teten Heller, als er das dlüthenumrankte Haus gewahrte. Nicht die Sucht, als Heid zu gelten, noch der Gedanle an den Verdienst hatten es ihm möglich gemacht, das für ihn fast Unerträg- licht zu ertragen, nein, die Liebe hatte es gethan, die tiefe starke Liebe zu dem schönen Mädchen dort in jenem Hausc, das gewöhnlich aus der Veranda saß, wenn er vorbeikam, das seinen ehrfurchtsvollen Gruß und die stumme Sprache feiner Augen erwiderte. Rosa Legrand hieß sie, aber man nannte sie nur die Rose von Fort Jackson. Sie war die ältesteTochter Vittor Legrand's, des Commandanten oder vielmehr Aus scher und Wächter des Forts, der das selbe mit Hilse einiger Untergebenen vom gänzlichen Verfall bewahrte. Er gab sich kine Rechenschaft darüber, wo zu diese Liebe führe» sollte, er fühlte nur, daß er nicht leben konnte ohne das holde Wesen, dessen Blicke wie Sonnen schein in fein Herz fielen und ihn die härtesten Entbehrungen, Anstrengungen und Widerwärtigkeiten willig ertragen ließen. Wenn er des Morgens und Mittags auch nur für einen Moment seine Blicke in die ihrigen tanchte, so schöpfte er Muth und Kraft daraus sür den ganzen Tag, eine innere hoff nungsfreudige Seligkeit ließ ihn alles Unangenehme und Beschwerliche ver gcssen. Ein Schatten verdüsterte seine Stirn, als er näher kam, und das weiße Ge wand der Geliebten ihm nicht von der Veranda entgegenschiinmerte. Wo mochte sie fein? Immer langsamer wurden seine. Schritte, vielleicht kam sie noch. Weit konnte sie nicht sein, denn ihr kleines Schwesterchen krabbelte auf Händen und Füßen den Psad entlang, der sich mit jenem verband, auf welchem er wandelte. Mit fast ängstlicher Ge nauigkeit maß er feine Schritte ab. nnd blieb endlich stehen. Sic kam nicht. DaS Kind kroch behaglich vor sich hinlallend, immer näher. Plötzlich war es instinktiv oder durch ein Ge räusch verursacht er mußte sich um wenden. Kaum zwei Schritte von ihm ent fernt, ruhte eine riesige Klapperschlange. Sie mochte sich wohl aus dem Pfade gesonnt haben, und durch sein Nahen aus ihrer Ruhe gestört sein. Pfeil schnell erhob sie ihren Oberkörper un gefähr zwei Fuß hoch vom Boden. Mit nnheimlichem, fast dämonischem Aus druck funkelten ihm die kleinen gelben Augen entgegen. Wie eine rothe ge zackte Flamme zuckte einigemalc blitz schnell die Zunge hervor. Bon einem panischen Schrecken ergriffen, wandte er sich und stürmte in wilder Hast da von. Ungefähr 20 Schritte weit ge kommen, schämte er sich aber seiner Furcht und blieb stehen. Großer Gott das Kind! Das Blut in seinen Adern erstarrte. Nicht ahnend die furchtbare Gefahr, kroch die Kleine fröhlich kreischend im mer nähxr, grade auf das giftige Rep til los. Nur noch einen Schritt, und Otto wollte schreien, aber die Kehle war ihm wie zugeschnürt. Er mußte sie retten, aber wie er hatte keine Waffe. Das Kind hatte jetzt den Pfad erreicht. Er sah, wie das Haupt des Thieres sich langsam duckte, wie die rothe, spitze Doppelzunge hervorzuckte. Sich seines Vorhabens kaum selbst be wußt, stürzte er vorwärts und wars sich, seinen Rock ausgespreizt vor sich hal lend, auf die Schlange. Mit Händen und Knieen drückte er das unheimlich zischende und klappernde Thier mit all' seiner Kraft zu Boden. TaS Kind, durch das Hcransiürmen »es fremden Mannes erschrocken, sing laut an zu schreien, woraus ein riesiger Neger, der Gärtner, zwischen den Oran genbäumen erschien. „Hilfe —eine Klapperschlange!' rief Otto ihm auf französisch zu. Ter Schwarze kam mit einer starken Mistgabel herbeigerannt. Tie Zinken derselben stieß er durch den Nacken des Thieres in den Boden. Inzwischen waren auch die übrigen Bewohner des Hauses alarmirt worden, und kamen herbeigestürmt, allen voran Rosa, mit blasser Angst in dem lieblichen Gesichte, das sich aber sogleich erhellte, als sie das Schwesterchen unversehrt fand. Als letzte kam die Mutter des Kindes, eine stolze blasse