2 Vi« U«d««»e«. Nach dem ersten September wird je der Abonnent des „Kicker" ein 96Oua dratzoll umfassendes Bild, unseren Privatsriedhos bei Mondlicht darstellend, zum Andenken erhalten. Besagter Ariedhaf bildet einen schönen Grasplatz mit Bäumen, Sträuchern und Blumen im Ueberfluß und ist eingefaßt von einem weiß angestrichenen Zaune. Die Herstellung und Erhaltung der Anlage hat uns bis jetzt etwa SlOOO gekostet. Reisende, welche dieselbe besuchen, be haupten. Nichts gesehen zu haben, was sich mit dem Platze vergleichen ließe. Wenn wir recht unterrichtet sind, befin det sich in den ganzen Ber. Staaten außer uns nur noch ein einziger Zei tungsherauSgeber, welcher einen Pri vatfriedhof besitzt. Der Mann soll ir gendwo in Idaho wohnen, seine Anlage aber nur drei Gräber umfassen, auch soll er die in denselben liegenden Indi viduen nicht mit dem Schießeisen um gebracht, sondern dieselben, während sie berauscht waren, mit einer Spitzhacke erschlagen haben. Das Bild stellt den Vollmond dar, wie er auf unseren Pri vatfriedhof scheint und alles so deutlich hervortreten läßt, wie in der Mittags sonne. Ein Lichtschein umgibt jede» Grabhügel, und die um die Gräber sich liehenden Erdbeersträucher und blühen den Veilchen rufen eine Weichheit des Eindrucks hervor, welche direct zum Herzen eines jeden Beschauers geht. Die Rückseite des werthvollen Anden kens enthält die Liste der auf unserem Privatfriedhofe Beerdigten, welche wie solgt lautet: No. I. ErzHalunke Johnson von Mantana. Derselbe hatte aus Princip sich vorgenommen, einem Redacteur de» Karaus zu machen. No. 2. Unbekannter Kerl, der zwei mal nach uns schoß, bevor wir ihn zu Boden streckten. Die beiden Kugeln des Tölpels flogen zu hoch. No. 3. Nicht genau identificirt. ver muthlich aber Sam White von Nevada. Der Lump feuerte zwei Schüsse auf unS ab, weil wir an einem windigen Tage zufällig auf seine Stiefel gespuckt hatten. No. 4. Nicht bekannt gewordenes Individuum, welches um Mitternacht durch das Fenster unseres Schlafzim mers einen großen Stein warf und ver zückter Weise wartete, un, zu sehe», ob wir auch hinaus kommen würden. No. 5. Colone! Bill Hastings von Scotts Valley, der unS aufgesucht hatte, um die Zurücknahme einer Be leidigung zu fordern. Er schoß aber auf uns, bevor wir seinen Willen'zu erfüllen vermochten. No. 6. Cowboy Joe Davis von Vlinch Valley. Der Halunke hatte un gefähr drei Minuten von unserer Office Besitz ergriffen. Wir litten an dem Tage an einem wunden Finger und waren in unseren Bewegungen ziemlich langsam. No. 7. Nicht identificirteS Indivi duum von Scotts Valley, der um Mit ternacht aus einem krummbeinigen Maulesel in unsere Stadt gehaspelt kam und in unser Schlafzimmer eine Ladung Rehposten abfeuerte, welche im BettstoUen über unserem Kopfe stecken blieben. Während er draußen auf ein Lebenszeichen von uns wartete, siel er plötzlich von feiner Schundmäh« herunter und starb. No. 3. Der Montana - Schrecken. Dieser war wahrscheinlich gemiethet, uns das Lebenslicht auszublasen. Un ser Schießeisen wollte an diesem Tage uicht recht arbeite», und wir mußten, um den Kugeln auszuweichen, uns ducken und hüpfen, daß es nur so eine Art hatte. Hätte der Kerl seine» Vor theil verstanden, dann wären wir Nr. 8 geworden, 112 aber schoß er II Löcher in die Lust, bis er seine Schießübungen sür immer einstellte. No. S. Ein aus Bill William? Ereek Sektion stammender Unhold nach altem Schrot und Korn, welcher meinte, daß die Eivilisation in diesem Lande zu rasch vorwärts schreite, und sich einer Bekanntmachung im „Kicker" wider setzte, in welcher gesagt war, daß diese Stadt kein Platz für ihn sei, sich aus jutummeln, schoß mit beiden Händen, und wir waren vier Mal gestreift, be> vor er von hinnen ging. No. 10. Ein trübseliger Fremdling, der stets die Ohren hängen ließ, und den die Jungens nur das „Täubchen" nannten. Es schien, als ob er nicht den Muth einer Fliege hätte, doch als wir ihm eines Nachmittags in väter licher Weise die Sünde des Hernmbum melnS vor Augen führten, eröffnete er plötzlich Feuer auf uns. und er hatte schon drei Schüsse auf uns abgegeben, ehe wir ihn sür immer von feinem trä gen Lebenswandel heilten. Seine Identität ist nicht festgestellt worden, doch erfuhren wir, daß er mit Vieh >ieben von Gila City gekommen war Boshaft. „... .Nachdem Sie mich, Fräulein Amanda, denn durchaus nicht erhören wollen, und ich Sie nicht mehr wiedersehen soll, bitte ich Sie we nigstens um. ein kleines Zeichen der Erinnerung, besten Anblick Micha» dies« Abschiedsstunde mahne» und mir Trost gewahren soll ——" „Nun