Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, August 19, 1892, Page 7, Image 7

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    »eutsche »oe<»l«ach»!cht««.
Provinz Brandenburg.
Berlin: Mit 15,000 Mark unter-
Ichlagenem Geld ist der Hausdiener und
frühere Schlosser Karl Hentschel von
hier flüchtig gegangen. Im Warte
saal des Bahnhofs Friedrichstadt er»
schoß sich der frühere hiesige Kaufmann
und späterer Ehicagoer Privatdetectid
Heuer wegen Mangel an ausreichendem
Lebensunterhalt. Der junge Mann
war eben mit dem Zuge angekommen;
er ließ sich am Bnffet einen Eognac ge
ben, leerte das GlaS und rief mit lau
ter Stimme: „Silentium, nnn geht es
los!" Daraus zog er einen Revolver
und schoß sich in den Mund, woraus er
todt zusammen brach. In dem Ge
ichäftSkczirt der Generalcominission in
Frantsurt a. 0.. find bis jetzt 71 Ren
tengüter nach Maßgabe des Gesetzes
vom 7. Juli 1891 errichtet. Davon
liegen 49 in der Provinz Pommern, 22
in der Provinz Brandenburg. Die
Rentengüler diirsen nicht kleiner als 25
Heclar und nicht größer als 70 Hecta
sein. ES bietet sich hierdurch für einen
großen Theil der ländlichen Bevölke
rung eine günstige Gelegenheit, sich mit
verhaltnißmaßig geringen Mitteln eine
selbststäudige bäuerliche Existenz zn er
werben.—Ein Denkmal für den VolkS
dichter Karl Weife, einen biederen
Handwerker, ist in Freienwalde enthüllt
worden. Im Rummelsburger See
ist der Kohlenschiffer Lorenz von Körtz
ertrunken, nachdem er zwei Menschen
lebe« dem Tode entrissen hatte.
Provinz Ostpreußen.
Das Landgericht hatte den Kanz
listen Paul Steffen wegen Urkunden
fälschung und Beleidigung zu 14 Ta
gen Gesängniß verurtheilt, weit er in
das Bartcnsteiner „Kreisblatt" „aus
Spaß" eine gefälschte Verlobung-Z-An
zeige zweier junger Leute hatte ein
rücken lassen, die nicht im geringsten
daran gedacht hatte«, sich miteinander
zu verloben. Die vom Angeklagten
cingelegle Revision ist nun auch vom
Reichsgericht verworfen worden, so daß
es bei der Strase für den dummen
Witz bleibt. In Rosenort glitt die
Tochter des Hirteu Polenz beim Wasser
schöpsen aus einer otiva 12 Fuß tiefen
Torfgrubt aus und ertrank. In
Migehnen ertrank das 3jährige Kind
des Jnstmanns Bludau ebenfalls in
'einer Tongrube.— Die Höhe der Un
terschlagungen des Rendailten Weng
hoser in Glimbinnen ist nunmehr durch
den von der Regierung ernannten Re
visor sestgestellt. Sie betragen bei der
Kreis-Sparkasfi N 5.500 Mark, bei der
Kreiskommunalkasfe 46,704 Mark.
Den Proviantamtsrendant Gleiß aus
Stallupöucn vorurtheilte das Schwur
gericht wegen Unterschlagung amtlicher
Gelder in Höhe von 15,000 Mk. und
Bilchcrfälfchuügcii zu vier Jahren
Zuchthaus. In Schirwindt treten
die Maser» mit so großer Heftigkeit
auf, daß an 60 Kinder erkrankt sind
und die erste und zweite Stadtschnlkasse
hat geschlossen werden müssen.—Unter
dem dringenden Verdachte, ihre bejahrte
Mutter ermordet zu haben, wurde in
Nensrost die des Besitzers K. und
bereu Ehemann gesanglich eingezogen-.
Bei der Verhcstung suchte die Ehefrau
ihrem Leben tdurch meinen Sprung in
ben Brunnen ein Ende zu machen.
Allein sie wurde herausgezogen und dem
Gerichte zugesührt.
Provinz West Preußen.
Vor dem Schwurgericht in Elbing
' stand letzthin Äer ehemalige Guts- und
Ziegeleibesitzer t)r. jur. OrbanowSti
, RciinniinSsclde, angeklagt wegen wis
sentlichen Meineides, Verleitung znm
' Meineide, vorsätzlicher Brandstistung
und versuchten Betruges. Der Meineid
soll wegen einer Summe von 340 Mk.
geleistet sein, ckie er seinem Ziegelmei
ster schuldete. Meie Personen sind
durch ihn rulmrt worden. -Als über
seine große« .Ziegelcianlagcn die
Zwaiigsvermaläung eingeleitet mar, soll
er. die Ziegelei in Wrand gesteckt haben:
niederbrannten .'b Gebäude rnd ein
Ringofen. LandgerichtSrath Feicht
meyer fagte, -daß der Angeklagte ein
.ga»z geriebener Äauner und Petrüger
sei, der vor keinem.Verbrechen zurück
schrecke. Der „Ehrenmann" wurde zu
Jahren 2 Mannten Zuchthaus verur
itheilt. Im Dorfe Bresnow hatte
-eine Auzahl Einwohner eine reguläre
. .Steuerverweiger^ng.beschlossen. Nicht
-weniger als 42 Arbeiter und Eigenläth
ner weigerten sich, Hie kommu«aleu
Steuer.» zu entrichten. Als nun der
'Dorsschusze mit dem Amtsdiener Wll
:ncr .aus.Spengawsken bei den Reni
itenlen Windung vornehmen wollte,
«mntze ilev'erer sowohl ,toie der OrtS-
mißhandelt u?id »iedergeschlagvt.
