6 Si« Zukunft Fern sehens. Man hat in den letzten Jahren k viel in die Zukunft geschaut, von Bel llamy bis zu Bebel und Richter, daß es nicht Wunder nehmen kann, wenn noch «in anderer moderner Thorwächter der Zukunft, der Erfinder, das Guckfenster feiner Phantasie öffnet und uns einen Blick aus den Vorflur späterer Jahr hunderte gönnt. Der technische Geist, der uns die Vollendung künftiger Er findungen in einer etwa neunzig Seiten starken Schrift vorführt, ist der könig lich preußische Hauptmann a. D. Maximilian Pleßner, der bereits durch sein patentirtes „AntiPhon" unser Ver trauen in seinen erfinderischen Scharf sinn erweckt hat. Was ist das „Antiphon"? Ein Vor legeschloß für unser mißbrauchtes Ge hör. Jeder Nervöse oder Leidende, den sein Berus zwingt, mitten im Toben > der Großstadt, unter Sem Rasseln und Knarren der Gefährte auf dem Pfla ster, unter dem Stampfen und Klin geln der Pferdebahnwagen sein Leben zu verbringen, wird das Mittel als Wohlthat begrüßen, welches ihm gestat tet, den Schallwellen den Weg nach sei nem Ohre abzuschneiden. Das Anti- Phon in der Ohrmuschel versetzt uns in «inen Zustand idealer Taubheit. Es giebt freilich Leute, die ganzen Lärm «rchcstcrn gegenüber unberührt bleibe», und ihre» gerechten Schlummer in kräf tigen Zügen durchschnarchcn. Es giebt ober auch solche, die, von ihren Berufs pflichtc» über die Ncrvenlräfte ange spannt, nach dem Mittagesien nach Haufe eilen, und die vergebens nach ihrem Stündchen Schlaf haschen, „dem zweiten Gang im GastmahlderNatur", wie ihn Shakespeare so treffend nennt. Für ihn bedeutet der kleine Apparat eine Wohlthat, eine freudige Weltflucht, welche den kreisenden Saften gestattet, der bedürftigen Maschine Erholung zu bringen. ES ist begreiflich, daß d:r Erfinder, der schon die Gegenwart so schön be dacht hat, für die Zusunst eine noch größere Freigebigkeit entwickelt. Maxi milian Pleßner hat die Summe von bedanken und Spekulationen, die im vieljährigen Studium der Physik und Technik durch seinen Kops gegangen, zusammengerafft und denkt sie in einem größeren Werke zur Belehrung und Förderung jener Mitlebenden zn ver öffentlichen, welche sich des in ihnen schlummernden Erfinder-Talentes noch nicht bewußt sind und die aus den zün denden Funken warte», der ihre» Geist in Flammen setzt. Das Werk ist also durchaus ernst gemeint und soll prak tische Dienste leisten. Herr Pleßner beginnt den „Blick ans die großen Er findungen des zwanzigsten Jahrhun derts" mit der „Zuknnlt des elekrischen Fernsehens". Ter Stoff ist in einer sehr anregenden und klaren, selbst sür Laien anziehenden Form behandelt. Ja, dem Letzteren dürsten die ans wis senschaftlich fester Grundlage aufge bauten Projecte gerade dieser flüssigen Form wegen als Phantasmen oder Äulcs Verniaden erscheine». Das le bendige Spiel der Idee» versteigt sich an inaiichtli Stellen bis zum dichtcri schcn Schwung: nämlich dort, wo der Verlasse», ein glühender Patriot und zukunstsfroher Menschenfreund, den Segen schildert, den die fortgeschrittene Technil der Welt bringen wird. Der überraschende Triumph in der Kunst des Fernhörens läßt uns Ersolge auch im Fernsehen begehren. Schon den Amerikaner Bell ließen die Lorbee ren. di cr durch Erfindung des Tele phons errungen, nicht mehr ruhen. Allein er ist bei seinen neuen Versuchen nicht weit gekommen. Machen wir uns vor Allem einen Begriff von der Mög lichkeit des Fernsehens. Nehmen wir als Grundlage eine einfache Photo graphie. Was in der Natur in Far ben Prangt, hier auf der Daguerreothpe ist es auf eiue Abwechselung von Licht und Schatten, von Grau aus Grau reducirt. Die chemische Verbindung empfindet zwar recht deutlich das Roth, das Gelb, das Blau und gibt sie in Abstusungen weißen Lichtes wieder. Mehr köiinttn wir sür den Augenblick auch vou einem Fernseher nicht verlan gen. Ja, es wäre schon viel, wenn wir das Wenige