Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, July 15, 1892, Page 3, Image 3

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    Ei» Verbreche«.
(2 Fortsetzung.)
Mit diesen Wsrten überreichte de«
Sergeant dem Jnspector jenen Papier
schnitzel, der bei seiner ersten Besichti
gung des Limmers ihn in solches Er
staunen versetzt hatte.
Der Jnspector schien ihm jedoch we
nig Bedeutung beizulegen. „Was ist
das?" sagte er. „das ist in einer frem
den Sprache geschrieben, wir müssen
Jemand aufsuchen, um es übersetzen
zu lasfen."
„Ich glaube, das kann ich besorgen."
erwiderte der junge Sergeant, „es ist
französisch nnd ein Theil eines Briefes,
es sind nur vier Worte übrig, welche
leicht zu verstehen sind. Hier oben
steht: „k'us cls bstisss!" „Keine
Dummheiten" und weiter unten in der
Ecke steht das Wort „r»k»onr>»blo"
.vernünftig". Der Schreiber wollte
also sagen: „leine Uebereilung, sei
Vernünftig,"
Die Leichtigkeit, mit welcher der
Sergeant die Worte übersetzte, welche
dem Verständnis! des Inspektors ver
schlossen waren, setzte den Letzteren ein
Erstaunen. Gewöhnliche Polizeibe
amte, selbst Sergeanten, können sich in
der Regel keiner ausgedehnten Sprach
lenntnisse rühme«.
„Ich wußte nicht, daß Sie auck
Französisch verstehen," sagte der In
spektor.
Ter junge Sergeant zog die Stirr
zusammen, als ob unangenehme Ge>
danken in ihm erwacht seien.
„Vor einigen Jahren habe ich i>
Frankreich gelebt," erwiderte er ir
gleichgiltigem Tone, „und etwas voi
der Sache ausgeschnappt."
„Für jetzt scheint uns der Papier
schnitze! wenig nützen zu können," suh
Mister Gadd fort und steckte ihn ein
„Aber es ist die Handschrift eines Man
nes, und außerdem ist es eine eigen
thiimliche Schrift."
„Ja, sehr eigenthümlich," erwidert
der Sergeant.
„Jetzt bleibt noch etwas Wichtige
zu thun," sagte der Jnspector, „da
Signalement der Frau, welche in de
letzten Nacht hier war, muß nnch allei
Städten des Königreichs telegraphir
werden. Ah, hier kommt Doctor Al
len!"
Der Arzt, welcher nicht so schnell zt
siuden gewesen war, begrüßte den In
spector, mit dem er bekannt war, uni
nachdem er einen kurzen Bericht übe,
den Fall angehört hatte, ging er nacl
oben, um die Leiche zu besichtigen,
Nach dem, was er gehört hatte, schiei
dies keine langwierige Aufgabe zu sein.
Er fand, daß die Arterien auf der lin
ken Seite des Halses vollständig »nt
überhaupt der ganze Hals bis zur Wir
belsäule mit einer mächtigen Wasf«
durchschnitten war. Diese Waffe mußte
eine starte Klinge gehabt haben: viel
leicht war es auch ein scharfes Aasn Mes
ser gewesen. Der Tod mußte sast sofort
eingetreten sein, und zehn oder elf
Stunden waren seit dem l tzten Athem
zug der Unglücklichen verflossen. Aber
bei näherer Besichtigung des Körpers
erwartete ihn eine Ueberraschung.
Unter dem rechten Arme war mit
sicherer Hand ein Einschnitt gemach!
worhen: ein viereckiges Stück Fleisch
war ausgeschnitten worden. Doctor
Allen konnte einen Ausruf des Erstau
nens und Schreckens nicht znrückhalten.
„Das ist nach dem Eintritt des To
des geschehe»," sagte er zu dem Jnspec
tor nnd dem Sergeanten, welche neben
ihm standen, „aber zu welchem Zweck?"
„Ter Grund liegt auf der Hand,"
bemerkte der Sergeant, welcher die Un
tersuchung des Arztes mit gespannter
Aufmerksamkeit verfolgt hatte. „Die
Ermordete hatte dort irgend ein Mal
oder Abzeichen und dieses ist ausge
schnitten worden, um zu verhindern,
daß sie durch eine Beschreibung dessel
ben erlannt werden könnte. Wir ha
ben es mit keinem gewöhnlichen Verbre
cher thun, sondern mit Jemand, der
sehr ichlau'und überlegt vorging —der
in seiner Art ein wirtlicher Meister ist."
6.
Sergeant Power sprach mit unge
wohnlicher Erregung und Energie,
Dem Jnspector mußten die vorzüglichen
Eigen chastcn auffallen, welche sich ic
iinenvartet in seinem Untergebenen ent
wickelt hatten. In Wirklichkeit wußt,
>na in Sandbank sehr wenig vor
Robert Power; er war der jüngste Ser
geant, dä er erst sieben und zwanzic
Jahre alt war, und wahrscheinlich gat
es keinen jüngeren Beamten seines
Ranges in »er ganzen Provinz. Seim
Beförderung war nicht in Folge langer
Dienstes eriolgt, er war erst drei
oder vier Jahre im Dienst gewesen, al
er besördert wurde —, sondern durck
«inen günstigen Zufall veranlaß!
worden.
Etwa ein Jahr vor dem Mord ir
der Rod Roy Villa hatten einige ver
wegene Verbrecher Sandbank zum
Schauplatz ihrer unangenehmen Thä
tigkeit gewählt. In einer schöne« Villa
wohnte ein angesehener Mann, Ai,dr<
KingSford, der Friedensrichter und ein
Mann von großem Reichthum war.
