6 «»»»»monda. An dem Gitter des Porgartens einek lehr eleganten Villa lehnte ein alter Mann in so nachlässiger Haltung, daß man deutlich sehen tonnte, weder die heitere Musik, noch die anderen Laute eines fröhlichen Festes, die aus den offenen, hellerlcuchleten Fenstern in die Frühlingsnacht herausdrangen, inter «ssirten ihn sonderlich. Nur von Zeit zu Zeit, wenn die Hausthür sich öffnete lind aus dein statuengeschmückleii Vor saale Gäste in's Freie traten, veränder ten sich die scharfgeschnittencn Züge des Alten; er richtete sich aus, musterte einen Augenblick die Heraustretenden und fiel wieder in feine lässige Lage zu rück, wenn er sich von Neuem getäuscht sah. Endlich lr«t mit jenem raschen Schritte, wie ihn nur die Jugend und «ine festlich gehobene Stimmung ver leiht, ein hochgewachsener Mann aus der Villa, nnd ihm ging der Alte ent gegen. „Sie hier, Kolowsky?" tief der junge Mi»n sehr überrascht. „Was führt Sie zu so spater Nachtstunde her?" „Ich wollte nur sehen, in welche Ge ltalt Sie die schöne Eirce verwandelt . hat, von deren Zaubersest Sie eben lommcii!" antwortete Kolowsly mit so spöttischer Stimme, daß der Andere ziemlich verlegen erwiderte: „O. ich bin leider ganz unverändert, ganz der alte, ebenso arm, als optimi stisch, daß ich bei Ihrem Anblick an nahm. Sie brachten mir die Zusage Ihres Direktors, daß er meine Ghis mouda aufführen wolle." „WaS >alli Ihnen ein, die Ghis monda an unserem elenden Vorstadt thcater einzureichen! Haben Sie das -wirklich gethan, Heinrichsen?" „Warum nicht?" lachte dieser. .Wenn !e:n Hoftheater sie aniiehmen will! Ucbrigens hoffte ich start aus Sie, lieber Koslowsky. Sie hätten mit Ihrer blendenden Charakteristik den alte» blaudio, der eine so wichtige Rolle hat, ganz prächtig gespielt. Ich habe die Rolle eigentlich für Sie geschrieben, Sie zuü! Vorbild benutzt!" „Sie jpotten wohl! Ein schönes Vor> bild, dieser alte, einäugige Koli"vÄ>>, diese Karüatur von einem Menschen, die den Göttern danken kann, im Vor stadltheater den Possenreißer machen zu dürseu, um nicht zu verhungern." Mit plötzlich ausbrechendem Grimme ballte er die Häude und rief: „Hillen Sie sich vor den eitlen, glän zenden grauen der großen Welt, Hein richsen! Hätte mich nicht wegen eines solchen WeibeS ein Pistolenschuß halb geblendet, was wäre ich jetzt! Ein gro ßer Künstler, das weiß ich! Und," er schüttelte dein jungen Freunde herzlich die Hand, „Ihre Ghismonda wäre lange ausgeführt, müßte nicht bei elen den Vorsiadlbühnc» um das Auffüh rungsrecht betteln, dessen hätten Sie sicher sein tonnen, mein lieber, lieber Junge!" Daun aber, als schäme er sich seiner Gefühlsregung, äuderte KoSlowsky plötzlich den Ton und sagte wieder spöt tisch: „Ghismonda! Wie das klingt! Da>. ganze Mittelalter wird wach, wenn man das hört. Wann soll denn tziese Dame gelebt haben ?" Heinrichsen lächelte und sagte dann mit jenem liebenswürdigen Vaterstolz, wie ihn junge Schriststcller stets sür die ersten Erzeugnisse ihres Talentes ha ben: „Wenn Sie nichts dawider haben, ''so hat sie im zwölf»«» Jahrhundert gi -sbt!" „Natürlich! ikonnie mir s doch i>cn ?en! Nichts ist Euch jungen Dichtern entlegen genug und doch kaun Euch eine Frau aus dem zwölften Jahrhun dert nichts mehr fein als ein unverstan dener Begriff, ein Schemen, das sich mühsam und gedrückt durch eine Welt archäologischer Kenntnisse hindurch schleicht." „Sie trauen mir nicht viel zu, Kos lowsky!" „Unterbrechen Sie mich nicht, mein Junge. Sie wissen Alles aus dem zwölften Jahrhundert bis auf das Eine: wo damals eine Frau ihr Herz hatte." „Ich dächte doch!" „Lieber Heinrichsen, Sie bissen das