denn, leihen Sie mir gefälligst Ihr Taschen buch. (Macht einen Knoten hinein). So, hier haben Sie ein Erinncrungs zeichen." Fatal. „Von Ihne» hab' ich schöne Sachen gehört." ruft ein Com- Ponist dritte» Range? auf der Straße einem Bekannten zu. „Ich von Ihnen nicht," antwortete der Schlag, fertige spöttisch. Originelle Klage. Rich ter: „Ihr habt dem Waftl eine Ohr feige gegeben und verklagt ihn nun jwegen Schadenersatz!? Kläger: .Freili'! I' hab' mir ja d'Hand dabei !jo verstaucht, daß i' vierzehn Tag' nix O»b' arbeit n könn»'!" Lbeid» Werd«««. Die Sonne neigte sich zum Unter gange und goß feuriges Gold über die Wüste wie über ihre Grenze, einen mei lenlangen, dunkeln, steile» Lavawall, der nur durch einzeln« schluchtartige Einschnitte zugänglich schien. Oben am Eingange der tiessten Schlucht stand nn Beduine und hielt scharfen Auslug. Grade als die rothe Scheide zu versin ken anfing, entdeckte er fern im Süden eine» einzelnen Reiter. Er hob die Flinte und feuerte einen Signalschuß in die Lust. Tann lud er sein Gewehr und spähte weiter, diesmal gegen Osten. Und nicht lange dauerte es. so erkannte er auch dort die Gestalt eines Berittenen. Er begrüßte sie mit einem zweiten blin den Schuß und setzte sich wie ein Mann, der seine nächste Wächterpflicht erfüll» hat. Drinnen, wo die Schlucht sich zum geräumigen Thaltessel erweitert, hatte ein Stamm sein Lager ausgeschlagen. Unter dem breiten Zeltdach des Scheichs saßen noch einige seiner täglichen Be sucher bei Kaffee und Pfeife, in wenig flüssigem Gespräch. Aber die meisten der Leute begannen schon sich zur Abend mahlzeit zurückzuziehen; auch die Wei ber im Frauenzelt des Scheichs hatten ihre Thüröffnung schon zugezogen. Und als der erste Schuß von der Schlucht herüberkrachte, vielfaches Echo und hundertstimmigeS Hundegebell weckend, da erhoben sich die Gäste, warfen dem Scheich einen verstäudnißvollen Blick zu und verabschiedeten sich von ihm. Scheich Nedjib blieb allein, ein wür dig verschmitzter Herr, und strich sich in behaglichem Nachdenken den Bart. Alt der zweite Schuß knallte, flog ein Zug von doppelter Schlauheit über feiu Antlitz er sah in dem Augenblick etwa aus wie ein Diplomat, der aus Pfänder leiht und er murmelte wohlgefällig: Sie kommen richtig zu sammen, da werden sie sich gegenseitig überbieten. Bald tönte leichter Hufschlag auf dem Lavasande, ein junger Reiter im gestreisten arabischen Mantel stieg ab und schritt aus den Scheich zu, sich höflich verneigend. Sei gegrüßt, Ned jib, ich bin dein Schutzbefohlener. Sei willkommen, Kassim, antwortete jener und winkte ihm, sich niederzulas sen. Beide nahmen aus dem Filztep pich Platz, der unter dem Zeltdach lag. Nedjib rief einen leisen Befehl in'S In nere des Zeltes. Ein Bursche trat herzu, brachte Pfeifen, Kohle», Kaffee und kleine Tasten; beide tranken und rauchte», ohne viel zu sagen. Eben als Kassim die dritte Tasse absetzte, er tönte zum zweiten Mal der Husschlag eines Pferdes: Nedjib konnte ein leises Zucken der Mundwinkel nicht unter drücken, als sich bei dem Klang ein deutlicher Ausdruck des Mißvergnügens im Gesichte seines Besuchers einprägte. Der zweite Ankömmling war gleich falls jung und kräftig, aber mit Prunk gekleidet. Er trug ein rothseideneS Ehrengewand, wie es wohl als Festge scheiik an hochstehende Führer verab reicht wird, und der Handgriff seiner Gürtelpistole blitzte wie vo» silbernem Beschlag. Er wurde begrüßt und be wirthet wie sein Vorgänger, und dar über verstrich wieder eine gewisse Zeit, sodaß die Dämmerung dem Mondschein gewichen war. als er die dritte Tasse absetzte. Dann wurde ein niedriger, runder Tisch von getriebenem Metall zwischen die Männer gestellt und der Dieuer beschickte ihn mit Esse»! sie tha ten dem Mahl Ehre an und sättigten sich- Nach dem Abräumen, als Tabak und Kaffee zum zweiten Mal geböte» war strich Scheich Nedjib recht langsam über seinen Bart und begann: Meine Freunde, ich weiß, weshalb ihr lomnit, und ihr wißt es gegenseitig. ES wäre Thorheit, hier noch Geheim uißkrämerei zu treiben. Eure Absicht ist hell und heiß wie ein Licht, wer sie verdecken wollte, würde sich verbrennen. Also spreche» wir offen. Ihr Beide wollt meine Tochter zur Frau, und Beide habt ihr schon mit mir verhan delt. Ich kann sie nur einem geben, und da ist es mir ganz lieb, daß ihr zusammentrefft: so kann jeder von euch köre», was der andere zu kielen hat, und jeder kann sich überzeugen, daß er mir nicht zürnen darf, wenn ich das Angebot des andern vorziehen muß. Tu. Kassim bist «in reicher Mann in deinem Stamme, du. Kerem. bist