Jedermann wußte, daß das Haus eine
große Menge kostbares Silberzeug ent
hielt. Power war nun in einer Nacht
zufällig in der Nachbarschaft von Kings
fords Haus aus Wache. Ein Boot
fuhr auf der See an ihm vorüber.
Das war in jener Gegend zwar durch
aus nichts Ungewöhnliches, aber sein
scharfes Auge bemerkte, daß die beiden
Männer, welche in dem Bvoi saßen,
beim Vorübersahren ihre Gesichter zu
verbergen suchten.
Sofort erwachte fein Verdacht. Er
kannte dic Oertlichkeit wohl und wußte,
daß von allen reichen Wohnhäusern in
dieser Gegend das von Kingssord jeden
falls am meisten die Gier der Verbre
cher ju erregn geeignet war. Ein ge
wöhnlicher Schutzmann hätte eS M.
leicht für das Best« gehalten, sich ckn
diesem Hause aufzustellen und zu war
ten, aber Power handelte ganz anders.
Er ging in ruhigem Schritt in entge
gengesetzter Richtung weiter und unter
ließ es sogar, sich umzusehen, um sich
zu überzeugen, ob irgend Jemand ihn
beobachte. Dann untersuchte er um
stündlich verschiedene Hausthüren und
verschwand dabei plötzlich hinter einer
Ecke.
Auf einem Umwege eilte er dann zu>
rück und stellte sich auf der Rückseite des
Kingsford'fchen Hauses auf. Sein
Plan war richtig gewesen; ein dumpfes
Geräusch belehrte ihn, daß Einbrecher
bei der Arbeit waren. Er verbarg sich,
ließ sie weiter arbeiten und hielt seinen
Stab, die einzige Waffe der englischen
Polizisten, bereit. Dann, als ein«
Glasthüre an einer Seite des Hauses
unvvrsichtigcr Weise geöffnet wurde,
trat er hinein und mii einem wohlge
zielten Schlage seines Stabes schlug «
den erste» Mann nieder, der ihm in den
Weg kam.
Dann wandte er sich mit seiner La
terne einem Zweiten zu, welcher eben
beschäftigt war, einen Wandschranl
auszuräumen, und befahl ihm, sich zn
ergeben. Ein Schuß aus einem Re
volver, dessen Kugel die Schulter des
jungen Polizisten streiste, war die Ant
wort. Robert Power ergriff ent
schlossen den Menschen. Es war ein
Kamps aus Leben und Tod, aber der
Polizist siegte. Die Waffe wurde dem
Einbrecher entwunden, und dieser ge>
fesselt. Dann wurden Mister Kings
ford und die Diener des Hauses, welche
durch den Schuß schon erweckt waren,
noch mehr aufgeschreckt durch lebhaftes
Ziehen Powers an der Hausglocke und
kamen herab.
Die Einbrecher waren gefährliche
Verbrecher, welche die Polizei schon
lange suchte. Power erntete sür sein
kaltblütiges und muthiges Benehmen
reiches Lob und Mister Kingsford ver
gaß den wichtigen Dienst nicht, den
Power ihm geleistet hatte. ES siel ihm
an dem Polizisten noch mehr auf, als
feine Tapferkeit. Power war verwun
det, aber er gab den Dienstleuten ge
naue und bestimmte Anweisung, wie
sie die Wunde behandeln und verbin»
den sollten.
Kingssord stand daneben, ganz ver
wundert über diese chirurgische Geschick
lichkeit und nicht weniger auck über
Powers Ausdrucksweise, welche sich be
deutend von derjenigen anderer Poli
zisten unterschied.
„Bitte, mein Lieber," sagte er, „waz
waren Sie früher, ehe Sie in den
Dienst eintraten?"
Power, immer noch erregt in Folg«
des Kampfes mit den beiden Ein
brechern. blickte Mister Kingssord off:»
in'S Gesicht:
~Sie werden ohne Zweifel ini Leben
fchrm Leuten begegnet fein, welch«
Schiffbruch gelitten haben." erwidert«
er etwas bitter, „wenn ich einer von
diesen b>n, so ist der Grund yleichgil
tig für Sie. Uebrigens bin ich ga»j
zufrieden und verlange gar nichts Bie
res."
Mister KingSford besaß soviel Takt,
daß diese Andeutung für ihn genügte,
b.r er erzählte seiner Frau noch in der
selben Nacht, daß bei der Polizei in
Sandbank ein.' eigenthümliche Person
angestellt sei.
„Es ist ein Mann von Erziehung,
ein vollkommener Gentleman, mij dem
Wesen eines Prinzen." saaje er. „Ich
muß sür diesen Menschen etwas thun!"
Es konnte ihm, einem angesehenen
Beamte», nicht schwer fallen, seine
Dankbarkeit aiiderS, als durch eine Be
lohnung auszudrücken, welche, wie e,
im Voraus wußte, der junge Polizist
zurückgewiesen hätte. Die vorgesetzte
Behörde rrhielt einen höflichen Hinweis
darauf, daß die Beförderung eines so
ausgezeichneten Beamten, wie Roberl
Power eS sei, höchst wünschenSwerth
wäre, und als seine Wunde gelieill
war, zog Power einen Rock mit silber
nen Tressen an und wurde Sergeant
Power, No. 21.
