2 Fräulein a«» der Provinz. Als eineraffinirteHochstaplerinzeigt« olen und bei einer Körpervisitation »cr Angeklagten wurde das Geld auch gefunden. Im Gefängnisse legt« di« Angeklagte sich einen falschen Namen bei und beging dadurch eine intellektuelle Urkundensülschung. Der Gerichtshof oerurtheilte sie zu neun Monaten Ge sängniß »nd zwei Wochen Hast; die letztere Strafe sowie ein Monat Gefäng niß wurdcii auf di« Untersuchungshaft abgerechnet. Veffentlich« Rechner in Tunis. Di« alten griechischen Mathematiker and praktischen Techniker benutzten an Stelle der theuren Wachstafeln häufig :ine glatte Lage feinen Sandes, in icn sie ihre geometrischen Figuren and die Zahlen ihrer arithmetischen Rechnungen mit einem Stift einzeichne ten. Vergleiche Archimedcs. Noch heute aber so schreibt man ans Tunis wird dieses höchst einfache Hilfsmittel in vielen von der europäischen Kultur noch nicht zn sehr beleckten Städte« de» Orients von den öffentlichen Rechnern gebraucht. Diese betnrbanten Herren hocken oder sitzen mit nach orientalischer Art gekreuzten Beinen an den Straßen ecken aus der Erde, besonders in dem „Suck" (oder Bazar), das heißt dem kausmänii'schcn Viertel der Stadt, wo insolge des ununterbrochenen Kaufs oder Verkaufs alltäglich eine Menge Rechenaufgaben zu lösen sind. Sie huben ein etwa einen halben Quadratmeter großes »ud mit einem zwei Zentimeter hohen Rand versehenes Brett, welches mit glattgestrichenem, feinstem Saude gefüllt ist, vor sich auf der Erde liegen, oder wenn sich an ih rem Standorte ein genügend großer, zlatter Stein befindet, benutzen sie ein ach diesen als Untergrund für ihre Saudlage. Könne» nun in den be nachbarten Läden zwei miteinander handelnde nicht eiliig werden, so be geben sie sich zu einem solchen Rechen künstler. ivelchcr gegen geringes Entgelt lnit einem langen, vorn ganz sein zu gespitzten Stäbchen die gewünschte Rech nung in dem «sande aussührt. Die heutige» Orientalen sind iu ihrer Ge sammtheit — trotz der berühmten arabi schen Astronomen »nd Mathematiker des Mittelalters im Kopfrechnen nicht sehr leistungsfähig, sodaß diejenigen öffentlichen Rechenmeister, die ihre Kunst gut verstehen, d. h. die schnell rechnen löniien, einen nicht unbeträchtlichen Ta aesverdicnst haben. In der Regel ha ben diese Straßengelehrten einen kleinen Aiingen an ihrer Seite, welchen! das Amt zusällt, die glatte Sandlage vor Zerstörung durch die Füße der Vorüber gehenden zu behüten. Wo dieser Bei stand sehlt. wehrt ein solcher moderner' ilrchimedes selber mit seinem Stäbchen »ie Fußgänger ab. M l le. Paulina, eine ge. dorcne Holländerin, soll das kleinste weibliche Wesen der Welt sein. Sie mißt 18 Zoll und wiegt 7 Psund, ist von hübschem Aeußern, sehr gebildet »nd spricht vier Sprachen. Der goldene Mittelweg, stets eingehalten, führt zur Eharakter losigkeit. (Chinesische Feinschinek» lcr, bei denen Ratten-, Mäuse- und Hmidcbratcn. die für die Menge große Delikatessen sind, nur als bürgerliche Hausmannskost gelte», verehren als desoiideres Lieblingsgericht das Milhi. voraus es besteht'? Aus nicht« Gerin gerem. als ans eben geborenen, noch dlinden Mäusen. Diese werden jedem Kaste lebendig vorgesetzt. Man taucht dieselben in ein Gefäß mit Honig und schluckt dann die Thiere langsam her unter. Als vor wenigen Jahren de, jetzige Kaiser seine Hochzeit seierte, hatte mau zu den Festmahlen nicht weniger ! »ls 50,000 junge Mäuse gefangen. ! Sie putzt sich. „Nein, liebes Kind, die Sache schlag' Dir aus dem Kopf! Daraus wird nichts!" Fritz Krause bemühte sich sei ner Frau eine möglichst strenge Miene zu zeigen, aber sie ließ sich nicht so leicht abschrecken. Sie wußte ja, welche Macht sie über ihren Gatten besaß, wenn sie ihn recht schön bat, uud daß er ihr dann so leicht nichts abschlug. Sie trat an ihn heran und umschlang ihn mit einem Arm. „Lieber Fritz, liebes Fritzchen! Bitte, bitte, laß» mich doch auf den Masken ball gehen!" „Aber wir haben ja schon zwei Mas kenbälle in diesen, Winter mitgemacht", wehrte cr ab. „Nur noch dieses cine Mal, das letzt« Mal, licbcr Fritz, bitte, bitte!" Er schüttelte mit dem Kopf. „Grad« in dcr nächsten Woche geht es nicht. Du weißt, dann sind wir bei der In ventur uud da kannst Du nicht vo» mir verlangen, daß ich mir das bischen Nachtruhe —" Sie ließ ihn gar nicht ausreden. Ihre