Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, April 29, 1892, Page 3, Image 3

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    Ein lthlrr Brief.
<2. Fortjctzung.)
Wer mich so niit wirren Haaren
hätte die Etusen hinuntereileii, mit zit
ternden Häiidcu die Hausthür aus
schließen uud aus die Straße hinaus
trete» sehe», der hätte mich für eine
Verbrechen» halte» könne». Und das
olles für eine mir fast Fremde, für eine
Frau, die ich zwei Tage vorher nicht
gekannt halte! Ich hätte nie geglaubt,
daß es so schwer sei, einen Brief zu be
sorgen. Aengstlich sah ich mich um.
Die Straße "war leer, die Laternen
Wenige Schritte von unserm Hause
entfernt befand sich der Briefkasten.
Mit fliegenden Schritten eilte ich hin.
Beim Schein der Laterne erkannte ich
die Zahl aus dem Schilde desselben:
eine Sieben. Also um sieben llhr früh
wurde der Inhalt abgeholt. Eine Se
cunde später hörte ich das hohle Geräusch
des in einen leeren Raum fallenden
Briefes. Ich hatte die Adresse flüchtig
gelesen. Sie war in langer englischer
Handschrist geschrieben und lautete:
°Herrn Rittmeister Erich von Schott
witz. Ohlauerstraße 13."
Wir hatten gefrühstückt. Mein
Mann war feinem Berufe nachgegan
gen, ich hatte meine häuslichen Ange
jcgenhcitcn erledigt nnd saß nachdenkend
mit einer Handarbeit am Fenster. WaS
einer Frau nicht alles durch den Kops
jagt, während so die Finger in gleich
giltigcr Emsigkeit Stich an Stich
reihen. Die getauften Handarbeiten
möge» ja schöner und mühloser sein,
«lber es hat doch auch einen Reiz, beim
Beschauen eines selbstgearbcitcten Deck
chciis odcr Kissens sich der unzähligen
hinciiigcstickte» Gedanken zu erinnern.
Was tonnte die schöne, wie es schien,
so unglückliche Frau auf HcincrSdorf
nur vou dem Rittmeister von Schott
witz wollen! Der schien mir doch am
wenigsten geeignet, der Rathgeber und
uneigennützige Freund einer so jungen
Iran zu sein. Ich kannte ihn zwar
nur flüchtig. Wir hatte» nns in Ge
sellschaften getroffen. Ich bätte mich
nie für ihn intcrefsiren können, dazu
war er viel zu schön nnd beliebt, und
ich hatte Vornrtheile gegen „beliebte
schöne Männer", die ihres Sieges über
Frauenherzen stets so sicher sind.
Rittmeister vo» Schottwitz wurde,
obgleich verheiralhet, von sämmtlichen
jungen Franc» und Mädchen 'an ge
schwärmt und entzückend gesunden.
Von hoher eleganler Gestalt, mit ver
ständnißvaUe», klugen blauen Angen,
dniilelblonden, leicht gewelltem Haar,
schönem vollem, etwas Heilerin Schnurr
barts war er cine ritterliche, jugendlich
frische Erscheinung mit breiter, männ
licher Brust, wie sie uiivcrstaudeiie
Frauen mit Anlchnungsbedürsniß so
gern haben. Dazu die kleidsame Uni
form, der Ruf eines schneidigen Offi
ciers nnd muthigen Reilers und eine
steinreiche Frau, aus der er sich nicht
viel zu machen schien, obgleich er sie mit
ausgesuchtester Höflichkeit uud Rücksicht
behandelte.
Sie war eine blonde, große, lang
weilig aber vornehm aussehende Dame,
eine Engländerin. Schullwitz machte
zusagen allen Frauen den Hof. Jede
einzelne konnle sich einbilden, die Be
vorzugte zu sein. Der gesellschaftliche
Klatsch nannte im Winter stets drei oder
vier Damen, die in ihm ernsteres In
teresse erweckt haben sollten. Meinc
neue Freundin Helene Wendland, die
ja auch keine Gesellschaften besuchte, war
nie genannt worden. Und an diesen
Mann hatte sie so geheimnißvoll und
wichtig geschrieben.
Die Bangigkeit, die ich seit dem ge
strigen Abend empfunden, wollte nicht
weichen, auch nicht, als gegen zwei Uhr
mein Mann zu Tisch »ach Hause kam.
Aber auch der schien mir merkwürdig
verstsmmt und ernst.
Hast du irgend einen Aerger gehabt
oder sühlst du dich miwohl? fragte ich
ihn, als wir unsere Mahlzeit beinahe
beendet hatte».
Das nicht, aber ich habe kurz bevor
ich nach Hause ging, eine so traurige
Mittheilung erhalten, daß ich, obgleich
uns die Geschichte nichts angcht, doch
ganz erschüttert davon bin.
Was ist denn geschehen? rief ich er
schreckt.
Soeben haben sie die Leiche des Ritt
meisters von Schottivitz nach Hause ge
bracht.
Ich saß wie gelähmt. Es war mir,
als lege sich eine kalte Hand über mein
Gesicht.