auch heute noch nicht. Oder können Sie mir vielleicht sagen, wo die Frau, von der wir kommen, ihr Herz hat? Haben Sie je eine Spur davon ent deckt?" „Was sür Gewissensfragen stellen Sie!" sagte der Jüngling verwirrt. komme ich dazu, zu wissen, wie es in dem Herzen Eugeniens aussieht, dieser seltenen, geistvollen Frau —" „Der Sie Ihr eigenes Herz leider mehr als billig geweiht haben. Und .geistvoll" nennen Sie dies- Dame? Sie dauern mich!" „Koslowsky!" „Sie brauchen nicht so aufzufahren, Theurer. Ich weiß, was ich rede. Diese Frau ist eine rasfimrtere Kotette ols andere ihrer Milschwestern. Sie tauft sich ihren Geist, wie die anoeren jfich Schminken und Salben kaasen." „Aber wir Alle kauseu ja unseren Geist eigentlich auch beim Buch- Händler." „Gut. er liefert uns das Material, «der wir müssen denn doch auch arbei ten, ehe wir daraus unsere Bildung -aufbaueij. Frau Eugenie lauft sich «dieselbe fertig, wie eine FabritSwaare. Ihr ganzer Antheil daran ist rein ine thaiiiich, cin bischen Gedachtniß arbeü." Sie es so nehme:? woücn. sz 'ist >a auch unsere Vernunft nur Ge dachtnißjache. Wir inerten uns cinsach Äir Gcdaiiten, die Andere vor uns ge dacht Haben, und sind dann stolz aus diese Er: uugenschast. ohne zn bedeuten, Saß eines Zages ein strenger Kos- LowSky kommen werde, der sie achsel- Zuckend mechanische Gedächtnißarbel! tonnte." .Sie wollen mich nicht verstehen!" sagte Koslowsky bitter. „Sie wollen nach Art jedes Gläubigen ihr Idol nicht zerstört sehen. Wenn Sie hundert Ge danken nachdenken, so wird sich Ihnen ein neuer Einfall herausgestalten. Frau Eugenie kennt das nicht; sie merkt sich von hundert Einfällen nur einen. Und mit dem verblüfft sie Leute Ihres gleichen ehrliche, liebe Jungen, die bei Anderen auch Ehrlichkeit voraus setzen." „Ich habe bei Frau Eugenie schöpfe risches Talent auch nie vorausgesetzt, aber ungewöhnlichen Geist besitzt sie deshalb doch. Sie Hütten heute hören sollen, wie treffend sie die eben erschie nene Broschüre „Ter ZukunftSstaat" besprach! Ein blendender Einfall ver drängte den anderen wir Alle hör ten mit Bewunderung zu." Koslowsky lachte spöttisch, trat dann aus dem Schatten der Häuser heraus auf die grell vom Monde beschienene Straße und sagte gebieterisch: Sehen Sie mich an, Heinrichsen! Sehe ich aus wie Jemand, der sich in eitler Selbstbewunderung berauschen könnte? Nein, dieser alte, einäugige Possenreißer aus dem VorstadttHeater besitzt die jämmerlichste aller sogenann ten Tugenden: die Selbsterkenntnis. Und die macht mich sehr bescheiden. Und doch will ich jetzt unbescheiden sein. Ich beanspruche die Autorschaft aller der blendenden Einfälle, welche Sie heute au Frau Eugenie bewundert haben ich habe sie geliefert." „Sie sprechen in Räthseln," sagte Heinrichsen mit zitternder Stimme, die dem alten Manne verrieth, wie tief das Gespräch dem Gefährten an's Herz ging. „Da will ich deutlicher sprechen. Ich liefere Frau Eugenie ihre geistvollen Einfälle und zwar sehr billig. So bil lig, wie es eben ein armer Mann thun muß, der dankbar für jeden Erwerb ist, damit er sein theures Weib, sein Kind von Noth fernhält. Ich bin der „Vor leser" dieser geistvollen Eugenie das heißt, ich muß das Neueste für sie lesen und meine Randglossen dazu machen eine scharfe Lauge habe ich ja. Ich be komme das betreffende Buch mit nach Hause und muß es da präpanren, das WissenSwcrtheste unterstreichen, eine Bemerkung dazu an den Rand schrei ben, kurz, Frau Eugenie „das Stu dium der Bücher erleichtern," wie zu nennen beliebt. Sie hätten nur das Exemplar des „Zukunstsstaates" sehen sollen, das ich ihr vor drei Tagen brachte. Ich