Wange schmeichlcrisch an die sein« schmiegend, sagte sie: „Wenn Tu selbst keine Lust hast, dann erlaube wenigstens, daß ich mich Jnspcetor Schmidts anschließe. Di« nehmen mich gern unter ihren Schutz und Du kannst ganz unbesorgt zu Haus« bleiben." Er kraute sich mit der Rechten verle gen im Haar herum. „Aber die Ko sten, die Kosten." stöhnte er verdrießlich. „Erst in der vorigen Woche hast Dn »inen neuen Hut gebraucht und im vo rigen Monat ein neues Kleid. Du wirst uns mit Deiner Putzsucht noch au den Bettelstab bringen." Sie richtete sich blitzschnell auf und trat von ihm hinweg. Heute kam sie mit ihrer gewöhnlichen Taktik nicht zum Ziele, das merkte sie schon. Heute mußte sie einmal stärkere Mittel anwen den. „Wie kleinlieh—wie schäbig," hob si« an, und zog ihr Taschentuch aus dem Klild. „wie schäbig, daß Du mir jede« lumpigen Hut, jede Kleinigkeit, die Du mir kaufst, vorwirfst." Sie ließ sich in einen von dem feini gen möglichst weit entfernten Stuhl sollen uud rieb mit dem Taschentuch an ihren Augen herum, während sie schluch zenden Tones fortfuhr: „Ich bin recht unglücklich ich ich arm« Frau!" Fritz Krause sprang ärgerlich auf. Thränen! Das hatte ihm gerade noch gefehlt. Er konnte überhaupt niemand weinen sehen, am allerwenigsten seine Frau. Sollte er wieder nachgeben? Aber durste er sich immer und immer wieder schwach «nd willenlos zeige»? m Unschlüssig ging er vor ihr auf und ob. „Wenn Du Deine Frau wie eine Vo gelscheuche kleiden willst," jammerte si« weiter, „wenn Du willst, daß sie immer und ewig zu Hause sitzt und Trübsal bläst, dann dann hättest Du ein« alte Schachtel heirathen sollen, aber nicht mich, die ich jung bin und und hübsch." Das letzte Wort kam etwas leiser heran« als die vorher gehenden und die Sprechende neigte eine Sekunde lang ihr Köpfchen gleichsam beschämt. Aber dann richtete sie sich mit einer Gebärde voll Selbstgefühl anf, trocknete di« Thränen, die sie ihren Augen erpreßt hatte, und trat vor den Spiegel, schein bar. um eine losgegangene Haarflechte fcstzusteckkn, in Wirklichkeit aber, um ihn »ud sich von der Wahrheit ihrer letzten Behauptung augenfällig zu über zeugen. Sie hob die beiden, in den eng anliegenden Aermeln plastisch hervor tretenden Arme znm Haupte empor, bog tkn Oberleib etwas nach hinten zurück und betrachtete sich, an den Haaren nestelnd, wohlgesällig im Spiegel. Ja, sie war hübsch! Das m»ßte ihr der Neid lassen. Aus schlankem, über doch vollem, schneeweißem Halse, den der Ausschnitt des Kleides bis zur Wur zel freiließ thronte ein zierliches Köpf chen mit regelmäßigen Zügen. Ihre Figur zeigte jene reizvolle Fülle der Forme», zn der junge Frauen in kin derloser, sorgloser Ehe leicht zu gelan ge» pflegen. Wie sie so dastand, hoch emporgcreckt. leicht hinübergeneigt. wäh rend der moderne Schnitt des anschlie ßend«,: Kleides die Eontnren des jn gendlich elastischen, graziös sich bewe genden Körpers schars abzeichnete, hatte sie etwas BersührerischeS. Nun drehte sie sich zu ihrem Gatten herum, streckte iu slchcuder Gebärde die Arme gegen ihn aus, lächelte ihn mit de» in feuchtem Glänze schimmernde» Augen an uud flüsterte ihm in ihren sanstestcn Bittlautcn zu: „Gelt, Fritz chcn, ich darf nicht?" Und er. der mit leuchtenden Augen an ihren Reizen hing, dessen Herz hoch anstlopste vor Stolz und Entzücken, in dessen strahlendem Gesicht jede Miene sagte: „sie-—sie ist mein!" erzog sie an seine Brust und nickte Gewäh rung. „Kann ich Dir denn etwas abschla gen, Du süße», theures, heißgeliebtes Weib?!" DiescZ wirksame Mittel, dem Frau Lilly krause den Besuch des Masken balls verdankte, wurde in der Folgezeit von der listigen jungen Frau so oft an gewandt, daß schließlich der gutherzige, leicht überrumpelte HcrrKrausc die Ab sicht merkte uud verstimmt wurde. Die alte List, ihre Schönheit gegen den Sparsainkeitssiiin ihres Gatten auszu spielen, glückte nicht mehr und die leichtsinnige junge Frau mußte auf an dere Mittel und Wege sinnen, um der zu iner förmlichen Leidenschaft bei ihr einwickelten Plipsucht zu fröhneii. Dieser Hang, die Reize ihres Körpers durch Toilettenküiiste in ein möglichst vortheilhaftes Licht zu stellen, schien dem schönen Geschöpf sörmlich angebo ren. Schon als ganz kleines Kind war sie, so viel sie nur konnte, daraus aus gewesen, sich zu putzen nnd