Die .Folge war, daß die Rädelsführer
««haltet ir.id die Pfändungen itiiter
Assistenz mehrerer Gendarmen vocge
viMimu wurden.
nz P»m m« rn. i
TÄ» :dl!r St'afkamour wurde Hots. !
ocsitzer Muhr in Lauenbnrg, iiachdeiü
die Uzltarüichung ergeben, daß Dinge
im Mshr'ichen Vokal sich ereignet hat
ten, die.aller sprechen,
wegen ttnpxelei üind gewerbStnäßigen
.Eigennütze» Ansübnng vonHazard
ijpiclen seiteos .der Düste, zu zwei Mo--,
traten Gefängniß, I">0 Mark Gewstrafe
«i?d in die Kofton v«nrlhc',lt. Eine
JttierSl'runst hat in?lltenwalde de Ge
häicöe der Bauern Hermann Pw'foth
unk Karl Bäck, sowie siebe» in der Whe
belehne Büdnergehöfte in A'che grlyt.
D« Ban der Bahnstrecke Haüm'w-
LiZollin ist nahezu beendet, auch die AU
zweigung Witstock-Kaininin soweit s/r>
tig, dan d.e Strecke in Betrieb Aksttzl
jverden kann.
Provinz Schleswig-
Holste i n.
Der Förster Lchner zu Mölkier ist
plötzlich verschwunden. Es war ein
Hastbesehl gegen ihn wegen Unterschla
gung ertosjc» worden. Sein Hab und
ö>ut ist "rjchtlich beschlagnahmt.
s Dtt ästest« Past« i« Schleswig-
Holstei», Pastor Georg Chistiansen in
AaStrup. Derselbe war früher Predi
ger in Nöbel auf Sundewitt. s In
Itzehoe der unter dem Namen „Gold
onkel" bekannte Rentier P. Struve.
Struve hat ein Vermögen von annä
hernd 1 Million Mk. hinterlassen, und
für verschiedene Stiftungen reiche Le
gate ausgesetzt. In Kellinghusen
wurde das Kriegerdenkmal, ein in den
Fernsichter Thongruben gefundener unl
mit entsprechender Inschrift versehene!
Felsblock, feierlichst eingeweiht. An
läßlich des 700-jährigen Jubelfestes de»
Johannis-Schützengilde in Oldenburg,
überreichte Oberpräsidentv. Steinmann
der Gilde Namens des Kaisers ein«
prachtvolle Fahne. In RendSbnrc
begann, unter der Theilnahme von
2000 Sängern ans Schleswig-Holstein,
Hamburg, Lübeck, Mecklenburg uni
Hannover, das Elfte Niedersächsischi
Sängerbundesfest. Für das Fest isl
ans einem nahe der Stadt belegenen
Terrain eine eigene große Festhalle ge>
baut; die Festleiter lind Universitäts-
Professor Hermann Stange aus Kie!
und Musikdirektor Heinrich Koop von
hier. Das Fest dauert vier Tage un!
schließt mit einer Fahrt an den
istseecanal.
Provinz Schlesien.
AuS Gram über den Berlnst seine,
ihm durch den Tod entrissenen Lebens
gesahrtin ist der Rektor des Frcibnrgei
Gymnasiums, Pros. Dr. Meier. Plötz
lich dem Irrsinn verfallen, fodaß er in
eine Heilanstalt gebracht werden muhte.
Der seit Mai wegen erheblicher Unter
schlagungen im Amte flüchtig geworden«
Pastor in Spreivitz, G. Breiigst, ist in
Wien verhastet und dem Gerichtsge
fangniß in Görlitz übergeben worden.
Scharfrichter Reindel aus Magde
burg hat in Neisse eine Hinrichtunc>
vollzogen und zwar an dem wegen Er
mordung eines seiner Dienstmädchen
zum TodcjverurtheiltenGutsbesitzcrLud
wig aus Wrackendors. In der im
Kreise Sprottau belegenen Eellulose
fabrik Oberleschen fand eine Explosion
statt, bei welcher der Fabrikbesitzer Geis
ler getödtet und der Fabrikbesitzer
Klemm lebensgefährlich verwunde!
wurde, während der Betricbsdirector
Pseil beide Augen verlor. Außerdem
sind noch einige Arbeiter mehr ode»
minder verwundet.
Provinz Posen.
In Pieschen hat ein Dienstmädchen
ihr süns Monate altes Kind erdrosselt
und in einem Kornseld vergraben.
Die unnatürliche Mutter ist in Hast.
Zur selben Zeit, als zu Przhbo
rowko die Frau des Arbeiters Pocholil
vom Blitz erschlagen wurde, zündete
ein Blitzstrahl auch ein etwa drei Kilo
meter weiter gelegenes Wohnhaus in
dem Dorse Sokolnik au, das vollstän
dig niederbrannte. Ein großes Feuer
wüthete auf dem Gehöft des Zimmer
meisrerS Mohnkopf. In kurzer Zeit
Pandon das Kesselhaus, die Dainps
jchncid.'inühle. verschiedene Schuppen
iwt Bretter nnd sast der ganze Holzhos
mit seinen vielen geschnittenen Holz
vorräthcn in hellen Flammen. Der
-angenchicli! Schaden wird auf (>0 00t.
Mark.geschätzt.
P.r o'v i n z S a ch s e n..
In dnn vor dem Magdeburger
Schwurgericht verhandelten Processi
gegen den Agenten Fritz Erbe aus
Burgstail nnd die Dorothea Bnntrocl
'aus Holzmindc» wegen zweifachen Mor
des und schweren Raubes, begangen an
der Emma Kasten und der Tora Kla
res, sind beide Angeklagte schuldig be
snnden und in beiden Fällen zum Tod!
verurttieilt worden. Die hiesige
Schuhmacherinnung in Ariern beging
6>ie Feier ves 500 jährigen Bestehens,
6»S welchem Anlasse die Stadt ein fest
lliches Gewand angelegt hatte und ein
Hestzug veranstaltet wurde. s In
Bilterseld der. Baumeister und Fabrik
besitzer H. Polka. Derselbe war der
Besitzer der ersten und größten Thon
röhren- und Mosaikplattenfabrik hier
und der Begründer versetzt so umsang
reichen Thonwaareninimstrie in nnse
rer Stadt. Die als solide bekannte
Manufacturwaarenfirina Chr. Heise »K
E-z. in Ersurt hat ihre Zahlungen ein
gestellt. Die Verbindlichkeiten betra
gen 140,000 Mk.—ln Wittenberg er
hängte sich der 70jährige Lohnkutscher
Dietze wegei? gekränktem Ehrgefühl.
