Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, May 06, 1892, Page 7, Image 7

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    Deutsche LotalnachrichttN»
Provinz Brandenburg.
Dcr Geheime Commercienrath Wille
hat vcr Stadt Guben ein Kapital von
30,000 Mk. geschenkt, dessen Zinsen
zehn Jahre lang aufgespart und dann
zur Erweiterung des städtischen Sie
chenhauses, dessen Begründer cr auch ist,
vcrwcndct werden. Am Gymnasium
zu Guben hat dieser Tage ein erdlinde
ter Schüler, Walter Schwerdtfeger ans
Eitcnbiirg. dic Abituricntcnprüfung be
standen. t In Landsberg a. W. der
Stadtrath Hoehne. s In Neu-Rup
pi» der Stadtrath Wienstruck. Ter
Zimmermann Borchardt in Ncn-Rup
pin, der fcine Frau, welche gcgcn feinenl
Willen in einem Eircus Stellung an
genommen hatte, durch mehrere Revol
verfchnffe verwundete, wurdc zu 4 Jah
ren 11 Monaten Gefängniß verurtheilt.
Das vom Bildhauer Manthe mo
dellirte Kaiser Friedrich-Denkmal für
Spandau, welches in Bronzeguß aus
geführt und am 18. October d. I. ent
hüllt werden soll, stellt den Monarchen
in Kürassiruniform dar. Dic Statue
wird über acht Fuß hoch werden und
aus ein Postament von Granit gestellt,
dessen Seiten Reliefs tragen. —Wegen
Unredlichkeiten in dcr Mcnagcvcrwal
tiliig sind bei dcm 3. Gardc-Grcnadicr-
Rcgiment Königin Elisabeth ein Feld
webel und zwei Untcrosficicre in Unter
fuchungsärrest gcnomme» worden.
Provinz O st Preußen.
Wegen uubcfugter Beförderung von
Auswanderern wurde der Kaufmann
Wellenberg in Gollnb verhaftet.
Ter wcgcn vicler Wechfclsälschungen
flüchtig gcwordcne Kaufmann Fritz
Hagen aus Jnstcrburg, über dessen
Vermögen der (>oncnrS eröffnet wurde,
ist im Häsen von Ncw?)ork verhaftet
worden. Ein von dem Gastwirth
Kretzer in Bubbine» schon vor 0 Jah
ren angestrengter Proceß gegen den
preußische» Fislas wege» Schad
koshaltuug sür die durch Rcguliruug
des Pregels und Beseitigung des Müh
lenstnues ihm verlorene Fischcrcigcrech
tigkeit ist jctzt vom Oberlandesge
richt dahin entschieden worden, daß der
Fiskus an den Kläger 30,000 Mark
nebst 5 Procent Zinsen für «> Jahre zu
zahlen hat. 112 In Margrabovna Ho
telbesitzer Julius Schauffler; in Me
inet der pensionirte Kantor Edel.
Ter unlängst verstorbene Superinten
dent Harbrucker ln Meinet hat der Kir
chengemeinde cin Legat von 0000 Mark
vermacht mit dcr Bestimmung, daß die
Zinsen dcssclbcn zur Unterstützung von
vier Töchter» hilfsbedürftiger Lehrer
dcr Stadt Verwendung finden sollen.
Provinz West Preußen.
112 Der Gutsbesitzer Honigmann zn
Griebenan. Ter Bühnenmeister A.
Ncumnnn aus Goldfeld bei Bronibcrg,
dcr vor wcnigcn Monatcn in Gr. Ncu
guch eiuc Bcfitzung gekauft hatte, wurde
mit seiner Frau im Bette todt vorge
funden; Leide waren dcr Kohlengasver
gistung crlcgcn. Die einzige noch kleine
Tochter starb einen Tag später.
's Der älteste Mann in Löbaner Kreise,
der Fischer WirSniewski aus Tyllitzten
im Alter von 104 Jahren. Der
Oberlehrer an dcr Landwirthschafts
schnlc, Tr. Wimmcr in Maricnbnrg,
glitt auf dcm Schnthosc aus uud zog
jich dabei schwere innere Verletzungen
zu, denen cr crlcge» ist. Erschossen
hat sich dcr Besitzer E. in Stadtfelde.
Da- Gehöft des Gutsbesitzers Nickel in
Gr. Weide ist mit sämmtlichem lebenden
und todten Inventarium ein Raub dcr
Flammen geworden.
P o m m e r n.
s Ans sci»ei.i Gute Groß - Wachlin
bei Stargard Gcrichtsaffcssor a. T.
Müt>lcnbecki Postdirector a. T. Hcnff
in Pyritz; in Stolp Prof. Hcrman»
Schütz, dcr frühere Tirector des Gym
nasiums; in Swiucmünde der Rector
dcr Volksschule, Nicolaus. Hinsicht
lich des Eiscnbahnbaues Kallies - Wul
kow ist die Linie festgestellt. Nach Lage
dcr Sachc dürftc der Beginn des Baues
nunmehr in diesem Jahre zu erwarten
sein. Tie Auswanderung im Kreise
Stargard scheint auch im Frühjahr eiuc
nicht unbcdcutcnde werden zu wollen,
denn seit vergangenem Monat sind bis
jctzt nach amtlichcn Ermittclnngcn be
reits 80 aiiSwanderNde Personen ange
meldet worden. Wage» Unterschla
gung ihm anvertrauter Gelder wurde
der JlispcctordesEcntralgefängnisjes in
Stargard in Haft genommen. Ueber
das Verllwgen des Kaufmanns Otto in
Swincmünde ist das Eoncursverfahre»
eröffnet worden. Kaufmann Herm.
Rewald ui Wangcrin ist in Eoucurs
gerathen.
Provin? Sch k cswi g-Hoil
st e > li.
Bei der EMcurseröffnurig über das
Vermögen des Häuferspekulantcn Aug.