Kind, du bist vor Schreck gauz bleich
geworden! Erhole dich nur! Hast du
ihu denn näher gekannt? Er ist heute
früh wie gewöhnlich ausgeritten. Das
Pferd muß gescheut haben. Aus der
Hciuersdorscr Landstraße erinnerst
du dich noch des Feldsteins, an den un
ser Wagen stieß, als wir gestern zn
Wendlands fuhren an eben demsel
ben der Unglückliche muß auf ihn
gefallen sein haben ihn Arbeiter,
denen der reitlose Gaul auf dem Wcge
zur Stadt begegnet ist, liegend gefun
den. Er hat sich das Genick gebro
chen.
Rettungslos todt?
Rettungslos! Die arme Frau?
Ich muß zu ihr, rief ich aufsprin
gend. ,
Zu wem? Zu Frau von Schott
witz? Ja, habt ihr euch denn ge
kannt?
Nun siel mir erst ein, daß ich unvor
sichligerweisc nur an die andere, nicht
an die Frau des Verunglückten gedacht
hatte. So gut es ging und ich meiner
Gedanken Herrin war, redete ich mich
heraus.
Nein, ich kannte Frau von Schott
witz nicht uäher. Aber sie ist ja eine
Fremde hier, ahne Familie, man könnte
ihr vielleicht in der schweren Stunde
nützlich sein.
Deine Theilnahme ist sehr hübsch und
ich begreife, daß du bei der Lebhaftigkeit
deiner Empfindungen gleich helfen und
trösten möchtest, aber es ist vielleicht doch
besser, du überläßt eS andern, die ihr
näher stehenden. Wer weiß, ob deine
Herzlichkeit nicht als Aufdringlichkeit
ausgelegt wird.
Ich gab meinem Manne recht. Er
sprach noch im allgemeiyen von dem
Unglück: wie schade es um den schönen,
so beliebten Menschen sei, warum er
aber auch in so vorgerückter Jahres
zeit »och Spazierritte gemacht habe,
der Bode» eigne sich ja gar nicht mehr
zut dazu ; das Pferd müsse gestolpert
sein und den Reiter abgemorscii ha
ben einen so vorzüglichen Reiter!
Ter verdammte Stein! Hätte man
zaS gestern ahncn können! und der
gleichen.
Endlich ging mein Mann. Kaum
hatte er mich verlassen, so eilte ich mit
,'lopfendem Herzen aus dem Hause, nach
der Ohlancrstraße 13.
Was ich da wollte, machte ich mir erst
unterwegs klar. Ich mußte zu erfahren
iuchcn, ob Schottwitz den Brief bekom
men hatte und was aus demselben ge
worden war.
lim mich etwas zu sammeln, ging ich
nuigeMale aus der dem Hause, in dem
der Rittmeister wohnte, gegenüberliegen
den Seite der Straße aus und ab. Es
hatte sechs Fenster Front. Schottwitz
bewohnten den ersten Stock, das wußte
>ch. Drei Fenster blickte», mit Spitzen
itorcs verhängt, gleichgiltig aus die
Ztraße: das war vermuthlich der Sa
on: an den zwei Fenstern daneben, die
die Mitte des Hanses einnahmen, waren
die Vorhänge niedergelassen: dalagen
zewiß, der schöne unglückliche Mann;
das letzte Fenster, das sich über der
Hansthür besaud, stand weit geöffnet.
Obgleich es noch nicht viel über vier
llhr sein konnte, wurden in den Nach
barhäusern hier und da schon Lichter
zngezündet. In der Schottwitz'schen
Wohnung blieb alles finster. Ei» Wa
zen hielt vor dem Hause.
Ich wollte warten, bis die Dunkelheit
ganz hereingebeoclM war, denn ich
fürchtete gesehen und erkannt zn wer
den. Mehrere Militärpersynen, Kame
raden und Freunde des Verstorbenen
waren cin- und ausgegangen. Jetzt
lanie» zwei Herren in Civil aus dem
Hause, eS schienen Aerzte zu sein. Sie
bestiegen den Wagen und fuhren da
von. Gleich darauf trat ein Soldat
vor die Hausthür, die hinter ihm ge
öffnet blieb. Ein Mann mit eurer
langen Stange, vermuthlich der Por
tier, sprach mit ihm. Noch war es
draußen im Hause dunkel. Ich eilte
über die Straße uud winkte deu Bur
schen in eine Ecke des Flurs. Der
Mann mit der Stange verließ uns nnd
begab sich in die verschiedenen Stock
werte, uiii das GaS anzustecken.
Sind Sie der Bursche vom Rittmei
ster von Schottwitz?
Ja, aber er ist todt.
Ich weiß, ich weiß! Wer ist jetzt
oben?
Ich glaube, augenblicklich niemand.
Aber bis jetzt war das Haus nicht leer,
eben sind die beiden Aerzte fortgegan
gen. Soll ich was bestellen?
Nein, danke! Ich bin eine Freundin
des Hanses, ich will die unglückliche
Frau nicht stören. Sagen Sie mir,
wie das Unglück gekommen ist. Wann
ist der Rittmei?er heute ausgeritten?
Pflegte er jeden Morgen auSzureilen?
Wie war er heute Morgen?
So viel Frage» auf einmal, das war
zn viel für den schwachen Kops des
BnrsclM. Er blickte mich erschreckt und
verlegen an.
Hier haben Sie drei Mark. Nun
sammeln Sie sich und beantworten Sie
mir alle meine Fragen möglichst genau.
Wann ist der Rittmeister heule früh
ausgeritten? «
Um zehne.
Pflegte er jetzt noch täglich auszu
reiten?