Der neue Sergeant war in der Thai
eine sehr schöne Erscheinung. Viele
Stubenmädchen lächelten ihm zu, und
manche Köchin wäre nur zu gern bereit
gewesen, diesen stattlichen Beamten,
mit seinen breiten Schultern, seinen
scharse», aber ehrliche», graue» Aug »
und dem sanften, seid nen braunen
Barte, zu den reichlichen Genüssen ein
uladen. welche die Ueberreste des Mit
.agStischeS gewähren konnten, und so
gar eine wohlhabende Wittwe, welche
nicht weniger «IS drei Häuser in Sand
bank besaß, gab sich Mibe, mit de»,
juiigen Sergeanten bekannt zu werde»!
das geschah aus romaiitischen Gründen,
als dem gewöhnlichen Wunsch, mit der
Polizei aus gulem Fuße zu bleiben.
Aber Power achtete nicht aus die
Köchinnen und Wittiven und behielt
sein zurückhaltendes Wesen. Gegen
seine Kameraden war er höflich, hielt
sich aber fern von ihnen, so weit eS der
Dienst erlaubte, und manche waren
ihm dafür wenig gewogen. Doch seine
Pünktlichkeit im Dienst befriedigte, die
Art, wie er feine Obliegenheiten er
füllte, war jedoch die eines Menschen,
welcher kein besonderes Interesse für
feinen Beruf empfindet, und für wel
chen derselbe nichts weiter bedeutet, als
ein Mittel zum Leben. Es mußte in
seinem Leben ein Geheimniß geben.
In der Nacht des Einbruchs war auch
Kingsford zu diesem Schluß gekommen;
aber weder er noch sonst Jemand in
Sandbank kannte die Wahrheit.
AIS Robert Power am Morgen nach
dem Mord in der Hamiltonstraße das
Stück eines Brieses in der Hand hielt,
dessen Anblick jenen Ausrus des Er
staunens veranlaßt hatte, erwachte
seine ganze Vergangenheit wieder in
seiner Erinnerung, ebenso, wie man
in einem Traum von wenige» Sekun
den ein ganzes Mcnschcnalter zu durch
leben glaubt.
Powers Vater war ein Apotheker in
tincm armen, aber stark bevölkerten
Theile von London gewesen. In dem
Zimmer übn dieser Apotheke erblickte
der kleine Robert das Tageslicht. Er
war noch zu jung, um das Unglück zu
erkennen, das ihn betroffen hatte, als
er seine Mutter verlor, welche bald nach
seiner Geburt in Folge eines Fiebers
starb.
Der würdige Mister Power der
Aeltere trug sein Unglück mit Erge
bung, blieb Wittwer und nidmete sich
seinem mutterlosen Kinde. Sein Ge
schäft war zwar klein, aber ziemlich
einträglich: jeden Sonnabend Abend
wurde ein Markt in der Nähe abgehal
ten. welcher eine große Menschenmenge
herbeilockte, und Apotheker Power hatte
eine Pillensörte erfunden, welche bei
den Bewohnern jenes Stadltheils große
Beliebtheit genoß. Die Pillen kosteten
wenig, oder nichts, der Absatz davon
aber war bedeutend, besonders an den
Sonnabenden, und erwies sich, wenn'
auch im Kleinen, doch ungewöhnlich'
einträglich. Das erworbene Geld legte
Mister Power bei Seite für die Er
ziehung seines Sohnes.
Der Knabe wurde auf eine gute
Schule geschickt. Ohne irgend einer
Neigung, die sich vielleicht später zeigen
könnte, entgegentreten zu wollen, be
stimmte ihn fein Vater für die Hcil
kunst und seine Erziehung wurde schon
früh nach dieser Richtung hin gelenkt.
Die Sache ging nach Wunsch, der
junge Robert widmete sich mit Lust und
Liebe der Heilkunst, arbeitete fleißiger
als die meisten jungen Studenten und
machte sein Examen mit Auszeichnung.
Der Bater war entzückt und überschätzte
die Fähigkeiten seines Sprößlings.
„Mein Sohn wird noch ein großer
Mann werden," murmelte er öfters
vor sich hin, „und wenn einst die Ge
schichte seines Lebens geschrieben werden
wird, so wird auch der bescheidene und
bis dahin wenig bekannte Apotheker»
nicht vergessen werden, welcher für seine
Ausbildung sparte und
scharrte."
Eine bescheidene Eitelkeit, welche durch
ein Leben voll Selbstaufopferung ihre
Berechtigung erkaufte.
Die Hospitäler in Paris genossen zu
jener Zeit in ärztlichen Kreisen ganz
besonderen Ruf. Deshalb wurde der
junge Robert Power nach Paris ge
sandt, aber sein Ausenthalt in der
sranzösischen Hauptstadt sand nach
einem Jahr ein vorzeitiges Ende.
Er wurde plötzlich nach Hause geru
fen und kam noch rechtzeitig dort an,
um seinen Vater umarmen und seine
letzten Worte anhören zu können. Dann
erkannte Robert die Seelengröße des
alten Mannes. Die Einnahmen der
Apotheke, die einst ein einträgliches
Geschäft gewesen, waren zu nichts zu
sammengeschmolzen. Vor einiger Zeit
wurde der Martt für überflüssig uud
lästig erklärt und daher abgeschafft.
Das Mcnschcngedränge hörte auf, die
Pillen kamen aus der Mode, und der
alte Power hatte schweigend, aber
muthig gegen das feindselige Gespenst,
„das Nichts", gekämpft und sich das
Nothigste versagt, damit sein Sohn die
Studien fortsetzen konnte, welche ihn zu
einem großen Manne machen sollten.
Robert Powers Verhältnisse hatten
somit eine neue Wendung genommen.
Das heitere Studentenleben war vor
über, die Zeit zum Handeln war ge
kommen.
