2 e»r«Hred«u. RnS längst vergangenen Tagen her » abreichend, hatte sast bis zur sranzösi fchcn Revolution im Breisgau sich cin Brauch erhalten, dcr jetzt sogar den „üllestcn Lcntcn" unbekannt ist, der jenige der „Strohrcde" bei Hochz.'its festen. Um dcr Hochfluth dcr Tisch rede», die heule ungehindert über die Gäste sich ergießt, einen starten Damm entgegenzusetzen, war in Freiburg be stimmt, daß sosort nach der kirchlichen Einsegnung dcs Brautpaares der.Hoch «citSzug sich in einen hierzu bestimmten Saal begab, um die „Strohrede" an zuhören. Dem Zuge schritt derjenige Freund voraus, welcher zum Ehrenamt des Slrohredners auserseheu war. mit einem strohuiuflochtenen, wachsumgosse ne» Spa» in der Rechten: dann kamen zwei zu zwei die sechs nächste» männ lichzn Bcrivandtcn dcr Braut mit bren nenden und mit Blume» belräiiztc» Fackeln, sodcmn die Braut mit dcr Brautmutter und der „Ehreuwäch terin", endlich dcr Bräutigam allciu, mit dem grüncn Jnnggescllcntraiiz in der Hand, nnd dir übrigen Gäste. Auf ein gegebenes Zeichen wnrde im Festsaale dcr Spar, des Slrohrcdncis entzündet. Seine Ansprache durste nur so lauge dancrn, als dcr Span brannte. Tic längste Frist betrug eine Viertelstunde, da die Flamme an dem leichten Wachsüberzug nicht länger zu zehren hatte. War die Strohrcde been det. dann trat der Redncr anf die Braut zu, umarmte sie uud legte als Erster seine HochzeitSgabc anf den lan gen Tisch. Diese und andere heute vergessene Einzelheiten so schreibt Pros. Sarrazin in der „Franks. Ztg." verdanken wir den Aufzcichiiungcn des Grase» Frank v. Enzcnbcrg aus Bötzen, der als junger Edelmann im Jahre 1769 die „allcrlctzlc Strohredc" hicll. Es war bei der Vermählung des Fräuleins Ernestine Rott zu Ga burg-Lohnheiin mit dem kurpsälzischcn Obersten Wolsgang Traugott Frciherrn von Müuzcr. Für die nähere Kenntniß dcr hoben Gesellschaft vor hundcrt Jahrcn abcr ist die Auszählung der dargebrachten Geschenke, wclchc der Slrohredner nic dergeschricbcn hat, von Bedeutung. Die Reihe dcr prattischcn Gcschcnkc er öffnete Gras von Enzcnbcrg mit sechs Dutzend Paar Tiroler Handschuhen und einem riescngroßcn Schornstein feger, der aus Byzeucr Dinrobst zu sammengefügt war. also Gaben aus seiner Heimath. Etwas moderner neh men sich in unseren Augen die Spenden cinzelncr „Fackelträger" aus: ein englisches Punschservicei ein Siran» Bcnci aus vcrgoldctem Silber mit Email, alSßouillontasje zu gebrauchen; eine vollständige Damentoilette. Scherz- Hast war die Spende des Frciburgcr DcutschordenS-KomthurS, Freiherr v. Rottberg. Er legte lächelnden Antlitzes in einer alten, zerknüllten Pappschachtel ganz gewöhnliche Nüsse auf den Tisch; oben darauf thronte cin Nußknacker plumpster Art. der das Maul weit aussperrte. „Alles brach in Gelächter aus," erzählt Graf Enzcnbcrg, „über diese Bettel gabe. Doch ahnte man, daß es damit nicht zu Ende sei. Freiherr von Rott berg bat die staunende Braut, nach Ge fallen einige Nüsse aufzuknacken. Sie weigerte «s aber, einen dcr gewöhnlichen Streiche fürchtend. Als jedoch der Komthur öffentlich bei seiner Kavaliers parole versichert hatte, daß nichts zu be sorge» sei. und aus diese Bcrsicherung hi» Brautmutter und Ehrenwächterin ihre Erlaubniß gegeben hatten, össncte die Braut eine Nuß. Und sichc da, cS fiel ein blanker, nagelneuer Dukaten heraus, nnd so aus den übrigen 49 Nüssen. In der 51. Nuß, dcr größten, fand sich ein seincs Seidenbciitelchen, gerade groß genug, um die 50 Gold stücke zu fassen." Unter lautem Beifall der HochzcitS gäste wurden die leeren Nußfchaalen sammt der Pappschachtel zum Fenster hinausgeworfen, alsdann auf des Komthurs Vorschlug der eßbare Tiroler Schoriistcinfcger als Ricse und der Frciburgcr Nußknacker als Zwerg zu Wächtcrn dcr immcr mehr anwachsen den Schätze ernannt. Auch abgewiesene Anbeter der Braut waren anwesend und scherzten fröhlich mit. Von ihnen schenkte Rittmeister v. Riedl« einen großen Korb und darin ein Paar niedliche, goldgestickte Pan töffelchcn, die s^'genau an den Fuß dcr Holdcn paßten, daß sie hinterlistiger weise nach deren Maß gemacht sein mußten. Damit aber ja Niemand die vcutliche Andeutung übersehe, hatte der Rittmeister aus dcm Korbe die Inschrift .Für Mich" und aus den Pantoffeln „Für Dich" anbringe« lassen. Die übrigen von den adeligen und bürgerli chen Herren dargebrachten Angebinde waren mehr oder minder konventionell. Eigenartig war nnr noch die Gabe des Priors der Karthaufe zu Ebnet, der mit einer mächtigen Ganzleberpastete hervortrat. Die hübsche Attrappe wurde