Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, June 24, 1892, Page 6, Image 5
6 Die Grbschast. Es war Abend. In dem Hose des Haus-und Mühlenbesitzers T in der Vorstadt hielt soeben ein Fracht wagen. leer und mit einem schweren Segeltuch überspannt. Mühsam sprang der Knecht von seinem Sitze herab, spannte die Pferde aus und schickte sich an, das Tuch von dem Wagen zu zie hen. als er mit einem Male verdrossen ausrief: Da liegt er im Wagen! Wer? fragte die draußen stehende Magd. Laß deine Neugier. Hanne, gab er zur Antwort, und hole lieberden Herrn heraus, er mag selbst sehe», was zu thu» ist. Wenige Augenblicke später standen sechs Hauslente, Männer und Frauen vor dem Wagen. Da drinnen liegt er! wiederholte der Knecht. Wer? wer? fragten die Umstehen den. Jemand brachte ei» Kerzenlicht, und nun drängten sich alle an d.n Wa gen heran. Doch entsetzt wichen die Frauen zu rück, denn o Schrecken! im Wogen lag ein unbekannter alter Mann mit eingefallene., und geschlossenen Augen, zusainmc»gcka»crt uud regungslos. Der Arme! Er ist ja krank und liegt im Sterben! bedauerte eine Frau. Ja freilich, murrte der Knecht. Wo hast du ihn aufgegabelt, Jo seph? fragte der Hausherr. Ein Windstoß löschte das Licht und alle wiche» nun scheu vor dem gespen stige» Wagen zur Seite. Der Knecht erzählte. Er habe auf seinem Rückwege den unbekannten kränklichen Manu an dem Straßengra ben liege» sehen, »nd dieser hatte ihn gebeten, ihn in die Stadt mitzunehmen, da er sich krank fühle und nicht mehr im stände fei, zu gehen. So habe ich mich des armen Menschen erbarmt nnd ih» mitgenommen, schloß er seine Er zählung. Den anwesenden Franc» fuhr ein kalter Schüttelfrost über den Rücken. Aber was jetzt mit ihm machen? fragten alle. Inzwischen wurde abermals Licht an gezündet. Das ist freilich sehr bös, jetzt um diese Zeit! meinte der HauSeigenthü mer, ein kleiner, untersetzter Mann. Ins Spital ist es zu weit, und die Zeit auch schon zu vorgerückt, als daß mau sich da jetzt incommodiren 5011te.... meines Erachtens bleibt nichts übrig, als damit bis zum Morgen zu warten und dann der Polizei Mittheilung zu machen, «ie, Frau Schumann! wandte er sich an die Hausmeisterin, Sie haben ja die Kammer leer, er mag dort die Nacht über bleiben. Frau Schumann erblaßte über die sen Auftrag. Der fremde unbekannte Mann wurde aus deni Wagen gezogen und im be wußtlosen Zustande vielleicht war er todt sür die heutige Nacht iu besag ter Kammer untergebracht. woselbst er auf einem Bund Stroh ausgestreckt ruhte. Es war 11 Uhr. Vor Angst, gleichzeitig aber auch von Neugiede geplagt und getrieben, verließ die verwittwete Frau Schumann halb angezogen ihr Bett, zündete die Lampe an uud machte sich durch die Küche in die anstoßende Kammer, worin der todte Fremdling lag. Noch immer schwebte ihr der Moment vor den Augen, wie sie den alten Mann aus dem Wagen hoben und in die Kam mer hinein trugen, wobei ihm die Hände uud Füße so schlaff herabsanken wie einem Todten, und wie er dann re gnngs- uud athemlos liegen blieb wie ein Stück Holz. Wer doch dieser Aermste nur war? Ist er wirklich todt oder nur in Ohnmacht? Leise össne'e sie die Kammerthllr. Ein feuchter, kalter Lufthauch strich ihr plötzlich über die Stirn. Sie schauerte. Krampshast preßte sie die Lampe in ihrer Hand und blieb wie angenagelt an der Thürschmelle stehen. Sie leuch tete in die Finsterniß hinein. Ja, dort lag er, unbeweglich nnd steif, und gelb wie eine Leiche. Ein Anblick! Bei der lebendigen Einbil dungskraft und der ungewöhnlichen Spannung ihrer Nerven spijrte sie einen sonderbaren Leichengeruch her aus. D,is ist uumöglich! dachte sie sich das kommt mir nur so vor, weil ich mich sürchte! und plötzlich wurde sie von einer solchen Angst ergriffen, daß sie schon nahe daran war, aufzuschreien und davon zu laufen. Doch faßte sie von neuem Muth. Die Neugierde war wieder erwacht. Sie stellte die Lampe auf einen Stnhl neben der Thür denn man mußte vorsichtig sein. Es war ja nicht unmöglich, daß der ver mummte Kranke ein verstellter Räuber war, der darauf ausging, sie zu täu schen, ihr dann das Licht aus der Hand zu schlagen nnd sie in der Finsterniß der Nacht zn erdrosseln! Sie sah schär fer hin, aber der Fremde rührte sich nicht, gab kein Lebenszeichen von sich. Die hagere Nase warf einen lange», unförmlichen Schatten über sein blei ches Gesicht, sodaß