Als sein Bater begraben war, ver
lauste der junge Doctor das Geschäft
für enie geringe Summe und begann
zu überlegen. Eine Praxis als Arzt
auf eigene Rechnung konnte nicht in
Frage kommen: unter solchen Umstän
den braucht ein englischer Arzt vor
allem Kapital, und Robert verfügte
nur über eine geringe Summe.
! Deshalb nahm er, was sich ihm zu
fällig bot, nämlich den Posten eines
Assistenten bei einem angesehenen Arzte
in Manchester.
Robert Powers Kenntnisse und seine
Geschicklichkeit standen über dem Durch
schnittSmaße, wie sein» Zeugnisse und
die Preise, die er erhalten hatte, bewie
sen. Ter alte Doctor Merritt war er
freut, einen so jnngen, fähigen und
thätigen Eollegen zur Hilfe zu erhalten
und übertrug ihm mit vielem Ver
trauen fast seine gesammte Praxi».
Robert wäre ohne Zweifel im Laufe
der Zeit Associe des Alien geworden
und seine Zukunft gesichert gewesen.
Es trat jedoch ein Ereignis; ein. welches
mit einem Schlage alle seine Hoffnun
gen zerstörte, eine jener häßlichen An
llageu. qeg?n welche Leute in verant
wortlicher Stellung zuweilen nvchtlo»,
wenn auch schuldlos sind.
, Eine verhcirathete Patientin klagte
.hn an. seine Stellung als Arzt miß
braucht zu haben. Er fühlte sich voll
ständig unschuldig, aber was konnte er
thu»? Die Anklägerin beharrte auf
ihrer Behauptung, und ihre lauten
Ausbrüche der Entrüstung begegneten
der Sympathie des Publikums, Robert
Power war noch jung und ziemlich un
bekannt, deshalb galt seine Schuld im
Voraus für erwiesen.
Als die Klägerin vor Gericht von
einem erfahrenen Anwalt einem stren
gen Kreuzverhör unterworfen wurde,
verwickelte sie sich freilich in Wider
sprüche und suchte eine Lüge durch eine
andere zu verdecken. Schließlich er
zählte sie Vieles so abweichend von ihren
ursprünglichen Angaben, daß man an
ihrer Glaubwürdigkeit zweiseln mußte.
Die Anklage gegen den jungen Arzt
lam nicht weiter, als bis zun» Unter
suchungsrichter und wurde aus Man
gel an genügenden Beweisen zurückge
wiesen.
Robert Power verließ das Gericht
mit fleckenlosem Rufe, aber der Skan
dal war groß gewesen »nd die Meinun
gen waren getheilt. Der alte Doctor
Merritt war der erste, der sich von Ro
bert Power abwandte. Er gehörte zu
der altmodiichen Art von Aerzten, die
öffentliche Meinung war sei» Abgott,
und in diesem Fall schien sie von ihm
ein Opfer zu verlangen. So kam es,
daß der jungeAssistcnt eine Andeutung.
wenn auch in sehr sanfter Weise erhielt.
daß er gehen könne.
Ein wirklich Schuldiger würde, ge>
sticht auf die Entscheidung des Gerichts,
sich dagegen aufgelehnt haben, aber
Robert Power unterließ dies. Er war
zu sehr verletzt in seinen Gefühlen' um
mehr zu thun, als schweigend und mit
Verachtung zu leiden. Offenbar war
ihm Jemand feindlich gesinnt und hatte
diesen Streich gegen ihn geführt, davon
war er überzeugt, denn seine Ankläge
rin konnte keinen Grund zur Feind
schaft gegen ihn haben. Sie war auch
nicht eine jener unglücklichen, hysteri
schen Personen, welche Sinnestäuschun
gen unterworfen sind. Robert war
überzeugt, daß sie nur ein Werkzeug
gewesen war. Aber wer konnte fein
geheimer Feind sein?
Der junge Arzt nahm seine zerstör
ten Hoffnungen mit sich nach Sand
bank, wo er einen Onkel von mütter
licher Seite, seinen einzigen, lebenden
Verwandten hatte. Dieser wenigstens
wandte sich nicht von Robert ab, er
fand eine herzliche Aufnahme und was
noch besser war, einen unerschütterlichen
Glauben an seine Unschuld.
Dann trat an den jungen Arzt die
Frage heran: „Was nun?" Die ärzt
liche Laufbahn war ihm verschlossen.
Mister Pearson, sein Onkel, war ein
Geschäftsmann von mäßigem Vermö
gen, der sich vom Geschüft zurückgezo
gen hatte, aber als Mann von tadel
losem Ruf einigen Einfluß in der
Stadt besaß, und so kam es, daß Ro
bert in eine gerade offene Stelle bei
der Polizei in Sandbank einrückte.
Als Mister Pearson starb, was vor
dem Einbruch bei Kingsford eintrat,
war der frühere Arzt immer noch ein
einfacher Schutzmann, der feine Pflich
ten pünktlich, aber mit Gleichgiltigkeit
erfüllte und sich vergebens bemühte, die
Vergangenheit zu vergessen, dabei aber
doch darüber glücklich war, daß in die
sem kleinen Städtchen an der See sein«
Vergangenheit ganz unbekannt war,
und daß er für die Wenigen, die sich
etwa genauer nach ihm erkundigten,
nichts anderes war, als der Neffe des
alten Pearson. ,
Das Stück von dei.l Briefe, das er
am Morgen nach dem Mord in der
Hamiltonstraße gefunden hatte, riß je
doch alle seine alten Wunden wieder
aus; die Vergangenheit mahnte ihn mit
starker und grausamer Stimme und
eine unbestimmte Ueberzeugung be
festigte sich in ihm, daß seine eigene
Vergangenheit und die der ermordeten
Unbekannten dnrch eine verborgen«
Kette mit einander verbunden waren.