Creolin. Sie war die zweite Frau Legrand's, und nur um einige Jahre älter wie seine Tochter. Während die Frauen und der kleine Knabe den geretteten Liebling herzten und kosten, und der Neger dem gistigen Thiere vollends den GarauS machte, er zählte Otto dem alten Herr» kurz den Vorfall. In stummer Rührung drückte ihm dieser die Hand, und führte ihn zur Veranda. Tort saß nun der junge Mann, vor sich eine Flasche Rothwein, im Kreise der liebenswürdigsten Fami lie, ihm gegenüber das erröthende ge liebte Mädchen, so daß es ihm war, als sei alles nur ein schöner Traum. Auf Drängen feines Wirthes erzählte er dann den mit Aufmerksamkeit und Theilnahme Zuhorchende» kurz seine LcbenSgeschichte. „ES freut mich,' begann Herr Legrand, als er geendet hatte, herz lich, „daß es mir möglich ist, etwas zur Besserung Ihrer Lage beitragen zu können. Zwar den Dienst, de» Sie mir heute geleistet haben, kann ich Ih nen nie nach Gebuhr vergelten. In New Orleans habe ich einen Bruder, welcher einer der bekanntesten und ge suchtesten Architekten der CreScent City ist. An diesen gebe ich Ihnen ein Schreiben, welches Ihnen sofort eine gute cintrügliche Stellung in der Firma Wegrand >k Co. sichern wird. Aber bis morgen sit'd Sie noch unser Gast." Auf dem Oberdecke des Dampfers, welcher am folgende» Nachmittage stromabwärts Fort Jackfon verließ, saß Ltto Lenz und blickte mit leuchtenden Augen nach dem Orte zurück, wo er das Glück seines Lebens gesunden hatte. MS derselbe hinter einer Biegung des Flusses seinen Augen entschwand, lehnte tr sich zurück und träumte von der ver gangenen Nacht. Hand in Hand hatten iie zusammcngesessen auf der Veranda. >m dämmerigen Mondlicht, vom süßen Tust der Magnolien und Orangen Umflossen, in seligen Wonnetaumel des Liebens und Geliebtseins. Sobald er sich eine Stellung errungen hat, wird sie sein sür immer, die aus so seltsame Weise gefundene, schwer erkämpfte, heißgeliebte, schöne Rose von Fort Jackson. DaS Ende krönt das Wert. Es gibt Theaterabende, an denen Einer mehr mitspielt, als aus dem Zettel verzeichnet ist, und das ist der Teufel. In hundert Masken ist er da. Verspätungen, Versprechen, Pausen, falsche Abgänge gehören dann zum Ge lindesten da oben. Aus den ernstesten Scenen lngt er wie mit breitem Klad dcradatschgesicht hervor. Am schlechtesten kommt dabei der arme Publikus weg, während die gott lose Horde hinter der Rampe nur zu geneigt ist, zur Abwechselung einmal Schindluder anstatt Komödie zu spie len. Solch ein Abend war's heute im Stadttheater zu M. nicht. „Romeo und Julia" waren nie ernster genom men worden, so oben wie unten. Der letzte Akt sand die vechärtesten Thrä nendrüsen .uiitcr Wasser. „Ne PrachtvorsteUung, nicht?" mur melte sogar der Director in verschwie gener Logenecke feiner Lebens- und Bühnengefährtin—sie ist Primadonna zu. „Selbst Dein Kollege von dei Oper spielt heut recht wacker!" „Tu meinst den alten Papa Mon tague? War das nicht unser dicker Bassist Pichel?"—„Nu ja, es geht." Wer da weiß, was Bassisten im Schauspiel anzurichten im Stande sind, wird aus diesem lakonischen „es geht" schon die kickste Hochachtung für Herrn Pichel hergeleitet haben. „Er kommt ja wohl noch einmal?" warf Madame nach wie träumend ein. „Ach, jetzt ist nichts mehr zu befürch ten; das Stück ist ja gleich aus!" Ja, das Stück ist gleich aus, aber noch ein bischen früher, als der gute Director ahnt. Ter Schwärmer Pa ris liegt bereits erstochen da, Romeo hat ausgeliebt und gelitten, Jnlia ein dito- und nun treten in die Erscheinung: der ewig zu spät ankommende Fürst von Verona, die beiden kratzbürstigen Väter, nämlich Eapulet und unser feister Opern-Montague, und hintendrein, völlig unbemerkt, noch Einer uud zwar eben jener ganz oben erwähnte. Im nächsten Moment schon soll Alles sein unheilvolles Walten mit Schauder» gewahr werden. Pichel, der direct von der sechsten Flasche Bier in die Gruft der Eapnlets gestiegen, vollbewußt, daß ihm nichts mehr passiven kann, hat er doch nur noch dem Klageruf „Mein Sohn!" alles Uebrige ist ihm wohlweislich ge strichen Leben zu verleihen, dieser Pichel wählt jetzt den erstbesten Leich nam zum Zielpunkt feiner Schritte, bricht über ihn mit Glanz zusammen, läßt feinen Jammerschrei ertönen und überlegl nun, ob's heute wohl zum soli den Skat kommen werde. „Unglücksmensch. Sie sind ja falsch! Ich bin Paris! Ihr Sohn liegt ein Haus weiter!" haucht der überrasch!