Ei» Verbrechen. (12. Fortsetzung.) „Wie soll ich beginnen, theuerste Marianne? Mit welchen Worten soll ich Dir Alles beschreiben, was vorsiel? Ich habe ihn gesehen und mit ihm gespro chen. Du wirst fragen, wie er mich «mpfangen hat? Nun, erst will ich Dir sagen, wie ich ihn gesunden habe. Da ich nicht wußte, was sich ereignen werde, beschloß ich, sparsam zu sein, ich wollte nicht, daß Tu und Dein guter Alcide mir Geld senden solltest, um mir in -meinem Vorhaben zu helfen, das ihr «ine Thorheit genannt habt. Teshalb sprach ich mit dem Besitzer des Hotels in Sandbank, einem gutmüthigen, ge sprächigen Manne, und fragte ihn, wie ich billig leben könne. Er wies mich an dic Adresse, die ich oben angegeben habe. Solch' eine spaßige, gute alte Dame und solche närrische Kocherei Alles kommt aus einmal auf den Tisch. Aber, ich kann mir wohl denken, wie ungeduldig Tu bist. Also zur Sache! Ich wußte, daß er in einem vornehmen Hotel wohnen werde, für das feinste gilt das Marinehotel. Gestern Morgen ging ich ruhig in der Richtung nach demselben, und wen anders traf ich unterwegs als Charles? Charles, schö ner als jemals und so elegant! Ob er mich erkannte? Ja, sofort. Ob er zu sammenfuhr und zitterte? Ich war zu aufgeregt, um das zu sehen, aber Du weixt,' welche Selbstbeherrschung er be sitzt. Als ich ihn nochmals anblickte, war mir, als hätte cr mich erst gestern verlassen. „Endlich also hast Tu mich gebunden," sagte cr. „und bist gekom men,' um icine Scene zu machen, nicht wahr?" Diese Worte waren rauh und in jenem kalten Tone gesprochen, der mich schon so ost grausam verletzt hat. „Und wenn es so wäre?" erwiderte ich. indem meine Entrüstung erwachte. „Habe ich nicht ein Recht dazu, nach Ihrem Benehmen gegen mich, mein Herr?" —Er sah sich um, ob wir beobachtet wurden, aber Niemand war zu sehen. „Tu bist ein Mrrchen, Madeleine," sagte er endlich, die Stirne zusammenziehend, „Tu bist zur Unzeit gekommen, sage ich Tir, Deine Gegen wart hier wird mich ruiniren, und wenn Du da-Z zu Stande gebracht hast, werde ich wissen, was ich mit Dir zu thun habe."—Mein'Blut kochte bei diesen Worten! „Ich kümmere mich nicht um Ihre Drohungen, mein Herr," erwiderte ich, „Ihre Dreistigkeit gegen Ihre Frau, welche Sie seit Jahren ver lassen haben, macht mich schonungslos. Die Welt soll meine Leiden und Ihre Nichtswürdigkeit erfahren!" Meine Blicke sagten ihm. daß ich das ernsthaft meinte. „Sei vernünftig, Made lcine," sagte er, „Tu weißt nicht, was ich durchgemacht habe, seit ich Dich in Verzweiflung ließ, verabscheut von Dei nem Vater, dem alten Narren, der nie mals meinen Werth zu schätzen wußte." „Schweigen Sie!" rief ich. „er ist todt! Ich erlaube Ihnen nicht, von meinem- guten Vater unehrerbietig zu sprechen." Diese Nachricht überraschte ihn, das war ihm unbekannt. „Ach, der Alte ist todt," sagte er, „nun. das ist besser für Dich, denn sein stets be leidigendes Wesen gegen mich hat mich fortgetrieben. Ich schwur, ich wolle ihn nicht mehr sehen, noch sprechen; die eine große Schranke zwischen uns ist also gefallen." „Wenn das der Fall ist." erwiderte ich mit Hohn, denn ich war noch immer zornig, warum haben « Sie niemals danach gefragt, ob cr noch am Lebcn war oder nicht?" Charles sah verwirf aus. „Wenn Tu Alles wüßtest, würdest Tu meine Lage ver stehen. Ich habe Tich immer geliebt, Madeleine, es war mein Ehrgeiz, reich zu werden, um Dich glücklich zu machen. In Tours, wo Dein Bater mich stets in Zorn setzte und mir jeden Pfennig ver weigerte. außer der kläglichen Summe, die er Dir als Mitgift gab, war kein Raum für meine Talente, das fühlte ich. und als Monsieur Preval mich ent ließ, sah ich, daß die Zeit gekommen war, eine Veränderung vorzunehmen. Ich wußte, daß sür Dich gesorgt war. und floh, da ich nicht wollte, daß Du an dem mühevollen Geschick eines Man nes ohne Geld lhcilnehmen solltest, der allein auf feine Energie angewiesen ist. So ging ich nach Lyon. Ich war so glücklich, eine kleine Stellung zu er halten. Meine Kenntniß des Engli schen veranlaßte mein Haus, mich nach England hinüberzusenden, um dic Ge schälte desselben hicr auszudehnen, und jetzt ist der Reichthum sür mich erreich bar. Ich habe mein Ziel noch nicht erreicht, wäre es so, so hätte ich Dir Nachricht gegeben, Madeleine! Ich wollte Tich durch einen großen