Sergius Uanin. Roman von »«arge» vhnet. fs. Fortsetzung.) „Wieso denn? Auch ick) möchte mtr einmal'gute Tage machen, will auch ein mal ein vornehmes iühren! Sie können mich e« lehren, Herr Savinien, «I wird wohl nicht besonder« schwer sein! denke, es genügt ein kiirze« lauben- Le Brede, sich einen srisirten Scheitel «»zulegen, wie Herr du-Tremblay.und «inen Angriff auf die Bank von Monaco zu mache» ..." „Wie alle dies» Herren!" schloß heile» Der Thüroorhang des Salons, in dem sich Herr und Fräulein Herzog, Mare »ückgeschlagen und Frau DeSvarenne«. gesolgi von ihrer Tochter, Cayrol, Ser gius und Pierre, erschienen. Der Sa lon. in welchen, sich jetzt die ganze Ge sellschaft befand, lag am äußersten Ende der Villa; er war von drei Seiten durch eine mit Glaswände» versehene Galle rie umgeben, welche mit Pflanzen ge schmückt mar. Weite Oeffnungen, welch« auf italienische Art, von großen Vor hängen halb verdeckt waren, sührten in se». Sie hatte ihn in orientalischer Weise möblirt, mit niedrigen Sesseln »nd breite» DivauS. die süßen Nichtsthun und zum Träumen am hellen Tage einluden. Die Mitte dieses Rau mes war von einem gepolsterten Möbel eingenommen, in dessen Mittelpunkt sich eine Blumengruppe erhob. Eine zierlich gewundene Freitreppe führte von der Gallerie auf eine Terrasse, wo sich eine weite Aussicht über Land und Meer Al« Savinien die Prinzipalin er blickte, eilte er auf sie zu und ergriff ihr« Hände. Die Ankunft der Frau DeSvarenneS war in seinem mäßigen Leben ein Ereigniß von großem Inter esse. Dieser Stutzer ahnte, daß hier ein gehcimnißvoller Umstand vorliegen müsse, de» er vielleicht auskundschaften könnic. Er suchte daher mit gespitzten „Beste Tante, wenn Sie wüßten, wie ich staune, Sie hier zu sehen!" sagte «r im Schmcichelton. „Nicht mehr, als ich selbst darüber staune," erwiderte die Prinzipalin lä chelnd. „Aber was thut's! Ich habe mein Joch auf acht Tage abgeschüttelt., die Freude soll leben!" „Aber sagen Sie doch gefälligst, was werden Sie hier anfangen?" fuhr Sa vinien fort. „Nun, ich werde thun, was alle Welt hier thut. Aber wirklich, was treibt man den» hier eigentlich?" fragte Frau DeSvarenneS lebhaft. „DaS ist Geschmackssache, " erwiderte der Fürst. „ES leben hier zwei ganz verschiedene Menschensorten; die eine be sieht aus Leuten, die sich pflegen, die an dere aus solchen, die sich amusiren. Die erste Sorte kultivirt den kurgemäßen langsamen Spaziergang im Sonnen schein, aus der .Promenade deS AnglaiS'. Die andre Sorte amusirt sich auf Aus flügen mit Echellengeklingel, auf Wett rennen, wo man die Ehance hat, sich das legentlicheS unfreiwilliges Bad einErtra vergnügen bildet. Die einen gehen mit ihrem Leben sparsam um, wie Geiz hälse; die andern vergeuden eS, wie Ver schwender. Sehe» Sie, jetzt sängt eS an, Nacht zu werden, die Luft wird kalt; diejenigen »un, welche ihre Gesundheit pflegen, kehren nach Hause zurück, wo die lustigst« Stadt. Man stirbt hier, weil man sich zu viel amusirt, und amu „Es scheint also, der Aufenthalt hier ist gefährlich?" „O nein, Tante, nicht besonders, namentlich aber durchaus nicht so amü sant, wie der liebe Fürst ihn schildert. Wir find hier ein Haufen junger Lebe männer, welche die Zeit todischlage», aber gerade nicht." „Den Speisaal will ich noch gelten lassen," sagte Marechal, „aber da» Taubenschießen muß doch auf di» „Ab»r wie denn?" „O, da« ist sehr einfach! Ein Herr steht z. B. mit der Flinte in der Hand vor dem Behälter, in