erreichen könnte», wenn es uns möglich wäre, Licht-Schmaukungcn in elcltrifche Ströme zu verwandeln, diese durch einen Draht nach einer ser uen Station zu leiten und dort wieder in Licht ninzuictzcn. Etwas Aehnliches ist Herrn Bell frei lich gelungen, aber nur für das Licht büschel eines einzigen Punktes. Nun besteht ei» Bild aus vielen Tausenden, um nicht zu sagen Millionen Punkten, von d.neii jeder einen anderen Licht strahl von verschiedener Helligktit und Farbe in unser Auge wirst. Wir brauchten daher auch viele Drähte, ebenso wie die Netzhaut unseres AugeS über eine große Anzahl Nervenfasern verfügt. Und jeder Draht brauchte «inen eigenen Apparat, nm den Strom, von dem cr durchflössen wird, wieder in «inen entsprechenden Lichteffect umzu setzen. Das gäbe eine ebenso compli eirte als theuere Fernleitung. Als Sömmering seinen ersten Telegraph plante, brauchte er 2-t Drähte, einen für jede» Buchstaben des Alphabets: heute thut ei» einziger Draht denstlben Dienst. Und dahin muß auch die sehlunst streben: mit einem Draht sich zu begnügen, wenn sie lebensfähig fein soll. ES bleibt also nichts übrig, als das rSumlichc Nebeneinander in ein zeitli ches Hinte, cinandcr zn vcrivandcln. «Ve Piinllc. die im Bilde zn gleicher Zeit z» >e>n sind, durch de» Draht mach einander abzugeben, »nd doch sol len in der Empfangsstation wieder wie im «rspiiiiiglicheü Bilde gleichzeitig und in dcritlben Anordnnng wirken. Man müßte fie demnach so raich anein ander reihe», daß sie dem Auge des Empfänger', fa?! gleichzeitig sich darstel- Ku. Tac- - "ich! m.'ye als ljöv Secunde beanspruchen, also geradezu ein Hexenkunststück. In dem Buche des Herrn Pleßner sind Aparate vorgeschlagen, durch welche man zur Lösung der Aufgabe gelange» könnte. „Die elektrische Wiedergäbe des Bildes einer Person in Lcbcngröße wird vielleicht Vorrichtungen crhciichen, welche schon eher als telephotische Ma schinen bezeichnet werden können, da sie nahezu die Größe einer Lokomobile er reichen mögen," meint der Verfasser. Man sieht, das Telephon ist gegenüber dem Telephot so heißt der Fernseher das reine Kinderspielzeug. Aber setzen wir voraus, das Telephol sei erfunden. Wer in die Ferne Bilder schicken kau», käu» auch in die Ferne pholographiren. Ja, dies vermag er noch zu allererst, wenn es sich nur um einfache Schriftlichen handelt. Der Fernseher verdrängt de» Telegraphen, er sendet ganze Schristseiten in einem Augenblick über Länder hinweg. Der Bcamtc ist nicht mehr snr Irrthümer verantwortlich, der Empfänger liest die Handschrist, welche der Absender aus gegeben hat. Depeschen, die sonst Siunden erforderten, werden jetzt in ebensoviel Minuten expedirt. Aber noch mehr. Jedermann kann während der telephonischenUnterhaltungdenSprecher zu sehen belommen, als ob er ihn leib lich vor sich hätte. Wer einen liebeu Verwandten, der, sei es in derselben Stadt oder in einer anderen wohnt, sehen will, begibt sich auf die nächstge > legene Telegraphcnstation und tritt dort mit ihm in dcn Spicgclverlehr." Wer hätte vor hundert Jahren geglaubt, daß zwei Geschäftsfreunde in Leipzig und Frankfurt sich „mündlich" würden ver ständigen können, wie cS heute durch daß Telephon geschieht! Wer mag cs heute glauben, daß in hundert Jahren zwei Leute dieser Städte auf diese Di stanz hin sich lächelnd schauen, vielleicht vuch die Waare» in Augenschcin nehme«' .werden, um die sie unterhandeln! Der Provinzler sieht ebenso di« Opcrnaufführung der Hauptstadt in ihrer ganzen Prachtentsaltung von Ko stümen und Dekorationen, wie er sie heute durch das Telephon bereits zu hö ren im Stande ist. Ja, jedes Dorf rich tet sich ein kleines, dunkles Theater ein, auf dessen Vorhang der Fernseher jene agirenden Gestalten hinzaubert, die ge rade im Augenblick die Bühne de- Deutschen- oder Lessing-Theater süllcn. Zur Ausspeicherung des Schallcs ha ben wir den Edison'schen