es nicht möglich war, seine Gesichtszüge deutlich zu erkennen. Ob er noch athmet? dachte sie. Nein, er athmet nicht, war kalt, also wirklich todt.... eS lag also nur eine Leiche vor ihr. Jetzt wich die Furcht. Die Tod ten morden nicht! Keine Gefahr also. Sie befühlte ihm die Brust, um die ganze Ueberzeugung von seinem Tode zu gewinnen. Als sie mit ihren Hän den da so nmhcrtappte, fühlte sie unter seinem Rocke einen harten Gegenstand heraus. Vou unsagbarer Neugierde getrieben, hielt sie jetzt einen Augen blick inne nnd überlegte. Jetzt setzte sich ihre Haud abermals in Bewegung, der harte Gegenstand auf der Brust unter dem Rocke fiel ihr abermals ein nnd reizte sie mit doppelter Macht. Sie wollte sich Gewißheit verschaffen. mußte sich überzeugen, und sie that eS auch. Behutsam knöpfte sie den Rock der Leiche auf, das grobe Leinwand hemd kam darunter zum Vorschein. Ihre Finger berührten die kalte Brust; jetzt ein ganz leichter Griff, und aus einer inwendigen Seitentasche zog ihre Hand einen schweren Beutel hervor. Metall, dumpfer Goldklang klirrte aus dem Beutel heraus, dazwischen ein Rauschen wie von Papier. Das ist Geld! flog es ihr durch den Kopf. Gold und Banknoten! Ueber rafchung, Angst, habsüchtige Leiden schaft, Empfindung, die sie zuvor nie mals gekannt, erfüllten plötzlich ihr Inneres, und dem war eine mächtige Versuchung gefolgt. Er brauchte es ja nicht mehr! war ihr erster Gedanke, und das Blut begann in ihren Schläfen mächtig zu hämmern. Hastig knöpft« sie den Rock abermals zu. ergriff die Lampe und eilte, am ganzen Leibe zit ternd, aus der schaurigen Kammer hin aus. die Thür hinter sich zuschlagend. In der Küche versteckte sie den Beutel in die Asche unter den Herd, schlich in ihr Zimmer, löschte das Licht aus und legte sich zu Bett. Aber ihre Aufregung war zu groß, die Dunkelheit ängstigte sie, beständig schwebte ihr das wachsgelbe Gesicht des alten Fremdlings vor Äugen, die her vorstehende Nase mit dem langen, schwarzen Schatten über das Gesicht. In Schweiß gebadet, von Angst über wältigt, suchte sie umsonst de» Schlaf. Wiedcr stand sie auf und machte aber mals Licht. Unablässig währte der Kampf in ihrer Brust: sollte sie dcn Raub zurückstellen oder nicht? Nur zurück damit, trag es zurück! forderte eine innere Stimme sie auf. Zurück tragen, zu ihm! Dieser Gedanke war schrecklich. Ich will bis zum Morgen warten... .dann gebe ich eS zurück; jetzt, in der Nachi ein zweitesmal zu ihm, nein, nicht um die Welt! Aber die abscheulichsten Gespenster marterten ohne Unterlaß ihr aufgereg tes Gehirn. Am nächsten Morgen hatt: sich die Gerichtscommission eingefunden und stand allein in der Kammer. Typhus...., sagte der Arzt, alle Merkmale sprechen dafür. Man knöpfte der Leiche den Rock aus, um nach etwaigen Schriftstücken zu for schen. In dem Rockfutter faud man «in Notizbüchlein. Es bestand aus wenige» Blätter», abgenutzt und schmutzig. Der Beamte blätterte da rin. Plötzlich wurde er stutzig, sein Auge nahm einen fragenden Ausdruck an und blieb an dem Todten in dcn alten herabgekommenen Kleidern haf ten. Hierauf schüttelte er bedenklich' den Kops und winkte bedeutungsvoll dem Arzte. Was sagen Sie dazu, Herr Doctor? Dieser Bettler hat viertausend Dollars bei sich ! Nicht möglich! was Sie sagen! staunte ungläubig der Arzt. Es ist wirklich 50...., hier hat er sie eingetragen; gewiß war er ein besonde rer GeizhalS; sieht wie ein Bettler aus und trägt Gold unter den Fetzen. Der Doctor blickte in das B»ch und fand wirklich ganze Zifferreihen vor, große und kleine Beträge, Einzelrech nunge», Daten und zum Schluß die Summe: Dollars. Dabei die 'Anerkennung : „Mein Erfparniß." Sonderbar! staunte er verwundert. Als mau aber die Kleider des Verstor benen untersuchte, war von Geld keine Spur zu sinden. Es wurden nun die sämmtlichen Zeu gen des gestrigen Borfalls zur Berueh mung gerufen. Ueberall wurde nach dem verschwundenen-Gelde geforscht umsonst, niemand konnte Ausschluß ge ben, niemand wußte dar-uni. Auch die alte HauSineisterin hatte sich eingestellt, eine blasse Frau, die infolge der schlaf los verbrachten Nacht und des ausge standenen Schreckens ganz verstört aus sah. Aber auch sie hatte nichts verra then, wußte nichts denn sie verstand sich zu beherrschen: Ich? Da möge mich bewahren! Ich weiß gar nichts, gar nichts war keinen Schritt bei ihm. Woher denn auch