2 (kh.»«fische Banken. . Ueber chinesische Banken enthält dei »Ostasiat. Lloyd" in seiner neuesten Nummer eine interessante Llizze, de» wir Folgendes entnehmen: Heutzutage bestehen die chinesischen Bankeil in dei Regel au-Z einer deschränkten Aiizah! von Theilhabern, welche so viel Kapital zusammenschieße», als ihnen »olhwendig erscheint. DaS größte einbezablte Ka pital der chinesischen Bank in Shang hai beziffert sich z.B. aus 500,00 V Taeli dent: Ach. sieh' da die drei reizende» Töchter des Rechnungsraths Knapper: Viola, Rosa und Flora, welche reizende Blumen! Referendar: Was nützt das Alles, wenn den Blume? das nö thige Moos fehlt? Spielkarte«. Mehr noch, als in der Industrie, neh men die Spielkarten in unserem gesell schaftlichen Leben einen breiten Raum ein. Eine Herrengesellschaft, in der nicht ein Spielchen gemacht wird, ist kann, denkbar: das Spieken ist mit un seren Sitten io eng verbunden, daß man nicht mit Unrecht vKn einer Skatkrank heit spricht. Glücklicherweise ist der Skat eines der harmlosesten Spiele, das verhältnißmäßig wenig Geld, dasür aber desto mehr Zeit beansprucht. In unserem Vereinsleben ist das Spiel ebenfalls stark vertreten. Gut ein Drittel sämmtlicher GeselligkeitSvereine sind Skatklubs mit ei«er mehr oder minder großen M»tgllederzahl. Von den Junggesellen wird das Spiel mehr gepflegt, denn da sie kein eigenes Heim haben, ist ihnen der Ausenthalt im Wirthshause, umgeben von gleichge sinnten Seelen, lieber, als in ihren vier Wänden. Und dann verfügen sie ja auch noch frei über den Hausschlüssel. Welches Volk den Gebrauch der Spielkarten ersunden hat, ist noch nickt festgestellt; es wird wohl auch niemals erwiescn, welchen Weg die Karten nah men, um zu uns zu gelangen. Interes sant wäre es aber, ihren Ursprung näher zu untersuchen, weil dieser auch aus die Ansänge der Malerei und Holz schneidekunst Bezug hat. Die Meinung, daß die Egypter die Erfinder der Spiel karten seien, hat unter den Knlturhisto rikern eine große Verbreitung gesunden, trotzdem diese''e nicht durch unwiderliche Beweise gestützt werden kann. Die Karten sollen dieser Meinung zufolge eine in alter egnptischer Büchersprache entworsene Allegorie sei». Die vier Farbe» sollen die vier Stände, Ade'l, Geistlichkeit, Bürger- und Bauernstand, darstellen. Von den EgNptern sollen die Karten nach Arabien und nach China gewandert sein, um sich dann über den ganzen Orient zu verbreiten. Die Araber sollen das Kartenspiel auch nach Europa gebracht haben. In der That weisen die Karten aus einen asiatischen Ursprung hin. denn ihre Aebnlichkelt mit dem Schachspiel ist un verkennbar. Wie beim Schachspiel fin den wir auch bei den Karten Könige, Damen, Osficiere und die Bauern. Die selbe Grundidee mag beiden Spielen ei gen sein, wiewohl die Spielarten sich im Lause der Jahrhunderte gänzlich geän dert haben. Das Schachspiel mit seinen Figuren hat seit seiner Erfindung kaum Neimens wert he Aenderungen erfahren; die Zahl der Kartenspiele dagegen ist Legion. Die Spielkarten sind ein sehr wichti ger Gegenstand unserer Kulturgeschichte. Die Kirche hat zu wiederholten Malen gegen das iHrhandnchmende Spiel Verbote erlaWn, ohne jedoch ihren Zweck zu erreichen. Sogar unter der Geistlichkeit war das Spielen und außerdem auch das Würfeln stark ver breitet; die Mönche wußten im„Teufels Gesangbuch" beinahe besser Bescheid, als im Brevier. Trotzdem die Karten nicht sabriksmäßig hergestellt wurden, fanden sie doch Eingang in Hütten und Palästen. Die Kriegsknechie fanden ein besonderes Vergnügen an ihnen, wie schon der