Erfolg überraschen, das schwöre ich Dir! Es war mein Lieblingsgedanke, eines Ta ges wie ein Prinz vor Tir zu erschei nen. Deinem Vater zu beweisen, ivie falsch sein Urtheil über mich gewesen, und Tich abzuholen, mein geliebtes Weib, und zu einer großen Dame zu machen. Du hast mir diesen kleinen Spaß verdorben, oder vielmehr, ir gend ein unglücklicher Umstand hat ihn verdorben. Aber es bleibt Tir noch immer vorbehalten, nicht zwischen mir und meinem Ehrgeiz zu stehen und dann den Reichthum, den ich in kur zer Zeit errungen haben werde, mit mir zu theilen!" Tu kannst Dir das Feuer und den Ernst nicht vorstellen, theuerste Ma rianne, welche in Charles Worten la gen. der alle Zauber nahm mich wieder gefangen, mein Zorn schwand. In diesem Augenblick sah Charles einen Bekannten herankommen und wurde unruhig.—„lch darf nicht mit Dir ge sehen werden", sagte cr. „wcnnDunoch etwas Liebe für mich besitzest, so ver lasse mich jetzt und solge mir nicht nach, ich bitte Tich. Ich werde Tich wieder treffen und Tir schreiben. Wo kann ich Dich finden?" Ich theilte ihm in steniaen Worten mit, welche Vo»sichtS-> maßregeln ich getrosten hatte, um mich zu verbergen, und wo ich wohnte. Er schien mit dem, was ich gethan hattet zufrieden zn fein. „Tu liebst mich wirklich immer noch. Madeleine", rief er. „ich wußte, daß Du ein echtes Weib bist! Der Himmel segne Dich, Ge liebte! Ich cilc sort, aber Du sollst bald von mir hören." —Er verließ mich, und ich that, was cr gewünscht hatte. Am Abend desselben Tages, als ich mich meiner Wohnung näherte, sah ich den Briefträger herankommen. Ich fühlte, daß er einen Brief für mich habe. Es war so, und ans mcin Bcr laiigcn gab er ihn mir, als ich ihm mei nen Namen sagte. Ich eilte in mein Zimmer. Der Brief war in verstellter Handschrift geschrieben, aber ich wußte sofort, daß cr von ihm war. Er bat mich noch einmal, nicht unbedacht zu handeln —" „Das muß der Brief gewesen sein, von welchem unser Freund Power ein Stück gefunden hat", bemerkte Mr. Brusel. Sir John Hunter nickte beistimmend und Monsieur Duvivier fuhr fort: „Er bat mich noch einmal, nicht un bedacht zu handeln", wiederholte er, „und nicht Alles durch meine Thorheit auf's Spiel zu setzen. Er versicherte, er werde Alles erklären, und versprach, mich am nächsten Tage an einfin stillen Ort, nahe am Strande, den er mir be schrieb. zu treffen. Ich brauche nicht zu sagen, liebe Schwester, daß ich pünktlich erschien, ich kam vor der an gegebenen Zeit, aber er erwartete mich schon, und ach, er war so angenehm, so unterhaltend und so bezaubernd! Tu wirst laut auflachen, wenn ich Dir feine Abenteuer erzähle. Weißt Tu, wer der Gründer feines Glückes gewesen ist? Tu wirst es niemals errathen ! Eine häßliche Engländerin von enormem Reichthum, welche ihn zu ihrem Ge schäftsführer gemacht hat. Unterstützt von dieser Person Charles versichert mir, daß sie abscheulich häßlich sei—hat er ein Feld der Thätigkeit sür sein Genie gefunden. Er hat große Spe kulationen unternommen, welche seine Taschen mit Gold füllen. Sie ist die Kapitalistin und er ist der lenkende Verstand; Beide theilen den Gewinn, der ungeheuer ist. Aber da die Speku lationen noch immer im Gange sind, so hat er ihre Unterstüruing noch einige Zeit nöthig, und darum eben war er über mein unerwartetes Erscheinen er schreckt und darüber, daß er in seinem Zorne Alles zu verderben drohte. Die Engländerin weiß nicht, daß Charles verheirathet ist, und obgleich ihre Be ziehungen nur rein geschästlicher Art sind, so würde sie ihm doch niemals vergeben, daß er ihr etwas verheimlicht habe. Die Engländerinnen haben, wie Charles mir sagt, sehr strenge Begriffe über Mann und Frau, und sie würden entsetzt darüber sein, daß wir so lange Zeit getrennt gelebt haben. Und nun. theuerste Marianne, kommt der beste Spaß von Allem. Charles ist voll komischer Einfälle, er hat sich vorge nommen, auf einer Weile seiner Dame zu entwischen; sie ist hier in Sandbank, wo sie zusammen Grundstücke ankaufen wollen, und wohnt in dem großen Ho tel, das auch ihnen gehört, und deshalb muß er vorsichtig sein. Aber er hat einen Plan gemacht, über den Du laut auflachen wirst. Er wird sagen, er müsse auf einige Tage verreisen, aber anstatt abzureisen, wird er zu mir kom men und mich dann nach einem ruhi gen, sichern Ort bringen, wo wir auf kurze Zeit glücklich mit einander leben !