iu der Nacht und dazu »och zu eiuem Tod ten! Ich müßte Wahnsinnigwerden vor Furcht! Und erst einen Todten berüh ren! Davor behüte mich Gott! Die Vernehmung der Zeugen blieb also fruchtlos. Lächelnd trat der Be amte auf dcn Arzt zu uud sagte: War das ein Einfall von mir! Aber wissen Sie, Doctor, nicht selten wittert der Mensch irgendwo ein Geheimniß her aus und sucht dann umsonst Gold in den Fetzen eines Bettlers. Weiß Gott, wo er das Buch wohl herhaben mag! Gesunde» oder gestohlen! Ma» kehrte zu der Leiche in die Kam mer zurück. Durch die halbgeöffnete Thür drängten sich die Neugierigen hinter der Eommissivn nach. Der Ver storbene lag ausgestreckt auf dem Stroh lager; fein gelbes Gesicht mit dein graueu Barte und den gespenstig geöff neten Augen sah jetzt ungemein häßlich aus. Ali der Spitze dieser Neugieri gen stand die alte Hausmeistcrin. In ihrer Aufregung beobachtete sie den Todten jetzt näher und dachte zurück an die vergangene Nacht. Endlich blitzt > eine Erinnerung zu ihrem Geiste auf eine schreckliche Borstellung blitz schnell arbeitet das Gedächtniß sie beginnt zu zittern. Als sie so jetzt die Gesichtszüge des Verstorbenen im Lichte des Tages betrachtet, ruft sie plötzlich aus: Das ist ja Schumann! Alle blicken überrascht auf die Frau, wie sie jetzt so ganz entsetzt dasteht. Und nun. wenn auch mit Mühe, hatte ihn auch der alte Obermüller erkannt. Kein Zweifel er war es, der Rauf- und Trunkenbold von ehemals, der ge wesene Maschinist Schumann, der sei nem Weibe entfloh und es mit ihren drei Kindern in Elend und Noth allein zurückließ—und jetzt nach zwanzig Jah ren wiederum zurückkehrte. Mau hatte ihn längst für todt gehalten, auch die ! Kinder lebten nicht mehr, und fein Weib wohnte feitoem als Hausmeiste rin in diesem Hauje. Der Beamte nahm die Enthüllung in das Protokoll, und sich nun an Frau Schumann wendend, sagte er scherzhaft: Sehen Sie, Frau Schumann! Hier in diesem Büchlein steht das Verzeich niß Ihrer Erbschaft, die er Ihne» hin terließ; aber Gott weiß, welcher schlechte Mensch Sie darum gebracht haben mag! Schon wollte die Frau niit der Wahr heit heraus aber die Scham hielt sie zurück. Nein, nein—den Leichenraub durfte sie nie und nimmer eingestehen ! Man würde mit Fingern auf sie zeigen! Sie setzte also die Verstellung fort. Sie weinte und fluchte dabei dem unbe kannten Diebe, der fi« um ihr letzte? bestohlen hatte! Seit dem Begräbnißtage ihres Man nes ging die alte Hausmeifteriu wie besinnungslos umher. Der Gedanke, einen Todten beraubt zu haben, war schrecklich. Mit Schrecken gedachte sie jener Nacht, in der sie.kein Auge schlie ßen konnte und wiederum behaup tete sie ganz fest: Es war ja doch mein Eigenthum mein war es! Aber sie mochte ihre Schuld, wie immer, beschöni gen, die Scheu vor dein Gelde wollte von ihr nimmer weichen. Sie fürchtete sich, den schmutzigen Beutel anzurühren, nnd als sie trotzdem einmal das Geld vor sich auf den Tisch herausschüttelte, was natürlich nur bei geschlossener Thür geschah, als sie die fremde» Gold stücke, die große» unbekannten Bank noten mit deni Bilde eines fremden, unbekannten Herrn erblickte, als sie den Reichthum sah, der ihr und ihr Eigen thum war, da verfluchte sie sich selbst. Wozu war ihr dieses Vermögen, da sie eS nicht genießen konnte, nicht ge nießen durfte!? Sofort wäre die Ge fahr bei der Hand, daß alles an'S Ta geslicht herauskam. Mau würde sich an alles erinnern, an die vergebliche Ver nehmung, ihr beharrliches Leugnen und würde sagen: „Diebin!" Hier war keine Ausrede möglich, daß sie das Geld nur bloß darum sich angeeignet hatte, weil es von Rechts wegen ihr Eigen thum war, ihr gesetzlich gehörte als der rechtmäßigen Erbin ihres verstorbenen Gatten. Denn als sie den unbekann ten Landstreicher bestohlen, hatte sie ja doch gar nicht gewußt, daß sie damit ihre eigene Erbschaft in Besitz nahm. Niemand würde es ihr glauben. Nie mand ihre Handlungsweise Hutheißen, bis an ihr Lebensende würde man sie ja doch immer nur die „Diebin" heißen. Fluch jener unseligen Nacht, die sie zur Diebin gemacht hatte! Sie getraute sich nicht, das Geld anzurüh ren, ja, auch nur ein einziges Stück davon umzuwechseln, aus Furcht, da? Gericht könnte davon erfahren. Mit dem schlechte» Gewissen und dem Gedanken, daß sie eine Diebin sei, hatte sich auch bald die Furcht vor einer mög liche» strasgerichtlichen