kann Ihnen versichern, es standen noch mehr „blendende Ein fällt darin, als Sie heute zu hören be kamen das Gedächtniß dieser moder nen Sappho ist nicht das beste!" Eine lange Pause folgte nun. Lang sam schritten die beiden Männer dahin; der junge ganz in Sinnen verloren, das Haupt auf die heftig athmende Brust geneigt, der alte, seiner Aufre gung ein besserer Meister, scharf be obachtend wie immer. Endlich blieb Koslowsky stehen und sagte mit sehr milder Stimme: „Sie leiden, mein guter Junge, und durch mich, der wahrlich ein guter Freund ist. Aber es ist besser so, als wenn Sie einst durch jene Frau noch mehr leiden müßten. Sie wissen, wa rum ich Ihnen den Schleier gelüftet habe, der einer geistlosen Puppe einen gewissen Reiz verliehen hat. Ich schätze Sie, ich weiß, Sie werden ein mal ein Schriftsteller sein, von dem man mit Achtung spricht, darum will ich nicht, daß Sie Ihr jugendsrisches, für alles Größe und Edle empfängliche Herz an Jemanden verlieren, der nur > Ihre Verachtung verdient. Frau Eu acni« wittert »« Ihnen die künstige - Größe, darum zeigt sie Ihnen jene Auf merksamkeit, die Ihr ungeprüftes, ver l trauensfeliges Herz leicht für mehr neh ' men kann. Lassen Sie mich hoffen, - daß Sie einmal auf Ihrem Lebenswege » ein Mädchen finden werden, schön und t gut, Ihnen an Geist und Herz eben » bürtig, ein Mädchen, das sinnig Ihren Worten lauscht, dessen Gemüth durch - keine raffinirten Künste verdorben ist, ein blondes, süßes Kind, das Ihnen i erst die rechte Tichterweihe geben > wird!" : Sie kennen ein solches Ideal?" fragte ' Heinrichsen, rasch aufblickend. „Dann jähren Sie mich hin, ich sehne mich da - nach, in ein reines Auge zu blicken! i Kommen Sie!" „Nein," antwortete Koslowsky rauh. 5 „Vergessen Sie. was ich sagte. Und - was Ihre Ghismonda betrifft, so bitte ich um ein Exemplar. Frau Eugenie i hat mich heute früh gebeten, es ihr zu . verschaffen und für den Salongebrauch e herzurichten. Dadurch erfuhr ich auch, , daß Sie bei der geistvollen Dame gegen wärtig sehr in Gnaden stehen. Wollen r Sie das präparirte Bnch vielleicht sehen, v ehe ich es abliesere?" ? „Ich bitte darum." „Gute Nacht, mein lieber Junge!" „Gute Nacht, KoSlowsky und . meinen Dank!" Eine Woche später trat Heinrichsen e wieder aus der erleuchteten Villa her e aus, aber es war noch zu sehr früher n Stunde, nnd trotzdem Frau Eugenie dein jungen Schriftsteller eine Fülle n von Schmeicheleien über dieGhismonda !- gesagt hatte, war seine Haltung nicht von jener' Sieg' ssreudigkeit, mit der er , letzthin die Gesellschaft der geistvollen - Hrau verlassen hatte. Unwillkürlich g flog sein Blick nach der Stelle am h Gitter, wo koslowsky neulich aus ihn :. gewartet hatte- Dann warf der junge > !vianii den Kopf zurück, als schüttle er !- Alles, was er eben gehört, weit von sich ab, und schritt eilig der fernen o Dorstadt zn, wo KoSlowsky wohnte. > Ein liebreizendes blondes Mädchen öff- H nete ihm die Thür, erröthete holdselig, !- als Heinrichsen seinen Namen nannte, if und jagte dann mit einem entzückenden i, Blick naivster Freude: „Sie sind Hein >- richsen? O, ich weiß schon viel von Jh l-!nen. uud besonder? Ihre Ghismonda it! gefällt mir sehr. Und Papa schätzt ' Sie ungemein; er wird sich sreuen, Si< hier begrüßen zu können. Sie sin» willkommen!" „Willkommen!" rief nun auch KoS lowsky, der aus seinem Stübchen her austrat und Heinrichscn eilte zu das Herz des alten Mannes, mit dem Gefühl, hier eine neue Heimath gefunden zu haben. Auch ein Idealist. „Weint Du. Alte, was ich jetzt möcht'?" „Nun. was möchtest Du denn?" „Drei Maß Bier, eine halbe Gans und eine Schüssel