Name eines französischen Spieles (Landsknecht) es auf das Deutlichste beweist. Gingen doch einige Forscher, deren Phantasie allerdings bedeutender war. als ihr Wissen, so weit, die Erfindung der Spielkarten einem trojanischen Kriezs mann, Ncmeus Palamedes, zuzuschrei ben. Die Ansicht ist freilich ebensowe nig ernst zu nehmen, wie eine andere, welche behaupte», Alexander der Große habe einige Soldaten wegen des Kar tenspiels strenge bestrast. Die ersten Karten wurden einzeln gemalt oder gezeichnet, und der Preis richtete sich nach der aufgewandten Mühe des Herstellers und den mehr oder weniger kunstvollen Bildern. Eine Rechnung aus dem Haushalte des fran zösischen Königs Karl VI. vom Jahre 13Ü2 gibt den Preis von drei in ver schiedenen Farben und in Gold aus geführten Spielen auf SV SouS an. Dieser Preis ist ein sehr geringer im Vergleich zu den kunstvollen Karten de» Herzog Visconti, der dasür 1430 an seinen Se.retär Marziano ISOO goldene Skudi zahlte. Diese Summe mag aber mehr ein Gnadengeschenk gewesen sein. Die Reichen verstanden es, auch in den gerinzsügigsten Dingen einen außer ordentlichen Luxus zu entfalten. Als Beweis dienen die drei Spiele, die in der Ambraser Sammlung in Wien ent halten sind. Das eine dieser drei Spiele ist mit besonderer Sorgsalt aus geführt. Die Figuren, deren Umrisse gedruckt zu sein scheinen, sind mit Gold und Silber aufgelegt. Statt der übli chen vier Farben sind vier Wappen ge wählt, und zwar der einköpfige deutsche schwarze Reichsadler im goldenen Felde, der weiße böhmisch» Löwe im rothen Felde, das ungarische Wappen ein weißes Andreaskreuz im grünen Felde und endlich die goldenen Lilien im blauen Felde, das Wappen deS Bour bonS. Jedes dieser vier Wappen umfaßt zwölf Blätter, von denen der König und die Königin keine besondere Zahl, tragen die übrigen Blätter mit den Nummern von I b,S 10 gezeichnet sind. Diese nummerirten Karten enthalten die bo hen Aemter nnd Hosdienste von Teutsch land, Frankreich, Böhmen und Ungarn, den vier Wappen gemäß. Es scheint eine Tarokkarte gewesen zu sein, ähnlich denen, die auch heute noch in Süddeutsch land und Oesterreich gebraucht werden, denn neben den übrigen ernsten Figu ren sinden sich auch Herren mit der Peitsche, der moderne „ShkiS" des Tar rokS, Barbiere, Herolde und Trompe ter. Außerdem sind Jäger mit Falten und Hunden auf der Borderseite ge malt. Die Rückseite ist mit Affen, Früchten, Guirlanden :c. bedeckt. Ob diese Karten, die das erzherzoglich öster reichische Wappen tragen, zum Spielen benutzt wurden, ist eigentlich fraglich, ihre Größe von N Fuß ist nicht handlich; es scheint vielmehr eine Prunk karte gewesen zu sein, der dic Malereien ihrcn Werth verliehen. Auch edles Metall wurde zur Her stellung oon Spielkarten benutzt. Eins dieier Spiele, das noch erhalten ist und auf französischen Ursprung hinweist, war aus Silberplätrchen hergestellt. Die Figuren waren eingravirt und ver goldet. Nach der Zeichnung zu urlhei len, stammte die Piquetkarte aus dem IV. Jahrhundert und soll von einem niederländischen Graveur ausgeführt worden sein. Die Kostspieligkeit der Karte» machte es nothwendig, daß sie aus danerhaftem Stoff gearbeitet wur den. Da hatten die Karten aus Leder viel mehr Sinn, als die unsrigen auf Gummi, da unsere Spielkarten schon um einen lächerlich geringen Preis zu haben sind. Das niedrige Volk und besonders die Landsknechte begnügten sich mit Spie karten aus Lede'. Woraus die Araber diese Kurten ver fertigten, läßt sich nicht bestimmen. Da sie aber das Baumwollenpapier srüher herstellten als