Ei«c Nichte ses alten Mannes war
wegen eines Ladendiebstahls polizeilich
verkommen worden.: sie entsernte sich
und.äußcrte. sie wolle das Leben
nehmen. Diese ,neue Schmach glanbte
der aäte Mann nicht überleben zu kön
nen. Die junze Nichte kehrte später
zurüit.
?-7rsvinj.H.aiüNiviv.e r.
Die Comtesse v. Lonsingen in Han
nover wurde in der bei Herren-
Hansen als Leiche aus.gesunden. Die
Unglückliche zeigte schmi längere Zeit
Spuren von GeisteSAeitörthcil. Die
in BaveNpcdt vor 2 Jahren nach den.
Plänen de« Architecim Hehl erbaute
.Katholische Krche wurde dieser Tage'
twrch Bischof Wilhelm Zierlich
we.iht. Nacjt einer statistischen Ueder
siM der deutschen Fischersahrzeuge,
wMe in der Nordsee außerhalb der
Mrstengewässer Fischerei betreibt, ist
der Bestand z. Ht. 44»i Fahrzeuge mit
zusavinen 48.WZ Kubikmetern Raum
gehall und 18!»« Mann Besotzunz.
darunter Damj'ser mit 14.5 t!!' Ku
bitnieie.' und 3W Mann. In Kokel
ist das Gemeinde. Armenhaus abge
brannt. Zu es«eZi Bismarckthiirm
wurde in Höttingen feierlich der Grund
stein gelegt. In denselben wurde in
einem tupjernen Kaste» eine notariell
beglaubigte Abschrift des Briefes vom
Fürsten Bismarck niedergelegt, in wel
chem er seine Zustimmung gegeben hat.
daß dem Thurme sein Na«e gegeben
wird. Das nach Schottland bestimmt
gewesen? Schiss „Hermine- kenterte aus
dem Pilsamer Watt. Die Be
satzung ist ertrunken. I» Schüssel
wurde der Sparkassenrendant Meyer ir
seiner Wohnung überfallen, durch Beil-
Hiebe schwer verwundet und seine,
Werthsachen beraubt.
Provinz Westfalen,
s Werkmeister Fernholz, der bei dem
Brandunglück aus dem bergisch-märki
schen Bahnhos nebst Jnspector Schmi
ding und Schlosser Biggemany schwer
verletzt wurde, im Krankenhaus
„Bergmannsheil". Aus dem Köln.-
Mindener Bahnhof entgleiste infolge
Umbaues des Geleises ein Güterzug.
In demselben Augenblicke passirte aus
dem nebenliegenden Geleise der Perso
nenzug 28 von Hamm, und ersolgte
alsdann ein Zusammenstoß beider
Züge. Von den Beamten sind zwei
schwer und einer leicht. Reisende, so
weit bis jetzt bekannt, jedoch nicht ver
letzt. Beide Locomotive» und sechs
Wagen wurden stark beschädigt.—Die
früheren Inhaber der fallirten Ge
treide-Firma David Stern in Gefecke,
Siegmund und Felix Stern, die zu
Anfang vorigen Jahres mit 1,217,000
M. Passiva und 71,000 M. Aktiva den
Konkurs anmeldeten, wurden nunmehr
wegen betrügerischen Bankerottes zu je
1 Jahr Gesängniß verurtheilt und we
gen Fluchtverdachts sofort verhaftet.—
Auf der alten Enis hat sich eine Kata
strophe ereignet, welche sechs Menscyen
leben forderte. Eine Gesellschaft von
acht Personen, sechs Damen und zwei
Herreü im Alter von 15 bis 20 Jah
ren, wurden auf einer Kahnfahrt von
heftigem Winde überrascht, der einer
der Damen den Hut cutsührie. -Bei
de». Versuche, ihn wiederzuerlangen,
schlug der Kah» um. noch dazu da. wo
der Fluß am tiessten ist. Nur eine
Dame und Herr, welche Beide des
Schwimmen? kundig, vermochten sich zu
rette». Die meisten Verunglückten wa
ren in einem Warendorfer Dctailgcschäsl
angestellt.
RheinPr o v i n z.
Die Stadtverordneten in Burtscheid
haben den Beschluß gesaßt, in diesem
Jahre den hiesigen Jahrmarkt, de» sag.
„Burtscheider Bend", zu beschranken,
SpektaMbuden u. s. w. möglichst nicht
zuzulassen und vom nächsten Jahr ab
denselben vollständig abzuschaffen.
Im A>lzmagazin von Dongue ck Al
tenholn in Eoblenz entstand ein großes
Feue/ das auch die Lager von Erle
mann ck Eo. ergriff und einäscherte. —
Der Rechtsanwalt BelleS in Düsseldorf,
ein socialdemolratischer Führer, floh
vor drei Jahren in's Ausland, weil er
in den Elberfeider Socialistenproceß
mit verwickelt war. Kürzlich ist Belles
nach Teutschland zurückgekehrt und hat
sich dem Gericht gestellt. Er wurde
ohne Beweiserhebung freigesprochen.
Eine größere Anzahl von Socialdemo
kraten in Elberfeld ist aus der katholi
schen und evangelischen Kircheiigemei»
schaft ausgetreten.
Provinz Hesse «»Nassau.
AßmannShauscn ist von einer hefti
gen Feuersbrunst heimgesucht worden.
Das Feuer entstand aus bis jetzt noch
unbekannter Ursache in der Nähe des
alten Bahnhofes, verbreitete sich mit
Blitzesschnelle zu beiden Seilen des
Bahnkörpers und legte sieben Gebäude
in Asche. Der Lehrling Müller der
Spedilions- und Versichcrungssirma
Gebrüder Wolfs in Aranksuri a. M.
wurde am Salzbaus aus der Treppe
des BanlhauseS von zwei elegant ge
kleideten Männern überfallen, die
augenscheinlich wußten, daß der Lehr
ling soeben aus der Rcichsbank-Haupl
stelie einen Eheck von 157,000 Mark
«inkassirt hatte. Die Räuber entflohen
mit dem Gelde, einer ven ihnen wurde
aber, trotzdem er auf seine Verfolger
mehrere Revolverfchufie abgab, einge
holt und festgenommen. Die geraubte
Summe wurde bei ihm vorgefunden.