önnen, bis ich nach-Frankreich zurück lehre -und warte, bis er frei nnd als reicher Mann zu mir kommt. Und wie, glaubst Du, will er das machen? Er will sich als Frau verkleiden! Ich sagte ihm, er werde ausfehcn wie eine sehr feine nnd fchöne Dame. Ich muß ineine alte Wirthin vorbereiten uud ihn vor ihren spähenden Blicken so viel als möglich schützen. Er wird in dunkler Nacht kommen und am anderen Mor gen reisen wir ab. Auf diese Weise wird er nicht von neugierigen Personen erkannt werden, und die Engländerin wird vollkommen getäuscht werden. Was denkst Du von dem Spaß? Kharles wird mir noch einmal schrei ben, wenn Alles bereit ist. Du wirst begreifen, wie vorsichtig wir mit unse rem kleinen Scherz sein müssen, wenn ich Dir sage, daß Charles nicht nur seine Briefe mit verstellter Handschrift schreibt, sondern mir auch streng besoh len hat. sie sogleich zu vernichten, damit sie Niemand zu seyen bekommt. Aber, nun wünsche mir Glück, theuerste Ma rianne! Bald wirst Tu mich wieder sehen. und nicht als das melancholi sche Geschöpf, das so lange Deine Ge duld ermüdet hat. Adieu, oder viel mehr. auf Wiedersehen! Deine hoche» ireute Schwester Madeleine." Die Kette der Ereignisse, bis zur Tra zödie, war jetzt vollständig, der Rest ist deicht zu errathen. „Armes, liebendes, argloses Weib!" sagte Tuvivier mit gebrochener Stimme. „Das ist ja ein Teusel von Mann!" rief Sir John. Madame Ferron weinte bitterlich, 'prach aber nicht. „Es bleibt uns nur noch übrig, den Verbrecher abzufangen," sagte Mr. Brusel, „dieser Brief in Verbindung mit der Aussage dieser Dame werden genügen, mehr haben wir nicht nöthig." „Und Charlotte wird erlöst sein," murmelte Duvivier, „der Himmel sei gepriesen!" „Wo ist dieser Mann jetzt?" fragte Mr. Brusel. „Er ist auf der Reise mit Alcide", erwiderte Madeleines Schwester, „sie besuchen Lyon und andere Städte, aber sie sind nicht allein, es ist noch ein» Person in ihrer Begleitung." „Noch eine Person?" fragte der De» lekliv. „Ja, die Engländerin, welche in MadcleineS letztem Briefe erwähnt ist." „Frau Saint Alban!" riefen Mister vrufel und Sir John zu gleicher Zeit. Als der Detectiv den verwunderten Blick der jungen Frau bemerkte, er klärte er ihr das wahre Verhältniß zwi schen dieser Dame und MadeleineZ Mann, und fragte, wie es komme, daß sie von dem wirklichen Stand der Dinge keine Kenntniß habe? „Mein Mann und ich hatten keinen Verdacht," erwiderte Madame Ferron. „sie kam vor zwei Tagen aus die Ein ladung dieses Ungeheuers an. Erhalte uns gesagt, sie sei eine Dame von gro ßem Reichthum, welche ihm ihr Kapital anvertraut habe. Es war ganz die selbe Geschichte, die schon in MadeleinS Brief steht." „Aber unter welchem Vorwand er schien sie hicr?" fragte Sir John, „das kann ich nicht begreifen." „Das kann ich Ihnen sagen", erwi derte Madame Ferron, „Sie müssen wissen, daß Charles ach. ich will ihn nicht länger Charles nennen. ich meine den Mörder meiner armen Schwester, vor einiger Zeit allein zu uns kam. er brachte uns Nachrichten von Madeleine. Er sagte, sie sei ge sund und glücklich, und er Hütte sie bei Bekannten in England zurückgelassen. Er hatte ein ganzes Gewebe von Lügen vorbereitet und sagte, cr habe eine Ge legenheit benutzt, um selbst zu uns zu kommen und uns zu beruhigen. Er war sehr heiter und hatte viel Geld bei sich. Da wir Madeleines Brief erhal ten hatten, nahmen wir feine Erzäh lungen für wahr an und ließen uns von ihm vollständig über sie beruhigen. Mein Mann war sehr von ihm einge nommen. Das Ungeheuer sprach von großen Spekulationen und kolossalen Gcschästcn. Eine Million sei im Sei benhandel zu gewinnen und wenn mein Mann wolle, so könne er daran theilnehmen und auch Millionär wer den. Alcide hat. wie alle Männer aus dem Süden, eine starke Einbildungs kraft. er ist leicht zu leiten, er war über zeugt, daß sein Glück gemacht sei. Ich war derselben Meinung, denn der Plan, welchen der Elende uns vorlegte, war in der That gut. Es handelte sich da rum, die jetzigen, niedrigen Preise zu benutzen, massenhaft einzukaufen und dadurch in England ein Monopol für den Seidenhandcl zu gewinn.cn und theuer zu verkaufen. Alles, was dazu nöthig war, fei Kapital, und das habe cr. Die englische Dame werde auch herüberkommen. Alcide