Nein, seit drei Wochen hat er es
nicht mehr gethan. Aber heute Mor
gen, als ich ihm die Post brachte, sagte
er zu mir: „Küfer, ich reite heute die
brauue Stute, führe sie um zehn Uhe
vor". Die gnädige Frau wunderte sich
noch, sie der Boden wäre zu
hart, es sei kein Berguügen. Aber
wenn sich der Herr Rittmeister etwas
vornahmen, dann hals kein Reden, es
blieb dabei. Mo ist er geritten. Um
halber eins haben sie ihn schon gebracht.
Man sieht ihm nichts an, ganz als ob
er lebe. Wollen Sie 'mal. hinaufgehen?
Ich glaube, die gnädige Atau hat sich in
ihr Schlafzimmer begeben. ES ist an
den Bruder telegraphirt worden, der
muß gleich kommen, ich soll ihn um
sieben von der Bahn holen.
Sie haben ihm heute Morgen die
Post gebracht? Was war denn das?
Zeitungen und Briefe für die gnä
dige Frau.
Rur für die gnädige Frau? Keiner
für den Herrn Rittmeister?
Nein, keiner.
Besinnen Sie sich doch, Küfer. Ha
ben «ic heute Morgen dem Herrn Ritt
meister nicht einen schmalen langen
Brief gebracht?
Ach ja, richtig! Nun fällt's mir ein!
Ja, er hat ihii gleich in seine Brnst
tasche gesteckt und sich nur um die Zei
tungen bekümmert. Ich bin dann
'rauSgegangen und als der Herr Ritt
meister in seiner Stube war. hat er
mich gerufen nnd nur das Pferd be
stellt.
Die Herrschaften waren also zusam
men, als die Post kam?
Ja, beim Frühstück, aber gleich nach
her war der Herr in «einer Stube.
Pflegte das immer so zu sein?
Was denn? Ja, sie frühstückten
immer zusammen.
Min, ich meine, ging der Herr immer
gleich, nachdem er die Post erhalten
hatte, in sein Zimmer, blieb er sonst
nicht länger beim Frühstück als heute?
Heute ist er schucllcr sertig geworden.
Als man heute den Rittmeister todt
in'S HauZ brachte, wer hat ihn da ent
kleidet?
Der Doctor und ich, wir habeu ihm
die Uniform ausgezogen.
Wo war die Frau?
Die lag ohnmächtig im Nebenzim
mer.
Wer hat seine Bri.'stasche genoiN'
inen?
Der Bursche sah mich besremdet an.
Die Brieftasche?
Nu» ja. das Portefeuille, in welches
der Herr Rittmeister heute Morgen den
Bries gesteckt hat, den Sie ihm gebracht
haben.
Da wurde es hell im Flur. Der
Portier war mit seinem BclcuchtnnqS
werk bis zn uns gelaugt. Ich nirchietc
das Mißtraue» und die Ausmerksamkeit
der beide» Männer zn erregen.
Da fragen Sie doch besser die gnädige
Fran, die wird sie wohl haben. Aber
kommen Sie doch lieber gleich mit her
auf, meine Dame.
Ich wagte eS nicht. Jeden Augenblick
konnte» Leute kommen, Leute, die mich
kannten nnd die sich meine Anwesenheit
bei der Leiche des Bernnglückten nicht er
klären konnten. Ich zauderte einige
Secunden und verließ dann eiligst das
Haus.
Die beiden Männer sahen mir ver
wundert nach.
Draußen war es mittlerweile ganz
dunkel geworden, es durchschauerte mich
vor Kälte und nervöser Erregung. Was
mochte die arme Frau da' drauizen aus
Heiiiersdors machen? Wnßte sie schon
von dem schrecklichen Unglück ihres
Freundes? Denn ihr Freund war der
Rittmeister von Schottwitz d'och sicher ge
wesen, hätte sie ihm sonst geschrieben?
Vielleicht mehr als Freund. Wie wurde
sie eS tragen? Wie erfahren? Vielleicht
von ihrem Manne. DaS konnte gefähr
lich für sie fein. Der Schreck verrieth
vielleicht Empfindungen, die sie besser
in ihres Herzens tiefste Tiefe» vergra
ben ließ. Die Aerinste! Wenn ich zu
ihr führe, sie vorbereitete? Es war
fünf Uhr. Mein Mann kam stets erst
nach acht Uhr nach Hause. Eine
Droschke fuhr langsam vorüber. Ich
rief sie an.
Kennen Sie den Weg nach Heiners
dors?
Der Kutscher bejahte es. Ich stieg
ein.
Fahren Sie gut.
Die Landstraße wollte kein Ende neh
men. Allein in dem dunleln enge»
Raum des Wagens mit den traurigen
Gedanken! ES dauerte eine Ewigkeit.
Trotz meiner Zurufe, schneller zn fah
ren, schlichen mir, so schien eS mir, im
elendesten Tempo dahin. Und stillsitzen
zu müssen, zur Unthätigkeit verdammt
zu sein, wenn in Einem alle Pulse
klopfen, wenn man jede Minute für
wichtig hält, wenn mau helfen will!
Ich wäre ja zehnmal lieber gelaufen.
Endlich hatten wir die Stelle erreicht,
an der man von der Landstraße aupden
Sandweg abbiegen muß, da. wo gestern
der unselige Stein gelegen hatte. Jetzt
war er fort, und der Weg war von vie
len Schritte» aufgewühlt! soirst keine
Spur von dem Unglück des Morgens.