voll Kartoffel salat!" „O Du Idealist!" Beides, ltcbcr Lnlelt „Was soll ich Dir kaufen? Einen Kasten mit Handwerkszeug oder ein unzerreißbares Bilderbuch?" „Bei des, lieber Lnkel! Wenn ich ein unzer reißbares Bilderbuch kriege, dann muß ich doch auch ein Handwerkszeug ya ben!" Die «Srsindttng der Postkarte. Wie wenige unter den Millionen und aber Millionen, die sich in ihrem Ner kehre des so nett und handlich geschnit tenen Steisblattcs bedienen, das unter dem Namen Postkarte derzeit eine so wichtige Stellung im Weltpostverkchre einnimmt, denken daran, wie auch die ses bescheidene Blättchen seine Geschichte hat. Bon dem Sklaven, von dem Herodot erzählt, daß man ihm den Kops glatt abfror, die Kopshaut mit Zeichen beschrieb, hierauf die Haare wachsen ließ und ihn sodann als Bo ten absandte, bis zu der Postkarte von heute ist ein weiter Weg. Die Idee, ein der heutigen „Postkarte" verwand tes Verkehrsmittel einzuführen, war von dem damaligen Oberpostrath und derzeitigen deutschen Generalpostdirector Stephan zuerst im Jahre I3tis auf der allgemeinen deutschen Postconserenz zn Karlsruhe iu Vorschlag gebracht wor den, ohne Zustimmung zu finden. Vier Jahre später (Januar 186 S) trat ein österreichischer Gelehrter, der National ökonom und Professor an der kais. Ssterrcichischen Militärakademie zu Wie ner-Neustadt, Dr. Emanuel Herrmann, ohne Kenntniß des Stephan'schen Pro jects, mit einem dem voreimühnten ver wandten, doch in jeiner Vereinsachnng nock weiter entwickelten Borschlag an die Ocffcntlich'eit. Er hatte das Glück, in dem damali zen Leiter des österreichischen Postwe- 'ens, dem Generalpostdirector Freiherr» oon Maly, einen Mann zu sinden, der von der Wichtigkeit dieser Neuerung sogleich durchdrungen und auch einfluß reich genug war, sie ungeiäumt in die That umzusetzen. Dr. Herrmann arbeitete eben an der Darstellung des Gesetzes üer Specialisirung nnd forschte nach Belegen. Da fiel ihm auf, daß so viele Briefe geschrieben werden, die chrem Inhalt nach weder eines Siegels > noch eines EouvertS, noch der vielen Titulat>»ren und anderer Förmlichkei ten bedürfen, und daß dennoch für diese Specialität von Bliesen noch nicht die eigenthümliche einfachere, bequemere Form gefunden fei. Wie ein Blitz durchfuhr ihn der Gedanke an Postkar ten, die, schon mit der Marke versehen, ausgegeben werden und nur mit Tinte oder Bleistift beschrieben zu werden brauchen. Nun verfaßte er einen Ar tikel für die „Neue Freie Presse" mit der Aufschrift „Ueber eine neue Art der Korrespondenz", der einige Tage nach her (am 26. Januar Ivt>9) erschien. Von diesem Augenblick ab ist sozusagen die Geburt der „Postkarte" zu datiren. Poesie und Prosa. ~Was gab' ich ni nügt. Dazu gesellte sich ein äußerf kräftiges, in der Bergluft gestähltes und mit gellenden Juchzer» herangebil detes Organ, so daß die Sprecher nii jeder Silbe verständlich waren. Besonders wurde das bemciklich. ali der Komödiendirector auftrat, e.n H.ri aus München, der eben wie ein Städter sprach. Ich trat dann hinter die Eou lisscn und sah mir die Herrschaften etwas näher an. Erst machte ich die Bekanntschaft des Liebhabers; ein hüb scher und ausgeweckter Bursche, der sonst Buchhalter ist. Lampenfieber hal er nur, bevor er auftritt; auf der Bühne fühlt er sich so sicher wie zu Hause. So geht's auch den Andern. Angst hat kein's: die Rollen lernen sie „zur Nacht", das heißt am Abend nach der Arbeit. Das Lernen ist, wie sie er zählen, auch nicht schwer; auch nicht das Prollen, zum Beispiel hat die Eröff nungsvorstellung nnr zwei Proben ge braucht; blos das Aufpassen aus das Stichwort ist ein bischen „sakrisch". Alle