solle mit den Scidcnhändlern verhandeln und dann sei das Geschäft zu machen." Wie es in dem französischen Mittel stand üblich ist, war Madame Ferron von ihrem Vater in die Handelsge schäste eingeweiht, Duvivier, Sir John und Brusel waren daher nicht sehr er staunt, sie so sprechen zu hören. „Die englische Dame kam," fuhr Ma dame Ferron fort, „ich habe sie nicht gesehen, denn sie blieb im Hotel und am nächsten Tage reiste sie mit meinem Manne uud diesem Ungeheuer ab. „Sie glauben also, daß es sich um ein wirkliches Geschäft handelte?" sagte Brusel. „Ohne Zweisel", sagte Madame Ferron, „sie sind in das Gebiet der Seidenindustrie gegangen, um Nach richten einzuziehen." Der Detektiv überlegte. „Warum auch Vicht? Saint Alban hatte nur eine Person zu sürchten, und das war Monsieur Duvivier, vor welchem cr jetzt sicher zu scin glaubte. Tann hatte er augenscheinlich gesucht, Zeit zu gewin nen, indem er die Befürchtungen der nächsten Vcrwandtcn der Ermordeten beschwichtigte, und was war natürli cher, als daß er in ihrer Nähe blieb, um derart zu achten, daß sie weder durch französische Zeitungen, noch auf ande rem Wege etwas von dem erfuhren, das sich in Sandbank abgespielt hatte? Sein Talent sür den Handel und be sonders seine Kenntnisse des Seidenge schäfts machten eS ihm leicht, dies auf unverfängliche Weife auszuführen. Und was hatte die Anwesenheit von Frau Saint Alban zu bedeuten? Nichts weiter, als daß er wünschte, sie bei sich zu haben, frei von der geheimen Ueber wachung, welche die Polizei vielleicht noch sür nöthig hielt. Mr. Brusel glaubte Saint Alban's Absichten ziem lich durchschaut zu haben. Aber während er so überlegte, kam ihm plötzlich ein Gedanke. „Haben Sie und Ihr Mann nichts über den Mord in Sandbank in den französischen Zeitungen gelesen?" fragte er. „Wir lesen nicht viel", erwiderte Frau gcrron, „und außerdem war Al cide zu sehr von den Geschäften meines verstorbenen Vaters in Anspruch ge nommen und von der Wiedereröffnung unseres Geschästs." „Das läßt sich denken", erwiderte Sir John. „denn, wenn Sie den kurzen Bericht gelesen hätten,welcber auf meine Veranlassung vor kurzer Zeit im „Fi garo" erschien, so würde Ihr Verdacht wohl erregt worden sein, der Name Ihrer Schwester würde dazu wohl ge nügt haben." „ES ist ein unglücklicher Zufall", sagte Madame Ferron, „Monsieur Ro quctte, welcher den Elenden in London erkannt hat, und welcher vielleicht die Zeitungen gelesen und einigen Arg wohn geschöpft hat, reist jetzt 'in Spa nien." „Ja, es ist merkwürdig, daß wir un ter diesen Umständen der Wahrheit so schnell auf die Spur gekommen find. Aber jetzt mllffen wir den Mann fassen. Wann erwarten Sie ihn zurück, Ma dame?" „Ich weiß nicht", erwiderte Madame Ferron. „aber es werden wohl noch einige Tage darüber vergehen; Alcide will mir Näheres schreiben." „Jedenfalls", sagte Mr. Drusel, „haben wir Zeit, einen Verhaftsbefehl zu erlangen. Ich werde heute dafür sorgen; inzwischen müssen wir unseren Plan entwerfen und abwarten." ; „Sie müssen vor allem unsern Besuch vnd die schrecklichen Nachrichten, die Sie jgehörthaben, geheimhalten.Madame," rieth Sir John, „selbst Ihr Gemahl darf nichts davon wissen, bis er zurück kommt." „Sie können sich auf mich verlassen", erwiderte Madame Ferron, „ich liebe Madeleine zu sehr, um nicht zu wün schen, daß sie gerächt werde. O, wa rum hat sie solch ein Ungeheuer gehei rathet? Unser armer Vater war im mer dagegen und hat nur aus Made leines Bitten eingewilligt. O wenn er strenger gewe.'en wäre!" Wie Brusel richtig bemerkt hatte.wzr gegenwärtig nichts zu thun, als abzu warten. Die drei Reisenden nahmen Wohnung in einem Hotel und suchten möglichst wenig Aussehen zu machen. Madame Ferron übergab Brusel die Brieie ihrer Schwester und dieser schrieb an Air. Norfolk und an die Behürd' von Sandbank. Madame Ferron hielt ihr Wort, sie sprach mit Niemand über das, was sie erfahren hatte. Ter Laden gegenüber der Kathedrale wurde jsden Tag wie gewöhnlich geöffnet, und die Schwester der Ermordeten suchte ihren Kummer so gut als möglich über das Geschehene zu verbergen und der Welt gegenüber ruhig und heiter zu erscheinen; Niemand in Tours außer ihr und den drei Fremden hatte eine Ahnung von der schreckliche»' Wabrheit. Mehrere Tage waren vergangen. Sir John und seine Begleiter