geöffnet, und unter allgemeinem Entzücken kamen -die zierlichsten, ans Elsenbein gedrechselten Kinderspielsachen zum Vorschein, welche einer der Kart häuscrmönchc in scincu Mußestunde« zesertigt hatte. Ein zärtlicher Gatte, dichter: „Sie haben Ihre Frau verlas seü, vorher abcr sollen Sie dieselbe auf das roheslc behandelt, sie unter anderem an den Haare» durch die Stube gezo gen haben geben Sie das zu?" Angeklagter: „Jotte doch, wat is da dille Ausheben bei, wenn ick von meine Frau zu'n Abschied noch ne Haarlocke haben will?" Böse Vermuthung. Schuldner., „Sapperment, kommen Sie schon wieder mit der allen, lang iveiligcn Rechnung? Denken Sie. ich wcrdc Ihrem Ehes mit den paar hun nert Mark durchbrennen?" Junger Mann: „Nun das gerade nicht, abcr ich möchte beinahe glauben, unser Chef hat lelbst diele Absicht/ Zacharias Vreentailor. Zacharias Greentailor war 19 Jahr« all und cin lyrischer Dichter. Es gibt Menschen, welche der Mei nung sind, als äußere Kennzeichen eines solchen Lieblings der Mnsen seien sol gendc Merlmale unerläßlich: Lange wallende, kühn unter einem sausten, links »ach himen geneigten Filzhul hcr dorqncllcude Locken, das Gesicht von in teressanter, hungriger Blässe, die Augen träumerisch nach oben verdreht, einen etwas schäbigen Rock, dito Beinkleider, und eine» Eelluloid-Kragen mit bun ter Kravatte. Bei Zacharias Green tailor aber trafen diese Merlniale nicht alle zu. Seine Haare waren mit cinem Klipper gleichmäßig kurz geschoren, ein etwas zerknitterter steiser „Dcrby" ruhte ihm schwer auf den Ohren, welche w'ie unwillig sich weit ab wandten, das Gesicht war blaß, aber mit einer Schattirung in's Gelblicht; nur seine Kleidung hattc vollkommen die erforderliche Schäbigkeit. auch der Celluloid?Kragen fehlte nicht, doch von der Kravatte konnte man nicht wissen, ob sie einstmals bnnt, oder schon ur sprünglich so sahlgrau gewesen war. Vor cinem Jahre noch war Zacha rias Greenlailor in cinem der großen Häuser am Park Row in New Bork als „Elevalor-Voy" angestellt. Aber ach,! das fortwährende Auf- und Nieder schweben seines äußeren Menschcn zwi schen Himmel und Erde, solltc vcrhäng nißvoll ans seinen inneren wirken, cr fing an zu dichten. Zwar Anfangs sich der „sauste Wahnsinn" aus ziemlich harmlose Weise, cr verübte seine Gedichte ganz im Geheimen, schrieb sie mit der Bleiseder ans das gelbe Pa pier, welches seinen? „Sandwich" als Hülle diente, und verbarg sie in seiner innersten Westentasche. Bald aber wurde er kühner, kaust sich« cin halbes Rics weißes Papier, eine Ouartflasche voll Tinte u»d cin Gros Slahlsedern. Tann schrieb cr die Ge dichte ab, uud als er sie endlich sogar an die Redaction einer Zeitung schickte, da war sein Schicksal besiegelt, da gab es keine Rückkehr; das heißt, die Ge dichte kehrten sämmtlich zurück, >sit ei nem Schreiben des Redacteurs. Der selbe versicherte ihn, daß seine Productc ein ganz hübsches Talent verriethen, cr aber für dicselbcn leider in seinem Blatte keine Verwendung hätte. Unftr Held war weit davon entfernt, hierdurch entmuthigt zu werde», im Gegentheil. „Die hehre Dichtkunst ist mein eigentlicher Berus", sprach cr zu sich selber. „Die Musen haben in mei ner Wicge das Samenkorn zu unsterb lichen Lorbeer fallen lassen." Er dich tete weiter. Wenn er aber so in himm l lischen Regionen seinen Pegasus hcrum tummette, vergaß er sehr ost die Len kung seines irdischen Elevators; fuhr, anstatt am dritten „Floor" zu haltcn. i»m zehnten empor. Eines Tages wurde .ihm die überra schcndc Mittheilung gemacht, daß man seiner Dienste nicht serner bedürfe. In freudig gehobener Stimmung trat er den Heimweg an, konnte er sich doch nnn ganz seinem eigentlichen Berus widmen. Seine Mutter war Wittwe und er ihr einziger Sohn. Sie wohnten „Down-töwn" im östlichen Theile, im Topsloor eines Hinterhauses. Ms er zu so ungewohnter Stunde die schmale unbelegte Treppe heraufgepoltert kam und die Thüre öffnete, fuhr feine Mut ter erschrocken vom Waschzuber auf. uud rief:. „Wo kommst denn Du her Zachy?" Er theillc ihr das Vorgcfallcnc mit. Anfangs brach sie in sorgenvolles Jam mern aus. So gering sein Verdienst auch gewesen, die nöthige Garderobe hatte cr sich immer davon auschasfc» können, und viel mehr wie für Rcntc und Lebensmittel verdiente sic mit ihrem Waschen nicht. Als cr ihr aber in glühenden Worten schilderte, wie er jetzt großartige Gedichte schreiben würde, von welchen ein einziges an Honorar mehr einbringen könne, wie dcr Lohn cincr ganzcn Woche als „Elcvalorboy" betrüge; und als er dann mit begeister tem