der Sohn eine- mächtigen Freundes: sagt hier beide, was ihr zu versprechen uiid zu vergeben habt. Kaisim wart einen schrägen Blick aus seinen Nebenbuhler, dann sah er dem Alten sest in s Gesicht und sprach Ja. ich will deine Tochter, und du weißt mein Besiy ist nicht gering Ich habe Antbeil an den vierhunder« Ka meelen meine? Stammes, und ich be. sitze für mich eine Herde, am die mich mancher beneidet: zwölf Kameele. zwei hundert Schafe, drei Pserde von schnel ler Art. Es wird deiner Tochter nicht an Milch fehlen und nicht an Brot »der Kaffee, noch auch an silbernen Span gen zum Putz. Und was gibst Du mir alt Kauf preis? sragte der Scheich. Ich hatte drei Kameete und dreißig Schase geboten, ich will n-ch zehn Schase zulegen. Und wie steht's mit baar-m Gelde? fuhr der Scheich in leiserem Tone sort. Gleichsalls leise antwortete Kaisim: Wir können uns »och darüber einige»! du weißt, wa, ich dir schon geboten habe. Wohl. Jetzt rede du. Kerem. Ich bin nicht so reich wie jener, sprach der Angeredete, aber du weißt, mein Vater ist der Schnch eines mäch tige» Stammes. Er besitzt sür sich nicht viel Vieh und nicht viel Silber, denn sein Tiich saßt viele Gäste, und was er hat, geHort feinem Volke. Aber ich bin der Sohn feines Ansehens und seiner Lieder, mit denen die Männe» unseres Lande! sich am Lagerfeuer be geistern. Er hat mir sei« Ehrenkleid vererbt, und so wird er mir die Führer schaft vererben. Deine Tochter ist schön und zart wie die Gazelle, die aus dem Schoße der Fürstin ruhen darf, und sie soll ruhen wie diese, sie soll die erste sein in meinem Frauenzelt und später in meinem Stamme. Und was bietest du mir? Ich hatte dreißig Schafe geboten, doch sage ich vierzig! Männer meines Volkes werden sie ausbringen. Und dazu gebe ich dir die Hülste von dem. was ich selbst besitze, ein Viertel eines Rosses von edelster Abkunft. Ist das alles? Nein, das wichtigste krmmt zuletzt: unsere BundeSgenossenschast. Dein Stamm ist wohlhabend, aber klein an Zahl, und wenn die Sommerdürre dräut, wenn der Krieg um die Brunnen anhebt, dann mag es euch schwer wer den. euren Platz zu behaupten und euren Besitz zu schützen. Gib mir deine Tochter, und haltet euch zu unS! ein guter, starker Freund wiegt tausend Ka mele auf. Scheich Nedjib strich sich wieder nach denklich über den Bart: er wußte längst, wen er bevorzugen wollte, aber durch kein Manöver war eS ihm gelungen, den Preis der Braut um ein namhaftes in die Höhe zu treiben, und mit milder Schlauheit hob er an: Freunde, ihr macht mir die Wahl schwer, das müßt ihr selbst bemerken. Ihr wißr, Söhne geben Macht. Töchter Reichthum, und ich als Bater muß erwägen, was ich vorzuziehen habe, deine reiche Gabe, Kassim. oder dein Bündniß, Kerem. Daß keiner mir zürne, wenn ich dem andern mein Jawort gebe, ihr seht ja... Er suhr fast ein wenig zusammen, denn im diesem Augenblick krachte vom Eingang der Schlucht her ein dritter Schuß, den er ebensowenig erwartet hatte wie seine Gäste. Die Verhandlung war unterbrochen: mit unmuthiger Spannung blickten die Männer nach der Richtung hin, aus welcher der neue Besucher zu erwarten war. und in der That, nach ganz kurzer Zeit tauchte aus dem Dunkel etwas Großes aus. Es war ein Kameel, und von dessen Rücken sprang ein Mann herab, hager, sehnig, schäbig, noch dunk ler von Haut und Auge als die drei, die vor dem Zelte saßen. Sei gegrüßt, Scheich, sprach der Ankömmling, ich bin dein Schutzbefoh lener. Sei willkommen, antwortete Nedjib und winkte ihm, sich niederzulassen. Er that's und wurde bewirthet wie die anderen. Nachdem er die dritte Tasse getrunken, die vierte abgelehnt hatte, richtete der Alte an ihn die Frage: Was sührt dich her, o Gast, und was willst du von mir? Es schoß wie ein Blitz aus den Au gen des Fremden, als er antwortete: Scheich, ich will deine Tochter zur Frau. Kassim ließ ein leises Hohnlachen hören, Kerem machte eine Handbewe gung nach seinem Gürtel hin. Nedjib aber erwiderte ruhig: Es ist gut, sage, was du bist und was dn bietest. Der Fremde erhob sich, und als er stand, legte sein Kameel im Hinter grund? sich aus die Knie. Fast leise begann er, aber allmählich klang seine Stimme wie halber Gesang, und wäre die Ausmerksamkeit der Männer nicht ausschließlich aus ihn gerichtet gewesen, so hätten sie bemerken können, daß der Spalt in der Oessr.ung des tes sich geräuschlos erweiterte. Ich heiße Obeid, sprach er, und mein Stamm sind die Beni-Übußet. Mein Lolk geht'den Weg, den kein Mann und kein Thier vom andern Stamme be schreiten kann, und ich bin der stärkste meines Voltes. Ich und