dem sich die Tauben befinden. Si« sagen mir: ,Jch wett« fünfzig Louisdor, daß der Vogel fällt,' und ich aniworte: ,E« gilt.' Der Herr eust: .Pull', der Behälter öffnet sich, die Taube fliegt aus und der Schuß sällt. Nun ist entweder der Vogel ge troffen, oder nicht und ich habe fünfzig „DaS ist aber aufregend!" rief Su sanne Herzog. „Puh!" suhr Savinien mit ironischem Gleichmuth fort, „eS ist eine Abwechse lung i» dem ewigen Einerlei des Karten spiels und amüsanter als das Wetten, ob der nächste Fiaker ein« gerade oder ungerade Nummer hat." sagen?" sragte Pierre ernsthaft. „Man fragt sie leider nichl um ihre Meinung," antwortete Sergiu« lachend. „Nun, und dann haben wir noch bat Wettrennen und die Regatten ..." „Und da weiten Sie auf die Pferde,' unterbrach ihn Marechal. „Oder auf die Boote." „Mit and«rtnWorttn,man benützt dt verschiedensten Vorkommnisse des Leben« zum Hasardspiel." „Und um das Ganze zu krönen, ha ben wir des Abends den Klub, wo di, eigentliche, große Partie gespielt wird Dort herrscht das Baecarat, welches übrigens auch keine große Abwechselung darbietet. Hundert Louisdor! E« gilt. Fünf, ich kaust. ES gibt nämlich ein. Klaff, Mtnschtn, dit bti fünf kaufen. Nun, ich decke auf. Entweder ich ziehe den Gewinnst ei», oder ich zahl«, und das Spiel geht wei ter. " „Und da« geht bei der Hitze der Gas flammen und in dichtem Tabaksrauch vor sich, während der Himmel voller Sterne glänzt und die Orangenbäumejo köstlich dusten! Was ist das sür eine lächerliche Eristenz!" sagt« Marechal. „Eine Eiijkuz von Idioten, Mare chal, eine Lebensweise, die mich, einen Mann der ernsten Arbeit, dank der Strenge meiner herrschsüchtigen Tante, zur traurigen Eristenz, eines Vergnü. gungsmenschen herabwürdigt, zu einer Eristenz, die mich zwingt, eine mir auserlegte Demüthigung mit gebeug tem Haupte geduldig zu ertrage» und in der Menge von Lebemännern auS Berus unterzugehen. Sie wissen jetzt, lieber Freund, so gründlich als nur mög lich, wie diese Lebemänner ihre Zeit ver bringen, und können daher einen den wesentlichen Inhalt dieser Lebensweise umfassenden Bericht darüber schreibe», dem Sie nach dem Muster eines Gebet buchs de» Titel: „Stunden eine» Idio ten" geben können. Ich garantire Ihne» einen glänzenden Erfolg!" Frau DeSvarennes, welche die erster Worte dieser Red« angehört hatte, ach tete nicht weiter auf die Fortsetzung. Si« war in ein tiefe» Nachdenken versunken, auf ihren erschlafften Gesichtszügen konnte man die Spuren des Kummers und der Sorge l«fen, die sich in diefeS schöne Gesicht eingegraben hatten, das den Einwirkungen deS Alter« so lange Widerstand geleistet hatte. Ihre Schlä fen waren gerunzelt', daS magere Kinn ließ seine krästige Form deutlich erken nen. Früher zeugte dies Kinn von Willenskraft, jetzt schien «S nur noch Starrsinn auszudrücken. Die immer In der Nähe deS Fensters, an di» Mitte de» Salon«. Vierzehnte« Kapitel. Micheline war im Begriff, ihrem Mann zu folgen. Die Mutter aber er griff ihre Hand und sagte mit saiistcm Vorwurf, ohne aufzustehen: „Bleib ein wenig bei mir; feit meiner Ankunft habe» wir kaum zehn Worte miteinander gesprochen. Bitte, sag' mir doch, freust du dich auch, mich wiederzusehen?" „Wie kannst du nur so fragen?" ant wortete Micheline und setzte sich an ihrer Mutter Seite aus « Sofa. dir hören will," fuhr Frau DeSvarenne» fort. „Daß du ei denkst, weiß ich wohl, aber das genügt mir nicht." und rief: „Liebe Mama!" AuSden Augen dieser