die Europäer, so läßt sich annehmen, daß sie dasselbe dazu ver wendeten und mehrere Bogen zusam menklebten, um den Karten eine grö ßere Danerhastigkeit zu verleiben. Die Franzosen behaupten, dvß ein Franzose zuerst auf den Gedanken gekommen sei, die Kartenfiguren auf dünne Pappe zu schabloniren. Seine Spielkarten be legte er mit seinem 'Namen Coeur Ba tet. Daher sollen auch jetzt n >cb die sranzöfjschen Kartenmacher den Namen Tresle-Valet führen. Wann man in Deutschland begonnen bat, Kartei, zu spielen, läßt sich nicht genau feststellen. Zum ersten Male werden die Karten in einem Buche von 1472 genannt. In diesem alten Schrift werke, „Das goldene Spiel", heißt es: Nun ist das spil vol vatrew, vad als ich gelesen hau, so ist es kommen in teutschland der erste? in den, iar, da man zahlt voii crist geburt tauscnd und dreihundert iar." Als unwiderleglichen Beweis wird man diese Stelle doch nicht ansehen lönnen. denn das Buch, welches von 1300 spricht, lst doch 1472 geichrieben, also Z 72 Jahre später. Bedenkt man aber, daß wir trotz unserer fleißigen Forschungen noch nicht über alle Kulturzustände des vorigen Jahr hunderts eingehend unterrichtet sind, io wird man der oben angeführten Stelle keine ausschlaggebende Bedeutung bei legen können. Die Arten unserer Spiele lassen darauf schließen, daß die Karten von Italien aus ihren Weg nach Deutschland genommen haben. Das in Süddeutschland und Oesterreich üb liche Tarcckspiel ist zweisellos italieni schen Ursprungs und auch der Skat Norddeutschlands kam von jenseits der Alpen. Der Name Skat ist eine ver änderte Form vom italienischen Scar tare, bei Seite legen, entsernen und deckt sich mit dem französischen Worte Das Kartenspiel war auch in frühe ren Jahrhunderten eine weit verbreitete Unsitte. Wenn unsere Damen sich heute über die Spieleisrigkett der Herren auf halten, so mögen sie sich mit dem aller dings mager» Troste beruhigen, daß es in früheren Zeiten weit schlimmer war, und daß die' Gegenwart mit den hohen Ansprüchen, die sie an Jedermann stellt, die Spiellust doch eingedämmt hat. In der guten alten Zeit regnete es Spiel verbote. Daß diese aber nichts genutzt haben, wird Jedem einleuchten, der den Charakter der Menschen kennt, verbotene Frucht schmeckt doppelt süß, behauptet nicht mit Unrecht das Sprich wort, das auch aus das Kartenspiel An wendung findet. Da aber die hohen Ralhsher ei selber enVergnügen am Spielen fanden, wurden die Verbote gemildert oder—garnicht beachtet. Zu Ende des vierzehnten Jahrhunderts waren in Nürnberg die Spiele verbo ten. „Awpgenommen rennen mit Pfer den Schiessen mit Armbrusten, Carten, Schofzagel, pettspiel bad Kugekn, waib einen psenint zwen zu vier poten, an all oen Veirtagen sol man nit rennen." Eine weitverbreitete Spielwuth muß während der früheren Jahrhunderte in Deutschland grassirt haben. Als Car dinal Eapistran 14SÄ in dem damal» sehr kleinen Nürnberg predigte, wurden Lb4o Brettspiele, 4V,VW Würfel und ein außerordentlich großer Haufen Spielkarten ans die Predigt hin öffent lich verbrannt. Es scheint, als ob un sere Altvordern die ganze sreie Zeit aus das Spiel verwandt hätten. Venedig war der Hauptsitz der Kartemabrikativn; Faßweise wurden die Fabrikate in aller Herren Länder verschickt, fodaß in Deutschland z. B. ein Einsuhrverbot er lassen werden mußte. Daß solche Un mengen von Karten nicht gemalt wur den, wie die wenigen Exemplare, die in den Sainilluiigen ausbewahrt werden, ist selbstverständlich. Der Holzschnitt wurde zu Hilse genommen. Es ist so gar wahrscheinlich, daß die Herstellung