zu schmücken. Um ein Stückchen Band, um eine Schleife konnte sie stundenlang betteln und glückstrahlend, glühend vor Eiser und Freude, trat sie vor den großen Spiegel in dcr guten Stube, mcnn sie das Erbettelte endlich triumphireud iu den Händen hielt. Ost stand sie stundenlang auf einem vor den Spiegel gerückten Stuhl nnd drehte sich und wendete sich, nm ihr Spiegelbild von allen Seite» bewun dern zu können. Dabe"i zergrübelte si« sich das kleine Köpfchen und stellte allerlei Versuche an, wie sie sich schöner machen könne. Einmal hatte ihr dün ken wollen, daß cine möglichst krebS rothe Gesichtssarbe der Inbegriff aller Schönheit sei «nd sie hatte, da ihr ein anderes Mittel nicht zu Gebote stand, mit den Fingern sich so lange in Wan gen nnd Ohren gekniffen, ohne der Schmerzen zn achten, bis das schönst« Zinnoberroth erzielt war. Einige Zeit daraus hatte ihr Geschmack sich in das Gegentheil geändert und sie batte sich ebenso gründlich ihr ganzes Gesicht pri mitiv mit ordinärer Kreide weiß ge schminkt. Ein andermal redete sie sich ein, daß zu einem vollkommen schönen Teint cine möglichst settglänzendc Haut ge höre, sowie sic cs an dcm Dienstmädchcn ihrer Eltern wahrnahm, die des Sonn tags ihrem Haar so reichliche Ouanti täten Haaröl zuzusühreu liebte,daß ihr« Stirn noch die ganze Woche hindurch sörmlich von Fett troff. Und die klein« eitle Evatochter erwischte heimlich ein Fläschchen Provenecr - Oel und salbt« sich damit Stirn, Wangcn und Ohren, bis das ganze Gesicht wie »ine Speck schwarte glänzte. Mit den Jahren wuchs natürlich die ser Hang sich zu putzen bei dem jungen Mädchen uud ihm mußten sich alle an deren Eigenschaften und Rücksichten un terordnen. Schön zu sein und alle ihre Freundinnen und Altersgenossen durch den Glanz ihrer äußeren Erscheinung zu überstrahle», das war die Tricbseder aller ihrer Gedanken und Bestrebungen, das Ziel ihres brennenden Ehrgeizes. Kein süßeres Glück, keine höhere Wonne für sie, als wenn sie sich, erschien sie einmal in besonders prächtigem Kostüm im Ballsaal. hundert neidvolle Mäd- auf sie richteten, wenn sie wahrnahm, wie Jene vor geheime», Aerger, den sic unter einem süß-sauren Lächcln zu verbergen trachten, schier bersten wollten. Ter Süßigkeit dieser Empfindung kam nichts anders gleich und der Neid und die Wuth der andern jungen Mädchen erregten ihr ein zehn mal stärkeres Entzücken, als schmeichle rische Complimente der sie umdrän genden Tänzer. Diesem berauschenden Genuß zu Lieb« überwand Lilly sogar die ihr angebo rene Scheu vor jeglicher ernsten und andauernden Beschäftigung. Das Kin dergeld, das ihr Bater, ein Beamte, ohne Privatvcrmögen, ihr geben konnte, genügte ihrcn Ansprüchen bci Weitem nicht. Und so saß sie oft, besonders wenn ein Ball oder irgend eine andere Festlichk.it, zu dcr sie geladen, in Aus sicht stand, ganze Nächte lang auf und stickte und häkelte für Geschäfte, um so die Mittel zur Befriedigung ihrer Putz sucht zu gewinnen. Als ihr Vater gestorben war, ycira thete sie einen ihrer wenigen Verehrer, die eS eben ernst mit ihrcn Huldigungen meinten, den Buchhalter Fritz Krause. Doch war cs keineswegs Liebe oder auch nur ei» Gefühl der Sympathie, das sic antrieb, dcs Buchhalters Antrag anzu nehmen. sondern sie heirathete ihn, weil ihr nichts anderes übrig blieb, wcil ihr die Mutter monatelang gepredigt hatte, daß es jetzt die höchste Zeit für sie sei, sich nach einer Versorgung um zu'ehen. Auf Fritz Krause war ihre Wahl ge fallen, weil erstens das Gehalt, das er bezog, ein höheres war, als das feine, beiden Rivalen, und weil er zweitens, wie sic schlan hcraussand, eincu saustcu, nachgiebigen Sinn besaß. Doch nun—nun endlich schien sogar der gutmüthige Fritz Krause am Ende seiner Nachgiebigkeit angekommen zu sein. Denn eines Tages zeigte er sich zu ihrer ebenso großen Verwunderung wie Entrüstung vollkommen unerbitt lich, als sie ihn wieder einmal znm An kam eines eleganten Jackets verleiten wollte, das in einer Auslage ihr Be gehren geweckt hatte. Fritz Krause hatte cingeschen, daß seine Willfährig keit, weit cntfcrnt, sic zur Vcrnunst und Einsicht zn bringen, ihre Ansorde rungcn an sein.',, Geldbeutel nur noch steigerten! jcdcr Wunsch, den sic durch ihn erfüllt sah, reizte sic ncncn Bit ten und ihre Ansprüche wuchsen schließ lich in'S Maßlose. Hier