Pathos ei» Frühlingsgedicht vor trug, da schlug die Frau in stummer Verwunderung die Hände zusammen. Zwar klang ihr dcr Inhalt dunkel und räthselhast, aber darum gerade mußte es ja großartig sein; und sie zweiselte nicht mehr daran, daß ihr Zacharias am Ansänge einer berühmten Laus bahn stände. Gerne wollte sie täglich einige Stunden länger waschen, um ihrem Liebling das Erreichen seine? hohen Zielcs zuNermöglichen. So saß bcnnfder jnnge Mann Tag für Tag an dcr Tischecke am Fcnstcr, verbrauchte viel Papier und verdarb manche Feder. Die Trinkgelder, die er dann und wann beim Wäschcaustragcn erhielt, legte er nicht, wie srüher, in Eigareiten, tondcrn in Frcimarlcn an. Ansangs wurden ihm scinc Gedichte sämmtlich zurückgeschickt, später aber nicht mehr. TieseS srischtc seine etwas gesunkene Hoffnnng wieder aus, denn jene Gedichte waren ja sicherlich zu späterer Verwendung zurückgelegt wor den. Es kam der Winter, und Mar ein sehr strenger. Der Nordwind segte schneidend kalt durch die Straßen, bil dete aus dem reichlich vorhandenen Schmutz sahle Stanbivolkrn, sarbte die Nasen der Pässanten mit dunklem Kar min, und wo er einen losrsitzcnden Hut erwischen konnte, rollte er ihn mit rassi «irter Fertigkeit auf der Kaute über das Pflaster. Wenn Zacharias i» seiner dünnen Garderobe, die inzwischen noch schäbiger geworden war, auf die Straße kam, spürte er immer eindringlicher das Bedürfniß nach einem Ueberzieher. Aber wol>?r einen solchen nehmen? Seine Gedichte warteten noch immer aus den Redactionen verschiedener Blät ter aus Verwendung, und seine Mutter konnte unmöglich mehr verdienen, wie den Lebensunterhalt. Ali die Weih- lachtSzcit nahte, schriebe eine Anzahl ju diesem Feste passender Gedichte, sandte sie an verschiedene Blätter und -vartete mit großer Hoffnung auf das Kcsultat. Der Morgen d?S fröhlichen Festes war gekommen. Frau Greeittailor saß im ärmlichen aber sauberen Stübchen und schälte Kartoffeln, während im Ofen schon der Fcstbraten schmorte. Zhr Sohn war fortgegangen, um an den Zcitungsvertaufsstcllen aiisznsin zen, ob vo» seinen Gedichten welche erschienen seien. Sie war so crrcgt lwr Erwartung, daß sie kaum das Mcsscr sichcr zu sührcn vermocht?, und >uweilcn statt der sonst so durchsichtig dünne» Schalen verschwenderisch dicke platten abschnitt. Da hastige Tritte, die Thür wurde aufgerissen, und Zacharias stürmte herein, in dcr Hand eine vierundzwanzigieitigc Zei tung schwingend. Es war das - nen nen wir es das „Haladime Sunday Magazine". Mit triumphirendem Blick und glühendcn Wangcn lcglc cr cS auf den Tisch, und deutet« stumm mit dem Finger auf eine Stelle. Ebenfalls sprachlos vor Ueber raschung. sprang Mutter Greentailor ins, daß die Kartoffeln ans den Boden sollten, kramte aus ihrem Nähkörbchen unter eiucm Hausen löcheriger Strümpfe >hrc Brille hervor, und betrachte!-?, nach dem sie dieselbe mit zitternden Fingern zuf die Nase gedrückt hatte, die von Zacharias bezeichnete Stelle. Unier einer ganzen Spalte krauser Bogen, Striche und Punkte, die ihr Ansangs oor den Augen wirr durcheinander lanZlen, buchstabirte sie endlich den Na men: Zacharias Greentailor heraus. Nach dieser Arbeit sank sie aus einen Stuhl, und schlug in stummer Bewun derung ihre Hände zusammen. „Siehst Tu das wußte ich. einmal mußte cs kommet!" sprach Zacharias, und seine Gestalt schien um einige Zoll gewachsen zn sein. „Mcin Junge ich bin ganz hin ich kann's ja kaum fassen hcule wird Dein Name von vielen Tausende» gele sen. „Bon Hunderttausende» wenig stens!" „Was wird nun Mrs. Brown wohl sage»? Die wird nun vor Neid zer platze» ! die trägt immer ihre Nase so hoch, weil ' sie zwei Stock niedriger wohnt wie wir, und ihr Juuge ist »och nur ein Schneidergeselle! Aber Kind, was kriegen wir wohl da jür?" „Well das weiß ich grade nicht, ich habe mal gelesen, daß Tcnnyfan für .'ine Spalte wie dies ungefähr Tausend Dollars kriegt. —" „Tausend Dollars? Kind dann wären wir ja reich!" Frau Greentailor wäre beinahe in Ohnmacht gefallen. „Das ist auch ganz was anders, Tennyson wohnt in London bei der Kö nigin, und dann bin ich auch noch nicht so berühmt wie er! Zehn bis zwanzig Dollars werde ich zum Anfange wohl kriegen!" Er zündete sich eine Cigarette an aus dem Paletchen. welches er von sei ner Mutter als Weihnachtsgeschenk er halten hatte, und wandelte stolzen Schrittes in dem engen Stübchen aus und ab. Mutter Greentailor betrachtete mit leuchtenden Augen ihren genialen Sprößling, und murmelte immer wie der vor sich hin: „Zehn bis zwanzig Dollar?!" „Weißt