Fuchs in Altona, welcher kch in dee:
städtischen Badeanstalt erhäugte, hat
sich herausgestellt, das Fuchs Wechsel
säljchuiigcii im Betrage von 200,000
Mark verübt Hot. Daselbst Bnd dic
Händler Siegfried Lindemomi »iid
Hermann Hirschfeld bei dcr Vcrausga
bung falscher Markstücke angehalten und
verhaftet worden. Außerdem worden
die Brsut Hirschfeld! uud mehrere an
dere Personen als Mitglieder einer weit
verzweigten Falschmüozcrbandc dingtest
gemacht, Bci einer Tllrchsuchuiig der
Hirschseld'schcn Wohvuug wurden
ftmiutlichc zur Falschmünzerei gebrauch
ten Werkzeuge und Geräthschaste» vor
gesuudcn. Dic von ihecin Maiine
gctreiint Icbende Ehcfrau Eggerstedt,
geb. Böttger in Altona, aus Harke--
heide, welche sich und ihre beiden Kin
der, einen achtjährigen Sohn nnd eine
einjährige Tochter, nicht zu ernährcn
vermochte, war mit ihre» Kinder» in
dcn Tarpcnbeck-Bach gcsprnngcn, »in
ihrem Lebcn ein Endc zu inachcn. Sic
selbst wurde bewußtlos aus dcm Wasser
gczogen nnd wieder ins jiirilll.
gebracht, während die Kinder ertranken.
Wegen der Tödtnng ihrer Kinder hat
das Schwurgericht jetzt die unglückliche
Mutter zu 0 Jahrcn Zuchthaus vcrur
thcilt. Die Geschworenen, dcr Staats
anwalt und die Mitglieder des Ge
richtshofes werden jedoch ein Gnaden
gesuch an den Kaiser richten. 112 In
Elnishorn der emeritirte Lehrer
Schmidt.
Provinz Schlesien.
Tie Firma Theodor Roeder in Gö»
litz, welche durch die Veruntreuungen
des Prokuristen Oswald Schulz, der
sich bei seiner Verhaftung in Wien er
schossen hat, so schwer geschüdigt wurde,
hat trotz der größte» Anstrengungen,
dcn Zusnmmcnbruch zu vermeiden,
schließlich doch dcn Konkurs anmcldcn
müssen, da imnicrsort neue Forderungen
auftauchten, die in Folge der falschen
Buchführung des Prokuristen Schulz
vorher nicht hatten in Rechnung gezogen
werden können. —Tas geplante Kaiser
Friedrich Museum in Görlitz hat für
die darin unterzubringende Bilder
sammlung eine werthvolle Bereiche
rung erfahren. Die kürzlich verstorbene
Frau Geh. Justizrath Marie von
Üechtritz hat eine größere Anzahl von
Gemälden, Kartonzeichnungen etc. zur
Ueberweisung an das Museum be
stimmt, darmtter einige von den ersten
Meistern dcr Düsseldorfer Malerfchiile.
Provinz Posen.
Der Stativnsassistent Mulke in Kol
mar, in dessen Kasse und Büchern zahl
reiche Unregelmäßigkeiten entdeckt wur
den, suchte sich durch zwei Schüsse aus
einem Revolver zu todten. Den
Eontrollcnr des polnischen Porschußver
eins, Hauptlchrer Michael Konicezny
in Kostrzyn, vcrurtheilte die Posener
Strafkammer wegen Untreue zu 0 Mo
naten Gefängniß. s Forstmeister
Kleinhaus aus der Oberförsterei Stron
nau. Dic große Drehbrücke bei Wi
mislawo ist jetzt fertiggestellt und dem
Verkehr übergeben worden. Die Brücke
ist eines der schönsten Bauwerke des
Kreises. Zum Bau wurden nur ge
diegene Mineralien, meist Eisen und
Ecmcnt, verwendet. Der frühere
Postgehilfe Bruno Kirscht von Mcseritz
hatte sich vor dem Schwurgericht wegen
Unterschlagung im Amte und Urkun
denfälschung zu verantworten. Kirscht
hatte u. a. einen Geldbrief mit 5280
Mark Inhalt unterschlagen und ihn
falsch eingetragen, worauf ei»nnch Ber
lin entfloh. Tort wurde er festgenom
men. Er wurde zu 14 Jahren Zucht
haus und 3 Jahren Ehrverlust verur
theilt. In «childbech soll am I.
Mai eine Kreiskasse eröffnet werden.
Zum Rcntmeister ist der Kreissekretär
Sanstleben in Obornik ernannt.
Provinz Sachse»«.
Der verstorbene Rentier Johann
Albert Schmidt in Halle vermachte dcr
Stadt hunderttausend Mark, und zwar
die Hülste zu Wohlthätigkeitszwecken,
dic andcrc Hälstc des Fonds zur Errich
tung eines städtischen Kunstmuseums.
t Ter außcrordtntliche Professor für
innere Medicin Dr. Bernhard Küßner
in Halle. Dcr Fürbercibcsitzer Wilh.
Hennig in Mülhausen brach beim
Billardspicl in dcr Loge plötzlich vom
Schlage getroffen zusammen uud starb
auf dcr Stelle. Das AufsichtSrathS
mitglied des Bankvereins in Naum
burg, Rentier Riedel, hat sich erschossen.
Der verstorbene Großindustrielle Geh.
'vmmerzienrath Schreiber in Nordhau
sen hat dcr Stadt die Summe von
50,000 Ml, ausgesetzt mit dcr Bestim
mnng, daß von dcn Zinscn dicscs Ea
pitals vcrarmte Bürger dcr Stadt un
terstützt werden. Rittmeister Zimmer
von der 3. Schwadron dcr Seqdlitz-
Kürassire in Quedlinburg stürzte auf
dcm Hcimwcge von einer Spazierfahrt,
als dic Pferde scheuten und durchgin
gen, so unglücklich aus dcm Wagen,
daß er cincn Schädelbruch erlitt und
nach kurzer Zeit starb. s Der Leh
rer Zander, langjähriger erster Vor
sitzender des Pestalozzi - Vereins der
Provinz Sachsen, in Quedlinburg.
Tie mechanische Weberei Oskar Kennen
in Schlensingen hat den Eoncurs ange
meldet. Die Passivmasse beträgt ca.
eine halbe Million, welcher eine Aktiv
masjc von kanin IM,OOO Mark entge
gensteht. Der Vorschußverein in Hild
durghausen soll mit mehr als 70,000
Mk. betheiligt sein. Der Besitzer O.