der Spielkarte» von bedeutendem Ein flüsse aus die Entwickelung der Holz schneidekunst war. Spiele, sondern auch zu ernsten wissen schastlichen, besonders zu Memorir zwecken benutzt. Der Rechtslehrer Thomas Murner gab sogar ein logi sches Kartenspiel, ein oli»rU>u richtet mit Ihrem Vorschlag, lieber B.; jetzt kann der arme Köter wahrscheinlich nicht vorwärts, nicht rückwärts!" „Ach was! vor Allem hat M. den Vorschlag gemacht!" „Danke bestens! solch einen famosen Gedanken kann nur L. aushecken!" Heitor, »s>p»rtsü!" lockt M. an einem Ende der Röhre, am an dern Ende kommandirt B. energisch: „Hektar hierher!" Kein Erfolg. Er neuter Kriegsrath, infolgedessen der Banuntcrnehmer auS dem Dorse eine lange Stange herbeiholt. Der gefällige Bauer, der sie hergaben, ist mitge kommen. Ein schwarzer Verdacht ist in seiner Seele ausgestiegen. Schonend wird das dicke Ende mit einem baum wollenen Taschentuch umwunden, um Hektar beim Rückwärts>chieben nicht zu verletzen. Doch was ist das? Der Köter beißt in die Stange und weicht ihr aus Endlich ist er soweit zurück gebracht, daß L. ihn am Schwanz her ausziehen kann. In der Schnauze hält er getreulich den Hasen—? oh, nein, aber ein Stück des blutigen Balges, an welchem nur noch die Vorderläuse und der Kops baumeln! Hektor soll „preis nerth" zu verlausen sein. Ein schwaches Geschöpf. Präsident: „Schämen Sie sich nicht, Angeklagter, ein schwaches Geschöpf wie Ihre Frau mit Schlägen zu mißhan deln?" Angeklagter (lächelnd): „Schwaches Jeschöps? Haben Sie det schwache JeschSps schun mal jeiehn, Herr Präsident?" Präsident: „Nein!" Angeklagter: „Nadann er laben Se mir bloß eine janz kurze Mit teilung. Bor drei Wochen habe ick ihr wiegen lasse» us die Automatenwaze. Da wog det schwache Je>chöps mit de lNceder 78? Psund." Frauen-Unterhaltung. Zrau A,: Ohne mich zu rühmen, ich bin wirtlich sehr sparsam, bei mir darf das Geld nicht ausgehen. Frau B,: Ich bin auch nicht verschwenderisch, bei mir darf der Mann nicht ausgehen. Elegant. Johann, was für Llumen sind denn das? Frische Ver gessen Sie mein nicht. Da» Fra««nasftl in Part». Die Straße Saint - Jacques ist stets dieselbe. Nicht einmal die Boutiquen wechseln ihr« Phusiognomie. Das Frauenasnl liegt nicht weit vom Taub stummeilinstitut, gegenüber steht ein Kloster es ist das Viertel der Hospitäler und der Klöster der Ort, wo am meisten geweint und am meisten gebetet wird in Paris. In den endlosen Wwternächten. wenn die Dämmerung griesgrämig herauskriecht, hört man hier unglaublich viel Glocken läuten zum Augelus, immer eine nach der anderen, als sängen Nonnen ihre Ma tinale. Da« Etablissement des Frauenasyls befindet sich in einem alten düstern Hause. Durch ein« schmale Psorte be trete ich Abends acht Uhr diesen Zu fluchtsort der AuSgestoßenen und Ent erbten. Zur Rechten deS sehr kleinen Vestibüls sieht man einen Schalter, hin ter welchem ein abgetragenes OssicierS käppi erscheint, unter welchem ein ma geres aber höchst sympathisches Gesicht den Eintretenden mustert. Es ist der Direktor, der mit berechtigtem' Stolz ans das rothe Band der Ehrenlegion in seinem Knopsloch blickt. Ich setze mich neben ihn, gerade vor sein Register. Ich durchblättere dieses Fremdenbuch der Freiberberge, wo sich die Frauen, welche die anderen Herbergen aus Geld mangel zurückgewiesen, verewigt Häven. Wer, der je von der Höhe irgend eines der Hügel um Paris auf die unzählbar vom Horizont sich abhebende» Häuser massen herabzeblickt, hat wohl gedacht, daß in diesem gewaltigen steinernen Ameisenbausen Ameisen uniherirren, die kein Loch