Phonogra phen, zur Aufspeicherung des LichteS wird sich der Optograph einstellen. Schon baut sich der Apparat in gewal tigen Dimensionen vor der Phantasie des Erfinders. „An Stelle der kleinen Wachsrolle des Phonographen dürsten voraussichtlich zwei hohle, aus einer ge meinsamen Schraubenachse befestigte, mit einer teleklroskopischen Aufnahme vorrichtung in fester Verbindung ste hende Glaswalzcn vom Durchmesser der großen Tampfcylinder »nserer Schisss inaschincn treten, deren Oberfläche mit telst eines photochemischen Processes, ähnlich wie die Glasplatten unserer photographischen Apparate lichtempfind lich gemacht werden würde." Dieser Apparat soll „Hyalophot" heißen. I» Verbindung mit einer neuen Art Pho nographen erhallen wir das „Hya loskop", ein Wunderwerk. Es gibl kein „hier" und „dort" mehr, kein..ge stern" »nd,,heute". Wenigstens si>- unsere Sinne nicht. Das Hyaloskop hält alle Erscheinun gen in seinem todten Maschinen-Jnncrr fest und sie beginnen alle zu leben unt Alles ersteht vor unseren Angen wiedei auf, sobald wir das wohlgcölte Räder werk in Gang bringen. Verstorben« Generationen steigen gewissermaßen au !hrem Grabe, verrauschte Tage natio naler Feste und Freude» erwachen, dai Volk vermag historische Ereignisse, wii jenen Triumphzug durch das Branden bnrger Thor nach dem Siege von 1871 für seine stumps gewordene Begeistern»; wieder heraiiszubeschwören. Da sieh! es die lorbecrbekränzten Truppen zuir Thore hereinziehen, es sieht die Massen sich drängen, cs hört das Hurrah de> Menge, voran aus seinem Schlachtross« den greisen Kaiser, den Neubegründei des Reiches ein spukhastcs Bild, alles Schemen und Gespenster, die in der Maschine ausgespeichcrt worden wären, wenn sie schon im Jahre 187 l existirt hätte, Gespenster, die durch ihr« Lebendigkeit ergreisen, begeistern u»t erschüttern, die aber im Nu, sowie da- Räderwerk abschnappt, in Nichts ver schwinden. Noch liegt uns die Erfindung diese, Maschine in allzu ferner Zukunft, abe> auf dem Wege dahin begegnen wn einem interessanten neuen Versahren, der Optographmiie, mit deren Hilfi eine Welt- und Universalschrift in- Leben gerufen werden kann. Es is bekannt, daß jeder Schall eine Bewe gung der Lust ist, und daß man dies, Bewegung in diejenige eines Licht strahls umwandelt und photographirer lann. Auf diese Weife hat Dr. Fröh lich die Wellenlinien für die Vokal, aei 0 u aufgezeichnet. Die verschie densten Linicn aller menschlichen Laut, in einciii Wörterbuch untergebracht/ würden es dem Knaben ermöglichen, in der Schiile Sprachzeichen zu erlernen, die sür alle Völker gleichwerthig sind, sofern diese nur den internationaler Normalapparat eines „Phohoptogra phen" bereits eingeführt haben. Denn durch Einschalten der Photographirten Schristzeichen in den Apparat wird de, entsprechende Laut zum Ertönen ge bracht. Solche Zeichen sehen wir jc bereits an dem Edison'schen Phonogra phen, wo sie jedoch, sür das Auge zr sein, auf einer Wachswalzc eingravir find. DaS Erlernen einer fremden Sprach kann dann ohne Lehrer von Statt» gehen. Ja, der Stumme, der Blinde, , der Taube können leicht mit einandei l verkehren. Was der Erste niederschreibt, wird der Zweite im Optographon mr > dem Ohre vernehmen; und andererseits Wa» der Blinde mit dem Munde spricht, sieht her Taube als sichtbare Zeichen vor seinen Augen sich abrollen. Unser« jetzigen Hilfsmittel würden schon hin reichen, solche Apparate herzustellen, die wie der Phonograph, und schneller als der Stenograph, lange Reden auszu zeichnen vermögen. Die Gegenwart wird von mancher Räthselfrage bedrängt, von manchem quälenden Bedürfniß. Sie klopft de müthig beim Sozialpolitiker, beim Techniker an, die Herren möchten doch ihre Aerzte sein. Die Schlau köpfe machen auch hilfsbereit die Rezepte: sie verschreiben ihr die Zukunft Leo. Gilbert. HundStagsideen für die Cam pagne. Es Wl sich