Du. Zachy," sprach sie nach einer Weile, „da behalten wir ja noch ein hübsches Sümmchen übrig, sür iechs bis acht Dollars kannst Du schon einen Ueberzieher kansen!" Zacharias blieb stehen und nickte gnädig, kraute sich eine Weile, in tieseS Sinnen verloren, am Hinlerkopf und sprach dann etwas verlegen: „Ich will Dir 'mal was sagen, Mut ter, das Geld, was übrig bleibt, lannst Du behalten, dann mußt Du aber eine hübsche Decke sür'S „Mantelpiecc" kan sen, noch eine Tasse und sonstiges Ge schirr und dann laden wir Miß Smith ei»!" „Miß Smith? Wer ist Miß Smith?" „Miß Evelyn Smith sie wohnt zwei Block von hier und arbeitet an der 14. Straße bei Hearns!" Der junge Mann war an's Fenster getreten uud blickte angelegentlich nach der Mauer des gegenüberliegenden Hauses. „Ach.Du Schelm also deshalb bist Du des Abends so um sechs Uhr herum immer verschwunden und erzählst mir dann, Du hättest „Stoff" gesammelt! Ist sic'nett?" „Ein Engel ist sie, Mutter/rief der junge Manu begeistert, „ich habe schon siebzehn Gedichte aus sie gemacht und sie sagt, sie seien alle ~»>vf»l ni>'s!" Um els Uhr am folgenden Morgen stieg Zacharias Greentailor die sechs schmalen, dunkel», mit Papierschnitzeln und altersgrauem Schmutz bcovcklcn Treppen zu dem „Editorial Rooni" des „Halsadime Suuday Magazine" em por. Mister Cutaway, der Redakteur, saß in höchsteigener Person in einem alter thümlichen Lehnsessel au einem staubi gen Pulle, woraus Zeitungen und Briese hauicuwciic bunt durcheinander lagen. Bor ihm stand eine Flasche init „Mucilagc" und daneben lag eine mächtige Schecrc. Mit einem flüchtigen Blick gewahrte Zacharias auch nach, daß zur Lluleii dem Stuhle des Ge waltigen ein Stoß von Zeitungen auf dem Bosen lag, die alle merkwürdiger Weife ein mehr oder weniger große? viereckiges Loch hatten. Mister Cutaway, ein behäbiger Herr mit breitem Rücken, kugelrundem, von grauem, knrzgeschnittenem Haar und Bart umrahmten« Kopf, schien die An wesenheit jungen Mannes gar nicht zu bcinerien. denn er las in einem Blatte, welches er nahe vor'» Gcsich» hielt, ruhig weiter- Zachariaj räusperte sich und Wied««- holte lauter: „Guten Morgen, Herr Redakteur!" „Morgen!" klang es kurz zurück. Mein Name ist Zacharias Green tailor!" Der junge Mann hattc crwarict, der Redakteur würde überrascht herumsah ren, aber bewahre, cr brummte ganz gleichgiltig: „Nun?" „Ich bin der Bersafser des Weih nacbtsgcdichtcS. welches in der gestrigen Nummcr Ihres Blattes erschienen ist!" .Well und?" Zacharias Greentailor war sprachlos uor Ueberraschung und Bestürzung, hattc cr denn recht gchört? Ganz fas sungslos stotterte cr: „Ich bin gekom men wegcn des Honorars!" „Wegen was?" fragte Mister Cuta way und hielt seine Hand wie ein Sprachrohr an s Ohr. „Wegcn des Honorar«!" wiederholte Zacharias zaghast. Der Redakteur wandte sich um, rückte scinc Brilleznrccht, betrachtete den jun gen Mann von oben bis unten, als sähe crcin merkwürdiges Phänomen, und sprach: „Sind Sie verrückt? Honorar für Gedichte? Sehen Sie den Papier korb dort? Wissen Sie, was er enthält? Lautcr Manuskripte von Gedichten! Und wissen Sie, was Passiren würde, wenn wir sür den Stoff auch nur das Geringstc zahlten? Wir müßten extra einen Man» anstellen, die Sachen zu lesen, müßten unser Blatt um vierund zwanzig Seiten vergrößern nnd uns einen Office-Boy halt?» sür das Auz lecren des Papierkorbes; kurz, wir könnte» einfach nicht bestehen! Sie sind ein lyrischer Dichter, nicht wahr? Wis sen Sie auch, junger Mann, daß ein lyrischer Dichter heutzutage gar keine Existenzberechtigung hat? Was thut denn ein lyrischer Dichter? Er reimt über Gesühlc, die er gar nicht hat, und wenn cr sie hat, der übrigen Menich hcit kolossal gleichgiltig sind. Was würden Sie von cinem Menschen denken, der sich am Union Square auss Podium stellen, die Augen zum Himmel verdrehen und sagen würde: „Kommt her, Ihr Men schen, mich hat eine Mosquito gestochen, bemitleidet und bewundert michzugleich, daß ich es vertragen habe!" Nicht ivahr, einen solchen Menschcn würden Sie auslachen oder er könnte Ihnen höch stens leid lhun; und so ungefähr sind die lyrischen Dichter mit ihren Ergüssen, und dafür Honorar zahlen? Lir!" Mister Cutaway drehte sich energisch herum und vertiefte sich wieder in die Lektüre seines Blattes. Zacharias Greentailor war vernich tet. Alle seine schönen HoffnuugSblü then waren wie unter wuchtigen Hagel fchlägen zu Boden geschmettert. Am liebsten hätte er in eineni direct zu den Antipoden sührenden Elevator gestan den. Er fühlte seine Wangen brennen, ein