finden, sich zur Ruhe zu Dieses Register, wo alle Lebensalter, alle Erwerbszweige alle Laster nnd alle Tugenden in demselben Bett des Elends untergebracht sind, ist unstreitig eines der seltsamsten Bücher und in Wahrheit ein hochdedeutsames mensch liches Do'umenl. Das Mitleid hat da etwas geschaffen, was das Talent und sogar das Genie vergeblich in unserem Zeitalter der Nachtreter hervorzubrin gen sucht: ein Originalwerk. Der Direktor sagt mir nach der Be grüßung : „Heut geht's gut heute Abend werden wir ein starkes Publikum haben." Ein Tbeaterdirekior könnte nicht anders sprechen. „Ah", macht er ganz leise, „da ist schon Eine". Ich blicke hin nichts! Sie treten ganz geräuschlos und verstohlen ein, die Armen gleich Diebinnen. Eine Frauengestalt erscheint am Schalter. Das Costüm ist das einer Köchin auS anständigem Hause, aber das Gesicht todtenbleich und mager, ihr Teint erinnert an einen oit gewaschenen weißen Handschuh. „Sie sind wieder da?" fragt der Director betroffen. „Ja, Herr Director; man hat mit, aus dem Hause, wohin Sie mich emvsablen, wieder sortgesch ckt, weil ich sür den Dienst nicht stark genug bin. Man hat mich kenre zwölf Stunden behalten. Ich erhielt 10-Francs, wovon ich süns sür ein Hemd ausgegeben habe. Wollen Sie mich aufnehmen, obgleich ich noch im Besitz von ö Francs bin?" Die Frau des Direktors, klein, lntelligent und unendlich geschäftig, erscheint auf einen Augenblick hinter dem Bureau. „Es ist allerdings gegen dasßeglement, indeß haben wir heute viel Platz; treten Sie nur ein, Madame". Ich sage zu der Frau: „Was werden Sie aber machen, wenn die 5 Francs ausgegeben sind?" Sie antwortet mir mit jener fast sorglosen und doch unbe schreiblich schmerzlichen Miene, welche der ur.auskörliche und stets erfolglose Kampf gegen das Schicksal ausdrückt: „Ich hosse, daß ich bald sterben werde". „Aber warum gehen Sic nicht in ein Hospital?" „Man hat mich erst heute Morgen wieder zuriickgew e f.n, weil ich „nicht trank gew.sen wäre!" Da ist eine Andere, Zwanzig Jahre, stahlblaue Augen, eine niedrige, von rothblonden Löckchen umrahmt« Stirn süperb, Costüin einer Ladenmamsell. „Weshalb befinden Sie sich ohne As>il?" „Tie Familie, bei der ich wohnte, hat mich wr g schickt ich bin Nähe rin jetzt ohne Beschäftigung." „Aber weshalb hat die Familie " betrachten sie genauer. Wir verstehen. „Aber Ihre Schwangerschaft ist sehr weit vorgeschritten. „Weshalb haben Sie sicti nicht an die Gebäranstalt ge wendet?" „Ich war dort, mein Herr; man hieß mich in zehn Tagen wiederkommen." „Aber was werden Sie inzwischen thun? H:er dars man Sie nur süns Nächte hiiidiircli ausnehmen." Haben Sie Geld ? „Sehr wenig, Herr." —„Wieviel?" Füiiizig Centimes! Wir erleben da einen Acr jenes Dramas, welches so häusig im Pariser Leben spielt, daß es schier banal geworden ist; es heißt: „Das verführte Mädchen." Der sol gei-.de Alt zeigt uns eine Kindesmördc rin, wenn die Mutter nicht der Findel anstalt der Ituv ihr Kind über gibt, das sie dann niemal« wiedersieht. Hier stehen wir vor einem dritten Fall: das arme Mädchen will, daß ihr Kind lebe und daß es von ihr gepflegt werde. „Wollen Sie Amme werden?" Mit lausend Freuden, mein Herr!" Ich reiße einen Zettel aus dem No tizbuch und schreibe an den Director der Maternite, der Pariser Gebäranstalt. Wie viele solcher Zettel habe ich schon an die Direktoren all dieser Zufluchts stätte» des Elends in Paris geschrieben! Sie haben sich gewöhnt, den Autor die ser anspruchslosen Unter-Weltstadtstu dien gewissermaßen schon als College» zu betrachten. (In dein