nicht, in Abrede stellen, daß die Geschichte der Wahlprocessionen in unserem Lande an einer gewissen Einförmigkeit leidet, die sich nur sehr schwer mit dem fast überall herrschenden Geiste des Fortschritts in Einklang bringen läßt. inpagne-Uniformen und Abzeichen siiio noch das, was sie vor zwanzig, dreißig Jahren waren. Eher ist noch ein Rückschritt zu bemer ken. Die Gelder fangen an spärlicher zn fließen, und die Zeiten, als z. B. in Ncwark Fabriken ausschließlich sich mit der Berfertigiing von Uniformen, Fah len und Abzeichen für politische'llmzüge efchäftigten und dabei feine Geschäfte machten, sind längst vorüber. Flammrnbogen für Wahlausziige. Als ein besonderer Nachtheil ist stets die mangelhaste Beleuchtung der wäh rend der Dunkelheit stattfindenden Um züge empfunden worden. Wenn die eigentliche politische Begeisterung sich ihrem Höhepunkt nähert, werden die Tage immer kürzer, die Abende immer länger. Beginnen die Feierstunden der großen Masse des Volkes, so ist die Sonne längst hinunter, und um die gehörige Wirkung zu erzielen, veran staltet man die Umzüge bei Fackellicht. Denn unsere elenden Straßenlaternen brennen trotz der hochgradigen politi schen Aufregung auch nicht um eine» halben Cent Heller. Werden die Leuch ten aber, wie bisher üblich, in den Händen getragen, so wird ihre Wirkung durch die Gestalten und die Schatten »er Prozession sehr beeinträchtigt. Viel besser und gleichmäßiger würde die Be leuchtung daher ausfallen, wenn man die Leuchten über den Köpfen der Mar schirenden anbringen könnte. Ein klu ger Kopf will es deshalb mit neuen Flammenbogen, wie die obige Abbil dung zeigt, in diesem Herbst versuchen. Je zwei Mann tragen einen Metall bogen. an welchem hell brennende Lam pen befestigt sind. Der Magiiesmm-Tlseet. Aus Erzielung eines möglichst blen denden Effects ist eine zweite Erfindung bedacht. Jedes Mitglied der Proces sion trägt eine Lampe aus der Helm spitze, welche mit einem kleinen Gum migeblüse, das der Träger nach Be lieben und mit Leichtigkeit handhaben kann, in Verbindung steht. Bei be sonders wichtigen Momenten etwa dem Erscheinen eines beliebten Politi kers, bei den Kraststellen einer An sprache an die Menge, bei der Erwäh nung von Baby McKee oder Baby Ruth wird durch einen dumpsen Paukcnscylag das Zeichen gegeben, und. plötzlich bläst dann Jeder durch den Gnmmischlanch ein wenig Magncsium staub in die Flamme. In seenhastcm Glänze erstrahlt dann die ganze Co lonne—aber nur aus einen Augen blick. Ter Effect kann beliebig oft wiederholt werden. Aha: Herr: Nun Frau lein Mimi, nun sagen Sie mir einmal aufrichtig, mögen Sie denn all' diese Liebcsgejchichten da so gern lesen —? Junge Dame: Ach, lieber noch er lebte ich sie! II — Et was Passendes. Geck: ..Sogen Sie. Fräulein, haben Sie blaue Krawatten, die zu meinen Augen passen?" Verkäuferin: ..Nein, aber weicht Filzhüte, die vortrefflich zu Ihrem Kops passen!" Wie sie schmeckt. Jung« Ehesrau: Wie Karl. Du lagst mir gar nicht, ob die Suppe ichmeckt, die ich doch ganz allein zubereitet habe? 7 Er: Nun ja. mein Kind.sie schmeckt jo aber scheußlich! Wt« «an einem Tiger die «raSe» beschneidet. Den katzenartigen Raubthieren in unseren Menagerien müssen von Zeit zu Zeit die furchtbaren Krallen be schnitten werden. ES'ist unmöglich, für jedes einzelne Exemplar einen be sonderen Käfig zu reserviren. Wenn sich die Thiere unter einander gut ver tragen und das ist namentlich bei den Jungen desselben Wurss der Fall, die von ihrerGebnrt an zusammenbleiben ist es auch viel richtiger, sie in Ge sellschaft zu lassen. Sie bleiben dann munter und lebhaft, während sie in Einzelhast oft genug mürrisch, bösartig und sogar krank werden. Doch ist es nicht zu verwundern, daß unter ihnen namentlich bei der Fütterung Zank und Streit ausbricht, und die Ohrfeigen, die dann von beiden Seiten reichlich mit den Pranken ausgetheilt