Ein wirrer Strom von Vermnthnngen
überflnthete ihn, er vermochte sich aber
nicht zu erklären, was er nur unbe
stimmt fühlte.
„Hier wird es Arbeit für die Detec
tivs geben." liatte der Jnspector Gadd
gesagt und dabei Recht gehabt. Es war
nicht wahrscheinlich, daß eine so wichtige
Sache, wie dules geheimnißvolle Ver
brechen. den schwachen Kräften der
städtischen Polizei überlassen bleiben
werde.
Diese versügte wohl über einige
Leute, welche zuweilen in bürgerlichen
Kleidern ausgingen, um sich in's Ge
dränge zu mischen, betrunkene Boots
leute und Fiicher zu notiren, unge
schickte Taschendiebe und andere Misse
thäter abzufangen, aber es waren keine
Detectivs, welche darauf eingeübt wa
ren, dem Verbrechen auf geheimen
Wegen nachzuspüren.
Es war deshalb nothwendig, sich nach
London z» wenden, und in Scotland
Hard, dem Hauptguartier der Londoner
geheimen Polnei, wurde Verfügung ge
troffen, um einen scharfsinnigen und
erfahrenen Beamten zur Aufklärung
des Geheimnisses abzusenden.
Es ist überflüssig, zu erklären, daß
wenige Stunden genügten, nm das
Ereigniß in der Hamiltonstraße nicht
nur in Sandbank, sondern auch im
ganzen Königreich bekannt zn machen.
In Sandbank war die Aufregung un
geheuer.
Dieses beliebte und bekannte Seebad
bedars keiner Beschreibung. Auch wer
es nicht besucht hat, dürfte von feiner
blauen See, seinen Klippen und Sand
bergen und der reinen Luft, die dort
herrscht. geHirt haben. Im Sommer
sindet sich eine Menge von heiteren
Müßiggängern aller Art in dem Orte
zusammen. Als das Ereigniß i» der
Hamiltonstraße eintrat, war die Stadt
schon leer und still geworden, die Saison
war vorüber, nnd der frostige Octobe
hatte die flüchtige Fremdenbevölkeruni
fortgetrieben.
Aber die ansässigen Einwohner waren
zurückgeblieben und außerdem noch ein
Stamm van respektablen Badegästen,
welche Sandbank während der Zeit des
tollsten Gedränges mieden, jetzt aber
seine Vorzüge zn schätzen wußten. Auch
auf alle diese macht« das Tranersviel
in der Villa Rob Roy selbstverständlich
lebhcnten Eindruck.
Sergeant Power war inzwischen un
ermüdlich thätig. In'pertor Gadd,
welcher den traurigen Fall so bald als
möglich aufklären wollte, ließ seinem
untergebenen Beamten freie Hand. Er
sollte sich gain der Sache widmen, alles
ermitteln, was nur im Geringsten von
Werth sein konnte und überhaupt be
weisen. daß die Polizei von -andbank
ihr Geschäft so gut verstehe, als irgend
Jemand. Robert PowerS Ameben
war bei dem Jnspector sehr rasch ge
st i^zen.
Sergeant Power widmete sich eifrig
seiner Ausgabe. Zunächst waren zwe>
Dinge festzustellen, erstens die Bergan
genheit der Ermordeten, nnd zweitens
die gchciinnißvolle Fremde. Der letz
tere Punkt, welcher am wichtigsten
schien, nahm zuerst seine Ausmerkiam
keit in Amprnch.
Die Person, welche die Villa Rod
Ron besucht hatte, mußte doch irgindwc
ciigekommen sein, sie mußte a! >?emi
sich nicht etwa die Wunder >u<
send und einer Nacht" wiederholten,
von irgend Jemand gesehen worden
sein und möglicherweise von einer Per
son, welche einen durchdringenderen
Scharsblick besaß als Frau Gregory.
„Wer kann mir darüber Auskunft
geben?" fragte sich Sergeant Power,
„vielleicht der Schutzmann, der in der
Hamiltonstraße aus Wache war? Je
denfalls muß ich mit diesem den Anfang
machen."
Der Mann war bald gefunden. ES
war eine plumpe, menschliche Maschine,
welche vom Pflug in den Dienst der
Polizei getreten war. fähig zuerkennen,
ob eine Thür gut oder schlecht geschlossen
sei, und >m Stande zu beschwören, daß
ein Manu betrunken sei, weil er tau
melte. Viel weiter reichte aber sein
Vermögen nicht.
Sergeant Power erwartete wenig
von diesem pausbäckigen Bolimonds
gesicht, indessen machte er einen Ver
such.
„Sie hielten Ihre Augen offen,
letzte Nacht, hoffe ich, was haben Sie
gesehen?"
„Was ich gesehen habe? Nun. ich
weiß nicht, ob ich etwa mehr gesehen
habe, als in anderen Nächten."
Dieser Anfang versprach nicht viel,
aber Robert Power verzweifelte noch
nicht.
.Wo standen Sie von halb zwölf bis
zwölf Uhr auf Posten?"
„Ich kam um zehn Uhr auf Wache,
und um die Zeit, nach der Sie fragen,
muß ich durch die Hamiltonstraße ge
gangen sein."
„Standen Sie in der Nähe der Rob
Roy Villa?"
„Nicht weit davon, Sir, ich konnte
das Haus sehen."
„Sahen Sie Jemand in das Haus
eintreten?"
„Das kann ich nicht sagen."
„Bemerkten Sie, daß Jemand her
auskam?"