mein Kanieel hcngst. wir wandern, wo der Himmel drückt wie mit bleierner Wucht, wo die Sonne mit glühendem Munde den letz ten Tropsen des Leben» saugt. Wir gehen drei Tage, und das treueste, das zäheste Roß bleibt verschmachtend hinter uns zurück. Wir gehen fünf Tage, und die Söhne vom andern Stamme sinken mit ihren Kameelen neben uns zusammen, kraftlos vor Hunger, er blindet vor vermehrendem Durst. Wir gehen sechs.Tage, unddieKinder meiner eigenen Ahnen sterbe» an unserm Wege, und unlere Lippen werden schwarz vom grausigen Kusse des Wüstenwindes. Und am siebenten Tage, wenn des Me hadi zitternde Schenkel mich nicht mehr tragen, dann steige ich ab uud schnüre den Riemen enger um meinen Bauch und um den seinigen, und wir keuchen nebeneinander dahin: wir straucheln und Wanten, aber wir erheben uns wieder, wir keuchen weiter über das schwärzliche Gekieiel und über den 'odesgrauen Staub, wir keuchen weiter, und wir kommen ans Ziel. Denn ich bin der Sobn der Geduld und mein Kameel hengst ist mein brauner Bruder. Wir sind die starten, die die Oual ertragen und das Ziel ertragen und das Zie' erreichen. Er schwieg! der Alte fragte lauernd: Und was bietest du? Mich und me'/n Thier, dazu ein we nig Silber: das ist alles, aber es ist etwa». Ich will ein Mann deines Stammes werden, wenn mir deine Tochter gibst. Das ist nichl wenig, tagte der Scheich, und dnn Angebot ist ehrenvoll. Ader du bist ein einzelner Mann, und ich muß das Wohl meines Stammes be denken. Ich habe überlegt und bin zum Entschluß gekommen. Zürne mir keine: von denen, deren Wunsch ich nichl erfüllen kann. Kerem. ich wähle dich und gedenke das nähere mit deinem Vater zu besprechen. Noch einmal, zürnt nicht, ihr andern, und laßt euch noch eine Tasse Kaffee m gastlicher Freundschaft gcsalle». Kassim murmelte eine leise Berwün» schung, aber er blieb sitzen. Der Fremde neigte sich und trat aus dem Mondlicht znrück in den Schatten. Ehe die Männer wußten, was er woll», saß >r am seinem Tbier. e«k»s L Im Augenblick, wo er ausstieg, zuckte der Vorhang des Frauenzeltes und schloß sich dann völlig. Die beiden jungen Leute tranken höflich ibren Kaffee aus und verabschiedete» sich Kassim überlegte, ob 'er mit seinem glückgeschmellte» Nebenbuhler anbinden sollte: aber der Gedanke an die Blut rache hielt ihn zurück: am Ausgang der Schlucht trennten sie sich ohne Streit und ritten ihres Weges. Der Scheich schöpfte tief Athem, als sie fort waren, trank zu seiner Beruhi gung noch ein Täßchen und gab seinem Diener einen Austrag: Sage dem Wach ter. daß er gut ausschaut. Er soll scharf laden und nichts Verdächtiges hinaus- noch weniger hereinlassen. Der Bursche ging, und nun legie sich auch Nedjib zu Bett. Der Wächter erhielt die Botschaft, als er sich eben ain obern Räude der Schlucht niedergelassen hatte, um ein wenig einzunicken, und erhob sich zu verschärslem Auslug. Bor ihm lag im silberweißen Mondlicht die weite Wüste, fernhin verlor sich'S in endlosem, dusligem Glanz: noch unterschied er die beiden heimkehrende» Reiter als ne belhaste Gestalten, doch bald waren sie im großen Meer des Schimmers ver schwommen. Er kehrte sich um; eisen grau glänzte hinter ihm die Lava, mit unförmlichen Trümmern und grotes ken. tiesschwarzen Schlagschatten über säet. Daher kann niemand kommen, dachte er, und wandte seine Ausmerk samkeit nach unle», auf den Ein gang der Schlucht und dessen Umge bung. So stand er lange; der Mond glitt nach Westen, die Sterne schienen Heller, als ob sie sich näher zur Erde herabfenkten, ein Schakal klagte, er achtete dessen nicht. Endlich warf er einen Blick nach dem Großen Bären und dachte: Mitternacht ist feit einer Stunde vorüber, in drei Stunden kommt die Morgendämmerung. Er fetzte sich wieder. Mit einem Mal hörte er dicht hinter sich ein Schnausen, sprang aus und , kehrte sich um. Da sah er, fast senk > recht über sich, eine Arvße Nachterschei- ming. wie ein riesiges Kameel! ehe er ! zur Besinnung kam, bog sich erne dunkle Gestalt vom Rücken desselben herab und ergriff den Lauf seiner Flinte. Ein Ruck, und das Gewehr war dem Ueberraschten entrissen. Gespenstisch ruhig schritt das Gebilde an ihm vor bei, gespenstisch sicher ging es über de» Rand des steilen, wildseisigen Abhangs hinab verschwunden war es. Von unten heraus tönte es einmal wie Ge kicher einer Frauenstimme, dann wie das Schurren von Sleinbrocken. Er warf sich aufs Gesicht und murmelte eine alte Beschwörung. Dann, als alles ruhig blieb, lies er hastig den Fuß pfad hinab zum Lager. Ein Dtchinn war es, ries er, als er den Scheich geweckt und