Kennen wurde verhaftet. —Der Bier
brauereibesitzer W. Fichtel in Rinder
mannshos ist ebenfalls in Konkurs ge
rathen und verhastet worden. Frau
Fichtel hat zahlreiche Wechsel gefälscht,
deren Betrag die Summe von 20,006
Mk. erheblich übersteigt, hat sich je
doch ilfler Verhaftung durch die Flucht
entzogen. Zwei Gymnasiasten in
Suhl hatten kürzlich die Monumen
jungfrau ans dcm Morktbrunnen mit
Theer bestrichen. Die Väter der ju
gendlichen Uebelthäter wurden zu 500
Mk. Buße verurtheilt urid hatten au
ßerdem für Reinigung der Jungfrau
noch 100 Ml. z» zahle». Das
Reichsgericht z» Leipzig hat das Ur
theil gegen den Bürgermeister Horn in
Torgan. welcher am 27. Ortober v. I.
wegen Untreue zu sechs Wochen Ge
fängniß verurtheilt worden war, auf
gehoben und zur erneuten Berhand
luug an das Landgericht in Halle ver
wiese».
Provinz Westfalen.
s In Münster: Ter ordentliche Pro
,essor dcr Naturwissenschaften an unse
rer Akademie, Geh. Medicinalrath Tr.
Anton Karsch; SanitätSrath Tr. Jos.
Runip. Tcr Aktuar Eordcs von
Bielefeld hat sich nach Nen-Gninea ein
geschifft, wo ihm eine Stelle als Eom
missariats-Secrelär nnd Standesbeam
ter übertragen ist. Herr Eordes bezieht
neben cininnligein Znschusse von 4000
Mark für Eqnipirung und Reise ein
jährliches Gehalt von 0000 Mark.
112 Tr. Bitter, Operateur am katholi
schen Krankenhause in Bochnm. Tie
Strasknmmcr in Bochum verurkheilte
den ehemaligen Vorsitzenden des berg
männischen Rechtsschutzvereins Hoh
mann wegen schweren Einbruchsdieb
stahls zu 9 Monaten Gefängniß.
Dcr 80jährige Rentner Relinghaus von
Bochum wurdc auf der Wietener Land
straße Abends von zwei Strolchen über
fallen und seiner Baarschast und Klei
der beraubt. Hilflos ließen die Räuber
dcn Greis liegen, dcr am andcrcn Mor
gen erstarrt aufgefunden wurde.
Rheinpr o v i u z.
Der Bergmann Jakob Pritz in Dud
weiler beschenkte seine Gattin mit Vier
lingen, sämmtlich Mädchen, von denen
eins gestorben ist. Die übrigen drei
wurden unter großer Theilnahme der
Gemeinde in der katholischen Kirche ge
tauft; 12 Paare standen bci dcm Tauf
akt als Gevattcrslcutc. s In Düren
der Großindustrielle nnd Stadtverord
nete Alexander Schüller. In einer
Papierfabrik in Düren fand eine
Kessel - Explosion statt. Ein Mann
blieb todt und zwei wurden schwer ver
wundet. s In Düsseldorf Geh. Re
gierungSrath von Fischer-Treuenfeld.
Dcr Mördcr Klonisch in Düsseldorf
wurde wegen Ermordung dcr Fräulein
Maria Holtz aus Dülken zur Todes
strafe und fünf Jahren vier Monatcn
Zuchthaus vcrurthcilt. 112 In Elber
feld der Schriftsteller Prof. Ad. Bren
necke. Im Hotel Außen in Köln
machten der Kaufmann Robert Schnei
der von Elberfeld und die Kellnerin
Franciska Hägermaun aus Ddrtinund
durch Vergiften ihrem Leben ein Endc.
s In M.-Gladbach Rcntncr Herm.
Jos. Baurs. Hcrr Fr. Falkenroth
in Haspe hat aus Anlaß seiner golde
nen Hochzeit 10,000 M. zum Besten
skrophulüser Kinder gestiftet. 112 In
Hückeswagen Pastor Giesen. Tcr
Förster Ka»smann von Ncuhanswurde
dnrch de» Malstatt-Burbacher Straßen
bahnwagen überfahren und getödtct.—
112 I» Fcchiiigc» plötzlich auf dcr Kanzel
der tiiljührigc evangelische Pfarrer Au
ler aus Bischmisheim. Mit den Wor
ten: „Mir wird so übel" sank dcr Geist
liche mitten in dcr Predigt zusammen
und war eine Leiche.
Königreich Sachsen.
Unter dem Verdacht, die 25jährige
Selma Loos in Niederschmiedeberg ver
giftet zu haben, ist der Schachtmeistcr
Rothe aus Böhmen zur Haft gebracht
worden.—Hufbeschlagmeister Zöpel in
Aur rettete cin 2jährigcs Mädchen des
Tischlers Mehlhor» vor dem Erlrinken.
Der Genannte hat bereits in 10 Fällen
Menschenleben gerettet.—Der Redacteur
des in Ehemnitz erscheinenden social
demokratischen „Beobachter", der ehe
malige Leipziger Student Victor May
aus Marburg, ist wcgcn Absassung und
Veröffentlichung von Artikeln, in denen
Staatseinrichtnngen verächtlich gemacht
werden, vom hiesigen Landgericht zu 1
Jahr 10 Monaten Gefängniß verur
theilt worden. —s In Ehemnitz dcr vor
mals als Professor an der Bergakademie
wirkende Bergrath F. W. Fritzsche.
Als dcr 83 Jahre alte frühere Zwirne
reibesitzer Gottlob Liebig in Geyer da
mit beschäftigt war, sich Abends im
Ofen Feuer zu machen, gcriethen seine
Kleider in Brand und ehe dic Nachbarn
zu Hilse eilten, hatte dcr uuglücklichc
Greis so schwere Brandwunden erlitten,
daß er nach kurzer Zeit starb. Tr
verstorbene Bürgermeister Martini un
dessen Gattin haben dcr Stadt Glan
chan folgende Vermächtnisse ansgesetztc
1000 M. für dic'Kinderbcwahranstalt,
1000 M. für das Waifcnhans, 500 M,
für die Herberge zur Heiniath und
15,000 M. zur Errichtung einer Stif
tung für verschämte Arme.—Ten Ban
kier Müller von Glauchau hat das
Schwurgericht in Zwickau wegen Anstif
tung zum Meineid zu 8 Jahren Zucht
haus verurtheilt.