gaben sich für Reisende aus, die sich sür Al terthumsforschungen interefsirten. Sie besuchten die Kathedrale und andere alte Gebäude in der Stadt und Umge gend, die noch aus der Römerzeit her rühren. Mr. Vrufel spielte sich als Gelehrter auf und führte mit Hilfe des Bädeler mit dem Wirth des Hotels und anderen Leuten, mit denen er in Be rührung kam, sehr gelehrte Gespräche über Hadrian. Chlodwig, Heinrich IV. und verschiedene historische Thatsachen. Madame Ferro» gab ihm mehrmals Nachricht. Alcide hatte einige Male geschrieben. Er war mit seinen Reise gefährten in Narbonne, Lyon und an deren Städten gewesen. Sie reisten von Stadt zu Stadt, um sich zu unter richten und ihre Pläne in's Werk zu setzen. Seine Nachrichten waren kurz; er war augenscheinlich zu sehr von dem Geschäft in Anspruch genommen, um ausführlich zu schreiben. Aber aus feinen kurzen Briefen war doch darauf zu schließen, daß Saint Alban an keine Entdeckung dachte, und daß sie bald nach Tours zurückkehren wollten. Sir John war voll Ungeduld, ebenso Duvivier. Ter Erstere wünschte drin gend, die Sache bald durchgeführt zu haben, und der Letztere war von dem Gedanken gequält, daß seine Nichte sich noch immer im Gefängniß befand. Brusel tröstete ihn indessen durch die Versicherung, daß die Briese, die er Irach England gesandt habe, wenn nicht die Freilassung des jungen Mädchens, so doch wenigstens eine besonders rück sichtsvolle Behandlung für sie zur Folge haben müßten. Nach einigen Tagen werde Saint Alban ergriffen und nach England gebracht werden, nnd dann werde Charlotte sofort glänzend gerecht fertigt und freigelassen werden. Ein unerwartetes Ereigniß unter brach jedoch die Einförmigkeit dieser Tage des Abwarten». Eines Morgens erschien im Hotel ein stattlich aussehen der Herr mit breiten Schultern und überraschte die Gesellschaft beim Früh stück. „Halloh, Power!" rief Mr. Brusel aufspringend und schüttelte dem Ange kommenen herzlich die Hände. „Von wo in aller Welt kommen Sie?" „Von London natürlich", erwiderte Robert lachend, „ich habe dort von Ih nen gehört und glaubte, es könne ganz gut sein, wenn ich mich Ihnen anschlie. Ben würde." Der gewesene Gesängnißwärter von Dartmoor hatte viele und angenehme Neuigkeiten mitzutheilen. Alles war gelungen. Stanley hatte Wort gehal »en nnd in Gegenwart des Gcfäiigniß direktors seine Aussagen gemacht und zugleich auch seiner Frau Nachricht ge geben. Mit diesen Waffen ausgerüstet, war Power nach London gegangen und hatte sich mit Mister Norfölk'besprochen. Dieser hatte sogleich seinen Bruder, Toktor Norfolk, zu sich gerufen, um mit ihm die Sache zu berathen. Dok tor Norsolk rieth, ein Comite von be kannten und geachteten Aerzten zu be rufen. welche Alles untersuchen, Frau Stanley befragen und über die ganze Sache Bericht erstatten sollten. Tics geschah jetzt eben. Das Comite war gewählt worden, und Robert war davon überzeugt, daß die Untersuchung ein sür ihn höchst befriedigendes Resul tat haben mußte. In Folge eines ihm gegebenen Rathes nahm er keinen Theil an den Verhandlungen und konnte übe»' seine Zeit verfügen, wie er wollie. Aber er hatte zur Bedingung ge macht, daß weder der Sträfling, noch feine Frau zur Verantwortung gezogen werden durften. Für die Letztere wurde jetzt auf's Beste gesorgt. Doktor Nor folk hatte die Sache in die Hand ge nommen und ihr eine einträgliche Be schäftigung verschafft. „Uud was glauben Sie, war der hauptsächlichste Beweis gegen jenen Elenden?" fragte Robert am Schlüsse seiner Mittheilungen. „Ein Brief, ein Brief, in welchem von mir in ver steckter Weise die Rede war, nachdem ich Manchester verlosten hatte, und in dem Stanley eine fortwährende Geldunter stützung von Saint Alban versprochen wurde, sobald das Geld des reichen Mannes damit war natürlich Gallo gemeint in die Tasche des vortreffli chen zweiten Mannes von Frau Gallo gelangt sein werde. Frau Stanley hatte diesen Brief aufbewahrt, und das war ein Glück für mich. Er war nicht unterzeichnet, Sie können sich denken, daß er dazu zu fchlau war. aber es war trotzdem bester, als wenn Saint Al bans Unterschrift sich darunter befun den hätte. Sie werden vielleicht erra then. warum? Er war in derselben spinnenartigen Handschrift geschrieben. wie die Worte auf dem Stück Papier, das ich im Zimmer der Ermordete» gesunden