seit zwei Monaten Folter qualen erduldenden Mutter rannen zwei Thränen. Sie schloß die Tochter in ihre Arme und drückte sie an die Brust, wie ein Geiziger seinen Schatz an.sich preßt. „ES ist so lange her, daß ich diese Worte vermisse, schon zwei Monat»! Und während dieser ganzen Zeit «ar Ich in jenem großen Hause, welche« nur von dir allein erfüllt war, gänzlich einsam und verlassen." Die jung« Frau unterbrach ihre Mut ter mit dem lebhaften Borwurf: „O, Mama! Ich bitte dich, wann wirst du endlich einmal vernünftig werden!" „Vernünftig! Nicht wahr, daS bebtu t«t. mich daran gewöhnen, ohne dich zu leben, nachdem ich zwanzig Jahre hin durch nur für dich gelebt habe? Ertra gen, daß mir mein ganze« Glück gtraub» wird, ohn« zu murrt»? Und fttzt, da ich alt bin, bis an'« Ende meintr Tag« «in haben?" st«t. „Mutter!" Aber die Prinzipalin war jetzt im Zug und suhr, ohne sich zu mäßigen, mit Icharier Stimme sort: „Ah, ich muß dir sagen, dieser Herr sührt sich mir gegenüber aus, daß hinweg, obschon er weiß, daß mich meine Geschäfte in Pari« zurückhalten " „Du bist ungerecht, Mama," erwi ordnen. was man selbst will!" fuhr die Prinzipalin ärgerlich fort und schüttelte verächtlich den Kops. „Dein Man» sagte unserm gutenDoktor Rigaud: ,WaS mei ne» Sie, würde meiner Frau ein Wimer Als nun Micheline ihre Zweifel an dem Gehörten äußern wollte, fuhr die Prinzipalin fort: „Der Doktor sagte es mir selbst, als ich ihn zur Rede stellte. Ich hatte schon längst kein be- Michcline suhlte, daß sie sich auf ein sen, um ihre» Männern zu solgen. Es ist das ein Naturgesetz. Du selbst bist „Ah, wie du schmeicheln kannst, wenn du willst! Und wie er glücklich ist, die ser Sergius, daß er eine solch- Frau AIS Micheline ein erstauntes Gesicht machte, fuhr sie fort: „ES ist Zeit, darü ber zu sprechen; du bist ernstlich be droht!" „In meiner Liebe?" fragte die junge Micheline mußte herzlich auflachen. „Wenn eS weiter nicht« ist!" Dieser Leichtsinn brachte die Prinzi- „Du hast gut lachen! Wenn dein Mann eS so weiter treibt, wird binnen nichts mehr übrig fein." „Nun! " erwiderte die Fürstin sorglo«, „dann gibst du un« eine andre!" Frau DeSvarenne« nahm jetzt ihre Geschäft«miene an: handelte eS sich doch um eine wichtige GefchäftSangelegenheit. „So! Du bildest dir wohl ein, meine Kasse sei bodenlo«! Du erhieltst bei dei ner Verheirathung vier Millionen, und zwar anderthalb Millionen in Werthpa lich im Geichäft behalten und zahle euch davon die Zinsen. Di« anderthalb Mil lionen sind nun dahin und mein Notar schreibt mir, daß da» Anwesen in der Rue de Riooli verkauft sei, von einer anderweitigen Anlag! de« Gelde« aber wußte er »ich:»." Die Prinzipalin schwieg. Sie hatt« diese Worte mit ihrer gefurchteren Güte gesprochen, die ihre Stärke ausmachte. Sie blickte Micheline fest an und fragte: „Wußtest du dies alles, meine Tochter?" Die Fürstin war sehr bestürzt, denn jetzt handelte es sich nicht um eine Ge fühlssache, sondern um eine furchtbar ernste materielle Angelegenheit. Sie antwortete leise: „Nein, Mama." „Wie ist daS möglich?" rief. Frau DeSvarenneS heftig, „ohne deine Unter schrift konnte er nichts thun!" „Ich habe sie ihm gegeben", flüsterte Micheline. „Du hast sie ihm gegeben," wieder holte die Prinzipalin in Hellem Zorn. — ,Und wann geschah es?" „Am Tage nach der Hochzelt." „Wie, er hatte die Unverschämtheit, am Tage nach der Hochzeit dein« Unter schrift zu verlangen?" „Aus Vorsicht! Mit einem lockeren her... Ich