merkwürdiges Kribbeln in seinen Augen, etwas Drückendes stieg in seine Gurgel empor und ehe er cs wußte, brach er in ein dumpfes Schluchzen aus. Mister Cutaway wandte sich bei die sen Lauten besremdet um. „Na, da sieht man's," brummte er, „so etwas kann doch nur ein lyrischer Dichter fertig bringen. Schämen Sie sich, junger Mann!" „Zacharias rieb sich mit dem Aermel eine ganze Weile im Gesichte herum, um die Thränen wegzuwischen und dann auch, weil er sich feinern »männlichen Schwäche schämte. Um sich einigermaßen zu rcchtsertigeii, stotterte er: „Herr Redakteur ich wollte mir— mir einen neuen Ueberzieher kaufen!" Nun ist ein Redakteur doch am Ende auch cin Mensch, und als solcher spürte Mr. Cutaway ein gelindes Rühren, als er die dünne, sadenicheinigc Kleidung des jungen Manncs und die trotz der Dampfheizung an den Fenstern blühen den EiSblumen gewahrte. Etwas in seine Bartstoppeln brum mend, wandte er sich zu seinem Pnlte, durchkramte alle Schubladen und sand endlich eine rostige Feder. Nachdem er von der Tinte die weiße schimmelig« Haut entfernt hatte, riß er ein Blatt Papier aus seinen: Notizbuche uud schrieb etwas darauf. „So, hier, junger Mann, gehen Sie nach meinem Hause, No warte, ich schreibe Ihnen die Adresse dazu so, den Zettel überreichen Sie meiner Frau, welche Ihnen meinen abgelegten Ueberzieher geben wird; wenn Sie denselben etwas umändern lassen, thut ir'S noch für diesen Winter. Und nun gebe ich Ihnen noch einen guten Rath: preisen Sie zu irgend einem ehrlichen Handwerk, welches seinen Mann ernährt, aber lassen Sie um GottcSwillcn das Dichten sein, ich warne Sie!" Zacharias stammelte einige unver ständliche Worte des Dankes, nahm das Papier und stieg tangsam, als hätte er Blei in den Füßen, die Treppen hinun ter. Noch schwerfälliger und langsamer stieg er nach einer Slniide die Treppe zur Mutter empor, welche mit Sehn sucht und gespannt seiner Rückkehr harrle. Als sie das mit Papier um wickeUe Bündel unier seinem Arm ge wahrte, rics sie in sreudiger Hast: „Mein Junge, I>ast Du Dir schon gleich einen Ueberzieher mitgebracht? Wie viel Hat'S gegeben?" Erst jetzt blickte sie ihm genauer in'S Gesicht. „Großer Golt, Zachy! Wie siehst Du denn aus? Bist Du kraul?" rics sie ängstlich. Er sank wortlos und müde aus einen Stuhl, wodurch die alte Frau immer mehr erschrak. Endlich brachte sie ihn dazn, sein Herz auszuschütten. Ein drückendes Schweigen, dann und wann von einem Uesen Seufzer unter brochen, folgte. „Aber laß dach mal s»hcn, Kind, den Ueberzieher," sprach Fron Greentailor dann, sich plötzlich an das Packet erin nernd. Zacharias,oa das schwer», traun» Kleidungsstück an. Aber, du lieber Himmel, wie sah cr darin ans. wic cinc Vogelscheuche. In dem Uebcrzichcr bat tcn mindestens zwei lyrische Dichicr Platz. Dabci w»ren die Aermel zu turz und hingen weiUäusig wie die Aermel einer Mönchskutte um die dünnen Han> gclcnke. Nach vielcn Beralhungcn wurdc be>. schloffen, Erkundigungen bci Mrs. Brown, odcr viclmchr ihrcm Sohne, einzuziehen, was das Umändern wohl kosten würde. Der Bescheid lautete: Zwei bis drei Dollar» mindestens, Knöpse und Ein sassuug gar nicht mitgerechnet. Eben sogut hätten cS zwanzig Dollars sein dürse», denn ebensowenig konnten sie die zwei ausbringen. So beschloß denn Mutter Grecntailor, die Abänderung selbst vorzunehmen. Eine Ahnung der Kühnheit und Tragweite dieses Unter nehmens dämmerte ihr erst auf, nach dem sie den Ueberzieher aufgetrennt hatte. Es war eine wahre Danaiden- Arbeit. Was sie heute zusammen nähte, muß pe morgen wieder ausschlief den. Zacharias f-and zum Dichten gar keine Zeit mehr, er mußte bei der Wä sche helfen, dieselbe ans die Leine hän gen, damit seine Mutter rasch fertig wurde und an's „Umändern" kam. Dann mußte er „Modell" stehe», jede süns Minuten den Ueberrock anpassen, welcher aber trotzdeiti niemals Pasten wollte. Einmal war er immer noch zu weit, d>vin saß er schies und dann wars er Falten nnd Vculen, auch gericthen die Aermel nicht immer wieder richtig in die Oessnung hinein. So vergingen zwei Wochen. Da endlich war er so weit gediehen, daß Zacharias ihn. ohne besonders Aus sehen zu erregen, des Abends schon aus der Straße tragen konnte. Seine Mutter versicherte ihn zwar, hinten säße er ausgczcichnet gut, er meinte aber, vorne müsse er sich auch damit sehen lassen können. Doch die Geduld der guten Frau war erschöpst. Schon dn Gedanke, das Kleidungsstück noch ein mal austrennen zu müssen, trieb ihr den Schweiß auf die Stirn. Auch war Zacharias zu einer „Soiree" eingela