spielen ohne Honorar, nur zum Vergnügen, und, wie sie mit schöner Offenheit gestehen, damit's doch dem Ort was einbringt. Tann stellt sich mir die Liebhaberin vor, ein Mädchen aus Miesbach, dann die „Alle", die aber in Wirklichkeit eine sehr hübsche nnd sehr junge, erst seit kurzem verheirathetc Frau ist. Ich frage sie, ob s ihr denn Spaß mache. dieÄlten zu spielen, weils doch am wirk lichen Theater Damen gibt, die noch mit sechzig Jahren die kleinen Mädchen im weiße» Unschuldskleidche» spielen. Da rauf erwidert sie: .Tos is halt, weils noch aanen derobern wollen, i hab aber schon aanen." Die gelungenste Figur unter unseren Künstlern ist ein etwa drcißiz Jahre aller Bursche mit cinem riesenhaften Kropf am Hals. Er wird von den Anderen viel gehäuselt, schaut aber sehr gulmüthig und ist überall da bei. wo was los ist. Einstmals war er ein kleiner Schweienöther, da laufi« ihm der Bater, um ihn zu veredeln, in einem Nachbardorse ein Geschäft, Lei nen- uud Wollwaare». Noch selbige» Tags aber »lachte unser Freund, kaum deß der Bater den Rücken gewendet hatte, doS Geschäft wieder zu Oelde. So brauchte er sich nicht zu planen und lebte von dem Gelde in Herrlichkeit nnd Freuden, bis der lexte Pfennig davon war. Es sollen im laufende» Sommer etwa acht Vorstellungen staltsindcn. Di« Wurst uns der Herr Levrer. Tie Wurst und der Herr Lehrer ha ben nur das mit einander gemein, da« Beide oft scharf sind und zuweilen im Magen liegen und das; Beide ohne Ge halt nicht eristiren können; im Uebrigen bilden sie schroffe Gegensahe. Tie Wurst ist gefüllt, der Herr Lehrer ge lehrt. Die Wurst,biug< oft Fi/inen >m Innern, der Herr Lehrer trägt sie im Gesicht; dafür hat die Wurst den Tarm außen, der Herr Lehrer innen. Beim Herrn Lehrer weiß man immer, was vorn uud was hinten ist, bei der Wurst nur dann, wenn man sie über die Schulter legt. Bor dem Herrn Lehrer hat ninu immer Respekt, vor der Wurst nur dann, wenn sie lrichiiicnverdachtig ist. Die Wurst hat zwei gleiche Hals ten. der Herr Lehrer hat eine bessere Hälfte. Sied.'t man die Wurst, so geht sie auf, der Herr Lehrer würde unter gleichen Umstanden untergehen! die Wurst ging aus der Selcherei, der Herr Lehrer aus dem Seminar hervor. Tie Kinder verehren den Lehrer, die Eltern verehren dem Lehrer die Wurst. In den Ferien ist mir der Herr Lehrer Wurst. Die Natur-Anlage. „Nun, was glauben Sie wohl, wozu unser Isidor die meiste Natur-Anlage Hai?" „Daher 'n geborener Cellisteist, sieht doch Jedermann auf den ersten Blick!" Auf dem Maskenball. MoseS: „Nu, Herr Meyer, was stell'» Sie denn vor?" Meyer: „Aber Herr Moses, 'n Ty roler! Ich werde Ihnen gleich einen Schuhplattler tanzen." Moses: „Hören Sie auf, es würd« doch nur ein Plattfüßler werden." Abgeblitzt» „Mein Fräulein, in dem Spiele mei nes Lebens sind sie die Herzen dann." „Und Sie in deni meinigen der Grün- Junge." Historische Parallele. Wie zur Zeit des ersten Kaiserreiches jeder sranzösische Soldat mit Stolz be haupten d rfte, er trage in seinen, Tor nister schon den Marschallstab, so kann der preußische Soldat heute nicht min der stolz von sich sagen: In meiner Pa tronentasche stecken schon die Gefreit tenknöpfe. Im Eifer. Lehrer (zum Schüler): „Wart', ich will Dich lehren, Unsinn zu treiben! Du schreibst zur Strafe hundertmal: „Ich bin der größte Esel" —und läßt es von Deinem Bater untcrschrcibcn!" Furchtbare Strafe. . Und wie strastest Du denn die unerhörte Kühnheit des Lieutenants, als er Dir eine» Kuß raubte?"