ihm keuchend Bericht erstattet hatte, ich habe fe.ne Kinderstimme lachen hören, hoch wi« ein Berg war das Kameel. und über die Fellen geht kein sterbliches Thier ohne zu stürzen: die beschreitet nur der Gei> fterzug der Wüste. Oder der Mehadi des Obeid, ant wortete der Scheich, von einer böse» Ahnung ergriffen. Eilig lief er an die Thür des Frauen zelteS und fand seine Befürchtung be stätigt: seine schöne Tochter sehlte. In seiner Wuth riß er dem Wächter ein Stück des Bartes aus. von seinem Schelten wurden die Hunde unruhig und heulte», bald erklang das ganz« Lager von ihrem Lärmen, die Männer wurden wach und kamen heran. Aus! In die Sättel', sangt den Räuber! rie seu sie. Aber Scheich Nedjib wiegte bedenklich das Haupt: Den sängt keiner von euch, sprach er. legt euch schlafen. Noch einmal stieg ein bittersüßes Bild mit empörender Deutlichkeit vor seinem Geiste auf: vierzig Hämmel mil prachtvollen Fettfchwänzen! und er riß dem Wächt.'r noch eine Handvoll Haare aus. Dann faßte er sich und sagte ihm: Sattle die beiden besten Rennkamccle und belade ein drittes, sobald es tagt, reite ich aus. die Beni- Übußet zu suchen; wehe dir. wenn ich kein Bündniß bei ihnen sinde' Wer. vor altenZeitenin Leipzig Luruskieidcr tragen wollte, mußte'sich —so lesen wir im „Deut schen Soldatenhort"—mit dem Schnei der Über den Preis sür Macherlohn ei nigen. denn sür die gewöhnlichen Klei dungsstücke gab es eine gesetzliche Taxe, so sür eine Reiter-Winterkleidung, be stehend aus Hosen, Wamms und Rock, Alles gefüttert, Kappe. Handschuhe und Steuftinge. nicht mehr als lö Groschen. Ein weiter langer Rock, wie ihn die Gelehrten trugen, wurde sür 12 Groschen, ein gewöhnlicher Bürgerrock für 3 Groschen angefertigt. Bei den LuruSkleidern kamen aber auch außer ordentliche Anforderungen zur Sprache, wie denn zur Anfertigung von einein Paar Pluderhosen, wegen der vielen künstlichen Falten und Schlitze, ost an 150 Ellen Zeug erforderlich waren. ES wird erzählt, daß, als ein Verbot gegen diese übermäßigen Pluderhosen erschien, man einen Studenten in sol chen aus der Straße antras und zur Bestrasung vor den Richter suhrte. Hier erklarte der Student, er trage seine Pluderhosen nicht aus Uebermuth und Eitelkeit, sondern sie dienten ihm zur Verwahrung seiner von „diebischen Nachbarn" (vermuthlich meint? er seine Gläubiger) bedrohten Habseligkeiten. Zur Steuer der Wahrheit entnahm der Student vor den Augen des Richters seiner Pluderhose ein Deckbett, sechs Hemden, zwei Paar Strümpse, einen Wamms, einen engen Rock, einen Kamm, ein Paar alte Schuhe, ein neues Testament, einen „Cornelius Nepos" und eine Gabel. Taschen tücher kannte man damals noch nicht. ES wird nicht überliefert, ob der Studio ungestraft davon gekommen »st Da» «tr«Mpfd»»d. Ja. es gibt noch Jünglinge wie der Predigtaintscandldat Johannes Meyer, es gibt solche, trop des Zeitalters der Don Juans, der Lovelace und der Gi gerln! Freilich, nur selten und vereinzelt kommen sie im Leben vor, öster »ur in Lustspiel »iid Posse als Zielscheibe fri volen Spotts, aber mein Herr Eandi dat gehörte zu den wenigen, wirklich lebenden Originale», und ich schale mich glücklich, dem Leser eine» Helden vorzuführen, der so vortheilhast absticht von den Dandygestalien des modernen Lebens und Romans. Gott, was war das für ein bescheide ner, schüchterner, keuscher und sroinmer Herr! Seine unbeschreibliche Schüch ternheit und Scheu trat, wie moa sich denken kann, besonders dem zarten Ge schlecht gegenüber hervor. Er konnte keiner, einigermaßen jnngen und hüb schen Frauensperson in'S Angesicht sehe», ohne sosort die Fastung, die Sprache, die natürliche Gesichtsfarbe und noch vieles Andere zu verlieren. In Damengefellschasten war er über haupt ein verlorener Mann. Seine Schamhastigkeit war geradezu sprich wörtlich geworden. (Ja. es gibt noch solche deutsche Jünglinge und Dein Thomasgesicht. liebe Leserin, schafft sie nicht aus der Welt.. Herr Kandidat Meyer bereitete sich zur Uebernahme der örtlichen Pfarre vor, wo er zur Zeit die Dienste eines Adjunkts bei dem aus dem Amt fclM dende» altersschwachen Prediger versah. Tckglich ging er nach dem schönen schat tigen Lindenpark, welcher sich zwischen dem Psarrhause und einem benachbar ten Rittergut ausdehnte, um über neue Predigten nachzugrübeln und die so sehr geliebte Einsamkeit z» genieße». In den Laubgängen des Parkes tauchte nun von Zeit zu Zeit eine lichte, gra ziöse Mädchengestalt auf, die gleich dem Herrn Eandidaten träumerisches, ein sames Lustwandeln zu lieben schien; es war Fräulein von Schaumbach, die Tochter