werden, würden sehr gefährliche Wunden verur sachen, wenn man eben vorsichtiger Weise den Thieren nicht ab und zu die langen, messerscharfen und spitzen Krallen gestutzt hätte. In der obigen Abbildung sehen wir eine solche Scene aus dem Bailey'schen Cirkus veranschaulicht. Der knurrende und sanchende Königstiger ist natürlich mittelst einer unzerreißbaren Schlinge ans Manillahans an die Stäbe gefes selt, während der Löwenbändiger Conk ling mit einer handfesten Echtere die schwierige Operation an den Krallen vollzieht. Die Ca »disatei» der Präsident schaftö-Campagne deö Jah res t»»L. Es ist ganz natürlich und gerechtfer .igt, daß sich das Volk auch für die äußere Erscheinung derjenigen Männer interessirt, welche in der kommenden Wahlbewegnng, der nationalen Cam pagne, die hervorragendste Rolle zu spielen bestimmt sind. Wir meinen die Candidaten für das Amt des Präsi denten und Vieepräsidenten der Ver. Staaten, soweit sie von denjenigen Parteien, welche in der Campagne einen activen Antheil nehmen, d. h. also den Republikanern, Demokraten, der VolkS parlei und den Prohibitionisten, aufge stellt sind. In monarchischen Staaten wird ja dieses Interesse oft genug bis Lächerliche getrieben. Man denke doch nur an die ungeheure Aufregung, die in Deutschland der Umstand her vorrief, daß Kaiser Wilhelm 11. sich nach seiner ersten Nordlandreise einen Vollbart hatte wachsen lassen! Alle früheren Bilder waren mit einemmal unverkäuflich geworden; die Photogra phen und Kunsthändler waren in Ver zweiflung. denn das Publikum ver langte stürmisch nach dem neuen Bilde des Kaisers mit dem Vollbart. Da plötzlich ließ sich der Kaiser rasiren. Jetzt krach der „Bildersturm" von Neuem los: die älteren Bilder kamen wieder zu Ehren. Harrison. Cleveland. Wcaver. Bis well. Ter gegenwärtige Präsident Benja min Harriso», bekanntlich der Erko rene der republikanischen Partei für einen zweiten Amtstermin. trägt einen Hut von No. 7? und einen Hemdentra gen No. 165. Grover Clcvelaiid. der Candidat der demokratischen Partei, trägt einen Hut No 7j und einen Stehkragen No. 17. Herr Harrison trägt Stiestl No. 6, Cleveland No. Letzterer besitzt also einen sehr zierlichen Fuß, siir einen Mann vielleicht zu klein im Verhältniß zu seintr Größe. Har risons Haar, das früher, ebenso wie sein Bart, dunkelbraun war, ist heute stark ergraut, fast weiß. Seine Augen sind dunktlbraun, »nd bei aufmerksa mer Betrachtung will es scheinen, als ob tr «in wenig schielt. Das ist nur durch lange Anstrengung hervorgeru fene Schwäche. Harrison ist der Sohn eines Far mers und gehört der presbyterianischen Kirche an. Er ist im Hause seines be rühmten Großvaters am 20. August 1833 zu North Bend im Staate Ohio Grover Cleveland ist der Sohn eine» Geistlichen und wurde zu Caldwell im Staate New Itriey am 18. März 1837 geboren. Gleich seinem Rivalen Harriwn, raucht er ganz gern eine gute Cigarre und trinkt sein Gläschen Wein mit Behagen. Wahrend Harri son stets einen Vollbart getragen, hat Cleveland nur einen Schnurrbart-, sein Haar ist dünn und vertauscht seine ur ivriingtich braune Farbe allmählich mit ehr würdigem Grau. Cleveland ijr ei» »tioeiiichastlicher Freund von Eier speisen. Obst und heißen Buchweiz. kuchen. Ueber nichts kann der sonst ruhige Mann mehr in Zorn gerathen, als wenn man versucht, seine Gattin FranceS und sein Töchterchcn Rnth in die politische Eampagne zu ziehen. Grover Cleveland fing seine Laufbahn als Schriftsteller über landwirthschaft liche Fragen an und wurde dann ein beliebter Anwalt. Er hat sich stets zur demokratischen Partei und zur presbi)- terianischen Kirche gehalten. Der Candidat der Volkspartci, James Baird Weaver, ist nach Versiche rung seiner Freunde ein Muster von Enthaltsamkeit, da er weder raucht, noch trinkt, noch flucht. Er hat dies mal seine zweite Nomincition für di« Präsidentschaft erhallen und