Noch eine Viertelstunde, nnd der Wagen
hielt vor dem großen Gitterthor, das
wir geöffnet gefunden hatten. Heute
war es verschlossen.
Ich stieg aus und durchschritt die
schmale unverschlossene Pforte für
Fußgänger. Der Wagen sollte warten.
Es war vielleicht besser so, mein Besuch
unauffälliger. Bor mir lag der große,
dunkle Park. Verschiedene Fnßwege,
breite und schmale, führten rechts und
links durch das fast gauz entblätterte
G-äst, geradeaus Fahrweg. Ich hielt
es für das sicherste, den Wagengelcisen,
so viel ich sie in der Dunkelheit erkennen
tonnte, zu solgen; so würde ich das
Wohnhaus am schnellsten erreichen.
Tapser watete ich durch den morastarti
gen Boden. Feuchte Erde uud nasses
Laub machten es mir oft schwer, durch
zukommen. Kam eS mir bei meiner
Ungeduld »ur so weit vor, oder hatten
wir gestern doch einen anderen Weg ge
nommen? Das gelbe Haus mit de» drei
Eoniseren ließ sich immer noch nicht
blicken. Ich blieb stehen uud sah mich
um. Nirgends ein Licht.
Schwarze Büsche und Bäume rechts
und links, hinter niir und vor mir der
schwarze nasse Fahrweg, auf dem nur
das gelbe trockene Laub hier und da
lichtere Flecke gab. Sollte ich nmleh
reu? Vielleicht hatte ich doch einen
falschen Weg genommen. Aber das
war ja rein unmöglich! Der breite
Fußweg, der gleich neben diesem Fahr
weg vom Gitter aus mitten durch den
Park führte, konnte doch nicht auch von
Wagen benutzt werden, war doch nicht
etwa gestern von uns benutzt worden?!
Aber anderseits schien mir dieser Weg,
der ohne jede Biegung immer gradeaus
lief, dennoch so ganz anders als der
gestern passirte. Ich sing bereits an,
mich recht unbehaglich zu sühlen. Mit
nassen, kalten Füßen, in einem in der
Eile nmgeworsenen, viel zu hünncn
Mantel, das Herz voll Bangigkeit, in
einem dunkeln, sremden Part verirrt!
Immer wieder gedachte ich umzukehren,
aber jedesmal hieß mich ein unbewußtes
Gefühl meinen wie es schien ziellosen
Weg fortsetzen.
ES ist mir heute noch unerklärlich,
weshalb ich. obgleich mir doch allmäh
lich ziemlich gewiß wurde, daß ich mich
aus dem falschen Wege besaud, nicht
iimgekehrt bin, und wenn ich je einen
Zweifel über die Einflüsse irgend einer
noch unansgeklärte» gehcininißvollen
Macht über uns gehegt hätte die
Thatsache, daß ich gegen alle Verminst
an jenem Abend aus erkannt falschem
Wege weitergeeilt bin, würde ihn besei
tigt haben. Ich tröstete mich mit dem
Gedanke», daß der Wendlandsche Part
sich doch nicht auf Meilen erstrecke»
konnte nnd endlich ein Ende haben
müsse. Ich erinnerte mich, gestern von
Frau HelencnS Zimmer aus sogar das
Ende desselben uud eine große daran
stoßende Fläche, wahrscheinlich Felder,
ganz deutlich gesehen zu haben. De,
Fahrweg, aus dem ich mich befand,
stand sicherlich in Verbindung mit einem
bessern Feldwege, der mich auf die
Landstraße führte, nnd dann hätte ich
mich schon zurechtgefunden. Nnr' nicht
umkehre»! Eine »»erklärliche Scheu
hielt mich davon ab.
Ich mochte wohl über eine halbe
Stund.' so vorwärts geeilt sein, dahatte
ich glücklich das Ende des Gartens er
reicht. Das Baumgestrüpp hörte aus,
der Weg wurde trockener, ich stand auf
der Landstraße. Jenseit derselbe» la
gen, wie der Dunkelheit vernahm,
Felder. Die Straße führte am Wend
land'schen Parte vorüber rechts auf die
Landstraße, links wahrscheinlich nach
irgend einer Ortschast.
Ich blieb eine Minute erschöpft ste
hen. Da hörte ich ein Geräusch. Es
hatte im P!lrk oft recht unhcimlicki ge
raschelt, aber ich hatte mich nicht daran
gekehrt. Ein instiiictives Gefühl hatte
mir gesagt, daß das fallende Laub oder
irgend ein Thier dasselbe verursachte.
Dieses Geräusch abcr war anders, cs
war die Bewegung eines Mensche».
Ich sah mich nach allen Seiten um.
Wenige Schritte vor mir befand sich
eine Bank. Eine dunkle Gestalt saß
daraus. Noch bevor ich mir recht über
die Gefahr, einem Wegelagerer in die
ser Einöde zu begegnen, klar geworden,
war die Gestalt aufgesprungen und
schien sich entfernen zn wollen. Ich er
kannte nun, daß eS eine Frau war.
Ich trat auf sie zn.
Ich habe mich verirrt. Können Sie
mir den Weg zum Weiidlaud'schen
Wohnhause zeigen?
Die Gestalt schwieg einen Augenblick.