konnte nnr strengt und unerschütterlich? Stand hastigkeit etwas ausrichten und wollte er nicht das Glück ihrer Ehe, ja, seine ganze Zukunft ans's Spiel setzen, so mußte er sich endlich, so schwer cs ihn, auch fiel, energisch gegen Lillys Putz sucht zur Wehre setze». Am Ouartalserste» zahlte cr seiner Fran einen bestimmten, seinen, Ein kommen entsprechenden Betrag ans, indem er ihr zugleich ankündigte, datz er sich unter leinen Umständen zu einer Extrazahlnng verstehen würde. Fran Lilly lachte in sich hinein, zeigte cine gerührte Miene nnd gelobte Sparsamkeit und Enlhaltsanikcit. Noch au dciiijelbcn Tag aber nntcrnahin sic ciiicn Rundgang durch die Modcladen. Es war ein ordentliches Fest sür sic. Soviel Geld aus cininal Halle sie lange nicht beisammen gehabt und die Herr lichkeiten in d.'i, Auslagesciistcrn lench teten und lockten so versührerisch. daß eS ganz unmöglich war, zu wider stehen. Als Frau Lrlly zwci Stunden späte, nach Hause kam, hatte sie auch nicht eine» Pscmiig mehr in ihrer Tasche. Aber das machte ihr wenig Skrupel. Das Geld war ja dazu da, daß man es ausgab und sic hatt» ja nichts Unnützes gekauft. Alles das brauchte sie ganz nothwendig, de« neuen Eapothut so wohl, wie den neuen Shawl »nd das neue Spitzen-Fich». Dazu tröstete sie sich mit der Hoffnung, daß ihr es auch in Zukunft gelingen würde, wie bisher, ihren Gatten, allen seinen Vorsätzen und Androhungen zum Trotz, ihren Wünschen geneigt zu machen. Aber als sie kurze Zeit daraus sich überzeugen mußte, daß weder ihr Bitten noch ihre Thränen, ebensowenig wie ihr Schmei cheln und Schönthnn diesmal bei iym nicht verfingen, da gerieth sie ganz anßer sich vor Aergerniß und Enttäu schung. „Du Du bist ein Barbar, ein ein herzloser Tyrann!" ries sie ihm zornsuvkelnd zu und gar nicht daraus achtend, daß die Wuth ihre Gesichtszüge verzerrte uud ihnen einen wenig schönen AnSdriick verlieh. „Aber das sage ich Dir, das das Kleid muß ich haben unter allen Umständen muß ich es haben!" Und sie hielt Wort, sie lauste das Kleid. Die Zahlung leistete sie in mo natlichen Raten, das Geld knauserte sie zum Theil von ihrem Wirthschaftsgelbe ab, zum Theil brachte sie es durch kleine Anleihen ans, die sie bei Nachbarinnen und Bekannten anlegte. Von alledem hatte Fritz Krause keine Ahnung. Er schmeichelte sich vielmehr mit dem be ruhigenden Gedanken, daß Lilly endlich in sich gegangen. Da, eines Tages, gingen ihm die Augen auf. Er hatte sich eben zur Mittagsruhe auf das Sopha gelegt, als ihn das Ge kreisch einer srcmden weiblichen Stimme auf dcin Eorridore unsanft empor schreckte. „Nein, länger warte ich nicht", hört« er eine nicht gerade angenehm klingend Wcibcrstimmc zornig herausstoßeii. „Noch heute muß ich mein Gelo haben. Hinhalten und immer hinhalten! Den ken Sie, ich habe mein Geld gesun den?" „Aber »in Gotteswillen, so schreien Sie doch nicht so lauk!" flüstert« Frau Lilly in ängstlich zitterndem Ton. .Wenn mein Mann Sie hört —!" „Er so» nur mir recht! Von Ih nen krieg' ich mein Geld ja doch nicht. Am beste» ist's, ich wende mich gleich direkt an Ihren Mann". Ein paar krästig aussetzende Tritte, dann ein unterdrückter Ausschrci aus Lilly's Munde, die der ungestümen Mahnerin entgegen zu trete» schien, ein Hin »nd Her von Schritten, dazwischen ein paar zornige Ausrufe wurden laut die Streitenden waren offenbar iu ein Handgemenge gerathen. Fritz Krause hielt es an der Zeit ein zugreifen. Er sprang aus und eilte zur Thür. Im Korridor stand neben feiner Frau, die heftig erschrak und schuldbe wußt den Kops vor seinen forschenden Blicken senkte, ein ordinär aussehendes Weib mit hochrothem, erhitztem Gesicht und boshaft funkelnden Augen. „Was wünschen Sie?" fragte Fritz Krause kurz uud bestimmt. „Ich?" Die Frau blickte ihm dreist in's Gesicht, „Na. was werde ich'n vollen? Mein Geld will ich. Zwanzig Mark. Seit zwei Monaten schon ist's mir Ihre Frau schuldig". „Kommen Sie!" sagte er, ohne ein weiteres Wort zn verlieren. Er führte die Fremde in sein Zim mer, händigte ihr den Vertrag aus uud ließ sich eine Onittnng geben. Lilly stand daneben und blickte überrascht aus ihren Mau», der eine so ruhige, glcich müthige Miene zeigte, als ob ihn die Sach' nich » anginge. Als die Frau hinausgegangen war, sprang er heftig auf und ichritt erregt im Zjmnicr auf und ab. Seine frühere Gelassenheit war mit einem Male verschwunden. Lilly näherte sich ihm mit bittendem Blick uud gcsaltcten Händen. „Nicht böse sein!" lispelte sie mit ihrem verführerischsten Blick. Ich will's auch ganz gewiß nicht wieder thun. Siehst Du, ich—" Er unterbrach sie mit einer raschen Handbcwcgnng, und wehrte sie, als sie ihn schmeichlerisch uuisasjcu wollte, von sich ad. Dann setzte er sich, legte ein Blatt Papier vor sich hin und ergriff den Bleistift. „Die anderen Schulden?" fragte er kurz. Sie starrte ih» erschreckt an. „Ich?