Augenblick, wo ich diese Zellen niederschreibe, empfange ich eine Telcgrammkarte des stets aufmerksamen und rührigen DirectorS der Maternite. Er zeigt mir an, daß da» ihm gestern ev-psohlene junge Mädchen eines "räch tigen kleinen SaminS genesen ist.) Wieder herrscht Stille ringsum. Aber der Director taucht die Feder in'S Tintensaß, welche Geste mir die Ankunft einer anderen Unglücklichen verkündet. Blond! Mager! Sie sind alle mager! Sie trägt einen schwarzen Sammet Hut mit gleichfalls schwarzen Federn aus dem Kopse, ein abgetragenes, aber sau beres schwarzes Seisenkleid aus dem Leibe. Eine Lehrerin! SS Jahre alt! Zur Stunde, da ich dies schreibe, ist d:e Aermste schon placirt durch das Arbeits comite. Von Zeit zu Zeit zog die junge Dame an den Spitzen ihrer Taille, brei tete anch, während sie mit uns sprach, die Hände elwas auffällig, wie schützend über den Busen. Man bemerkte durch den Taillenausschnitt die Haut, weiß und zart wie die Schale eines srisch gelegten Eies. Diese übertriebene Gchamhaftigkeit besremdele mich und hatte doch eine nur zu erklärliche, ties tranrige Ursache! Die zunge, so kokett gekleidete Lehrerin wollle verbergen, daß sie kein Hemd an hatte. Sie hatte das letzte Hemd vom Leibe verlausen müssen! 1 Francs SU Centimes. Ein ganz kleines Kuid, kaum drei Jahre alt, raucht am Schalter aus. Hat der sreundliche Leser schon bemerkt, daß viele dieser ärmsten aller Kinder den prächtigste» Enqelköpschen Murillo'S gleichen? Welcher unsichlbare Engel mag ihnen diesen geheimnißvolle» Schönheitszug verleihen, denen sonst nichts verliehen wurde vom Geschick, als die Schmach nur „Kinder ihrer Mutter" zn sein? Die Mutter ist eine große Bäuerin. Sie ist zu Fuß von Ver sailles nach Paris gelausen, um in den Hallen Arbeit zu finden; sie fand aber keine. Wo soll sie hin mit ihrem Kinde? „Haben Sie schon gegessen beut?" fragt dcrj Director. Sie zögert, und dann gestaltet sich ihre Antwort zur be wunderungswürdigsten. rührendsten Lüge, die ich je gehört habe. „Ja, mein Herr, ich habe schon gegessen, aber meine Kleine hat heut' noch gar nichts zu sich genommen!" Trotz dieser er greisenden, .heroischen Unwahrheit kön nen wir nicht umhin, zu lächeln. „Es i > gut", macht der T ir clor; „gelt zum Abendessen, alle Beide!" Das Denle setzt sich sort. Da ist eine Mmter mit ihrem Sohn, welche der Gute tiiauzgejazt bat. Der Kleine isl legitimer Geburt, «.vis! Eni seltener Vogel hier! Die nächste ist eine Dame, eine wirkliche Dame mit dem respektablen Air und den Allüren der großen Welt. Sie grüßt. Wir erheben uns bei der Erwiderung ihres Grußes. Man besragt sie. Sie macht Zeichen, daß sie nicht höre, und daß man sie schriftlich befragen möge. Sie ist schon V 0 Jahre alt. Noch vor einem Jahre besaß sie ein Vermö gen von 30,000 Fraiiien Rente, das sie durch eine H>ette unerhörter Schicksals schläge und Niederträchtigkeiten verlor. Dann versuchte sie durch Arbeit ihr Le ben zu fristen. Sie ist eine geschickte Sterin, doch bei angestrengtestem Fleiß vermochte sie nur 60 Centimes täglich zn verdienen. „Das war ge nug", sagte sie, um zu essen und mich zu kleiden aber wovon sollte ich mein Kämmerche» mit 20 Francs monatlich bezahlen. Ich konnte es nicht, und man hat mich auf die Straße gewor fen!" Sie spricht mit leiser, aber wei cher Stimme,n gewählten Ausdrücken. Schweeweißes Haar bedeckt in dürsti gen Strähnen ihr gebeugtes, zitterndes, greises Haupt. Und taub! Man sagt, daß es hienieden, keine Finsterniß ohne einen Lichtstrahl, keine» Abgrund gäbe, in dem nicht eine Blume sprieße! Hier aber