habe." 83. Endlich kam die Stunde zum Han deln. Ein kurzcr Brief von Monsieur Ferron an feine Frau, welcher bald nach Robert Poner's Eintreffen ii TourS ankam, enthielt die Mittheilung, daß Monsieur Courtin alias Saini Al ban und seine Kapitalistin am inchsten Tage zurückkehren würden. Alles war zu ihrem Empfang vorbe reitet. Ter Vcrbaftsbcfehl für Saint Alban war ausgefertigt und befand sich in Brufel's Händen. Der Chef der Poli zei in TourS war von dem, was gesche hen sollte, benachrichtigt. Er hatte seine Zustimmung gegeben Und war be reit. alles, was erforderlich sei, zuthun. Einige Gensdarmen unter dem Befehl eines Brigadiers waren Mr. Brusel beigegeben worden und erwarteten sein? Befehle. „Wir müssen die Sache auf folgende Weise angreifen", sagte der Detektiv, „alles muß so ruhig und still, als mög lich geschehen, um dieser armen Dame und ihres Mannes willen, die hier ein Geschäft führen und natürlich wün schen. daß so viel als möglich Aufsehen vermieden wird. Wir sind ihr das schuldig sür den Beistand, den sie uns geleistet hat. Ich schlage folgendes vor: Madame Ferron geht auf den Bahnhof und ficht aus, als ob nichts vorgefallen wäre, bringt ihre Gäste nach Hause und macht uns Mitthei lung, wenn sie dort eingetroffen sind. Sobald wir die Nachricht erhalten, tre ten wir ein und die Sache ist abge macht. Was denken Sie von meinen' Plan?" Mr. Brnfels Vorschlag fand allge meinen Beifall, nur Robert hatte ein» Einwendung zu machen. „Wird Madame Ferron stark genug sein, ihre Gefühle zu beherrschen und ihre Nolle zu Dielen, ohne Saint Al bans Verdacht zu erregen ? Mit die sem Herrn ist nicht zu spaßen; bei dem geringsten unbedachten Wort oder Blick wird er sogleich auf der Hut fein und zu entkommen suchen. Wenn Madame Ferron nicht unbedingt ihrer selbst sicher ist, so wäre es besser, die Sache anders zu machen." Madeleines Schwester versicherte je doch bestimmt, sie werde den nöthigen Mnth besitzen und- Alles wie erwartet aussühren. Ihr Schmerz war in einem Durst nach Rache übergegangen, der sie stark and entschlossen machte; ihr nes Wesen bürgte dafür. Mit fieberhafter Ungeduld wurde der wichtige Tag erwartet. Der Bahnzug, ber Saint Alban brachte, sollte gegen Mittag in Tours eintreffen. Lange vor dieser Stunde gingen Herr Du vivier und seine Freunde ungeduldig in ihren Zimmern im Hotel auf und ab lind sahen alle Augenblicke nach der llhr. Duvivier war in der That kaum von einer Unbesonnenheit abzuhalten. Er hatte den Gedanken gefaßt, er. oder sonst Jemand von der Gesellschaft, solle oerkleidet auf den Bahnhof gehen, um sich zu versichern, daß Saint Alban an gekommen sei. Da es Mr. Brnsel nicht gelingen wollte, den Franzosen durch gütliches Zureden von seinem Plan abzubringen, so drohte er, ihn den ganzen Tag über in sein Zimmer einzuschließen, bis alles vorüber sei, wenn er nicht sein Ehren wort geben wolle, seine Ungeduld zu zügeln'. Man sah dem Detectiv an, daß er im Stande war. seine Drohung >ur Wahrheit zu machen, und Monsieur Duvivier zog schließlich vor, sich zu lügen. Endlich kam das lange erwartete Zignal in Gestalt eines Briefes, den ein Bote"in das Hotel brachte. Kein unvorhergesehener Zwischenfall war ein getreten. Der Zug war pünktlich an gekommen und die Erwarteten waren mit demselben eingetroffen. Sie woll ten zuerst i» einem Hotel absteigen, zber Madame Ferron bestand darauf, saß sie zu ihr kämen. Sie waren jetzt ihre Gäste und saßen in dem kleinen Salon über dem Laden, ohne die ge ringste Ahnung von dem zu haben, was kommen sollte. Ihrem Versprechen ge lreu hatte Madeleine s Schwester ihren Mann bis zum letzten Augenblick nicht in's Vertrauen gezogen. Alles war so eingetroffen, wie man :s geplant hatte. Alle Erwartungen waren eingetroffen. Zur rechten Zeit wurde in aller Eile der Polizei Nach richt gesandt, und vier Gendarmen, von einem Unteroffizier geführt, gingen, um nicht zu großes Aufsehen zu erregen, schweigend und vorsichtig die Häuser reihe entlang nach dem Laden gegen über der Kathedrale. Mr. Brusel würde lieber auf diese kriegerische Machlentfaltung verzichtet und diese Männer mit gewichstem Schnurrbart, kurzen Säbeln und Drei mastern bei Seite gelassen haben, aber man mußte sich den Gesetzen und dem französischen Gebrauch sügen. Vorsichtig traten die Leute in das Haus, von