Der Verhaftete nennt sich William
Ward aus Sidney: er kam von Wien
und wollte nach Pari? Weiterreisen.
Ueber seinen Unschuldigen verweigert
er jede AuSknnst. Der wegen Unter
schlagung im Amte steckbrieslich ver
folgte Gerichtsvollzieher Wohlgemuth ii?
Lad Liebenstein ist -in Berlin verhastet
«norden. s In Marburg der Reg.°
kiid Geh. Medicinalrath Dr. Rockwitz.
Königreich Sachsen.
Der am 5. Mai d. I. in Dresden
verstorbene Privatier, frühere Apothe
ker Bernhard Röchling, hat der Stadt
gemciude Annaberg 20.000 Mark zu
wohlthätigen Zwecken vermacht. Die
FamilieStephan in Ehemnitz,welcher in
kurzer Zeit vier blühende Kinder von
der DiPhtheritiS entrissen uvurden. hat
nun auch das letzie 27jähr. Kind als
Opfer der Seuche zu tragen
müssen. Vom Schwurgericht wurde
der SchuhmackM Hainau« aus Ober
häslich zu 10 Jahren Zuchthaus, die
Ehesira» des ermordeten GajthofpächterS
Hocho.uf in Oberhäslich bei Dippoldis
walde Hu 12 Jahren Zuchthaus und
der Waldarbeiter Kästner aus Reinberg
wegen Beihilfe zr 3 Jahren Gefängniß
veturtheilt. Genannten, von
denen die beiden Ersten ein intimes
Verhältniß unterhielten, hattmi.am 2.
Osterseiertag den o»nsthos-Zpacht«r Hoch
uius erdrosselt und ich» darauf an den
?hürpsostvi! in der Gaststube >ciu»ge
hlwgt. um-einen Selbstmord glaubhaft
erscheinen p: lassen.—Bei einem gr.oßen
Brande in Lichtenhain welcher Ge
bä«.de einäscherte, verlvannte der Ih
rige Sohn dei Gutsbesitzers Richter.
Eine rabiate' Schwiegermutter, dicidrrn
gutmüthigen, aber Willensschwächen
Schwiegersohn, dessen ihre Zochter
überdrüssig ist. durch Pistolenschüsse zu
beseitigen versuchte, stand des Mordver
suchs angeklagt, vor dem Freiberger
Schwurgericht in der Perlon der Brett
schneiders-Ehesrau Auguste Ernestine
Kaden geb. Seisert. Das Urtheil lau
tete auf 7 Jahre Zuchthaus. Auf
sehen erregt in Leipzig das Fallissement
der bedeutenden Spritsabrik W. Sten
gel. Die VoncurSertlärung erfolgte
auf Antrag der Steuerbehörde. Man
kdriibt von etwa Ii Millionen Mar»
Passiven. Im Monat Juni wurde»
3791 Auswanderer meist österreichischer
und russische Unterthanen, von Leipzig
weiter nach Bremen, Hamburg, Rotter
dam und Antwerpen befördert.
Während des Turnens am Reck wurde
bei Gelegenheit der Fahnenweihe des
Turnvereins in Brotenlaide der Turner
Schulze vom Tode ereilt. Ein Blut
sturz machte seinem Leben ein jähes
Ende. Durch den Einsturz einer
frischgcmauertcn Ziegelwand wurden
in Niedersedlitz 5 Arbeiter theilweise
schwer verletzt. Der beliebte Ober
lehrer Dr. Haupt in Zittau wurde aus
der Straße ganz plötzlich vom Irrsinn
befallen.
Thüringische Staaten.
s Hoftheatcr-Maler Heinrich Brück
ner in Eoburg. Die von der Werra-
Bahngcfcllschast in Bau und B.'trieb
ilberiiommcnt Zweigbahn Eoburg-Ro
dach wurde am 1. Juli in Betrieb ge
setzt. In der Nähe der Station Wei
ler sah ein Locomotivführcr der Feld
bahn ein kleines Kind mitten auf dem
Geleise stehen, das die Gesahr, worin
es sich in Folge des hcranbrausende»
Zuges schwebte, nicht ahnte. Um das
Kind zu retten, sprang der Beckmte nach
Anwendung der Danipfb.emse zur
Erde, überholte die schon langsamer
fahrende Locomotive, erfaßte das
ahnungslos spielende Kind, beförderte
es rasch zur Seite nnd hatte große
Mühe, sich selbst noch rechtzeitig in Si
cherheit zu bringen. Ein socialdemo
kratisches Blatt, die „Reußische Tri
bune", erscheint in Gera seit Knrzem.
Die fürstliche Regierung hat ange
ordnet, daß die alte Burgruine ans
dem Kyffhäuser, um sie vor Verfall zu
schützen, srisch gesugt und geklammert
werden soll. Ein Einwohner in
Schwarza, der sich von seiner Frau hat
scheiden lassen, hat diese unlängst aIZ
Magd wieder ausgenommen. In
Wenigenjena-EainSdorf hat sich der
zwölsjähiige Sohn d.'S EinwolmerS
Herlina aus Furcht vor Strasc wegen
Schulversäumniß erhängt.
Hesse n-D a r mst ad t.
Aus Eisersucht hat in Beerfelder der
Fabrikarbeiter Johann Siefert auf dem
Heimwege von einer Tanzmusik den 25-
jährigen Lohn -des Gefangenen-Ausse
herS Schäfer, Musikus Luowig Schä
ser, mit einem Dolchmesser erstochen. —
DaS als Hort der köstlichsten Weine
weltbekannte Schloß Vollrads im
Rheingau ist ei» Raub der Flamme»
geworden. Das wohlerhalten gewesene
Schloß. Eigenthum des Grasen Ma<
tuschka-Greiffenilau war, wahrschein
lich 1362, von „Friedrich Greiffeuklau
von Folraz" erbaut. In Planig
machte der Gastwirlh Peter Andel sei
nem Lebe» durch Erhängen ein Ende.