den, welche Evelyn Smith, die siebzehn mal Besungene u»d Angebetete seines Herzens, gab, undcho war denn, wollte er nicht ohne Ueberzieher gehen, auch keine Zeit mehr zu weiteren Umände rungen und Experimenten. Der Zeiger der Weckuhr auf dem Kaminsims zeigte auf Neun. Frau Greentailor faß beim Scheine einer Lampe am Tisch und stopfte Strümps?. Sie dachte an ihren Zacharias, wie er nun in der Nähe seines holden Engels in Seligkeit schwclgtc. Ein Poltern ans der Treppe störte sie aus ihren Gedanken. Im nächsten Augenblicke ging die Thür aus und herein trat der, an den sie soeben ge dacht hatte. Er zog seinen Ueberzieher aus und schleuderte ihn heftig zu Boden; setzte sich dann auf einen Stuhl mit einer Wncht, daß das alte Möbel ängstlich krachte. Frau Grecntailor blickte starr vor Schreck und Ueberraschung in das krebS rothe Antlitz ihres Sohnes. So hatte sie ihn »och nie gesehen, seit cr crwach sen war. „Um GotteSwillen", stammelte sie, endlich zu Worten kommend, „was ist Dir passirt?" Zacharias sprang auf. „Mutter," rief er, und Thränen deS Zornes funkelten in seinen Augen, „ich rase, mein Herz ist mir gebrochen und Alles wegen den verdammten Ueber- ich kam ein wenig spät, cs hatte ja so lange gedauert, ehe Du mir das unglückselige Gewand exiiger maßen glattgestrichen hattest. Als ich hcrcintrete, ist die „Party" schon ver sammelt, uud wen sehe ich? Harry Brown, den elenden Schneidergescllen! Der srägt mich dann gleich ganz laut, wo ich meinen kostbaren Ueberzieher ge kaust hätte. Alle fingen an zu lachen und denke Dir nur o, es gab mn einen Stich mitten in's Herz hinein sie, Evelyn, sie lachte am lautesten. Ich wäre am liebsten einige tausend Fuß ties in den Boden gesunken. Als ich nun das Unglücksstück heftig ausziehe, nimmt diHer Teufel von cinem Schneider mir dasselbe aus der Hand und sagt, ich solle ihn die feine Arbeit bewundern lassen. Wüthend riß ich ihm mein Eigenthum aus der Hand, dabei flog ein Stück Papier zu Boden, welches das achtzehnte Gedicht auf Evelyn enthielt, und das griff er auf und las cs vor. Nnn lachte» Allc »och lautcr wie zuvor, und Evelyn wie der am lautesten. Dann sagte sie, sie hatte siebzehn ähnlichc'Dinger, die ge rade so „funny" wären, die wolle sie holen, und Mr. Brown solle sie v«r lesen. Ich habe eben nicht länger ge wartet, sondern bin fortgerannt wie wahnsinnig. Und dos schwöre ich Dir, Mutter, in diesem Ueberzieher sieht mich' kein sterbliches Auge mehr und nie wi-'- der mache ich ein Gedicht!" - Zacharias Greentailor hat Wort ge halten. Am folgenden Morgen ver kaufte er den Ueberzieher für 75 Cents, für die er sich ein Paar wollene Hand schuhe taufte. Nach einer Woche sand er wieder Stellung als „Elcvalorboy". Seitdem hat er schon einige Dutzend »Dimc NovelS" gelesen, nnd spater wird er vielleicht noch einmal Cowboy oder ein Detektive, aber niemals wie?»?r 'in lyrischer Dichter. Scharfblick. Lieutenant? „Johann, wie kannst Du mir denn eine Hose mit ganz z?rriss?n?n Taschen drin gen?" Möhlin»: „Ja. ich dachte mir. heut ist schon der siinst? und da stecken der Herr Lieutenant doch nichts mehr NN." Modern. Vater: „Sie witn schen die Hand meiner Tochter! Kön nen Sie sie auch ernähren?" Freier: .Na, da« wird selbstverständlich davon abhün»en, wie diel Sie ihr mitgeben." «ine Irisch-Deutsche Firma. Damals, vor zehn Jahren, ehe noch >ne Hochbahnzügc in wildcr Hast hin- und herrassclten, gab es im Innerste» der Stadt kaum einen interessanteren Platz, als das Stück Friedhos hinter der „Tri»ity"-Kirche, gegenüber Wallstreet. Besonders an schönen Herbstvormitiagen bot es dem Beobachter einen gar tr'au lichen Anblick dieses Fleckchen grüner Erde, wo zwischen der Menge halbver witterter Grabsteine hin und wieder llcine Kindcr-Grnppen unter der Auf sicht von alten und jungen Bonnen ihr Spicl trieben, oder auf einer und der andere» Baut Leute aller Art sich für k»rze?Zeit der „beschaulichen Wettflucht" Hingaben. Welch' eigenthümliche, ja bi-arre Zusammenstellung von düsterem Ernst und heiterem Treiben, von rastloser Thätigkeit und von Grabesruhe! Ein ältlicher, einfach aber elegant gekleideter Herr wandelte durch die Reihe d:r Grabdenkmäler. Tort, im entferntesten Winkel, saß ein armer, blinder Greis, halb Bettler, halb Patriarch. Eik? kleines Mädchen von ungefähr sieben Jahren, offenbar fcine Führerin, stand neben ihm und hörte ihm aufmerksam zu. Großpapa wußte so gut zu erzählen. Der herantretende Spaziergänger griff in die Tasche mit einem flüchtigen aber wohlgemeinten Gruß nnd reichte dem Mädchen