einer gaffenden Menge an gestarrt. die sich im Augenblick ange sammelt hatte. Madame Ferron er wartete die Fremden und ließ sie ein. Zuerst kamen Mr. Brusel und Robert Power, beide sehr ruhig und entschlos sen, dann folgte der Baron, ebenfalls gefaßt, und neben ihm Monsieur Du vivier. dessen erregbare Natur sich in seinen bleichen Mienen und seinen leb hasten Geberden äußerte. Die Gen darmen blieben im Hintergrund, bereit, bie Thüren zu besetzen und den Ver brecher in Empfang zu nehmen, sobald sie dazu berufen wurden. Inzwischen saß Saint Alban ge mächlich in einem Lehnstuhl und sprach mit Ferron. welcher, erregt durch einige seltsame Andeutungen seitens seiner Frau, vergebens versuchte, leine Auf nerksamkeit ungetheilt seinem Gast und verwandten zuzuwenden. (Fortsetzung folgt.) Der Akrobat al»Zah«zt«h»r» Neulich hatt' ich Zahnreißen, fürch terlich. sag ich Ihnen, so. daß ich nicht mehr japsen konnte. Ich versuch Ein reibungen hilft nichts; ich versuch's mit 'ner Feige, 'ner wirklichen südländischen, keiner Backenwurzen, Hilst wieder nichts dann kam angebrannte Watte —ich riech' mich fast zu Tode d'ran, 's wird immer schlimmer! Nu muß der Zahn 'raus, sag ich. „Hör," sagt mein Leb recht, „da gehe zum Zahnreißer Wuppdi, der ist früher mal Akrobat bei Sala monsky gewesen, der hat das Ausreißen weg, sag' ich Tir!" Na. ich überleg mir s noch 'ncn Tag; als aber die Ge schichte zu schlimm wird, halt' ich's nicht mehr aus und geh' hin. Da kommt mir ein Kcrlchen entgegen, schlank und dünn wie eine Tanne und macht einen Entrechat, wie 'ne Balleteuse. „Bitte, den Mund auf!" Ich thu's. Er hüpft in die Höhe wie ein Frosch, macht im Hüpfen eine Verbeugung und sagt: „Möns, den weiden wir gleich haben!" Ich denl', der Kerl ist toll, aber der läßt keine Ruh', im Nu steht er auf der Stuhlkante, macht einen Kratzfuß in die Luft und lispelt: „Nu mache Sie ein freundlich Ge sicht, man olisr —" worauf er den vermaledeiten Schraubenschlüssel mir in den Mund bringt. „Wenn ick sa gen eins, swei, drei, nachher beginnen die groß Saltomortale von Zahn und ich!" sagt der Teufelskerl und packt an. Da steht er auch schon mit den Füßen auf der Stuhlfeitenlehne „»Hon» awi vils, Vits!" ein Satz und er ist auf der Stuhllehne hinten, legt sich hinlen über ein furchtbarer Ruck ich sehe einen Knaul von einem Men schen in der Luft sich ein Dutzend Mal herumdrehen, spüre ein Krachen, dann einen gewaltigen Schmerz und schon steht Monsieur Wuppdi vor mir, mit graziösester Verneigung mir den glück lich Per Saltomortale gezogenen Zahn zeigend: „Wünschen Monsieur eine Wiederholung von die Produktion?" Nun, ich hatte genug!' Fatales Versehen. Doc» torsfrau: „Aber. Mannchen, warum ärgerst Tu Dich so sehr?" Arzt: „Den!' Dir nur das Pech! Ich habe aus Versehen beim Ausfüllen des Sterbezetlels für meinen Patienten Meier in die Rubrik „Todesursache" meine Unterschrift hinein geschrieben!" Abgeblitzt O glau ben Sir mir, Fraulein Amalie, glau ben Sie meinen Worten: Ich liebe Sie rasend!" —„Sie Glücklicher! Sie haben schon Jemand', den Sie lieben Ich noch nicht!" Triumph. Michel: „Du, Dein Schädel hat scheint's bei der letzten Rauferei mit dem Sepp a' tüch tig's Loch 'lriegt!" Girgl (stolz): „Dem Sepp sei' Krügel aber auch!" Allerlei Ber«i»Snameu« Eine vereinswissenschaftliche Namen« studie gibt Dr. W. Bode in der „Frkf. Ztg." zum Besten. Während ein be deutungsvoller Gedanke oft nach Jah ren taum ein paar Anhänger gewinnt, gibt es Bereine, die in kurzer Zeit ein Land überwuchern, nur weil etwas „Klimbim" daran hängt. Saßen da z. B. am 24. Oetober 1878 in Oswin Schumann'S Wirthschaft zu Zwickau ein Dutzend Männlein an ihrem Stammtisch und machten Witze, so gut sie konnten. Einmal hieß es: „Fa mos! Ter Witz muß angenagelt wer den!" Ter Wirth nimmt die Redens art nach Eulenfpiegclart und holt Ham mer und Nagel herbei. Der Nagel wird eingeschlagen; da zu erwarten steht, daß noch mehr gute Witze die Einschlagung weiterer Nägel nöthig machten,' einigt man sich, daß die Nä gel zuletzt ein Kreuz bilden, und daß zum Hammerschlag nur die zugelassen werden sollen, die bei jedem Hieb zehn Pfennige sür die Armen opfern. So entstanden die „Kreuzbrüder-Tische". Bis März 1889 waren deren 2t)V ge worden, allermeist in Sachsen, mit2V,- VW Mitgliedern; 1884 sollen 64,000 