— Aber ich ich habe keine keine Schnlden weiter." Ihr Stammeln, .hre verlegene Miene verriethe» sie je doch zu deutlich uud nach einigem Drän gen bequemte sie sich, noch zwei weucre Namen und Beträge anzugeben mit der ausdrückliche» nnd feierlichen Versiche rung. daß sie weitere Schulde» ganz , ewiß und wahrhaftig nicht babe. " Drei Tage später wiederholte sich je doch die Scene vom Eorridor und es stellte sich in dc» nächsten Tagen hcr axs, dag Lilly ihrem Batten noch eine ganze Anzahl anderer kleiner Darlehen, deren Zahlung lang» sallig war, ver schwiegen hatte. lins dabei hatte Friß Krause nicht einmal den Trost, daß die eindringliche Mahnung, die er an Lilly gerichtet, die Berusung an ihr Gewissen, ihre Liebe nnd ihr Pflichtgefühl, die sie mit reichlichen Thräncnergüssen midmi iähligen Senszer» und Gelöbnissen be gleitet, auch nur den geringsten Ersolg zeigten. Denn es zeigte sich sehr bald, daß Frau Lilly, wo sie nur irgend konnte, mit ungcschwächten Krasten weiterborgte. Friß Krause faßte einen heroischen Entschluß. Er sah ein, daß er auf eine Besserung seiner Fran kaum rechnen durste und daß er sie, wollte er sich von ibr nicht ganz und gar ruiuiren lassen, gewaltsam vom weitem Schnldenmachen zurückhalten müsse. Er liev daher fol gendes Inserat in die Zeitung einrücken: „Ich warne jedermann meiner Fran Lilly irgend etwas auf meinen Namen zn borgen, da ich für nichts aufkomme. Friß Krause, Buchhalter.? Tos wirkte. Frau Lilly hörte auf. Schulden zu machen, weil ihr Niemand mehr etwas leihen wollte. Zum ersten Mal in ihrer Ehe sah sie sich in die Nothwendigkeit versetzt, mit dem. wag ihr Gatte sür ihren Putz sreiwillig her gab. sich einzurichten. Für diese Be ichränkuiig und sür die Beschämung die für sie in dieser öffentlichen Erllä rung ihres Gatte» lag. rächte sie sich diirch ein mürrisches, verdrießliches We sen, das Fritz Krause schwer, aber mil Geduld ertrug. Verlangte es ihn ein mal, von seiner Frau ein srcuiidliche- Gesicht zu sehen, ein liebevolles Worl zu hören, so gab es nur ein Mittel: e, mußte irgend ein Gescheit, sei es eine» neuen Fächer oder irgend ein schönt Toilettenstück sür sie mit nach Haus« bringen. Ein freudiges Familiencreigniß, daz um jene Zeit eintrat, brachte die beide» Eheleute wieder einander näher. Frau Lilly beschenkte ihren Gatten mit eine», Töchterchen. Fritz Krauses Glück war groß. El konnte sich nicht gcnng thun in Auf merksamkeiten sür Mutter »nd Kind. Um den erhöhten Anfordcrniigen genü gen zu können, welche der Familienzu wachs au seine Börse stellte und in erhöhtem Maße stellen würde, ver tpnschte Fritz Krnnjc seinen Buchhalter- Posten mit der Stellung eines Reisen den, die wesentlich einträglicher war. Zwar war es ihm, besonders in der er sten Zeit, schmerzlich, sich auf Wocher und Monate vo» feiner Frau, die e> jetzt mehr lieble, als je, trennen zu müssen, aber cr gewöhnte sich daran, weit es doch nicht anders ging. Um diese Zeit war es, daß Lilly einei Tages ein Modenmagazin besuchte, un sich Stoff zu einem neuen Kleide, da§ ,ie diesmal in der That nothwendig ge brauchte, zu kausen. Der Inhaber des Geschäfts bedient« sie selbst eS war nm die Mittags stunde und die meisten dcr junger Leute waren abwesend. Nnr ein paa, Lehrlinge hockte» schläsrig in einem de, äußersten Winkel dcs großen Ladens Der Kansmann hatte Lilly verschieden, prächtige Stoffe vorgelegt, die die ltb h«steste Bewunderung dcr Putzsüchten jungen Frau crrcgtcu und cr stapclt« immcr „och ucue Stoffballen vor ih> auf, den einen immer kostbarer als dcr auderen. Frau Lilly ging das Herz auf. Jhi Gesicht strahlte, mit zitternden Fing-rr tastete sie an den Stoffen herum, mi: leuchtenden Augen prüfte sie das fein« Gewebe und sie tonnte sich nicht sat! sehen an all dein Herrlichen uud