Verfolgung uud dem Gefängniß eingestellt. An Körper und Geist gebrochen, jammerte sie ohne Unterlaß, schlug sich an den Kopf, wenn sie zusammengekauert an ihrem Bette saß. und meinte doch wieder, daß sie unschuldig sei und nur das Schicksal ihr das alles bereitet habe. ES war dies ein feines, zähes Gewebe, in wel ches ihre alte Seele sich hineinverstrickt hatte, ohne sich darüber einen Rath zu wissen. Je langer das Geld ohne Verwen dung und unvermindert in ihrem Hause lag. desto schmerzlicher wurde es ihr ums Das eben marterte sie langsam dahin und nagte an ihrer Seele. Sie konnte den Reichthum nicht genießen, und wiewckhl das Metall gut und gut auch die Papiere waren, mußten sie doch nur liege» bleiben, gleich Spielmarken, vielleicht jahrelang, bis zu ihrem Tode. Dann wird viel leicht ein ganz Fremder sich ihr Geld aneignen, während sie, die unglückse lige rechtmäßige Erbin, gleich einem Bettelwcibc dahinsieche» muß., bei ärm licher Nahrung, ohne sich auch nur die geringste Zubefferung vergönnen zv dürfen. Dieses Bewußtsein durchwühlte ihr Gehirn, der wilde, gereizte Egois mus. der noch überdies von der Angst genährt wurde, daß dieser elende fremde zukünftige Erbe etwa bei Nacht durch ein Fenster oder das Schlüsselloch sie beobachte uud aufpasse, bis es mit ihr zu Ende sein werde, hatte sie in wenigen Monaten gebrochen und um deu Ver stand gebracht. In den finsteren Näch ten auf ihrem Bette fitzend, preßte das reiche Bettelweib den Kopf in die Hände, betete und weinte und flüsterte sich dann zu: Ha! dort paßt er auf er paßt aus mich! Eines Tages fand man sie todt in ihrem Stübchcu. Wie Jeder, zeigte„a»ch Scheffel wohl einmal Hang zum Küchen personal". I» Schrufs Hotel „Zur Post" in Mürzzuschlag. einem in den Siebzigerjahren von Künstlern gern besuchten Hause, wird ein Küchenbuch aufbewahrt, iu welchem der Dichter sich mit folgendem Verschen verewigt hat: „Fürwahr, gefährlich ist's in der „Post" Wie in den Wäldern von Polen; Zwar wird den, Wanderer nicht das Geld. Doch wird ihm das Herz gestohlen. Juli 1873. Victor Scheffel." —ln der Soiree. Herr: Sie sind wohl musikalisch, mein Fräulein? Fräulein: Ach nein! Herr: Dann besuchen Sie gewiß häusig das Theater? Fräulein: Auch das nicht. Herr: So malen Sie vielleicht? Fräulein: Ja. Herr: Wohl Aquarell? Fräulein: Ach nein, nur Kaffee! Beim juridischen Exa men. Professor: Herr Eandidat, was ist das: eine Haussuchung? Eandi dat: Wenn man Nachts bekneipt nach Hause gehen will und sein HauZ nicht finden kann! Modern« Handschellen. Ein milderer Geist herrscht heute in der Criminaljustiz. Harte und grau same Strafen haben aufgehört; man bemüht sich, nicht allein dem Verbrecher für seine Strafthat ein entsprechendes Uebel nach den Grundsätzen der Ver geltung zuzusügeu, sondern ihn zu bes sern und womöglich als nützliches Mit glied in die menschliche Gesellschaft zu rückzuführen. Man lernt den Werth und die Bedeutung der Seelenkunde für die Kriminalistik immer mehr schätzen, untz regulirt das Strafmaß nicht mehr bloS nach der Schwere des begangenen Verbrechens, sondern auch nach der be sondere» seelischen Beschaffenheit des Verbrechers. Damit im Zusammen hange ist man beinüht, auch alles, was mit der Strafrech!spflege im Zusam menhang steht, entsprechend umzuge stalten. Man vermeidet daher alle überflüssige Härte; man verbessert die Gefängnisse, sorgt für Reinlichkeit, Lüftung, gesunde und einfache Kost und hinreichende Bewegung im Freien. Das erste Mal, wo der Verbrecher mit der verhaßten und gefürchteten Ju stiz Bekanntschaft macht, ist der Mo ment seiner Ergrcisuug. Damit ist sein Spiel wenigstens vorläufig verlo ren. WaS Wunder, daß er alle erdenk lichen Anstrengungen macht, um sich dem festen Griff des ihn verhaften den Polizisten zu entwenden und durch eilige Flucht die verlorene Freiheit wieder zu gewinnen? „Jetzt oder nie", denkt er im Hinblick auf die düsteren Mauern des Zuchthauses, hinter denen keine Hoff.iung wohnt. Während früher oft genug der der Flucht verdächtige Häftling beim ersten auffallenden Zeichen von dem Polizisten mit einem wuch ttgen Knüitel /M' hiebe nicht nur besinnungslos öu Boden ge streckt, sondern auch oft genug ! maufetodt ge- l schlagen wurde, Min macht jetzt der Polizist durch fo fortiges Anlegen Towers K.wchclhal.er der Handfesseln nicht nur jeden Fluchtversuch uiimög lich, sondern auch