Thüringische Staaten.
s In Ruhla der Bürgermeister a. T.
Bischoff und dessen Gattin. Der
Pfarrer Rnge in Tüngeda war unter
der Anklage verhaftet worden, die
Dienstmagd Bischof zum Meineid ver
leitet zu haben. Von dem Schwurge
richt in Meiningcn ist nnn Pfarrer
Rüge zu 3 Jahren Zuchthaus. 3jähri
gein Ehrverlust und danernder Un
fähigkeit, als Zeuge oder Sachverstän
diger eidlich vernommen zu werden, vcr
urthcilt. Die Bischof wurde mit 9
Monaten Gefängniß bestraft. Die
Spielwaarcngcfchästk in WalterShanfen.
welche seither sehr flau gingen, haben
neues Leben erhalten, indem aus Ame
rika dic langvermißten Einkäufer ein
getroffen sind und größere Bestellungen
gemacht haben. Das Gespenst der
Sorge tritt, wie aus dcn Walddörfern
des Mciningcr Oberlandcs geschrieben
wird, minier schärfer in den Vordergrund.
Zu dem Mangel an Kartoffeln, dem
Hauptnahrungsmittel dcr Waldbewoh
oer, gesellt sich auch noch bei dem flauen
Geschäftsgang ein fchmaler Verdienst,
der es dem Versorger einer großen Fa
milie unmöglich macht, die Seinen vor
Roth und Entbehrung zu schützen.
i Au den Folgen einer Verwundung,
die er vor mehr als zwei Jahrzehnten
im deutsch-sranzösischen Kriege erhalten
hatte, in Meiniiigen dcr Tünchermeister
Wittenberg. Die Inhaber dcr Bank
firma Pbil. Rcckiiagel Eo., die Kaus
leiltc Philipi?' Recknagel und Paul
Wohlfahrt in Eisfeld, die mit 800,000
M. Fehlbetrag in Eoncnrs gerathen
waren, sind von der Strafkammer in
Meiningcn z» je Jahren Gefaiiginß
verurtheilt worden. t Der Rentier
Nikolaus Oppel aus Friedrichshall,
weithin bekannt als Eigcnthümer der
FricdrichShallcr Bitterwasser, in Co
burg.
Königreich Bayern,
t In Eichstädt der Privatier Kolland
und die 82 bezw. 68 Jahre alten
Schwestern Kreszenz nnd Magdalena
Klein. Durch Verschlucken künstlicher
Zahne ist in Friedberg eine Frau trotz
ärztlicher Bemühung erstickt. s In
Kulmbach Bczirtshaiiptlehrcr Karl
Herrmaun. Der Gastwirth Kößingxr
>ou Nordholz machte seinem Lebcn ein
n-.de, indcm cr in seinem Gastlokale
iuderthalb Liter Kirschwasser in eini
gen Minuten in drci Schluck austrank.
Er brach bewußtlos zusammen und
verschied kurz darnach. —ln Leuters
hausen treten Werber für die Secte der
Mormone» in Amerika auf. ES ist ih
nen anch schon gelungen, in dcn nnilie
gcndcn Landgemeinden mehrere An
hänger zu gewinnen.—ln Mechlen
reilth siud 11 Firste abgebrannt. Die
meisten Inwohner verloren ihre Habe.
85 Firmen in Nürnberg erklärten
ihre Theilnahme an der geplante»
Nürnberg-Fürther KollcktivaiisstcUling
in Ehicago. Tie Koste» sind mit 00,000
Mark veranschlagt. Die Tochter des
in Burggrub erschlagenen Bauern
Friedlein hat eingestanden, daß ihr
Ehemann dcr Mörder ihres Baters sei.
Zum achtcu sräukischcn Sängcr
bundfcst, das vom 10. bis 18. Juli in
Schweinfurth abgehalten wird, haben
sich bis jetzt 97 Vereine mit 2000 Sä
ngern angemeldet. Man hofft auf 3000
Sänger. t In Vilshofen der Be
zirksarzt a. D. Dr. Johann Jakob
Seuberth. —Die Familie des in Wei
den wegen bedc»tc»der Unterschlagun
gen zu scchs Jahrcn Gefängniß vcrur
tbeilten Etadtfchrcibcrs Waltcr, fciue
Fra», Tochter und Schwiegermutter,
ist aus der Unterfuchungshafi entlassen
worden.
Königreich Württemberg.
In Heutensbach sind zwei Brüder.
Bäcker uud Krämer Aug. Fellmcth und
Schreiner Gottlieb Fellmeth, als des
Raubmords an David Häußer dringend
verdächtig verhaftet worden. Bei Äug.
Fellmeth fand man Blutspuren in der
Wohnung und an den Kleidern. Dic
Mörder hatten nach vollbrachter That
das Bcsitzthum des Ermordeten in
Brand stcckcn wollen. Ein Händler
in Matzeilbach wurde mit drei Mädchen
aus einmal beschenkt. In Uuterdeuf
stettcn und Umgegend herrscht die Diph
theritis im hohen Grade; in einer Fa
milie starben innerhalb drei Tagen 8
Kinder. Dcr Gcmcinderath hat nun
selbst scincn Beschluß betr. Verände
rung des Namens Degerloch in ~Wilh
elmshöhe" wieder zurückgenommen.—
Das Molkereiwesen im Oberamt Ell
wange» breitet sich immer mehr ans.
Bereits sind in 2 Gemeinden Eentrisu
genmolkereien eingerichtet worden.
112 In Gmünd Stadtpfarrer Pfitzer. —
In glänzender Weise wurde in Lud
wigsburg das Jubiläum des 75jähr.