—„lch hab' einsach so gethan, als hätte ich gar nichts gemerkt!" Beim Abschied. Dienst mädchen: „Wie man die Dienstboten chilanirt, Madame, das habe ich bei Ihnen gelernt! Wenn ich einmal eine Frau bin, dann mögen sich ineiue Mägde gratulieren. Aus der Kaserne. Unter ofsicier: „Ich erklärte euch soeben die Haupttugcndeu des Soldaten. Pusite, worin findet sich also Vie wahre Große des Soldaten?" —Rekrut: „Im Mi litärpaß!" . Die Frauen nennt man mit Recht das schwache Geschlecht, denn man kann sie nicht genug behüten und beschirmen. Besser als nichts. Sieh' mal, Mama, der arme Mann muß betteln. Nun, das ist immer noch besser, als wenn er garnicht? thäte. Der filber«« Löffel. Wer hier etwa eine Anleitung erwar» tet, wie man sich im Bedarfsfälle ge genüber dem Porwurf, silberne Löffel gestohlen zu haben, am 'wirksamsten vertheidige, wird bitter enttäuscht sein. Ganz lurz sei nur angedeutet, daß selbst über diesen Punkt die Ansichten sehr schwanken. Mein verehrter Lehrer, Statistiker Engel, zum Beispiel be hauptet, er würde eine derartige An schuldigung keiner Erwiederung würdi gen. Ich bin anderer Meinung. Man nehme sich nur die Mühe, die Anschul digung oft, laut und, wenn irgend möglich, gedruckt zu wiederholen und der Ersolg wird nicht ausbleiben. Na türlich plaidirt der liebe und wohlwol lende Nebeninensch für den mildernden Umstand der mors,! der Klep tomanie. Nein, hier sei von anderen silbernen Löffeln die Rede. Bekanntlich ist Müßi.'» gang aller Laster Ansang, und wer reist und eine Frau hat, wird neuestenS mit der ehrenvollen Mission betraut, wenn er gerade Zeit habe, Erinnerungslössel zu erwerben. Das ist nämlich der Aus fluß der neuesten Sammelwnth. einen silbernen Löffel aus jedem größeren Orte mitzubringen, der natürlich dessen ureigenstes Fabrikat sein und als solches irgend ein Eharakteristikum ausweisen muß. Wir sehen auch hier die glückliche Fortentwicklung des stnnclurcl ok liks der Menschheit im elterlichen Hause war die größere Sorge, womit der Löf fel zn füllen, nicht festzustellen, woraus und von wacher Form er sei. Man verdankt diese glückliche Neue rung den Amerikanern. Jedermann muß seiner Frau von überallher eincn Lössel heimbringen, und die Juweliere in den großen Städten der Union wissen diesen Sport weidlich zu nnpen und fertigen zum Theil wahre Pracht stücke, insbesondere der New ?)or!er Tisfany, der übrigens anch in Paris eine Filiale hat, liefert eigenartige Kunstwerke in diesem Genre. So kam der Zug nach dem Löffel Übcr's Meer her, die Engländer schlössen sich der neuen Modethorheit begeistert an, und nun trisst man sie auch bei uns in allen Schattirunaen, von der Suppenkelle bis zum Salzloffelchen. Was wäre eine tüchtige Fahrt ohne vsut. so ging ich denn ans die Suche »ach eingeborenen charakteristi schen Löffeln, natürlich nur wenn ich Zeit halte. Wer wagte, in solchem Falle nicht Zeit zu haben? In Kairo begann ich mit einem, der als Griffende den scincisclirtcn Na menszug des Khedive trug. Aha, sagte ich mir, das ist eingeboren und charak teristisch und griff ins Portemonnaie, doch wie wurde mir. als der Verkäufer beim Ueberrcichcn selbstgefällig bcinerlle, die Sendling sei erst gestern aus Paris angekommen. Damit war mein Schicksal besiegelt, und nur ein freundlicher Stern lächelte mir noch, um kurz darauf in ewige Nacht zu tauchen. Der Silberschmied in der Ehiatta mone in Neapel, ein unvergleichlicher Künstler, ließ ein Gebilde vor mir ent stehen, so zart und duftig, wie ich es vorher iiinimer gefchant, blühendes Laub um den schlanken Stamm ge rankt, oben zu einem gebrochenen Zweige sich verjüngend und nnten mit einem geöffneten Blatte schließend. Ter unscheinbare Meister in der anspruchs losen Werkstatt erinnerte mich unwill kürlich an