Königreich Bayern.
Ein Familiendrama bildet in Mün
chen das Stadtgespräch: Die Hosjn»
wcliers-Ehegatte» Julius und Emilie
Elchinger wurden entseelt in ihrer
Wahnnng ausgesliiidcn: sie hatten sich
initlels t<l>antalj vergistet. Geschäft
liche Enlainitälen sollen das Motiv deZ
Tvppeljclbjtmordcs sein. Das linder
lose Ehepaar war am Abend zuvor noch
mit einander aus dem Bierkeller gewe
sen. Noch tragischer wird der Fall
durch den Umstand, daß sast zu gleicher
Stunde ein Bruder des Mannes, der
städtische Kassirer Adolf Elchinger, in
einem Wiirmbade todt ausgenindcn
wurde. Der ehemalige Brolurist der
Firma Thaiiner in Aliusricd. welcher
nach Unterschlaguitg von 10,000 Mark
flüchtig ging, wurde in Wangen
(Württembergs verhaftet. 112 In
Bayreuth der Buchdruckereibefitzer Hein
rich Burger. Verleger der nationallib.
„Obersränl. Zeitung", infolge einer
Operation. In Enerdors hat die
Oekonomen Ehefrau Mermuth ihre»
Mann, mit dein sie Tags über beim
Heimfahren Differenzen gehabt, im
Schlafe mit einem Hvlzbeil erschlagen.
Als die Kinder Morgens ihren Vater
zur Arbeit wecken wollten, wurde der
Mord entdeckt. Die Frau ist verhas
tet. Der Kartonwaaren - Fabrikant
Ealvarv in Nürnberg war vor einiger
Zeit, nachdem er sich eine größere
Summe Geldes erschwindelt halte,
fluchtig geworden und hatte sich in
London niedergelassen, daselbst ein
große-.-Geichäsl'gründend. Ueber das
Berrnsgen des Fluchtigen war Konkurs
eröffnet worden. Jeh, ist es gelungen,
die Ari-lieserring des Schwindlers zu
erianqrn. Die von ihn, angeschafften
Maschinen sind au» London hierher
lesiZiitl worden »md werden vom Kon
urSve-rwaltks versteigert. Durch Be
chluh der AnivaltSkammer ist der
Rechtsanwalt Joseph Klotz in Nürn
berg vsn dor Rechtsanwaltschaft aus
geichloffen werd!» In Dengling
tödtete der Söldner Jos. Katzenberger
im Jähzorn s/in. Frau durch Messer
stiche in den Hals. Zwölf Wohn
häuser sammt allen Nebengebäuden
sind in Zatidt ein Raub der Flammen
geword?!!.
Königreich Wtirtteinberg.
112 In Stuttgart der Vorstand der
gl, Alterthümersommlung. Prof. Lud-
— Bon der Strafkammer
sXilbron» »vnrde Louise Bödingcr von
Likensbach. O- A. wegen
DiL.rdver'uchs zu Jahren Gesängniß
oerUtheüt. lim aus dcm Dienst bei
den BauerS-Eheleutcn Büchele in Äön
nigknm zu kommen, hatte dieselbe, io
ver Atl'.cht. des ihr zur Wart an»er>
traute. 4 Monate alte Kind der Dirnst
herrschet zu tödten. >m Ma, d I. an
2 Tagen zuerst 5 Lehnen, hieraus 5
Ttecknadek: dem Kinde in den Mund
gebracht. Das Kind bat zwar die Ge
genstände verschluckt, dvchi-nd dieselben.
eh:ie Schaden anzurichten, abgegangen.
In Dietelkosen, O. A. Wildlingen,
erhängte sich der BürgerZsohn Paul
Gräbel.—DaS große Deficit der Spar-
und Porfchußbank in Ravensburg .ist
hauptsächlich veranlaßt durch die Ge.
schäftSverbindung derselben mit de,
Hits. Altienbrauerti, dir jetzt euch i.
E»ncurS gerathen ist. Bei dieser hat
die Spar- und Vorschußbank ein Gut»
haben von 369,000 M.
Großherzogthum Baden.
Rathschreiber Schneider von Bam
menthal, der sich vor einiger Zeit heim
lich entsernt hatte, ist wieder zurückge
kehrt und sofort in Haft genommen
worden. Aus Gram über den Tod
feiner Ehefrau hat sich in Büchlenau der
Landwirlh Leopold Knoch ll'. noch am
gleichen Nachmittag auf seinem Spei
cher erhängt. s In Freiburg Dr.
Hermann Engesser. Der 25jährige
Sohn des Fabrikanten Karl Haas in
St. Georgen hat sich durch Vergiftung
mit Cyankali das Leben gencknmen.
Verschmähte Liebe soll den jungen
Mann in den Tod getrieben haben.
In HedderSbach ist der Bürgermeister,
wegen Betrugs und Urkundenfälschung
angeklagt, flüchtig geworden. Der
Rathfchreiber wurde unter dem Ver
dacht der Beihilse zur Urkundenfäl
schung es handelt sich um den dop
pelten Eintrag ein und derselben Lie
genschaft des Bürgermeisters im Grund-
und Pfandbuch in Haft genommen.
Auf Grund eines CrlennlnisjeS der
Strafkammer Freiburg ist nunmehr
Rektor Peter Gsell von der landwirth
schaftlichen Schule in Hochburg gegen
den eine Untersuchung wegen Sittlich
icitsverbrechen schwebt, vom Ministeri
um des Innern seines StaatSamteS
von Rechtswegen für verlustig erklärt
worden. Infolge eines Fehltritts
stürzte der Oberstabsarzt Dr. Kranz
von der Ruine Eberstein bei Baden-
Baden herab. Er wurde als Leiche
ausgehoben. Der seitherige Raths
schreiber Georg Schrenip in Kuhbach
wurde zum Bürgermeister erwählt.
Rheiup 112 a l z.
Im Dorfe Martinshöhe erhängte sich
der 72jährige Jacob Schuhmacher,
nachdem er seine Leute in's Feld
geschickt hatte. Er soll schon längere
Zeit geniüthskrank gewesen sein.