sagte dir nicht«, weil du, bei deinem Eharakter, die Heirath rückgän gig gemacht haben würdest, ich aber alles verschwenden, ich b>» im Voraus entschädigt!" Die Prinzipalin zuckte die Achseln. .Meine Tochter," sagte sie, ..du bist so verrückt, daß man dich einsperren sollte. Mein Gott, was ist nur an die' fem Mcmche» daß er allen Fraueu den Kops verdreht?" Blick aus >hre Mutler. gen kann. Eine Thräne und ein Kuß! Soll daS ein Ersatz süc dein« Mitgift fem?" sein!" Dummheiten zu begehen. Wozu braucht ihr ein Gestüt für Rennpferde?" „O, er hat fo reizende Farben ge- und rosa Mütze! Wundervoll!" „Findest du? Nun du bist leicht zu befriedigen!" erwiderte Frau DeS varenneS, lebhafter werden; „und der Klub, und da« Spiel? Wai sagst du dazu?" Sergius schmerzte die Pnnzipalln und brachle sie außer sich. „Laß mich in Ruhe!" fuhr sie heftig fort, >,ich weiß Bescheid. Er läßt dich fast jeden Abend allein, um mit seinen sie führen den König so leichlsinnig in'« Feld, daß die Legitimisten sie sogar darum beiicide» konnten. Willst du, er, niit den Pferden sährt er fort und mit den leichtsinnige» Weibern wird er enden!" „Mama!" rief Micheline, die sich bit an'« Herz getroffen fühlte. „Und mit deinem Gelde bezahlt e, wieder aus den rechten Weg zu brinqen. Ich will das Herrchen so zügeln, daß er künftig geradeaus marschiren soll, dasür bürge ich." . ' Micheline erblich; sie richtete sich in die Höhe, so daß ihre Muller erschrak, ein Wort zu sagen, du würdest mich dein Lebenlang nicht wiedersehen!" Frau DeSvarenne wich vor ihrer Tochter zurück. Da? war nicht mehr die schwache Micheline, eren ganze Krast in ihren Thränen ber hte; nein, ein lei denschastlicheS Weib ind vor ihr, wel» cheS ihren Geliebten immig zu verthei digen entschlossen war. AIS nun Frau DeSvarenne» regungslos dastand, unt sich nicht getraute, nur noch ein Wort z« erwidern, da begann Micheline mit trauri, gee, aber fester Stimm« aus « Neue ,Mutt«r ditse Erklärung war uno«r> ineiblich. Ich sühlte schon im Borau« de« Siymerz. den si, mir verursachen würde, d«nn ich wußte, daß zwischen der Lieb« Achtung für dich »in Konflikt entstehe« müsse." „Ich sehe, d?ß du, ohne zu schwan ken, deine Wahl getroffen hast >' „Da« war mein« Pflicht; hätte ich st« außer Acht gelass«», so würdest du nzjl deinem gesunden Menschenverstand selbst eingesehen haben, daß ich unrecht thue." voll. „Was «st mit dir vorgegangen! Ist da» mein« Tochter, die so spricht? Unsinnige, siehst du denn nicht, wohin dich da» alles sührt? Du rinnst in dein Unglück! Glaubt nur ja nicht, daß e« Eifersucht ist, die meine Wort« diktirt, nein, eS ist ein «dlereS Gefühl und ich Die Fürstin schüttelt» hoheitSvoll da« Haupt und lächelte: „Du kennst ihn nicht, Maina. Er ist ein wahrer Edel. Widerstand entgegensetzt. Du rügst seine Lebensweise, denn du begreifst sie nicht; ich aber versteht ihn. Er ist »un ein mal auS anbtrm Holz geschnitzt al« wir. Der rassinirte Lurus, entbehr, lich sür uns beide, ist ihm Be dürfniß, und eS wäre für ihn äußerst Die Mutter war besiegt. Sie hatte „Nicht wahr, lieb Mütterlein, du tert wurde, in die Arme. „Ich will thun, waS du begehrst," sagte Frau DeSvarenneS und küßte da« Marechal und Susanne gefolgt, eili gen Schrilles die Stusen der Treppe herauf. „Herr Le Brede hat Orangen ge pflückt, " sagte Marechal, „und bcnützt sie, um Bilboquet damit zu spielen »nd sie mit seiner Nase aufzufangen; Herr du Tremblay, den di» Erfolge feines und diesmal für