Benvennto Eelliui. Er nahm einen sieilianischen Thaler mit dem Kopse Earlos des Dritten, zog ihn in einer Walze papierdünn, und bil dete daraus vor meinen Augen nach seiner freien Phantasie. In Rom erstand ich auf der Piazza vi Spagua ein anders Ercmplar, mit ven gekrcnzlen PetcrZschlüsieln im »Inause nnd dem Reliesporlrait des hei ligen BaterS aus der uutereu Fläche. Freimüthig nannte mir der Kausmann als des Lössels Urspruugsstätie Mai land. Die kuiistfrohe Mcdieäerftadt Flo renz schien mir besondere Sicherheiten zu bieten, nnd da ich wunderlicheriveise ven erwarteten San Giorgio desToua tello nicht vorsand, nahm ich am Lun garno ein reizend mit Putten und Ara besken verziertes Löfselchcn. Der Nach bar, bei dem ich Filigran kauste, wies mir die gleiche Waare vor und bewies aus seinen Büchern, das sie aus Ber lin komme. In Bologna, wo ich natürlich ein Stück mit der Bonia erwarb, erzählte der Händler ans freiem Antriebe, er beziehe diese Dinge aus Florenz. Füh lende Herzen werden begreifen, daß in jenem Momente Peter Schemihl e n Glückspilz in dem Vergleich zu mir war. So kam ich nach Venedig, wo ich den Schlauen spielen wollte. Der freund liche Leser wird sofort höre», mit wel tiem Ergebniß. Ich ging uuter den P o'urati n in einen Laden, such!« etilen echten Seudo vom Dogen Gw oanni Moeenigo mit der Jahreszahl l-t7B aus, de» triefende Taucher aus dem Canal grande gefischt, »nd ließ, löiveii gekrönten Stiel anlöthen. „Nun habe ich doch eincn echt vcnetiaimchen Dössel," frohlockte ich zu dem Inhaber. „Gewiß", antwortete per Biedere, .nur der Stiel stammt aus Pia» enza!" Nach diesen herben Enttäuschungen ilhmete ich erleichtert ans, als die chwarzgelben Grenzpfähle überschritten varen, wo mir altem „Weltenbumm er" ans der Station Pontasel passirte. Saß ich den BahnhofSporiier ausgerech net mit „Herr Stationsvorsteher" an -edete, bis der Betreffende mich aus meinen beharrlichen Jrrthnm hinwies, llnd was das Dümmste gcwc>e», die Heit bis zur Abfahrt war nun zn tu». um durch verdoppelt« Rücksichtslosigkeit dem Manne gegenüber wem Verseht? wieder gut zu machen. Endlich war ich in Wien, die Jagd nach dein Löffel sollte nun bald zu Ende sein, ich hatte nur noch ein Pflichtexem plar zu erstehen. In diesem kunstge werblichen Emporium mit seinen welt berühmten Silberschmieden, die den ganzen Südosten mit ihren geschützten Erzeugnissen versehen, muß es selbst verständlich das sernhin sichtbare Sinn bild der neuesten Großkommune sein, der als Wahrzeichen der Stadt aus dem herrlichen gothischen Rathhause thro nende eiserne Mann. Jch»crstaiid ihn auch glücklich als Zierrath eines Löffels am Graben. Beim Einwickeln wendet sich der Juwelier mit den verbindlichen Worten an mich, er könne auch mit schö nemZ-schwedischen Fabrikate aufwarten, in welches buntfarbiges Email durch scheinend eingelassen sei. Schlimmes ahnend, frage ich betreten, warum er denn bei der reichen Gestaltungskraft Wiens fremde Waare führe, worauf mir der Bescheid wurde: „Wir fiud -auf diese Fabrikation nicht eingerichtet, auch Ihr Löffel ist nicht in Wien ge macht." „Wo denn?" schrie ich den Erstaunten an, und er antwortet, betroffen zurückweichend: „In Ha nau —" Wie von Erynnien verfolgt, stürmte ich hinaus, vom Kopfschütteln des Händlers geleitet. Hatte der Mann ge wußt, was ich Alles mit dem Cha rakteristischen erlebt, er würde meine ausgegangene Geduld begriffen ha ben. Jedenfalls aber ist es charakteristisch, wie wenig charakteristisch silberne Löffel sind. Moderne Damenhüte. Zur Herstellung moderner Damen hüte werden der Wiener „Neuen Freien Presse" einige Recepte aus Paris ge