Bestehens des 2. württembergischcn
Feld-Artillerie Regiments No. 29 ge
feiert. König Wilhelm nahm an der
Feier Theil. —Dic Wetterführung der
Filderbahn dürfte in Bälde vor sich ge
hen. Zunächst soll die Verbindung
zwischen Möhringen und Vaihingen
hergestellt werden. Der Wirthschasts
pächter Welker, welcher in dcn nächsten
Tagen das Waldhorn in Rottweil
pachtweise hätte übernehme» solle», hat
sich erschösse». Er hatte schon einige
Wirthschaften im Badifchen in Pacht,
aber nie Glück dabei: anch litt er unter
ehelichen Zwistigkeiten. Uhrenfabri
kant St. jr. von Schwenningen wurde
in Villingen wegen Wechsetsälschung
verhaftet. —112 In Steinheim der Schul
theis a. D. Siaub und die Tochter des
selben, verwittwete Frau OberamtSrich
ter Blezinger, welche bei ihrem Vater
wohnte. In die Nähe des Kaiser-
Wilhelinsthurnies in Tübingen wird
ein hundert Zentner schwerer Granit
block toinmen, in welchen das Relief
bild des Fürsten Bismarck eingelassen
wird.
A u s d e r R h e i n p s a l z.
Ter von dcr Strafkammer in Fran
lenthal zu cin Monat Gefängniß ver
urtheiltc ledige Ackerer Busch aus Dirm
stein ist nach Amerika durchgebrannt.
Ter von Freinsheim durchgebrannte
nnd in Havre wieder festgenommene
Notariatsgehilfe Nössel stammt von
Dirmstein. Tie unterschlagene Summe
betrügt 40,000 Mk. Hostel huldigte
noblen Passionen, welche ihn, da sein
Gehalt nicht ausreichte, zum Verbrecher
machten. In Großkarl dach erschoß
sich der Gutsbesitzer Valentin Webel.—
Der srühcrc Spcditcur Bcckcr von Kai
serslautern ist plötzlich in's Ausland
verreist. Zur Bestreitung dcr Reise
kosten hatte er hier vorher etwa 2',00
Mk. für eine Firma in St. Goarshau
sen einkassirt. Von Basel aus hat er
in einem Briese freundliche Grüße
an seine Gläubiger gesandt. Dic
HolzbearbeitungSfabrik von Fasig
Sohn in Ludwigshasen ist nebst an
grenzenden Wohngebäuden vollständig
abgebrannt. Ter Gesamnitschaden be
trägt 400,000 Mk. Ter Land
wirth Georg Gaa in Mutterstadt, dcr
scit einiger Zeit Wittwer ist, hat feinem
Leben durch Erhängen ein Ende ge
macht. Bei dem amerikaiiischc» Kon
sulat haben sich bezüglich des in Amcrika
verstorbenen Valentin Schäfer aus der
Rlskmpfalz nicht weniger als 43 Erb
berechtigte angemeldet. —f In Quirn
bach Bürgermeister Adolf Munzinger.
Elsaß-Lothringen.
Trotz des ausgedehnten Rebbaues hat
oer Kuustwein im Ober-Elsaß vielfach
Eingang gesunden. In letzter Zeit sind
in (Colmar zwei Kuustweinsabriten ge
gründet worden. Der Tachdeckermei
ster Heinrich Zivaus Saarbrücken stürzte
vom Gerüst beim Neubau der Train
kaserae in Forbach S Meter hoch herab
und erlitt tödtliche Verletzungen.
Postdirector Burchardt in Hagenau be
ging die Feier seines 50jährige» Dieiist
jubilauins. In den letzten Tagen ist
in Metz wieder eine amtliche Todtenliste
eingetroffen, ivelche 14 französische
Fremdeii-Legioiiäre umsaßt., Von die
sen stammen 2 aus Oberelsaß, 8 aus
Uiitcrelsaß und 4 aus Lothringen. Erst
vor tliiigcn Monaten wurden die Na
men von 21 verstorbenen Frcmden
lcgionüren aus Elsaß-Lothringen ver
ösfcntlicht, so daß die Zahl dieser Opfer
aus dem letzten Halbjahr sich auf 3ü
stellt. In Sengeon fand kürzlich ein
größerer Brand statt. Beim Abräumen
des Schuttes fand man nur noch ver
kohlte Körpertheile dcr unglücklich ver
brannten Jofefine Schaffhausen vor.
Die andere Tochter, welche ebeilfalls
schwere Brandwundep davontrug, ist
inzwischen anch gestorben.
Mecklenburg.
Mecklenburg-Schwerin hat gegenwär
tig 315 Pfarrer mit rund 500 Gottes
häusern. Zum Director des Real-
Progymnasiums in Grabow ist Tr.
Schenk aus Jena gewählt. Tie Er
richtung einer neuen großen Zucker
fabrik in Lllbz wird beabsichtigt. Zu
den in größerem Umfange betei
ligte» Rübenbau - Verpflichtete» gehört
der Fideikommißbesitz Pastow des Hrn.
v. Behr - Negendant. Wegen Mord
verdachts wird der Steward Ernst Rud.
Hinz aus Tanzig von der Staatsan
waltschaft in Rostock steckbrieflich ver
folgt. H. ist verdächtig, dcn Eapitän
E. Rofcnow aus Ribnitz vo» der Brigg
„Gesina" im Juni v. I. im Hafen von
Rio de Janeiro nächtlicher Weile er
schlagen und darauf dic Schiffskasse be
raubt zu haben. 112 In Wismar
Eommercicnrath Behring.
Schweiz.
s Auf Schloß Grolley Hr. Joseph
von Ehollet, langjähriger Präfekt des
Saarnebezirkes, Mitbegründer dcr
Kantonalbank und dcr Hypothekarkasse,
tin Liberal konservativer von der Schule
der Biciipuplicards.—Der jüngst ver
storbene Johann Dorthc in Gillarcils
hat sein bedeutendes Vermögen zu
wohlthätigen Zwecken vermacht. Sein
kürzlich verstorbener Bruder, Ammann
Dorthe, hat sein hinterlassenes Vermö
gen von 22,000 Fr. ebenfalls den Ar
men seiner Gemeinde zukomme» lasse».