jede grausame Be handlung überflüssig. Sehr praktisch sind die Handschellen, welche der Detec tiv John T. Power erfunden hat uud die namentlich in New Bork gebraucht wer den. Der Polizist hält einen Griff, .chlingt die Kette um das eine Handge lenk feines Arrestanten und packt den zweiten Griff, der in den ersten paßt. Durch eine kaum merklich« Drehung der Hand kann der Polizist den Druck ver stärken oder nachlassen. Verschieden construirt sind die von Thomas angegebenen Handschellen. Dieselben kom men mehr im Westen, beson- // Xi ders in San // Francisco, zur Anwendung. Hier ist es keine . Kette, sondern VX / / zwei zangensör- ' l I mige Stahlglie- >,. s s . der, welche das ( Ar"refkmten mi? H°»dsch°ll-n eisernem Druck einschließen. Sie sind je nach der Stärke des Armes verstell bar und werden mit einem Schrauben ichlüssel geschlossen. Wie man sieht, ist ser Proceß etwas umständlich und zeit raubend. Doch einmal geschlossen, ist es sür den Gefesselten unmöglich, selbst wenn er noch so gelenkig ist, seine Hände aus dem eisernen Griff zu be freien. Handschelle» mit Querstaiige. Sehr praktisch hat sich auch eine an« zere Vorrichtung erwiesen, bei der die beide» Handsesjeln durch eine stählerne Stange verbunden sind. Diese Fesse lung macht den Gefangenen noch viel unschädlicher und machtloser, als die vorigen Methoden. Bekannt ist die einfache Art, Gefan gene am Fußgelenk zu fesseln, indem iduen eine K-tte m.t einem schweren Ge k »I wicht daran an legt. Eine an- dere Erfindung >! » / rührt von einem k S / gewissen Linin > » '» / ger her, und we» A / gen ihrer prak- tischen Brauch barkeit hat ma» . Lininn-r's sub'<M. sie in Loliisiana »nd überall im Westen eingeführt. Wie sie Abbildung zeigt, besteht diese Fuß 'essel aus einem Steigbügel, an wel hem oben ei» schweres Gewicht befind llch ist. Ruht der Fuß. an dessen Fohle der Steigbügel ist, auf dem Bo sen. so ist das Gewicht nicht fühlbar. Sobald der Gefangene den Fuß heben !vill, übt das Gewicht seine Wirkung. Zur Fesselung von tobsüchtigen Pa iicntcn in Irrenhäusern bedient man sich der obigen --- Muffe aus Leder, >a man hier der Ziatur der Krank yeit entsprechend und der Neigung )er Patienten, Lunch's Fess-Imich'- zegen sich selbst sür Rasende. >u wüthen, Eisentheile sorgfältig ver meiden muß. Die Hände werden hier »inächst in Pulswärmer-ähnliche Leder-i utt?rale gezwängt und dann in die! Russe gebracht, welche mit einem star-' !en Riemen am Körper befestigt wird. Heimgegeben. Dichter: Wie .önnen Sie sich wagen, meine Gedichte o schlecht zu machen? Ich! Sie ha-' >en es selbst doch gethan! Bäum« auf eine» Thurmspitz»» Ein seltsamer Anblick bietet sich dem Reisenden in dem Stadtchen Greeus bürg im Staate Indiana dar. Hoch oben auf dem Thurme des Gerichts haufes, dort, wo das Gemäuer anfangt, sich zu verjüngen, um schließlich in ein« schlanke Spitze auszulaufen, sprosse» mehrere junge Ahornbäume empor. Die Erscheinung ist einzig in ihrer Art. In der luftigen Höhe von 133 Fuß, in kau», sichtbaren Ritzen des Sandstein- und Mörtelgemäuers, ha ben diese Bäumchen, von Regen und Sturm gepeitscht, Wurzel gesaßt, und sind bereits bis zu etwa acht Fuß Höhe gediehen. Der städtische Baumeister untersuchte neulich das aus Sandstein und siegeln sehr solide hergestellte Ge bäude aus seine Festigkeit, nnd bean tragte niit Rücksicht auf die Sicherheit des Thurmes, die jungen Ahorne aus zurotten. Doch erhob sich dagegen ei» Sturm der Entrüstung in der Bürger schaft, welche auf dies eigenartige städ tische Wahrzeichen sehr stolz ist, und sc stehen die jungen Ahorne heute noch. Wahrscheinlich haben körnerfressende Vögel die Samen aus den Thurm ver schleppt. Die Geheimnisse der Ballet-Gar derobe. Daß die Moral nicht auf der Probe, tasel des Corps de Ballet zu stehe» pflegt, wußte man längst, der Anblick aber, den eine Gerichtsverhandlung, die in Wien stattgefunden, in die Geheim nisse der Ballet-Garderobe eröffnet hat, war denn doch überraschend und er schreckend. Ein junger bartloser Mann, der Graf Jean Orlowsli, verlangte Sühne sür eine Verletzung, die seiner Ehre dnrch eine vieruudzwanzigjäh'rige Antonie Biener, zugefügt worden sein soll. Zur Bestätigung der incriminirten Aeußerungen, die selbst ein alter Dra goner nicht ohne Erröthen wiedergeben könnte, war auch eine,— zwölfjährig' Ballet-Elevi», Marie Schrejer. vorge