ist ein tieser, finsterer Abgrund, den kein Strahl erhellt, keine Blume ist sie gestorben. Gott war barmher ziger als die Menschen und sandte das Licht der Ewigkeit in die Nacht des Lebens. Der Abend rückt vor. Kurz vor Thoresschluß kvnimt noch eine jener unseligen Töch ter der Pariser Bevölkerung, wie ich sie so ost gesehen habe. lii Jahre alt! Auf dem Arm trägt sie ein ganz kleines Kind. Ihren Bruder? Nein— ihren Sohn! Ein Kapitel Pariser Leben! Und da die letzte der Reisenden, welche heute in der Herberge des Mitleids absteigen Ganz verstört läuft sie herein wie eine verirrte, halberfrorene Schwalbe, die durch den Kamin in's Zimmer sä lt! Erschöpst stützt sie sich auf die Schalter brüstung. Sie ist bildhübs t>. aber ver wüstet durch Krankheit. S>e ist vor gestern aus dem Hospital Nesinet ent lassen worden und hat die vorige Nacht aus dem Flur eines der Hauser geschla fen, die Tag und Nacht geöffnet blei ben. Auf den ersten Blick erkennt man ein ehrbares Mädchen in ihr. Selten habe >ch einen so kindliche» Mund in einem Frauenantlitz gesehen. Die Augen blicken schwerinütbig und müde, sind aber trotzdem von wunderbarer strah lender Schönheit. Die selige Madame Musard hätie ihre Millionen in Diamanten hingegeben/um diese Auge» zu haben! Das Kleid des Mädchens ist wie festgeklebt an ihrem Körper, jede Linie desselben markireud. Es siebt ans, als hätte man sie aus dem Wasser gezogen und die Kleider aus dem Leibe trocknen lassen. Ich erinnere mich des Wortes, wel ches die Direktorin io ost von den ver teil. So tief gefallen Viele von ihnen sein mögen, sie haben dennoch stets einen fe sten Glauben an Gott, verborge» aus dem Grunde ihres Herzens wie eine ge weihte Heiligeumetaille unter dem Hemde. Und dann haben sie Alle einen großen Schrecken vor der Prostitution an welche sie sich doch so schnell ge wohnen! Mit wollüstigem Grauen blicken sie in die schimmernden Wellen, welche, vom Winde gehoben und vom zuckenden Gaslicht geliebkost, sich zu ihnen voll mitleidiger Zärtlichkeit emporzuhc» ben. tröstend zu winken und zu rufen scheinen. Die Kleine dauerte mich in tiefste, Seele. „Schlafen S>« ruhig und sorglos diese Nacht, mein Fräulein." tröstete ich sie; „ich werde sür eine gute Stellung sorgen." Die Direclorin sagte mir spä ter: „Die Kleine ii't letzt glücklich wie eine Königin wie eine wahrhafte Königin." Die Stunde des Abendessens ist ge kommen. Ich drücke dem Director dic Hand und begleite die Direktorin in den Saal. Ringsherum sitzen die Kranen aus Holzbänken. Ein kleines Madchen liegt mit dem Bauche aus der Erde und erhebt den Kops gleich eine, Svhinx. Seine Angen leuchten durch das Halbdunkel wie die von G. I. A. HoffmannS Kater Murr. In dem Zwielicht einer einzige» Lampe haben die Züge all' dieser unglücklichen Frauen etwas Gespenstisches. Zwei ganz kleine Knaben, offenbar Brüder und Waisen, deren Eltern Nie mand kennt, sind aus dem kalten Stein noch im Schlase sich eng umschlungen hallend. Ein alter, breiter Filzhut, wie ihn die Korn- und Mehllräger der Hallen tragen, dient ihnen als Decke. Die Direktorin hat sich in der Milte des SaaleS niedergelassen. Sie liest das Reglement vor. Ein mächtiges schwarzes Kruzifix, an der weißen Wand ihr gegenüber, ist wie ein Koni mentar zu ihren Worten. Es ist. als schwere Haupt des Erlösers aus diese jammervolle Versammlung nieder: „Kommet her zu mir, die ihr mühselig und beladen ieid!" Nachdem liest die Direktorin den Willkommensgruß des Comites an diese Armen vor. Er ist sehr schön: sein ergreisender Schluß glpselt in den Worten: „Meine