Sie schien sich zn besinnen. ES war zu
dunkel, und sie stand inir auch zu serii,
um sie zn erkenne». Aber cine Bettle
rin oder Arbeiterin schien sie nicht zu
sein. Endlich sagte eine leise Stimme,
die mir abcr dennoch bekannt schien:
Ich bin hier srcmd und weiß nicht
Bescheid.
Das ist sehr fatal. Ich muß so
schnell als möglich zurück. Um Gottes
willen, was ist Ihnen? wankc» ja!
Jetzt sprang ich hinzu und unterltützte
die einer Ohnmacht nahe, fast umsin
kende Frau. ES war Helene Wend
land, die mich an der Stimme erkannt
hatte und der vor Schreck und Ueberra
schung die Sinne zn schwinden drohten.
Ich setzte mich zu ihr auf die Bank,
zu der ich sie geführt hatte, hielt ihre
Hände in den meinigcn und suchte mög
lichst besonnen und ruhig ihre in athem
loser Hast heransgcstoßcncn Fragen,
die mir den Grund ihrer Anwesenheit
hicc in nächtlicher Einsamleit sofort
aufklärten, zu beantworten.
Was ist geschehen? Wie kommen
Sie hierher? Hat er meinen Brief
nicht erhalten? Kann er mich nicht ho
len? Sind wir entdeckt? Weiß mein
Mann? Dann bin ich verloren! Ret
ten wie mich! Mein Gott, so sprechen
Sie doch!
Die Angst vor ihrem Manne war
mir wie ein Wink des Himmels. Ich
konnte ihr die furchtbare Wahrheit nicht
fagen nicht ihr, nicht jetzt. Durch die
Angst vor Entdeckung und Gefahr war
eS mir vielleicht möglich, die unglückliche
Frau zu bewegen, hier nicht länger zu
warten und mir zurück zu folgen.
Ich tomme, um Sie zu warnen, Sie
zu schützen, Sie zu holen. Fühlen Sie
sich start genug, so lassen Sie uns so
fort in Ihr Haus gehen. Oben in
Ihrem Zimmer erzähle ich Ihnen dann
alles.
Dabei war ich aufgestanden.
Ich hier fortgehen, wo in jedem Au
genblick die Stunde meiner Erlösung
ichlagen kann? Sie wissen ja nicht,
daß er kommt, jede Minute kommen
muß, mich mit dem Wagen zn holen!
Wir wollen endlich frei sein! Wir
haben lauge genug in den Fesseln ge
litten! Wenn es das war, wenn Sie
mich »nr warnen wollten? Aber wo
her wußten Sie den Inhalt meines
Brieses an Erich? Wie haben Sie die
nur uuS Beiden bekannte Stelle am
Park hier gefunden?
Ich will Ihnen alles erzählen, später,
nur nicht hier. Sie dürfen nicht lan
zer hier bleiben. Ihr Mann ist Ihnen
auf der >spnr, kann Sie hier finde».
Mein Mann?! So sind wir ver
rathen! Aber was wird aus ihm? Der
Wagen muß jeden Augenblick mit ihm
hier sein! Wenn mein Mann ihn hier
findet, gibt es ein Unglück! Wir müs
sen es verhindern! Helfen Sie, rathen
Sie! Die Männer dürfen sich hier
nicht treffen! Erich darf nicht meinet
wegen in Gefahr kommen! Ich
bleibe!
Bedenken Sie, Fran Helene, Ihr
Bleiben macht das Unglück noch größer.
Ich habe den Rittmeister gewarnt
durch einen Zufall errieth ich Ihren
Plan —, er wird nicht kommen, ver
lassen Sie sich darauf.
Die Sorge machte mich erfinderisch.
Ich log tapser darauf IoS.
Es erschien mir rathsam, alles zu
thu», was geeignet war, Zeit z» gewin
nen und die Frau aus der zu Mißdeu
tungen Anlaß gebenden Lage, in der sie
sich hier befand, zu ziehe».
Aber woher wußten S>e! Sprechen
«ie denn die Wahrheit? Täuschen Sie
mich nicht. Ich habe Ihne» ja von
ganzer Seele vertraut!
Da rasselte es in unserer Nähe. Sie
schrak zusammen.
O Gott, kommen Sie! Wenn Sie die
Wahrheit sprechen, wenn Erich wirklich
gewannt ist, so solge ich Ihnen! Ich
taun nicht mehr denken, die Angst und
Aufregung macheu mich verwirrt! Er
wird also nicht kommen, sagen Sie?
sie haben ihn benachrichtigt? Mein
Mann will mich überraschen? Es war
nur eine Falle, diese Fahrt über Land!
Das sieht ihm ähnlich, wie dankbar bin
ich Ihnen!
Wir waren einige Schritte auf einem
dicht neben der Bank in den Garten zu
rückführenden schmalen Fußweg gegan
zen. Ich hatte ein kleines Täschchen,
das sich neben Frau Weudlaud aus der
Bank befunden hatte, an mich genom
men. Da hörten wir das entfernte
Rollen eines Wagens.
Und mit dem Rufe: Er kommt doch!
Ich wußte es >a, war Frau Helene im
Nu zur Bank zurückgeeilt.
In meinem Kopfe hämmerte es und
fieberhaft rasten die erschreckendsten Ge
danken durch mein Gehirn. Aus den
uiizusamnicnhängendcn Reden der un
glücklichen Frau war mir ja klar ge
worden, daß meine Bangigkeit uud
Sorge um den Brief berechtigt gewesen.