laden. lleb'rdies aber erschienen als Zeuginnen die Solistinnen-Schülerin nen der kaiserl. Hosoper Amalie Nowak, Ernestine Zchießwald nnd HeleneKrauß, ferner die b'orpstänzerinnen Swoboda und Gisela Schreier, die gegenwärtige „Geljebte" des Herrn Grafen. Schau platz der Ehrverletzung soll eine Ballet- Garderobe der Hofoper gewesen sein. Die Gerichtsverhandlung, die kein Ehrenblatt in der Geschichte des Wiener BalletS bildet, mußte naturgemäß mit Ausschluß der Oeffentlichkeit durchge führt werden. Die Zeugenvernehmun gen nahmen einen peinlichen Verlauf. „Es ist ein Graf zu vergeben, aber was sür einer!" Mit diesen Wor ten hatte die Angeklagte die incriminir len Aeußerungen eingeleitet, über welche die Klageschrift bemerkt: „Die Feder sträubt sich, sie wiederzugeben!" Die AusgleichSversuche wurden vom Kläger nur deshalb zurückgewiesen, weil seine derzeitige „Flamme", gleichfalls eine Ballerine, sich gegen den Ausgleich er klärte. Er ließ diese Balleldamc iu den GerichtSsual rufen uud erst, nachdem er ihre Meinung eingeholt hatte, wies er den Ausgleich zurück. Diese „Danie" bemerkte unter Anderm: „Es ist offi ciell, daß ich mit dem Grafen gehe." Der Klagevertreter zögerte oft mit der Fragestellung an die verschiedenen Zeu ginnen, indem er ausrief: „EsistscaiU dalös!" Den allerpeinlichsten Eindruck aber mußte es machen, daß die unsittlichen Aeußerungen in Anwesenheit einer zwölfjährigen „Elevin", der Schwester der augenblicklich in der Sonne der gräflichen Guust stehenden Tänzerin, vorgebracht wurden. Der Staatsan walt behielt sich anch ans diesem Grunde ein besonderes Einschreilen vor. Schließ lich ließ der Kläger sich doch herbei, eine Ehrenerklärung der geklagten Bal lerine entgegenzunehmen, so daß der Richter in die Lage kam. die Freispre chung der Geklagten aus Grund eines erfolgten Ausgleiches zu verkünden. Die „Wiener alte Presse" bemerkt bei die sem Anlaß: „Der Leitung des kaiserli chen großen Opernballets kann die Um gangssprache, die in einzelnen Räumen des TheatergebüudeS herrscht, nicht ganz gleichgiltig sein. Es giebt eine Effecten- und eine Fruchtbörse iu Wien. Muß es auch eine Börse gebe», an wel cher von uud für BaUeriuen der Marlt vreis vou Grafen, die „zu vergeben" sind, abgeschätzt wird? Und ist es nicht zu verhindern, daß volkswirthschastliche Erörterungen dieser Art in der rohesten und unfläthigsten Sprache, die iiber >aupt denkbar ist, geführt werden? Bor allem aber ist zu bedenken, daß es i» dem großen Balletkörper auch un mündige Kinder giebt. „Elevinnen" im zartesten Alter." Das Extrablatt er fährt, datz die General-Intendanz der Hoftheater ähnliche Fragen aufgewor fen hat und hält es für wahrscheinlich, daß einige Pcrsonalverändcrungen eintreten werden. Unser eigenes Genie ist .er Felsen, auf dem wir unsere Luft schlösser aufbauen müssen. »t« Kapitel zum Lobe der Kraue«. Ein ebenso geistreicher, als galanter Franzose und Schriftsteller meinte, daß, wer über die Frauen schreiben will, möge die Feder in Regenbogenfarben tauchen und sein Silber- oder Gold papier mit Streusand bestreuen. Er hatte auch nicht so unrecht. Wir mögenden Act der Erschaffung der Welt und ihrer Bewohner wie im mer annehmen, so ist es jedenfalls ge wiß, baß die Erschaffung des Weibes im Universum die erste Stelle einnimmt: ohne Frauen wäre ja dem Manne die üppigste Landschaft eine Wüste, öde und leer; er könnte in Wohlgerüchen schwim men, schwelgen im Genusse der köstlich sten Speisen und Getränke, die hiinln liichsten Tö-e hören, sie würden ihm keinen Genuß verschaffen, wenn er dies nicht in Gesellschaft des geliebten Wei bes, feiner Gefährtin, feiner Trösterin im Unglück, der Theilnehmcrin seiner Freuden genießen dürfte. Sein Herz würde sich mit einer Steinkruste über ziehen und er müßte zum Selbstmörder werden. Ohne Weib läßt sich eben keine Existenz denken, und es verdiente daher auch so gut eine Stelle in unse rem Gebete, als das tägliche Brot, um welches wir unseren Schöpser bitten. Robert Burns schildert daher in einem seiner schottischen Lieder in richtiger Er kenntnis', des Werthes des Weibes auch deren Schöpfung iu folgendem, schönen Verse: „In ihnen schwur Mama Natur, Ihr Meisterwerk zu bauen; Im Manne versuchte sie sich nur. Und dann schuf sie erst die Frauen". Es ist wohl wahr, durch das Weib ist die Sünde in die Welt gekommen, aber anch die Tugend in