wirkt seit fünszehn Jahren als politischer Agita tor. Er ist von mittlerer Statur, hat graues Haar, einen grauen Schnurr bart und blaue Augen. Er trägt Klappkragcn und weiße Halsbinde und hält aus seine Kleidung mit peinlicher Sorgsalt. Er ist ein Farmersohn und am 12. Juni 1833 in Ohio geboren. Mit zwanzig Jahren ging tr nach Ca lisornien nnd ließ sich nach seiner Rück kehr in lowa als Ad xat nieder. Bis 1'877 gehörte er der republikanischen Partei an. Durch seine Reden zu Gunsten des Papiergeldes in verschiede nen Theilen der Ver. Staaten ist Wea ver wohlbekannt. Er ist literarisch sehr thätig gewesen; seine Familie besteht ans Frau und sechs Kindern nnd ge hört, wie cr, dem mcthodistischc» Be kenntniß an. Gcncral John Bidwell, der Candidal der Prohibitionspartei, trägt eine» Vollbart, einen Stehkragen No. 155 und ist bereits völlig ergraut. Er ist am 5. August 1819 zu New Aork gebo ren. Er ivar früher Weinbergsbefitzer, ehe er in den Congreß kam. ' Stevenson. Meld. Cranfill. Von den Candidaten für die Vice- Präsidcntschast ist Whitelaw Reid wohl der bedeutendste. Er ist am 27. Octo ber 1837 zu Xenia in Ohio geboren und wurde »ach Absolviruug des Col legs zuerst Lehrer. Mit zwanzig Jah ren trat er in die Journalistik ein. der er als reicher Eigenthümer der „New Hork Tribune" noch heute angehört. Er ist schlank, mager, von einnehmender Erscheinung und PreSbyteriaucr. Er trägt Kragen No. 15 und Stiesel No. 7. Obwohl cr den besten Keller aus erlesener Weine in den Ver. Staaten führt, ist cr persönlich außerordentlich mäßig. Clevclands' Kampfgenosse Adlai E. Stevenson wurde am 23. October 1833 im County Christian im Staate Kentucky geboren, hat aber bisher aus schließlich in Bloomington. Jll., ge lebt. Er ist praktischer Jurist, hat stets der demokratischen Partei ange hört und trägt einen grauen Schnurr bart. Seine grauen Angen sind aus drucksvoll und strahlend, namentlich wenn er in Bewcgung geräth. Der zweite Candidat der Bolkspartei, General JaineS Gaven Field, ist im County Culpeper des Staates Birgi nien am 24. Februar 1826 geboren. Er diente im consöderirten Heer während des Bürgerkrieges, verlor ein Bein nnd wnrde General. Seinem religiösen Bekenntnisse nach ist er Baptist. Der jüngste Candidat von allen ist derjenige der Prohibitionspartei sür die Vicepräsidentschaft, nämlich der 35jährige Cransill ans Texas- Er hat eine abenteuerliche Vergangenheit als Kuhhirt. Viehzüchter und Jndianer lämpfcr hinter sich, und erst seil weni gen Jahren bat er die Büchse mit der vertauscht. Er gibt nämlich in Waco ein prohibitionistischcS Blatt heraus und ist außerdem Arzt. Er ist 'ine Hauptstütze der Baptistcnkirche. Der moderne RudenS. men.Riibens, weil er immer nur sür starke Damen schwärmte. Und jetzt ist er mit einer so hageren Person vtrhei rathet! Ja, er hat sich in die üppige i?ter Mitgift verliebt. Nicht zu Helsen. Pfarrer: Sie machen ja ein so kummervolles Ge sicht, Herr Wenzel? Kann ich Ihne» vielleicht irgendwie helfen. Nein. Nun, was drückt Sie denn so sehr? Mein rechter Stiesel! Zeitbild««. Sie hatten einander gelobt sich Mit manchem Liebcswort, Die ganze Zukunft schien ihnen Ein rosiger Licbeshort, Hoch hielt er sein Brautchen im Arme. Die Linden sän selten lind Und flüsterte, kiissend und losend: „O dn mein herziges Kind!" Die Zeiten vergingen, sie waren Nicht Bräutigam mehr und Braut, Schon standcsayitlich getraut. Nun war er, wie einst, geworden Ein lockerer Sausewind, An der Wiege sitzt sie alleine: .O du mein herziges Kind!" Inzwischen sitzt er beim Weine Und küßt die Schcnkin. so rund Und so verführcifch, lachend Aus den ostgetüßten Mund. Und taumelnd vom süßen Weine Faßt er um die Hüfte geschwind Tie lockende lockige Lock're: .O du mein herziges Kind!" Et»» SHlanvergcr. „Was haben Sie denn da für ein merkwürdiges Schild an Ihrer Woh nung angebracht? Sie heißen doch