Derselbe hatte Gefährliches enthalten:
eine Verabredung, gcmciiisam die Ihri
gen zu verlassen und zu fliehen. Und
dieser für die arme Fran so unheilvolle
Bries war durch den plötzlichen Tod des
Empfängers in fremde Hände gerathen!
Er hatte ihn womöglich nicht vernichtet,
man hatte ihn Weudlaud zugesteckt,
und was ich eben nur gelogen hatte,
wurde vielleicht surchtbare Wirklichkeit.
Natürlich war auch ich in dem Augen
blick nicht imstande, logisch und ver
nünftig zu denken, auch meine Gedan
ken verwirrten sich in der Angst.
Wendland war ja verreist uiid kouiite
den Bries bis jetzt unmöglich erhalten
haben. Verrath war daher ausge
schlossen. Und dann war es Wahn
sinn, anznnchmen, daß die schmerzcr
süllte Wittwe des Rittmeisters sich so
fort mit Rachepläncn beschäftigen würde,
wenn sie wirklich bereits in Besitz des
Briefes gelangt fein sollte.
Das Wagenrollen verklang. Die
arme Frqn, die mit aufgerichtetem
Haupte— der schützende spitzenschleier
war auf die Schulter herabgefallen
in der Richtung der Breslauer Land
straße gehorcht hatte, ließ nun den Kopf
sinken und iing, beide Hände über ihr
Gesicht breitend, an zu schluchzen, zn
weinen wie ein Kind. Mit unsagbarer
Mühe gelang es mir, die Aermsie auf
den schon vorher eingeschlagenen Weg
zum Wohnhaus zurückzubringen. Sie
weinte still vor sich hin, nur dann und
wann hörte ich sie tief aufseufzen, und
in jedem Seufzer war sein Name:
„Erich, mein Glück! Mein Alles!"
Wir erreichten endlich das Wohn
haus. Einmal aus dem richtigen Wege,
war es leicht gesunden. Einige Lichter
blinkten uns darans entgegen, Frau
Helene lrocknele sich die Augen.
Ob Wendland schon da ist?
Bei dieser Frage sah ich die Schwie
rigkeit der mir jetzt bevorstehende» Auf
gabe. Wo anfangen? Ihr meine Lüge
eingestehen, die volle schreckliche Wahr
heit sagen, sie ermahnen, standhaft zu
sein und ihren Schmerz zu verbergen?
Würde sie cs können? Sie, die das
Leben in dein traurigen Hause da vor
uns nicht weiterführen konnte, nicht
weiterführen wollte!
Wußten Ihre Leute, daß Sie sortzu
reifen beabsichtigten? fragte ich, als
wir eben an der Hausthür geläutet hat
ten.
Niemand hatte eine Ahnung davon.
Ich habe mich in meinem Alltagskleid,
ohne irgend etwas mitzunehmen, ganz
unauffällig wie zu einem Spaziergang
entfernt. Das Täschchen enthält nur
etwas Schmuck und die allernöthigsten
Toilettegegenstände.
Ich athmete auf. Vielleicht gelang
es noch, wenigstens für ihre Umgebung
den gethanen Schritt Ungeschehen zu
machen. Aber schon das verdutzte Ge
sicht des uns öffnenden Mädchens, wel
ches bei dem unerwarteten Anblick ihrer
Herrin erschreckt zurückprallte, verrieth
mir. daß sich Helene geirrt hatte, daß
wenigstens die, die da vor uns stand,
lhre „gnädige Frau" über alle Berge
glaubte.
Was starrst du uns so an? Mache
oben Licht! sagte Frau Wendland.
Wir stiegen die knarrende H olztreppe
hinauf und betraten gleich darauf Hele
nens Zimmer. Erschöpft ließ sich die
unglückliche Frau in einen Sessel fallen
und bedeckte wiederum ihr Gesicht mit
den Händen. Aber sie weinte nicht.
Ich setzte mich zu ihr und wollte eben
versuchen, meine bisherigen Nothlügen
zurückzunehmen und neue, aber solche,
die als Uebergaug zur Wahrheit, als
Vorbereitung dienen sollten, zn erfin
den, da hörten wir das jämmerliche
Schreien eines Kindes wenige Zimmer
von uns entfernt. Frau Helene sprang
auf.
Ich will nachsehen, was dem Kinde
fehlt.
Sie verließ das Zimmer. Ich blieb
einige Minuten allein und sah mich
nui. Alles war unverändert, ganz wie
gestern, auch nicht das geringste Anzei
chen, daß die Herrin dasselbe bereits
für immer zu verlassen geglaubt hatte.
Als Fran Helene wieder eintrat, schien
sie sehr erregt.
Denken Sie nur, wie schändlich!
Diese Person bei meinem Kinde hat den
armen Kleinen blutroth geschlagen,
weil er nicht einschlafen wollte! Das
Weib muß sort. es ist eine rohe Person!
Sie hätten nur sehen sollen, wie er
schreckt sie aufsuhr, als sie mich plötzlich
ins Zimmer treten sah! Die Leute hier
im Hause scheinen sich mein Ausgehe»
alle richtig gedeutet haben. Und ich
glaubte, niemand ahne, um was es sich
handle, glaubte alles so vorsichtig nnd
klug einzurichten. Aber Dicnstboien
bewachen uns wie Kerkermeister. Mein
armer Kleiner, er war so glücklich, als
er mich sah!