des Besitzers vom benachbarten Gut. Selbstredend wich der schüchterne Theologe, trotzdem er ihr erst kürzlich vorgestellt worden war, der jungen, schönen Dame aus, wie und wo er's »ur unauffällig konnte, es kam so gar vor, daß er sich im Busch versteckte, um ihr nicht zu begegnen Da geschah eines Tages etwas noch Schrecklicheres, als das bloße Begegne», etwas, woran Herr Johannes Meyer wohl auf feinem Sterbebett noch scham erröthend denken wird. Wie er so, in tiefes Sinnen verloren, auf seinen lan gen biegsamen Gehwerkzeugen dahin stelzt, das Denkerhaupt geneigt, de» Blick zu Boden gerichtet da leuchtet ihm im gelben Kies etwas Tiesblaue entgegen. Er hebt es auf. besieht es— was war's? Ein Damcnstrumpsband! Ei» blaues Strumpfband mit einein funkelnden Edelstein daran. Herr Meyer erröthet, errathet tief „ein Strumpfband!" lispeln seine Lippen und er erröthet noch tieser.... Wie er dann das schamhafte Auge er hebt und die Allee hinabblickt rich tig, da schwebt sie hin, die graziös« Madchengestalt, langsam und träume risch: sie hat keine Ahnung von ihrem Verlust, keine Ahnung von de, tödtlichen Verlegenheit, in welche si< einen unschuldigen keuschen Jüngling gebracht! Denn was soll Herr Eandi dat Johannes Meyer mit einem gesun d'iien Mädchenstrumpfband beginnen? Der Verliererin nachlaufen und ihr den Fund einhändigen? Eine grausam« Zumuthung! Muß sein phänomenal entwickeltes Zartgefühl sich nicht sagen, daß er damit die junge Dame in eine »och tödtlichere Verlegenheit setze» würde, als diejenige, die sich seiner beim bloßen Finden des diskreteste» al ler weiblichen Toilettengegenstände be mächtigt hatte? Die Sache liegenlassen oder einfach unterschlagen? Dagegen sträubte sich sein frommes Gewissen. ES blieb ihm vorläufig nichts anderes übrig, als das lstrumpfband mit sich nach Hause zu nehmen und eine Idee auszuhecken, in welcher Form eine Aus lieferung desselben möglich wäre. In seiner Zartsinnigkeit verwars Herr Meyer auch das einfachste uud be quemste Mittel da» der Uebersen dung durch einen Boten. Nein, das arme Mädchen sollte keine Ahnung be kommen. daß ein Mann ihr Strumps band gesunden, noch viel weniger der zukünftige Pastor des Ortes....! Nach tagelangein Grübeln durchzuckte ihn plötzlich ein Genieblitz. Er b.tam eine Idee durch und durch originell und zugleich zweckentsprechend. Er staunte über seinen Einsall selber. Vom Herrn von Schaumbach war nämlich an den alten Prediger und dessen Fa milie, sowie an ihn selber eine brief liche Einladung erfolgt zur Theilnahme am G.burlslagsscst seiner Tochter, wel cher am kommende» Sonntag stattsin den sollte. Also Fräulein Doras Ge burtstag! Herr Mener suhr sosort zur Stadt und bestellte einen prachtvollen Präsentkuchen. Dabei händigte er dem Bäcker ein in weißes Papier dicht und sest eingewickeltes Ding ei» mit der Weisung, dasselbe in den Kuchen ein hacken zu lassen. Letzterer sollte dann dem Fräulein von Schaumbach zuge sandt werden streng anonimi, wie denn der Bäcker sich auch verpflichten mußte, den Besteller nie und Nieman dem zu nennen. Gut. Der Geburtstag kam heran und auch Herr Meyer besand sich unter de» erschienenen Gaste». Wer beschreibt aber de» Schreck des Armen, als das Geburtstagskind, bezaubernd schön und liebenswürdig, ihn mit den Worten empsing: „Ich danke Ihnen, Herr Candidat, sür den wunderschönen Fest kuchen!" „Wie?" stotterte Herr Meyer, „einen Festtuchen von niir? Ich weiß von nichts." .Na. na. Herr Meyer." ktchelte da» Fräulein schalkhaft, „sollte es denn Ge heimniß bleiben?" .Ich ich habe aber doch dem Backer strengstens " Fräulein Tora lachte hell auf. „Da verrathen Sie sich ja selbst! fand ich den wahrscheinlich vergessene» Backcrzettel init Ihrem Namen am Ku chen hangen. Bedanke mich also noch mals recht schön!" Doch sprach sie kein Wort vom Strumpsband. Herr Meyer ver wünschte den nachlässigen Bäcker un! Besand sied in steigender Unruhe. j< näher die Kaffeezeit heranrückte. Wie. wenn sein Kuchen da ausgeschnitten würde! Daran hatte er vorhin gai nicht gedacht. Es hätte auch wenige, geschadet, wenn er als Spender unbe kannt geblieben wäre. Aber nun!.... Er hielt schon die Kaffeetasse in der Hand und big auch ein Stück Kuchen, welches ihm das Geburtstagskind prä sentirt, aber sein Geist beschäftigte sich immer mit der bloßen Furcht vor dem „Geschehentönnenden", ohne daß er lii seiner Zerstreutheit daraus Acht gab, was bereits geschah. Die zahlreiche Gesellschaft saß im klei nen Balkonzimmer recht eng beisam inen. Da stieg der Herr Kandidat plötzlich einen Schrei aus. Aus dem schmerzhast