Der Polizist that sein Möglichstes,
um scharf nachzudenken.
„Nein, Sir, ich erinnere mich nicht,
daß ich Jemand herauskommen ge
sehen habe."
Das war ziemlich unbefriedigend,
aber Robert Power gab das Spiel nocti
nicht verloren.
„Geben Sie sich Mühe, mein Bester,
mir ein Vischen zu Helsen," redete er
dem Anderen zu, „Sie sind ein gut
aussehender Bursche und ich bin über
zeugt, daß Sie ein Freund der Damen
sind, ich weiß, Sie würden scharf hin
sehen, wenn Sie einen Unterrock er
blicken würde». War irgend ein
Frauenzimmer in letzter Nacht dort um
den Weg?"
Der Polizist lächelte vergnügt über
die schnurrige Art, wie sein Sergeant
die Fragen stellte.
„Ja, Sir, ich habe wohl einige ge
sehen."
„Waren sie Ihnen fremd?"
„Ich kannte die meisten derselben, es
waren hiesige."
„Kannten Su die Dame, welche in
der Villa Rob Roy wohnte und in letz
ter Nacht ermordet wurde?"
„Ja, ich habe sie ein oder zwei Mal
in der Stadt gesehen."
„Haben Sie dieselbe in der letzten
Nacht gesehen?"
Der Polizist dachte einen Augenblick
nach.
„Jetzt, wo Sie davon sprechen,"
sagte er. „fällt mir ein, daß ich sie ge
sehen habe. Es war gleich, nachdem
ich auf Posten kam, sie ging an mir
vorbei und schien in Eile zu sein."
„In welcher Richtung ging sie?"
fragte Sergeant Power eifrig, „doch
war sie allein, als Sie sie sahen,
oder war Jemand bei ihr?"
„Sie war allein und ging hinab,
dem Strande zu."
„Dem Strande zu?" rief Sergeant
Power. „Sagten Sie so: dem Sirande
zu? Hören Sie, mein Bester, was Sie
mir da sagen, ist sehr interessant und
von großer Wichtigkeit. Sind >wie fest
davon überzeugt, daß sie in der Rich'
tung nach dem Strande zu ging?"
„Ich bin so sest davon überzeugt,
als davon, daß ich'hier stehe."
Der Polizist war kein Kind der
Phantasie, man konnte ihm zutrauen,
daß er nichts ersand, das wußte Robert
Power, denn er hatte aus den ersten
Blick die geistige Fähigkeit des Beamten
richtig ge chatzt.
Aber wenn er die Wahrheit sprach
und sich nicht irrte, so war die Ent
deckung. welche seine Angabe enthielt,
von bedeutendem Werth. Der Fuß
-veg, welcher von der Hamiltonstraße
ach dem Strand führte, berührte die
große Straße im Mittelpunkt der
Stadt. Hwei Eisenbahngesellschasten
hatten Linien von London nach Sand
bank gebaut, beide mit besonderen Bahn
hösen, in geringer Entfernung von
einander.
Der nahe Weg von der Hamilton
straße nach der See lag ganz
»er Richtung, welche Jemand auf dem
Wege nach einem der Bahnhöfe ein
schlagen mußte. Daraus folgte, daß
die Ermordete, welche als Madeleine
Faure bekannt war, nicht auf den
Bahnhof gegangen sein konnte, um mit
ihrer gehcimnißvollen Freundin zu
sammen zu Irenen, als sie nach Frau
Gregorys Angabe das HauS am Abend
vor dem Verbrechen verließ.
„Der Umstand wäre unbedeutend,"
überlegte Robert Power bei sich, „w.nn
er bei Tage eingetreten wäre. Sie
tonnte die Absicht gehabt haben, einen
Spaziergang am Strande zn inachen,
ehe sie nach dein Bahnhos ging. Ader
in später Nacht, bei einem starten
Octobersturm ist es nicht wahrscheinlich
daß sie diesen Weg ohne einen bestimm
ten unternommen haben >ollte.
Ueberdies paßt die Sache gan; zu mei
nen Vermuthungen, der Brief kam
nicht von außerhalb, und eine so ge
naue Kenniniß des Innern der Villa
Rob Ron konnte nicht in süns Minu
ten, in der Dunkelheit gewonnen wer
den. Die Spuren denteien also alle
hierher, nach Sandbank."
Der Schutzmann hatte ffch bei all'
seiner Beschränktheit für Sergen»!
Power wichtiger erwiesen, als dieser er
wartet hatte, aber mehr war nicht aus
ihm heraus zu bringen. Er hatte ge
sehen. daß die Ermordete aus der Villa
Rod Roy an ihm vorüberging und den
Weg nach der See einschlug, aber mehr
hatte er nicht bemerkt. Er hatte ihre
Zurückkunst nicht beobachtet und wußte
durchaus nichts Weiteres zu sagen, was
mit dem Trauerspiel der letzten Nacht
in Verbindung stand. Immerhin war
er in Bezug uus einen Punkt ganz fest
überzeugt.
Weuu wahrend der Zeit zwischen halb
zwöls oder zwölf und drei Uhr des
Borgens irgend Jemand von der Nob
Roy Villa hergekommen und nach der
Stadt gegangen wäre, müßte der Poli
zist diese Person unfehlbar bemerkt
liabcn, seine Antworten auf PoiverS
fragen nach dieser Richtung waren be
stimmt und klar.