Das arme Kind! Wie gut, daß Sie
hier waren! Wer weiß, wie man das
unschuldige 'kleine Wesen noch mißhan
delt hätte, während Sie
Ich stockte.
Wahrend ich nun, sahrcn Sie nur
fort, sagen Sie mir, was Sie ans den
Lippen haben: während ich. eine pflicht
vergessene, leichtsinnige Frau, meinem
eigenen Glücke nachjage. War es nicht
das, was Sie sagen wollten? Aber eS
ist nicht so, wie Sie jetzt, wie alle
Welt später glauben wird. Kein leicht
sinniger schneller Entschluß hat uns
Beide zn dem verzweifelten Schritt ge
trieben. Seit Jahren war es eine ab
gemachte Sache zwischen »nS, daß nur
ine äußerste Unerträglichkeit unseres
bisherigen Daseins alle Bande brechen
und uns sür'S Leben verbinden sollte.
Beide haben wir es redlich versucht.
auszuhalten es ging nicht mehr.
Ich habe mir bis heute nichts vorzu
werfen gehabt, ich wollte schuldlos ver
suchen, ob ein Leben au der Seite
meines Mannes möglich sei. Ich habe
mich vo» der Welt zurückgezogen, habe
Jahr und Tag gestrebt, eine gute
Frau zu sein, aber es ging nicht mehr
länger so, ich ertrug es nicht.
Sie hielt inne.
Und er? fragte ich, um sie anzu
regen. weiter zu sprechen. Denn das
vertrauensvolle Berichten mußte ja das
seit Langem zum Schweigen verdammte
Herz der armen Frau erleichtern. Auch
schien sie zu meiner Freude augenblick
lich vergessen zu haben, warum sie mit
mir zurückgekehrt war.
Und er! wiederholte sie. Er ist in
seiner Ehe ebenso unglücklich wie ich in
der meinigen. Grade diese Gemein
samkeit in Empfinden, in unserem
Schicksal mag uns wohl so schnell zu
sammengeführt, unserer Zusammenge
hörigkeit so recht bewußt gemacht haben.
Seine Frau ist reich und geizig wie mein
Mann, er arm und freigebig wie ich.
Er hat versucht,» brav zusein, ist gut
gegen sie gewesen, hat sich in daS gesel
lige Leben gestürzt, nur um zu verges
sen. allen Frauen den Hof gemacht,
nm zu täuschen o, ick' weiß daS
alles! aber in seinem Herzen ist nur
ein Gedanke gewesen, der an mich.
Vor zwei Jahren haben wir nns bei
den Festlichkeiten zum Kaisermanöver
kennen gelernt. Seit zwei Jahren hat
er auf den Augenblick gewartet, daß ich
ihm sagen würde: „Komm, hol' mich,
ich ertrag'S nicht länger!"
Der Augenblick ist endlich da. Der
Brief, den Sie gestern besorgten er
enthielt das langersehnte „Komm!"
Ich hatte ihm geschrieben und ihn ge
beten, als Zeichen des Einverständnis
ses heute Morgen elf Uhr auf die Hei
nersdorfer Landstraße zu reiten bis zum
Sandwcg, da konnte ich ihn von unserer
Bodenkammer ans sehen. Er war da,
ich habe ihn deutlich an seiner Uniform
erkannt. Er schien mich zu grüßen.
Ich wollte ihm winken und bückte mich,
um das meiner Hand entfallene Tuch
aufzuheben. Da war er aber schon
verschwunden, ich konnte ihn nicht mehr
entdecken. Aber ich wußte nun sicher,
daß er hente Abend kommen würde,
mich von der - verabredeten Stelle am
Park im Wagen zu holen. Wir wollen
noch heute Abend nach Wien und dann
weiter. Alles war so fest im Briefe
verabredet, so sicher —und nun ist er
nicht gekommen, und Sie sind hier,
und Sie sagen, wir sind verrathen, und
Sie haben ihn gewarnt!
Aber woher wußten Sie denn? Wo
her kannten Sie unfern Plan? Ja,
das alles, was ich Ihnen da unten im
Park in der Aufregung geglaubt habe,
kommt mir jetzt, wo ich ruhiger diu. so
eigenthümlich vor, so unwahrscheinlich.
Mein Gott. Sie werden verlegen! Ha
ben Sie mich getäuscht? Was ist vor
gefallen? Nichts mit meinem Manne?
Mit ihm? Etwas mit Erich? Weiß
feine Fran? Nicht? Ist ihm etwas
zugestoßen? Ihm? Ist er krank?
Ich nickte. Sie war wachsbleich ge
worden, nnd ihre farblosen Lippen beb
ten. Ich beruhigte sie: es wäre nur
eine leichte Verwundung, er wäre ge
stürzt, das Pferd hätte ihn abgeworfen,
nichts Bedenkliches, ein Beinbruch
glaube ich, langwierig in der Heilung,
ich hätte das alles von meinem Manne
hente Mittag erfahren, uud in der Vor
aussetzung. daß der am Morgen be
sorgte Brief nichts Gewöhnliches ent
halte, wäre ich zn ihr geeilt, um sie auf
alle Fälle von dem Vorgefallenen zu
benachrichtigen. Sie möge sich mir be
ruhigen. Das, was ich hier iu der er
sten Aufregung von Verrath und Ent
deckung gesagt habe, sei von mir nur
ersuvden worden, um sie zur Rückkehr
zu veranlassen. Ihr Mann würde erst
morgen zurückkommen. Alles müßte
vorläufig beim alten bleiben.