- Todte den unglücklichen Vater an. Sonst GrabeSschweigen im ganzen Hause: der Director wagt gar nicht mehr.hinzusehen. In Pichel dämmert's: er, der bereits die stärksten Komödien „geschmissen", er wird das schon machen. Ruhig steht er auf. laßt Paris Paris fein, wandelt feierlich zu Romeon hinüber und be grüßt dessen vor Lachen zuckenden Leich nam mit einem so rührend-naiven „Und Tu erst, mein Sohn!!", daß die verhärtetsten Thränendrüse» jetzt win delweich werden vor Gelächter. Nicht mehr gar viele achten auf die eben einsetzende stimmungsvolle Schlußbe trachtung des braven Fürsten von Ve rona, der, höchst verwirrt gemacht durch PichelS unvorhergesehene Evolution, statt des von Shakespeare Gegebenen etwa solgendeS zum Vorschein bringt: „Denn wahrscheinlich, nie gab es ein größer Leid, Als Romeo's und und—" „Und seiner Adelheid!" ruft es da grell vom Olymp herab, und damit ist der Abend völlig zu Gunsten Satan entschieden. Verschiedene Tinten. Er war ein armer Schreiber Ter liebte die Lucinde; Daß seine Gluth sie ahne, Schrieb er mit rother Tinte. Sie war 'ne arme Näht'rin, Tie liebliche Lucinde; Ihm ihre Treu' zu zeigen. Schrieb sie mit blauer Tinte. Und als sie sich dann hatten, Ter Schreiber und Lucinde —> Da saßen alle Beide Gar lief in schwarzer Tinte. Schlimmeßesscrung. Frau: .Früher hat sich mein Mann alle Sonn tag einen Rausch angetrunken!"-Hoch wurden: „Allerdings, gule Frau! Er hat mir aber das Versprechen gegeben, dies nimmer zu thun .... und das hat er wohl gehalten?" Frau: „G'wiß, Hochwürden. ehrlich! Aber jetzt be trinkt er sich hall dasür jeden Wochen tag!" Gut gezogen. „Wenn ich Mittags meinem Mann was vorsetze, das er nicht gern ißt. rührt er'S kaum an!" „Im Gegentheil—da läßt ter meinige erst recht nichts übrig, sonst be kommt er'S am Abend wieder." Auch ein Milderung?» gründ. Vertheidiger: „Bedenken Sie, meine Herren Geschworenen, daß der Angeklagte schwerhörig und demnach die Stimme des Gewissens nur undeutlich zu vernehmen in der Lage ist!" In der Ehe verleide» Manchem die bessere Halste das Gan«, Reform unser«« Kal«nder«. Der Genercl von Sichart in Mainz, schreibt an die Berliner „Naiionalzei tung": „Un'er großes Jahrhundert mit seinen Fortschritten und Umwäl zungen auf allen Gebieten könnte nicht würdiger beschlossen werden, als da durch. daß auch unser JahreSkalender eine Eintlieilung erhielte, welche sür das prallische Leben zweckmäßiger und ver« nünstiger ist. als solche der bestehende Kalender bietet. Oder ist eS vcrnüns »ig daß 7 Monate des Jahres 31 Tage, 5 Monate 30 Tage und l Monat 28 bezw. 29 Tage zählen? Ist es vor theilhast. daß ein bestimmtes Datum mit jedem Jahre um eine» Wochentag, mit jedem Schaltjahr um zwei Wochen tage fortschreitet, während es ohne große Schwierigkeiten möglich ist, die einzelnen Jahrestage stets auf denselben Wochentag zu legen? Ist es vernüns tig, das Ostersest in einem Jahre Mitte Marz, im andern Mitte April zu feiern, und dadurch für unser bürgerliches Le ben man denke nur an die Schulen stets verschieden lange Zeitabschnitte der Halbjahre zu schaffen? Ist es ver nünstig, daß wir am Schluß des lah res, wenn einer der Weihnachtstagc nicht zufällig auf einen Sonntag fällt, unter 10 Tagen 5 Festtage haben? Unser bestehender Kalender löst durch feine Schalttage die Ausgabe vortreff lich, das Längenmaß des Jahres