Lieutenant Kölsch in Germersheim
stürzte mit dem Pferde so unglücklich,
daß er schwere Verletzungen davontrug
und kaum mit dem Leben davonkom
men dürfte. In Gräfenhausen liegt
die Hälsle der Kinder an der Diphthe
ritis krank. Die Schulen mußten des
halb geschlossen werden. Ein Gesuch
betreffs „Umwandlung der Gemeinde
Mailammer Alsterweiler in eineSladt"
ist dieser Tage an den Prinz--Regeiltcn
nach München abgesandt worden.
Der Schullehrer Feth von Neupsotz
wurde wegen Vergehens gegen die Sitt
lichkeit verhaftet und in s Unters»--
chungsgesängniß nach Laudau abge
führt. Der erste Treffer der neuesten
Gewinnziehung der Ansbach Gunzen
hauser Anlehensloose im Betrage von
10,000 sl. siel einem Fabrikarbeiter in
Pirmasens zu. Zwei Kindesmörde
rinnen. die 19jährige Elis. Theobald
aus Ncunkirchen und die 23 Jahre alte
Elis. Steiler von Otterbach, wurtze»
bezw. 2< Jahren Gesängniß verui
theilt.
Elsaß-Lothringen.
Der 3. große Stanweiher un
seres Landes, der Laucheniveiher, ist
in Banangriss genommen worden. Der
Bau wird aus über 1.5,00,000 M. zu
stehen kommen. 112 Eoniincrzienrath
Eduard Schwarz, einer der des
Hauses Schlnmberger Ea. in Mühl-
Hausen. —In Niedermorschweiler wurde
)aS iicuerbaule Waisenhaus seiner Be
stimmung übergeben und erössnet.
Hn Oellingen wurde der 73jährige
Kriedr ch wegen eines SittlichkeitSver
rechens verhaftet und nach Diedcnhofcn
:ransportirt. Gegen den früheren
Notar Ludwig Müller, welcher sich jetzt
US Adjchätzungscoinmissär in Beliort
inshslt, ist wegen Urkundensälschnng
ind Betrugsversuchs Untersuchung er
zssnet und Hastbesehl erlassen worden :
ein im Teutschen Reiche befindliches
Lermügen ist mit Beschlag belegt.
Mecklenburg.
Beim Kalksahren ertranken im Däm
menschen See die Arbeiter Max von
Arabstädt. gebore» zu Biederitz und
Zdnard Sodentamv aus Köln a. Rh.,
welche beim Zieglermeister Drewing in
Arbeit standen. Der frühere Her-
Zhienken i» Güstrow, hat
sich an der Thürklinge feiner Wohnung
irhangt. Bei einer durch Blitzschlag
zeranlaßten Feuersbrunst in Monkhos
ist der ganze Hos bis auf zwei Nebenge»
bände niedergebrannt. In der Nähe
»es Bahnhofs Rostock entgleiste ein Er»
zreßzug. wobei zwei Passagiere gelödtct,
!> verletzt wurden.
Oldenburg.
Der Schlosser Munderloh, in Olden
burg in der Beeckschen Maschinenfabrik
beschäsligt. ift bei der Reparatur
»eS FeldhnS'schen Dampsers ans dem
Zwijchenahner See Über Bord ge
jalli'ii nnd ertrunken. DaS statt
liche HanS des Kolonen Pille zu Schemde
nebst Nebengebäude brannte jüngst »oll
ständig nieder. Die Anwohner Klin-
haben sich vereinigt, um aus
ihrer Straße einen artesischen Brunnen
anlegkii zu lassen. Der 18jährige
Zimmerlchrling F. Wemje, gebürtig
i»j Dötlingen ist. als er bei Dötlingen
die Hunte durchschwimmen wollte, er-
Schweiz.
DaS Schwurgericht in Aarguu hat
den Rudols Riietschi, Schuhmacher von
S»hr. angeklagt der fahrlässigen Zöd
tung feiner Ehefrau, zu fünf Jahren
Zuchthaus vcrurthcilt. Der unge
deckte Schaden an Gebäulichkeiteii. Mo
dilien und Obstbäumen anläßlich des
Brandes von Sevelen betragt Fr. 254.
844 -voran bis jetzt Fr. 36.547 an
Liebesgaben eingegangen sind. Alt-
Schuldcntnebbeamtcr Bosch in St.
Gallen hat sich in seinem Bureau er»
schössen. Das Kriminalgericht ver»
uilheilte den Alt-Gemeindeschreiber Wi
lliger von Eich wegen fünfzehn Fäl
schungen, zwei Diebstählen an Gülten
und zwei Unterschlagungen zu 17 Jah
ren Zuchthoul.
Nach St. Gervai» hat
der Schweizer Professir F. Forel einen
Ausflug gemacht und erörtert nach sei
ner Rückkehr in der „Gazette de Lau
sanne" die Ursachen der Katastrophe.
Er schreibt dieselbe einer Gletscher
lawine zu. welche von den Tetes R süsses
aus einer Höhe von 3150 Meler in
einer Neigung von 70 pEt. bis zum
Bionasset Gletscher hinabgestürzt ist.
Die GebirgSpartie, von wo auS die
Gleticheelawiiie niederging, ist eine der
steilsten in der gewaltigen Montblanc
gruppe. Die Masse des abgestürzten
EiseS schätzt Forel nach den Angaben
des mit den Loealverhältnissen genau
vertrauten Gemsjägers Perrond von
Bionasset. in dessen Begleitung er jene
GebirgSpartie beging, auf ein bis zwei
Millionen Kubikmeter. Daß sich im
Innern des Gletschers bedeutende Was
seransammlungen gebildet und diese die
Katastrophe verursacht hätte», stellt
Forel in Abrede. Hierfür fei der
Gletscher (mit blos 40 Hektaren Ober
fläche) z» klein, und alle Erscheinungen
bei dem verheerenden Vorgang bewei
sen. daß dieser durch die rapide Bewe
gung nicht einer flüssigen, sondern einer
halbfesten, lavaartigen Masse verur
sacht wurde; Man finde noch Reste der
abgestürzten Masse: Eis mit Erde ge
mischt. Eine Wassermasse hätte sich
an der steilsten Stelle hinuntergestürzt
und wäre dicht über die vordere Mo
räne gegangen. Die Masse war flüs
sig genug, um im Thalboden bei 10
Procent Gefälle sich soribewege», und
consistent genug, um aus ihrem Wege
Alles vor sich her wegzlisegen. Forel
nimmt an, daß binnen einer halben
Stunde diese Masse ihren ganzen Weg
13 Kilometer aus einer Höhe
von über 300!» Meter im Gebirge bis
in's Thal der Arve zurückgelegt habe.