—Der Regier» ngsrath in Obwalden
hat sich veranlaßt gesehen, das uralte
Verbot des theuren Spielens wieder in
Erinnerung zu rufen. Als theures
Spielen wird bezeichnet, wenn der
Werth von 0 Gulden (ca. 12 Fr.) ge
wonnen oder verloren wird. Theuer
spieler sollen mit einer Geldstrafe von
wenigsten 12 Gulden und je nach Um
ständen höchstens mit 10 Louisdor,
jene aber, die Platz geben, mit
den belegt werden". Der Gewinn über
6 Gulden ist dcm Verlierenden zu er
statten.—Tas Eentralcomitc des Ju
rassischeu Sängerbundes hat die Fest
setzung des Süngersestes in Neuenstadt
auf den 22. Mai genehmigt. Ange
meldet haben sich bis jetzt 17 Vereine
mit 400 Mitglieder». 112 In Folge
rines Schlaganfalls Jb. Treiithardt
alias Zjörien, Schneidermeister in
Bettelried.—ln Tiemtigen feierten die
Eheleute Peter Kunz und Snsanna
geborene Widmer, Bäcker und Negoci
ant in Tiemtigen ihre goldene Hoch
zeit. —In Belp erschoß sich Amtsschrei
ber und Amtsschaffuer Winzenried.
Der Grund sind sinancielle Verhält
nisse. Während dcr Vornahme der
Inspektion auf dcr Amtsschaffncrci, zu
welcher Winzenried ebenfalls geladen,
aber nicht erschienen war, nahm sich
derselbe das Lebcn. Es sollen mehrere
kleinere Einnahmeposten nicht gebucht
worden sein. 112 Zu Jnterlaken A.
Fr. Dennler, Inhaber des in aller
Welt bekannte» Magenbitter-Geschäf
tes. — f'Zu Hattingen Frau Luise
Widmer - Huber, Wittwe des allen
Schweizersängern bekannten Dichters
Leonhard Widmer. Franz Abt und
Pater Atbrik Zwyssig haben seine
schönsten Lieder komponirt, letzterer dcn
unvergänglichen „Schweizerpsalm".
O e st e r r e i ch.
Dcr Eisenhändler Rudolph Raffah in
Wien brachte dem Polizeikommissariate
zur Anzeige, daß der bei ihm bedienstet
gewesene Koinmis Adolf Weinert nach
Unterschlagung einer Summe von 10,-
000 fl. durchgegangen sei und sich auf
dem Wege nach Amerika befiitden
dürfte. Der Buchhalter bei dcr Ersten
österreichischen Jutespinnerei, Moriz
Morgenstern, in Wien, ist nach Ver
iibung bedeutender Defraudation zum
Schaden des Instituts flüchtig gewor
den. Die unterschlagene Summe be
läuft sich auf 2(1,0(10 fl. Dcr un
glückliche Schneider mit den fünf Nä
geln imKopfe hat einPendant erhalten.
Wie der Polizeibericht meldet, wollte sich
der Musiker Josef Prantz, andauernden
Beschäftigungsmangels wegen erschie
ßen. In der Nacht jagte cr sich au
dem Wilhclminenberge in Ottakring
drei Revolverkugeln in den Kopf, ging,
gefährlich verletzt, bis 6 Uhr Alends
allein herum und meldete sich erst dann
beim Polizcitommissariat in Ottakring.
Man brachte ihn in das Stefaniespital.
Man meldet aus Kob
lenz: Tie Besucher der Theatervorstel
lung von der „Geyer Wally" waren
Zeuge einer aufregenden Scene. Als
gegen Schluß des zweiten Aktes der
Schauspieler Voigt (Darsteller des Jo
sef Hagenbach) mit der Vertreterin dcr
Titelrolle Frl. Baur ringen sollte,
stürzten die Ringenden zu Boden. Frl.
Baur schlug dabei mit dem Kopf meh
rere Male auf die Bretter aus. wobei
ihr zwei Haarnadeln tief in den Hin
terkopf eindrangen. Unter gräßlichen
Schmerzcnsschreien wurde die Schwer
verletzte von der Bühne getragen.
Die Vorstellung mußte abgebrochen wer
den.
Nachein erPetersburger
Meldung wurde am 28. März die ge
heime kriegsgerichtliche Verhandlung
gegen jene vier Gardesoldaten, welche
den deutschen Reisenden (sonradi er
mordet, beraubt und dann die Leiche
im Heuboden ihrer Kaserne versteckt ha
ben, abgeschlossen. Ter eine Soldat
wurde zu lebenslänglicher, die drei an
deren zu je zwanzig Jahren Zwangs
arbeit verurtheilt. Tie Ermordung
ConradiS ist nur eins der von diese»
Soldaten verübten Verbrechen.
Ein hartnäckiges
chenpaar. Aus Geinsheim (Pfalz)
berichtet die „Nene Bürgerzeitiiug".
Die stattliche Kirche mit dcr prächtigen
Fcnstcrroscttc ini Ehorc und dcn drci
Thürnicn, nicht z» vcrgcsscn auch das
Storchennest auf eiiiei» derselbe», das
ist das Wahrzeichen des Dorfes Geins
heim. Diese Wohnstättc des Langbei
nige» sollte Uli» cntsernt werden wegen
des unaussprechlich rcspectwidrigcu Be
nehmens dcr in dcn Lüftcn Throucudcn
gcgcn dic Passanten des Kirchenweges.
Das Ausheben eines Nestes ist gewöhn
lich Bubenarbcit; dicscs Mal abcr cr
fordcrte es die gefahrvolle Tagcsarbeit
muthiger Männer, Schieferdecker, weit
dcr betreffende Thurm, dcr vierzig
Meter hoch ist, nur bis zur hatbc» Höhc
von innen besteigbar ist, während die
andere Hälstc und dic massive Stein
kuppcl durch Leiter» von außen erklet
tert werden muß. Das Storchenpaar
beachtete das Geräusch dcr nähcrrückcn
dcu Männer nicht, und erst als Hand
an das Nest gelegt wurdc, cntfcrntc cs
sich. Tas äußerst gefahrvolle Unter
nehmen hatte eine großcZnschaucrmcnge
herbeigeführt. Zum Schlüsse stellte sich
der Schieferdecker frei aufrcchtstchcnd
auf den Standort dcs Nestes, die
Kreuzblume, und machte damit Man
chem das Herz erbeben. Tcr Mann
hatte aber noch nicht dcn Erdboden be
treten, als beide Störche mit frischem
Baumaterial angeflogen kamen und mit
neuem Muth au dic Arbeit gingen.