Mark für Unterstützungen aufgebracht sein. Die Namen aus alter Zeit sind oft darum so schlicht, weil sie nicht zur Unterscheidung zu dienen brauchten. In kleineren Orten genügt auch jetzt noch der natürliche Name. z. B. „Gc fang-Berein". Wer aber in einer grö ßeren Stadt einen neuen Gesangverein gründen will, braucht eine lebhaste Phantasie, uni einen neuen Namen zu entdecken. Ich will eine Anzahl selte nere Bezeichnungen aufführen, die alle von sächsischen Pereinen thatsächlich, ge werden; Max Moltke's Adreßbuch der sächsischen Vereine (Leipzig 1891) ist eine reichhaltige Quelle. Neben den ersten Dirigenten leihen oft Komponi sten den Titel, wir finden Mozart-, Bach- und Mendelssohn-Gesangvereine; aber auch andere Männer sind brauch bar, z. B. der heil. Paulus, der heil. Lukas und der unheilige Anakreon. Aus der Pflanzenwelt begrüßen wir „Jmckergrün", „Edelweiß", „Alpen rose", „Esche". „Blume", „Grüner Zweig" und „Eichenhain". Aus der Thonwelt find genommen „Andante". „Allegro", „Cantatc", „Echo", „Ca non", „Tonica" und „Stimmgabel". Die Einen summen wie ein „Bienen stock",die Anderen flüstern als „Zephyr", dic Dritten murmeln wie „Hippokrene", und in Wallenburg heulen sie gar als Vertreter der „Nubia". Wir finden auch eine „Strohkapelle" und „Schwe densänger"; die Einen singen uns im mer „Vorwärts" entgegen. Andere „Grüß Gott!", noch Ändere plaudern .Unter uns"; die Tugendhaftesten ru fen „Heim"! Die Kegelbrüder schießen jedoch von allen Vereinsnamen-Erfindern ohne Zweifel den Vogel ab. Die physiolo gisch-psychologische Monographie über die Einwirkung des Kegelspiels auf Phantasie und Humor harrt zwar noch ihres Verfassers, aber daß diese Ein wirkung äußerst fruchtbringend ist. können wir leicht beweisen. Wir fin den unter den Dresdener und Leipziger Kegelklubseine „Feine Familie", „Fa milie Schulze", eine „Familie Pampe", auch der „Perusche Adel" ist vertreten. Als VereinSgenien dienen „Bismarck". „Hagenbeck", „Rübezahl", der „Bat tenberger" und eine „Jule", deren Fa miliennamen nicht genannt wird. Wir finden in diesen Klubs „Gaudium". »Fitz", „Humor". „Dorftorkel", auch .Wupticität" und gar „Redefreiheit". »Nur ruhig !" heißt hicr die Losung. „Schwamm drüber" dort; beides ist berechtigt, denn es sehlt nicht an „Klim bim", „Mumpitz", „Radau", und „Krach". Neben einer „Brummochsia" und einer „Heeringsbatterie" finden wir zu unanssprechlicher Frende noch den berühmten allen und schon recht ' unkenntlich gewordenen .Tugendbund" wieder. In Dresden gibt es unter den Kcg» lern „Fettflecke", „Kannibalen", „Lok» kenköppe", „Lustige Holzer", ..Holz schinder", „Motten". „Nachtwandler", „Namenlose", Räuber", „Rippen und Rauhbeine", „Sandhosen", „Voll monde", „Wolkcnschicber", auch eine „Lustige und traurige San". Tie Leipziger sind nicht besser, donn sie sind „Blitzlerlc", „Dreylöppe", „Gute Männer", „Hähne", „Kaltblütige", „Klammersäcke", „Kobolde", „Mag ier", „Pavpenhcimer", „Patentlork ser", .Pechbrüder", „Quaker", „Rat ten", „Rattenfänger", .Sägeböcke", „Schuster", „Schwefelbande", „Spar taner", „Stilvolle", „Streitköpse". „Sumpfer", „Süßholzraspler", „Tan ten", „Urgemüthliche", „Wespen". .Wilde Männer" und „Zukünftler". Etwas von russischer Rechtspflege. Ter Schullehrer des Dorses Gussin, Gouvernement Ljublin, beschwerte sich beim Ljublin'schen Land gerichte darüber, daß ein Gutsbesitzer einen Theil des Schullandes für sich genommen hab«, das Holz für die Schule nicht liefern wolle und alle Ser vituten gegen die Schule verweigere. Es wurde ein Commissär geschickt, um an Ort und Stelle zu entscheiden. Ter Commissär fragte den Lehrer in Gegen wart der Bauern, ob er die Krülow'sche Fabel von dem Wolf und dem Lamme lenne und fügte hinzu, daß auf solche Beschwerden eines Schulmeisters gegen über einem Gutsherrn zwei Wochen Arrest gehörten. AIS die umstehenden Bauern betheuerten, daß der Schul meister im Recht sei, befahl der Com missär ihnen, zu schweigen. Und zum besseren Verständniß sür dic dumme Menge fügte er mit Pathos hinzu, daß er in seinem Kreise wegen Widerstandes gegen seinen Willen drei Bauern in s Gefängniß habe stecken lassen, deren einer sich jetzt aufgehängt habe. Sol cher Autorität gegenüber blieb den Bauern das Wort in der Kehle stecken, und die Sache war zu Gunsten de» Gutsherrn entschieden. 3