Er bezeichnete diese Katastrophe als den
großartigsten Fall von Gletscherlawi
nen. dem am nächsten komme» diejeni
gen von Sl. Barthelcmy an der Dent
du-Midi <1560, 1635, 1636, 1835.
1887) mit 2200 Meter Fallhöhe aus
siebe» Kilometer Horizontallänge ihrer
Bahn. Eine neue Katastrophe sei so
laiige »icht zu besürchle», bis der nun
abgestürzte Hangende Gletscher sich wie
der gebildet habe; eine Gesahr sür die
Hochalpenlhäler im Ganzen entstehe
dnrch das jetzige allgemeine Anwachsen
der Gletscher. Projcssor Forel hat be
reits in, Frühling dieses Jahres durch
einen Bericht an den Staatsrath von
Wallis hieraus hingewiesen und die
Nothwendigkeit sorgfältiger Beobach
tung dieser GletscherderhSltnisse hervor
gehoben. Der Staatsrath von Wallis
hat denn auch einen solchen Beobach--
tungsdieilst angeordnet.
Die Lenkbarkeit des
Lustballons ist leider immer noch nicht
ersunde» und die Aeronaute» sind a»s
ihren kühnen Fahrten noch manchem
widerwilligen „Schritt vom Wege"
ausge'etzt. Nicht ganz so schlimm, wie
ihren sranzösischcn Eollegen aus Havrc,
von deren Rettung wir berichtet, ist es
dieser Zage einigen russischen Lustschif
fern in Petersburg bei ihrer Strandung
und Landung ergangen. Vier Män
ner voin Fach, darunter zwei Osficiere
vom Lustschiisenorps. .hallen vom
Wollowii Blachselde aus. einen Ausstieg
unternommen. Bald äb»r mußten sie
bemerken, daß das Füllgas ausströmte.
Um nun wenigstens außerhalb des
Weichbildes der Sladl landen zu kön
nen, warjcn sie den ganzen Balast ans,
aber es wollte nichts nutzen: denn plötz
lich saß der Ballon aus dem Dache eines
Hauses in bclebler Straße fest, und
einer der Herren Luftschiffer siel aus
der Gondel in den Rauchsang und
dann durch den ganze» langen Schlot
ans eine» Kochheerd, wo er endlich ohne
weitere Fährlichkcitcn in der Nähe ciiies
Samovars landete, zum großen Er
staunen der Tochter des Hauses, die
gar nicht gewußt halte, das russische
Osficiere wie Brockenheren im Kamin
spazieren sahren. Für die anderen
drei Theilnehmer und den Ballon
endete die Fahr« aus dem Dache, von
wo ans sie einzelii zur Erde zurückgehol»
vurden.
Ueber ein sonderbares
Messcrdnell wird aus Granada Folgen
des berichtet - Zwei Mitglieder des
Radsahrcrklubs. Moreno und Perez,
haben vor einigen Tagen einen furcht
baren Messerkampf ausgesochten. Bau
den Duellzeugen begleilel, begaben sich
sie Gegner auf die große Straße, die
nach Malaga fährt, an einen ganz ab
gelegenen Ort. Dort postirten sie sich
ungefähr 200 Meter von einander ent
fernt. und auf das von den Sekundan
ten gegebene Zeichen fuhren sie mit
ihren BicycleS gegen einander los. in
dem sie ihre Rader mit der linken Hand
lenkten und in der Rechten das schreck
liche Messer (navaja) schwangen, dessen
scharfe Klingen von den Spaniern so
geschickt gehandhabt werden. Bei dem
ersten Ziisommentresfcn durchstach Perez
den linken Arm Morenos. bald daraus
aber stieß ihm sein Gegner das Messer
mitten in vi, Brust. Perez. dessen
rechte Lunge durchbohrt war. erlag
schon nach wenigen Augenblicken seine'
schweren Verletzung.
Man schreibt aus Frei
bürg i. Br.: Skalpirt nach Jndianer
art wurde ein IsjährigeS Mädchen in
der Nähe von Millingen im Schwarz
wald. Dieselbe kam dem Treibriemen
einer Sägemühle zu nahe, wurde am
Zopf erfaßt und mit blitzartiger Ge
schivindigtei, des Zovfes und der ganzen
Kovshaut beraubt. Hoffnungslos
wurde d",e Patientin der Freiburger
Klinik anvertraut. Profeffor KraSke
versuchte, die gräßliche Wunde kunstlich
zu überhäuten. indem er dünne Haut
stückchen von gesunden Körperstellen der
Patientin auf die bloßliegende Schädel»
wunde überpflanzt. Der Erfolg ist
bis jetzt befriedigend. Die Patientin
wird wahrscheinlich von ihrer ebenso
eigenthümlichen als gefährlichen Wunde
genesen, allerdings mit einem Kahl
kops. Die hiesigen Aerzte mteressiren
sich lebhaft für den seltenen Fall.
Vor Kurzem wurde in
fchleswig'fchen Blättern berichtet, daß
junge, dänisch gesinnte Damen ans
Apenrade bei Gelegenheit einer Wagevi
sahri durch die Halbinsel Loit den
Lehrer in Loitkirkeby während des
Turnunterrichts verspottet und beleidigt
hätten. Das in entschieden deutscher
Haltung redigirte Flensburger sreie
Tagblatt sür Schleswig-Holstein bringt
nun aus unparteiischer Feder nachste
hende Schilderung des harmlosen Vor
ganges: „Die jungen Damen sind zu
einer Geldbuße von je vier Mark und
zwanzig Pfennigen verurtheilt worden.