eine Münze dar. Dann machte cr Kehrt und ging seiner Wege. Er war noch keine sünfzig Schritte gegangen und war eben im Begrisse, um die Eric zu biege» und den Blicken zu entschwinden, da kam ihm mit sast athemloser Eile das kleine Mädchen nachgelaufen: „Herr! Bitte schön, mcin Hcrr! Dieser blieb stehen und schaute das Kind mit einem ruhig fragenden Blicke an. „Bitte schön, mein Herr!' Großpapa sagt. Sie Hütten sich im Gelde vergrif fe». Anstätt eines kleinen Silberstük leS haben Sie eine Goldmünze gegeben. Hier bringe ich sie Ihnen zurück." „Nicht doch. Kleine! Das war kein Jrthum. Großpapa dars, ja soll das Goldstück ganz gerne behalten. Es gehört ihm. Wie heißt Dn, Kleine?" „Hedwig, mein Herr!" „Hedwig, und wie noch?" „Hedwig Glattmann." Ein rascher Schritt brachte den Herrn in die unmittelbarste Nähe des Kindes. Er packte dessen Hand mit einem fast krampfhaften Griff und sprach: „Ich gehe mit Dir zum Großvater zurück." Gesagt, gethan! „Herr Glattmann! Sie erlauben?" Der blinde Greis erhob sein Haupt, und das glanzlose Auge starrte mit sei nem so rührenden Nichtssagen dem Sprecher entgegen. „Sie heißen Friedrich Glattmann und waren vor 35 Jahren Cassirer und Buchhalter bei George O'Mharu und Sohn?" Ein heftiger Ruck schnellte den alten blinden Mann von seinem Sitz empor: „Wer sind Sie? Was führt Sie her? Was wollen Sie?" Diese kurz hervor gestoßenen Worte waren mehr gestöhnt wie gesprochen. „Nichts Schlimmes, Herr Glatt mann. Wahrlich, durchaus nichts Bö ses. Aber ich preise meinen guten Stern, daß er schon am ersten Tag nach meiner Ankunft in New 'gork, und zwar in derselben Stunde, wo ich mich auf den Weg mache, um Ihnen nachzu sorschen. mich Ihnen so geradezu in die Arme führt. Hier ist meine Hand. ES ist die Hand eines Fremden und doch auch eines Freundes. Sie dürfen sie nicht zurückweisen! Mein Name ist Reginald O'Mhara, ich komme von Cork, Irland. Ich bin der einzige Nesse u»b Erbe des HanscS, in dessen Dienste» Sie vor so vielen Jahren ge standen. nnd ans nxelchcin Sie damals 'unter so entsetzlichen Umständen und gravirendcn, unbewiesenen Anklagen geschieden sind. Ich bin ge kommen, das Geschehene. Ihr unver dientes Mißgeschick und Elend, das. wie ich leider wahrnehmen muß, seit da mals auf Schritt und Tritt Ihnen ge folgt ist, »ach Kräften wieder gut zu machen. Erlauben Sie, Herr Glatt mann! Ich will mich neben Ihnen hier niedersetzen." Und mit einem saus ten. Händedruck zog der Fremde den alten- Mann auf die Bank. .Die kleiiie Hedwig kann mittlerweile ein wenig zu den Kindern dort hingehen uud ihrem Spiel zuschauen. Ich habt init dem Großvater noch cin Bischen uichr z» reden." Die Conversation wurde natürlich in englischer Sprache geführt. Leise und eindringlich. Der blinde Greis horchte —ivenn man es so bezeichne» dürfte— mit bebender Spannung den Ausein andersetzungen des Fremden, und die ser erzählte'mit sympathischer Stimme: „Herr Glattmann! Ihnen geschah cin hiinmelschrciendeS Unrecht, lind der Himmel, welcher allerdings so weit von der Erd« entfernt ist, daß das Sternenlicht erst nach langen Jah ren bis zu unserer Erdcnnacht dringt, hat auch für Ihre LebenZnacht jetzt erst nach so vielen lange» Jahre» ein Einsehen. Aber ich bin da als cin Bote dieses Lichts und als ein Bringcr des Glücks. Unter den vielen Papieren, welche mir von hier nach der Testa mentsvollstreckung hinübergeschickt wor den sind, befand sich auch cin von mci ncm Onkel eigenhändig vcrsicgellez Packet mit Dokumenten, ans denen hervorgeht, daß Siedamals als unschul diges Opfer einer grausamen Intrigue, welche den eigentlichen Uebcllhätcr vor dem Arme der strafenden Gerechtigkeit schützen wollte, dem Unglück und dem höchsten Ehrenverlust Preisgegeben wor den sind. Nun! Dem Himmel sei Dank! Ich kann und werde das Ge schehene reichlich gut machen. Die alte Firma: „O'Mhara und Sohn" wird l» rasch als thunlich ihren Namen und ihre eapitalistischen Interessen Wechsel»/ ganz zu Ihren Gunsten und in Ihrem Interesse wechseln. Ich Übertrage Ihnen, respectivc Ihren Rechtsnachfol gern die Hälfte des ganzen Activ-Ver mögenS unseres Hauses, in runder Summe acht Hundert und fünfundsieb zig Taufend Dollars. und an die Stelle der gelöschten allen Firma tritt das neue Geschäftshaus: O'Mhara und Glattmann." Sind Sie es zufrie den? —" Aus den blinden Augen des Alten riefelten stille, heiße Dankesthränen. Lautlos zuckten feine Lippen, und mit beiden, zitternden Händen umklack merte er die Rechte des Fremde». Noch am selben Nachmittage verkün deten die Abendblätter