Schö nen. Besonders war es ein schwere, Moiree-antiguc-Stofs, der ihr ein enthu siastisches Entzücken abnöthigte und zu dem ihre Auge» »nd Sinne, so viel andere Stoffproben auch ihre Aufmerk samkeit immer von Neuem ablenkten, immer wieder zurückkehrten. Aber ach, als nun der Kaufmann auf ihr Befragen den Preis nannte, dc ließ sie muthloS de» Kopf hänge». Ui» das Zweisache überstieg der ang'gebcn, Preis den Betrag, über den sie zu, Zeit versügeu konnte. Was thun'! Ein tiefer Seufzer rang sich aus de, beklommenen Brust empor. Es bliet ihr nichts übrig, als bedauernd zu ent sagen uud sich iür einen billigeren Stoss zu entscheiden. „Ich würde Ihnen zu diesem Moiree antique rathen," nahm der Kaufmann das Wort, „es ist für diesen Preis da« Beste, was wir haben." „Der Preis ist mir zu hoch," erklärte sie kleinlallt. „Zu hoch? Aber ich bitte, der Preis ist eher zu niedrig angesetzt." Sie erröthete leicht. „Ich meine, e, er übersteigt meine augenblickliche,' Mittel." „Das würde kein Hinderniß sein/ versetzte der Kaufmann geichineidig, ohne sich einen Augenblick zu besinnen, „ich kreditire Ihnen gern." Sie erhob erstaunt den Blick zu ihm. Hatte er denn nicht die öffentliche War nung ihres Gatten gelesen? Ein kur zer, heftiger Kampf entspann sich iu ihrer Seele. Durste sie das Anerbie ten annehmen? Sie würde ja doch sc bald nicht in der Lage sein, der über nommcnen Verpflichtung nachzukom men. Dazu kam, daß die Persönlich keit des GeschäslsitthaberS ihr unsym pathisch war. Sie hatte schon oft bei ilim gekauft und jedesmal war ihr der eigenthümlich lauernde, stechende Blick, mit dem er sie siiirte, unangenehm aus gefallen. Auch jetzt erregten ihr sein« Blicke, die dreist über ihre ganze Gestalt hinglitt.», ein fast pyysiichcs U»>" '>agen. „Ich b?daurc," entgegnete sie stockend, sich mir schwer von dem Verlangen los reißend. den Stoss, der es ihr ang.» than, in ihren Besch zu bringen, „ich bedaure, deuu ich würde anch in dci nächsten Zeit wohl nicht im Staut» sein —" Der Kansmaun unterbrach sie. In süßlichem, einschmeichelndem Ton« sagte er: „O. ich würde nicht drangen, schöne lch kreditirc Ihnen aus ein Jahr, aus solange Sie wünschen." Sie blickte freudig überrascht aus. „Aber ich mein Mann —" stam melte sie schwankend. Der Moiree autique - Stoss glänzte und lockte. ES war schwer, säst unmöglich, zu widerstehen. „Ihr Herr Gemahl!" antwortete de, Kausmanu mit einem listigen Lächeln. Er braucht es ja nicht zu erfahren, wenn Sie es nicht wünschen. Sie lei sten die Zahlung ganz nach Ihrem Be- Sie that einen tiefen Athemzug. „Gut!" sagte sie hastig. ent.chlosjeV »Ich nehme den Stoss." Wie entgegenkommend doch diese Ge> schästsleute waren, nur nm etwas von ihrer Waare IoS zu werden. Am Nachmittag erschien der Bote des GeschästS. um den Stoss abzuliefern. Mit ihm sprach, zur große» Ueberra schung Lilly s, der Ehef selbst vor. um ihr. wie er ihr in seiner höflichen, zu vorkommenden Weise erklärte, ein paar soeben erst eingetroffen: Probe i von Neuhklten in Schlafrock-Stoffen vor' zulegen. Es war einige Jahre später. Fritz Krause war den größten Theil dcs Jah res ans Reisen. Mit seiner Fran lebt« er in bester Harmonie. Es schien, als ob sie endlich ihren Fehler ganz und gar überwunden hatte. Wenigstens er eignete es sich nie mehr, daß sie über ih, knappes Kleidcrgeld klagte, oder mil Bitten in ihn drang, ihr Dics ode. Jenes, das ihre Putzsucht erregt hatte, zu kausen. Fritz Krause würde sich als glücklicher Mensch gesühlt haben, wenn ihn, nicht sein Gesundheitszustand, der nnter dc» Strapazen seines Beruses er heblich gelitten hatte, schwere Sorger gemacht hätte. Eines Tages, auf der Tour, würd« er Plötzlich von einen, so hestigen Un wohlsein ergriffen, daß es ihm nnmög lich war, die gewohnten Kiindcnbcsuchi zu machen. Eine lebhafte Schnsnchl nach seinem Heim, nach Fran »nd Kinl kam über ihn und kurz entschlossen setzt« er sich in die Eisenbahn und dampft, dcr Hcimath zn. Ein paar Tage Ruh, und liebevolle Pflege thaten ihm Noti und würden -ihm gewiß wieder schnell aus die Beine bringen. Es war schon gegen zehn Uhr, als di« Droschke vor seinem Hanse hielt. E, blickte zn dcr in der dritten Etage gele> genen Wohnung hinauf. Alles Duulel! Lilly schon zu Bett? Freilich, sie tonnte ja nicht wissen, das er kam und was sollte sie mit