verzogenen Munde hing ihm etwas heraus, etwas, woran der jung« Mann mit Gaumen und Zähnen ver zweifelt hernmlvürgte. Sei» Gesicht hatte einen Ausdruck des Entsetzens an genommen. „Um Gottes Willen, was haben Sil da im Munde, Herr Meyer!" rief ej ängstlich bon allen Seite». „Nichts, nichts," gurgelte der Un glückliche und suchte mit aller Mach! den unbekannten Körper vor den Blicken der ihn Umringenden verschwinden zu lassen. Doch nun erfolgte ein heftiges Hustenansall und in weitem Boge» flog das Ding, das dem armen Kandi daten beinahe den Erstickungstod ge bracht hätte, durch die Luft und siel zu Boden. „Mein verlorene? Strumpsband!" ries gleich darauf Fräulein Doras Sil berstimme! sie hatte die Papierhülle ge öffnet und hielt das diskrete Object ver wundert iu Häuden. „Wie kommt denn das Strumpsbant mc.ner Tochter unter Ihre Zähne, Her, Kandidat?" Diese trockene Frage des Hausherr« entfesselte einen Sturm von Heiterkeit. Eine neue Lachsalve folgte, als Herl Meyer, ganz zerknickt, mehr todt aU lebend, nur die zwei Worte zu stammeln vermochte: „Ge funden der bal len!" Aberglaube. Eine That empörender Grausamkeit müßte man es nennen,—so schreibt da? „N. Wien. Tagbl."—wäre es nicht d>< abergläubische That zweier jungen, all zu sehr verliebten Mädchen, Wege» dei Beide vor dem Oltakringer Bezirksge richte als Angeklagte standen. Beide, kaum sechszelmjährige Dinger, Haber bereits ihre Geliebten. Johanna einen Kadetten, wie sie erröthend gestand, Poldi. bescheidener, nurcinen Corporal, aber einen zu Pserde. Ob die beiden Mädchen schon schlimme Erfahrungen über Männertreue gemacht, oder solchen vorbeugen wollten, genug, sie beschlos sen. sich der Treue ihrer Anbeter aus ewig zu versichern und gingen dabei nach dem Rathschläge de? „unfehlbaren Zauber- und Wunschbüchleins, so in allen Nöthen kräftiglich zu Helsen" ver spricht, vor. Dieses ehrwürdige Büch lein, das im Jahre 1706 gedruckt er schien, räth eisersüchtigen oder miß trauischen „Frawen und Jungsrawen" wörtlich: Soll Dein Buhle treu Dir sein. Gib ihm Katcraugen ein. So Du selbsten ausgestochen Einem Kater von zwölf Wochen Und verbrannt zu Pulver fein. Um Mitternacht bei Bollmondschein Schütt' das Pulver ihm in Wem, Mußt dabei noch nüchtern sein Und sprich also: Kater, Kateraugen Darfst sür keine And re taugen, Bleib' mein Buhle ganz allem Wird er ewig treu Dir sein. Genau nach diesem Recepte habendi« beiden verliebten Backsische der junger Katze einer Frau Helm bei lebendem Leibe die Augen ausgestochen und das Liebespulver bereitet. Frau Helm hat aber die Anzeige erstattet und die Mäd chen wurden wegen boshafter Beschädi gung sremden Eigenthums angeklagt und zu je 24 Stunden Arrest verur theilt. Wie dem Herrn Kadetten und dem Reitercorporal das Pulver belom 'neu, weiß man nicht. In einer Schule zu Mün ster zeichnete sich ein Knabe, der Sohn eines Freigeistes, durch seine Begabung aus. die sich indessen allen religiösen Eindrücken verschloß. Einst bemüht! sich der den Religionsunterricht erthei lende Kaplan, ihm die göttliche Bor sehung Harz» machen, und es entspann sich folgendes Gespräch: Kaplan : „Wenn Tu aus dem Ueberwasierlirch thurm bist, sällst hinunter und b!e>b't unbeschädigt, was ist das?" Knade: „Dos ist Glück." Der Kaplan schüt telte den Kopf und fragte weiter: „Wenn Du aber wieder hinausgehst, wieder hinuntenällst und wieder heil bleibst, was ist das ? „Das ist Zu fall." entgegnete der kleine Kexer. Der Herr Kaplan fing an. erregt zu wer den. Bezwang sich aber und fragte mit Geduld weiter : „Wenn Du oder wie der binaussteigen und in Deiner Ver messenheit Gottes Langmutb au» die Probe stellen willst. Dich hinunterstür zest und unbeschädigt aus dem Ueber wasserplatz ankommst, was ist des dann, mein Sohn ?" Jetzt dacht, er. muh er doch aus d e richtige Antwort k-mmen. Aber sröhlich erwiderte der kleine Ver standesmensch : ,D-S ist schai-. mehr Uebung!" Ein Roman au» dem Leben. „Meine Schwester so wird dem „Berliner Tagbl." von einem ihrer Abonnenten mitgetheilt hatte be schlösse». die diesjährigen Eommer serien an der See zu verleben, und zwar war ihr R. vorgeschlagen und S. auf diesen von ihr gewählt worden. Durch Vermittelung des dortige» Bä detommisjars sand sie bei ihrer Ankunst eine Wohnung bereit und war in An betracht des mäßigen Preises freudig überrotcht. ein allerliebst gelegenes, freundliches Heines villeiiartigcS HauZ mit Veranda als ihr Ferien-Heim an sehe» zu diirsen. Von einer hoben schlanken Frauengestalt empfange» und in ihr Stubchen geleitet, fühlte meine Schwester sich sosort heimisch