immer. Jeanne de zauberte ch» und er war jetzt verliebt»», geworden. Unsähig, die Gedanken sei ner Gefährtin zu «niräthseln, »ar Cay eol ausrichiig überzeugt, daß er sich ohn« in Anspruch, die Metamorphos« seiner Frau^, bewirkt zu haben, und war stolz darauf Geist und beruhigte ihr Blut. Der zu hören, und die Augen geschlossen, um nicht» zu sehen. Die Prinzi palin fragte sich nun, und zwar ganz hatte. Man brauchte ditst Gesellschaft, Geist noch Seele beherrschten di« Eri> stenz dieser Menschen, sie lebten au«, schließlich aus Kosten ihrer Nerven, und diese wurden so sehr angestrengt, daß sie schließlich reißen mußten. An di« Stelle der Thätigkeit war die Aus legung getreten. Sie glichen in ihrem weltlichen Treiben dein Eichhörnchen im Käsig, da» beständig wi« toll um herwirbelt und sich einbildet, daß eS vorwärts komme, weil e« fortwährend al« blödsinnig im Irrenhause. Wa« hatte sie, die Arbeiterin, inmitten dieser Welt der Fäulniß zu schassen? Konnt« sie gegen überboten sich gegenseitig, andere Böse« zu lehr«». Diesen Kreb«schaden de« »ergold«ten Laster« mußt» man flie als «r sah, daß si« sich allein entfernte. In dem Winkel der breiten Thüröff er horchte. „Setze dich, Jeanne." sagte die Prin zipalin; „unser Gespräch wird nur kurz sein; ich konnte e« nicht länger verschie- „Wie, Sie wollen schon wieder ab reise»?- .Ja, Ich verließ Pari» nur um meiner ei». Tann erwiderie Jeanne: .Ich fürchtete, durch meine Weigerung seine» Verdacht zu erregen." lFortsetzung folgt.) Abenteuer t» »er Reujahr»«acht« Am Sylvesterabend gegen 10 Uhr erschien in der Wohnung de» Tischler meister« Sch. in Berlin ein Dienstmanti mit einem Briefchen, daS ihm zur eili gen Bestellung übergeben worden war. „Ja, das thut mir leid," sagte da» Dienstmädchen, .jetzt ist der Herr nicht da: er ist in seinem Berein, dort habe» sie eine Maskerade."—»ES ist mir aber gesagt worden, der Bnes müßte unbe dingt bestellt werden, er ist wichtig," meinte der genusfenhaste Dienstmann. .Nun, dann werde ich ihn dem Herrn hinbringen," sagte da» Mädchen, machte schnell Toilette und begab sich auf den Weg. Sie traf ihren Dienst- Herrn in dem prächtigem Kostüm eine» Türken, mit einem fürchterlich krummen Säbel an der Seite. .Die Sache wäre sehr eilig," sagte da» Mädchen bei Uebergabe de» Briese», »sie müßte heut« noch erledigt werden." Herr Sch. öffnet hastiz da» Billet; er ist viel zueisriger Geschäftsmann, um sein Vergnügen dringlicheren An gelegenheiten voranzustellen. Einer seiner Freunde, der Bauunternehmer B, schrieb ihm, er möge sogleich in da» gemeinsame Stammlokal kommen. B. hatte ihm schon mehrfach größere Arbei ten zugewiesen, gewiß war der liebe Freund wieder in der Lage, ihm einen solchen Dienst zu leisten. Da durfte freilich nicht gezögert werden. Er ließ sich in der Garderobe seinen Ueberzieher geben, nef auf der Stiäßeeine Droscht« an und fuhr in da» Stammlokal. Dort kannte ihn Jedermann, mochte man ihn auch etwas anulken, wenn er als Türke auftrat das Geschäft war die Haupt sache, und wer zuletzt lacht, lacht an« besten. .Wo ist B. ?" Ries er der durch seine äußere Erscheinung belustigten Tafelrunde zu. —„Der sitzt jetzt in P.'S Restaurant in der Linienstraße," würd« ihm zum Bescheid. „Bis vor einer halben Stunde hat er mit einem anderen Herrn auf Sie gewartet." Herr Sch. eilt hinaus, bestellt wieder eine Droschke und fährt nach der Linienstraße. Hier, in dem fremden Restaurant, kann er aber unmöglich als Türke