Französische Blätter
hatten vor kurzem berichtet, daß man in
Nogeitt snr Marne dic cingemaucrtcn
Lcichen zweier Natioiialgardiste» gesnn
deii habe, und an diese Mittheilung die
Anschuldigung gcknüpst, dic bcidcn Na
tionalgardistcn hätten sich vor dcn
Teutschen i» das geheime Vru»»e»ver
steck geflüchtet und feie» dann von die
sen, die ihnen nicht anders beikommen
konnten, lebendig vergraben worden.
Ter Schwäbische Merkur erhält nun
mehr in dieser Angelegenheit eine Zu
schrift, die Folgendes feststellt: „Eine
solche Beschuldigung verdient eine Zu
rückweisung unsererseits, da es die 2.
Brigade der württembergischen Felddi
vision war, die am Morgen des 30. Ja
nuar 1871 Fort und Dorf Nogeitt be
setzte. Bei dieser Gelegenheit kamen
zum ersten Male deutsche Truppen nach
Nogeitt. Dic Einwohner von Nogent
waren froh, von den „Moblots" befreit
zu sein, die ärger als die Vandalen ge
haust hatten. Mit den ersten Truppen
ritt ich nach Nogent, bekam abcr auch
keinen sranzösischcn Soldaten zu Ge
sicht, wie es überhaupt ganz unwahr
scheinlich ist. daß sich irgendwelche dort
versteckt aufhielten. Daß aber die bci
dcn Nationalgardisten von dcntfchcn
Soldaten „lebendig vergraben" fein
sollen, ist eines jener Märchen, das
höchstens von einem Franzosen geglaubt
wird."
Die Fürsten von Monako
haben zu allen Zeiten gern von sich
reden gemacht; sie waren immer von
dem glühenden Eifcr bcscclt, dcr Welt
ihre Existenz ab und zu in Erinnerung
zu bringen. Daher vertheilen sie mit
Vorliebe unzählige Orden und Titel,
meistens wohl gcgcn Bezahlung, aber
seitdem die Spielhölle ihre Taschen
so mühelos und so reichlich süllt — auch
ohne diese. Noch heutzutage gibt es
Eonsuln des Fürsteiithums Mouako in
vielen Städten Spaniens, Italiens,
Griechenlands und des Orients, in
denen kein einziger Mensch außer dem
betreffenden Würdenträger selbst weiß,
daß es ein solches Fürstenthum gibt;
uud mancher dieser Eonsuln ist über die
Lage des Staates, dessen Beamter cr
ist, auch nicht einmal ganz klar unter
richtet. In den dreißiger Jahren die
ses Jahrhunderts ließ der dama
lige regierende Fürst von Monako
durch seinen Eonsul in Tunis dem Bey
von Tunesien dcn höchsten seiner Orden
überreichen. Der Bey war gesonnen,
diese Höflichkeit auf dieselbe Weise zu
erwiedern und wählte einige Zeit da
rauf einen feiner Minister als Abge
sandten aus, der dem fremden Fürsten
neben anderen Geschenken das Groß
kreuz seines Nischan-Jftichar überbrin
gen sollte. Ein stattliches Schiff wurde
ausgerüstet! dcr Eapitän erkundigte sich
bei dem Consul von Mouako und den
Vertretern anderer europäischer Staa
ten nach dem Wege, dcn cr einzuschla
gen hrbc;denn er hatte »och nie von
Monako gehört. Das Schiff segelte
ab. Es vergingen ein, zwei, drei Mo
nate und es kehrte immer noch nicht zu
rüä'. Man nahm schon an. daß es un
tergegangen sei. Endlich, knrz vor Ab
lauf des vierten Monats traf es in Go
letta, dem Hafen von Tunis, cin. Ter
Minister legte die Geschenke und den
Orden nieder in dic Hände des Bey nnd
erklärte in Gemeinschaft mit dem Eapi
tän: sie hätten an allen Küsten des Mi
ttelmeeres gekreuzt und wären an vielen
Küstcnstädten gelandet, aber cin
Fürstcnthnm Monako hättcn sic nir
gends finden können.
Zur Entführung eines
Mädchens durch einen Neger wird der
Kl. Pr, geladenen: Tic Entführte ist
ein I«; Jahre alles Mädchen aus Frank
furt, das sich vor Kurzem nach Offcn
bach begeben und einen jungen dort
wohnhaft gewesenen vcritablcn Neger
besucht hatte. Nachdem sich Beide ei
nige Tage lang zusammen in Ossen
bach anigchalten, verschwanden sie dann
plötznch, worauf sie aus Antrag der
Angehörigen des Mädchens behördlicher
seits versolgt wurden. Das Pärchen
kam bis nach Basel, wo es verhaftet
Worten ist. lieber das Mädchen wird
wohl von den Angehör gen Verfügung
getroffen werde >, während der Neger
voraussi >)inch nach Teutschland ausge
liefert und in's Gefängniß nach Tarni
stabt verbracht wird. Wie wir erfah
ren, ist die entführte ein bildhübsches
Mädchen Namens Elise Konrad. Ter
Neger, ein Vollblut-Afrikaner und ein
Xl,i> s,l»s »Itr-» von Häßlichkeit, heißt
Samuel Emanuel und ist seines Zei
chens Mustter.
Die Familie Nörgeler.
Ein Lokalroinan für alle
Städte.
Man kommt aber gar nicht meyr auSt
sagte Frau Nörgelei, eine noch ziemlich
junge Großmutter, zu ihrem Gatten/
der sich eine Eigarre mit einer
als fei sie ein Orden, ansteckte. Du hast
mir den Subscriptionsball versprochen,
und wie es so weit war, schütztest Du
Handelsverträge vor, deren Nutzen sich
noch nicht eingestellt hätte.