in dem» sclbei» und um so mehr, als alle die vielfachen Kleinigkeiten nicht fehlten, die eine Dame in ihrem eigenen Heim für sich aufzusammeln pflegt. Dabei waren die schlanken seinen weißen Hände mit den rosigen Nägeln der »och jungen Frau so emsig beschäftigt, dem Gaste bei der ersten Einrichtung be hilflich zu fein, und der dargebotene und gern angenommene Thee wurde mit soviel Chic und freundlicher Lie benswürdigkeit kredenzt, daß meine Schwester aus dem Erstaunen garnicht herauskam. Am folgenden Morgen sah sie den Hausherrn; eine Hünenge stalt mit reiche», blonden, krausen Haar, dessen große dunkelblaue Augen in scheuer Verlegenheit fast immer den Boden zu suchen schiene» und sich nur belebten, wenn sie auf feinem Weibe hafteten. Dabei war eZ fast rührend mit anzusehen, wie er mit den großen abgearbeitete» Händen seiner Frau in der Wirthschaft zur Seite stand. Die Frau war eine Dame, ohne Zweifel, der Mann ein braver ehrlicher Kerl, der seine Frau vergötterte! Vor Jahren lebte und wirkte in einer miltcldcutschenßcsidenzstadtei» berühm ter Geograph. Professor P.. mit seiner aus Frau und zwei Töchtern bestehen den Familie. Der Profefjor starb, die Familie blieb in geordneten, pekuniär nicht ungünstigen' Verhältnissen zurück und zog »ach der Heimath der Mutter, einer rheinischen Universitätsstadt. Alle feingebildeten und vornehmen Kreise öffneten sich der liebenswürdigen Dame mit de» herrliche», stolzen Töchtern, welche bald zum Mittelpunkt der Ge sellschaft wurde», und nach wenig über Jahresfrist führte ein Rittmeister des dort garnisonirenden Cavallerieregi ments die älteste Tochter als Gallin heim. Im nächsten Jahr fing die Mut ter an zu kränkeln und besuchte auf ärztlichen Ralh mit der jüngste» Toch ter den Badeort S. auf R., in dem einlachen Häuschen des Stadtvogtes Wohnung nehmend. Die Mutter er holte sich in der herrlichen Seeluft sehr bald, während das Töchterlein auf gar merkwürdige Gedanken gekommen war. Und die Mutter erstarrte in sprachlosem Entsetzen, als kurz vor der festgesetzten Abreise die Tochter erklärte, sie liebe den Sohn des Strandvogtcs. den blonden Recken mit den großen blauen Augen, der oftmals mit ihr weit hinaus in das Meer gefahren war, und sie werde ihn heirathen mit oder ohne Genehini gung der Familie! Und sie blieb dabei, die stolze, viel umworbene deutsche Prosessorcutochtcr, uud kein Flehe» der Mutter, kein Aui brausen des zu Hilfe gerufene» rittmei stcrltchcn Schwagers, kein Zurede» der sansten geliebten Schwester vermochten sie von ihrem Entschluß abzubringen; und sie war majorenn! Die Mutter reiste ab; die Tochter quartirte sich bei einer oiidcrc» einfache» Familie in S. ei» und lernte hier nähen und kochen und flicken und waschen und Alles, was. zur Führung eines einlachen kleinen Haushalts gehört, und nach Ablauf eines halbe» lahreS führte ber Sohn des Strandvogtes den bräutlich ge schmückten. vor Glück strahlenden ehe maligcn Stern jener rheinischen Uni» versitats- und Garnisonstadt als Frau in das kleine Häuschen des Vaters ein. Von dem der jungen Frau ausgezahl ten Vermögen wurde dann vor drei Jahren die kleine, mit Veranda ge schmückte Villa am Meercsstrand« er baut. und jetzt, nachdem meine Schwe ster de» ihr lieb gewordene» trauten Ausentbalt verlassen, wird die Mutter zum erste» Mal die Tochler besuchen, um einen halbjährigen der mit großen blaut» Augen sorsch in die Welt blickt, aus den großmutterlichen Knieen zu schaukeln. Die Liebe Hort nimmer aus! " Wie ick, »ich liebe: Ich liebe dich wie mein Augenlicht, Drum thut es mir so wehe. Wenn ich nach dem, was blendet und Was glänzt, dich schielen sehe. Wie mein eigen Leben lieb' ich dich, Traus lerne es ersassen. Daß ich. wie iehr du mich auch quälst. Doch nichl vo» dir kann lassen. Ich liebe dich wie mein Seelenheil, Das glaube sonder Zweifel. Sonst hätt' ich dich, du falsches Ding. Schon längst gejagt zum Leusel. Machl der Gewohnheit. Jurist (der zum ersten Male eine Ver theidigungirede halt, nachdem er sehr lange aus der Hochichule erster Char zirter eines Corps gewesens: Un» lasse ich alle diese Umstände zusammen: die Jugend des Angesagten, sein gutes Lorleben, seine auirichtige Reue, so inöchte ich die Herren Geschworenen bit ten—(ein Tintensaß ergreifend» aus da» Kohl des Angeklagten einen urkrasligcü Salamander zu reiben. „Ei, ei, j etzt hab ich gar meinen Bteisti't verloren.... Ta muk ich mir aber gleich »otiren, daß ich mir einen anderen kaufe!" Me > stens dient der Fächer schönen Frauen dazu, sich dahinter ji» verstecken, wenn sie gesehen fein wol len