mit der Umlausszeit der Erd« (305 Tage, 5 Stunden, 4s Minuten, 45 Sekun den) so gut. als dieses nur möglich ist, in Einklang zu bringen; aber die in nere Eintbeilung des Jahres entspricht in keiner Weise mehr den Anforderun gen. welche das bürgerliche Leben der Jetztzeit an dieselbe zu stellen berechtigt ist. Unsere Bestrebungen nach einer rationellen Eintheilung der Tageszeit sür Arbeit und Rube sollten deshalb zunächst einmal auf eine vernünftige fundamentale Eintheilung des Jahres gerichtet sein." Zu diesem Zwecke schlägt Gen. v. Sichart vor: I) Jedes Ouartal erhält 91 Tage, den ersten Monat zu 31, die beiden anderen Mo nate zu 30 Tage. Nur das 4. Quar tal und im Schaltjahr auch das 2.. Quartal erhalten 92 Tage durch Zu sügung eines Tgges an den Schluß des betreffenden Quartals, des 31. Decem ber und 30. Juni. 2) Ter I. Tag jedes Quartals, also der I. Januar, I. April, I. Juli und Oktober, fällt ein für alle Mal ans den Sonntag; der I. Tag jedes zweiten Ouartalmo natS sällt dann stets auf den Mittwoch, der 1. Tag jedes dritten Ouartalsmo« nat aus den Freitag. Der 30. December und der 30. Juni> fallen dann stets aus einen Sonnabend. Der 31. December jedes Jahres und der 31. Juni jedes Schaltjahres heißen der JahreSübertag (kurz Uebertagj und der Schaltlag und werden zwischen den Sonnabend und Sonntag des 30. De cember und I. Januar resp, des 30. Juni und I. Juli als 8 Wochen- und Arbeitstag eingeschoben, so daß die letzte Woche des ersten Halbjahres anstatt 7—B Tage zählt. —3) Ostern fällt stets auf den I. April, Pflingsten also auf ven 19. Mai. Ter erste WeihnachlS tag sällt stets ans Sonntag, den 24. December. 4) Ter Anfang des Jah res. also der I. Januar, wird um 11 Tage zurückverlegt auf den kürzeste» Tag. Der I. April sällt dann ein» aus FrühlingSansang, der 1. Juli ge nau auf Sommers, der I. October cliva auf Herbstes Ansang. Zur Ausscheidung dieser elf Tage werden in den ersten 9 Jahren nach Einführung des Kalenders die 9 Uebertage und die beiden Schalttage gestrichen. —s> Die neue Zeitrechnung wird mit dem Jahr« 1901 begonnen, ist also mit dem Be ginn des Jahres 1910 durchgesührt.' S a d «k Eli nennt sich einen »slk m»6o m»o; Ja, ja, das heißt schon viel errungen Bedauerlich bleibt nur dabei. Daß er sich besser nicht gelungen! Das brav« Klärchen. Mutter: „Sie sollten einmal sehen, Herr Weidlich, wie schnell mein Klär chen einschlägt, wenn ich sie einsinge. Nicht wahr,' Märchen?" Klärchen: „Ja wohl. Mama." (Nachdem die Mutter das Zimmer aus ein paar Minuten verlassen.) „Sie müssen es Mama nicht wiedersagen, Herr Weid lich. aber ich thu' nur immer so. als war' ich eingeschlasen, bloß damit Mama mit ihrem schrecklichen Singe? aufhört." Frauen! ist. Junge Frau: „Ich bitte Dich, lieber Mann, zahl« mir doch meine Hut - Rechnung vom vorigen Jahr! ES läßt mich nicht schla fen. wenn ich daran denke!" Mann: .Hier hast Tu den Betrag: ich bin ja jroh, wenn Dir das Gewissen endlich :rwacht. Doch waS hat dieses Wunder bewirkt?"— Junge Frau: „Meine Ab» sicht, mir zwei neue zu bestellen!" Stoßseufzer. „Wie bequem eS diesen Männern gemacht ist... .hier das Standesamt und gleich daneben die Kirche man sollte eS nicht sür mög lich halten, daß sie diesen kleinen Gang so sehr scheuen!" Der nicht-antisemiti sche „Ulk" laßt einen .Antisemiten' folgenden Seufzer ausstoßen: „Ich be greife gar nicht, wie nur das Herz, da» große, poetische, liebende Herz, sich ge rade einen so jüdischen Namen auswäh len konnte!" Ein schöner Trost. „Wenn Sie kein Geld haben, so triste» Sie sich mit dem Bewußtsein, daß ich Ihr Freund bin!"—„Und inwiefern soll da» ein Trost sür mich sein?" „Ei nun, ich habe auch keinS!" Aus dem Nekrolog auf einen Schrcinermeistcr. „ Ter Verstorbene war langjähriges Mitglied unseres Bürgervereins und hielt bis zu seinem Ende treu zu der Fahne, zu der er gratis die Stange geliefert hatte.