Der Vorfall wird von den Betheiligten
der Wahrheit gemäß und event, unter
Eid folgendermaßen dargestellt: Als die
jungen Damen auf ihrem diesjährigen
ElubauSflug das Torf Loikirkeby Pas
sirken, kamen sie u. a. auch an der
Schule vorüber, woselbst ein Lehrer auf
dem Turnplatze mit seinen SAilern
Exercitien vornahm. Da brach eine
der jungen Damen, die wegen ihrer oft
übermüthigen, fröhlichen Laune und
wegen ihrer oft plötzlichen, zumeist drol
ligen Einfälle von den Freundinnen
gern gesehen und gelitten ist, beim An
blick des commandirenden Lehrers plötz
lich in die Worte aus: „Ganzes Ba
taillon! grade aus! Augen
links! rührt Euch!" Diese in
schnarrendem Lieutenantston gesproche
nen Worte verfehlten natürlich nicht
ihre Wirkung; die luftigen Ausfliigle
rinncn brachen in stürmische Heiterkeit
aus, die sich, da die jungen Damen
keine Ahnung von der Gesetzwidrigkeit
ihres Beiichmcils hatten, natürlich un
verhohlen Luft machte. Weiter als
dieses ~gesetzwidrige" Lachen ist abso
lut nichts passirt, und auch, als die
Gesellschaft später wieder dem Lehrer
begegnete, passirte man sich gegenseitig
in völliger Ruhe. Daß die jungen
Damen aus dänisch-gesinnt bekannten
Familien entstammen, thut zur Sache
nichts; denn das ganze war nichts als
ein übermüthiger Scherz, der anch
deutschgesinnten Damen Hütte passireu
können. Leider ist aber auch dieses an sich
harmlose Ereigniß wieder auf das leidige
G biet der nnd
so zu Ungunsten der fröhlichen Ausflüg
ler zu einem ungeheuerlichen und uner
hörten Ereigniß aufgebauscht worden.
Durch frühere Erfahrungen in derlei
Sachen klüger gemacht, werden die
Damen getrost ihre 4 Mark 20 Pfen
nig „berappen" und in Zukunft jeden
Lehrer unbehelligt „rechts um", „links
um" und „gerade ans" conimandiren
lassen, ohne ihn in seiner Andacht zu
stören."
—D ervcr st orbene Heran s
geber der Gartenlaube, Ernst Keil,
schrieb gegen das Ende feines Lebens
einem seiner vertrauten Freunde einen
Brief, der in ergreifender Weise zeigt,
wie viel unerfüllte Wünsche auch für
denjenigen übrig bleiben, der auf glän
zende Erfolge stolz sein darf. Zur
Zeit der Absendung des Briefes im
Jahre 1874 belief sich die Auflage der
Gartenlaube auf 382,000 Exemplare.
Wie viele mögen den Mann beneidet
haben, der solches Glück gehabt, durch
seine Energie so Großes erzielt hat!
Und doch maß der Mann folgendes Be
kenntniß ablegen: „Das ist ein Erfolg,
auf den ich wohl stolz fein kann; denn
das Werk ist mein und ganz allein
mein, sowohl durch den Verlag wie
durch die Leitung desselben. Würde
mich aber jemand fragen, ob es mich
glücklich gemacht hat, so könnte ich ihm
nur eine traurige Antwort geben.
Seit 15 Jahren habe ich nur diesen ei
nen Gedanken gehabt, welcher mich Tag
und Nacht und überall mit dämonischer
Gewalt beherrscht, der mich der letzten
Freuden meines Lebens beraubt, der
mich zu einem vereinsamten Manne ge
macht und dadurch unbeschreibliches
Elend über mich und meine Famitie
gebracht hat. Fünfzehn Jahre des
schönsten Theiles meines Lebens halv
ich mich in Arbeit begraben, ich habe
keinen Sonntag gehabt, habe mich
rückgezogen von meinen Freunden, nur
meinem Geschäfte gelebt. Trotzdem
mir die Rcisemittel zu Gebote stehen,
habe ich mit Ausnahme einer Tour
durch die Schweiz nichts von der Welt
gesehen, und sollten meine müden
Glieder sich morgen zur Ruhe legen,
so werden die Heute sagen : „Er war
ein Thor und hat sein Leben nicht ge
nossen." Die Leitung eines solchen
Werkes ist ein Fluch, der uns mit eiser
nen Krallen gefangen hält und zuletzt
das Leben vernichtet, ohne etwas an
deres errungen zu haben als eine
günstige Anzahl Abonnenten. In sechs
Jahren habe ich nur drei ErholungS
tage gehabt, welche ich in Thüringen
zugebracht habe. Der Ehrgeiz mag
durch den Erfolg eines solchen Blattes
befriedigt sein, aber das Glück kann
nicht darin gefunden werden, das weiß
ich aus Erfahrung."
Ei n e i g e n th ü m l ich e s
Mißgeschick ist, wie die Königsberger
Blätter berichten, einer jungen Dame
widerfahren, die sich gegenwärtig am
Ostsecstrande in der Sommersrische be
findet. In einer größeren Gesellschaft
hatte dieselbe einen Ausflug von dort
aus in's Samland hinein gemacht, bis
in die Nähe des Dorfes Groß-Kuhren.
Bei den verschiedenen Spielen wurde
ihr nun der schöne neue Strandhut zu
viel, sie legte ihn ab und hing denselben
an den Ast eines nahen
Als sie nach einer Stunde den Hut wie
der holen wollte, war von demselben
nichts zu sehen, an dessen Stelle hing
ein gewaltiger brummender „Bienen
beutet", um den Hunderte Mitglieder.-
des unruhigen, revolutionärenJinmen»
Völkchens herumflogen. Die Sitna?
tion klärte sich bald auf: die Bienen
hatten den Hut als vorzüglichen Halte
punkt auserkoren und sich in und rrm
denselben gemächlich gesetzt. Erst am
andern Tage wurde der junge Schwärm:
von dem Eigenthümer entdeckt, der
Baumast wurde abgesägt und wanderte:
nebst Hut und Bienen in den Stock, wo
er sich heute noch befindet. 7