.Ich habe Niemand gesehen," sagte
er, „außer einigen Personen, welche
hier in der Nahe wohnen und mir von
Ansehen wohl bekannt sind. Diese Per
ioncn kamen aus der Stadt heraus und
fingen nicht in der Richtung nach der
Stadt zu. Nicht eine einzige Dame
war darunter, und ich bin ganz fest
überzeugt, daß keine Frau mit einer
Reisetasche an mir vorüber ging, sonst
hatte ich sie unbedingt sehen müssen,
'.'lls dcr „Rothe Löwe" geschlossen wurde,
stand ich auf Wache in der Hamilton
straße, und Niemand konnte vorüber
gehen, ohne daß ich ihn bemerkt hätte."
8.
Was war aus dem Besuch der Ma»
deleine Faure geworden, nachdem das
Verbrechen verübt worden war?
Die Person war nicht zur Stadt ge
gangen, das war augenscheinlich. Es
gibt nur einen Weg von der Villa nach
Tandbank, nämlich die Hamilton
straße. Man kann zwar auch zur Lin
ken abbiegen und auf einem Umweg
zur Stadt gelangen. Aber da der Po
lizist, welchen Sergeant Power befragt
hatte, in der Nähe dieser Biegung aus
Posten gestanden es war dieselbe
Liegung, welche die Ermordete pafsirte,
als sie der Beamte beobachtete —so
war es unwahrscheinlich, daß eine große
Frauengestalt, in einer solchen Ver
mummuug, wie sie Frau Gregory be
schrieben halte, und überdies mit der
Reisetasche in der Hand, seiner Auf
merksamkeit entgangen sein sollte. Sie
mußte also, sobald sie die Stadt ver
lassen hatte, in der Richtung nach St.
Cuthbert, einem kleinen Dorfe im Süd
westen von Sandbank, geflohen sein,
wclchcs etwa anderthalb Meilen von
Frau Gregorys Pension entfernt lag.
Das war sehr unangenehm. Am
südlichen Ende der Hamiltonstraße gab
es eine ganze Reihe von Fußwegen, sie
bildeten ein förmliches Netzwerk. Bei
Nacht waren diese Wege sast ganz ver
lassen; ein jeder derselben führte nach
St. Euthbert. In einem solchen La
byrinth mußte eS Jedem leicht sein, der
Wachsamkeit der beiden Polizisten zu
entgehen, welche dort gewöhnlich stan
den, und gänzlich zu verschwinden, ent
weder nach dem Lande zu, oder nach
der See hin, und längs der Küste nach
Sandbank zurück zu kommen.
Sergeant Power kam bald zu dem
Schluß, daß der letztere Weg gewählt
worden war. Man hatte es mit einem
gewandten Verbrecher zu thun, und es
war unwahrscheinlich, daß derselbe vor
gezogen haben sollte, durch die Dörfer
zu niarschiren, wo Fremde immer be
obachtet werden.
In Sandbank dagegen konnte auch
eine hochgewachsene Frau mit einer
Sieisetafche in der Hand möglicherweise
unbemerkt bleiben. Die Leute sind
vort gewöhnt an den Anblick von Rei
senden, welche nach einem Hotcl oder
einem Hahnhof gehen, und achten un
ter gewöhnlichen Umstünden nicht auf
Erscheinungen dieser Art.
„Nur ein glücklicher Zufall," dachte
Robert Power, „kann uns auf die rich
tige Spur bringen. Es ist überflüssig,
in St. Euthbert nachzuforschen; hat
man die Frau dort gesehen, so wird
sicherlich Jemand der Polizei davon
Nachricht bringen. Ich könnte eine
Woche dort mit vergeblichen Nachfor
schungen zubringen, deshalb ist es
besser, ich halte mich an Sandbank.
Wenn die Mörderin nicht bereits ent
slohcn ist, was mehr als wahrschein
lich ist, bei dem Vorsprnnge, den sie
hatte, so muß ich sie hier finden,
jedenfalls »verde ich von ihr hören und
das ist auch schon etwas."
Diesem Entschluß folgend, war der
nächste Schritt des jungen Sergeanten,
sich auf die beiden Bahnhöfe zu bege
be».
(Fortsetzung folgt.)
Höhere Kunst.
Das Wortgepräng ist oftmals Dunst
Und Schall und Wind zu nennen;
Was hilft auch alle Redekunst,
Wenn wir nicht schweigen können?!
Beim Zahnarzt. Patient:
.Zwei Mark soll das kosten, den Zahn
auszuziehen? Das Geld verdienen Sie
Iber rasch!" —Zahnarzt:»„O,wennSie
nünschen, kann ichs ja auch recht lang
sam machen!"
Selbstbetrachtung. In
unserer Zeit der Gleichheit braucht man
jo wenig zu sein, um etwas zu sem,
saß man schon berechtigt ist, sich sür
.'twas zu halten, we.in man auch nichts
ist!
Kindlich. .Liebe Mama, zu
Deinem Namenstag wünsch' ich Dir.."
„Aber Kind. Du bist ja noch gar
nicht angezogen so gratulirt man
doch nicht!" „Aber Mama, wir ken
nen uus ja!"
— I m Garten- L o c a l. Der
Hund genirt Sie, Herr Nachbar, net
wahr? S ihm nur eine» tüchN
zen F» it >t7, wissen S'. das Vieh wiä
iin»l 'ccl geschmeichelt sein!
v«im »lSthtnwth'n.
ZZlÄtenflocken silberweiß
Durch den Abend fliegen
Komm, und laß, mein Lieb, Dich leif
In den Schlummer wiegen!
Komm, o komm, der Tag zerinnt
Und der Lenz muß scheiden;
Maienmärchen rauscht der Wind
Einmal noch uns Beiden.
Weißt Du noch, wie dazumal,
Als die Rosen blühten,
lind im Sommerabeiidstrah Z
Wald und Meer erglühten?