weder Kümmerlich, noch sind Sie Dich ter?" „Schon recht, aber ich denke, das soll mich während meiner Badereise vo» Einbruch schützen!" Zu seiner diesjährigen achtwöchigen Uebnngszcit erhält der Unteroffizier der Reserve H. als Bur schen einen edlen Polen Naine.is Kras zewsky. der sich mit der deutsche Sprache und mit seinem Begriffsver mögen gleich schlecht abzufinden weiß. Infolge dessen ist es für den Unteroffi zier keine Kleinigkeit, dem Burschen seine Wünsche klar zu machen: er muß, wo es irgend geht, Gesten und Finger zeige zu Hilfe nehmen. „Kr, Szcwsky", sagt er eines Tages, „geh' hin und hole vom Strie der meinen Rock, vom Buchbinder hier gegenüber bnn.>e eine Wasche Tinte mit und vergiß mir auch nicht wieder die Parole. Ten Rock legü Tu Hierher" er zeigte auf ei nen Stuhl —, „die Parole hier" der Zeigefinger weift auf die rechte Seite des Tisches am Fenster—, „und die Tinte stellst Tu hier hin" der Zeige finger wandert nach links. „Hast Du mich verstanden?" KraSztwsky grinst seinen Herrn verständnißvoll an. „Vulkummen, Herr Unteruffizier, vull stäiidig." Als der edle Pole, nach dem er seine Austrüge ausgeführt hat, wieder ins Zimmer tritt, bemerk? er zu seinem Entsetzen, daß das Hausmäd chen inzwischen die Stube gereinigt und sowohl dem Stuhl als auch dem Tisch einen aiidern Platz angewiesen hat. Bekümmert kratzt sich Kr aSzewSky hin ter den Ohren. „Tisch ist sich weg", sagt er traurig, „Stuhl ist sich weg", seuszt er voll Sorgen. ~Aber Unter uffizier hat gMillt, hier füll Rock lie gen, hier die Wnte und hier Parole." Zu seiner nicht geringen Ueber caschung findet der Unteroffizier bei sei ner Rückkehr Parole, Rock und Tinte aus dem Fußboden, genau an den Stellen, die er bezeichnet. Menschenfreundliche Anzeige. „Ich beehre mich, hiermit zur Kenntniß meiner Gläubiger zu bringen, daß ich in neuerer Zeit sieben Mal, und zwar stets ersolglos. gepfän det wurde. Ich ersuche daher die Interessenten, von diesem mir höchst gleichgiltigcn Versahren, dassür sie doch nur neue Auslagen hervorruft, endlich abzustehen. A. Psennigloser, Diur inst." Die kleineMieze kommt mit ihrer Mama in eine Apotheke. Der eben vorherrschende Nelkenölgeruch veranlaßt sie zur Bemerkung- »Ma. machen, hier riecht «z ja so nach Zahn, weh!" «in» Erinnerung au l»?u. ES war im Juli 137Y —so erzähl! ein Mitarbeiter der „Straßb. Post" in einer „Erinnerung aus den Mobil machungStagen im Jahre 1870". Ich wohnte damals noch im Elternhause, in dem sechs Kilometer von Saargc münd entsernten bayerischen Dörfchen Habkirchen. Ein kleiner Fluß, di« Blies, trennte uns von dem französi schen Grenzorte Frauenberg. Die Un ruhe und Besorgniß untchr den Grenz bewohnern steigerte sich mit jedem Zage. Immer näher rückte die Gefahr eineZ Zusammenstoßes in unseren Gauen. Die Franzosen hatten bedeutend« Streitkräfte bei Saargemünd zusam mengezogen: chre auf den Hügeln jen seits der Blies aufgtstclltcn Vorposten machten sich ein Vergnügen daraus, ans jedes lebende Wesen, das sie in unserem Torfe oder in dessen Umgebung erblick ten, zu schießen. Eines Tages, wii saßen gerade beim Mittagstisch, stürzt« eine Nachbarsfrau todtblcich in unser Zimmer mit den' Worten: „Herr M., wir sind verloren, die Preußen kom men!" Während wir in's Freie eilten, drang auch schon der Hufschlag einiger Rcittr an nnser Ohr. , Es waren drei preußische Dragoner, welche in flottem Trabe aus nnS zuhielten. „Sind Sie Franzosen?" herrscht« der Führer uns an. „Nein," entgeg nete mein Bater, „wir sind Bayern; wenn Sie Franzosen sehen wollen, müssen Sie sich schon über jene Brück« bemühen, doch rathe ich Ihnen, hier zu bleiben, die Brücke ist von 25 französi scheu obitsssui-ü a piscl besetzt." „Bor ivärts, Juugcns," rief der kühne Füh rer. dem die Kampfeslust aus den Augen sprühte, seinen Kamcradcn zu, „mir wollen die Franzosen einmal in der Nähe betrachten!" und