So ist es auch! sagte Herr Nörgeker
mit der Kürze, welche des Witzes Seele
ist. Und wenn es Dir nicht gefällt, so
kannst Tu ja den Staub von den Pan
toffel» schütteln und gehen.
Meinst Du das im Ernst? fragte
Frau Nörgelcr, nach Hut und Mantel
greifend.
Das Wort Pantoffel ist das ernsteste
in der deutschen Sprache, murmelte der
Hausherr.
Frau Nörgeler ging.
Da stürzte der älteste Sohn in's Zim
mer. Wo ist Mama? rief er und ant
wortete: Fort! Ich habe alles mitange
hört, Du hast sie fortgeschickt.
Sie hat genörgelt, sagte der Bater
streng.
Sie ist unzufrieden, rief der Sohn,
und das nennst Tu nörgeln?
„Ja, und ich will nun einmal keine
Unzufriedenen um mich sehen, warf der
Vater'finster ein.
Nun bin ich gleichfalls unzufrieden,
schrie der Sohn.
Dann mach' auch Du. daß Du fort
kommst, sagte der Unerbittliche.
Das sollst Tu mir nicht zweimal sa
gen, fiel ihm der Sohn in's Wort, und
fort war er.
Tie Tochter kam in'S Zimmer. Was
geht denn hier vor? fragte sie. Der
Bruder lies eben davon, Papa. Wo
hin?
Weiß ich? gab der Bater zurück. Du
könntest wohl lieber Papa sagen statt
einfach Papa. Es kostet ja nicht mehr.
Spielst wohl auch die Unzufriedene?
Spielen? antwortete die Tochter.
Dazu hab' ich gar kein Talent. Ich bin
sehr unzufrieden.
Dann geh' doch! rief der Vater.
Wem es bei mir nicht gefällt, der geh',
ich halte ihn nicht.
Ja, wenn ich was anzuziehen hättet
meinte die Tochter.
Das sagt Ihr immer, wenn Ihr
mich ärgern wollt, gab der immer ner
vöser werdende Vater zurück, ich will
aber die ewige Nörgelei nicht mehr.
Da ist die Thür.
Da war sie allerdings. Die Tochter
Nörgelers ging hinaus, um nicht wie
derzukehren.
Bald darauf trat sein Hausknecht
ein.
Was willst Du? herrschte ihn Herr
Nörgeler an.
Jnädiges Fräulein schickt mir, ick soll
ihr etwas Jeld Holm, sie hat nifcht, un
ohne Jeld kann sie nich
Mischen Sie sich nicht in Dinge, die
Sie nichts augchen! schrie Herr Nörge
ler wüthend.
Nanu, wenn ick jeschickt werde, denn
muß ick doch kommen, meinte der tüch
tige und nicht ungebildete Hausknecht.
Uli denn, unter uns, Herr Nörjeler,
ohne Jeld kann det jnädige Fräulein
nischt anfangen, soviel verstvh' ick ooch
von der Schofe.
Du hast den Mund zu haltc», Karl,
sagte der Prinzipal. Dir scheint hier
auch Manches gcgcn dcn Strich zu ge
hen, bist auch so ein Berhetzer und aIK
sei es eine Qual, hier zu lebe». Da
rathe ich Dir, Dich diesen elenden und
jammervollen Zuständen auf das schleu
nigste
Klinglingling! unterbrach ihn der
Hausknecht prophetisch, jetzt kommt der
sogenannte RauSschmiß. Adje Sie!
Und draußen war er, der treue-
Knecht des Hauses, und während er die
Thür hinter sich zuschlug, hörtt man
hn das Grunewaldcr Nationallicd psei
en.
Dieses aber war kaum in der Ferne
verklungen, als Riete aus der Küche,
in der sie eben mehrere Teller hatte fal
len lassen, in das Zimmer ihres Herrn
stürmte.
WaS wollen Sie in diesem Aufzug?
dounerte Herr Nörgeler.
Ach wat, Aufzug, wir sind hier nicht
in'S Theater. Aber 'nc Komödie is et
doch. Jebeii Sie mir nicincn Kart
wieder, oder ick werde unanjeiiel»»! "
Hinaus! schrie Herr Nörgelcr.
Lange nich, rief Ricke und schwang
die Kohlcnscha.isel, nich ohne meinen
Karl, dcn ick mir mühsam anjeschasst
habe. Oder jlooben Sie, det ick sonst
bei Ihnen jebliebeii wäre' Da kennen
Sie Ricken schlecht. Wat hätte ick den»
vor.Verjnüjen in Ihrem Dienst, wenn
det Bischen Liebe nich wäre?
Hcrr Nörgclcr warf ihr einen Blick
zu, als schc cr sich nach einem Schutz
mann um. Tann sagte er: Wenn es
Ihnen ohne den Hausknecht nicht bei mir
gesällt, dann lausen Sie ihm schleunigst
nach. Ihnen wäre ja dann
und mir thäten Tie cincn großen Ge
fallen damit, verstanden?
Na ob, sagte Rieke und stemmte ihre
Arme in die Taille, natürlich habe ick
den Wink niit'n Laternenpfahl verstan
den nnd natürlich jehe ick. Aber jehen
Sie man flink in die Küche und braten
Sie sich Ihre Leber allecne. uM> denn
wünsche ick Ihm» jescinete Mahlzeit?
Ricke verließ geräuschvoll das HauS,
das dann bald'ganz still geworden' >var.
Herr Nörgclcr war allcin zurückgedlie
bcn. Aus dcr Küche drang der Geruch,
einer verbrannten Leber zn ihm.
Er wollte ausgehen, um im Restau
rant zu speisen, aber leine Stiesel wa
ren nicht gewichst. Mechanisch ries er
einzeln nach Allen, dic gegangenwarem.
Es war zn spat.
Widerspruch. Ein eigen
thümlicher Widerspruch liegt darin. daHz
man oft bei der dümmsten Sache
leichtcstcn ans Ende seiner Weisheit 7