(Fortsetzung folgt.)
Milan'S letztes Hcrrscher-
Ge seufz.
Vorbei nun der Radau, vorbei die
Plltsche,
Vorbei mit niir gekrönten alten HauS;
Aus der Familie der „Obrenovitsche"
Schmiß mich die Serbische Regierung
'raus!
Doch dünkt der herbe Schmerz mir fast
Lappalie,
Denn dieser Trost bleibt mir im Weh
nnd Ach:
Nur kurze Frist noch, und mir fliegt
Natalie
Aus dem dynastischen Verhältniß nach!
R. S.-S,
Ganz recht.
Was? Tolstoi wäre internirt
Und für Sibirien reservirt?
Jawohl, der Zar sieht selbst eS ein:
Der paßt in Rußland nicht hinein.
Ein Schlauer. Richter: Sie
haben also doch die fünfzig Mark gefun
den; warnm haben Sie fie denn nicht
auch abgegeben? Angekl. Ja.fehen Sie,
Herr Richter, ich dachte so: mit seiner
Ehrlichkeit prahlt am »leisten der Spitz,
bube, nnd darum wollte ich sie lieber
behalten.
Modern. Spielen Sie Kla
vier. gnädiges Fräulein? — Nein!
Spielen Sie etwa Violine oder Zilher?
Auch nicht! —Aber Sie singen dann
doch? Nein! Mein Fräulein, dars
ich mit Ihrem Papa sprechen?
Einfach. A.: Ach, wenn ich
nur wüßte, was ich jetzt thun soll. Mein
Arzt verbietet mir Bier, Wein, Schnaps
und Cigarren. Morgens soll ich statt
Kaffee Milch trinken und so sort. —>
B.: Nehmen Sie einsach einen andern
Doctor!
Manche Genies betrachten
die Charakterlosigkeit als ihr Vorrecht.
Di« neuen preußischen Minist««,
Tcr zum preußischen Ministerpräsi
denten ernannte Gras Botho zu EUlen
bnrg ist am 11. Juli 1831 geboren, er
hat mithin sein 60. Lebensjahr über
schritten. Gras Eulenburg stüdirte
1819 bis 1852 zu Königsberg und
Bonn die Rechte, wurde 1859 Laud
rath, 1864 Hilfsarbeiter imANnistcrium
des Innern, 1869 Regierungspräsident
zu Wiesbaden, 1872 Bezir'spräfident
zu Metz, 1873 Oberpräsident zu Han
nover und war vom 31. März 1878 bis
zum 27. Februar 1881 Mi ister des
Innern. Am 12. August 1881 er
folgte seine Ernennung zum Oberprä
sidenten von Hessen-Nassau, am 24.
März 1892 wurde er preußischer Mini
sterpräsident.
Dr. Julius Bosse.
Der neue Kultusminister, Dr. Ju
lius Bosse, ist am 12. Juli 1832 zu
Quedlinburg geboren, also jetzt nahezu
6V Jahre alt; er besuchte in seiner
Vaterstadt das Gymnasium, darauf
studirte er in Heidelberg, Halle und
Berlin Rechts- und Staatswissenschaf
ten. 1879 wurde Bosse Konsistorial
rath und Mitglied des Provinziallon
sistoriums zu Hannover, 1872 Ober
präsidialrath in Hannover und Justi
tiar des ProvinzialcottcgiumS. Im
Hahre 1876 wurde Bosse unter Falk
>um vortragenden Rath in das Kultus
ministerium berinen. Am 19. Januar
1891 wurde Bosse zum Staatssekretär
»es Reichsjustizamts ernannt an Stelle
des zum preußischen Justizministcr er
nannten v. Echelling, seit Kurzem ist er
preußischer Kultusminister.
Triftiger Grund.
Schulinspector: „Warum sitzen denn
die Juugeus nach der Größe und nicht
nach den Kenntnissen?"
Dorflehrer: „Weil sonst wenigsten»
,wei Drittel auf den letzten Platz toin»
müßten und das geht eben nicht!"
Vi», Winkel Advokat.
Feine Definition. Altes
Blumenmädchen: Sie sind wohl schon
derheirathet, junger Herr? Junger
Mann: Woran» schließen denn
aas? Altes Bluimn»iädchcn: Weil
Sie mir halt gar keine Sträußerln mehr
Mausen!
Einer menschenfreund
lichen Thätigkeit widmet sich der Mann,
xr im Stettiner „Generalanzeiger"
verheißt: „Hühneraugen werde» sorg
fältig reparirt. Afchgeberstraße 9im
Fris'eurgesch."
Der Ungalante. Ich
wundere mich in der That, Herr Jn
zenieur, daß uns der Bater allein spa
jieren gehen läßt. O, bitte sehr,
Kräulein. er weiß ganz gut. daß jed
iiedc Gcsahr ausgeschlossen ist.
Annonce: Eine junge, allein
stehende Wittwe sucht ein fein möblirteS
Zimmer au ciucn soliden Herrn zuver
miethc». Verchelichuiig eveutuell nicht
Nlsgejchlosscii.
Die Wilden wisse» ganz
;enau, was ei» guter Mensch ist.
Reichthum schändet nicht.
>uch nicht, wenn er gepumpt ist. 3