Weißt Du noch, wie Nirenfang
Wob's durch Fluthgestiebe,
lind in unsren Herzen rang
Wild der Sturm der Liebe.... ?
Was mit wonneheißem Weh
lins in Bann geschlagen.
Wie es kam so wetterjäh?
Laß, o laß das Klagen!
Kathseldunkle Schicksalsmacht
Sand uns Wunsch und Wollen;
Doch wir Haben's keck verlacht,
stark in Trotz und Grollen.
Kangen nnS zum Sieg empor
Zlus der Brandung Tosen.
LiS verhallt der Nixenchor
lind verweht die Rosen.
Sehnenmüd das Herz nun ruht,
ktühl und schlummertrunken
Sturmlos fließt des Lebens Fluth,
D'rin das Glück versunken.
Leise streicht die scheue Hand
Durch verstaubte Locken
Lcis in's nbcndstille Land
Kieseln Blüthenflocken.
ikindersllß nach heißem Streit
Thaut's aus uns hernieder.
Schlaf nur, schlaf! Die Rosenzeit
kehrt uns nimmer wieder!
Nur im Traum noch winkt ein Strahl
Bon versunk'nen Sonnen
Schlaf nur, schlaf!.. Es war einmal..
ZiMos ist'S zerronnen.
AuS dem l«. Jahrhundsrt.
Um den Lastern der Spielwuth und
Trunksucht, die im 16. Jahrhundert
nnc wahrhaft erschreckende Ausbreitung
zestinden hatten, nach Krästen ent
zegenzuarbeilen, wurden von den mei
sten deutschen Landesbehbrden und städ
tischen Obrigkeiten jener Zeit zahlreiche
Verordnungen wider das „Poll- und
Zutrinken" und „Doppeln" (Würfeln)
»lassen. Außerdem suchte man noch
auf mancherlei andere Weise diesen bei
den Uebeln Einhalt zu thun. Die
merkwürdigste Einrichtung, deren man
sich zu diesem Zwecke namentlich in Hos-
und Adelskreisen bediente, waren die
sogenannten „Trink-" oder „Spiel
reverse". Der Aussteller eines solchen
Dokuments verpflichtete sich, innerhalb
iines bestimmten Zeitraumes Mäßigkeit
im Spielen und Trinken zu beobachten
and bei Uebertretuna des gegebenen
Versprechens eine bestimmte, im Re
verse vorgeschriebene Strafe zu erdul
den.
Vehfe theilt in seiner „Geschichte der
putschen Höfe" eine derartige Per»
schreibung mit. in welcher Wolf Die
trich von Brandenstein zu Altenburg im
Zahre 1652 die Verpflichtung über
aimmt, sich sechs Wochen lang nicht
lnehr zu betrinken, widrigenfalls er von
leinem Landesherrn, dem Herzoge Frie
drich Wilhelm den Zweiten von Sach
'en-Altenburg, oder Demjenigen, wel
ken dieser dazu beauftragen werde, ein
»aar gute Maulschellen (Backenstreiche)
ln Empfang nehmen wolle. Nicht min
ier interessant ist ein SpielreverS, den
Henning Holstein auf AiikcrShagen,
liner der begütertsten Edelleute Meck
lenburgs, im Jahre 1539 seinem Haus
lehrer Simon Leupold ausstellte, aus
»elchem wir wegen seines bezeichnenden
Inhalts hier wörtlich folgen lassen:
„Ich, Heunick« Holst, bekenne mit
»iescr meiiicr Handschrift, daß ich
»eni achtbaren, würdigen und hochge
lahrlen Magister Simon Leupold mein
Spielen von heute ab hab verkauft auf
ikarten, Würfeln »ud Boskulen. (Ke
zclkugeln) II Jahre lang hab ich ihm
de» meiner Ehre zugesagt, nicht zu spie
len, so lange die II Jahre wahren, wir
leien wo wir wollen; aber des Abends
'»ei unserem Wirth, wenn wir zu Tische
;ehen, da will mirs der Magister zu
»echter Zeit erlauben, so ost ich aber
verde um Geld spielen, will - ich ihm VI
Pfennige geben zurPeen (Pein-Strafe).
Des zu Urkuud und mehrerer Sicherheit
hab ich meinen Namen noch einmal
unten angeschrieben. Ankershage»,
Dienstag in der Marterwoche. Anno
1533. H. H."
Höchster Trumpf. Zwei
Damen vom Ballet gerathen über ihre
Zahre in heftigen Streit; jede will die
jüngere sein. „Sie sind wirklich
drollig, meine Liebe," rust Fräulein
Doris, „Sie, die Sie nicht einmal Ihre
Mutter gekannt haben!" „Das ist
wahr," entgegnete Fräulein Elvira,
.ich habe niemals meine Mutter ge
launt. Und ich bitte Sie auch um
Entschuldigung für alles, was ich ge
jagt habe, denn, wer weiß .. .vielleicht
sind Sie es!"
Beim Kasernenbesuch.
Neneral: „Sind Sie zusrieden mit
dem Essen?" Soldat: „Zu Besehl.
Herr Grneral!" General: „Kriegt
nicht zuweilen einer 'ne kleine und »in
anderer 'ue große Portion?" —Soldat:
.Nein, Herr Gcxeral, wir kriegeu all»
»eine Portionen."
Aus der Instructions
stunde. Uiiterosficier; „Worum hat
der Soldat zweiuudzwanzig Kuöpje am
Stock?" Äekrut: „Weil, wenn einer
jehlen thut, die Herren Lieutenants
lbun ickimviev!" 3