dcm Kind, so spät allein aufsitzen? Leise öffnete er oben die Eorridor thüre nnd behutsam trat er in da« Schlafzimmer. Leises Weinen tönt ihm entgegen. „Was hast Tu, Lieschen? War,,« weinst Tu?" fragte er. die Stimim seines Töchterchens erkennend. „Papa, licbcr Papa!" erklang de. Kleinen jubelnde Stimme. Uiiddan», im Klageton: „Ich habe mich so sehi gefürchtet. Immer fürchte ich mich, wem Mama fortgeht und mich im Finster, allein läßt." „Mama ist fort?" fragte Fritz Kraus, erstaunt, ein Zündholz anreibend mit die auf dem Tisch stehende Lampe an steckend. „Ja! So oft bin ich allein und wem ich dann aufwache, daun fürchte ich miä so sehr!" „So oft!" Fritz Krause rief es er bleichend aus und ein Zittern durchlief feinen ganzen Körper. Er ließ sict schwer auf ciucu Stuhl neben dem Bet! des Kindes nieder, das nun, beruhigt, sehr bald wieder in den ruhige«, fester Schlaf der Jugend verfiel. Fritz Krause aber befand sich in eine, ficbcrhasten Erregung. Sein ruhelose, Heist suchte «ach den verschiedensten Möglichkeiten. Lilly's Abwesenheit zu erklären. Vielleicht hatte auch da- Kiud übertrieben. Vielleicht hatte si< sich nur aus eine kurze Spanne Zeil entfernt, um irgend eine bekannte Fa milie in der Nachbarschaft zu besuchen. Aber es verging Viertelstunde auf Vier telstunde und Lilly kam nicht. Da be gann endlich in dem Hirn des unglück liche» Mannes die Ahnung von etwas Ungeheuerlichem zn dämmern. Mil zitternden Fingern wühlte er in der Schubfächern der Kommode, ob sich „ich! irgend etwas sände, das ihre abend lichen Ausgänge zu erklären geeignet sei. Endlich siel ihm ein halb zerknitter tes Stück Papier in die Hände, aus dem von srcmder. ihm unbekannter Män nerhandschrist geschrieben stand: „Habe zwei Billets zum Opernhaus. Nach der Borstellung soupiren wir bu Dressel." „Bei Dressel!" stöhnte der Lesende halb bewußtlos auf den nächsten Stuhl sinkend. Ein furchtbarer Schmerz krampste sein Herz zusammen, die un geheure seelische Erschütterung, die ih» durchsuhr, trieb ihm den Schweiß ans die Stirn. Bei Dressel! Keiner von seinen Bekannten verkehrte i» diesem eleganten, theuren Wein-Restaurant, noch hatte je einer von ihnen dort ver kehrt. Eine Weile saß Friß Krause wie be täubt. Dann raffte er sich auf und wankte, in alle Schränke nnd Ecken spähend, durch die drei Zimmer der Wohnung. In der kleinen, neben der Küche liegende» Kammer, in die er nie seinen Fuß zu setzen pflegle, machte er eine Entdeckung, die ihn iin erste» Mo ment wie zu Stein erstarren ließ. Wohl ein Dutzend sehr eleganter, mo derner Damen-Toiletten hingen dort, sorgsam »nter dichten Tüchern versteckt. Kein einziges dieser kostbare» Kleider erinnerte sich Friß Krause je aus Lillys Körper gesehen zu haben. Trug sie dieselben nur in seiner Abwesenheit? Und wo hatte sie das Geld her. diesen LuruS zn bestreiten? Hatte sie das Al les ans Borg angeschafft? Unmöglich. Der Fran eines cinsachen GcschaftSrei scnden würde Niemand einen solchen Eredit gewähren.... Es war schon Mitternacht vorüber, als Lilly endlich heimkam. Sie stieß einen lauten Schrei ans. als sie die Thüre öffnete und den Gatten mitten im Zimmer erblickte. „Wo kommst Du her?" fragte er si«, während eine hektische Röthe aus seine» Wange» flammte. „Ich? Inspektor Schmidts—" Er unterbrach sie heftig. „Lügnc rin!" rief er ihr drohend zu, so das? sie augenblicklich verstummte und schnldbc wußt die Augen vor seinen zornsprühcn den Blicken senkte. Dann ergriss er sie rauh am Arm und sührle sie in die Kammer und deutete stumm auf die Robe», welche die eine Seitenwand fast bedeckten. Und dann, in das Zimmer inrückkchrend. warf er ihr den Brief vor die Füße, angesichts dessen sie ihr Leugnen aufgab. Nun aber, ihm trotzig die Stirn bietend, begann sie mit einem Male die Rollen zu tauschen und sich aus der Schuldbeladenen in eine Anklägerin umzuwandeln. Wa- cum habe er sie so knapp gehalten'? Warn», »ie elw.is sür ihr Vergnügen, s sür ihre Zerstreuung gethan? Sie sci nun einmal nicht geschaffen, still zu Hause zu sitzen und Strümpsc zii stricken. Seine Pflicht wäre es gewesen, seine Frau das Leben schön und angenehm zu gestalten uud er selbst sei der Erste gewesen, der sich der Erfüllung seiner Wicht entzogen habe. Fritz Krause starrte sie an, als sei si? kine übernatürliche Erscheinung, die ihm Grausen