unbeküm mert um einen nochmaligen WarnungS rnf meiiics VaterS flogen dit drci kecken Reiter in voller Karriere, den Säbel im Mund und den Karabiner in dei Hand, der Brück« zu. Sprachlos vor Schrecken über eine solche Tollkühnheit, folgten mir mit den Blicken jenen unbe sonnenen Wagehälsen. Jetzt hatten si« die Brücke erreicht, und wie der Wini sausten sie hinüber in das französisch« Dorf hinein. Der Knall einiger Schüff« drang zu uns, dann war Alles still. „Die kommen nicht mehr zurück," klang es fast gleichzeitig von den Lippen eini ger Männer. Ab.'r wer beschreibt unser Erstaunen, als nach Verlauf einiger Minuten di« kühnen Reiter unversehrt wieder bei uns eintrafen! Kaum hatten die fran zösischen Chnsskurs die drei Dragone, erblickt, als sie die ihnen anvertraut« Brücke im Stich ließen und niitec Zu rücklassung ihrer Gewehre in wilder Flucht in die nächsten Häuser stürzten »nd sich dort versteckt hielten, bis ~Io» lVussisns" das Dorf wieder verlassen hatten. Dieser Ueberfall mußte ge rächt werden. Am folgenden Morgen rückten ein Regiment Infanterie, einig« Schwadronen Kavallerie und eine Ab theilung Artillerie in unser Dorf ein. Sie tranken das vorhandene Bier ans und marschirten dann bis zum nächsten bayerischen Dorfe Bebelsheim. Wäh rend Officiere und Mannschaften die einzelnen Wirthschaften anfsuchten und alle geistigen Gelränke bis auf den letz ten Tropfen vertilgten, begab sich de? Führer der Abtheilung mit zwei Adju tanten zum Pfarrer des Dorfes und erkundigte sich, wie weit es bis zum Rheine sei. ..Herr General", war die prophe tische Antwort des biederen Psarrcrs, ..wenn Sie die Entfernung bis zum Rheine nicht kennen, dann weiden Sie den Rhein nicht zu sehen belomnien." Ter General lächelte überlegen und bat um eine Karte der Pfalz. Da der Pfarrer eine solche nicht besaß, wies er ihn an den Schiillehrer. Die ser war des Französischen mir wenig mächtig, so daß eS eine geraume Zeit wihrte, bis er herausbrachte, daß die Herren eine Karte wünschten. Er sührt« sie darauf in den Schulsaal, wo an den Wänden verschiedene Schulkarten, li. A. auch die Karte von Palastina, hingen. voil» l» carl« clii I'al»- lin-tt!"rief einer der Offiziere ans, in dem er auf diese Karte deutete. Di« Herren betrachteten sie eine Weile, roll ten sie dann zusammen und nahmen sie mit, sichtlich erfreut über die werthvoll» Beute, die sie gemacht hatten. Vom Kaiser Friedrich theilen die „Münch. R. N." folgend« bisher nicht bekannt gewordene Geschick»« mit. Als er, damals noch Kronprinz, die Schweiz inkognito bereiste und bei dieser Gelegenheit auch aus der Furka war. konnte eine Engländerin es sich nicht versagen, dem hohen Gaste eine Freude bereiten. Sie hatte in Eng land gelesen, daß der deutsche Kron prinz deutsche Volkslieder besonders liebe, eilte also ans Instrument, sucht« ein recht inniges, zu Herzen gehendes Lied aus, und dann stimmte sie an: „Sah ein Knab' ein Röslein stehn" u. s. w. Man kann sich vorstellen, wie sich bei dem gebrochenen Deutsch der Sin kenden der Vortrag ausnahm. AIS die Dame aber gar sang: „Knabe sprach, ich steche dich, Röslein sprach ich breche mich"' war eS um des Kronprinzen bis dahin mühsam bewahrten Ernst gesche hen. Er drehte sich langsam mit sei nem Stuhle der Tasel wieder zu und sagte: „Wenn dieser Ohrenschmaus noch länger dauert, gehört es gar nicht zu den Unmöglichkeiten, daß einem Christcilmenschen etwas Aehnliches zu stoßen könnte." Die Sängerin, welch« inzwischen geendigt hatte, ging mit hoch erhobenem Haupte zu ihrem Platze zu rück. stolz> dem Kronprinzen von Preu ßen eine Freude gemacht zu haben. Kindermund. Hier stehti „Man legte den Todten in einen bleier nen Sirg. Mama, ist Bkei nicht ge» rade so furchtbar ungesund?" , - 'Beruhigend. Gatte (be sorgt): Ist die Krankheit meiner Frau j sehr ausgebildet, Doctor? Nein, Herr Müller, aber sehr eingebildet.