ihren liebens würdigsten und segensreichsten Erschei nungen. Ging schon durch die Sünde des Weibes der Menschheit das Pa radies verloren, so macht doch wieder das Weib mit dem Zauber ihrer Liebe die ganze Welt zum Paradiese. Stürzte Eva die Menschheit ins Ver derben, so brachte Maria die Erlösung, und mit Beziehung darauf sagt auch Gottfried von Straßburg: „Von allen Dingen in der Welt, Die je das Sonnenlicht erhellt, Ist keines so selig wie das Weib." Das gebeimnißvolle Band der Ge schlechter, es ist die süße, lose Fessel, die die getrennten Schönheiten und Kräfte der Menschheit zum herrlichsten Segens bande vereinigt. Ten Mann drängt es hinaus in den Kumps des Lebens. Bescheslust und Ehrgeiz spornen seine Seele zu rastlosem Streben und Ringen. Alle Tiefen der Erkenntniß durchforscht er, alle Höhen menschlicher Thatkraft erstürmt er. Aber mitten im lautesten, verworrensten Getöse seines Lebenskampfes vernimmt er die leise Mahnung seines sehnenden Herzens. Die unbändigsten Wünsche und Leidenschaften verstummen vor diesem Himmelsrufe und willig folgt der gewaltige Erdengott dem zarten, süßen Triebe, um im Heiligthume der Häuslichkeit seinen Himmel zu finden. Slm Herzen feines Irenen WeibeS um fängt ihn dann die süßeste Ruhe und Labung; ihr Kuß ist ihm der schönste Lohn seines Strebens, ihre Theilnahme heilt die Wunden, die ihm das Leben schlug, und ihre Bewunderung begei stert ihn zu neuen Thaten, und Er quickuug bringt ihm die freudige Blüthe der Sprößlinge feines alternden Le bensbaumes. Die Wunderblume der Weiblichkeit erblüht im Schatten stiller Zurückgezo geuheit, geschützt, gepflegt und veredelt vom Engel der Jungfräulichkeit, ent knospet sich in der Liebe zum Manne und entfaltet sich sodann in ihrer vollen Pracht. In dieser Liebe preiset das Weib das schönste nnd höchste Ziel ihrer irdischen Bestimmung. Für ihn schmückt sich dann die liebliche Gestalt in stiller Freudigkeit. Er ist ja der Stolz ihres Herzeus, der Leitstern ihrer Gedanken, die Lichtgestalt ihrer Träume! Und für ihn schafft und wirkt sie mit jener zar ten, allfehenden Emsigkeit, deren Früchte so unendlich wohlthuend sind. Für ihu opfert sie sich auf, duldet und leidet mit freudigem Muthe und mit unbeug samer Stärke; sein Streben unterstützt sie mit ihrem glaubensstarken Gebete und ihn segnet sie, wenn sie mit heiliger Mutterfreude den Säugling an ihren Busen druckt! „Geschäftig für sein Wohl, liebt still das Weib!" wie Grill parzcr kurz uud treffend sagt. Ja, noch mehr! Das Weib, es hadert mit dem Schicksal und grollt ihm, wenn es nicht vermag. Andere, die ihr theuer sind, glncklich zu machen, und ist über glücklich und dem Geschicke dankbar, iveun es, wenn auch nicht selbst glück-' lich, doch nur in ihre Hand gegeben ist, Andere zu beglücke» und sie zu er freuen. „Der Blick in eine Frauenseele, er ist ein Blick in s Himmelreich!" Es hat eben jede Frau eiu Lächeln für jede Freude, eine Thräne für jeden Schmerz, einen Trost für jedes Elend, ein Gebet sür jedes Unglück und eine Entschuldigung für jeden Fehler. Die Gefühlswelt ist ihr eigentlichster Ort. wo sie schrankenlos herrschen und ihre segensreichste Thätigkeit zum Wohle der Menschheit entfalten kann. Wo eS aus schließlich aus Herz und Gemüth an kommt, wo es gi!t, Schmerzen zu lin der», Trost uud Hoffnung zil spenden, da ist auch die eigentliche Wirkungs sphäre, der cigeiitliche Ledensberuf der Frauen gegeben. In» Herzen des laster haften Weibes gibt eS noch immer einen Winkel, welcher unentweiht ein selig Geheimniß verbirgt, unerreichbar sür das Laster, ein Schrein, so heilig und versteckt, wie ein Rcliqnicntastchen in der Satristei. Ei» jedes Weib gleicht daher auch dem Monde, dessen mildes Licht der Man» erst sieht, wenn ihm die Sonne eines Glückes unterging. Selbst der verbissenste aller neuere» Weiberhasser, der Begründer des moder nen Pessimismus, muß zugestehen, daß ohne Weib der Beginn unseres Seins beraubt wär' der Hilfe, die Mitte ohne Vergnügen und das Ende ohne Trost. Aus all diesem ist daher auch das Weib der Auszug und Inbegriff alles dessen, was in der Natur reizend ist; das lieblichste, begehrenswertheste und unentbehrlichste aller Dinge: „die Perle aller Werke des Schöpfers", wie der volksthümlichste unserer Dichter, Schil ler, sagt. Und tiefes Unrecht läßt sich zu schulden kommen Jeder, der dies« Perle begeifert, denn : „Wie Marmor ist der Mann, wie Wachs die Frau; Dem harten Marmor muß das weich« Wachssich fügen; Dem unterdrückten Weibe prägt sich ge nau Des Mannes Stempel auf in Form und Zügen, Nicht die Mittel, die Stempel nur be trügen. Drum sind die Frauen nicht selber an zuklagen. Wenn sie das Gepräge eines Teufels tragen." Bei der Aushebung. Vor dem ehemaligen Amtssitze des Polizei-Präsidiums auf dem Berliner Molkenmarkt sieht »ran jetzt an jedem Vormittag eine Ansammlung junger Leute, die sich der Prüfung zu unter ziehen haben, ob sie für die Vertheidi gung des Vaterlandes gebraucht werden können. Viele von ihnen, denen die Freuden des Exercierplatzes selige Vor ahnungen erwecken, besiuden sich in ge hobener Stimmung, andere wieder, die sich, „der Noth gehorchend, nicht dem eigenen Trieb", an diesem Orte einge funden haben, sehen ziemlich trostlos den kommenden Ereignissen entgegen. Zu dieser Gruppe gehört ein ganz win ziger Bürstcnmachergesclle. der gerade nicht an übergroßer Intelligenz leidet. Man hat ihm auseinandergesetzt, daß die Aushebuiigskommissiou es in diesem Frühjahr auf die kleinen Leute abgese hen habe, dieweil sie nothwendig für die „lenkbare Luftfchiff-Eompagnie" ge braucht würden. Bei dem Aufruf kommt er in die Nachbarschaft eines jungen Mannes von inwonircnder Körperfülle. Bei der Feststellung der Personalien nennt der jugendliche Riese seinen nordisch klingenden Vornamen „LarS". „Machen Sie keine Witze-, sagt der Amtircnde verweisend, „Sie werden Louis heißen." Lars versi chert. daß er wirtlich Lars l?ciße, und nach Einsicht der Papiere wird diese er freuliche Thatsache amtlich festgestellt. In dem hierfür bestimmte» Zimmer machen die zehn Ausgerufenen Toilette das heißt sie entledigen sich dersel ben. „Hören Sie mal", sagt der Ser geant zu dem Dicken, „Sie könnten ein paar Pfund von Ihrem überflüssigen Korpus an Ihre» Nachbarda abgeben." „Sehr gern," sagte Lars, ein schnei diger Handlungsbeflissener, schlagfertig, „aber was bezahlt man hier für das Psund?" „Auf die Wage," ruft der Sergeant. Lars sieht ihn etwas verdutzt an. Sollte man den Scherz wirklich so weit treiben, seine Offerte zu acceptiren? —Er wird gewogen, nnd dann kommt sein Nachbar an die Reihe. „Religion? Beruf?" fragt der Sergeant so nebenbei. „Evangeli scher Bürstenmachergesclle," stotterte der Kleine ängstlich. „Gewogen und zu leicht besunden," ruft der Sergeant in der Erinnerung au eine Bibelstelle. „Mein Gott." sagt der Bürstenmacher, dem eine Zentnerlast vom Herzen fällt, „da haben die Kerls da unten mich mit der „lenkbaren Luftfchiff-Eompagnie" wohl nur gefoppt?" Lars tritt irr das anstoßende Zimmer vor die Eommiision. Der Arzt mustert ihn wohlgefällig. „Sehr gut," sagt er, „aber es ist Ihnen zu rathen, erst eine Schwenin gerkur durchzumachen. Wie viel Glas Bier trinken Sie denn eigentlich pro Tag?" „Na," meint Lars ver schämt, „so viere ungefähr." „Vier? Aber wie groß sind denn die Gläser?" „Bon einem halben Liter bis zum Maß." „Jnsanterie! Die Schweningerkur können Sie sich übri gens ersparen, die wird auf dem Erer cierplatz besorgt werden." Einige Mi nuten später kommt der „evangelische Bürstenmachergesclle" freudestrahlend aus dem Zimmer. „Denken Sie mal an," sagt er zn Lars, „ich bin untaug lich. ganz und gar untauglich! Welch' ein Glück!" —O r i gin el l e Rec l a ine. Da» Stodtthcater in P. kündigt folgendes an: Hentc Abend wird das weltbe rühmte Trauerspiel „Othello" gigeben. Das darin vorkommende vielgenannte Taschentuch der Desdemona, um das sich die ganze Handlung eigentlich auf baut, ist aus dem Weißwaarenbazar des Herrn Moritz Tulpenthal hier bezogen. Die Direction. Aus der guten alten Militärzeit. General: Weshalb ' tritt denn die Wache nicht in s Gewehr, wenn ich vorbeikomme, he? Korpo ral: Ja sah n Se, hären Se, inei kuh deste Exleiiz! Es is Sie blos, weil der Bosten nich R—r—r—raus geschrie'n hat. 'S Luderchen kann's R nich ausschbrechen! Resolut. Gigerl: Wenn ich auch früher leichtsinnig gewesen bin, mit Ihnen, Fräulein Ida, meine ich es ernstlich! Ich weiß, Sie haben ein gu tes Herz. O, Sie mich für immer darin wohnen! Ida: Für immer, ja aber nicht zur Miethe! Verschnappt. Herr (zur Maske beim Maskenball): Bist Du eine Freundin von guter Küche, schön« Maske? Dieustinagd: Freilich, sonst schimpft ja der Herr! Die Eitelkeit ist der Panzer der Dummen.