sandt, welche das Interesse uuserer Da menwelt in Anspruch nehmen dürften. Man nimmt einen Fond aus Blumen in der Größe einer Männerhand, bringt an der Stirnseite ein großes Schmetter lings-Flügelpaar aus weißer Gaze mit bunten Flitter- Applikationen an, und der „Hut?" ist fertig! Oder man stellt aus einigen aufgeblühten Rosen einen tellerartigen Fond her, den man vorne mit hochaufragenden Fühler» aus Jais ziert die Stengel der Rosen, welche ungezwungen herabhängen, wer den dann ringartig um den Byzantini schen Löckchen - Chignon geschlungen. Zuweilen macht man ein Häubchen aus weißen Spitzen, aus welchen ein mäch tiges Hörncrpaar aus Federn oder Jais, rechts und linls aussteigende, je einen Halbkreis beschreibt. Tann wie der guckt ein sanftes Gesichlchen unter einem blonden Löckchenhelme hervor, auf dem eine niedliche Strohsorm ruht, die mit kühnen Mcphistofedern einer Französischen Anleihe, aufgenommen im Teutschen Dichterwalde geputzt ist. Wenn die Sonne endgiltig die Früh lingSstürme besiegt haben wird, soll es eine Massenvorführung von neuen Strohhüten geben mit sehr breiten, mäßig gebogenen Krampen, deren Fond klein und hoch ist, so daß man seine Aehnlichteit mit einem Küchenmodell bald heraus hatte. Diese anheimeln den Kopfbedeckungen verziert man mit mächtigen Elsässerschleisen, aus Sammt hergestellt, aus welchen gleichfalls Füh ler oder Flügel ein hochgebundenes Bou quet nach oben streben. Sehr modern sind bronzefarbige Hüte, noch moderner erscheinen schottische Strohhüte, die für Blumenzier zu bunt befunden worden sind und mit Traubenbüscheln. Bogel- Heeren, Kirschen, Miniatur-Psirsichen und Aepfeln n Zwergausgaben ge schmückt werden. Vlumciilräiize und Blumenbonqucts sind als Hutschmuck nicht mehr sehr beliebt Heuer bestreut man die Hüte mit langstieligen, zwang los vertheilten Blüthen, so daß es aus sieht, als ob man eben einem Blumen regen ausgesetzt gewesen, ein Lnvus, den sich bis jetzt nur die Künstleriiinei' ge statten durften. Gar allerliebst sind auch Hütchen, de ren Fonds aus Blnmcnsteugcln stroh artig geflochten werden, wenn man es nicht vorzog, sie aus Moos od.r Haser körnern zu bilden. In den Morgen stunden aber wird ausnahmslos die mit hohen Sammtschleifen geputzte Toque aus grobem Slrohgeflechte getragen, welche die Französinnen so kokett, die Engländerinnen so nnvortheilhaft aus zustülpen wissen. Die Toque hat so manchen bedauerlichen Irrthum des männlichen Geschlechtes aus dem Ge wissen. Wie oft schon beschleunigte ein galanter Sterblicher, getäuscht durch une auf welligem Chignon fitzende Toque. seine Schritte, um schmerz erfüllt die Entdeckung zu machen, daß jedes Diug. auch ein Frauentops, zwei Seiten habe, die einander nicht immer würdig" sind, und wie oft auch ver schmähte man es schon, die Borderan sicht einer auf eine platte, englische Fri sur gepreßten Toque zu beachten, die eines jener ideal schönen Gesichter be schattete, wie sie nur die Töchter Albion» »uweilen besitzen. Ausgiebige Empseh lungen. Gnädige (zur neuen Köchin): „Sie gefallen mir soweit ganz gut.... iie Hauptsache bleibt aber für mich, daß Sie vorzüglich kochen können." Kö chin: „Det kann ick, jnädije Frau, dar nach tonnen Sie sich bei unser lanzet Drajoncrrcjiment ertuudijen!" Gute Ausrede. Ein Stu dent wird vom Nachtwächter ertappt, wie er an einer Straßenlaterne hinaus» llcttert. „Was wollen Sie dtini da oben?" „Ich....ich bin kurMtig und wollte bloß nachsehen, ob es schon so spät ist ob die Laternen schon ausgelöscht sind!" s Wie unterscheidet sich eine gute Frau von einem guten Freunde? Jene erfreut uns im Hemach, dieser im Ungemach-