und Entsetzen einflößte. Sein Gesicht färbte sich duntelroth. seine Au gen quollen aus ihren Höhlen hervor plötzlich stürzte er mit einem unna türlichen Schrei zu Boden. Fritz Krause erholte sich von dem Schlaganfall, den ihm die plötzliche, ungeheure Erregung zugezogen, nicht wieder. Sei« Zustand war ein lang sames Sterbe». Frau Lilly saß an seinem Bette, im schönen, geschmackvol len Schlafrock. Was in ihrer Seele vorging, verrieth das gleichmüthig drcinblickendc Gesicht nicht. Auf (Ge wissensbisse deuteten weder ihre Mienen noch ihre Handlnngen. Wen» die Stunde kam, in der sie den Arzt crmar tete, trat sie vor den Spiegel, strich das Haar zurecht und unterzog ihre Toilette einer eingehenden Musterung. Als ihr Gatte die Augen für immer geschlossen hatte, lag ihr eine solch? Fülle von Besorgungen ob, daß sie gar nicht recht zur Besinnung kam. Di? Anschaffung eines eleganten Traner costüms nahm eine« große» Theil ihrer Zeit in Anspruch. Als alles dazu Ge hörige bis aus dc» lang herabwallenden Witiwenschlcicr ihr übrrbracht worden, schlüpslc sie voll Eiser in das dunkle Gewand. Roch nie hatte sie sich in Traiicrklcidung gesehen. Als ihr Va ler starb, war sie ja noch ein junges Ding gewesen. Voll Neugierde trat sie vor den Spie gel uud ei« „Ah!" der Bewunderung entschlüpfte ihrem Munde. Das hätte sie nicht gedacht! Wie entzückend das dunkle Gewand zu den zarten Farben ihres Teints, zu dem helle» Blond ihres starken Haares stand ! Und der Schleier, den sie von rechts nach links um den Hals drapirke und über die linke Schulter zurückwarf, wie interes sant der ««achte, wie anziehend er die schwache, hilflose, trvstbedürstige Wittwe markirte! Frau Lilly drehte sich nach rechts und drehte sich nach links und wurde nicht satt, sich voll Bewunderung und Entzücken von allen «eiten zu be trachten. Und lange-lange dachte sie über die wichtige Frage nach, ob das 'eierliche, vornehme Schwarz sie nicht besser kleide, als alle jene leuchtenden, buntfarbigen Kostüme, die ihr vor ihrer Wittwen-Zeit als Folie ihrer Schönheit gedient.... Ballade. Der Ritter Dagobert von Stein Möcht' nennen gern ein Mägdlein sein. Doch Ritter Kurt von Hohenthurm Erobert sich ihr Herz im Sturm der Kerl! Da greift der Ritter Dagobert Gar grimmig nach dem Ahnenschwert. ssannst Dn nicht werden meine Braut, Wirst Tu auch ihm nicht angctraut dem Kerl!" Lr sprengt durch Nacht und Grau':, dahin. Er sucht den Buhlen, er sucht ihn, Der ihm geraubt sein holdes Glück, u Dcr sie berückt mit seinem Blick de» Kerl! Zlls er am Wirthshaus stob vorb.i, Da sah er driuuen sitzen Drei: Den Ritter und sein Liebchen sein. Doch auch die Schwiegermutter sein von dem Kerl! Doch kaum thut die sein Blick er schaun. Erfaßt ihn übermenschlich' Grau'n> ?r sprengt zurück iu wilder Jagd: „Die Strase sei Dir zugedacht Du armer Kerl!" -Dcr Bekannte An schützt schc Schncllsehcr hat durch die Bemü hungen des Franzosen Dcnicny. nach .La Nature". eine neue Verwendung gefunden. Bislier wurde er Hauptsache .ich dazu verwendet, die Täuschung her vorzurufen. als sähe man z. B. ein zalop'.n'.cndcs Pscrd sich übe-r cine sorlb 'wegc», uud dies wurde da durch crsiclt. daß ma» photographifche Momeiilausiiahmc» dcr einzelne» Be wegungen d.s Pferdes beim Galoppi ,cu dem Beschauer in rascher Folge zmführte. Demcny hat nun das Ver fahre» auf die Lippen- und Znngci:- !>ewegu!ige» eines Menschen beim Spre izen angewendet: cr Photograph,,-t also icdc einzelne Bewegung »ach einander tind führt die Ausnahmen mit Hilse )es Schncllschers dem Zuschauer derart »or. daß dieser ciucu vor iich zu" haben glaubt. Demeuy hat ins das Exempel eine glänzende Probe zeliesert. Er stellte vor den Apparat kine» Taubstummen, der ohne Zögern >ie Muiidbeiveguilgen in die gewöhn iiche Sprache übertrug, was daher rührt, daß die Taubstuinmcn bekannt lich im Abfchcn eine große Ucbung l» itzcn. —Zu gewissenhaft. „Sie. Johann, ich kann durchaus nicht Kul ten, daß Sie fortwährend bctruukcn iind. Bedeuten Sie. wie viel Geld Sic zaben könnte», wenn Sie sich alle Trinkgelder zurücklegen wurden!" ,Da bin ich ein viel zu gewisseuhaster Mensch. Für was ich das Geld kueg', »azu verweud' ich s auch!" Auch ein Kunstfreund. , Ich schwärme riesig sür'S Thea >tr!" „So, das hab' ich gar nicht ge rußt!" „Ja weil meine Alte so »ft hineingeht!"