Damen, hoffen Sie!" Ich liebe dieses würdige Mitleid. Wahre Barmherzigkeit ist wie dii wahre Tapferkeit: höflich' und voll Rücksicht. Grad' als ich fortgehen will, tritt noch ein neuer, verspäteter Ankömmling herein. Ganz jung und ganz blond! Ihre großen Augen leuchten verklärt— man möchte sagen vor Lust. Habt Ihr, sreundliche Leser, aber schon bemerkt, wie das Fieber der To desstunde die Augen der Frauen iml wundersamem Feuer ersüllt gerade wie das Fieber der Lebenslust? Nicht selten verwechselt man die fieberheiße» Augen der Sterbenden mit den Gluthen der Leidenschast. Wenn man in tiefei Nacht durch die Straßen von Paris schlendert,, bemerkt man zuweilen ein Fenster bell durch die Finsterniß strah len. Ist's das hohe Lied der Liebe, ist's das herzzerreißende Weine» eines Sterbenden, das hinter solchem spät erleuchteten Fenster verklingt? Wer mag es sagen? Hier war es die Agonie des TodeS, welche aus den Augen der armen Klei nen flackerte kaum eine Stunde nach ihrer Ankunft bauchte sie ihr junges, von der Schwindsucht verzehrtes Lebe» aus. So hatte das Asyl der obdachlosen Frauen in dieser Nacht zwei Todte zwei arme Reisende, die von der Her berge der Barmherzigkeit zur ewigen Heunath abgereist waren. Der Pastor hat sich übe» die Garteilpsorte gelehnt und raucht andächtig seine Pseise. Da kommt sein Freund, der Dr. Mertens angesahren. „Guten Tag, Pastor, wie gehts?" „Ach, nicht gut, ich kann nicht schlasen." —„Nicht? Das ist ja schlimm."—„Ja höre, Doctor, kannst Du mir nicht etwas dagegen verschreiben?" „Nu, daS könnte ich wohl, z. B. Ehloral. Brom kal«, Sulsonal und ähnliche! Zeug aber das ist nicht viel werth; das wird vald Bedürfniß und dann muß man et sich wieder abgewöhnen. Trink doch de» Abends kurz vor dem Schlafengehen «nen guten steifen Grog." „Nein, Gott bewahre, das geht nicht an; ich predige allsonntäglich gegen den Genuß spirituöser Getränke; da kann ich doch nicht selbst " —„Aber, Pastor— wenn ich Dir das als Medicin ver ordne!"—„Nein, nein, das unterschei den meine Leute nicht. Und wie sollt ich mir das heiße Wasser verschaffen?" —Du sagst Deiner Wirthschaften!», Du willst Dich rasiren, Abends statt Mor gens verstehst Du?" „Na ja, ich will mir s überlegen."—Nach 4 Wochen kommt der Pfarrer wieder deS WegeS und kehrt im Pfarrhaufe ein, trifft aber den Pastor nicht daheim. „Nun, wie geht'S dem Pastor," fragt er die Haushälterin. „Ist verrückt gewor den!" brummt dieAlte.—„Was ist er?" —„Verrückt! Rasirt sich jeden Tag vier Mal!" Volks stimme. Die „Peit< schensabrikantengattin" Frau F. in Wien hatte kürzlich vor demSira richtn des Bezirksgerichts Wieden die Ehren beleidigungsklage gegen ein Dienstmäd chen erhoben, das sie grundlos eines Diebstahls beschuldigt hatte. Nich ter: „Ich finde es begreiflich, daß Sie sehr erbittert sind, aber n»t einer Ab bitte könnten Sie sich doch zufrieden geben." Klägerin: „Ich darf ja nicht I" Richter: „Warum dürfen Sie denn nicht?" Klägerin: „Mein Mann hat mirs verboten." Richter: „Aber Sie sind doch eine selbständige Frau. Geben Sie sich mit einer Ehren erklärung zufrieden." Während die Klägerin noch zögernd dasteht, hört man eine Stimme aus dem Publikum rufen: „Sagen S' Ja!" Klägerin (zum Rich ter): „Soll ich Ja sagen?"— Richter: „Natürlich!" Klägerin (zum Publi kum ): »Soll ich Ja sagen?" Pub likum (im Chorus): »Sagen S'Ja!" Klägerin: „Aber mein Mann ?" Publikum: Dö» macht nix! Sagen S' nur Ja!" —Klägerin: „Na. m GotteS Namen, sag' i halt Jal" Und unter dem Beifall des Publikum» verließen Klägerin und Verklagt« den BerhandlungSsaal.