der Stadt die Sensationsgeschichte, und alle Welt nahm die innigste Theilnahme an dem so herrlichen Glückswechsel de-Z Armen und sprach mitunverhohlenerßewunde rung von dem kaufmännischen Seelen« adel des irischen Handelsherrn.... Heut« noch lebt der alte Glattmann mitten unter den Seinigen, in deren Kreisen sich deutsche Treue und That ! kraft mit irischem Muth und Frohsinn glicht blos im kommerziellen, sondern auch im häuslichen Leben und Streben schön und gedeihlich verschmelzen. Eine streng seltene, aber um so bessere Aus nähme! Erinnerung an Manteuffel» Eine Erinnerung an den verstorbe nen Statthalter Feldmarjchall Edwin von Manleuffell gibt ein elfässischer Landmann in der „Straßb. Post" zum Besten. Bei seinem Amtsantritt machte ! der verewigte Statthalter in jeder Ge meinde einen Besuch, um Land und Leute kennen zu lernen. Das verur sachte in vielen Dörfern den Bürger meistern kein geringes Herzklopfen, vor nehmlich wegen der Anrede, die sie an standshalber halten mußten. Auch unserem Bürgermeister X. war bei der Sache nicht wohl. Nachdem er -vergeb lich in alten Büchern nach einer passen den Rede gesucht hatte, wandte er sich an den Schulmeister, der ihm denn auch eine Ansprache auffetzte. Er ftu dirte sie noch eifriger, als sein Junge das ABC, und hatte sie nach einige» Tagen glücklich iotus. Und nun kam der denkwürdige Tag. Es störte den Herrn Bürgermeister nicht groß, daß er sich kurz vorher durch ! einen Fall in die Dornenhecke j seines HauseS das Gesicht zcr l schunden hatte und seine Frau ihm sein blaues Schnupftuch um das gemarterte Haupt binden mußte. Stolz trng er den Dreimaster, er war seiner Sache und eines trefflichen Eindrucks gewiß. Seine Frau hatte ihm eben noch die großartige Rede angehört, die vorzüglich faß. Und jetzt krachten mehrere Schlisse aus den alten Dorfkanonen, den soge nannten „Katzenköpfen", und verkün deten die Ankunst des Statthalters. Freundlich nach allen Seiten grüßend, stieg der Marschall mit den Herren sei nes Gesolges aus, nahm seinen Krück i stock und ließ sich vom Kreisdirector den i Bürgermeister vorstellen. Nun war ! also der große Augenblick da und unser Bürgermeister begann: „Euer Exzel lenz " Da sah der Redner die Augen aller hohen Herren auf sich gerichtet und o Schrecken gerade jetzt versagte ihm das Gedächtniß den Dienst. Einen bittenden Blick richtete er jetzt nach dem l «chulmeister, aber der war zu weit ! entfernt. Er machte noch einmal eine verzweifelte Anstrengung: „Euer Excel lenz" doch das folgende Wort will ihm nicht kommen. Aber wenn die Noth am größte», ist die Hilfe am nächsten ! es fallt ihm ein, daß er ja die ganze i liede noch in seiner Westentasche hat, nnd mit den glücklichen Worten: „N»a, ! ich habb' jo deß Ding im Wamschtsack", macht er einen kühnen Griff in die Tasche, und jetzt ist ihm ans aller Verlegenheit geHolsen. Er liest jetzt die bedeutungsvolle Rede ohne Fehler ab, während die Herren im Gefolge »es Statthalters sich auf die Zunge nnd Lippen beißen mußten. Der alte Statt > Halter aber verzog keine Miene. Mit gütigem Ausdruck, hörte er dem Bür zermeistcr aufmerksam zu. Und als der Redner dann zn Ende war, gab er ihm die Hand U)id dankte ihm ganz ernst für den schönen Empfang die schöne Rede. Dann stieg er wieder in seinen Wagen und fuhr davon. Qb er nachher gelacht hat, das weiß ich nicht, denn ich bin nicht mitgefahren. Jedenfalls war infolge des unzerstör baren Ernstes, den der Marschall an den Tag legte, dem Bürgermeister gar kein Gefühl gekommen, daß er eigent lich „etwas angerichtet" hatte. Im Gegentheil. Er leitete das Festessen, an dem sich -der Gemeinderath und die sonstigen Notabeln des Dorses betei ligten. voll höchster Zufriedenheit mit )en Worten ein: „Kuet, d»ß ich deß Ding im Sack z'hätt habb, funsch wär iner'S deß Mol schlecht gangen, nun denncwai (auf diese Weise) Hat'S dene Herre viel iMessir gemacht. Ich habb'S genau leschne!" Auch eine Wagneriane» ein. Diener: „Wo ist denn Dcin- Herrschast h.»t Abend hin?" —Zimmcre Mädchen: „In's Theater. cS wird 'was von Wagncr gegeben." (Entzückt.) „Aber ich sag' Dir. dieser Wagner, das ist ein gottvoller Mensch, für den schwärme ich!" —Diener: „So, worum denn das?"— Zimmermädchen: „Weißt Du, der hat so lange Stücke geschrie ben, da kommt die Herrschast erst »ach elf Uhr ans dem Theaker!" —lm Kurbadrestaurant: Gast: „Kellner, bekommt man nicht auch halbe Portionen hier?" Kell ner: „Bedaure! Aber nehmen Sie ru hig eine ganze, die ist hier auch nicht zrößer als bei Ihnen zu HauS ein? halbe!"