austreten, denn der Ueberzieher vermag nur einen Theil sei ner orientalischen Tracht zu verdecken. Er bittet den Kutscher,in daZ Lokal hin einzugehen,nach Herrn B. zu fragen und diesen zu ersuchen, auf einen Augenblick herauszukommen. Kaum hat der Kut scher das Lokal betreten, als ein vor übergehender Bursche auf den Einfall kommt, seiner Sylvesterstimmnng durch da« Abbrennen eine» Schwärmers einen erhebenden Ausdruck zu geben. Der sonst so vernünftige Gaul von der Droschte des Herrn Sch. saßt die Sache mißverständlich auf, vermuthet ein Attentat und nimmt Reißaus. Herr Sch. ist in arger Noth, er öffnet da» Fenster und schreit um Hilfe. In der Nähe der Ackerstraße wird endlich da» Roß angehalten. Herr Sch. nimmt e» am Zaum und bringt es im langsame» Schritt nach dem P.'schen Restaurant zurück. Der Eigenthümer deS Fuhr werk» hat dies bereits verlassen, er be findet sich aus der Suche nach Roß und Gefährt. Der Tischler ist wüthend was in aller Welt soll er mit der Droschke anfangen! Endlich kommt der Kutscher athemlos angerannt. ES erfolgt eine lange Auseinandersetzung, die damit endet, daß Herr Sch. dem gekränkten Kutscher ein Zehnmarkstück in die Hand drückt. Dem Tischler ist inzwischen alle Sylvesterfreude vergangen, er eilt nach dem BereinSlokal, um seine Gattin ab zuholen. Es wird noch zwei, drei Mal herumgetanzt, dann geht man nach Hause, gerade, nachdem die Uhr Eins geschlagen hat und das feierliche Ge laute der Kirchenglocken verstumm ist. Aus der dunklen Treppe zündet Herr Sch. seinen Fünfminutenbrenner an und verdrießlich steigt man zur dritten Etage empor. .Aber um'» HimmelSwillen, Anna, was fällt Ihnen ein?" rust Frau Sch., als sie vor ihrer Wohnung angelangt sind, „weshalb sitzen Sie aus der Treppe?" „Ach Gott," jammerte das Mädchen, „als ich heute Abend dem Herrn de» Brief brachte, da hab' ich in der Eile vergesse», den Drücker mitzunehmen, und als ich wiederkam, da konnt? ich nicht hinein. Da sitze ich nun schon drei geschlagene Stunden." Die Verwünschung, die jetzt dem Munde des Tischlermeisters entfuhr, soll sich, nach seiner eigenen Versiche rung, denn er hat seine Abenteuer unserem Gewährsmann selbst erzählt, schauerlich angehört haben. .Unglückliche," fügte seine Gattin bei, „wir haben ja auch keinen Drücker. Und wo sollen wir jetzt, in der Neu jahrSnacht, einen Schlosser herholen, der uns die Thür öffnet?" „Wenn doch nur ein schwerer Ein brecher käme," rief der Tischler. „Sonst kommen sie ungerusen, aber wenn man sie braucht, ist keiner zu haben. Eine schöne Wirthschaft das!" Anna. daS Mädchen ohne Drücker, faßte beim Anblick de» Jammers, der sich ihr darbot, einen kühnen Entschluß und erhob sich, um auf einen Schlosser lagtz zu machen. Nach einer Stunde brachte sie wirklich einen an. Am Neujahrs-Morgen suchte Herr Sch. in aller Frühe seinen Freund, den Bauunternehmer, auf, um von ihm die wichtigen Mittheilungen entgegenzu nehmen, um derentwillen er zu all' den schlimmen Abenteuern gekommen war. „Ach. Sie wollten ja immer in der preußischen Lotterie spielen," sagte 8., der noch schlaftrunken im Bette lag; „und da traf ich gerade gestern einen Freund, der ein Viertel abgeben will. Aber schnelle Entscheidung ist nöthig. UebrigenS wollten wir auch eine» dritten Manu zum Skat haben...." Strafe. Die kleine Erna de mühte sich aus dem Hose vergeblich, ein Huhn zu greifen. „Warte," rust sie schließlich aus, „o, wenn von dir Supp« gekocht wird, ess' ich wieder nicht. 3